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Antrags zur Durchsetzung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit

Teilzeitarbeit in der Elternzeit: Anspruch und Wirklichkeit

Das Zusammenspiel von Berufs- und Familienleben stellt eine der zentralen Herausforderungen in der modernen Arbeitswelt dar. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Frage, inwieweit Arbeitnehmer während der Elternzeit Anspruch auf Teilzeitarbeit haben und wie solche Ansprüche rechtlich durchgesetzt werden können. Dies berührt grundlegende Aspekte des Arbeitsrechts und wirft Fragen nach der Vereinbarkeit von beruflichen Pflichten und familiären Rechten auf.

Es geht um den Ausgleich zwischen dem Schutz der Familie, der im Grundgesetz verankert ist, und den betrieblichen Notwendigkeiten, die Arbeitgeber geltend machen können. In diesem Spannungsfeld bewegen sich Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit während der Elternzeit reduzieren möchten, um sowohl beruflichen Verpflichtungen nachzukommen als auch familiäre Verantwortung zu tragen. Die juristische Problemstellung dreht sich um die Durchsetzbarkeit dieser Teilzeitwünsche und den Schutz der Interessen beider Parteien – des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers. Entscheidungen zu diesem Thema haben weitreichende Konsequenzen für die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen und die Arbeitskultur im Allgemeinen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ga 20/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Arbeitsgericht Solingen entschied, dass kein Anspruch auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit besteht, wenn keine irreparablen Schäden drohen und das betriebliche Organisationskonzept entgegensteht.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Teilzeitarbeitsantrag während der Elternzeit wurde vom Arbeitsgericht abgelehnt.
  2. Kein Verfügungsanspruch oder Verfügungsgrund für die einstweilige Verfügung erkennbar.
  3. Betriebliche Gründe der Arbeitgeberin standen dem Wunsch des Arbeitnehmers nach Teilzeitbeschäftigung entgegen.
  4. Die Rechtsprechung unterstützt, dass Arbeitsverhältnisse nicht einseitig zugunsten von Teilzeitarbeit verändert werden können.
  5. Das Gericht stellte hohe Anforderungen an die Notwendigkeit einer einstweiligen Verfügung, die nicht erfüllt wurden.
  6. Die Fiktion nach § 894 ZPO gilt und der Beschäftigungsantrag im Hauptsacheverfahren wurde bereits abgewiesen.
  7. Die Durchsetzung von Teilzeitwünschen kann betriebliche Abläufe beeinträchtigen.
  8. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Streitwert wurde auf ein Monatsgehalt festgesetzt.

Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit: Ein komplexer Rechtsfall

Ein 38-jähriger Operational Planner/Purchasing, der seit November 2014 für ein Unternehmen tätig ist, welches hochwertige Werkzeuge für die Gebäudereinigung herstellt und vertreibt, hat während seiner Elternzeit die Reduzierung seiner Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden beantragt. Der Vater eines im August geborenen Kindes sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, dass sein Arbeitgeber, der 86 Mitarbeiter beschäftigt und Teil einer in den USA ansässigen Unternehmensgruppe ist, seinen Wunsch nach Teilzeitarbeit ablehnte. Stattdessen wurde ihm weiterhin eine Vollzeitbeschäftigung angeboten. Dies führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, da der Arbeitnehmer der Ansicht war, dass keine dringenden betrieblichen Gründe vorlagen, die seinem Anspruch auf Teilzeit entgegenstehen könnten. Zudem wurde argumentiert, dass ihm als Vater das Recht zustehe, Elternzeit in Anspruch zu nehmen, ohne seine Berufstätigkeit vollständig aufgeben zu müssen, gestützt auf Artikel 6 des Grundgesetzes.

