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Aufhebungsvertrag – Anfechtung durch Arbeitgeber wegen arglistiger Täuschung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 433/18 – Urteil vom 10.07.2019

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 06. November 2018, Az.: 4 Ca 208/18, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Unwirksamkeit der Anfechtung eines zwischen den Parteien geschlossenen Aufhebungsvertrags durch die Beklagte, hilfsweise über außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigungen der Beklagten sowie über einen mit einer Widerklage geltend gemachten Anspruch der Beklagten gegen den Kläger auf Rückzahlung einer Abfindung.

Der 1971 geborene, verheiratete Kläger war seit Oktober 2000 bei der Beklagten, zuletzt als General Director f… Deutschland zu den Bedingungen eines Arbeitsvertrags für leitende Angestellte vom 19. Dezember 2014 (Bl. 24 ff. d. A.) beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt (inklusiv aller Gehaltsbestandteile) 8.977,50 €.

Die Parteien schlossen mit Datum vom 2./7. Februar 2017 einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2017. Dieser lautet auszugsweise:

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Vermeidung einer ausschließlich betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes am 30.06.2017 enden wird.

2. (…)

3. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von € 134.027,40 brutto zu zahlen, fällig werdend am Ende des Arbeitsverhältnisses.

4. Dem Arbeitnehmer wird das Recht eingeräumt, das Arbeitsverhältnis auch vor dem 30.06.2017 durch einseitige schriftliche Erklärung mit einer Frist von vier Wochen vorzeitig zu beenden. Die zwischen dem evtl. neuen Beendigungstermin und dem 30.06.2017 frei werdenden monatlichen Bruttobezüge werden in diesem Falle zum Beendigungszeitpunkt als zusätzliche Abfindung bezahlt. Die vorzeitige Beendigung entspricht dem Wunsch und Interesse des Arbeitgebers.

5. (…)“.

Wegen des Inhalts des Aufhebungsvertrages im Übrigen wird auf Bl. 30 f. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger hat von seinem Recht nach § 4 des Aufhebungsvertrages Gebrauch gemacht und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vorzeitig zum 31. März 2017 beendet.

Die Beklagte zahlte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 134.027,40 € brutto sowie die Gehälter für die Monate April bis Juni 2017 in Höhe von insgesamt 24.000,00 € brutto (3 x 8.000,00 € brutto) sowie den geldwerten Vorteil betreffend die Kfz-Nutzung des Firmenwagens in Höhe von 2.766,00 € brutto, mithin einen Gesamtbetrag in Höhe von 160.793,40 € brutto aus.

Unter dem 17. April 2018 erklärte die Beklagte in drei Schreiben (Bl. 32 ff., 36 ff., 39 ff. d. A.) die Anfechtung dieses Aufhebungsvertrags wegen arglistiger Täuschung. Sie gab in diesen anwaltlichen Schreiben an, ihr sei „nun bekannt geworden, dass die Maschine „A. Schneckenspritzgießmaschine Modell A.“ entgegen Ihren Angaben und entgegen Ihrer Deklaration – sowie entgegen dem Schreiben der Firma S. vom 18.01.2017 – nicht verschrottet wurde, sondern produzierenderweise in der Produktionshalle Ihres jetzigen Arbeitgebers steht. Damit haben Sie unsere Mandantin arglistig darüber getäuscht, dass die Maschine verschrottet wurde; parallel dazu haben Sie unsere Mandantin über die Konditionen des Aufhebungsvertrages verhandelt und diesen nach Abtransport der Maschinen (durch die Firma S.) unterzeichnet, um Ihren vermeintlichen Anspruch auf den Abfindungsbetrag in Höhe von 134.027,40 € brutto zu fixieren; hätte unsere Mandantin zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von Ihrer Vorgehensweise gehabt, wäre sie zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung berechtigt gewesen – einen Aufhebungsvertrag mit diesen Konditionen hätte sie sicherlich nicht unterzeichnet“.

Gleichzeitig kündigten die Beklagtenvertreter namens und im Auftrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis „außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Zeitpunkt“.

Diese Schreiben sind dem Kläger am 26. April 2018 zugegangen.

Die beiden ersten Schreiben der Bevollmächtigten der Beklagten wurden gemäß § 174 BGB für den Kläger von Herrn Rechtsanwalt W. mit Schreiben vom 27. April 2018 (Bl. 43 ff. d. A.) unter Vorlage einer Originalvollmacht wegen Fehlens einer wirksamen Vollmachtsurkunde zurückgewiesen.

Mit seiner am 8. Mai 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 22. Mai 2018 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages und hilfsweise die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch drei fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigungen der Beklagten vom 17. April 2018 aufgelöst wurde/wird.

Mit Schreiben vom 4. Juni 2018 erstattete die Beklagte bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken Strafanzeige gegen den Kläger und stellte Strafantrag (Az. 00 Js 1234/18).

Mit ihrer am 8. Juni 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Kläger am 25. Juni 2018 zugestellten Widerklage verfolgt die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von 169.793,40 € brutto nebst Zinsen.

Der Kläger hat vorgetragen, im Jahr 2016 habe die Geschäftsführung entschieden, mehrere Maschinen aus dem Werk verschrotten zu lassen. Die Entscheidung über die Verschrottungsreife oder Verschrottung der Maschine sei in seiner gesamten Dienstzeit vom damaligen Technischen Geschäftsführer (COO) Sch. getroffen worden.

Die Planung und Überwachung des Maschinenparks sei nicht seine Aufgabe gewesen. Er habe die Verschrottung umsetzen sollen. Dafür habe er Kontakt zu der Verwertungsfirma S. GmbH aufgenommen. Durch diese Firma seien mehrere Maschinen im Lauf des Jahres 2016 abgeholt und auf den Schrottplatz von Herrn S. verbracht worden. Bei der Verschrottung sämtlicher Maschinen seien meist zuvor Teile ausgebaut worden. Die Maschinen seien alle nur Ersatzteillager und steuerlich schon abgeschrieben gewesen. Die Maschinen der Beklagten seien nach 23 Jahren Produktion so verschlissen gewesen, dass diese zu keiner Produktion mehr hätten eingesetzt werden können. In 23 Jahren hätten diese Maschinen mehr als 100.000 Arbeitsstunden und circa 14 Millionen Arbeitszyklen geleistet. Eine Maschine wiege zwischen zwei bis vier Tonnen. Es gebe keine Ersatzteile mehr und die Steuerung (speziell die Elektronik) werde vom Hersteller nicht mehr unterstützt. Eine solche Maschine, für die es keine Ersatzteile und keinen Reparaturservice mehr gebe, sei auf dem Markt unverkäuflich. Aus diesem Grund seien die Maschinen mit überdurchschnittlichen Betriebsstunden und keinem Service entsorgt worden. Der Abtransport für diese Maschine habe zwischen 800 und 900 € gekostet. Es habe die Abmachung mit der Firma S. GmbH bestanden, dass der Verwerter die Maschinen kostenneutral abholen und dafür den Schrott der Maschinen zu seinen eigenen Gunsten verwerten könne. Der Schrottwert der Maschinen werde deutlich geringer (circa 270,00 € Stahlwert) als die entstehenden Kosten für den Abtransport geschätzt. Alle Maschinen, die im Laufe der Jahre 2007 bis 2017 verschrottet worden seien, seien immer ohne Typenschild entsorgt worden. Letztere seien zum Maschinenhersteller A. geschickt und beim Neukauf einer Maschine mit einer Gutschrift von 1.000 € verrechnet worden.

