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Arbeitnehmerkündigung wegen Verwendung eines gefälschten Impfnachweises

Kündigungsfall aufgrund gefälschten Impfnachweises

Ein Arbeitnehmer wurde aufgrund der Vorlage eines gefälschten Impfnachweises gekündigt. Dieser Fall wurde vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz verhandelt, nachdem der Kläger gegen das vorherige Urteil des Arbeitsgerichts Mainz Berufung eingelegt hatte.

Der Kläger argumentierte, dass er weder ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers verletzt noch seine Kollegen gefährdet habe. Er betonte, dass ein Kontakt mit Kollegen an den betreffenden Tagen nicht möglich gewesen sei. Trotz einer geringfügigen Pflichtverletzung und seiner langjährigen, tadellosen Betriebszugehörigkeit hätte der Arbeitgeber ihm zuerst eine Abmahnung aussprechen müssen. Dies wurde insbesondere durch eine Mitarbeiterinformation des Arbeitgebers vom 25.11.2021 gestützt, in der angekündigt wurde, den ersten Verstoß in der Regel nur abzumahnen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 Sa 310/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Arbeitnehmerkündigung aufgrund der Verwendung eines gefälschten Impfnachweises.
  • Kläger argumentiert, er habe weder Kollegen gefährdet noch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers verletzt. Eine Abmahnung hätte vor einer Kündigung erfolgen müssen.
  • Arbeitgeber betont, dass trotz Homeoffice und Online-Meetings physische Kontakte im Betrieb nicht ausgeschlossen waren.
  • 3G-Regelung war klar kommuniziert worden, und Mitarbeiter wurden über Konsequenzen bei Verstößen informiert.
  • Kläger hat die Möglichkeit zur Testung ignoriert und stattdessen einen gefälschten Impfnachweis verwendet.
  • Trotz über zehnjähriger Betriebszugehörigkeit und bisher beanstandungsfreiem Arbeitsverhältnis hat der Kläger bewusst gegen staatliches Recht und Unternehmensweisungen verstoßen.
  • Arbeitgeber hat trotz möglicher fristloser Kündigung eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, was nicht als Schwäche des Kündigungsgrundes interpretiert werden kann.

Vertrauensbruch und Kündigungsgrund

kündigung wegen gefälschtem impfausweis
Kündigung nach Vorlage eines gefälschten Impfnachweises: Zwischen Vertrauensbruch und arbeitsrechtlichen Konsequenzen. (Symbolfoto: Ralf Geithe /Shutterstock.com)

Der Arbeitgeber betonte jedoch den gravierenden Verstoß des Klägers und das dadurch gestörte Vertrauensverhältnis. Aufgrund seines betrügerischen Verhaltens sah der Arbeitgeber keine Möglichkeit für eine dauerhafte Weiterbeschäftigung. Eine Abmahnung wurde als nicht ausreichend erachtet, um das Vertrauen wiederherzustellen. Die Betriebsratsanhörung und die Kündigungsbegründung mussten nicht in allen Details übereinstimmen, es war ausreichend, dass die wesentlichen Kündigungsgründe mitgeteilt wurden.

Kontext und Hintergrund

Es wurde hervorgehoben, dass viele Aktivitäten online stattfanden, um physische Kontakte zu minimieren. Es gab keine persönlichen Treffen, sondern nur virtuelle Meetings über Teams. Jeder Mitarbeiter musste in seinem eigenen Büro bleiben, und die Gemeinschaftsräume waren auf eine Person beschränkt. Trotz dieser Maßnahmen betonte der Kläger, dass er sich durch die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises einen einfacheren Zugang zum Betrieb verschaffen wollte. Dies zeigt, dass er seine Bequemlichkeit über die gesetzlichen Regelungen und die Interessen seiner Kollegen und des Arbeitgebers stellte.

Rechtliche Einordnung

Die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten kann einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darstellen. Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, Schäden für den Betrieb oder andere Mitarbeiter zu verhindern, insbesondere bei erheblichen Gesundheitsgefahren. Der Arbeitgeber hatte in einer Mitarbeiterinformation die gesetzlichen Neuregelungen und die daraus resultierenden praktischen Konsequenzen klar dargelegt. Der Kläger hat jedoch aus Bequemlichkeit gegen diese Regelungen verstoßen.

Abschließende Überlegungen

Der Arbeitgeber hat das Recht, in Situationen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden, dennoch nur ordentlich zu kündigen. Dies kann ihm nicht vorgeworfen werden. Der Arbeitgeber entschied sich aufgrund der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage und möglichen Schwierigkeiten bei der Durchführung des Betriebsratsanhörungsverfahrens für eine fristlose Kündigung gegen eine solche und begnügte sich mit einer ordentlichen Kündigung.

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Kündigung wegen gefälschten Impfnachweis – kurz erklärt


Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihrem Arbeitgeber einen gefälschten Corona-Impfnachweis vorlegen, können fristlos entlassen werden. Dies wurde durch ein Urteil des Landesarbeitsgerichts in Nordrhein-Westfalen bestätigt. Die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises stellt demnach einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Neben arbeitsrechtlichen Konsequenzen können auch strafrechtliche Folgen drohen. Seit dem 24.11.2021 droht für den Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses im Rechtsverkehr eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 8 Sa 310/22 – Urteil vom 23.05.2023

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.09.2022, Az. 4 Ca 118/22, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.09.2011 als Production Admin Assistent Colloidal Silica Plant zu einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von zuletzt 4.072,23 EUR beschäftigt. Im Rahmen der zum 24.11.2021 in Kraft getretenen Änderung des § 28b IfSG und der damit einhergehenden Einführung der sog. 3G-Regelung gab die Beklagte am 25.11.2021 eine vierseitige Mitarbeiterinformation „A-Stadt COVID Kommunikation – Nr. 36“ heraus, die sie an den Schwarzen Brettern im Betrieb aushängte und per Mail an alle Mitarbeiter mit Zugang zu einem Rechner, darunter auch den Kläger, versandte. In dieser Mitteilung heißt es:

„Mit dem neugefassten Infektionsschutzgesetz und der beschlossenen 3G-Regel am Arbeitsplatz … gelten ab sofort verschärfte Regeln für das private Leben genauso wie für das berufliche Miteinander. Das Gesetz trat gestern in Kraft. Aus diesem Grund müssen alle G. Beschäftigten ab Mittwoch, 1. Dezember 2021, einen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis mit sich führen und zur Kontrolle verfügbar halten. Wir sind als Ihr Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die jeweiligen Nachweise zu kontrollieren. Die neuen 3G-Regeln dienen der besseren Bekämpfung des Coronavirus und sollen der Ausbreitung der Coronapandemie entgegenwirken … Wenn Sie weder geimpft noch genesen sind und Sie an dem Tag arbeiten und ins Werk kommen müssen, dann dürfen Sie das Werk nur betreten und nur arbeiten, wenn Sie vorab getestet sind und keine Corona-Erkrankung vorliegt. Nutzen Sie bitte grundsätzlich die Testzentren außerhalb von G. … Ungeimpfte müssen selbst für Testnachweise an allen Arbeitstagen sorgen. Unter dem folgenden Link finden Sie etwa in der Mitte der Seite „Testmöglichkeiten in A-Stadt“. Hier sind alle Teststellen in A-Stadt und Umgebung aufgelistet … Der Zugang zum Werk ist nur erlaubt, wenn man einen aktuellen gültigen 3G-Nachweis mit sich führt (Genesen, Geimpft, Getestet). Sollte dieser Nachweis in Ausnahmefällen nicht vorhanden sein, gibt es die folgende Möglichkeit bei G.: Ab dem 1. Dezember 2021 wird vor dem Werkschutzgebäude ein Container für „Selbsttests unter Aufsicht“ aufgestellt. Dort können Sie unter Aufsicht von geeignetem Personal … Selbsttests durchführen … Unabhängig von diesem Zusatzangebot gilt weiterhin, dass jedem Mitarbeiter, der mindestens einmal pro Woche vor Ort arbeitet, zwei Selbsttests zur Verfügung gestellt werden. Diese Tests, von Ihnen selbst zu Hause durchgeführt, entsprechen nicht der gesetzlichen Vorgabe, damit Sie als Ungeimpfter das Werk betreten dürfen. Sie dürfen nur arbeiten, wenn Sie entweder geimpft, genesen oder getestet sind (Selbsttests unter Aufsicht von geeignetem Personal, PCR-Test). Dies dokumentieren Sie an jedem Arbeitstag durch Vorlage des Nachweises vor der 3G-Ampel. Achten Sie bitte darauf, dass Ihr Nachweis über einen QR-Code verfügt … Jeder Mitarbeiter, der an diesem Tag im Werk ist – egal ob geimpft, genesen oder getestet – ist verpflichtet, über den QR-Code-Scanner seinen Nachweis zu erbringen, dass er geimpft, genesen oder getestet ist. Dieser Nachweis muss an jedem Tag erbracht werden, wenn Sie das Werk betreten … Sollte ein ungeimpfter Mitarbeiter das Werk betreten, ohne den 3G-Nachweis erbracht zu haben … werden wir mit allen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten inklusive der Kündigung reagieren. Regelmäßig werden wir den ersten Vorfall „nur“ abmahnen … Wir müssen auch Folgendes klarstellen (in der Erwartung, dass keiner das auch nur ansatzweise machen wird): sollte jemand auf die Idee kommen, einen gefälschten 3G-Nachweis zu nutzen oder einen 3G-Nachweis, der eigentlich zu einer anderen Person gehört, so handelt es sich um absichtlichen Betrug. Diesen Beschäftigten werden wir mit aller Härte des Arbeitsrechts inklusive der Option der fristlosen Kündigung verfolgen … Wenn Sie Fragen zur aktuellen Regelung haben, wenden Sie sich bitte an das Corona-Team.“

