Skip to content

Annahme einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit – Annahmeverzugslohn – Unterlassen

Hessisches Landesarbeitsgericht – z.: 14 Sa 797/21 – Urteil vom 20.05.2022

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 07.02.2019 – Az.: 4 Ca 232/18 – teilweise abgeändert und die Beklagte über die bereits rechtskräftige Verurteilung hinaus verurteilt,

an den Kläger 33.431,17 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.800,61 € seit dem 02.06.2018, sowie aus jeweils weiteren 12.815,28 € seit dem 02.07.2018 und dem 02.08.2018 zu zahlen;

an den Kläger 169.649,90 € brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 28.308,51 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.440,53 € seit dem 02.09.2019, sowie aus jeweils weiteren 10.566,78 € seit dem 02.10.2018, 02.11.2018, 02.12.2018 und 02.01.2019, sowie aus jeweils weiteren 10.524,18 € seit dem 02.02.2019, 02.03.2019, 02.04.2019, 02.05.2019, 02.06.2019, 02.07.2019, 02.08.2019 und 02.09.2019, sowie aus weiteren 2.240,30 € seit dem 02.10.2019 zu zahlen.

Von den Kosten der Berufung hat der Kläger 16,5 % und die Beklagte 83,5 % zu tragen.

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten nach Ergehen einer zweitinstanzlichen Entscheidung und deren teilweiser Aufhebung durch das Bundesarbeitsgericht noch um Ansprüche auf Annahmeverzugslohn infolge einer unwirksamen Versetzung des Klägers und insoweit um Anrechnung böswillig unterlassenen Zwischenverdienstes im Zeitraum vom 14. Mai 2018 bis zum 8. September 2019. Zu diesem Zeitpunkt endete der Annahmeverzug der Beklagten durch Aufnahme einer dem Kläger zugewiesenen Tätigkeit durch diesen. Zwischenzeitlich wurde das Arbeitsverhältnis nach zahlreichen gerichtlichen und außergerichtlichen Auseinandersetzungen aufgrund eines Vergleichs aus dem Februar 2020 zum 30. September 2021 beendet, wobei der vorliegende Rechtsstreit ausdrücklich nicht miterledigt wurde.

Der Kläger ist promovierter Chemiker mit einer Zusatzausbildung als Diplom-Wirtschaftsingenieur und Master Business Administration (MBA). Er war bei der Beklagten, einem Unternehmen, das auf dem Gebiet der Herstellung von Cellulosether tätig ist, bzw. bei deren Rechtsvorgängerin, seit dem 1. Januar 1998 zunächst als Chemiker beschäftigt, bevor er sodann ab dem 1. Oktober 2001 als Betriebsleiter des A-Betriebs der Beklagten in B, C, tätig wurde, in dem im Januar 2018 ca. 65 Produktionsmitarbeiter beschäftigt waren. Dort besteht ein Betriebsrat.

Als Betriebsleiter war der Kläger verantwortlich für die Beachtung von Betreiberpflichten, Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Umweltschutz und Personalangelegenheiten im Betrieb und trug die Verantwortung für die Schaffung der Produktionsvoraussetzungen. Unmittelbare Personalverantwortung übte er nur gegenüber einem Teil der 62 Produktionsmitarbeiter aus, die ihm organisatorisch unterstellt waren. Über die Anzahl des ihm zur Verfügung stehenden Personals konnte der Kläger als Betriebsleiter nicht entscheiden, vielmehr musste er bei Ausscheiden eines Mitarbeiters einen Antrag auf Wiederbesetzung der Position stellen. Einzusetzende Roh-, Betriebs- und Hilfsstoffe im Produktionsverfahren sind dem Betriebsleiter vorgegeben – die Verfahrensparameter der jeweiligen Rezepturen eigenständig über einen engen Rahmen hinaus zu ändern, liegt nicht in ihrer Befugnis. Auch sind dem Betriebsleiter Rezepturen mit Qualitätsvorgaben und die zu produzierende Menge vorgegeben. Die Betriebsleiter der Beklagten sind nicht zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt.

Wegen des Aufgabenbereichs des Klägers als Betriebsleiter im Einzelnen wird auf die Darstellung im Tatbestand des zwischen den Parteien ergangenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren gemachten Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2019 (18 Sa 607/18 Bl. 536, 537) Bezug genommen.

Am 10./19. Oktober 2001 schlossen der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten bezüglich der übertragenen Position als Betriebsleiter einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag, der in Ziff. 1 auszugsweise regelt:

„Sie stehen als leitender Angestellter in unseren Diensten. (…)

Aufgrund ihrer derzeitigen Aufgabe sehen wir Sie als leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG an.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 98 der Akte verwiesen.

Der Standort der Beklagten in B wird durch den Standortleiter Herrn Dr. D geleitet, welchem wiederum ein Leiter der Produktion untergeordnet ist. Hierarchisch unterhalb des Leiters der Produktion befinden sich die Positionen der insgesamt fünf Betriebsleiter, denen wiederum jeweils Betriebsassistenten unterstellt sind.

Unter dem 23. Mai 2011 erteilte der Beklagte dem Kläger auf dessen Bitten ein Zwischenzeugnis, wegen dessen Inhalt auf Bl. 843 der Akte Bezug genommen wird.

In der Zeit von Dezember 2014 bis ins Frühjahr 2015 wurde im gesamten Unternehmen der Beklagten schriftlich eine anonyme Mitarbeiterbefragung durchgeführt, in deren Rahmen der Kläger von den Mitarbeitern persönlich, betreffend seine Führungskompetenz, aber auch fachlich – insbesondere bezogen auf die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften – massiv kritisiert wurde. In der Befragung befinden sich unter der Rubrik „Anregungen, Kritik oder Wünsche, die meine Arbeit betreffen“ handschriftliche Kommentare der Mitarbeiter etwa „Mobbing durch Dr. E, um unbequeme Mitarbeiter loszuwerden“, „insbesondere bei Betriebsstillständen wird nur Stress, Hektik und Panik verbreitet“, „keine Menschlichkeit und Wertschätzung der Betriebsleitung und Führung für gute Arbeit“, „es wird akzeptiert, Sicherheitsanweisungen und Einrichtungen außer Kraft zu setzen“, „der Betriebsleiter löst Probleme, indem er seinen Mitarbeitern ständig mit Abmahnungen droht!“. Im Juni 2014 fand eine Vertrauensleutebesprechung statt. Zu deren Inhalt hat die Beklagte ein Protokoll zur Akte gereicht (BE 5).

Der Betriebsrat wandte sich mehrfach an die Personalabteilung und die Standortleitung und erklärte, dass das Verhalten des Klägers gegenüber seinen Mitarbeitern untragbar sei.

Die vom Kläger erzielten betriebswirtschaftlichen Ergebnisse waren stets gut.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 versetzte die Beklagte den Kläger ab dem 1. Januar 2017 auf die Stelle „Technical Supervisor Plaquemine“ und entband ihn von seiner Funktion als Betriebsleiter. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 7, 8 der Akte Bezug genommen.

Die genannte Position Technical Supervisor Plaquemine existierte bis zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten nicht und wurde auch, nachdem sie vom Kläger nicht mehr ausgeführt wurde, nicht anderweitig besetzt.

Der Kläger wehrte sich gerichtlich gegen diese Versetzung, verlangte seine Weiterbeschäftigung als Betriebsleiter des A-Betriebs und obsiegte in beiden Tatsacheninstanzen wegen fehlender Gleichwertigkeit der zugewiesenen Tätigkeit zu der eines Betriebsleiters. Das diesbezügliche Urteil des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 8. November 2017 (18 Sa 686/17), wegen dessen Inhalt auf Bl. 30 ff. der Akte verwiesen wird, ist rechtskräftig.

Nachdem die Personalleiterin der Beklagten Frau F im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht im Verfahren 18 Sa 686/17 am 8. November 2017 bezugnehmend auf die durchgeführte Mitarbeiterbefragung mitteilte, ein Einsatz des Klägers als Betriebsleiter komme zukünftig nicht mehr in Betracht, forderte der Kläger durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten die Beklagte mit Schreiben vom 22. November 2017 (Bl. 47 der Akte) auf, zur weiteren Rechtsverfolgung die bekannten Namen der zu den einzelnen Äußerungen führenden Mitarbeiter bekannt zu geben und forderte zudem Schadensersatz von der Beklagten. Ausweislich des Schreibens lagen dem Kläger die ihn betreffenden Ergebnisse und Fragestellungen der anonymisierten Umfrage vor. Er ließ in dem Schreiben zudem darauf hinweisen, er werde, sobald das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts im Verfahren 18 Sa 686/17 rechtskräftig sei, die ihm nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Juni 2017 (10 AZR 330/16) zustehenden Rechte umsetzen und forderte die Beklagte auf, ihn spätestens zum 8. Dezember 2017 wieder in seiner alten Funktion als Betriebsleiter zu beschäftigen.

Die Beklagte wies die erhobenen Ansprüche mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 zurück und ließ mitteilen, ein Arbeitgeber mache sich gegebenenfalls gegenüber seinen Mitarbeitern schadensersatzpflichtig, wenn er solche Hinweise in signifikanter Menge einfach ignoriere. Außerdem regte sie an, der Kläger möge sich mit den von den Mitarbeitern erhobenen Vorwürfen selbstkritisch auseinandersetzen.

Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Schreibens wird auf Bl. 841 ff. Akte Bezug genommen.

Die Beklagte wies dem Kläger sodann mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 mit sofortiger Wirkung die Stelle des „Beauftragten für Unternehmenssicherheit“ zu.

Im Kern ging es hierbei um die Umsetzung der Vorgaben von Sicherheitsüberprüfungen und die Erarbeitung von Sicherheitskonzepten.

Wegen der Stellenbeschreibung betreffend die Stelle als Beauftragter für Unternehmenssicherheit im Einzelnen wird auf Seite 8 des zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren gemachte Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2019 (18 Sa 607/18, Bl. 538 ff der Akte) verwiesen.

Von Weihnachten 2017 bis 21. Januar 2018 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt bzw. in Urlaub. Mit Schreiben vom 22. Januar 2018 (Bl. 54 ff. der Akte) teilte ihm die Beklagte mit, dass seine Aufgaben als Beauftragter für Unternehmenssicherheit um den Bereich „IT-Sicherheit“ erweitert würden und er nunmehr den Titel „Senior Manager Security“ erhalte. Er habe direkt an den Standortleiter zu berichten und es werde ein Steuerungskomitee aus dem Standortleiter, dem Produktionsleiter und den Verantwortlichen der betroffenen Bereichen gebildet, die der Kläger vorschlagen solle. Dem Kläger werde für die Mitarbeiter der betroffenen Bereiche die fachliche Führung übertragen und es werde eine eigene Kostenstelle zugewiesen, die der Kläger als Kostenstellenverantwortlicher übernehme. Wegen der Zuweisung zusätzlicher Aufgaben als „Senior Manager Security“ wird auf Seite 8 des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juni 2019 (Bl. 539 der Akte) verwiesen.

Am 19. Juni 2018 wurde die Kurzstellenbeschreibung geändert, insofern wird auf Bl. 290 d.A. Bezug genommen. Insoweit haben die Parteien im Verfahren 18 Sa 607/18 erklärt, es handele sich nur um eine Konkretisierung der bereits am 11. Dezember 2017/22. Januar 2018 übertragenen Aufgaben.

Die genannte Position existierte bis zur Versetzung des Klägers auf diese Stelle nicht und sie wurde nach dem Ausscheiden des Klägers jedenfalls nicht mehr gesondert und fest besetzt.

Eine Beteiligung des Betriebsrats erfolgte an keiner dieser Versetzungen, da die Parteien überstimmend annahmen, der Kläger sei leitender Angestellter.

Vom 2. März 2018 bis zum 11. Mai 2018 war der Kläger erneut arbeitsunfähig erkrankt. Im Übrigen leistete er der erneuten Versetzung zunächst Folge, wehrte sich aber auch gegen diese mit einer Feststellungsklage beim Arbeitsgerichts Frankfurt am Main und beantragte die Verurteilung der Beklagten, ihn als Betriebsleiter des A-Betriebs am Standort B zu beschäftigen. Dieses gab der Klage mit am 26. April 2018 verkündetem und dem Kläger am 9. Mai 2018 zugestellten Urteil (4 Ca 1179/17) vollständig statt.

Der Kläger bot daraufhin mit Schreiben vom 11. Mai 2018 unter Verweis auf das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. April 2018 (4 Ca 1179/17) seine Arbeitsleistung als Betriebsleiter des A-Betriebs in B an.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2018 (Bl. 274, 275 der Akte) forderte die Beklagte den Kläger auf, nach seiner angezeigten Genesung seine Tätigkeit als Senior Manager Security am 14. Mai 2018 aufzunehmen und teilte ihm mit, dass er keinerlei Gehaltsansprüche für unentschuldigte Fehlzeiten habe.

Am Montag, dem 14. Mai 2018, bot der Kläger seine Arbeitsleistung als Betriebsleiter tatsächlich vor Ort an, wurde aber abgewiesen.

Unter dem 15. März 2018 und dem 3. August 2018 erteilte die Beklagte dem Kläger gegenüber Abmahnungen, wegen deren Inhalts auf Bl. 266 ff., 270 ff. der Akte verwiesen wird. Weitere Abmahnungen datieren auf den 26. Juni 2018 (Blatt 582 der Akte), den 14. Januar 2019 (Blatt 586 der Akte) und den 21. Januar 2019 (Bl. 588 der Akte).

Die Beklagte legte gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. April 2018 (4 Ca 1179/17) vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung ein, die dieses – auch hinsichtlich der zeitlich nicht begrenzten Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung als Betriebsleiter -rechtskräftig mit Urteil vom 26. Juni 2019 (18 Sa 607/18, Bl. 538 ff der Akte) zurückwies. Die Kammer 18 des Hessischen Landesarbeitsgerichts begründete ihre Entscheidung zum einen damit, dass die Beklagte durch die Übertragung der Tätigkeit des Senior Managers Security anstatt der eines Betriebsleiters die Grenzen billigen Ermessens nach § 315 Abs. 3 S. 1 BGB überschritten habe. Die Funktion des Senior Manager Security beinhalte keine der Funktion des Betriebsleiters vergleichbaren Weisungsbefugnisse und Kompetenzen. Zum anderen sei die Versetzung unter Verstoß gegen § 99 BetrVG erfolgt, weil es sich um eine Versetzung gemäß § 95 Abs. 3 BetrVG gehandelt habe und der Kläger sowohl in der Funktion des Senior Manager Security als auch in der des Betriebsleiters dem Betriebsverfassungsgesetz und nicht dem Sprecherausschussgesetz unterfalle. Er sei nämlich kein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.

Wegen des Inhalts des gesamten Urteils vom 26. Juni 2019 (18 Sa 607/18, Bl. 538 ff der Akte) wird auf Bl. 532 ff. der Akte Bezug genommen.

Für den Monat Mai 2018 zog die Beklagte dem Kläger betreffend den Zeitraum vom 14. Mai bis zum 31. Mai 2018 7800,61 € brutto vom Grundgehalt ab, für den Monat September 2019 3051,86 € brutto. Im Zeitraum August 2018 bis einschließlich August 2019 erhielt der Kläger 27.697,55 € Arbeitslosengeld und zwar für August 2018 374,75 €, für September 2018 bis einschließlich Dezember 2018 monatlich je 2248,50 €, und von Januar 2019 bis einschließlich August 2019 monatlich 2291,10 €. Außerdem erhielt der Kläger im Monat September 2019 610,96 € Arbeitslosengeld, insgesamt also 28.308,51 € zwischen August 2018 und dem 8. September 2019.

Zum 9. September 2019 wurde der Kläger erneut versetzt und zwar auf die neu geschaffene Stelle eines „Senior Manager Digitalization“. Der vor dieser Versetzung angehörte Betriebsrat hatte der Versetzung ausdrücklich zugestimmt.

Der Kläger wurde auf der neuen Stelle tätig, wehrte sich aber auch gegen diese Versetzung gerichtlich. Unter dem 21. März 2019 beantragte er die Zwangsvollstreckung des im Verfahren 4 Ca 1179/17 ausgeurteilten Anspruch auf Beschäftigung als Betriebsleiter, dem das Arbeitsgericht Wiesbaden mit Beschluss vom 29. August 2019 stattgab. Der Beschluss wurde vom Hessischen Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 22. Oktober 2019 (8 Ta 373/19) bestätigt.

Der Kläger hat erstinstanzlich von der Beklagten zunächst eine Sicherheitsdienstzulage von monatlich 450 € brutto für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 30. September 2018 sowie hinsichtlich der Grundvergütung Annahmeverzugslohn vom 11. Mai 2018 bis 30. September 2018 gefordert.