Die genannte Maschine sei nach eigenen Angaben der Beklagten im Schreiben vom 18. April 2018 bereits im September 2016 abgeholt worden. Es könnten auch andere Personen die Abholung veranlasst haben. Er könne mit bestem Wissen nach mehr als zwei Jahren nicht mehr sagen, wer dies konkret umgesetzt habe. Die jeweiligen Geschäfte seien mit der Abholung der Firma S. GmbH abgeschlossen gewesen. Er habe weder über die Geschäftsabwicklung mit der Firma S. GmbH noch über andere Tatsachen (arglistig) getäuscht, sondern im Auftrag der Geschäftsführung gehandelt.

Die Verhandlungen zwischen den Parteien über die Beendigung durch Aufhebungsvertrag hätten Anfang des Jahres 2017 begonnen. Die Beklagte habe den Wunsch geäußert, sich von ihm aus betriebsbedingten Gründen zu trennen und habe die im Aufhebungsvertrag genannte Abfindungssumme angeboten. Dieses Angebot habe er angenommen, insbesondere weil er zu diesem Zeitpunkt auf Grund der Arbeitsüberlastung erheblich gesundheitlich belastet gewesen sei. Sein erster Kontakt zur Firma J. GmbH & Co. KG, R. habe erst im April 2017 stattgefunden.

Die von der Beklagten im Prozess vorgelegten, nach deren Vortrag auf dem Betriebsgelände der Firma J. GmbH & Co. KG aufgenommenen Fotos seien unerlaubt angefertigt und Dritten zugänglich gemacht worden.

Der Kläger war der Ansicht, ein Anfechtungsgrund bestehe nicht. Weiterhin bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen dem Sachverhalt aus dem Jahr 2016, den die Beklagte für eine arglistige Täuschung vortrage, und dem Abschluss des Aufhebungsvertrages im Februar 2017. Er hat die Nichteinhaltung der Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB gerügt.

Die Schreiben der Beklagten vom 17. April 2018 seien wahrscheinlich am 21. April 2018 an seiner alten, nicht mehr gültigen Postadresse angekommen und seien ihm am 26. April 2018 zugegangen.

Die erste und zweite fristlose und vorsorglich ordentliche Kündigung seien bereits wegen der wirksamen Zurückweisung nach § 174 unwirksam. In beiden Fällen hätten die Vollmachtsurkunden nicht im Original vorgelegen. Die Vollmachtsurkunden seien nicht mit einem gültigen Datum („11. August 2018“) versehen gewesen. Es sei nicht bekannt, ob Herr J. in seiner Funktion als Financial Director zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt sei. Es liege weder ein wichtiger Grund vor, noch seien die Kündigungen nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Er rüge die Einhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Beklagte sei ihrer Mitteilungspflicht nach § 102 BetrVG nicht oder nicht richtig nachgekommen. Zu einer Kündigung wegen des Verdachts einer Straftat oder einer anderweitigen gewichtigen Vertragsverletzung sei nicht angehört worden.

Aufhebungsvertrag - Anfechtung durch Arbeitgeber wegen arglistiger Täuschung
(Symbolfoto: Von REDPIXEL.PL/Shutterstock.com)

Ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Abfindung, gezahlter Gehälter oder sonstiger Geldzahlungen bestehe nicht. Höchst hilfsweise erkläre er seine Entreicherung.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien vom 2./7. Februar 2017 durch die (erste) mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärte Anfechtung oder aus anderen Gründen nicht nichtig ist, sondern rechtswirksam bestehen bleibt;

2. hilfsweise: festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die (erste) fristlose Kündigung (des Bevollmächtigten des Beklagten) vom 17. April 2018, zugegangen am 26. April 2018, noch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgelöst wurde/wird;

3. festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien vom 2./7. Februar 2017 durch die (zweite) mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärte Anfechtung oder aus anderen Gründen nicht nichtig ist, sondern rechtswirksam bestehen bleibt;

4. hilfsweise: festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die (zweite) fristlose Kündigung (des Bevollmächtigten des Beklagten) vom 17. April 2018, zugegangen am 26. April 2018, noch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgelöst wurde/wird;

5. festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien vom 2./7. Februar 2017 durch die (dritte) mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärte Anfechtung oder aus anderen Gründen nicht nichtig ist, sondern rechtswirksam bestehen bleibt;

6. hilfsweise: festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die (dritte) fristlose Kündigung (des Bevollmächtigten des Beklagten) vom 17. April 2018, zugegangen am 26. April 2018, noch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgelöst wurde/wird;

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat widerklagend beantragt, den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, 160.793,40 € brutto nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, nach erfolgter Zurückweisung des Schreibens vom 17. April 2018 sei seitens ihrer Prozessbevollmächtigten die Klarstellung erfolgt, dass Bezug genommen werde auf das am Freitag, den 20. April 2018 um 15.35 Uhr durch den Vorsteher ihres Büro zugestellte Schreiben vom 17. April 2018, welches auch mit einer auf sie lautenden und auf den 20. April 2018 datierten Vollmacht im Original versehen gewesen sei.

Der Kläger habe sie arglistig darüber getäuscht, dass die Maschine „A. Schneckenspritzgießmaschine Modell A.“ verschrottet worden sei. Parallel dazu habe der Kläger seit dem frühen Herbst des Jahres 2016 mit ihr über die Konditionen eines Aufhebungsvertrages verhandelt, da es zu Differenzen mit der Geschäftsführung hinsichtlich der Führung seines Standorts gekommen sei. Den Aufhebungsvertrag habe sie nach Abtransport der Maschine (durch die Firma S. GmbH) unterzeichnet. Hätte sie zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Vorgehensweise des Klägers gehabt, wäre sie zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung berechtigt gewesen – den Aufhebungsvertrag vom 2. Februar 2017 hätte sie sicherlich nicht unterzeichnet. Das Handeln des Klägers habe strafrechtliche Relevanz.