Um den 10.12.2021 herum wurde die Personalabteilung der Beklagten vom Mitarbeiter H. informiert, bei ihm habe sich die Kriminalpolizei mit dem Verdacht gemeldet, der Kläger verwende einen gefälschten Impfausweis. Er habe der Kriminalpolizei das im Betrieb verwendete System der „QR-Scanner Ampel“ erklärt und darauf hingewiesen, die Beklagte verfüge über keine Handhabe, die Impfausweise zu prüfen, werde den Kläger aber bitten, sich bei der Polizei zu melden. Dies tat dann der Prokurist W. im Beisein des Betriebsratsmitglieds E. an einem der Folgetage und erfuhr durch einen Rückruf der Kriminalpolizei, der Kläger sei dort mit seinem Rechtsanwalt erschienen. Als sich der Geschäftsführer der Beklagten, Herr T., am 20.12.2021 beim Kläger telefonisch nach dem Vorfall erkundigte, räumte der Kläger ein, sich mit einem gefälschten Impfausweis Zutritt zum Werk der Beklagten verschafft zu haben. In einem daraufhin anberaumten persönlichen Gespräch mit Herrn W. und dem Betriebsratsmitglied P. gab der Kläger am 22.12.2021 zu, er habe sich gegen Zahlung eines Geldbetrages eine tatsächlich nicht verabreichte COVID-Impfung in seinen Impfausweis eintragen lassen und sich mit diesem Eintrag am 06., 13. und 14.12.2021 über den QR-Scanner Zugang zum Werksgelände verschafft. Daraufhin hörte die Beklagte ihren Betriebsrat unter dem 03.01.2022 zur ordentlichen fristgerechten Kündigung des Klägers zum 31.05.2022, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin, an. In seiner abschließenden Stellungnahme vom 04.01.2022 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung zu. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 11.01.2022 „fristgemäß zum 31. Mai 2022“.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Zwar habe er sich als Ungeimpfter mit einem gekauften Impfausweis am 06., 13. und 14.12.2021 über die QR-Scanner Ampel Zugang zum Betrieb verschafft. Darauf könne die Beklagte ihre Kündigung jedoch nicht stützen. An jedem dieser Tage habe er sich vorher einem häuslichen Selbsttest unterzogen, der negativ ausgefallen sei. Eine Impfung solle eher dem Selbst- als dem Fremdschutz dienen, was sich bereits daran zeige, dass auch Geimpfte das Coronavirus übertragen könnten. An den genannten Tagen seien außer ihm lediglich vier weitere Arbeitnehmer im Gebäude gewesen. Er habe ein eigenes Büro gehabt, jeglichen Kontakt vermieden, Abstand gehalten und eine FFP2-Maske getragen. Dadurch habe er die Kollegen letztlich weniger gefährdet als manch einer, der geimpft sei. Er habe aufgrund erheblicher Impfnebenwirkungen, die er in seinem unmittelbaren Umfeld mitbekommen habe, Angst vor einer Impfung gehabt und durch sein Vorgehen auch die organisatorische Abwicklung an den drei Tagen vereinfachen wollen. Einer arbeitsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Relevanz seines Verhaltens sei er sich nicht bewusst gewesen, davon habe er erst durch die Kontaktaufnahme seitens der Kriminalpolizei Kenntnis erlangt. Er habe weder ein berechtigtes Interesse der Beklagten verletzt noch seine Kollegen gefährdet, da ein Kontakt mit diesen an den genannten Tagen ausgeschlossen gewesen sei. Angesichts der wenig schwerwiegenden Pflichtverletzung und seiner langjährigen, beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit hätte ihm die Beklagte jedenfalls zuerst eine Abmahnung aussprechen müssen, zumal sie in ihrer Mitarbeiterinformation vom 25.11.2021 angekündigt habe, den ersten Verstoß regelmäßig nur abzumahnen. Zudem habe sie durch eine ganze Reihe an Mitteilungen und Informationsschreiben erhebliche Unsicherheit in der Belegschaft verursacht, welche genauen Regelungen in Bezug auf das Coronavirus und den Umgang mit diesem nun gelten sollten. Zahlreiche Verstöße gegen das von ihr eingeführte Ampelsystem habe sie nicht geahndet. Der Umstand, dass sie ihm keine fristlose, sondern lediglich eine ordentliche Kündigung ausgesprochen habe, zeige, dass ihr Vertrauen in ihn nicht so nachhaltig gestört sein könne, dass der Ausspruch einer Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sei. Im Übrigen sei die Anhörung des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß erfolgt. In der Betriebsratsanhörung heiße es, man beabsichtige, ihn fristgerecht zum 31.05.2022, hilfsweise zum nächstzulässigen Kündigungstermin zu kündigen. Gekündigt worden sei er jedoch lediglich fristgemäß zum 31.05.2022 und nicht auch hilfsweise zum nächstzulässigen Termin. Zum anderen habe die Beklagte dem Betriebsrat keine bzw. keine ausreichende Prognose hinsichtlich einer Wiederholungsgefahr dargelegt. Zudem fehle es an Ausführungen zu einer Interessenabwägung. Beides sei erforderlich, da es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung handle. Schließlich weiche die Schilderung der Beklagten in der Betriebsratsanhörung von ihrem schriftsätzlichen Prozessvortrag ab. In der Anhörung heiße es, sie habe seitens der örtlichen Polizeibehörde am 14.12.2021 Hinweise erhalten, dass er sich unter Nutzung eines gefälschten Impfausweises Zutritt zum Werksgelände verschafft habe; demgegenüber trage sie schriftsätzlich vor, die Personalabteilung sei bereits „etwa um den 10. Dezember 2021“ von Herrn H. darüber informiert worden, dass sich bei diesem sich die Kriminalpolizei gemeldet habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 11.01.2022 nicht beendet wurde;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.05.2022 hinaus fortbesteht;

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Production Admin Assistent Colloidal Silica Plant gemäß Arbeitsvertrag vom 15.07.2019 über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Kündigung für wirksam und trägt dazu vor, der Kläger habe mit seinem Verhalten am 06., 13. und 14.12.2021 gegen die gesetzliche 3G-Regelung des