Er war der Auffassung, die Beklagte befinde sich vor dem Hintergrund der unwirksamen Versetzungen seit dem 14. Mai 2018 hinsichtlich seiner Tätigkeit als Betriebsleiter im Annahmeverzug. Dies folge aus den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 14. September 2017 (5 AS 7/17) und vom 18. Oktober 2017 (10 AZR 330/16), wonach ein Arbeitnehmer an eine unbillige Weisung auch nicht vorläufig gebunden sei. Demzufolge sei er nicht verpflichtet gewesen, die Arbeitsleistung als Senior Manager Security zu erbringen. Hieraus folge aber auch, dass in seiner unterbliebenen Arbeitsleistung als Senior Manager Security kein böswilliges Unterlassen möglichen Zwischenverdienstes nach § 615 S. 2 BGB gesehen werden könne. Andernfalls werde die Wertung unterlaufen, dass ein Arbeitnehmer einer unbilligen Weisung nicht zu folgen brauche, weil er im Ergebnis doch hierzu verpflichtet sei, um seinen Verzugslohnanspruch nicht zu verlieren. Der Kläger hat behauptet, die Ereignisse um seinen Arbeitsplatz, unberechtigte Kritik, Abmahnungen und die rechtswidrigen Versetzungen hätten zu einer depressiven gesundheitlichen Entwicklung und intensiven ärztlichen Konsultationen geführt. Nachdem die Befolgung der ersten rechtswidrigen Weisung unter Vorbehalt bei ihm bereits zu gesundheitlichen Beschwerden geführt habe, habe er sich dies nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bindungswirkung unbilliger Weisungen kein zweites Mal antun wollen. Nachdem er von der Beklagten während seiner Arbeitsunfähigkeit auch noch mit Nachfragen und Abmahnungen angegangen worden sei und vor dem Hintergrund der erteilten Abmahnungen vom 6. Juli 2018 und vom 11. August 2018 sei ihm die weitere Durchführung der vertragswidrigen Beschäftigung unzumutbar gewesen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Position als Betriebsleiter sei mit umfangreichen Entscheidungsbefugnissen verbunden. Eine verantwortliche Übertragung der fachlichen Vorgesetztenfunktion auf einen Senior Manager Security habe hingegen vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verantwortlichkeiten gar nicht erfolgen könne. Eine fachliche Überstellung in der Position des Senior Manager Security gegenüber anderen Funktionsträgern sei zum einen niemals konkretisiert worden und ließe zum andern sowohl die übertragene Betreiberverantwortung nach § 52 BImSchG für alle Betriebsleiter als auch die Großen und Kleinen Pflichtendelegationen für alle Mitarbeiter mit Vorgesetztenfunktion ins Leere laufen, ohne dass er in seiner Funktion als Senior Security Manager tatsächlich Weisungsbefugnisse inne gehabt hätte.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.450,00 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz, diese Zinsen jeweils auf 450,00 EUR brutto monatlich zum Letzten eines Monats seit dem 1. Januar 2017, zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 59.061,73 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz, diese Zinsen aus 7.800,61 EUR brutto seit dem 31. Mai 2018 sowie aus 12.815,28 EUR brutto seit dem 30. Juni 2018, aus 12.815,28 EUR seit dem 31. Juli 2018, aus 12.815,28 EUR seit dem 31. August 2018 und aus 12.815,28 EUR seit dem 30. September 2018 als rückständigen Lohn für den Zeitraum Mai, Juni, Juli, August und September 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe für die Zeit vom 14. Mai 2018 bis zum 8. September 2019 kein Anspruch betreffend das Grundgehalt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Es stelle nämlich ein böswilliges Unterlassen gemäß § 615 S. 2 BGB dar, dass der Kläger die Tätigkeit als Senior Manager Security nicht ausgeübt habe. Selbst wenn feststehe, dass diese Position der des Betriebsleiters nicht gleichwertig sei, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass ihm die Tätigkeit unzumutbar gewesen sei. Nur dies stehe jedoch der Annahme eines böswilligen Unterlassens nach § 615 S. 2 BGB entgegen. Etwas anderes könne auch aus der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 5. September 2017 und des Zehnten Senats im Urteil vom 14. Juni 2017 nicht abgeleitet werden. Daraus, dass eine unbillige Weisung nicht befolgt werden müsse, könne nicht geschlossen werden, dass ein entsprechendes Unterlassen nicht zur Anrechnung von hypothetisch erzielbarem Zwischenverdienst nach § 615 S. 2 BGB führe.Dem Kläger sei es unter dieser Prämisse zumutbar gewesen, als Senior Manager Security tätig zu werden. Das Arbeitsgericht sei auch von einer zu hohen Bewertung der Betriebsleiterposition ausgegangen.

Wegen des übrigen unstreitigen und streitigen erstinstanzlichen Parteivorbringens und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage mit Urteil vom 7. Februar 2019 abgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe ein Anspruch auf die Zahlung der Sicherheitsdienstzulage nicht zu, weil er diesbezüglich seine Arbeitsleistung nicht angeboten habe, obwohl dies gemäß § 293 ff. BGB erforderlich gewesen wäre.

Einen Anspruch auf Annahmeverzug bezogen auf das Grundgehalt hat das Arbeitsgericht deswegen abgelehnt, weil der Kläger sich gemäß § 615 S. 2 BGB auf seine Annahmeverzugsvergütung diejenige Vergütung anrechnen lassen müsse, die er erzielt hätte, wenn er die Tätigkeit als Senior Manager Security ausgeübt hätte. Eine solche sei dem Kläger nicht unzumutbar gewesen, der diesbezügliche Maßstab habe sich durch die Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur vorläufigen Verbindlichkeit unbilliger Weisung nicht geändert. Die Zumutbarkeit der Tätigkeit als Senior Manager Security sei zu bejahen, weil Ort, Zeit, Vergütung und Gefährlichkeit der zu erbringenden Arbeitsleistung nicht von der als Betriebsleiter abweiche und es sich nicht um eine dieser gegenüber deutlich geringerwertige Tätigkeit handle. Die Begründung der Versetzung mit der Bedeutung und Erforderlichkeit der Tätigkeit als Senior Manager Security sei auch nicht erkennbar ungeeignet, die Versetzung zu begründen. Dass die Beklagte ihm in Wahrheit inhaltsleere Tätigkeiten zugewiesen habe, um ihn loszuwerden, habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Die Unzumutbarkeit folge auch nicht aus dem sonstigen Verhalten der Beklagten, soweit sie Zahlungen verweigert habe, sei dies zu Recht geschehen und auf die Berechtigung der ausgesprochenen Abmahnungen komme es nicht entscheidend an. Nichts anderes ergebe sich aus dem Ausspruch von zwei unwirksamen Versetzungen, da eine einen Zeitraum vor dem streitigen Annahmeverzugszeitraum betroffen habe und über die andere noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Schließlich sei der Kläger auch nicht rechtlos gestellt worden, da er die Möglichkeit gehabt habe, mit dem vorläufig vollstreckbaren Titel seine Beschäftigung als Betriebsleiter zu erzwingen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 20. Februar 2019 zugestellte Urteil am 20. März 2019 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 20. Mai 2019 am 20. Mai 2019 begründet.

Er fordert zuletzt -soweit für die hiesige Entscheidung von Interesse – noch Annahmeverzugslohn betreffend das Grundgehalt vom 14. Mai 2018 bis zum 8. September 2019 abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes.

Er meint, entgegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts müsse er sich nicht gemäß § 615 S. 2 BGB böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anrechnen lassen. Dies folge bereits aus der rechtskräftig festgestellten Unwirksamkeit der Versetzung. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2017 (10 AZR 330/16- Juris) mache deutlich, dass der Arbeitnehmer nur das Risiko trage, dass er keine Vergütung erhalte, wenn sich die Weisung doch als wirksam herausstelle. Verstehe man die Entscheidung nicht in diesem Sinne, müsse der Arbeitnehmer einer unbilligen und unwirksamen Weisung letztlich im Ergebnis immer folgen und eine solche bleibe für den Arbeitgeber folgenlos.

Selbst wenn man dies aber dem Grundsatz nach anders beurteile, habe das Arbeitsgericht verkannt, dass ihm im konkreten Falle nach den Gesamtumständen nicht zumutbar gewesen sei, die Tätigkeit als Senior Manager Security auszuüben. Dies folge bereits aus den Urteilsgründen Hessischen Landesarbeitsgerichts im Verfahren 18 Sa 607/18, die dahingehend zu verstehen seien, dass ihm im Grunde eine inhaltsleere und im Vergleich zur Betriebsleitertätigkeit deutlich geringerwertige Tätigkeit zugewiesen worden sei. Die Tätigkeit sei lediglich beratend und es sei auch nicht erkennbar, worin sie genau bestehe.

Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass das Maß der gebotenen Rücksichtnahme beim Arbeitnehmer davon abhänge, aus welchen Gründen der Arbeitgeber keine vertragsgemäße Arbeit anbiete und ob für die Änderung dringende Gründe bestehen, denen nicht von vornherein eine Billigkeit versagt werden kann. Solche dringenden Gründe habe das Arbeitsgericht höchstens pauschal bejaht und sie seien nach seinem Obsiegen mit dem Weiterbeschäftigungsanspruch als Betriebsleiter auch im Rahmen der Prüfung des § 615 S. 2 BGB präkludiert. Auch habe es nicht in die Gesamtabwägung einbezogen, dass es der Beklagten möglich gewesen sei, ihn, wie arbeitsgerichtlich tituliert, zu beschäftigen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Rechtsprechung, wonach Arbeitspflicht und Rücksichtnahmepflicht unterschiedliche Kategorien seien, jedenfalls missbräuchlich genutzt habe, indem sie sich den Entscheidungen der Gerichte über die Unwirksamkeit der Versetzung nicht beuge, sondern neue Versetzungen ausspreche. Ein solches Katz- und Mausspiel zulasten des Arbeitnehmers müsse in die Gesamtschau einbezogen werden. Der vom Arbeitsgericht zu Unrecht verneinte wesentliche Nachteil, der mit der angebotenen Stelle einhergehe, liege darin, dass er in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit und effektiven Rechtsschutz verletzt werde.

Zudem behauptet der Kläger, dass er bezüglich der in der Funktion als Senior Manager Security anfallenden Aufgaben auch nicht über die erforderlichen Qualifikationen und über die praktische Erfahrung verfüge.