Im Frühjahr 1994 habe sie zwei Spritzgießmaschinen des Herstellers A. vom Typ „A.“ mit einer weiteren dritten Maschine dieses Typs für einen Gesamtbetrag in Höhe von 291.810,00 DM gekauft (vgl. Rechnung der A. GmbH & Co. KG vom 20. Mai 1994, Bl. 116 d. A.). Die erworbenen Maschinen hätten die Nummern 123, 456 und 789 getragen und seien mit den Nummern 4, 5sowie 6 versehen und im Inventarverzeichnis erfasst worden. Die Maschinen mit den laufenden Nummern 123 und 456 seien als verschrottungsreif deklariert worden. Der Kläger, zu dessen Aufgaben als General Director es unter anderem gehört habe, ihren Maschinenpark zu planen und zu überwachen, sei daraufhin mit der Durchführung der Verschrottung beauftragt worden. Die finale Entscheidung über eine Investition oder eine Deinvestition sei durch die Geschäftsführung, hier Herrn Sch., zu treffen gewesen. In der Praxis erfolge dies jedoch so, das durch den jeweiligen Standortleiter, vorliegend den Kläger, über eine Verschrottung entschieden werde, da dieser über die notwendige Nähe zur Maschine verfüge. Erst auf Grund dessen Einschätzung und auf dessen Rat hin genehmige das zuständige Mitglied der Geschäftsführung die Verschrottung der entsprechenden Maschine. Eine Prüfung, ob eine tatsächliche Verschrottungsreife gegeben sei, erfolge durch die Geschäftsführung nicht, da sich diese, was dem Kläger auch bewusst gewesen sei, auf die Angaben des jeweiligen Standortleiters verlassen habe. Der Kläger habe zunächst versucht, sogar drei Maschinen einer Verschrottung zuzuführen. Erst aufgrund des durch Herrn Q. eingelegten Vetos und seiner Vorsprache zunächst beim Kläger und später bei dem Geschäftsführer Herrn Sch., sei die Verschrottung in diesem Umfang gestoppt worden. Herr Q. habe nämlich zumindest eine der drei Maschinen unbedingt in dem von ihr betriebenen Forschungs- und Entwicklungszentrum natürlich nicht für Zwecke der Massenproduktion, sondern zur Fertigung von Mustern und Versuchsspritzungen einsetzen wollen, was auch geschehen sei. Lediglich im Zusammenhang mit den anderen beiden Maschinen habe sich der Kläger mit seinem Vorschlag der Verschrottung gegenüber Herrn Q. durchsetzen können, indem er darauf verwiesen habe, dass es betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sei, diese Maschinen – gegebenenfalls nach einer mehr oder weniger aufwändigen Reparatur – weiter zu benutzen.

Den Auftrag zum Transport zum Verschrottungsunternehmen habe der Kläger der S. GmbH, P. erteilt, die mit Schreiben vom 18. Januar 2017 (Bl. 120 d. A.) bestätigt habe, den Abtransport von zwei Maschinen im Zeitraum September und Oktober 2016 durchgeführt und die Verschrottung eingeleitet zu haben.

Die treuwidrige Vorgehensweise des Klägers werde auch deutlich in dem Mailverkehr zwischen ihm und verschiedenen Mitarbeitern ihrer Buchhaltung, unter anderem Frau F. und Herrn .W.. Erst auf deren beharrliches Nachfragen habe der Kläger bestätigt, dass zwei Maschinen „weggegeben“ worden seien. Er habe dann auch versucht, eine Erklärung dafür zu liefern, dass es darüber keine aussagefähigen Quittierungen oder Rechnungen gebe. Erst aufgrund der sehr beharrlichen Anforderung des Mitarbeiters W. vom 5. Oktober 2016, dass das Unternehmen der Beklagten einen unterschriebenen Lieferschein für die zur Verschrottung übergebenen Maschinen benötige, sei das Schreiben der S. GmbH vom 18. Januar 2017 vorgelegt worden.

Im Laufe der Monate März und April 2018 habe sie sodann Informationen darüber erhalten, dass die vorstehend erwähnte Maschine mit der Maschinen-Nr. 123 in den Produktionsräumen der jetzigen Arbeitgeberin des Klägers gestanden und dort für Produktionszwecke genutzt worden sei. Zwischenzeitlich sei sie darüber informiert worden, dass die Maschine mit der Maschinen-Nr. 123 aus der Produktionsstätte der neuen Arbeitgeberin des Klägers entfernt worden sei.

Zunächst sei ihr nur das Bild mit der Maschinennummer zugeleitet worden. Am 13. März 2018 habe sie weitere Lichtbilder erhalten, welche die Maschine in produzierender Weise bei der Firma J. GmbH & Co. KG zeigten. Erst am 28. März 2018 sei ihr mitgeteilt worden, dass es sich bei der auf den Lichtbildern gezeigten Maschine um „ihre“ Maschine handele. Erst am 29. März 2018 sei sie zu der sicheren Kenntnis gelangt, dass es sich um eine arglistige Täuschung des Klägers handeln müsse. Da es sich hierbei um eine Zeitabfolge mit den Osterfeiertagen gehandelt habe, sei ein Tätigwerden und damit die Abfassung einer Kündigung erst nach diesen Feiertagen, folglich am 3. April 2018 möglich gewesen.

Hieraus leite sie den Verdacht ab, dass der Kläger die Verschrottungsaktion der noch produktionsfähigen Maschinen im September 2016 strategisch geplant, vorbereitet und in die Tat umgesetzt habe. Niemand sonst von ihr sei an diesen Vorgängen beteiligt gewesen. In Umsetzung seines vertraglichen Treueverhältnisses zu ihr hätte der Kläger darauf hinweisen müssen, dass die in Rede stehende Maschine zum Zeitpunkt des Abtransports im September/Oktober 2016 noch gar nicht verschrottungsreif gewesen sei, sondern für weitere Produktionszwecke hätte zur Verfügung stehen können.

Zum Beweis für die Tatsache, dass die Maschine mit der Nr. 123 bei der neuen Arbeitgeberin des Klägers zu Produktionszwecken genutzt worden sei, beziehe sie sich auf das Zeugnis des O. sowie des St.. Der Kläger habe darüber auch die Mitarbeiter in ihrer Buchhaltung getäuscht, wie es dem Mailverkehr mit den betreffenden Personen zu entnehmen sei.

Sie war der Ansicht, die Anfechtungserklärungen seien wirksam. Eine arglistige Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB liege vor.

Die Kündigungen seien wirksam. Ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB sei gegeben. Der hilfsweise Ausspruch der ordentlichen Kündigung sei wegen verhaltensbedingter Gründe zu Recht erfolgt. Zur Einhaltung der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei darauf hinzuweisen, dass sich der Klärungsprozess über die wahren Vorgänge im Zusammenhang mit der Verschrottung der Maschinen wie auch die damit zusammenhängenden rechtlichen Würdigungen über einen Zeitraum vom 3. März 2019 mit der Übersendung der Lichtbilder mit der Maschinennummer und zur Weiternutzung der hier getroffenen Maschine in der Produktionsstätte der neuen Arbeitgeberin des Klägers bis in den April 2018 erstreckt habe. Erste Informationen zu der Nutzung der Maschinen der Firma J. GmbH & Co. KG. habe sie nicht vor dem 3. März 2018 gehabt.

Sie habe sodann durch Schreiben vom 16. April 2018 (Bl. 152 d. A.) vorsorglich den Betriebsrat zu der geplanten außerordentlichen Kündigung bzw. Anfechtung des Aufhebungsvertrages angehört. Der Betriebsrat habe der Kündigung ausdrücklich zugestimmt. Aus dem Wortlaut des Anhörungsschreibens („es ist davon auszugehen“) ergebe sich gerade, dass noch keine Sicherheit hinsichtlich des dargestellten Sachverhalts bestehe. Dies spreche gerade „nur“ für einen Verdacht hinsichtlich des aufgeführten Sachverhalts.