Die rechtliche Herausforderung: Teilzeitarbeit vs. betriebliche Anforderungen

Teilzeitarbeit in der Elternzeit: Anspruch und Wirklichkeit
(Symbolfoto: Halfpoint /Shutterstock.com)

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag darin, ob der Verfügungskläger während der Elternzeit ein Recht auf Teilzeitarbeit geltend machen konnte, und ob der Arbeitgeber verpflichtet war, dieser Forderung nachzukommen. Die Verfügungsbeklagte stellte die Auffassung des Verfügungsklägers in Frage, da ein früheres Urteil des Arbeitsgerichts Solingen im Hauptsacheverfahren den Beschäftigungsantrag bereits abgewiesen hatte. Sie argumentierte weiterhin, dass ein Arbeitnehmer während der Elternzeit nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sei und dass es im Kern um die Durchsetzung von Entgeltansprüchen gehe.

Gerichtsentscheidung: Kein Anspruch auf Teilzeitarbeit ohne wesentliche Nachteile

Das Arbeitsgericht Solingen wies den Antrag des Verfügungsklägers schließlich ab, mit der Begründung, dass kein Verfügungsanspruch oder Verfügungsgrund gegeben sei. Die Urteilsbegründung zeigte auf, dass im Rahmen einer einstweiligen Verfügung zwar nicht zwingend ein Verfügungsanspruch bestehen müsse, jedoch hohe Anforderungen an einen Verfügungsgrund gestellt würden. Es müsste nachgewiesen werden, dass ohne die einstweilige Verfügung wesentliche Nachteile zu befürchten wären, wie der Eintritt irreparabler Schäden. Dies war hier nicht der Fall, da der Verfügungskläger nicht darlegen konnte, dass ohne Teilzeitarbeit unzumutbare irreparable Schäden drohten.

Konsequenzen und Fazit des Urteils für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Zudem betonte das Gericht, dass die gesetzliche Regelung im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowie im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zwar das Anliegen des Verfügungsklägers unterstützt, aber nicht erlaubt, dass ein Arbeitnehmer einseitig sein Arbeitsverhältnis so gestaltet, dass er unmittelbar eine verringerte Arbeitszeit in Anspruch nehmen kann. Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht, dass das Recht auf Elternzeit und die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung durch die spezifischen Umstände des Einzelfalls und die betrieblichen Belange des Arbeitgebers begrenzt werden können.

Auswirkungen hat dieses Urteil sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Für Arbeitnehmer bedeutet es, dass der Wunsch nach Teilzeit während der Elternzeit nicht in jedem Fall durchgesetzt werden kann, insbesondere wenn keine irreparablen Schäden ohne diese Teilzeitarbeit entstehen. Arbeitgeber können aus diesem Urteil ableiten, dass sie bei Vorliegen eines organisierten Organisationskonzepts und bei Abwesenheit von dringenden betrieblichen Gründen eine Teilzeitanforderung während der Elternzeit ablehnen können.

Das Fazit des Urteils ist, dass das Recht auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit nicht absolut ist und dass Arbeitgeber berechtigt sind, Teilzeitwünsche abzulehnen, wenn keine irreparablen Schäden für den Arbeitnehmer entstehen und der betriebliche Ablauf durch die Teilzeitbeschäftigung beeinträchtigt würde. Der Verfügungskläger wurde in diesem Fall zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt, und der Streitwert wurde auf ein Monatsgehalt festgesetzt.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Voraussetzungen müssen für einen Teilzeitantrag während der Elternzeit erfüllt sein?

Für einen Teilzeitantrag während der Elternzeit in Deutschland müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Dauer des Arbeitsverhältnisses: Das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber muss bereits länger als sechs Monate bestehen.
  2. Betriebsgröße: Im Betrieb müssen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sein. Auszubildende und andere Personen in Berufsbildungsmaßnahmen werden dabei nicht mitgezählt.
  3. Arbeitszeit: Die gewünschte Teilzeitarbeit muss mindestens zwei Monate lang und im Umfang von mindestens 15 bis höchstens 32 Wochenstunden ausgeübt werden sollen.
  4. Ankündigungsfrist: Der Arbeitgeber muss mindestens sieben Wochen vor Beginn der gewünschten Teilzeit über den Teilzeitwunsch informiert werden.
  5. Form des Antrags: Der Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit muss schriftlich und formlos beim Hauptarbeitgeber gestellt werden. In diesem Antrag sollte die geplante Tätigkeit beschrieben werden.
  6. Ablehnungsgründe: Der Arbeitgeber darf den Antrag nur aus dringenden Gründen ablehnen. Diese Ablehnung muss innerhalb einer Antwortfrist von vier Wochen erfolgen.