Der Kläger beantragt nach teilweise rechtskräftiger Entscheidung zuletzt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 7. Februar 2019 – 4 Ca 232/18 – teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 33.431,17 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.800,61 EUR seit dem 2. Juni 2018 sowie aus jeweils weiteren 12.815,28 EUR seit dem 2. Juli 2018 und dem 2. August 2018 zu zahlen;

2. an den Kläger 169.649,90 EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 28.308,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.440,53 EUR seit dem 2. September 2018 sowie aus jeweils weiteren 10.566,78 EUR seit dem 2. Oktober 2018, dem 2. November 2018, dem 2. Dezember 2018 und dem 2. Januar 2019 sowie aus jeweils weiteren 10.524,18 EUR seit dem 2. Februar 2019, dem 2. März 2019, dem 2. April 2019, dem 2. Mai 2019, dem 2. Juni 2019, dem 2. Juli 2019, dem 2. August 2019 und dem 2. September 2019 sowie aus weiteren 2.240,30 EUR seit dem 2. Oktober 2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil. Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass der Kläger die Tätigkeit als Senior Manager Security böswillig unterlassen habe. Etwas anderes ergebe sich nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2018 (10 AZR 330/16- Juris), dieses habe im Gegenteil gerade ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitnehmer weiterhin das Risiko trage, möglicherweise keine Vergütung zu erhalten, wenn er der Weisung nicht folge. Die Wertung des Arbeitsgerichts, dass die Tätigkeit als Senior Manager Security dem Kläger zumutbar gewesen wäre, sei zutreffend. Die Begriffe gleichwertig und zumutbar seien gerade nicht gleichzusetzen.

Die Beklagte meint, die Tätigkeit als Senior Manager Security sei dem Kläger objektiv und subjektiv zumutbar gewesen. Dies folge zusätzlich zu den Erwägungen des Arbeitsgerichts über Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung auch daraus, dass es sich auch hierbei um eine Führungsaufgabe handele. Die Versetzung habe auch einen begründeten Anlass gehabt. Zum einen habe sie die nachvollziehbare Unternehmerentscheidung getroffen, ihre Organisation um die Führungsposition des Senior Manager Security zu erweitern, um so der Gefahr durch gezielte Attacken Dritter, etwa terroristische Bedrohungen, aber auch weltweit steigender Wirtschaftskriminalität und der Gefahr von Cyber-Angriffen zu begegnen. Die Analysen und Risikobewertungen zur Sicherheit ihrer Produktionsbetriebe haben nur durch eine Person durchgeführt werden können, die über umfassende Kenntnisse ihrer Anlagen sowie über weitreichende chemische Kenntnisse zur Beurteilung der bestehenden Risiken verfüge. Hierfür sei der Kläger aufgrund seiner naturwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse besonders geeignet, erforderliche Detailkenntnisse würden vom Know-how der Fachabteilungen abgedeckt.

Die Tätigkeit sei dem Kläger auch subjektiv zumutbar gewesen. Soweit ihm während seiner Krankheit die Abmahnung vom 22. März 2018 zum Zwecke des Zugangsnachweises durch Zustellungsurkunde zugestellt worden sei, sei dies nicht zu beanstanden. Sie sei auch berechtigt gewesen, während des anhängigen Berufungsverfahrens vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht im Hinblick auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Versetzung die fortlaufende Gehaltszahlung einzustellen. Zur Auszahlung des Bonus sei sie nicht verpflichtet gewesen, nachdem der Kläger die für die Auszahlung erforderlichen Formalien nicht eingehalten habe.

Die Tatsache, dass der Betriebsrat der Versetzung des Klägers auf die Stelle Senior Manager Security nicht zugestimmt habe, stehe der Bewertung, dieser habe mit der Verweigerung der Tätigkeit als Senior Manager Security anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen, nicht entgegen, weil es auf die Motive des Arbeitnehmers ankomme und – insoweit unstreitig – der Kläger selbst davon ausgegangen sei, leitender Angestellter zu sein.

Die Beklagte behauptet, die vorgenommenen Versetzungen seien erforderlich gewesen, weil es dem Kläger in erheblicher Weise an Führungs- und Sozialkompetenz, insbesondere im Bereich der Produktionsmitarbeiter fehle. Er habe die Produktionsmitarbeiter herablassend und arrogant behandelt, etwa nach der Schicht kontrolliert, wie viel Duschgel die einzelnen Mitarbeiter verbraucht hätten und sie individuell zur Sparsamkeit ermahnt, nur sehr dünnes Toilettenpapier angeschafft, was die Mitarbeiter als schikanös empfanden, bei der kleinsten Kleinigkeit oder Kritik mit Abmahnungen oder weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, so dass die Mitarbeiter des Betriebes das Betriebsklima als „Klima der Angst“ beschrieben hätten. In einer von zahlreichen Mitarbeiterbeschwerden heiße es, der Kläger gebe den Mitarbeitern in einer herrischen, besserwisserischen und selbstverliebten Art jeden Tag genau darüber Auskunft, wo man in der Evolution stehe und was der einzelne wert sei. Insoweit hat die Beklagte einen „Anhang zum Fragebogen SE Tylose Dezember 2014“ zur Akte gereicht. Bei den Vor-Ortgesprächen 2019 hätten die Mitarbeiter offen vor der Belegschaft erklärt: „Wir danken der Standortleitung in besonderer Weise dafür, dass man uns durch den Wechsel des Betriebsleiters unsere Menschenwürde zurückgegeben hat (…)“. Im A-Betrieb habe im Verhältnis zu den übrigen Betrieben der Beklagten eine exorbitante Fluktuation durch Eigenkündigungen geherrscht. Krankenstände und Eigenkündigungen seien bereits nach der ersten Versetzung des Klägers drastisch zurückgegangen. Kritikgespräche mit dem Kläger seien erfolglos geblieben, dieser sei nämlich nicht kritikfähig.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, in dieser Situation habe sie nur eine Beendigungskündigung, eine Änderungskündigung oder eine Versetzung aussprechen können und sich für letztgenanntes entschieden, weil es den Kläger am wenigsten belaste. Im Berufungstermin hat die Beklagte die guten betriebswirtschaftlichen Ergebnisse, die der Kläger erzielte, als einen Grund dafür bezeichnet, dass aus den Beschwerden der Mitarbeiter, die zudem über die Jahre immer weiter zugenommen hätten, jahrelang keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen worden seien.

Sie meint, die dem Kläger zugewiesene Tätigkeit als Senior Manager Security sei auch nicht inhaltsleer gewesen, hiergegen spreche bereits die detaillierte Stellenbeschreibung vom 19. Juni 2018. Sie sei für ihre Existenzsicherung im Gegenteil von hoher Bedeutung. Es bedürfe ihrer, um Gefahren in Form von Sabotageakten durch Cyberkriminalität im Vorfeld wirksam entgegenzutreten und es obliege dem Unternehmen, eine solche Entscheidung zu treffen. Eine Bewertung der übertragenen Tätigkeiten als inhaltsleer sei mit den gutachterlichen Feststellungen des Herrn Prof. Dr. G nicht in Übereinstimmung zu bringen. Die Besetzung der Stelle mit einem externen Kandidat erfordere dessen langwierige und aufwändige Einarbeitung. Personen, die eine dem Kläger entsprechende Qualifikation aufweisen, seien auf dem Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres verfügbar. Die Aufgaben seien deshalb kommissarisch vom Standortleiter Dr. D übernommen worden. Im Berufungstermin behauptete die Beklagte, die auf den beiden Stellen, auf die der Kläger unwirksam versetzt wurde, anfallenden Arbeiten seien auf andere Arbeitnehmer verteilt worden. Sie meint, bei zwei unwirksamen Versetzungen könne auch nicht von einer unzulässigen Kettenversetzung ausgegangen werden.

Wegen des streitigen Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug bis zur Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht wird ergänzend auf den Tatbestand des Urteils der erkennenden Kammer vom 20. Dezember 2019 (Bl. 765 ff.) verwiesen.

Die erkennende Kammer hat der Berufung des Klägers mit Urteil vom 20. Dezember 2019 ua. hinsichtlich der vom Kläger geforderten Grundvergütung für die Zeit vom 14. Mai 2018 bis zum 8. September 2019 abzgl. gezahlten Arbeitslosengeldes stattgegeben, weil objektiv eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger mangels Zustimmung des Betriebsrats zu seinem Einsatz als Senior Manager Security nicht bestanden habe, so dass es auf deren Zumutbarkeit nicht ankomme und die Revision beschränkt auf diesen Teil der Entscheidung zugelassen. Im übrigen hat sie die Klage hinsichtlich der eingeklagten Sicherheitszulage großteils stattgegeben und sie hinsichtlich des eingeklagten Bonus vollständig abgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten hat das Bundesarbeitsgericht das Berufungsurteil mit Urteil vom 23. Februar 2021 iVm. dem Berichtigungsbeschluss vom 8. Dezember 2021 hinsichtlich der zugesprochenen Grundvergütung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision zurückverwiesen. Es hat festgestellt, die Beklagte habe sich zwar im fraglichen Zeitraum in Annahmeverzug befunden und der Forderung des Klägers stünden auch nicht die Ausschlussfristen aus der “Betriebsvereinbarung Nr. 9“ entgegen. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Klägers schließe aber ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs nach § 615 S. 2 BGB durch die Weigerung des Klägers, auf der ihm betriebsverfassungswidrig zugewiesenen Stelle tätig zu werden, nicht zwingend aus. Die Frage der Zumutbarkeit der anderweitigen Beschäftigung im Rahmen der Frage, ob der Arbeitnehmer zumutbaren Zwischenverdienst im Sinne des § 615 S. 2 unterlassen habe, sei vielmehr auch in diesem Fall zu beantworten. Auch die die rechtskräftig festgestellte Unwirksamkeit einer Versetzung und die mit einer unbilligen Weisung einhergehende Unverbindlichkeit schließe die Böswilligkeit im Sinne des § 615 S. 2 BGB nicht zwangsläufig aus, so dass es darauf ankomme, ob dem Kläger die vorübergehende Tätigkeit als Senior Manager Security bei gleichem Grundentgelt zumutbar gewesen sei und nach einer umfassenden Gesamtabwägung aller Umstände, zu denen auch der Anlass für die unwirksame Versetzung gehören könne, ein vom Ergebnis des Arbeitsgerichts abweichendes Ergebnis gerechtfertigt sei.