§ 28b Abs. 1 IfSG sowie das arbeitsvertragliche Rücksichtnahmegebot aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Er habe sich unstreitig an den genannten drei Tagen gesetzes- und vertragswidrig mit einem gefälschten Impfausweis Zutritt zu ihrem Werksgelände verschafft. Auch wenn es stimmen könne, dass an den besagten Tagen wegen intensiver Nutzung des Homeoffice lediglich fünf Arbeitnehmer in dem Gebäude, in welchem der Kläger regelmäßig seine Arbeit verrichtet habe, zugegen gewesen seien, seien gleichwohl Kontakte zwischen ihm und den anderen Arbeitnehmern nicht ausgeschlossen gewesen. Begegnungen hätten stets im Rahmen des Möglichen gelegen, dies räume der Kläger in seinem Schriftsatz vom 26.04.2022 selbst ein. Ihre Mitarbeiterinformation über die gesetzlich eingeführte 3G-Regelung und die daraus für den Betrieb folgenden Konsequenzen sei hinreichend deutlich und habe den Arbeitnehmern unmissverständlich klargemacht, dass sie im Falle der Nutzung eines gefälschten Impfausweises mit einer fristlosen Kündigung zu rechnen hätten. Unklarheiten über die geltenden Corona-Regelungen habe es daher nicht geben können. Sie habe in dieser Information zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt, wie man sich als Nichtgeimpfter in geeigneter Weise testen lassen könne, einschließlich dem Angebot, ein hierfür eigens von ihr errichtetes Testzelt in Anspruch zu nehmen, in welchem ein Selbsttest unter Aufsicht möglich gewesen sei. Gleichwohl habe es der Kläger vorgezogen, sie vorsätzlich zu täuschen, indem er sich mit dem QR-Code seines gefälschten Impfausweises über ihre Zutrittsampel unbefugten Zugang zum Werksgelände verschafft habe. Darin liege ein so schwerwiegender Vertrauensbruch, dass eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen sei, zumal sein Fehlverhalten eine Straftat beinhalte. Dies sei für den Kläger auch ohne Weiteres erkennbar gewesen. Zahlreiche arbeitsgerichtliche Urteile aus der gesamten Bundesrepublik zeigten, dass bei einem solchen Sachverhalt sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre. Auf eine konkrete Gefährdung von Kollegen komme es nicht an, da der Gesetzgeber mit seiner Regelung deutlich gemacht habe, schon die abstrakte Gefährdung genügen zu lassen, um Arbeitnehmern, die nicht geimpft, genesen oder im Sinne des Gesetzes getestet seien, den Zutritt zur Arbeitsstätte zu verwehren. Für einen Test in diesem Sinne genüge ein häuslicher Selbsttest, wie der Kläger ihn behaupte und sie ihn bestreite, nicht. Auch darauf habe sie in ihrer Mitarbeiterinformation hingewiesen. Der Kläger habe mit seinem Verhalten eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt. Angesichts der Schwere seiner Pflichtverletzung bedürfe es keiner Wiederholungsgefahr. Mit Blick auf seine in der Tat langjährige Betriebszugehörigkeit habe sie von einer fristlosen Kündigung Abstand genommen und im Rahmen einer Interessenabwägung lediglich ordentlich gekündigt. Dies rechtfertige indes nicht den Schluss, ihr Vertrauen sei durch sein Fehlverhalten nicht zerstört worden. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. Insoweit genüge es, wenn sie ihre Kündigung lediglich „fristgemäß zum 31. Mai 2022“ und nicht darüber hinaus noch hilfsweise zum nächstzulässigen Termin ausgesprochen habe, denn die Verwendung des Terminus „fristgemäß“ lasse erkennen, dass sie Wert darauf lege, die maßgebliche Kündigungsfrist einzuhalten. Ausführungen zu Wiederholungsgefahr oder Interessenabwägung habe es in der Betriebsratsanhörung nicht bedurft. Sie habe in der Anhörung herausgestellt, dass der eklatante Verstoß des Klägers sowie das gestörte Vertrauensverhältnis aufgrund seines betrügerischen Verhaltens ihr seine dauerhafte Weiterbeschäftigung unmöglich machten und angesichts der Schwere des Vertragsverstoßes aus ihrer Sicht eine Abmahnung nicht geeignet wäre, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung genüge dies. Sofern der zeitliche Ablauf der Hinweise und Gespräche in ihren Schriftsätzen detaillierter beschrieben sei als in der Betriebsratsanhörung, sei dies unschädlich, da sich Betriebsratsanhörung und Kündigungsbegründung im Gerichtsverfahren nicht in allen Einzelheiten decken müssten. Für die Betriebsratsanhörung genüge vielmehr, dass sie die aus ihrer Sicht wesentlichen Kündigungsgründe mitgeteilt habe. Dies sei hier der Fall. Auf die genauen Daten – etwa 10. oder 14.12. – komme es in Anbetracht der unstreitig zutreffenden Vorwürfe gegenüber dem Kläger nicht an.

Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage mit Urteil vom 21.09.2022 insgesamt abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger habe mit seinem Verhalten gegen bindende arbeitsrechtliche Weisungen der ihrerseits an gesetzliche Vorgaben gebundenen Beklagten verstoßen. Ob die im Dezember 2021 geltenden gesetzlichen Regelungen im Nachhinein betrachtet erforderlich gewesen seien, sei aus kündigungsrechtlicher Sicht unerheblich. Selbst wenn man die entsprechenden Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes – mit guten Gründen – für unverhältnismäßig und somit verfassungswidrig hielte, ändere dies nichts daran, dass der Kläger gegen bindende arbeitsrechtliche Weisungen verstoßen habe. Daher seien seine Einlassungen, er habe niemanden gefährdet bzw. im Falle einer Impfung ebenso gefährden können, rechtlich unerheblich. Die Regeln hätten keine Impfpflicht begründet, vielmehr habe ihm die Möglichkeit einer Testung offen gestanden; dies sei ihm auch zuzumuten gewesen. Er habe sich nicht nur der für ihn lästigen Testpflicht entzogen, sondern ein Verhalten an den Tag gelegt, das – ungeachtet der genauen strafrechtlichen Bewertung – auch nach der Parallelwertung in der nicht juristischen Laiensphäre ein illegales Verhalten darstelle. Wenn die Beklagte ein gestörtes Vertrauensverhältnis aufgrund eines betrügerischen Verhaltens seinerseits sehe, sei dies nachzuvollziehen. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich, da nicht zu erwarten stehe, dass das gestörte Vertrauen dadurch wiederhergestellt würde. Daher bedürfe es keiner weiteren Darlegungen zu einer Wiederholungsgefahr. Ebenso wenig verfange der Einwand, bei der Beklagten habe es Ende 2021 mehr als 100 Verstöße gegen die 3G-Regeln gegeben, die sie, anders als beim Kläger, nicht mit einer Kündigung sanktioniert habe. Die Beklagte habe in ihrer Mitarbeiterinformation deutlich darauf hingewiesen, jemanden, der einen gefälschten 3G-Nachweis benutze, mit aller Härte des Arbeitsrechts, inklusive der Option der fristlosen Kündigung, zu verfolgen. Auch die Interessenabwägung gehe zugunsten der Beklagten aus. Dem Interesse des Klägers sei ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass sich die Beklagte mit einer ordentlichen Kündigung begnügt habe. Nachdem der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt habe, scheide der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung aus. Wegen der weiteren Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe der arbeitsgerichtlichen Entscheidung vom 21.09.2022 (Bl. 123 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 21.10.2022 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil hat der Kläger mit beim Landesarbeitsgericht am 18.11.2022 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und diese mit beim Landesarbeitsgericht am 19.12.2022 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage begründet. Zur Begründung seiner Berufung trägt er nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 19.12.2022 (Bl. 143 ff. d.A.), 12.05.2023 (Bl. 191 ff. d.A.) und 17.05.2023 (Bl. 198 d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, vor, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. An seiner Rüge einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung halte er fest. Zudem habe das Arbeitsgericht seinen Vortrag, er habe niemanden gefährdet oder hätte im Fall einer Impfung andere genauso gefährden können, rechtsfehlerhaft für unerheblich gehalten. Es habe der Beklagten im Gütetermin noch aufgegeben darzulegen, inwiefern sein Aufenthalt zu einer Gefährdung anderer Personen hätte führen können, dieses Argument dann aber in seinem Urteil mehr berücksichtigt. Die COVID-Regeln stellten keinen Selbstzweck dar. Der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, jede auch noch so sinnlose, möglicherweise sogar schikanöse Arbeitsanweisung des Arbeitgebers zu befolgen. Das Direktionsrecht finde seine Grenzen in den Vorschriften der Verfassung, der Gesetze, des Kollektiv- und des Einzelarbeitsvertragsrechts. Er habe an den drei Tagen im Dezember 2021 niemanden im Betrieb angetroffen und niemanden gefährdet, sein Regelverstoß habe mithin gar keine Auswirkungen gehabt. Er habe gewusst, dass er an diesen Tagen keine persönlichen Besprechungen haben werde, da Besprechungen zu dieser Zeit ausschließlich online stattgefunden hätten. Er habe, was das Arbeitsgericht völlig verkannt habe, nicht einwenden wollen, die Corona-Regelungen seien unsinnig. Vielmehr habe er Angst vor einer COVID-Impfung gehabt und an den drei Tagen lediglich möglichst einfach in den Betrieb gelangen wollen. Zur Sanktionierung dieser Pflichtwidrigkeit hätte eine Abmahnung genügt. Auch sei das Arbeitsgericht nicht auf sein Argument eingegangen, die Beklagte hätte ihn, wäre das Vertrauensverhältnis für sie wirklich gestört gewesen, freigestellt anstatt ihn lediglich ordentlich zu kündigen und noch weiterarbeiten zu lassen. Schließlich habe das Arbeitsgericht keine auch nur annähernd ausreichende Interessenabwägung vorgenommen, sondern sich mit der Feststellung begnügt, seinem Interesse sei ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Beklagte lediglich eine ordentliche Kündigung ausgesprochen habe. Eine erkennbare Verhältnismäßigkeitsprüfung habe das Arbeitsgericht nicht durchgeführt. Es hätte die mehr als zwei Jahre währende vertrauensvolle Zusammenarbeit abwägen müssen gegen seinen Pflichtenverstoß, dessen Erheblichkeit indes dadurch abgemildert gewesen sei, dass er an den betreffenden Tagen Coronatests durchgeführt, aber niemanden angetroffen habe, den er hätte gefährden können. Die Beklagte habe Ende 2021 mehr als 100 3G-Verstöße wegen des neuen Ampelsystems festgestellt, die betreffenden Mitarbeiter aber keinen Konsequenzen ausgesetzt. Ihn dagegen habe sie direkt gekündigt. Dass diese Verstöße mildere Pflichtverletzungen zum Gegenstand gehabt haben sollten, bestreite er. Die Beklagte habe dafür gesorgt, dass er an den genannten Tagen im Betrieb niemanden habe antreffen und davon auch habe ausgehen können, denn sein gesamter Bereich habe im Dezember 2021 generell im Homeoffice gearbeitet, Besprechungen hätten online stattgefunden, es habe im Werk Anwesenheitstage der operativen und administrativen Mitarbeiter gegeben, um mögliche Kontakte innerhalb eines Arbeitsbereichs weitestgehend zu minimieren, es habe keine Face-to-Face-Meetings gegeben, sondern lediglich Meetings über Teams, im Betrieb habe jeder Teilnehmer in seinem Büro abgesondert sein müssen, die Aufenthaltsräume seien auf den Aufenthalt maximal einer Person beschränkt gewesen und an den drei hier streitgegenständlichen Dezembertagen seien zudem einige Kollegen bereits in Urlaub gewesen. Der Kauf eines Impfpasses sei strafrechtlich nicht relevant und von ihm nur durchgeführt worden, weil er sich als Ungeimpfter Diskriminierungen und Feindseligkeiten ausgesetzt gesehen habe. Ab dem Zeitpunkt, ab dem er realisiert habe, dass sein Verhalten einen Regelverstoß darstelle, habe er den Verstoß sofort offen zugegeben. Es handle sich im übrigen nicht um drei einzeln zu bewertende Fehlverhaltensweisen, da er lediglich einmal den Entschluss gefasst habe, mit seinem gekauften Impfausweis den Betrieb zu betreten. Für den zweiten und dritten Tag, den 13. und 14.12.2021, habe er keinen erneuten Entschluss gefasst. Daher liege ein Fortsetzungszusammenhang vor. Die von der Beklagten angeführten arbeitsgerichtlichen Urteile seien nicht einschlägig, da es dort um eine konkrete Gesundheitsgefährdung anderer Personen gegangen sei, die hier entfalle. Zudem habe das LAG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 04.10.2022 (Az. 3 Sa 374/22) in einem vergleichbaren Fall zugunsten des Arbeitnehmers auf Unwirksamkeit der Kündigung erkannt mit Blick auf die lange Betriebszugehörigkeit des dortigen Klägers und den Umstand, dass dieser die Fälschung des Impfausweises auf Vorhalt sofort zugestanden habe. Beides treffe auch auf ihn zu.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.09.2022, Az. 4 Ca 118/22,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.01.2022 nicht aufgelöst ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Production Admin Assistant Colloidal Silica Plant gemäß Arbeitsvertrag vom 15.07.2019 über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Ablauf des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 13.01.2023 (Bl. 165 ff. d.A.), auf den ergänzend Bezug genommen wird, und trägt zur Begründung vor, der Kläger verkenne, dass sie mit ihrem betrieblichen Ampelsystem lediglich die gesetzliche Wertentscheidung der 3G-Regel umgesetzt habe, die Beschäftigten ohne gültigen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis das Betreten von Arbeitsstätten untersagt habe, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigen untereinander oder zu Dritten nicht hätten ausgeschlossen werden können. So sei es hier der Fall gewesen. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, bereits eine abstrakte Gefährdung genügen zu lassen, weshalb das Vorbringen des Klägers, er habe niemanden im Betrieb angetroffen, den er hätte gefährden können, nicht durchgreife. Sie habe nach § 618 Abs. 1 BGB Dienstleistungen, die unter ihrer Anordnung oder Leitung vorzunehmen seien, so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt seien, als die Natur der Dienstleistung es gestatte. Zudem treffe sie gem. § 4 Nr. 1 ArbSchG eine Pflicht zur Vermeidung von Gefährdungen ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit. Sie habe ihre Arbeitnehmer vor Ansteckungen durch andere Arbeitnehmer schützen müssen. Die gesetzlichen Anordnungen habe sie mit ihrer Weisung im Rahmen von § 106 S. 2 GewO umgesetzt. Dabei habe sie angesichts der durch § 28b IfSG klar definierten und zwingend vorgegebenen Maßnahmen keinen Gestaltungs- oder Ermessensspielraum gehabt. Ob sich diese Maßnahmen in der Retrospektive als sinnvoll, unverhältnismäßig oder möglicherweise sogar verfassungswidrig darstellten, spiele keine Rolle. Sie habe den Schutz ihrer Arbeitnehmer über das Interesse des Klägers stellen dürfen, sich nicht an die offiziellen 3G-Regeln zu halten. Hinzu komme, dass für den Kläger keine Impfpflicht bestanden habe, sondern er mit einem Test einen lediglich geringfügigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und seine körperliche Integrität hätte hinnehmen müssen, zumal sie vor ihrem Werkstor ein eigenes Testzelt als „Auffangmöglichkeit“ zur Verfügung gestellt habe, wo er einen Testabstrich hätte vornehmen (lassen) können. Der Kläger habe mit seinem weisungswidrigen Verhalten keinem unverschuldeten Rechtsirrtum unterlegen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten nicht hätte annehmen müssen. Die gesetzliche Regelung sei seinerzeit aber nicht nur von ihr, sondern auch in der Öffentlichkeit so deutlich kommuniziert worden, dass ein solcher Rechtsirrtum des Klägers ausgeschlossen gewesen sei. Er habe ihre Anweisung an den drei Dezembertagen damit auf eigenes Risiko ignoriert. Der Umstand, dass sie ihm keine fristlose Kündigung ausgesprochen und ihn nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung weiterbeschäftigt habe, könne nicht so verstanden werden, dass ihr Vertrauen in ihn nicht zerstört gewesen sei. Gesicherte Kenntnis vom Kündigungsgrund habe ihr Geschäftsführer erst am 20. und 22.12.2021 durch die Gespräche mit dem Kläger erlangt. Aufgrund der bevorstehenden Feiertage mit zahlreichen Urlaubsabwesenheiten und einer durch die Corona-Auflagen stark ausgedünnten Präsenz habe sie sich dagegen entschieden, die Betriebsratsanhörung im Interesse einer Einhaltung der Zweiwochenfrist des

§ 626 Abs. 2 BGB zu beschleunigen, und damit gegen eine bis zum 04. oder sogar schon zum 02.01.2022 auszusprechende außerordentliche Kündigung als schärfstes Mittel. Mit der Weiterbeschäftigung des Klägers sei sie dann nur ihrer fortbestehenden vertraglichen Beschäftigungspflicht nachgekommen. Ihren Betriebsrat habe sie ordnungsgemäß angehört. Ein Arbeitgeber sei nicht gehindert, dem Betriebsrat mitgeteilte Kündigungsgründe im Kündigungsschutzprozess weiter zu erläutern und zu konkretisieren, solange dies den Kündigungssachverhalt nicht wesentlich ändere. Diesen Grundsätzen genüge ihre Betriebsratsanhörung, da tragender Umstand für sie die vom Kläger am 20. und 22.12.2021 eingestandene Verwendung eines gefälschten Impfnachweises gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 lit. c) ArbGG statthafte Berufung ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist ordnungsgemäß begründet (§ 64 Abs. 6 ArbGG iVm § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

Sie ist jedoch in der Sache nicht erfolgreich.

