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Ausschlussfrist Arbeitsvertrag- Fälligkeit von Schadensersatzansprüchen

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – Az.: 9 Sa 51/16 – Urteil vom 16.12.2016

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 27. April 2016, Az. 1 Ca 223/15 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision für die Klägerin wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, ihrem ehemaligen Arbeitnehmer Schadensersatz wegen der pflichtwidrigen Herausgabe eines PKW an einen Kunden und dem dadurch verursachten Verlust dieses PKWs.

Der Beklagte war im Zeitraum vom 1.5.2014 bis zum 29.2.2016 in dem von der Klägerin betriebenen Autohaus als Verkäufer für PKW tätig.

Zwischen den Parteien besteht ein schriftlicher Arbeitsvertrag, in dem unter Ziffer 17.1 geregelt ist:

„Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ausgenommen Provisionsansprüche, verfallen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.“

Der Beklagte gab am 19.9.2014 an den Kunden B. ein Fahrzeug der Marke Audi A1 (Kaufpreis Euro 29.422,91) ohne vollständige Bezahlung bzw. Finanzierungszusage durch die Audi Bank heraus. Bis heute kam die Klägerin nicht wieder in den Besitz des Fahrzeuges noch wurde der Abzug einer Anzahlung noch der ausstehende Kaufpreis durch den „Kunden“ bezahlt.

Herr B. bestellte bei der Klägerin am 8.5.2014 ein Fahrzeug Audi A1. Da der Kunde B. den Kaufpreis über die Audi Bank finanzieren wollte, wurde eine Darlehensanfrage an die Audi Bank über die Klägerin weitergeleitet.

Die Audi Bank antwortete mit Schreiben vom 8.5.2014 (Anlage K3). Dort heißt es:

„…

Ihrem Kunden finanzieren wir gerne das Fahrzeug zu den nachfolgenden Konditionen:

(Einzelheiten der Finanzierung)

Zusätzlich gelten folgende Auflagen/Auszahlungsvoraussetzungen:

– Für den Kunden ist nur eine Finanzierung möglich (es liegen für diesen Kunden jedoch mehrere Kreditanfragen vor).

– …

– Durchführung einer vollständigen Identitätsfeststellung und Einreichung einer aktuellen Selbstauskunft.“

Für den Kunden B. gab es bei der Audi Bank einen weiteren Antrag auf Fahrzeugfinanzierung für einen VW Tuareg. Da dieser Darlehensvertrag zustande gekommen war, war die entsprechende Auflage für die Finanzierung des Audi A1 nicht erfüllt und der Darlehensvertrag für dieses Fahrzeug kam nicht zu Stande.

Am Freitag den 19.9.2014 kam der Kunde B. in das Autohaus der Klägerin und wollte das bestellte Fahrzeug Audi A1 abholen. Er leistete die Anzahlung von 9.000,00 € in bar und drängte auf eine sofortige Überlassung des Fahrzeuges, das er für das bevorstehende Wochenende benötigte. Der Beklagte überließ Herrn B. das voll betankte Fahrzeug mit der Vereinbarung, dass er es das anstehende Wochenende vorübergehend mitnehmen dürfe, sich aber selbst um eine Kurzzeit-Zulassung des Fahrzeugs kümmern müsse und das Fahrzeug am darauffolgenden Montag, 22.9.2014 wieder zum Autohaus zurückbringen müsse, damit das Fahrzeug durch das Landratsamt F. zugelassen werden könne.

Ob sich der Beklagte bezüglich dieses Vorgehens vorher die Zustimmung des Geschäftsführers der Beklagten einholte, ist zwischen den Parteien streitig.

Zudem wies der Beklagte Herrn B. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Darlehensgewährung durch die Audi Bank auch von der endgültigen Zulassung des Fahrzeuges abhänge. Der Kunde B. brachte das Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt zurück. Der Verbleib des Fahrzeugs ist – nachdem es zwischenzeitlich in Italien beschlagnahmt, aber dann wieder freigegeben worden war – ungeklärt.

Das Landratsamt verweigerte am 22.9.2014 die Zulassung des Fahrzeugs auf Herrn B. unter Hinweis auf Steuerschulden. Die Audi Bank zahlte das beantragte Darlehen an die Klägerin nicht aus. Der Restkaufpreis für das Fahrzeug wurde bis heute nicht bezahlt.