Wegen der Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesarbeitsgerichts wird auf Bl. 531 ff. der Akte und wegen des Inhalts des Berichtigungsbeschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2021 auf Bl. 799 der Akte verwiesen.

Der Kläger rügt nach Zurückverweisung des Verfahrens, das Bundesarbeitsgericht habe sich mit der Argumentation des Urteils der erkennenden Kammer, wonach eine rechtlich unmögliche Beschäftigung im Rahmen des § 615 S. 2 BGB unabhängig von ihrer Zumutbarkeit nicht berücksichtigungsfähig sei, nicht auseinandergesetzt und diese Frage nicht entschieden. Er vertritt die Auffassung, die erfolgten Versetzungen seien rechtsmissbräuchlich erfolgt. Sowohl die Position „Technical Supervisor Plaquemine“ als auch die Stelle als Senior Manager Security sei erkennbar nur geschaffen worden, um seinen Beschäftigungsanspruch als Betriebsleiter zu vereiteln. Er sei Opfer systematischer und grundloser Kettenversetzungen geworden. Dementsprechend habe auch das Hessische Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2019 festgestellt, dass die ihm übertragenen Aufgaben inhaltsleer seien. Es existierten auch keine sachlichen dringenden Gründe, die seiner vertragsgemäßen Beschäftigung entgegengestanden hätten. Insoweit weist er darauf hin, dass die Beklagte ihre diesbezügliche Argumentation mehrfach geändert habe. Hinsichtlich der im Rahmen der Mitarbeiterbefragung gegen ihn erhobenen Vorwürfe habe die Beklagte keinerlei Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts oder an einem klärenden Gespräch gehabt. Soweit sie behaupte, ihm mangele es in erheblichem Maße an Führungs-und Sozialkompetenz, sei der Vortrag unsubstantiiert und werde bestritten. Dem widersprächen auch die Bewertungen im Zwischenzeugnis vom 23. Mai 2011 und die jährlich durch den Vorgesetzten durchzuführenden Beurteilungen. Tatsächlich habe er seine Tätigkeit anderthalb Jahrzehnte hervorragend und beanstandungsfrei ausgefüllt. Außerdem sei nicht erkennbar, warum eine bereits im März 2015 durchgeführte Mitarbeiterbefragung erst im Jahr 2017 zu einer Versetzung geführt habe.

In die Gesamtabwägung sei auch das „starrsinnige Missachten der rechtskräftigen Ansprüche“ des Klägers durch die Beklagte einzubeziehen. Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2021 -5 AZR 205/21 folge, dass ein Arbeitnehmer, der einen vorläufig vollstreckbaren Titel über eine bestimmte Beschäftigung beim Arbeitgeber erlangt habe, nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB handle, wenn er auf die entsprechende Beschäftigung beharre. Das böswillige Unterlassen einer anderweitigen vom Arbeitgeber zugewiesenen Beschäftigung, komme ausweislich der Entscheidung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Stelle als Senior Manager Security sei jedenfalls nicht deutlich geringwertiger als die des Betriebsleiters, sondern sogar vollkommen gleichwertig, was sich auch aus dem Gutachten eines Prof. Dr. G vom 27. Februar 2019 ergebe, dass sie als Anlage zur Akte reicht. Zudem vertieft sie ihren Vortrag zur mangelnden Sozialkompetenz des Klägers und dessen Ablehnung durch die ihm unterstellten Mitarbeiter. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 6. April 2022 nebst Anlagen Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 8. November 2019 und vom 22. April 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat, soweit nicht bereits Rechtskraft des Urteils vom 20. Dezember 2019 eingetreten ist, Erfolg.

I.

Die Berufung ist einschließlich der Klageerweiterungen in der Berufungsinstanz zulässig. Insoweit wird auf die Ausführungen auf Seite 19,20 des Urteils vom 20. Dezember 2019 (Bl. 773 der Akte) verwiesen.

II.

Sie ist auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2022 gestellten Antrags begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf die Zahlung des Grundgehaltes iHv. 33.431,17 € brutto für die Zeit vom 14. Mai 2018 bis zum 31. Juli 2018 aus §§ 615, 611 iVm. seinem Arbeitsvertrag zu. Weiterhin kann er 169.649,90 € brutto Grundgehalt für die Zeit vom 1. August 2018 bis zum 8. September 2019 gemäß §§ 611, 615 BGB in Verbindung mit seinem Arbeitsvertrag abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes i.H.v. 28.308,51 € gemäß §§ 611, 615 BGB in Verbindung mit seinem Arbeitsvertrag nebst der ausgeurteilten Zinsen verlangen. Er muss sich hierauf keinen böswillig unterlassenen Zwischenverdienst anrechnen lassen

1.

Die Beklagte ist mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers als Betriebsleiter ab dem 14. Mai 2018 in Verzug geraten, §§ 293 ff BGB. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig. Der Verzugszeitraum endete mit Ablauf des 8. September 2019- auch dies ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Die vom Bundesarbeitsgericht geforderte Gesamtabrechnung des Annahmeverzugszeitraums ist damit unproblematisch möglich.

2.

Ein Verfall der Ansprüche aufgrund der Betriebsvereinbarung Nr. 9 Arbeitsordnung kommt nicht in Betracht, da die Regelung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. Auf die Ausführungen auf Seite 25 bis 27 des Urteils der erkennenden Kammer vom 20. Dezember 2019 (Bl. 776, 777 der Akte) und auf Seite 6 des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Februar 2021 -5 AZR 213/20 (Bl. 802 der Akte) wird verwiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte nicht.

3.

Die Höhe des in der Zeit vom 14. Mai 2018 bis zum 31. Juli 2018 und in der Zeit vom 1. August 2018 bis zum 8. September 2019 angefallenen Grundgehalts ist ebenso unstreitig, wie die Höhe des in der Zeit vom 1. August 2018 bis zum 8. September 2019 gezahlten Arbeitslosengeldes, in dessen Umfang ein Anspruchsübergang nach § 115 SGB X stattgefunden hat.

4.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts muss sich der Kläger auf die genannten Ansprüche keinen böswillig unterlassenen Zwischenverdienst nach § 615 S. 2 BGB anrechnen lassen.

a) Nach § 615 S. 2 BGB muss sich ein Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber aufgrund seines Annahmeverzuges schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Die Vorschrift stellt darauf ab, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderen Arbeit zumutbar ist (BAG 22. März 2017 – 5 AZR 337/16- Juris ). Eine Anrechnung kommt auch dann in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem sich im Annahmeverzug befindlichen Arbeitgeber besteht (BAG 17. November 2011-5 AZR 500 6410-BAGE 140,42). Böswillig im Sinne des § 615 S. 2 BGB handelt der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzuges trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt und eine ihm nach Treu und Glauben § 242 BGB zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnimmt – maßgebend sind dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der anderweitigen Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben, sie kann etwa ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Erforderlich für die Beurteilung der Böswilligkeit ist stets eine unter Bewertung aller Umstände des konkreten Falls vorzunehmende Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen (BAG 8. September 2021 -5 AZR 205 / 21- NZA 2022, 213; BAG 19. Mai 2021 – 5 AZR 420 / 20- Juris).

Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis hängt das Maß der gebotenen Rücksichtnahme beim Arbeitnehmer regelmäßig davon ab, aus welchen Gründen der Arbeitgeber keine vertragsgemäße Arbeit anbietet (BAG 7. Februar 2007 – 5 AZR 422/06 – BAGE 121, 133). Das Bestehen dringender Gründe für das Angebot objektiv vertragswidriger Arbeit ist hier ein Kriterium für böswilliges Unterlassen iSv. § 615 Satz 2 BGB, weil der Arbeitnehmer vertragsgemäße Arbeit zu vertragsgemäßen Bedingungen erwarten darf (BAG 17. November 2011 – 5 AZR 564/10 – BAGE 140, 42). Diese hat der Arbeitgeber darzulegen. Bestehen für die Änderung dringende Gründe, denen nicht von vorneherein eine Billigung versagt werden kann, handelt der Arbeitnehmer nicht rücksichtsvoll, wenn er die Arbeit allein deswegen ablehnt, weil sie nicht vertragsgemäß ist, und er deshalb ohne Erwerb bleibt. Die beiderseitigen Gründe für die Zuweisung bzw. Ablehnung der neuen Arbeit sind zu benennen und sodann gegeneinander abzuwägen.Ebenfalls von Bedeutung ist, welches Signal von der Durchführung der angebotenen Beschäftigung durch den Arbeitnehmer ausgeht; ist zu befürchten, der Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz werde im Zusammenhang mit der nachdrücklichen Aufrechterhaltung bestimmter Vorwürfe durch den Arbeitgeber betriebs-öffentlich als kompromittierend angesehen, so kann dies als nachvollziehbares Motiv für die Ablehnung der Arbeitsangebote des Arbeitgebers verstanden werden, das den Vorwurf der Böswilligkeit ausschließt (BAG 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – Juris).

Hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt, hängt die Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer vornehmlich von der Art der Kündigung und ihrer Begründung sowie dem Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsprozess ab. Bei einer betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigung ist die vorläufige Weiterbeschäftigung dem Arbeitnehmer im Gegensatz zu einer verhaltensbedingten, insbesondere außerordentlichen Kündigung in der Regel zumutbar. Art und Schwere der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe können die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit begründen, wobei die außerordentliche Kündigung regelmäßig das Ansehen des Arbeitnehmers beeinträchtigt (BAG 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 –-Juris). Der gekündigte Arbeitnehmer, der ein vorläufig vollstreckbares Weiterbeschäftigungsurteil erstritten hat, ist nicht verpflichtet, trotz des Weiterbeschäftigungstitels ein Angebot des Arbeitgebers zu einer vertraglichen Gestaltung der Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses anzunehmen. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers findet dort eine Grenze, wo der Arbeitnehmer einen (vorläufig) vollstreckbaren Titel und damit einen den Arbeitgeber bindenden Rechtsanspruch hat. Das Beharren des Arbeitnehmers darauf, dass der Arbeitgeber seine aus dem (vorläufig) vollstreckbaren Titel folgende Rechtspflicht erfüllt, ist nicht treuwidrig iSd. § 242 BGB (BAG 8. September 2021 – 5 AZR 205/21 – NZA 2022, 113). In dieser Konstellation obliegt es dem Arbeitgeber, der sein Annahmeverzugsrisiko mindern will, seiner Verpflichtung aus dem Weiterbeschäftigungsurteil nachzukommen und die Weiterbeschäftigung des Klägers während des Kündigungsschutzprozesses nicht vom Abschluss eines befristeten Prozessarbeitsverhältnisses abhängig zu machen (BAG 8. September 2021 – 5 AZR 205/21 – NZA 2022, 113).

b) Im maßgeblichen Zeitraum bestand eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bei der Beklagten als Senior Manager Security. Der Annahme einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit steht nach den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 23. Februar 2021 (5 AZR 213/20) nicht entgegen, dass die Beschäftigung des Klägers mangels Zustimmung des Betriebsrats zu der insofern erforderlichen Versetzung betriebsverfassungsrechtlich unzulässig gewesen wäre. Vielmehr ist die fehlende Zustimmung nach § 99 BetrVG im Rahmen der Frage der Zumutbarkeit der jeweiligen Beschäftigungsmöglichkeit zu würdigen. An die diesbezügliche Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts ist die Kammer nach § 563 Abs. 2 ZPO gebunden.

c) Nach den dargelegten Grundsätzen hat der Kläger es aber nicht im Sinne von § 615 Abs. 1 S. 2 BGB ab dem 14. Mai 2022 böswillig unterlassen, die Tätigkeit als Senior Manager Security auszuüben.

aa) Insoweit kann offenbleiben, ob die Weigerung des Klägers, ab dem 14. Mai 2018 auf der Stelle als Senior Manager Security tätig zu werden, schon allein deshalb nicht als treuwidrig im Sinne des § 242 BGB angesehen werden kann – mit der Folge, dass böswillig unterlassener Verdienst insoweit nicht vorliegt- weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits einen vorläufig vollstreckbaren Titel auf Weiterbeschäftigung als Betriebsleiter erstritten hatte. Dies ergibt sich nicht zwingend aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2021 (5 AZR 205/21-NZA 20 22,113). Zwar führt das Bundesarbeitsgericht hier aus, der Arbeitnehmer, der darauf beharre, dass der Arbeitgeber seine aus dem vorläufig vollstreckbaren Titel folgende Rechtspflicht erfüllt, agiere nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB. Sollte dies als allgemeiner Rechtsatz dahingehend verstanden werden, dass es auf die übrigen Umstände des Einzelfalls nicht mehr ankommt, weil allein die Existenz des Weiterbeschäftigungstitels die Böswilligkeit des Unterlassens ausschließt, käme hier ein böswilliges Unterlassen des Klägers ab dem 14. Mai 2018 nicht mehr in Betracht, denn er verfügte bereits vor dem 14 Mai 2018 über einen Weiterbeschäftigungstitel. Allerdings betrifft die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2021 (5 AZR 205/21-NZA 20 22,113) einen Sachverhalt, bei dem dem über einen Weiterbeschäftigungstitel verfügenden Arbeitnehmer für die Zeit nach seinem Obsiegen im erstinstanzlichen Kündigungsschutzverfahren nicht nur eine nicht seiner vertraglichen Tätigkeit entsprechende Tätigkeit angeboten worden war, sondern sein Tätigwerden auch noch vom Abschluss eines schriftlichen Prozessbeschäftigungsvertrags abhängig gemacht wurde. Dementsprechend führt das Bundesarbeitsgericht aus, ein Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, trotz des Weiterbeschäftigungstitels ein Angebot des Arbeitgebers zu einer vertraglichen Gestaltung der Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses anzunehmen. Insofern unterscheidet sich die Fallgestaltung von der hier zu bewertenden. Der Kläger in dem dem Verfahren 5 AZR 205/21 zugrunde liegenden Sachverhalt hätte die nicht vertragsgemäße Beschäftigung nur ausführen können, wenn er auf die Vollstreckung des erlangten Weiterbeschäftigungstitels endgültig verzichtet hätte- einer solchen hätte nämlich der Abschluss eines Prozessbeschäftigungsvertrags zu geänderten Bedingungen im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage entgegengehalten werden können. Die Beklagte hat vorliegend aber die Beschäftigung des Klägers als Senior Manager Security nicht vom Abschluss eines – sei es auch befristeten – Änderungsvertrags abhängig gemacht.

bb) Nimmt man deshalb an, im vorliegenden Fall führe nicht schon das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels auf Weiterbeschäftigung als Betriebsleiter dazu, dass böswilliges Unterlassen des Klägers im Hinblick auf die Tätigkeit als Senior Manager Security ausscheidet, ergibt sich dies jedenfalls aus der unter Bewertung aller Umstände des konkreten Falls vorzunehmenden Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen.

Das im bestehenden Arbeitsverhältnis bedeutende Kriterium des Anlasses der nicht vertragsgemäßen Beschäftigung spricht hier im Ergebnis gegen eine Treuwidrigkeit der Weigerung des Klägers, die Tätigkeit als Senior Manager Security weiter auszuüben. Die insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat nicht hinreichend vorgetragen, dass für die Zuweisung der nicht vertragsgemäßen Tätigkeit dringende Gründe bestanden, denen nicht von vorneherein eine Billigung versagt werden kann. Unstreitig ist die Stelle als Betriebsleiter des A- Betriebs nicht entfallen, sondern wurde anderweitig besetzt. Die Beklagte beruft sich als Grund für die vorgenommene Versetzung zum einen auf die Notwendigkeit der Besetzung der Stelle als Senior Manager Security und zum anderen darauf, dass der Kläger als Betriebsleiter wegen seiner vollständig fehlenden Führungs- und Sozialkompetenz nicht tragbar gewesen sei.

Gegen die behauptete dringende Notwendigkeit der Besetzung der Stelle eines Senior Manager Security spricht bereits, dass die Stelle – zunächst in der Version des Beauftragten für Unternehmenssicherheit – gerade in dem Moment geschaffen wurde, als der Kläger zweitinstanzlich gegen die erste Versetzung auf die Position des Technical Supervisor Plaquemine obsiegt und insoweit einen Weiterbeschäftigungstitel auf die Beschäftigung als Betriebsleiter erwirkt hatte. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass die Beurteilung, ob eine bestimmte Aufgabe in ihrem Betrieb erfüllt werden soll, ihr obliegt. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Obsiegen des Klägers gegen die zuerst ausgesprochene Versetzung einschließlich eines Weiterbeschäftigungstitels und der Konzeption der Position des Beauftragten für Unternehmenssicherheit als Vorläufer der Position Senior Manager Security indiziert gleichwohl das Bestehen eines auch inneren Zusammenhangs, dem die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Dass diese vor der Versetzung des Klägers nicht existente Stelle unstreitig bis heute nicht mit einem festen Mitarbeiter besetzt ist, stützt diese Bewertung. Zwar beruft sich die Beklagte darauf, es sei schwierig, auf dem externen Arbeitsmarkt einen geeigneten Bewerber zu finden. Sie trägt aber weder die insofern unternommenen Bemühungen vor noch ist erkennbar, warum eine interne Stellenbesetzung, etwa mit einem anderen Betriebsleiter nicht möglich gewesen sein soll. Der abstrakte Verweis darauf, dass der Kläger nicht nur promovierter Chemiker ist, sondern über Zusatzqualifikationen verfügt, genügt insoweit nicht. Es ist weder ersichtlich, dass der Kläger der einzige Mitarbeiter der Beklagten mit entsprechenden Qualifikationen ist noch warum gerade die insofern bestehende Expertise Voraussetzung für das Tätigwerden als Senior Manager Security ist. Hinzu kommt, dass nach dem Vortrag der Beklagten, die Stelle zunächst kommissarisch durch den Standortleiter Herrn D wahrgenommen wurde und inzwischen die dort anfallenden Arbeiten auf andere Arbeitnehmer verteilt wurden. Es ist jedoch nicht plausibel, warum eine solche kommissarische Wahrnehmung der Position durch einen unverändert mit zahllosen weiteren Führungsaufgaben betrauten Standortleiter möglich gewesen sein soll, wenn die betroffenen Sicherheitsinteressen der Beklagten die Ausführung der in der Stellenbeschreibung genannten, ihrer Darstellung nach sehr anspruchsvollen Aufgaben durch einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer dringend erfordern. Vielmehr stellt sich dann die Frage, ob nicht auch der Kläger die Aufgaben neben seiner Betriebsleitertätigkeit hätte wahrnehmen können, wenn dies dem Standortleiter neben seinen originären Tätigkeiten möglich war.