1. Die Kündigung der Beklagten ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht zum 31.05.2022 beendet.

a) Die Kündigung wird von der Beklagten zurecht auf verhaltensbedingte Gründe iSv § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gestützt. Der Kläger hat sich unstreitig unter Verwendung eines gefälschten Impfnachweises, der ihm wahrheitswidrig eine Impfung gegen das Coronavirus durch ein offizielles Testzentrum bescheinigt, am 06., 13. und 14.12.2021 unbefugten Zutritt zu seinem Arbeitsplatz auf dem Werksgelände der Beklagten verschafft. Die darin zutage getretene vorsätzliche und zielgerichtete Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten wiegt so schwer, dass sie grundsätzlich sogar von der Beklagten als „an sich“ wichtiger Grund iSv § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung hätte in Betracht gezogen werden können (vgl. dazu die zahlreichen einschlägigen Urteile, etwa LAG Düsseldorf 04.10.2022 – 3 Sa 374/22 – Rn. 39; ArbG Hamburg 31.03.2022 – 4 Ca 323/21 – Rn. 23; ArbG Bielefeld 04.03.2022 – 1 Ca 2208/21 – Rn. 40, 46; ArbG Koblenz 04.05.2022 – 7 Ca 20/22 – Rn. 11; ArbG Düsseldorf 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21 – Rn. 18; ArbG Siegburg 23.06.2022 – 3 Ca 2171/21 – Rn. 14; ArbG Mannheim 15.06.2022 – 2 Ca 25/22 – Rn. 45; ArbG Berlin 26.04.2022 – 58 Ca 12302/21 – Rn. 81 ff.; ArbG Köln 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21 – Rn. 41, juris).

aa) In der Vorlage eines gefälschten Impfnachweises zur Erwirkung eines nicht gestatteten Zutritts zum Betrieb der Beklagten liegt eine gravierende Pflichtverletzung.

aaa) Auch die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten kann einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darstellen. Das trifft sowohl auf die hauptleistungspflichtbezogenen Nebenleistungspflichten zu, die der Vorbereitung, ordnungsgemäßen Durchführung und Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen, wie auch auf sonstige, aus dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) erwachsende Nebenpflichten (BAG 19.01.2016 – 2 AZR 449/15 – Rn. 29; 20.10.2016 – 6 AZR 471/15 – Rn. 18, juris). Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Vertragspartei zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen, seine Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (BAG 25.04.2018 – 2 AZR 611/17 – Rn. 44; 05.12.2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 75, juris). Aus der Interessenwahrungspflicht folgt insbesondere die Pflicht des Arbeitnehmers, in den Grenzen seiner Möglichkeiten und der Zumutbarkeit, einen dem Betrieb oder den anderen Arbeitnehmern des Betriebs drohenden Schaden zu verhindern; dies gilt in gesteigertem Maße bei erheblichen Gesundheitsgefahren (LAG Schleswig-Holstein 08.10.2008 – 6 Sa 158/08 – Rn. 54; LAG Rheinland-Pfalz 14.04.2005 – 11 Sa 810/04 – Rn. 79; ArbG Düsseldorf 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21 – Rn. 22; ArbG Köln 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21 – Rn. 37; ArbG Hamburg 31.03.2022 – 4 Ca 323/21 – Rn. 25; ArbG Berlin 26.04.2022 – 58 Ca 12302/21 – Rn. 76, juris).

bbb) Mit der Vorlage eines gefälschten Impfnachweises in der Absicht, sich unbefugten Zutritt zum Betrieb zu verschaffen, hat der Kläger diese arbeitsvertraglichen Rücksichtnahme- und Interessenwahrungspflichten verletzt.

Ab dem 24.11.2021 durften Beschäftigte nach § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden konnten, nur betreten, wenn sie einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis mit sich führten, zur Kontrolle verfügbar hielten oder beim Arbeitgeber hinterlegt hatten (sog. „3G-Regelung“). Gemäß § 28b Abs. 3 Satz 2 IfSG bestand für Beschäftigte grundsätzlich die Pflicht, vor Betreten des Betriebs auf Verlangen einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Verfügte der Beschäftigte nicht über einen solchen Nachweis, musste der Arbeitgeber ihn nach § 28b Abs. 1 IfSG daran hindern, den Betrieb zu betreten, da er nur solchen Mitarbeitern Zutritt zur Arbeitsstätte gewähren sollte, die keine Gefahr für andere darstellten, und auf diese Weise soweit wie möglich vermeiden sollte, dass sich weitere Mitarbeiter mit dem Corona-Virus im Betrieb anstecken könnten (ArbG Düsseldorf 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21 – Rn. 25 f.; ArbG Hamburg 31.03.2022 – 4 Ca 323/21 – Rn. 28 f.; ArbG Berlin 26.04.2022 – 58 Ca 12302/21 – Rn. 79 f., juris). Nach § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG traf den Arbeitgeber die gem. § 73 Abs. 1a Nr. 11d IfSG bußgeldbewehrte Pflicht, die Befolgung der Nachweispflichten seiner Beschäftigten täglich zu überwachen und das Ergebnis regelmäßig zu dokumentieren.

Unabhängig davon, ob man § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG bereits eine entsprechende unmittelbare arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitnehmers entnehmen will, hat die Beklagte jedenfalls in ihrer Mitarbeiterinformation vom 25.11.2021 ausführlich und mit hinreichender Deutlichkeit sowohl den Inhalt der gesetzlichen Neuregelung wie auch die sich daraus für ihren Betrieb ergebenden, von den Arbeitnehmern zu beachtenden praktischen Konsequenzen aufgeführt, verbunden mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Verhaltensanweisungen. So weist sie darauf hin, das am 24.11.2021 in Kraft getretene neugefasste Infektionsschutzgesetz beinhalte die beschlossene 3G-Regel am Arbeitsplatz, weshalb alle Beschäftigten ab 01.12.2021 einen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis mit sich führen und zur Kontrolle verfügbar halten müssten. Es folgt der (fettgedruckte) Hinweis, sie sei zur Kontrolle der jeweiligen Nachweise gesetzlich verpflichtet. Arbeitnehmer, die weder geimpft noch genesen seien, dürften das Werk nur betreten und nur arbeiten, wenn keine Corona-Erkrankung vorliege und sie vorab getestet seien. Sie benennt sodann einen Link, über den „alle Teststellen in A-Stadt und Umgebung“ in Erfahrung gebracht werden könnten, und weist für den Ausnahmefall darauf hin, vor dem Werkschutzgelände sei ab 01.12.2021 ein Container für Selbsttests unter Aufsicht errichtet, weiter darauf, zuhause durchgeführte Selbsttests entsprächen nicht der gesetzlichen Vorgabe, um als Ungeimpfter das Werk betreten zu dürfen. Als Möglichkeiten für einen hinreichenden Test führt sie einen PCR-Test wie auch den vorerwähnten Selbsttest unter Aufsicht von geeignetem Personal an. Der entsprechende Nachweis sei mit einem QR-Code zu versehen und an der am Eingang aufgestellten 3G-Ampel von dem dortigen QR-Scanner erfassen zu lassen. Dieser Nachweis müsse an jedem Tag erbracht werden, an dem das Werk betreten werde.

Damit hat die Beklagte die für ihre Arbeitnehmer erforderlichen Informationen sowohl über die Gesetzesneufassung wie auch über die praktische Umsetzung im Betrieb ab dem 01.12.2021 hinreichend klar vorgestellt. Darin lag entgegen dem vollkommen unangebrachten Vorwurf des Klägers in seiner Berufungsbegründung kein „sinnloses, möglicherweise sogar schikanöses“ Verhalten. Die Beklagte stand in der – bußgeldbewehrten – Pflicht, in ihrem Betrieb für die Beachtung der neuen gesetzlichen bindenden Regelungen Sorge zu tragen. Den Einwand des Klägers, es habe seinerzeit so viele verschiedene Regelungen und Anweisungen gegeben, dass bei ihm und anderen Arbeitnehmern Verwirrung aufgetreten sei, was denn nun gelten solle, vermochte die Kammer nicht nachzuvollziehen. Die Mitarbeiterinformation der Beklagten ist detailliert und lässt keinen Spielraum für Unklarheiten oder offene Fragen, die das hier vom Kläger an den Tag gelegte Verhalten mit Zweifeln oder Unkenntnis entschuldigen könnten. Der Kläger hat denn auch trotz Rüge der Beklagten keine weiteren Informationen oder Anweisungen, die ihn hätten verwirren können, benannt oder gar vorgelegt. Soweit er sich auf die per E-Mail am 25.11.2021 versandte Mitarbeiterinformation stützt mit der Begründung, diese habe vier Anlagen enthalten, hat die Beklagte bereits erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, bei den Anlagen habe es sich um die Mitarbeiterinformation auf Deutsch, deren Übersetzung ins Englische, eine FAQ-Liste zum gleichen Thema sowie datenschutzrechtliche Informationen zur Umsetzung von 3G am Arbeitsplatz gehandelt. Zu welcher vom Kläger behaupteten „erheblichen Verunsicherung und Unklarheit“ darüber, „was denn nun tatsächlich gilt“, dies geführt haben soll, ist weder ersichtlich noch auch nur ansatzweise vorgetragen. Hinzu kommt, dass gerade die 3G-Regelung seinerzeit ausführlich und intensiv in der Öffentlichkeit und sämtlichen Medien kommuniziert und diskutiert wurde. Sie konnte daher auch dem Kläger nicht verborgen geblieben sein. Jedenfalls durch die Mitarbeiterinformation der Beklagten vom 25.11.2021 war er hinreichend informiert. Die Kenntnis dieser Information stellt er auch nicht in Abrede. Vielmehr räumt er im Gegenteil selbst ein, einen Impfnachweis käuflich erworben zu haben, um ungehinderten Zugang zum Betrieb zu erlangen.

ccc) Die Tatbestandsvoraussetzungen des in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der ab 24.11.2021 geltenden Fassung statuierten Zutrittsverbots liegen vor. Danach durften physische Kontakte zwischen Arbeitgebern und Beschäftigen untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können. So liegt es hier. Wenn der Kläger vorträgt, Begegnungen seien seinerzeit auszuschließen gewesen, da sein gesamter Bereich generell im Homeoffice gearbeitet habe, Besprechungen online stattgefunden hätten, es aufeinander abgestimmte Anwesenheitstage der operativen und administrativen Mitarbeiter gegeben habe, um mögliche Kontakte innerhalb eines Arbeitsbereichs weitestgehend zu minimieren, keine Face-to-Face-Meetings hätten stattfinden dürfen, sondern Meetings über Teams gehalten worden seien, die Aufenthaltsräume auf maximal eine Person beschränkt gewesen seien, im Dezember einige Kollegen in Urlaub gewesen seien und jeder in seinem eigenen Büro habe abgesondert sein müssen, so verfängt dies nicht. All diese Umstände mögen die Wahrscheinlichkeit eines physischen Kontakts reduzieren. Sie sind jedoch nicht geeignet, die Möglichkeit eines solchen bei Betreten des Werks von vornherein auszuschließen.