Falls die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, können Arbeitnehmer und Arbeitgeber dennoch einvernehmlich eine vorübergehende Teilzeitarbeit während der Elternzeit vereinbaren.

Nach Ende der Elternzeit kehren die Beschäftigten automatisch zum vorigen Arbeitsverhältnis und zu den vorigen Arbeitszeiten zurück. Während der gesamten Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz.

Inwiefern begrenzen betriebliche Belange und Organisationskonzepte das Recht auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit?

Betriebliche Belange und Organisationskonzepte können das Recht auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit in Deutschland in mehreren Aspekten begrenzen.

Zunächst einmal, obwohl Arbeitnehmer während der Elternzeit das Recht haben, Teilzeit zu arbeiten, kann der Arbeitgeber diesen Antrag aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. Solche Gründe könnten beispielsweise eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe oder unverhältnismäßige Kosten sein.

Die Ablehnung muss innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung begründet werden. Wenn der Arbeitgeber den Antrag ablehnt, kann der Arbeitnehmer vor dem zuständigen Arbeitsgericht klagen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass das Recht auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit bestimmten Voraussetzungen unterliegt. Der Arbeitnehmer muss beispielsweise bereits länger als sechs Monate ohne Unterbrechung bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sein.

Darüber hinaus kann die Arbeitszeit während der Elternzeit nur auf einen Umfang zwischen 15 und 32 Wochenstunden reduziert werden. Dieser Anspruch ist auf drei Jahre begrenzt und hängt vom Alter des Kindes ab.

Schließlich kann die Organisation des Arbeitsplatzes auch eine Rolle spielen. Wenn der Arbeitnehmer beispielsweise seinen Wunsch nach Teilzeitarbeit erst nach Anmeldung der Elternzeit äußert, besteht die Gefahr, dass der Antrag aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt wird, da der Arbeitgeber möglicherweise bereits eine Ersatzkraft für den gesamten Zeitraum der Elternzeit eingestellt hat.

Diese Aspekte zeigen, dass betriebliche Belange und Organisationskonzepte das Recht auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit in Deutschland erheblich einschränken können.


Das vorliegende Urteil

Arbeitsgericht Solingen – Az.: 3 Ga 20/15 – Urteil vom 05.01.2016

Leitsätze:

1. Der zutreffende Antrag zur Durchsetzung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit bestimmt sich nach dem Rechtsschutzziel. Lehnt die Arbeitgeberin eine Teilzeitbeschäftigung ab und bietet weiterhin eine Vollzeitbeschäftigung an, dann geht es dem Verfügungskläger um die Gestattung, der Arbeit in einem bestimmten Umfang fernbleiben zu dürfen.

2. Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ist nicht in jedem Fall das Bestehen eines Verfügungsanspruchs erforderlich. Gemäß § 940 ZPO geht es um die Regelung eines Rechtsverhältnisses. Aus diesem müssen noch keine Ansprüche abschließend entstanden sein.


1.Der Antrag wird abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungskläger.

3.Der Streitwert beträgt 5.445,31 €.

T a t b e s t a n d:

Der Verfügungskläger begehrt die Beschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden während seiner Elternzeit.

Der 38-jährige, verheiratete Verfügungskläger, Vater eines im August geborenen Kindes, ist bei der Verfügungsbeklagten seit dem 01.11.2014 auf Grundlage des Anstellungsvertrages vom 10.07.2014 als Operational Planner/Purchasing beschäftigt. Das Quartalsgehalt beträgt in Vollzeit (40 Stunden wöchentlich) 16.335,92 € brutto. Die Verfügungsbeklagte produziert und vertreibt hochwertige Werkzeuge für die Gebäudereinigung. Sie beschäftigt 86 Mitarbeiter und gehört zu einer Unternehmensgruppe, deren Sitz in den USA liegt.