Die Beklagte hat auch nicht substantiiert vorgetragen, ein billigenswerter Anlass für die Versetzung liege im Hinblick auf die mangelnde Führungs- und Sozialkompetenz des Klägers vor, die ihn als Betriebsleiter untragbar machten. Dabei geht die Kammer mangels (ausreichenden) Bestreitens des Klägers davon aus, dass die dem Kläger unterstellten Arbeitnehmer zumindest teilweise mit diesem massiv unzufrieden waren und sich über ihn beschwerten, unter anderem, weil er ihnen respektlos entgegentrete, es ihm an Sozialkompetenz mangele und sie seinen Führungsstil dahingehend empfanden, dass er ein Klima der Angst schaffe. Ob ein diese Bewertung rechtfertigendes Fehlverhalten des Klägers vorlag, ist jedoch streitig. Die insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat keine konkreten Vorgänge vorgetragen, aus denen sich die Defizite des Klägers im Sozialverhalten ergeben, sondern lediglich ohne Angabe der näheren Umstände, der beteiligten Personen und von Zeit und Ort schlagwortartig Äußerungen und Verhaltensweisen des Klägers behauptet, so dass eine Beweiserhebung nach dem Bestreiten des Klägers unter dem Gesichtspunkt des Verbots des Ausforschungsbeweis nicht in Betracht kam. Insofern kann die Kammer auch nicht davon ausgehen, dass die Beschwerden der Arbeitnehmer, die sich ausweislich der vorgelegten Anl. B 4 auch keineswegs nur gegen die Person des Klägers richteten, inhaltlich voll umfänglich berechtigt waren. Das bloße Bestehen selbst massiver Konflikte zwischen einem Vorgesetzten und seinen Mitarbeitern stellt jedoch nach Auffassung der Kammer keinen billigenswerten Anlass dar, dem Vorgesetzten ohne jeden Versuch der Klärung und Vermittlung die von ihm ca. 15 Jahre lang eingenommene Position zu entziehen. Die Bestellung mehrlagigen Toilettenpapiers und die Beendigung einer Rationierung von Duschgel wäre auch ohne Versetzung des Klägers möglich gewesen.

Die Beklagte hat auf den Hinweis der Kammer zu der langen Beschäftigung des Klägers als Betriebsleiter ohne das Ergreifen arbeitsrechtlicher Maßnahmen wegen fehlender Führungs- und Sozialkompetenz im Berufungstermin erklärt, zum einen sei das Verhalten des Klägers über die Jahre immer schlimmer geworden, zum anderen habe er eben gute betriebswirtschaftliche Ergebnisse erzielt. Nimmt aber ein Arbeitgeber über lange Zeit das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers in einer Führungsposition seinen Mitarbeitern gegenüber hin, weil „die Zahlen stimmen“, ist er in besonderer Weise gehalten, deutlich zu machen, dass sich hieran nun etwas ändere, bevor er eine belastende arbeitsrechtliche Maßnahme ergreift. Die Kammer muss hier nach allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast davon ausgehen, dass entsprechende Maßnahmen bis zum Ausspruch der ersten Versetzung nicht ergriffen wurden. Die von der Beklagten unsubstantiiert behaupteten Kritikgespräche mit dem Kläger hat dieser bestritten, so dass die Kammer nicht davon ausgehen kann, dass Versuche der Konfliktbewältigung unternommen wurden. Der Einwand der Beklagten, der Kläger sei nicht kritikfähig, steht dem nicht entgegen. Allein aus seiner in der Tat nur auf einen Gegenangriff gerichteten Reaktion im Schreiben vom 11. Dezember 2018 kann dies nicht geschlossen werden. Erforderlich wäre gewesen konkret mitzuteilen, wann der Kläger mit welchen Vorwürfen konfrontiert wurde und wie er darauf reagiert hat. Außerdem kann eine Verhaltensänderung nicht ausschließlich durch selbstkritische Reflektion, sondern ggfs. auch durch die Drohung mit arbeitsrechtlichen Sanktionen erzielt werden. Hinzu kommt, dass massive Beschwerden ausweislich der Anl. B4 bereits im Dezember 2014 erhoben worden sind, die erste Versetzung des Klägers aber erst im Oktober 2016 erfolgt ist. Auch im Hinblick auf diesen vom Kläger thematisierten und von der Beklagten nicht begründeten Zeitablauf kann von einem aus Sicht der Beklagten dringenden betrieblichen Grund für die Zuweisung der geänderten Tätigkeit nicht ausgegangen werden.

(c) Dieser Wertung steht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht entgegen, dass diese mit der Versetzung die den Kläger am wenigsten belastende Maßnahme ergriffen hätte. Der Ausspruch einer fristlosen Beendigungskündigung oder einer fristlosen Änderungskündigung – nur durch eine solche wäre ebenfalls der Einsatz des Klägers als Betriebsleiter mit sofortiger Wirkung beendet worden- hätte angesichts der langen Beschäftigungszeit des Klägers und des Fehlens von einschlägigen Abmahnungen keine nennenswerten Erfolgsaussichten gehabt. Aber auch an eine ordentliche Kündigung – sei es als verhaltensbedingte, sei es als echte Druckkündigung- wären strenge Anforderungen zu stellen gewesen. Die Beklagte hätte insofern die Vorwürfe gegen den Kläger im Einzelnen aufklären müssen, sein Verhalten -gegebenenfalls mehrfach – abmahnen bzw., sich vor Ausspruch einer echten Druckkündigung zunächst schützend vor den Kläger stellen müssen. Im Fall einer unwirksamen verhaltensbedingten Kündigung wäre zudem ein böswilliges Unterlassen des Klägers nach § 615 S. 2 BGB im Hinblick auf ein angebotenes Prozessbeschäftigungsverhältnis mit geänderter Tätigkeit kaum in Betracht gekommen, weil das Bundesarbeitsgericht annimmt, dass einem gekündigten Arbeitnehmer die Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber nicht zumutbar ist, wenn der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen und erhebliche Vorwürfe gegen den Arbeitnehmer erhoben hat, die zwischen den Parteien nicht unstreitig sind (BAG 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 –-Juris).

Der Anlass für die vorgenommene Versetzung in Form der unstreitig bestehenden Beschwerden der Mitarbeiter über den Führungsstil des Klägers bei gleichzeitig nicht ausreichend vorgetragenem Fehlverhalten spricht nicht nur nicht für, sondern sogar gegen die Zumutbarkeit der Übernahme einer anderweitigen Tätigkeit bei gleichzeitiger Neubesetzung der Stelle als Betriebsleiter. Wie dargelegt ist eine kompromittierende Wirkung des geänderten Tätigwerdens in der Betriebsöffentlichkeit zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (BAG 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – Juris). So lag der Fall hier: Je länger der Kläger, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits in zwei Instanzen erfolgreich gegen seine Versetzung auf die Stelle des Technical Supervisor Plaquemine im Oktober 2016 und erstinstanzlich erfolgreich gegen die Versetzung auf die Stelle des Senior Manager Security gewehrt hatte, die ihm jeweils zugewiesenen Tätigkeiten ausübte, umso schwieriger wäre seine Rückkehr als Betriebsleiter und Vorgesetzter geworden, weil bei den Mitarbeitern der Eindruck erweckt worden wäre, mit ihren anonymen Beschwerden Erfolg gehabt zu haben, ohne dass eine Klärung des Konflikts versucht wurde.

Die in die Interessenabwägung einzustellenden Arbeitsbedingungen als Senior Manager Security vermögen bei dieser Sachlage nicht die Wertung zu begründen, dass der Kläger nach Treu und Glauben gehalten gewesen wäre, die diesbezügliche Tätigkeit aus Rücksichtnahme auf die Beklagte vorübergehend auszuführen.

Allerdings ist der Beklagten zuzugestehen, dass sich die Unzumutbarkeit der Tätigkeit als Senior Manager Security nicht aus den insoweit bestehenden äußeren Arbeitsbedingungen – Vergütung, Arbeitsort, Arbeitszeit und Gefährlichkeit der Arbeit- ergibt. Änderungen zulasten des Klägers waren diesbezüglich mit der Versetzung nicht verbunden, auch nicht im Hinblick auf die Sicherheitszulage, die dem Kläger, wie mit Urteil der erkennenden Kammer vom 20. Dezember 2019 rechtskräftig entschieden, unabhängig von der Position des Betriebsleiters zustand, solange sie nicht wirksam widerrufen wurde.