Die Klägerin erstattete im September 2014 Strafanzeige gegen Herrn B., dieser wurde am 30.10.2014 festgenommen und das Fahrzeug am 17.11.2014 durch italienische Behörden beschlagnahmt. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin standen danach in fortwährendem Kontakt mit den italienischen Behörden, um die Herausgabe des Fahrzeugs zu bewirken. Am 4.3.2015 hob das Landgericht F. den Haftbefehl durch Beschluss auf und im Anschluss daran hob das Amtsgericht F. die Beschlagnahme des Fahrzeugs auf Antrag der Staatsanwaltschaft F. auf, woraufhin die italienischen Behörden das Fahrzeug wieder an Herrn B. herausgaben.

In der Folgezeit seit Februar 2015 gab es eine umfangreiche Korrespondenz zwischen den Rechtsanwälten der Klägerin und den Rechtsanwälten von Herrn B. über die Kaufpreiszahlung. Mit Schreiben vom 23.2.2015 erklärte der italienische Rechtsanwalt von Herrn B., dass diesem nicht klar gewesen sei, eine Unterschlagung zu begehen und er den restlichen Kaufpreis nun zahlen wolle. Die Klägerin verhandelte daraufhin mit verschiedenen Rechtsanwälten über die Modalitäten der Kaufpreiszahlung. Auf die von der Klägerin vorgelegten Anlagen BK 9 bis BK 16 wird Bezug genommen. Am 2.4.2015 beauftragte die Klägerin auch noch eine Detektei, um die Wiederbeschaffung des Fahrzeugs abzusichern. Mit Schreiben vom 21.4.2015 teilte diese mit, dass die als Wohnanschrift von Herrn B. bekannte Adresse nicht als Wohnsitz existiere, sondern dort lediglich ein heruntergekommenes Gebäude stehe, das vorher möglicherweise als Bar genutzt worden sei. Am 30.4.2015 teilte sie mit, dass Herr B. nicht auffindbar sei, am 5.5.2015, auch nicht an der neu ermittelten Anschrift, welche der Detektei zur Verfügung gestellt worden sei.

Die Klägerin beauftragte daraufhin im Mai 2015 einen italienischen Anwalt, der vor Ort Kontakt mit Herrn B. bzw. dessen Anwälten aufnehmen sollte. Am 1.7.2015 teilte der Rechtsanwalt von Herrn B. dem italienischen Rechtsanwalt der Klägerin mit, dass zunächst das Strafverfahren in F. eingestellt werden müsse, damit über eine einvernehmliche Lösung weiterverhandelt werden könne. Der italienische Rechtsanwalt der Klägerin erhielt von den italienischen Behörden die Auskunft, dass Herr B. in A. bei R. gemeldet sei. Die Klägerin entwarf daraufhin Anfang August eine Klage gegen Herrn B., die sie auch am 12.8.2015 ins Italienische übersetzen ließ und am 20.8.2015 beim Landgericht F. anhängig machte.

Mit Schreiben vom 20.11.2015 forderte die Klägerin den Beklagten erstmals auf, ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben, was sie mit dem Vorwurf begründete, bei Auslieferung des Fahrzeugs habe der Beklagte Vertragspflichten verletzt.

Am 2.12.2015 teilte das Landgericht F. der Klägerin mit, dass die Zustellung der Klage gescheitert sei, weil Herr B. unter dieser Adresse nicht wohne und nicht aufzufinden sei. Am 29.12.2015 erhob die Klägerin die vorliegende Klage gegen den Beklagten, mit der sie Schadensersatz von ihm verlangt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils sowie auf die Sachverhaltsdarstellung in der Berufungsbegründung der Klägerin, die insoweit unstreitig ist, Bezug genommen.

Vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin vorgetragen, durch die Herausgabe des Audi A1 an den Kunden B. ohne vollständige Bezahlung des Kaufpreises bzw. Sicherstellung der für die Kreditauszahlung notwendigen Voraussetzungen habe der Beklagte schuldhaft seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt. Eine Zustimmung zu der vom Kläger praktizierten Vorgehensweise durch Herrn G1 oder Herrn G2 habe es nicht gegeben (bezüglich der Zusammensetzung des geltend gemachten Schadens wird auf Seite 4 des Urteils verwiesen).