Der Verfügungskläger ist im Bereich Einkauf tätig. Dort sind des Weiteren Herr T. als Senior Planner (vgl. Arbeitsvertrag Bl. 77 ff d. A.) sowie seit dem 01.07.2015 Frau D. als Junior Planner ebenfalls mit jeweils 40 Stunden wöchentlich (vgl. Arbeitsvertrag Bl. 85 ff d. A.) beschäftigt. Die betriebsübliche Arbeitszeit liegt zwischen 8:00 und 17:00 Uhr.

Bereits mit Schreiben vom 22.06.2015 (Bl. 16 d. A.) beantragte der Verfügungskläger Elternzeit für die ersten beiden Lebensjahre seines Kindes sowie eine Teilzeitbeschäftigung ab dem dritten Monat der Elternzeit. Die Verfügungsbeklagte bestätigte mit Schreiben vom 10.07.2015 die Elternzeit, lehnte aber die Teilzeit ab. Daraufhin beantragte der Verfügungskläger unter dem 06.08.2015 (Bl. 19 d. A.) Elternzeit für zunächst vier Monate und anschließend Elternzeit mit Teilzeitbeschäftigung vom 03.12.2015 bis zum 01.08.2017 nunmehr ausdrücklich unter der Bedingung, dass dem Teilzeitwunsch von 30 Stunden zugestimmt werde. Mit Schreiben vom 04.09.2015 stimmte die Verfügungsbeklagte dem Elternzeitverlangen zu, lehnte aber eine Teilzeitbeschäftigung erneut ab.

Im Hauptsacheverfahren beim ArbG Solingen (3 Ca 1425/15) hat das Gericht mit Urteil vom 03.12.2015 die Verfügungsbeklagte verurteilt, dem Teilzeitbeschäftigungsantrag zuzustimmen; der Beschäftigungsantrag im Umfang von 30 Stunden ist hingegen abgewiesen worden.

Der Verfügungskläger meint, die Voraussetzungen seines Teilzeitanspruchs lägen vor. Dringende betriebliche Gründe, die seinem Anspruch entgegenstehen könnten, lägen nicht vor. Er habe auch Anspruch auf Beschäftigung im Umfang von 30 Stunden die Woche.

Der Verfügungskläger ist der Auffassung, aufgrund des erstinstanzlichen Urteils stehe fest, dass ein Verfügungsanspruch bestehe. Auch ein Verfügungsgrund sei gegeben. Er habe ein besonders schützenswertes Interesse daran, dass er Elternzeit in Anspruch nehmen könne, ohne dabei seine Berufstätigkeit vollständig aufgeben zu müssen. Die Rechte aus Artikel 6 GG ständen nicht nur alleinerziehenden Elternteilen zu, sondern auch Vätern.

Der Verfügungskläger beantragt zuletzt, ihm zu gestatten, bis zum 01.08.2017 in einem Umfang von 10 Wochenarbeitsstunden nicht tätig zu werden.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag abzuweisen.

Sie macht geltend, dem Verfügungskläger stünde weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund zu. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Beschäftigungsantrag im Hauptsacheverfahren zurückgewiesen worden sei. Im Übrigen sei ein Arbeitnehmer im Rahmen der Elternzeit ohnehin nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet. Letztlich gehe es um die Durchsetzung von Entgeltansprüchen.

Sie macht geltend, sie habe ein Organisationskonzept, das dem Anspruch entgegenstehe. Die Arbeit in der Abteilung Einkauf könne nur durch das Leisten von Überstunden bewältigt werden. Im Durchschnitt kämen alle drei Mitarbeiter auf 42 bis 43 Stunden wöchentlich. Den Mitarbeitern seien einzelne Lieferanten und Speditionen fest zugewiesen, was im Grundsatz unstrittig ist. Dadurch seien die Mitarbeiter mit den Gepflogenheiten ihrer Lieferanten und den Abläufen vertraut. Der Verfügungskläger betreue ein Einkaufvolumen von ca. 3.000.000,00 EUR, was unstreitig ist. Der Mitarbeiterin D. seien einfach zu betreuende deutsche Lieferanten zugewiesen. Ihr als Berufsanfängerin sei die Betreuung asiatischer Lieferanten noch nicht zumutbar. Der Umgang mit deutschen Lieferanten sei deutlich einfacher.