Herr J. sei am 17. April 2018 zu ihrem Prokuristen bestellt gewesen.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien vom 2./7. Februar 2017 durch die drei mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärten Anfechtungen oder aus anderen Gründen nicht nichtig ist, sondern rechtswirksam bestehen bleibt. Weiter hat es die Widerklage abgewiesen. Das Verfahren sei nicht nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 149 ZPO auszusetzen gewesen. Es sei bereits nicht ersichtlich, welche konkreten neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse die staatsanwaltlichen Ermittlungen ergeben sollten. Selbst wenn diese den weiteren Verbleib der Maschinen aufklären könnten, sei nicht damit zu rechnen, dass diese konkrete Erkenntnisse zu den Entscheidungsprozessen bei der Beklagten zu Tage fördern würden. Gegen eine Aussetzung spreche zudem der arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgrundsatz. Die Feststellungsklage sei zulässig, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liege hier in der Frage, ob die Parteien weiterhin durch einen wirksamen Aufhebungsvertrag verbunden seien, aus dem sich verschiedene Rechtsfolgen ergäben. Es sei auch keine Leistungsklage als Alternative denkbar. Die Feststellungsklage sei auch durch die (Leistungs-)Widerklage der Beklagten nicht unzulässig geworden, da die Feststellungsklage nicht lediglich die Negation des Rückzahlungsanspruchs bezüglich der Abfindung, sondern das gesamte Rechtsverhältnis Aufhebungsvertrag umfasse. Die Klage sei auch begründet, da der Aufhebungsvertrag nicht wirksam angefochten worden sei. Ein Anfechtungsgrund liege nicht vor. Weder der Vorwurf, der Kläger habe entscheidend für die Verschrottung der Maschinen bei der Beklagten gesorgt, noch der Umstand, dass eine der Maschinen bei der neuen Arbeitgeberin des Klägers genutzt worden sei, sei substantiiert dargelegt. Die Widerklage sei unbegründet. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 266 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 3. Dezember 2018 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 21. Dezember 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und mit am 28. Januar 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der Schriftsätze vom 24. Mai 2019 und 9. Juli 2019, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 305 ff., 364 ff., 407 f. d. A.), zusammengefasst geltend,

da die schlussendlich entscheidende Geschäftsführung nicht vollumfänglich in alle die jeweiligen Standorte betreffenden Besonderheiten und Prozesse involviert sein könne, liege es an dem jeweiligen Standortleiter, die federführenden Entscheidungen, welche die Entscheidung der Geschäftsleitung unter anderem über die Verschrottung einleiteten, zu treffen. Zu diesen Entscheidungen zählten unter anderem auch die Darlegung des Alters und der Arbeitsstunden der Maschine sowie damit einhergehend, die Feststellung der Verschrottungsreife. Sobald durch den jeweiligen Standortleiter die Maschine als verschrottungsreif deklariert werde, werde dies der Geschäftsleitung mitgeteilt, sodass diese im Vertrauen auf die Entscheidung des jeweiligen Standortleiters die Verschrottungsreife beschließe. Lediglich bei einem Veto durch einen anderen Mitarbeiter sei die Verschrottungsentscheidung des Klägers in Frage gestellt worden. Der COO S. sei nicht vorwiegend am Standort in P. präsent gewesen, sondern an circa 100 Tagen im Jahr an den asiatischen Standorten eingebunden und dort vor Ort gewesen. Unstreitig sei, dass die hier in Streit stehende Maschine durch die Firma S. GmbH abgeholt worden sei. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass die Geschäfte mit der Abholung der Maschinen abgeschlossen gewesen wären. Gerade das Auftauchen der Maschine beim neuen Arbeitgeber lasse andere Schlüsse zu. Zu ihren Gunsten spreche daher bereits der Anscheinsbeweis. Die Maschine sei durch die benannten Zeugen als die ehemalige Produktionsmaschine der Beklagten identifiziert worden. Die Maschine sei daher noch zu Produktionszwecken geeignet und daher nicht verschrottungsreif gewesen. Trotz Aufforderung habe durch den Kläger eine Bescheinigung über die Verschrottung nicht vorgelegt werden können. Er habe daher bewusst über die Verschrottungsreife der Maschine getäuscht, um diese an die Firma J. GmbH & Co. KG zur weiteren Produktion zu überlassen. Er habe ihr treuwidrig und vorsätzlich einen wirtschaftlichen Schaden zugefügt, da die Maschine auch bei ihr hätte weiter genutzt oder als produktionsfähig hätte weiterverkauft werden können. Die von ihr angebotenen Beweisvorbringen seien vom Arbeitsgericht nicht oder nur unvollständig zur Kenntnis genommen worden. Die Behauptung des Klägers, das Typenschild sei nachträglich angebracht worden, sei völlig lebensfremd.

Das Verfahren sei von dem Arbeitsgericht gemäß § 149 ZPO auszusetzen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des am 6. November 2018 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern (Auswärtige Kammern Pirmasens) Az. 4 Ca 208/18 die auf den Fortbestand des Aufhebungsvertrages vom 2./7. Februar 2017 und die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung abzielende Klage abzuweisen;

2. unter Abänderung des am 6. November 2018 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern (Auswärtige Kammern Pirmasens) Az. 4 Ca 208/18 entsprechend der Widerklage den Kläger und Berufungsbeklagten zu verurteilen, 160.793,40 € (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 25. März 2019 sowie des Schriftsatzes vom 3. Juli 2019, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 342 ff., 397 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Hinsichtlich der Entscheidung zur Verschrottungsreife habe die Beklagte nicht vorgetragen, was genau er wann gegenüber wem getan oder erklärt haben solle. Der damalige Geschäftsführer Sch. sei vorwiegend am Standort P. präsent gewesen, habe sein Büro an diesem Standort unweit seines Büros gehabt. Hier hätten kurze Informationswege bestanden, wodurch der Geschäftsführer Sch. nicht nur durch seine Anwesenheit, sondern auch durch seine Weisungsbefugnis vollinhaltlich über die Entscheidungen am Standort P. nicht nur informiert, sondern auch eingebunden gewesen sei. Herr Sch. sei täglich persönlich in den Produktionshallen gewesen und habe unabhängig davon die Aussonderung alter Maschinen schon lange im Vorfeld geplant und vorgesehen gehabt, um die Produktionseffizienz bei der Beklagten zu verbessern. Die Handlungen der verantwortlichen Bereichsleiter seien immer von Herrn Sch. initiiert und von ihm angeordnet gewesen. Die Beklagte trage weder substantiiert vor, dass die Abholung durch ihn verlasst worden sei und ihm zugerechnet werden könne, noch dazu, dass er den Abtransport zu der Firma J. GmbH & Co. KG veranlasst habe. Die Beklagte könne die bei der Firma J. GmbH & Co. KG zu Produktionszwecken eingesetzte Maschine nicht als ihre eigene identifizieren.

Die von der Beklagten vorgelegten, auf dem Betriebsgelände der Firma J. GmbH & Co. KG aufgenommenen Fotos hätten keinerlei Aussage- oder Beweiswert. Der Zeuge O. habe nicht nur gegen datenschutzrechtliche Regelungen, sondern darüber hinaus auch gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, unter anderem die unerlaubte Weitergabe von Betriebsgeheimnissen, verstoßen. Darüber hinaus könne das rechtswidrige Verschaffen von Beweismitteln nach der BAG-Rechtsprechung zu einem Sachvortrags- und/oder Beweisverwertungsverbot führen.