Der Gesetzgeber wollte mit der Normierung der 3G-Regelung die bis dato geltenden Vorschriften zum Schutz vor und zur Eindämmung des Coronavirus ersichtlich verschärfen und schuf daher eine der allgemeinen Gefahrenprävention dienende Regelung, die gerade nicht auf das Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage abstellte, sondern unabhängig von einer konkreten Infektion eines Beschäftigten gelten sollte (LAG Düsseldorf 04.10.2022 – 3 Sa 374/22 – Rn. 46, juris). Hiermit im Zusammenhang ist die ebenfalls zum 24.11.2021 in Kraft getretene Änderung der §§ 277, 279 StGB und des § 75a Abs. 2, 3 IfSG zu sehen, in denen der Gesetzgeber bereits das Ausstellen und den Gebrauch eines Gesundheitszeugnisses oder einer unrichtigen Impf- oder Testbescheinigung zur Täuschung im Rechtsverkehr ausdrücklich unter Strafe stellt, wiederum unabhängig von einer konkreten Gefährdung. Dies zeigt die durch den Gesetzgeber erfolgte Einschätzung zum Schweregrad entsprechender Verhaltensweisen (so zutr. LAG Düsseldorf 04.10.2022 – 3 Sa 374/22 – Rn. 46; ArbG Neumünster 04.08.2022 – 1 Ca 88b/22 – Rn. 34; ArbG Koblenz 09.03.2022 – 7 Ca 2518/21 – Rn. 20; 04.05.2022 – 7 Ca 20/22 – Rn. 14, juris).

Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung erklärt, an den hier streitgegenständlichen drei Dezembertagen 2021 seien seiner Erinnerung nach noch vier weitere Arbeitnehmer – ein Verwaltungs- und drei Produktionsmitarbeiter – zusammen mit ihm im Betriebsgebäude gewesen. Die Beklagte hat erklärt, dies könne zutreffen. Damit waren Kontakte zwischen den dort tätigen Mitarbeitern aber nicht von vornherein ausgeschlossen, mögen sie nun mehr oder weniger wahrscheinlich gewesen sein. Ein Kontakt in diesem Sinne setzt kein persönliches Vieraugengespräch oder ein persönliches Meeting voraus, worauf der Kläger primär abstellt. Zu Kontakten kann es vielmehr auch ungeplant und zufällig kommen, etwa in den Sanitärräumen, am Eingang oder auf den Fluren bzw. in den Räumlichkeiten der Betriebsstätte (der Kläger selbst trägt mit Schriftsatz vom 26.04.2022 auf S. 2 unten vor, er habe „auch bei zufälligen Begegnungen immer Abstand gehalten“). Voraussetzung für das gesetzliche Zutrittsverbot ist lediglich, dass ein solcher Kontakt nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Voraussetzungen hält die Kammer für erfüllt. Der Gesetzgeber bringt hier zum Ausdruck, dass er bereits die abstrakte Gefährdung als hinreichend gewichtig ansieht, um den Zutritt des Arbeitnehmers zum Betriebsgebäude zu untersagen. Daher gehen die Einwendungen des Klägers, er habe niemanden gefährdet, da er stets eine FFP2-Maske getragen, vor dem Betreten des Werksgeländes einen häuslichen Selbsttest durchgeführt, tatsächlich niemanden angetroffen und ein Einzelbüro gehabt habe, ins Leere. Ob man die gesetzliche 3G-Regelung im Nachhinein betrachtet für sinnvoll oder verhältnismäßig hält, kann dahinstehen, denn es handelte sich bei ihr sowohl für den Kläger wie auch für die Beklagte um unmittelbares und zwingendes Recht (vgl. zutr. ArbG Bielefeld – 04.03.2022 – 1 Ca 2208/21 – Rn. 56, juris; zur Verhältnismäßigkeit von PCR-Tests im Arbeitsverhältnis BAG 01.06.2022 – 5 AZR 28/22 – Rn. 36 ff, juris).

ddd) Daher musste dem Kläger klar sein, dass er am 06., 13. und 14.12.2021 den Betrieb der Beklagten als Ungeimpfter, Nichtgenesener und nicht in hinreichender Form Getesteter nicht hätte betreten dürfen. Dies war ihm auch bewusst, da er sich zum einen proaktiv eigens einen gefälschten Impfnachweis besorgt hat, um überhaupt in den Betrieb zu gelangen, und er zum anderen einen entsprechenden Verstoß und damit seine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung in den Gesprächen am 20. und 22.12.2021 eingeräumt hat. Ob ihm die strafrechtliche Relevanz seines Verhaltens (§ 279 StGB) bewusst war, kann dahinstehen, da es kündigungsschutzrechtlich genügt, wenn durch das Verhalten des Arbeitnehmers das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachvollziehbar und nachhaltig zerrüttet ist (BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 30; 25.11.2010 – 2 AZR 801/09 – Rn. 17; 08.05.2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 20; 18.06.2015 – 2 AZR 256/14 – Rn. 25; 23.08.2018 – 2 AZR 235/18 – Rn. 44, juris).

eee) Indem der Kläger sowohl die Regelung des § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG wie auch die dessen Vorgaben umsetzende Weisung der Beklagten mehrfach bewusst und gezielt umging, als er den QR-Code eines gefälschten Impfnachweises an der Eingangsampel abscannen ließ, verstieß er gegen seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die legitimen Interessen der Beklagten, auch im Hinblick auf seine Kollegen, zu wahren.

bb) Gegen diese Pflicht verstieß der Kläger an allen drei Tagen. Sein Hinweis auf einen „Fortsetzungszusammenhang“, dem lediglich ein einziger Entschluss zugrunde liege, verfängt nicht. Der Kläger hat auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung erklärt, bei jedem Betreten des Werks habe er an der Eingangsampel den QR-Code abscannen lassen müssen. Damit hat er an jedem der drei Tage den eigenständigen Entschluss gefasst, die Beklagte zu täuschen und sich den Zugang zu ihrem Werk zu erschleichen.

b) Die Kündigung ist auch verhältnismäßig.

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers war eine vorherige Abmahnung entbehrlich.

aaa) Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes u. a. dann nicht, wenn es sich um eine so schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG 19.04.2012 – 2 AZR 186/11 – Rn. 22; 20.11.2014 – 2 AZR 651/13 – Rn. 22; 29.06.2017 – 2 AZR 302/16 – Rn. 28; 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 30; 27.02.2020 – 2 AZR 570/19 – Rn. 23; 20.05.2021 – 2 AZR 596/20 – Rn. 27, juris). Diese Fallgruppe betrifft dabei ausschließlich das Gewicht der in Rede stehenden Vertragspflichtverletzung, die für sich schon die Basis für eine Zusammenarbeit irreparabel entfallen lässt und sich insbesondere unabhängig von einer Wiederholungsgefahr oder sonstigen Umständen, die Gegenstand der weiteren Interessenabwägung sein können – wie etwa ein bislang unbelastetes Arbeitsverhältnis –, bemisst (BAG 20.05.2021 – 2 AZR 596/20 – Rn. 27; LAG Düsseldorf 04.10.2022 – 3 Sa 374/22 – Rn. 36, juris).