Die Klägerin hat daher vor dem Arbeitsgericht beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 29.191,91 € nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2015 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, durch das Schreiben der Audi Bank vom 8.5.2014 sei die Finanzierung des Fahrzeugs gesichert gewesen, daher habe er auch bei seiner Rücksprache mit dem Geschäftsführer nichts davon berichtet, dass die Finanzierung doch nicht gesichert sei und der Geschäftsführer Herr G1 habe das Fahrzeug jedenfalls freigegeben. Im Übrigen stehe dem Schadensersatzanspruch die vertragliche Ausschlussklausel unter § 17.1 des Arbeitsvertrages entgegen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin sei durch Ablauf der Ausschlussfrist erloschen. Die erstmalige Geltendmachung des Schadensersatzanspruches mit Schreiben vom 20.11.2015 sei erst weit nach Ablauf der dreimonatigen vertraglichen Ausschlussfrist geschehen. Die Ausschlussfrist umfasse auch Schadensersatzansprüche, wie sich aus ihrem Wortlaut ergebe. Da die Klägerin spätestens zum Zeitpunkt der Strafanzeige im September 2014 in der Lage gewesen sei, die Ansprüche gegen den Beklagten so deutlich zu bezeichnen, dass der Beklagte als Schuldner habe erkennen können, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden solle, habe die Ausschlussfrist bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Schaden hier auch bereits entstanden. Das Fahrzeug habe sich nicht mehr im Besitz der Klägerin befunden. Die Versuche der Klägerin unter Zuhilfenahme staatlicher Strafverfolgungsorgane sowie durch Einschaltung eines Detektivbüros und eines italienischen Rechtsanwaltes seien Ausprägung der sie treffenden Schadensminderungspflicht. Die dreimonatige Ausschlussfrist habe somit spätestens am 31.12.2014 geendet. Der Anspruch der Beklagten sei daher verfallen.

Gegen das ihr am 12.5.2016 zugestellte Urteil legte die Klägerin fristgerecht am 8.6.2016 Berufung ein und begründete diese ebenso fristgerecht innerhalb der aufgrund fristgerechten Verlängerungsantrags vom 12.7.2016 bis zum 26.7.2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 26.7.2016.