Wegen der Zeitverschiebung seien die Lieferanten in China nur von 08:00 bis 11:00 Uhr und die Ansprechpartner in den USA zwischen 14:00 und 17:00 Uhr zu erreichen, was im Grundsatz ebenfalls unstreitig ist. Ihr Organisationskonzept beinhalte eine Matrixstruktur. Die fachlichen Vorgesetzten seien Mitarbeiter der amerikanischen Muttergesellschaft, was unstrittig ist.

Soweit das Konzept bei Abwesenheiten nicht eingehalten werden könne, so beruhe dies auf äußere Umstände. Sie habe sich nach dem Antrag des Verfügungsklägers intensiv um eine Ersatzkraft bemüht. Mitarbeiter im Einkauf für 20 Monate mit einer Arbeitszeit von 10 Stunden seien nicht gefunden worden. Sie habe mehrere Personalagenturen eingeschaltet gehabt. Sie sei nicht gehalten, eine Ersatzkraft mit 17,5 Stunden einzustellen. Die viermonatige Elternzeit habe mittels eines Leiharbeitnehmers überbrückt werden können.

Der Verfügungskläger macht geltend, ein Organisationskonzept stehe seinem Anspruch nicht entgegen. Dieses werde nicht durchgängig eingehalten. In Abwesenheitszeiten würden die Lieferanten von anderen Mitarbeitern betreut. Eine Abstimmung mit den Ansprechpartnern Übersee sei nicht täglich erforderlich. Ein Großteil der Kommunikation werde per Email abgewickelt, was unstrittig ist. Dies sei ohnehin eine Frage der Lage der Arbeitszeit und deren Dauer.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Parteienschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war abzuweisen.

A.

I. Der zuletzt, auf Hinweis des Gerichts gestellte Antrag ist zulässig.

1. Bei der Durchsetzung eines Teilzeitanspruchs im Rahmen einer einstweiligen Verfügung werden verschiedene Anträge befürwortet: Antrag auf Beschäftigung im Umfang der gewünschten Zeit, Unterlassung einer abweichenden Beschäftigung oder Gestattung der Arbeit zur gewünschten Arbeitszeit (vgl. dazu Ullrich in: Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Auflage 2015).

2. Im vorliegenden Fall lehnt die Verfügungsbeklagte die Beschäftigung des Verfügungsklägers nicht ab. Sie möchte ihn vielmehr weiterhin in einem Umfang von 40 Stunden wöchentlich beschäftigen. Dem Verfügungskläger geht es mithin vorrangig nicht um die Durchsetzung der tatsächlichen Beschäftigung, sondern vielmehr darum, dass er vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens bereits in einem Umfang von 10 Arbeitsstunden pro Woche nicht tätig werden muss. Sein Rechtsschutzziel ist es somit, eine Erlaubnis zu erhalten, ohne dabei eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu begehen, vor der Fiktionswirkung des § 894 ZPO in einem bestimmten Umfang von der Arbeit fernzubleiben (vgl. zu dem Antrag auch Grobys/Bram, NZA 2001, 1175, 1182; Hamann, jurisPR-ArbR 39/2008 Anmerkung 3).

II. Ob dem Verfügungskläger ein Verfügungsanspruch zusteht, kann dahingestellt bleiben.

1. Der Beschäftigungsantrag ist bereits im Hauptsacheverfahren durch Urteil von 03.12.2015 abgewiesen worden. Grundsätzlich ist ein einstweiliges Verfügungsverfahren nicht geeignet, eine erstinstanzliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren aufzuheben. Des Weiteren verbleibt es nach Auffassung der Kammer weiterhin dabei, dass dem Verfügungskläger kein Beschäftigungsanspruch im Umfang von 30 Stunden die Woche bislang zusteht. Hintergrund ist, dass die Fiktion nach § 894 ZPO und damit die vom Verfügungskläger beantragte Zustimmung zum Teilzeitbegehren wirken.