Es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen dem Sachverhalt aus dem Jahr 2016, den die Beklagte für eine arglistige Täuschung vortrage, und dem Abschluss des Aufhebungsvertrags im Jahr 2017.

Wirksame Anfechtungserklärungen lägen nicht vor. Die Anfechtungsfrist nach § 124 BGB sei nicht eingehalten.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 13. Februar 2019 (Bl. 410 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

I.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere streiten die Parteien mit den Klageanträgen zu 1, 3 und 5 über das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinn des § 256 Abs. 1 ZPO. Rechtsverhältnis in diesem Sinn ist eine bestimmte, aus dem Vorbringen des Klägers abgeleitete Rechtsbeziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem Gegenstand. Auch einzelne Rechte bzw. Pflichten sind feststellungsfähig. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken – so genannte Elementenfeststellungsklage (BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 16; 28. Mai 2014 – 5 AZR 794/12 – Rn. 18; jeweils mwN.).

Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., BAG 25. März 2015 – 5 AZR 874/12 – Rn. 14). Ein Feststellungsinteresse ist in Fall einer Elementenfeststellungsklage nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 16 mwN.). Das Feststellungsinteresse fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird, weil nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (BAG 23. März 2016 – 5 AZR 758/13 – Rn. 16 mwN.).

Die Parteien streiten vorliegend darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch den Aufhebungsvertrag vom 2./7. Februar 2017 beendet worden ist und an die Stelle des Arbeitsverhältnis die in diesem Aufhebungsvertrag geregelten Rechte und Pflichten der Parteien, so auf Zahlung einer Abfindung, auf Fortzahlung der Vergütung für die Zeit der Freistellung und auf Zeugniserteilung, getreten sind. Ein Feststellungsinteresse des Klägers ist insoweit gegeben, da die Beklagte behauptet, den Aufhebungsvertrag vom 2./7. Februar 2017 rechtswirksam angefochten zu haben. Durch die gerichtliche Entscheidung über die Rechtswirksamkeit des Aufhebungsvertrages bzw. der Wirkung der von der Beklagten erklärten Anfechtungen wird der Streit zwischen den Parteien insgesamt beseitigt. Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien kann so abschließend geklärt werden. Das Feststellungsinteresse des Klägers ist auch nicht mit Erhebung der Widerklage durch die Beklagte erloschen. Die Rechtswirkungen des Aufhebungsvertrages erschöpfen sich nicht darin, dass dieser den Rechtsgrund für die Zahlungen der Beklagten an den Kläger bildet. Dieser ist zugleich Beendigungstatbestand für das Arbeitsverhältnis, das zwischen den Parteien bestanden hat, mit den hieran anknüpfenden sozialrechtlichen Folgen. In dem Aufhebungsvertrag haben die Parteien weiter einen Anspruch des Klägers auf ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis mit der Führungs- und Leistungsbeurteilung „sehr gut“ tituliert (Ziffer 5 des Vergleichs) und eine umfassende Abgeltungsklausel (Ziffer 6 des Vergleichs) vereinbart.

2.

Die auf Zahlung gerichtete Widerklage ist mangels hinreichender Bestimmtheit im Sinn von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Ein auf die Rückzahlung überzahlter Vergütung gerichteter Antrag ist insgesamt nicht hinreichend bestimmt, wenn er nur auf den abgerechneten Bruttobetrag gerichtet ist und sich weder aus dem Antrag noch aus seiner Begründung ergibt, in welchem Umfang hierin Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung enthalten sind, es sei denn, die Einzugsstelle hat dem Arbeitnehmer diese Beträge bereits erstattet (BAG 9. April 2008 – 4 AZR 164/07 – Rn. 57; 19. Februar 2004 – 6 AZR 664/02 – unter I.2.b). Verlangt der Arbeitgeber die Rückzahlung geleisteter Bruttoarbeitsvergütung, schließt dies auch die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ein. Bei der Antragstellung hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge ist jedoch § 26 SGB IV zu beachten. Im Fall zu Unrecht entrichteter Beiträge erlangt der Arbeitnehmer nach § 26 Abs. 2 und 3 SGB IV einen Erstattungsanspruch, der in Bezug auf die von ihm getragenen Beiträge allein dem Arbeitnehmer zusteht. Der Arbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer deshalb nur einen Anspruch auf Abtretung dieses gegen den Sozialversicherungsträger gerichteten Anspruchs. Nur wenn die Abtretung nicht möglich ist, weil dem Arbeitnehmer von der Einzugsstelle die zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge bereits ausgezahlt wurden, hat der Arbeitnehmer den Wert des Anspruchs zu ersetzen. Lediglich in diesem Fall kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Zahlung verlangen (BAG 21. Januar 2015 – 10 AZR 84/14 – Rn. 16; 9. April 2008 – 4 AZR 164/07 – Rn. 57; 19. Februar 2004 – 6 AZR 664/02 – unter I.2.b).

Diesen Anforderungen wird der Zahlungsantrag der Beklagten nicht gerecht. In Bezug auf die ihrer Auffassung nach zu Unrecht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge verlangt die Beklagte nicht die Abtretung eines konkret bezifferten Erstattungsanspruchs des Klägers gegen die Sozialversicherung, sondern lediglich die Zahlung der geleisteten Bruttovergütung. Keine der Parteien hat behauptet, dass die Einzugsstelle dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge bereits ausgezahlt hat.

II.

Die Klage ist begründet. Der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien vom 2./7. Februar 2017 ist weder aufgrund der (ersten) mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärten Anfechtung noch aufgrund der (zweiten) mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärten Anfechtung noch aufgrund der (dritten) mit Schreiben vom 17. April 2018 erklärten Anfechtung oder aus anderen Gründen unwirksam, §§ 123 Abs. 1 Alt. 1, 142 BGB.

1.

Dabei kann dahin stehen, ob die ersten beiden Anfechtungserklärungen bereits deshalb unwirksam sind, weil der Kläger sie gemäß § 174 BGB unverzüglich zurückgewiesen hat.

2.

Ein Anfechtungsgrund liegt, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, nicht vor. Der Kläger hat die Beklagte bei Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 2./7. Februar 2017 nicht arglistig getäuscht, § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB.

a) Eine Täuschung nimmt vor, wer bewusst, das heißt vorsätzlich einen Irrtums durch das Vorspiegeln falscher oder Unterdrücken wahrer Tatsachen erregen oder aufrechterhalten will, um den Getäuschten vorsätzlich zur Abgabe einer bestimmten Willenserklärung zu veranlassen. Subjektiv ist bedingter Vorsatz bezüglich der Wahrheit unterdrückter Tatsachen sowie für die Veranlassung eines Irrtums erforderlich. Nicht erforderlich ist ein Schädigungsvorsatz sowie Vorsatz im Hinblick auf den Eintritt eines Vermögensschadens beim Getäuschten.

b) Der Kläger hat die Beklagte bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht durch das Vorspiegeln falscher Tatsachen getäuscht. Er hat aber auch nicht wahre Tatsachen unterdrückt, obwohl insoweit eine Offenbarungspflicht gegenüber der Beklagten bestanden hätte.