bbb) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat in Kenntnis der nachdrücklichen und ausführlichen Mitarbeiterinformation der Beklagten vom 25.11.2021 bewusst, gezielt und mehrfach den gefälschten Impfnachweis verwendet, um sich Zutritt zum Betrieb zu verschaffen. Hierfür gibt es keinen hinreichenden Entschuldigungsgrund. Soweit der Kläger anführt, als Ungeimpfter sei er immer wieder Anfeindungen und Diskriminierungen ausgesetzt gewesen, verbleibt es bei dieser seiner pauschalen Behauptung, die mangels jeglichen konkretisierenden Sachvortrags einer Einlassung durch die Beklagte oder einer Überprüfung durch das Gericht nicht zugänglich ist, zumal auch kein konkreter Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis oder seiner Situation am Arbeitsplatz ersichtlich wird. Im Übrigen bestand für den Kläger weder nach den gesetzlichen Vorgaben noch nach den Weisungen der Beklagten eine wie auch immer geartete Impfpflicht. Es stand ihm frei, statt eines Impfnachweises einen entsprechend qualifizierten Testnachweis vorzulegen. Auch diese wenigen Umstände wollte er sich jedoch nicht machen. Im Gegenteil hat er vorgetragen, er habe sich einfacheren und unkomplizierteren Zugang zum Betrieb verschaffen wollen. Damit macht er überdeutlich, dass ihm letztlich seine Bequemlichkeit nicht nur über die gesetzliche Regelung, sondern auch über die legitimen Interessen der Beklagten und seiner Kollegen an der Einhaltung der offiziellen Regelungen zum Schutz des Betriebes und der dort tätigen Mitarbeiter ging. Auch weil er mit seinem Verhalten gegen geltendes staatliches Recht verstieß und die Beklagte in die Gefahr einer möglichen Sanktionierung seitens der Aufsichtsbehörden (etwa gem. § 73 Abs. 1a Nr. 11d IfSG) wegen Verletzung ihrer Nachweis- und Überwachungspflichten nach § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG brachte, konnte er nicht ernsthaft erwarten, sie würde es hinnehmen, dass er seiner Arbeitsleistung nachginge, ohne hinreichend getestet, geimpft oder genesen zu sein (vgl. zutr. ArbG Siegburg 23.06.2022 – 3 Ca 2171/21 – Rn. 17, juris). Erst Recht musste ihm daher einleuchten, dass eine Täuschung hierüber durch Verwendung eines gefälschten Impfnachweises – insbesondere wegen der damit verbundenen, zumindest abstrakten Gefährdung der Gesundheit der Mitarbeiter (dies betonen ArbG Köln 23.03.2022 – 18 Ca 6830/21 – Rn. 38, 41; ArbG Neumünster 04.08.2022 – 1 Ca 88b/22 – Rn. 34, 37, 42; ArbG Mannheim 15.06.2022 – 2 Ca 25/22 – Rn. 70, juris) – nicht toleriert würde und sein Verhalten das Vertrauen der Beklagten in seine Redlichkeit zerstören musste.

Soweit er in diesem Rahmen auf eine Vielzahl an „3G-Verstößen“ durch andere Mitarbeiter verweist, hat die Beklagte vorgetragen, dabei habe es sich ausschließlich um Fälle gehandelt, in denen geimpfte Arbeitnehmer lediglich vergessen hätten, ihren Nachweis vorzulegen. Der in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverstoß ist mit dem des Klägers nicht vergleichbar. Der Kläger hat nicht „vergessen“, einen entsprechenden Nachweis über eine tatsächliche Impfung, Genesung oder hinreichende Testung vorzulegen, sondern er hat im Wissen darum, dass er weder geimpft noch genesen noch hinreichend getestet ist, proaktiv und mit krimineller Energie einen gefälschten Impfnachweis erworben und diesen der Beklagten vorgelegt bzw. an deren QR-Scanner gehalten, um sich Zugang zum Betrieb zu verschaffen. Dass die Beklagte entgegen ihrer klaren Ankündigung aus ihrer Mitarbeiterinformation vom 25.11.2021 einen solchen Fall bei einem anderen Arbeitnehmer nicht mit einer Kündigung geahndet hätte, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Sein abstraktes Bestreiten der Richtigkeit des Beklagtenvortrages ist insoweit unbehelflich. Zwar hat der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess vom Arbeitnehmer vorgebrachte Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe zu widerlegen. Dies setzt jedoch einen konkreten und substantiierten Entlastungsvortrag des Arbeitnehmers voraus. Daran fehlt es hier, da der Kläger, ohne irgendwelche Anhaltspunkte zu benennen, schlichtweg bestreitet, dass er der einzige Arbeitnehmer der Beklagten gewesen sein solle, der einen gefälschten Impfnachweis vorgelegt habe. Unabhängig hiervon könnte er sich auch nicht auf eine „Gleichbehandlung im Unrecht“ berufen, da die Beklagte angesichts seines gravierenden und unstreitigen Pflichtenverstoßes ihm gegenüber in jedem Fall zum Ausspruch einer Kündigung befugt war.

ccc) Einer Abmahnung bedurfte es auch nicht deshalb, weil sich die Beklagte, wie der Kläger meint, in ihrer Mitarbeiterinformation vom 25.11.2021 insoweit selbst gebunden hätte als sie dort erklärt, den ersten Verstoß gegen die mitgeteilten betrieblichen Corona-Regeln „nur“ abzumahnen. Diese Ankündigung beschränkt sich, wie sich aus dem Text der Mitarbeiterinformation ergibt, auf den dort vorgenannten Fall, dass ein ungeimpfter Mitarbeiter das Werk betritt, ohne den 3G-Nachweis erbracht zu haben. Hingegen stellt die Beklagte im unmittelbaren Anschluss daran unmissverständlich klar, dass sie im Falle der Verwendung eines gefälschten 3G-Nachweises den betreffenden Beschäftigten „mit aller Härte des Arbeitsrechts inkl. der Option der fristlosen Kündigung verfolgen“ werde. Genau dies ist beim Kläger der Fall.

ddd) Eine Abmahnung war daher entbehrlich.

bb) Auch die anzustellende Interessenabwägung lässt die Kündigung nicht ausnahmsweise doch noch zu seinen Gunsten als wirksam erscheinen.

aaa) Insoweit ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes mit dem Interesse des Arbeitgebers an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf der Kündigungsfrist abzuwägen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer dies zu beurteilen ist, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung der Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 34; 26.03.2015 – 2 AZR 517/14 – Rn. 21; 20.10.2016 – 6 AZR 471/15 – Rn. 30; 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 29, juris).

bbb) Zwar kann der Kläger eine über zehnjährige, in seiner letzten Position zumindest eine über zweijährige Betriebszugehörigkeit vorweisen und ein bis dato wohl beanstandungsfrei verlaufenes Arbeitsverhältnis.

ccc) Auf der anderen Seite ist jedoch zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er mit seinem täuschenden Verhalten bewusst, gezielt und mehrfach staatliches Recht wie auch die dieses Recht umsetzenden legitimen und klaren Weisungen der Beklagten umgangen hat. Es handelte sich weder um ein (oder mehrere) Versehen noch um ein Augenblicksversagen und geschah zudem aus nichtigem Grund, da es für den Kläger mit verhältnismäßig geringfügigem Aufwand – einem PCR-Test oder sogar nur einem von der Beklagten angebotenen Selbsttest unter Aufsicht im Testzelt vor ihrem Werk – verbunden gewesen wäre, rechtmäßigen Zugang zum Werk zu erhalten (zu diesem Wertungsaspekt LAG Düsseldorf 04.10.2022 – 3 Sa 374/22 – Rn. 44; ArbG Siegburg 23.06.2022 – 3 Ca 2171/21 – Rn. 17; ArbG Neumünster 04.08.2022 – 1 Ca 88b/22 – Rn. 37, 43, juris). Die Beklagte hat sich ausweislich ihrer Mitarbeiterinformation ersichtlich bemüht, ihren Arbeitnehmern eine Vielzahl an Möglichkeiten für eine hinreichende Testung aufzuzeigen und sogar ein eigenes Testzelt vor ihrem Werksgelände eingerichtet. Gleichwohl zog es der Kläger aus Bequemlichkeit vor, selbst an den wenigen Tagen, an denen er in Anbetracht seiner Homeoffice-Tätigkeit den Betrieb überhaupt aufsuchte, einen solchen Test nicht durchführen zu lassen oder selbst unter Aufsicht durchzuführen, sondern sich um einen gefälschten Impfnachweis zu kümmern. Damit legte er erkennbar kriminelle Energie an den Tag, denn dass dieses Verhalten nicht rechtens war, war offensichtlich und auch ihm klar erkennbar. Dass er mit diesem mehrfachen Missbrauch das Vertrauen der Beklagten in seine Redlichkeit zerstörte, ist gleichermaßen nachvollziehbar wie für ihn von vornherein erkennbar. Die Beklagte hätte, um sich nach diesen Vorfällen sicher sein zu können, dass der Kläger ihr nicht wieder einen gefälschten Nachweis (über eine Impfung oder Testung) vorlegt, an jedem einzelnen Tag den ihr vom Kläger angebotenen Nachweis im Detail überprüfen müssen, um sich zu vergewissern, dass er sie nicht erneut täuscht. Dies ist einem Arbeitgeber nicht zumutbar (zutr. ArbG Bielefeld 04.03.2022 – 1 Ca 2208/21 – Rn. 59; ArbG Siegburg 23.06.2022 – 3 Ca 2171/21 – Rn. 17) und konnte auch von der Beklagten nicht erwartet werden.