Sie trägt zur Begründung vor, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht verfallen sei, denn der sei frühestens am 2.12.2015 entstanden. Erst nachdem die Klägerin darüber unterrichtet worden sei, dass die Herausgabeklage an Herrn B. nicht habe zugestellt werden können, sei für die Klägerin klar gewesen, dass ihr das Fahrzeug mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft entzogen sein würde. Die Verletzungshandlung des Beklagten durch die unberechtigte Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden B. sei zwar bereits am 19.9.2014 geschehen, habe jedoch zunächst nur zu einem Verlust des unmittelbaren Besitzes der Klägerin an dem Audi geführt. Diese sei davon ausgegangen, dass der Besitzverlust nur vorübergehend sei und habe deshalb die umfangreichen Wiederbeschaffungsmaßnahmen durchgeführt und dafür weitere Kosten aufgewandt. Ein zu ersetzender Vermögensschaden nach § 249 ff. BGB bestimme sich jedoch durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis hervorgerufenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne dieses Ereignis eingetreten wäre. Zwischen dem schadensauslösenden Ereignis, nämlich der Herausgabe des PKW an Herrn B. und dem Schadenseintritt sei zu differenzieren. Allein durch den Entzug des unmittelbaren Besitzes im September 2014 habe sich die Vermögenslage der Klägerin nicht verschlechtert. Es sei nicht klar gewesen, dass sie den Besitz an dem Fahrzeug dauerhaft verloren habe. Insbesondere werde das dadurch belegt, dass die Klägerin mit Herrn B. bzw. danach mit seinen Anwälten wegen der Herausgabe des Wagens in Kontakt gestanden habe. Eine Vermögensminderung habe die Klägerin erst dadurch erlitten, dass der dauerhafte Verlust des Fahrzeuges eingetreten sei und das habe sich für die Klägerin erstmals im Dezember 2015 ergeben. Bis dahin habe die Klägerin davon ausgehen können, dass ihr der Besitz nur vorübergehend entzogen worden sei. Das ergebe sich auch aus einer Vergleichsüberlegung: Hätte die Klägerin bereits, wie vom Arbeitsgericht angenommen, unmittelbar nach Eintritt des Besitzverlustes bzw. Erstattung der Strafanzeige eine Klage gegen den Beklagten erhoben, obwohl ein tatsächlicher Vermögensschaden zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht festgestanden habe, wäre eine solche Klage zu Recht abgewiesen worden. Das Arbeitsgericht trage mit seiner Anforderung an die Geltendmachung des Schadens zur unnötigen Beunruhigung, möglicherweise sogar zu nutzlosen und vermeidbaren Prozessen bei. Die Geltendmachung von Forderungen, die überhaupt noch nicht feststünden, sei auch im Hinblick auf den Zweck von Ausschlussfristen nicht notwendig, zumal hier der nur der Besitz entzogen worden sei. Der Anspruch sei daher nicht fällig gewesen im Sinne der Ausschlussfrist. Geltend gemacht werden könnten Schadensersatzansprüche, sobald der Gläubiger in der Lage sei, sich den erforderlichen Umfang ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und seine Forderungen wenigstens annähernd zu beziffern. So dürfe der Arbeitgeber grundsätzlich auch zunächst den Ausgang eines Strafverfahrens abwarten, bevor er zur Wahrung von Ausschlussfristen Ansprüche geltend machen müsse. Die Klägerin habe hier zügig die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen durch ihren permanenten Kontakt mit ihren italienischen Rechtsanwälten bzw. den italienischen Strafverfolgungsbehörden durchgeführt. Auf der Grundlage der Korrespondenz mit den Rechtsanwälten von Herrn B. sei zu hoffen gewesen, dass er den Kaufpreis für das Fahrzeug noch zahlen würde. Nachdem herausgefunden worden sei, dass Herr B. in A. bei R. gemeldet sei, habe für die Klägerin immer noch die Hoffnung bestanden, das Fahrzeug durch eine Klage zurückzuerhalten. Erst nachdem auch hier eine Zustellung nicht möglich gewesen sei, sei der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten fällig gewesen. Aus den Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses ergebe sich im Übrigen aus der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, dass der Arbeitgeber zunächst zumindest prüfen müsse, ob er eventuelle Ansprüche gegen seinen Arbeitnehmer abwenden könne, bevor er diesen auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Auch der Zweck der Ausschlussfristen verlange nicht, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer in Anspruch nehme, wenn noch gar nicht feststehe, ob der Schaden tatsächlich eintreten werde, nachdem hier lediglich ein Besitzentzug vorgelegen hat.

Die Klägerin beantragt daher: Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 27.4.2016, Az. 1 Ca 223/15 wird abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 29.191,61 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil als richtig und betont nochmals, dass er keinen Pflichtenverstoß im Arbeitsverhältnis begangen habe, da von der Audi Bank eine Finanzierungszusage vorgelegen habe. Er hätte sich darauf verlassen können, dass die Audi Bank ihn informiert hätte, wenn Herrn B. eine weitere Finanzierung gewährt worden wäre. Im Übrigen sei der Anspruch der Klägerin wegen der Ausschlussfrist verfristet. Am 22.9.2014 sei für die Klägerin klar gewesen, dass Herr B. das Fahrzeug abredewidrig nicht zurückbringt und dass die angegebene Anschrift von Herrn B. in P. dubios sei. Spätestens hier hätte der Klägerin klar sein müssen, dass sie das Fahrzeug mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder zurückerhalten werde. Spätestens durch die E-Mail Anlage BK 6 hätte die Klägerin erfahren, dass der italienische Anwalt von Herrn B. ernsthaft damit argumentiert habe, dieser habe nichts falsch gemacht, da er von der Klägerin oder dem Beklagten ja ermächtigt worden sei, das Auto mit nach Hause zu nehmen und zu Hause sei er ja in R.. Angesichts dieser Frechheit des italienischen Rechtsanwaltes habe die Klägerin davon ausgehen müssen, dass sie es nicht einmal mit nur halbwegs redlichen Gesprächspartnern zu tun habe. Spätestens jedoch als das Amtsgericht F. die Beschlagnahme des Fahrzeugs aufgehoben habe und dieses Herrn B. wieder ausgehändigt worden sei, habe der Zeuge Herr G1 in zutreffender Beurteilung der Sachlage zum Beklagten gesagt, dass die Klägerin das Fahrzeug nie wieder sehen werde. Allerspätestens sei die Verfristung am 12.11.2015, nämlich drei Monate nachdem sich die Klägerin entschlossen habe, Klage zu erheben, eingetreten. Die Klägerin habe jedenfalls in dem Zeitpunkt Kenntnis vom Schaden gehabt, indem sie sich entschlossen habe, diese Ansprüche gegen Herrn B. gerichtlich geltend zu machen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG an sich statthafte Berufung ist innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet und war daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass am 20.11.2015, als die Klägerin erstmals gegenüber dem Beklagten den Anspruch schriftlich geltend machte dieser bereits aufgrund der Ausschlussfrist unter Ziffer 17.1 des Arbeitsvertrages verfristet gewesen ist.