(1) Eine zur Anfechtung berechtigende arglistige Täuschung durch Unterlassung im Sinn des § 123 BGB begeht, wer bei Vertragsverhandlungen einen Umstand verschweigt, hinsichtlich dessen ihn gegenüber seinem Vertragspartner eine Aufklärungspflicht trifft (BAG 22. April 2004 – 2 AZR 281/03 – unter B.I.1.c.aa mwN.).

Sowohl das Ob als auch der Umfang einer Pflicht zum Reden (zwecks Aufklärung des Gegners) werden durch § 242 BGB bestimmt. Dafür sind unter anderem Art und Dauer des Geschäfts sowie Stellung und Fähigkeiten der Beteiligten beachtlich sowie dass bei Vertragsverhandlungen die Parteien in der Regel gegenläufige Interessen verfolgen und entsprechend auf eigenen Vorteil bedacht sind. Grundsätzlich hat jeder Vertragspartner selbst für die Wahrung seiner Interessen Sorge zu tragen (BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 339/00 – unter II.3; LAG Baden-Württemberg 16. Dezember 2009 – 2 Sa 49/09 – unter II.1). Deshalb besteht keine allgemeine Aufklärungspflicht über Umstände, die für den Entschluss des Gegners offenbar relevant sind. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalls und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung (st. Rspr.; BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 339/00 – unter II.3). Eine Rechtspflicht zur Aufklärung kann bei Vertragsverhandlungen auch ohne Nachfrage dann bestehen, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (BGH 11. August 2010 – XII ZR 192/08 – Rn. 22: 6. Oktober 1989 – V ZR 223/87 – unter I.2.a; jeweils mwN.). Davon wird insbesondere bei solchen Tatsachen ausgegangen, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können. Eine Tatsache von ausschlaggebender Bedeutung kann auch dann vorliegen, wenn sie geeignet ist, dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen (BGH 11. August 2010 – XII ZR 192/08 – Rn. 22). Die Aufklärung über eine solche Tatsache kann der Vertragspartner redlicherweise aber nur verlangen, wenn er im Rahmen seiner Eigenverantwortung nicht gehalten ist, sich selbst über diese Tatsache zu informieren (BGH 11. August 2010 – XII ZR 192/08 – Rn. 23 mwN.).

Offenbarungs- und Aufklärungspflichten können sich aus einem Vertrauensverhältnis zwischen den (Vertrags-)Partnern ergeben. In einem ungestörten Arbeitsverhältnis bestehen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wechselseitig Aufklärungs- und Unterrichtungspflichten. Etwas anderes gilt allerdings, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist und sich die Vertragspartner nicht mehr als Partner, sondern in der Position einer echten Gegnerschaft gegenüberstehen (LAG Baden-Württemberg 16. Dezember 2009 – 2 Sa 49/09 – unter II.1). Wenn der Arbeitgeber sich aus verhaltensbedingten Gründen vom Arbeitnehmer trennen wollte und aus diesem Grund die in den Abschluss des Aufhebungsvertrages mündenden Verhandlungen aufgenommen hat, kann eine „Täuschung“ durch das Verschweigen von Vorgängen nur dann angenommen werden, wenn diese besonders gravierend oder anderer Art sind.

(2) Die Darlegungs- und Beweislast für die zur Anfechtung berechtigenden Umstände trägt der Anfechtende (vgl. nur BAG 23. November 2006 – 8 AZR 349/06 – Rn. 27), hier die Beklagte.

Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden – hier des Klägers – hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner – hier die Beklagte – vorgetragen hat (st. Rspr., zum Beispiel BGH 3. Februar 1999 – VIII ZR 14/98 – unter II.2.b.aa; 11. Juni 1990 – II ZR 159/89 – unter I.2). In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des Darlegungspflichtigen das einfache Bestreiten des Gegners. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist. Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., zum Beispiel BGH 3. Februar 1999 – VIII ZR 14/98 – unter II.2.b.aa). Eine über diese anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende allgemeine Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei kennt die Zivilprozessordnung nicht (BGH 20. November 2003 – 8 AZR 580/02 – unter II.3.b; 11. Juni 1990 – II ZR 159/89 – unter I.1). Keine Partei ist – über die genannten Fälle hinaus – gehalten, dem Gegner für seinen Prozesssieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt (BGH 11. Juni 1990 – II ZR 159/89 – unter I.1). Eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Pflicht zur Auskunftserteilung besteht (auch) im Arbeitsverhältnis nicht (BAG 14. November 2012 – 10 AZR 783/11 – Rn. 62). Zu berücksichtigen ist auch, dass für den Zivilprozess ebenso wie für strafrechtliche oder vergleichbare Verfahren anerkannt ist, dass die Wahrheitspflicht der Partei dort ihre Grenze findet, wo sie gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihr begangene strafbare Handlung zu offenbaren (BVerfG 13. Januar 1981 – 1 BvR 116/77 – unter I.2.a).

Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Kläger den Vortrag der Beklagten jeweils in ausreichendem Umfang bestritten.

(3) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat diese nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Kläger es bei den Verhandlungen betreffend einen Aufhebungsvertrag und beim Abschluss des Aufhebungsvertrags mit Datum vom 2./7. Februar 2017 pflichtwidrig unterlassen hat, die Beklagte darüber in Kenntnis zu setzen, dass er die Verschrottung der noch produktionsfähigen Maschine A. Maschinen-Nr. 123 strategisch geplant, vorbereitet und in die Tat umgesetzt hätte. Er hat es ebenfalls nicht pflichtwidrig unterlassen, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass die in Rede stehende Maschine zum Zeitpunkt des Abtransports im September/Oktober 2016 noch gar nicht verschrottungsreif gewesen sei, sondern für weitere Produktionszwecke hätte zur Verfügung stehen können.

Die Beklagte hat nicht substantiiert einen Sachverhalt dargelegt, aus dem sich ein entsprechendes Vorgehen bzw. der Verdacht eines solchen Vorgehens ergibt.

(a) Die Beklagte hat bereits nicht substantiiert dargelegt, dass die Maschine A. Schneckenspritzgießmaschine Modell A. mit der Maschinen-Nr. 123 im Herbst 2016 nicht als verschrottungsreif angesehen werden konnte.

Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, welchen Begriff der „Verschrottungsreife“ sie zugrunde gelegt hat. Soweit sie sich darauf beschränkt hat, aus einem späteren – streitigen – Einsatz der Maschine abzuleiten, die Maschine sei noch zu Produktionszwecken geeignet gewesen und auch sie habe sie noch zu solchen einsetzen oder als produktionsfähig verkaufen sollen, ergibt sich hieraus allein nicht, dass die Maschine nicht „verschrottungsreif“ war.