ddd) Entgegen der Ansicht des Klägers wirkt sich nicht entscheidend zu seinen Gunsten aus, dass er sein Fehlverhalten in den persönlichen Gesprächen mit der Beklagten am 20. und 22.12.2021 eingeräumt hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte ihm bereits mitgeteilt, dass die Kriminalpolizei den Verdacht hege, er verwende einen gefälschten Impfausweis. Ob dieses Gespräch zwischen ihrem Prokuristen, Herrn Weckheuer, und dem Kläger nun am 13.12.2021 oder wenige Tage später stattfand, spielt keine Rolle, denn der Kläger hat unstreitig in diesem Gespräch nicht „sofort“ zugegeben, der Verdacht treffe zu. Vielmehr dauerte es noch knapp eine Woche, bis er dies gegenüber der Beklagten erstmals am 20.12.2021 einräumte. Zu diesem Zeitpunkt gab er aber lediglich zu, was angesichts der kriminalpolizeilichen Ermittlungen und der Kenntnis der Beklagten von diesen ohnehin nicht mehr zu verbergen gewesen wäre. Dies kann ihm nicht zu seinen Gunsten angerechnet werden.

eee) Entgegen seiner Ansicht steht der Kündigung ebenso wenig entgegen, dass die Beklagte sich zwar auf eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses beruft, aber gleichwohl keine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen hat. Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, in einer Situation, die ihn zu einer fristlosen Kündigung berechtigen würde, dem Arbeitnehmer trotzdem nur ordentlich zu kündigen. Dies kann ihm auch nicht angelastet werden. Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, sie habe in Anbetracht der seinerzeit bevorstehenden Weihnachtsfeiertage und möglicher Schwierigkeiten, das Betriebsratsanhörungsverfahren für eine fristlose Kündigung rechtzeitig durchführen zu können, von einer solchen abgesehen und sich mit dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung begnügt. Dies ist nachzuvollziehen und führt nicht dazu, dass ihr diese ordentliche Kündigung verwehrt oder in irgendeiner Weise „treuwidrig“ wäre. Auch dass die Beklagte den Kläger nach Kündigungsausspruch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterbeschäftigt hat, zeigt lediglich, dass sie ihrer fortbestehenden Beschäftigungspflicht nachkommen wollte.

fff) Soweit sich der Kläger schließlich darauf beruft, das LAG Düsseldorf habe in seiner Entscheidung vom 04.10.2022 (Az. 3 Sa 374/22) in einer vergleichbaren Fallkonstellation die Kündigung des Arbeitgebers für unwirksam gehalten, so verfängt dies nicht. Zum einen betont das LAG Düsseldorf in seinen ausführlichen Entscheidungsgründen ausgesprochen deutlich, dass die Vorlage eines gefälschten Impfnachweises grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigt (Rn. 39 ff.). Zum anderen lag der dort zu entscheidende Fall anders als der des Klägers. Dass das LAG Düsseldorf im Rahmen der Interessenabwägung zum Ergebnis der Unwirksamkeit der Kündigung gelangte, lag daran, dass der dortige Arbeitnehmer sich „nur ein einziges Mal“ unter Verstoß gegen die 3G-Regelung in den Betrieb des Arbeitgebers begeben hatte, und zwar „nur zwecks Abgabe einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ für „weniger als 10 Minuten“, und selbst in dieser kurzen Zeit noch der Impfnachweis vorgelegt und kopiert worden war (Rn. 47). Das LAG Düsseldorf hat ausdrücklich den Kurzzeitkontakt des Arbeitnehmers hervorgehoben. Daran fehlt es beim Kläger offensichtlich, denn dieser hat sich unstreitig an drei kompletten Arbeitstagen für die gesamte Arbeitszeit im Betrieb aufgehalten. Auch auf eine „immerhin mehr als 19 Jahre unstreitig unbeanstandete Betriebszugehörigkeit“ wie im Falle des LAG Düsseldorf kann sich der Kläger nicht berufen. Der weitere in der Interessenabwägung des LAG Düsseldorf angeführte Umstand, dass der dortige Arbeitnehmer seine „Tat nach Aufdeckung und Vorhalt“ durch den Arbeitgeber „sofort zugegeben hat“, ist zum einen aus den oben dargelegten Gründen nicht auf die Situation des Klägers übertragbar, da dieser sein Fehlverhalten eben nicht sofort zugegeben hat. Zum anderen kann es ihn auch unabhängig hiervon nach Auffassung der Kammer, wie bereits erwähnt, nicht entlasten, wenn er lediglich einräumt, was ohnehin nicht mehr zu verbergen war.

ggg) Die Interessenabwägung geht daher zu Lasten des Klägers aus.

c) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert schließlich nicht an einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Die Beklagte hat den Betriebsrat nach dem insoweit geltenden Grundsatz der subjektiven Determinierung hinreichend über die für sie maßgeblichen Kündigungsgründe informiert. Die Einwände des Klägers hiergegen greifen nicht durch.

aa) Soweit er vorbringt, die Beklagte habe den Betriebsrat zu einer fristgerechten Kündigung zum 31.05.2022, hilfsweise zum nächstzulässigen Kündigungstermin, angehört, jedoch nur fristgerecht zum 31.05.2022, nicht dagegen auch – wie angehört – hilfsweise zum nächstzulässigen Termin gekündigt, so ist dies erkennbar kein Anhörungsmangel, der zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnte. Die zum 31.05.2022 ausgesprochene Kündigung ist mit der zutreffenden Kündigungsfrist ausgesprochen worden. Dies hat der Kläger auch nicht gerügt. Ob die Kündigung daher für den Fall, dass die Kündigungsfrist von der Beklagten zu kurz gewählt worden wäre, hinreichend fehlerhaft wäre oder nicht, bedurfte keiner Beurteilung.

bb) Weiter bringt der Kläger vor, die Beklagte habe in der Betriebsratsanhörung angeführt, durch die örtliche Polizeibehörde am 14.12.2021 Hinweise auf sein Verhalten erhalten zu haben, schriftsätzlich allerdings vorgetragen, dies sei um den 10.12.2021 gewesen. Auch dies betrifft nicht den Kündigungsvorwurf, sondern lediglich das genaue Datum, zu dem sie von dem gegen den Kläger im Raum stehenden Verdacht erfahren hat. Ob dies am 10. oder am 14.12.2021 der Fall war, spielt für den Kündigungsgrund und sein Gewicht keine Rolle. Die vom Kläger monierte Abweichung in der Darstellung der Beklagten macht ihre Betriebsratsanhörung daher nicht fehlerhaft.

cc) Die Beklagte war auch nicht gehalten, in die Betriebsratsanhörung eine umfassende Interessenabwägung aufzunehmen. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verlangt vom Arbeitgeber, dass er dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitteilt. Dazu zählt die Interessenabwägung nicht. Die Anhörung zur Kündigungsabsicht impliziert eine zu Lasten des Arbeitnehmers getroffene Abwägung. Eine nähere Begründung ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes der subjektiven Determinierung nicht erforderlich, die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers reicht hier nicht so weit wie seine Darlegungslast im Prozess (BAG 23.10.2008 – 2 AZR 163/07 – Rn. 19; 19.07.2012 – 2 AZR 352/11 – Rn. 45; 21.11.2013 – 2 AZR 797/11 – Rn. 27; 23.10.2014 – 2 AZR 736/13 – Rn. 15, juris). Im Übrigen hat die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, in ihrer Anhörung mitgeteilt zu haben, der eklatante Verstoß des Klägers gegen die „Sicherheitskultur“ bei ihr sowie das gestörte Vertrauensverhältnis aufgrund seines betrügerischen Verhaltens machten ihr eine dauerhafte Weiterbeschäftigung unmöglich, angesichts der Schwere seines Vertragsverstoßes wäre auch eine Abmahnung nicht geeignet, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Dies genügt im Rahmen von § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG.

dd) Zu einer möglichen Wiederholungsgefahr oder negativen Zukunftsprognose musste die Beklagte keine besonderen Ausführungen in ihre Betriebsratsanhörung aufnehmen. Auch insoweit genügt, dass sie hinreichend deutlich macht, ihr Vertrauen in den Kläger sei irreparabel zerstört.

d) Nach alledem hat die Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis wirksam fristgemäß zum 31.05.2022 beendet.

2. Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen. Der Weiterbeschäftigungsantrag fiel nicht zur Entscheidung an.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

C.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

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