Es kann auch zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Wertigkeit der in der Stellenbeschreibung vom 19. Juni 2018 beschriebenen Aufgaben hinsichtlich Verantwortung und erforderlicher Expertise nicht erheblich unterhalb derjenigen eines Betriebsleiters liegen. Wie anspruchs- und verantwortungsvoll die übertragene Tätigkeit ist, ist jedoch nicht der einzige bei dem Vergleich der Wertigkeit zu würdigende Aspekt. Insofern ist hier zu berücksichtigen, dass sich die Stelle des Senior Manager Security in ihrer Bedeutung für das Unternehmen und damit hinsichtlich ihrer Reputation innerhalb des Unternehmens erheblich von der des Betriebsleiters unterschied. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, welche Bedeutung die auf dieser Stelle zu betreuenden Sicherheitsaspekte für sie hatten. Hiergegen spricht jedoch, dass die Stelle bis zum Dezember 2017 im Unternehmen der Beklagten nicht existierte und auch später nicht fest besetzt wurde. Für die Kammer ist nicht erkennbar, dass auch die Betriebsleiterposition kommissarisch zusätzlich durch den Produktionsleiter hätte übernommen werden oder die insofern anfallenden Aufgaben auf andere Mitarbeiter hätten verteilt werden können, wie dies im Hinblick auf die Position des Senior Manager Security nach dem Vortrag der Beklagten geschah.

Außerdem ist in die Würdigung einzubeziehen, dass die dem Kläger ursprünglich zugewiesene Stelle des Beauftragten für Unternehmenssicherheit durch die Anweisung vom 22. Januar 2018 und die Stellenbeschreibung vom 19. Juni 2018 fortwährend nachgebessert wurde, was Zweifel an einem klaren Konzept der neu eingerichteten Stelle begründet. Dies räumt auch die Beklagte letztlich ein, wenn sie ausführt, die Aufgaben hätten sich im Rahmen der Tätigkeit auf der zugewiesenen Position entwickeln sollen. Demgegenüber waren die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Klägers im Rahmen seiner Tätigkeit als Betriebsleiter klar umrissen.

Schließlich ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit im Rahmen des § 615 S. 2 BGB nach Auffassung der Kammer auch die Ähnlichkeit der vom Arbeitnehmer vertraglich geschuldeten Tätigkeit zu der ihm zugewiesenen Tätigkeit zu berücksichtigen. Je mehr sich Anforderungen und Arbeitsweise der vertraglich geschuldeten und der neu zugewiesenen Tätigkeit ähneln, desto eher ist dem Arbeitnehmer zuzumuten, diese aus Rücksichtnahme auf den Arbeitgeber zumindest vorübergehend durchzuführen. Hier unterschieden sich die vom Kläger seit 15 Jahren durchgeführte Tätigkeit, deren Schwerpunkt unstreitig im operativen Bereich lag, im Hinblick auf die anfallenden Aufgaben und die Arbeitsweise stark von der ihm übertragenen Tätigkeit als Senior Manager Security, die hohe konzeptioneller Anteile enthielt. Der Kläger musste sich bei Übernahme dieser Position nicht nur in neue Aufgaben einarbeiten, sondern eine strukturell völlig andere Tätigkeit erbringen.

Gegen die Wertung, der Kläger habe die Tätigkeit als Senior Manager Security ab dem 14. Mai 2018 böswillig unterlassen, spricht ferner, dass die Versetzung erfolgte, nachdem der Kläger in zweiter Instanz gegen die Versetzung auf die Stelle das Technical Supervisor Plaquemine obsiegt und einen Weiterbeschäftigungstitel errungen hatte. Dabei kann offenbleiben, ob die Beklagte, wie der Kläger meint, hiermit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erreichen wollte. Auch die Frage, ob die erneute Versetzung als rechtsmissbräuchlich zu werten ist, kann dahinstehen. Jedenfalls entwertete die Beklagte mit der Versetzung den vom Kläger in zweiter Instanz bestätigten Weiterbeschäftigungstitel und nahm ihrerseits auf das berechtigte Interesse des Klägers, die ausgeurteilte Beschäftigung ausüben zu können, keine Rücksicht.

Schließlich ist zu Gunsten des Klägers mit erheblichem Gewicht zu berücksichtigen, dass dieser bereits vor Beginn des Annahmeverzugs am 14. Mai 2018 einen neuen Weiterbeschäftigungstitel als Betriebsleiter nun im Hinblick auf die unwirksame Versetzung auf die Stelle des Senior Manager Security erlangt hatte. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts an, wonach das Bestehen eines Weiterbeschäftigungstitels und damit eines den Arbeitgeber bindenden Rechtsanspruchs des Arbeitnehmer auf eine bestimmte Beschäftigung, dessen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers nach § 615 S. 2 BGB begrenzt. Hiergegen spricht auch nicht, dass die vom Bundesarbeitsgericht angenommene Unterscheidung zwischen vertraglicher Arbeitsverpflichtung einerseits und Obliegenheit zur Übernahme vertraglich nicht geschuldeter Tätigkeiten andererseits letztlich entwertet würde, wenn man einen auf die vertragliche Tätigkeit bezogenen Weiterbeschäftigungstitel im Rahmen der Wertung nach § 615 S. 2 BGB als erheblichen Grund für die Unzumutbarkeit einer anderweitigen Beschäftigung ansähe. Während es sich nämlich bei der vertraglichen Arbeitspflicht einerseits und Obliegenheit nach § 615 S. 2 BGB andererseits um verschiedene rechtliche Kategorien mit unterschiedlichen Prüfungsprogrammen handelt, ist im Rahmen des Weiterbeschäftigungsanspruchs gerade zu prüfen, ob der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers nach § 275 BGB etwa wegen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit entgegensteht. Macht der Arbeitgeber ein solches Leistungsverweigerungsrecht aber nicht oder nicht erfolgreich im Weiterbeschäftigungsprozess geltend, kann in dem Beharren des Arbeitnehmers darauf, dass der Arbeitgeber seine aus dem (vorläufig) vollstreckbaren Titel folgende Rechtspflicht erfüllt, jedenfalls ohne das Vorliegen besonderer Umstände keine Treuwidrigkeit iSd. § 242 BGB erblickt (BAG 8. September 2021 – 5 AZR 205/21 – NZA 2022, 113) werden. Dagegen sagt eine gerichtliche Entscheidung nur über die Unwirksamkeit der Versetzung nichts darüber aus, ob die Beschäftigung mit der bisherigen Tätigkeit möglich und zumutbar ist.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann auch nicht zulasten des Klägers für die Annahme eines böswilligen Unterlassens nach § 615 S. 2 BGB eingewendet werden, dieser habe aus seinem Weiterbeschäftigungstitel vollstrecken können und sei deshalb nicht rechtlos gestellt. Hierdurch würde die von der Kammer geteilte Wertung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 22. Februar 2000 – 9 AZR 194/99 – Juris), dass ein Arbeitnehmer nicht böswillig handelt, wenn er es unterlässt, aus einem Weiterbeschäftigungstitel zu vollstrecken, konterkariert. Der Arbeitnehmer, der einen Weiterbeschäftigungstitel erzielt hat, stünde schlechter da, als derjenige, der seine vertragsgerechte Weiterbeschäftigung nicht gerichtlich durchsetzt, weil von ihm eine höhere Rücksichtnahme hinsichtlich der Übernahme anderweitiger Tätigkeiten gefordert würde. Umgekehrt würde der Arbeitgeber, der sich einem gerichtlichen Titel nicht beugt, im Rahmen der Pflicht zur Leistung von Verzugslohn besser gestellt, als derjenige, der nicht zur vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung verurteilt worden ist.

5.

Der Zinsanspruch des Klägers beruht auf §§ 288, 286 Abs. 2 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 92 Abs. 1, 2, 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

1.

Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten hat die Beklagte nach § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten zu tragen. Der Kläger hätte bei Anwendung von § 92 Abs. 1 ZPO gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten im Hinblick auf den zurückgenommenen Teil und die teilweise Abweisung der Zahlungsklage zu tragen. Die Rücknahme betraf 374,75 € Arbeitslosengeld für den Monat August 2018 und 2.248,50 € Arbeitslosengeld für den Monat September 2018. Zurückgewiesen wurde die bereits in erster Instanz anhängige Klage i.H.v. 1.496,10 € brutto betreffend die eingeklagte Zulage. Dies entspricht insgesamt einer Zuvielforderung von in Höhe von 6,5 %.

2.

In der Berufungsinstanz hat der Kläger insgesamt ursprünglich 225.504,22 € brutto eingeklagt, die Klage ist in Höhe von 9.033 € bereits durch die Entscheidung vom 20. Dezember 2019 rechtskräftig abgewiesen und iHv. 27.697,55 € sowie in Höhe weiterer 366,15 € zurückgenommen worden.

Dies entspricht der ausgeurteilten Kostenquote.

3.

Die Kosten der Revision hat die unterlegene Beklagte zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da dies durch keinen der in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Gründe veranlasst ist.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!