Nach dem – insoweit von der Beklagten nicht im Einzelnen bestrittenen – Vortrag des Klägers waren die im Laufe des Jahres 2016 abgeholten und auf den Schrottplatz der Firma S. GmbH verbrachten Maschinen nicht mehr in der Produktion, sondern nur noch als Ersatzteillager eingesetzt. Die Maschine A. Schneckenspritzgießmaschine Modell A. mit der Maschinen-Nr. 123 wurde von der Beklagten unstreitig bereits im Jahr 1994 erworben. Nach dem nicht im Einzelnen bestrittenen Klägervortrag haben die mehr als 20 Jahre in der Produktion eingesetzten Maschinen mehr als 100.000 Arbeitsstunden und circa 14 Millionen Arbeitszyklen geleistet. Es gab keine Ersatzteile und keinen Reparaturservice mehr. Dass die Maschinen nicht mehr für die Massenproduktion genutzt werden konnten, hat auch die Beklagte indirekt bestätigt, indem sie vorgetragen hat, Herr Q. habe zumindest eine der drei vom Kläger zur Verschrottung vorgesehenen Maschinen unbedingt in dem von der Beklagten betriebenen Forschungs- und Entwicklungszentrum natürlich nicht für Zwecke der Massenproduktion, sondern zur Fertigung von Mustern und Versuchsspritzungen einsetzen wollen. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, hinsichtlich zwei der Maschinen habe sich der Kläger durchsetzen können mit dem Hinweis, dass es betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sei, diese Maschinen – gegebenenfalls nach einer mehr oder weniger aufwändigen Reparatur – weiter zu benutzen.

Unter Zugrundelegung dieses Begriffsverständnisses ergibt sich aus einem – streitigen – Einsatz der Maschine bei der Fa. J. allein nicht, dass diese aus Sicht des Betriebs der Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Modernisierung des Maschinenparks und der Produktionseffizienz nicht verschrottungsreif war.

Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagten entgegengetreten, indem er dargelegt hat, aus welchem Gründen die mehr als 20 Jahre alten Maschinen als verschrottungsreif eingestuft wurden. Zu einer noch weitergehenden Substantiierung seines Bestreitens war er nicht verpflichtet. Insbesondere wurde die Entscheidung über die Verschrottungsreife im Betrieb der Beklagten und letztentscheidend durch einen ehemaligen Geschäftsführer getroffen. Die Beklagte stand damit nicht außerhalb des Geschehensablaufs. Weitere ergänzende Angaben sind dem Kläger nicht zumutbar.

(b) Weiter hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger den COO Sch. über die Verschrottungsreife der Maschine getäuscht hat. Dabei kann dahinstehen, ob dieser damalige Geschäftsführer regelmäßig im Werk in P. anwesend war oder sich einen Großteil seiner Zeit an den asiatischen Standorten aufgehalten hat. Wie sich aus dem Beklagtenvortrag ergibt, hat der Kläger letztendlich nicht allein einen Entscheidungsvorschlag unterbreitet, der vom Geschäftsführer nur noch abgenickt worden wäre. Aus dem Vortrag der Beklagten hinsichtlich des Vetos des Herrn Q. und der ausgetauschten Argumente, insbesondere dem Hinweis des Klägers auf betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte ergibt sich vielmehr, dass gerade hinsichtlich der im Jahr 2016 verschrotteten Maschinen ein Meinungsaustausch vor der abschließenden Entscheidung des damaligen Geschäftsführers stattfand.

Auch insoweit waren dem Kläger weitere ergänzende Angaben nicht zumutbar, sein Bestreiten ist ausreichend.

(c) Die Erteilung eines Auftrags zur Verschrottung der Schneckenspritzgießmaschine mit der Maschinen-Nr. 123 hat die Beklagte nicht substantiiert nach Zeit und Ort vorgetragen.

Der Kläger hat und konnte diesen Vortrag mit Nicht-mehr-Wissen bestreiten. Zwar ist nach § 138 Abs. 4 ZPO eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlung der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Tatsachen, die eine Partei zu Zeitpunkt ihres Prozessvortrags nicht mehr weiß und auch nicht zumutbar durch Nachforschungen feststellen kann, darf sie jedoch mit „Nicht-mehr-Wissen“ bestreiten (BAG 20. August 2014 – 7 AZR 924/12 – Rn. 32; 13. November 2007 – 3 AZN 449/07 – Rn. 19). Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat plausibel gemacht, dass er sich an den konkreten Vorgang der Beauftragung der Fa. S. GmbH nicht mehr erinnern kann und ihm nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten keine Unterlagen zu diesem Vorgang mehr vorliegen. Dies ist nach der Lebenserfahrung auch nachvollziehbar. Bereits zum Zeitpunkt der Anfechtung des Aufhebungsvertrages lagen die Vorgänge um die Verschrottung der Maschinen im Jahr 2016 mehr als 1,5 Jahre zurück. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt der Anfechtungserklärungen hatte der Kläger keinerlei Veranlassung private Notizen zu dem Themenkomplex „Verschrottung von Maschinen“ anzufertigen und aufzubewahren.

Beweis dafür, dass gerade der Kläger den Auftrag zur Verschrottung der A. Schneckenspritzgießmaschine Modell A. Maschinen-Nr. 123 erteilt hat, hat die Beklagte nicht angeboten.

(d) Woraus sich ergeben soll, dass es sich bei einer der im Herbst 2016 von der Firma S. GmbH abtransportierten Maschinen um die Maschine mit der Maschinen-Nr. 123 gehandelt haben soll, hat die Beklagte ebenfalls nicht substantiiert dargelegt. Auf dem von der Beklagten zur Akte gereichten Foto (Bl. 142 d. A.) lässt sich lediglich erkennen, dass zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt mindestens eine Maschine von der Beklagten durch die Firma S. GmbH abtransportiert wurde. Über diesen insoweit unstreitigen Sachverhalt hinaus hat das vorgelegte Bild keine Aussagekraft. Mangels Aufnahmedatum kann nicht nachvollzogen werden, wann dieses Foto aufgenommen wurde. Ob es sich bei der abtransportierten Maschine um diejenige handelt, die – nach dem Vortrag der Beklagten – zu einem späteren Zeitpunkt bei der Firma J. GmbH & Co. KG eingesetzt wurde, lässt sich dem Foto nicht entnehmen. Dies gilt insbesondere, da es sich bei dieser Maschine nicht um eine Sonderanfertigung mit gut erkennbaren Merkmalen oder Farben handelt, sondern vielmehr um eine vielfach verkaufte Maschine, von der allein die Beklagte acht in ihrem Besitz hatte. Ein Typenschild, durch das die abtransportierte Maschine eindeutig identifiziert werden könnte, ist auf dem Foto nicht ablesbar.

Auch der Bestätigung der S. GmbH vom 18. Januar 2017 (Bl. 141 d. A.) lässt sich lediglich entnehmen, dass diese bei der Beklagten im Zeitraum September und Oktober 2016 zwei Maschinen abgeholt und verschrottet hat. Um welche Maschinen es sich gehandelt hat, insbesondere ob die Maschine mit der Maschinen-Nr. 123 abtransportiert wurde, ist in diesem Schreiben nicht angeführt.

Aus der von der Beklagten vorgelegten E-Mail-Korrespondenz vom 30. September 2016 mit Frau F. (Bl.149 f. d. A.) ergibt sich nichts hinsichtlich der Maschine mit der Maschinen-Nr. 123. Vielmehr beziehen sich die E-Mails der Mitarbeiterin F. zum einen auf eine SG-Maschine , zum anderen auf eine FEZ Maschine, das heißt auf eine Maschine des F.-Entwicklungs-Zentrums, für die nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers Herr Q. zuständig war.

Auch aus der Mail des Mitarbeiters W. vom 5. Oktober 2016 ergibt sich nur, dass sich diese auf eine „A. Maschine“ bezieht, die „letzte Woche“ abgeholt und verschrottet worden ist.