2. Allerdings ist für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht in jedem Fall erforderlich, dass dem Arbeitnehmer bereits ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Beschäftigung im begehrten Umfang zusteht (vgl. LAG Hamm, 08.07.2008 – 14 SaGa 25/08). § 940 ZPO spricht ausdrücklich nicht von einem Anspruch, sondern von einem Rechtsverhältnis. Es müssen noch keine Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis abschließend entstanden sein (vgl. etwa Zöller/Vollkommer, § 940 ZPO Rn. 2).

III. Nach Auffassung der Kammer liegt jedenfalls kein Verfügungsgrund vor.

1. Ein Verfügungsgrund i. S. 940 ZPO setzt voraus, dass die einstweilige Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist. Dabei sind hohe Anforderungen zu stellen (LAG Düsseldorf, 04.12.2003 – 11 Sa 1507/03). Dabei wird verlangt, dass bei Versagen einer solchen Maßnahme der Eintritt irreparabler Schäden oder eines irreparablen Zustands vom Gläubiger zu befürchten ist. Letztlich handelt es sich um eine sog. Leistungsverfügung, da zumindest teilweise eine Befriedigung des Anspruchs auf Arbeitszeitverlängerung eintreten würde. Ein solcher Verfügungsgrund kann etwa dann vorliegen, wenn die Verringerung der Arbeitszeit aus familiären Gründen dringend und unumgänglich ist (LAG Düsseldorf, 04.12.2003 – 11 Sa 1507/03).

2. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten liegt nicht bereits deshalb kein Verfügungsgrund vor, da es dem Verfügungskläger im Rahmen der Elternzeit möglich wäre, vollständig der Arbeit fernzubleiben. Der Verfügungskläger hat die Elternzeit ausdrücklich unter der Bedingung gestellt, dass dem Teilzeitbegehren stattgegeben wird.

3. Allerdings drohen dem Verfügungskläger keine irreparablen Schäden, die ihm unzumutbar sind.

Der Verfügungskläger macht vorliegend nicht geltend, es bestehe keine Betreuungsmöglichkeit für das Kind. Ihm geht es darum, Zeit mit seinem Kind zu verbringen, eine entsprechende gefestigte Beziehung aufzubauen.

Zwar ist das Ziel des Klägers nicht nur ohne Weiteres nachvollziehbar, es wird vielmehr durch die gesetzliche Regelung sowohl im BEEG als auch TzBfG vom Gesetzgeber unterstützt und gefördert. Der Gesetzgeber hat sich allerdings für eine gesetzliche Konstruktion entschieden, nach der der Arbeitnehmer nicht einseitig das Arbeitsverhältnis derart gestalten kann, dass er unmittelbar mit Inanspruchnahme seines Anspruchs eine verringerte Arbeitszeit erreichen kann. Diese gesetzliche Konstruktion kann nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, dass im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens geringere Anforderungen an einen Verfügungsanspruch oder an einen Verfügungsgrund gestellt werden können. Zwar kann für den Fall, dass der Verfügungskläger mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren erfolgreich sein wird und die Verfügungsbeklagte zu Unrecht den Teilzeitantrag zunächst abgelehnt hat, die bis zur Rechtskraft vergangene Zeit nicht nachgeholt werden. Gleiches gilt aber auch im Falle eines Erlasses der einstweiligen Verfügung. Sollte die Verfügungsbeklagte im Hauptsacheverfahren letztinstanzlich erfolgreich sein, so kann bei Erlass der einstweiligen Verfügung die zu Unrecht gestattete Teilzeittätigkeit ebenfalls nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Rechte als Vater sind nicht ohne weiteres höher zu bewerten als die Rechte der Beklagten. Sie hat einen Rechtsgewährungsanspruch und war beim Beschäftigungsanspruch in erster Instanz erfolgreich.

B.

Da der Verfügungskläger mit seinem Antrag unterlegen ist hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen.

C.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG und entspricht einem Monatsgehalt.

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