In Anbetracht der Einbindung des Rechnungswesens der Beklagten in die Vorgänge bei der Verschrottung der Maschinen stand diese nicht außerhalb des nunmehr von ihr darzulegenden Geschehensablaufs. Ergänzende Angaben sind dem Kläger daher nicht zuzumuten.

(e) Aus den von der Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Fotos (Bl. 143 ff. d. A.) lässt sich nicht entnehmen, ob es sich bei der im Betrieb der bei Firma J. GmbH & Co. KG befindlichen Maschine um die ehemalige Maschine der Beklagten mit der Maschinen-Nr. 123 handelt. Auf keinem der Fotos sind gleichzeitig das Typenschild und ein Hintergrund zu sehen, aus dem sich auf den Standort schließen ließe. Entnommen werden kann den Fotos lediglich, dass bei der Firma J. GmbH & Co. KG eine Maschine A.A. zum Einsatz kam.

Auf die Frage, ob der Verwertung der Fotos im vorliegenden Prozess wegen deren heimlicher Aufnahme in den Räumlichkeiten der Firma J. GmbH Co. KG ein Beweisverwertungsverbot entgegensteht, kommt es daher nicht an.

(f) Die Beklagte hat weiter nicht substantiiert Umstände dargelegt, aus denen geschlossen werden könnte, dass der Kläger das Verbringen der Maschine zur Firma J. GmbH & Co. KG im Hinblick auf einen beabsichtigten Wechsel seinerseits initiiert hat oder ihm dieses zumindest bekannt war. Gegen eine solche Annahme sprechen bereits die zeitlichen Abläufe. Die Verschrottung und der Abtransport der Maschine sollen nach dem streitigen Vortrag der Beklagten bereits im Zeitraum September und Oktober 2016 durchgeführt worden sein, also zu einem Zeitpunkt, als auch nach dem streitigen Vortrag der Beklagten die Verhandlungen der Parteien über einen Aufhebungsvertrag allenfalls in einem Anfangsstadium waren. Der Aufhebungsvertrag wurde von den Parteien jedoch erst am 2./7. Februar 2017 geschlossen, von der Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten hat der Kläger erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch gemacht. Nach dem – von der Beklagten nicht ausdrücklich bestrittenen – Vortrag des Klägers kam sein Kontakt zur Firma J. GmbH & Co. KG erst im April 2017 zustande.

Unklar bleibt auch, welche Vorteile sich der Kläger für spätere Vertragsverhandlungen mit der Firma J. GmbH & Co. KG durch die Überlassung einer mehr als 20 Jahre alten Maschine ohne Übernahme der Transportkosten der Fa. S. GmbH (800 bis 900 € allein für den Abtransport) hätte verschaffen wollen.

Der Kläger hat seine Beteiligung an dem von der Beklagten behaupteten Verbringen der Maschine mit der Maschinen-Nr. 123 zur Firma J. GmbH & Co. KG insgesamt bestritten. Ergänzende Angaben sind ihm zu diesem in weiten Teilen unsubstantiierten Vortrag der Beklagten nicht zuzumuten.

(g) Einer Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen O. und .S. zur Frage, ob die Maschine mit der Maschinen-Nr. 123 von der Firma J. GmbH & Co. KG eingesetzt wurde, bedurfte es angesichts des in weiten Teilen unsubstantiierten Vortrags der Beklagten nicht. Selbst wenn die Beweisaufnahme ergäbe, dass diese Maschine zu einem späteren Zeitpunkt bei der Firma J. GmbH & Co. KG eingesetzt worden wäre, hätte die Beklagte nach Auffassung der Kammer eine arglistige Täuschung durch den Kläger nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt.

3.

Das Verfahren war – wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat – nicht gemäß § 149 ZPO auszusetzen. Gemäß § 149 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, wenn sich im Laufe des Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens aussetzen. Der Zweck der Aussetzung besteht darin, die allgemein besseren Erkenntnismöglichkeiten des dem Untersuchungsgrundsatz folgenden Verfahrens nach der Strafprozessordnung dem Zivilprozess, der dem Verhandlungsgrundsatz folgt, zunutze zu machen. Die Anordnung steht im Ermessen des Gerichts. Für die Aussetzung nach § 149 ZPO genügt ein bloßer so genannter Anfangsverdacht nicht. Es müssen vielmehr zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinn von § 152 Abs. 2 StPO vorliegen. Der auf solchen tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende Verdacht muss sich für den zuständigen Richter bzw. Spruchkörper ergeben; die entsprechende Sichtweise nur einer der Parteien genügt nicht. Die Straftat braucht sich nicht erst im Laufe des (Arbeitsgerichts-)Prozesses ereignen. Erfasst ist auch der Fall, dass die Klage auf einem früheren Sachverhalt beruht.

Aus Sicht des Landesarbeitsgerichts besteht unter Zugrundelegung des Vortrags der Parteien bereits kein hinreichender Tatverdacht gegen den Kläger.

Außerdem liegt die Aussetzung des Verfahrens im Ermessen des Gerichts, das zwischen der besseren Erkenntnismöglichkeit des Strafverfahrens bzw. Vorteilen bei der Beweiserhebung und einer Verfahrensverzögerung abwägen muss (OLG Brandenburg 26. Januar 2010 – 12 W 62/09 – unter II). Eine Verfahrensaussetzung kommt im Wesentlichen nur in Betracht, wenn die Umstände, auf deren Feststellung es im Zivilverfahren ankommt, streitig sind und die bessere Aufklärung gerade dieser Umstände im Strafverfahren zu erwarten ist, so dass eine erneute Klärung im Zivilverfahren erspart wird (OLG Brandenburg 26. Januar 2010 – 12 W 62/09 – unter II; OLG Köln 3. März 2004 – 2 W 19/04 – unter II ; jeweils mwN.).

Dabei folgt aus § 149 Abs. 2 ZPO, dass die Aussetzung in der Regel unterblieben sollte, wenn damit zu rechnen ist, dass das Strafverfahren länger als ein Jahr dauern wird (OLG München 22. August 2017 – 13 W 1171/17 – Rn. 19; OLG Brandenburg 26. Januar 2010 – 12 W 62/09 – unter II mwN.; Zöller/Greger, 32. Aufl. 2018, § 149 Rn. 2). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte am 4. Juni 2018 Strafantrag gestellt, im Kammertermin zweiter Instanz am 10. Juli 2019, also nach mehr als einem Jahr lag noch kein Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft vor. Mit einer strafgerichtlichen Entscheidung ist daher nicht in absehbarer Zeit zu rechnen. Die Aussetzung nach § 149 ZPO dient nicht dazu, fehlende Erkenntnismöglichkeiten einer Partei auszugleichen (OLG Brandenburg 26. Januar 2010 – 12 W 62/09 – unter II).

4.

Die Hilfsanträge des Klägers auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlosen Kündigungen noch durch die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufgelöst wurden bzw. werden, sind nicht zur Entscheidung angefallen.

III.

Die Widerklage ist auch unbegründet. Da der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien von der Beklagten nicht erfolgreich angefochten worden ist, hat diese gegen den Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung der an diesen aufgrund des Aufhebungsvertrages gezahlten Beträge gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Die Widerklage war daher abzuweisen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

 

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