1. Dabei kann zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass der Beklagte überhaupt eine Vertragspflichtverletzung begangen hat. Eine solche ist jedenfalls, anders als vom Beklagten behauptet, nicht deswegen ausgeschlossen, weil er davon ausgehen durfte, die Finanzierung des Audi A 1 durch die Audi Bank sei gesichert. Aus dem Schreiben der Audi Bank ergibt sich im Gegenteil, dass hier eine zweite Finanzierungsanfrage durch Herrn B. vorlag, so dass vom Beklagten vorher zu klären gewesen wäre, ob die zweite Finanzierung zugesagt wurde und damit die angefragte Finanzierung hinfällig war. Eine Pflichtverletzung des Beklagten lag nur dann nicht vor, wenn er vor der Überlassung des Fahrzeuges an Herrn B. unter vollständiger Darstellung der Problematik des Sachverhaltes eine Erlaubnis eines zuständigen Vorgesetzten eingeholt hätte, so zu verfahren. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da ein Schadensersatzanspruch verfallen ist.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht unter I. 3. des Urteils die Ausschlussfrist dahingehend ausgelegt, dass sie auch Schadensersatzansprüche umfasst. Hiergegen sind auch keine Einwendungen erhoben worden.

3. Ebenso zutreffend geht das Arbeitsgericht im Ausgangspunkt davon aus, wann Schadensersatzansprüche gegen einen Arbeitnehmer fällig werden und damit der Lauf der Ausschlussfrist beginnt, die an eine Fälligkeit der Ansprüche anknüpft.

a) Die vertragliche Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit des Anspruchs zu laufen. Diese tritt bei Schadensersatzansprüchen ein, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist, also sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte erlangen können (BAG 16.5.2007 – 8 AZR 709/06; 30.10.2008 – 8 AZR 886/07, Rn. 23).

Geltend gemacht werden können Schadensersatzforderungen, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und seine Forderungen wenigstens annähernd beziffern kann. Der Schuldner muss erkennen können, aus welchem Sachverhalt und in welcher ungefähren Höhe er in Anspruch genommen werden soll (statt vieler BAG 30.10.2008 – 8 AZR 886/07 –, Rn. 24). Dagegen ist ein Schadensersatzanspruch nicht schon dann fällig im Sinne der Ausschlussklausel, wenn nur die Möglichkeit der Erhebung einer unbezifferten Feststellungsklage besteht, eine annähernde Bezifferung der Forderung aber noch nicht möglich ist.

b) Der Schadensersatzanspruch, den die Klägerin geltend macht, richtet sich auf den Schaden, der ihr durch den dauerhaften Entzug des Audi durch Herrn B. entstanden ist.

Dieser ist fällig, wenn bei objektiver Betrachtung mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass ihr der PKW dauerhaft entzogen ist und von Herrn B. nicht zurückgegeben werden oder der Restkaufpreis entrichtet wird.

Das war der Fall, als der Herr B. nach Wiedererlangung des Besitzes an dem Audi nicht ernsthaft bereit war, den restlichen Kaufpreis zu zahlen, spätestens jedoch mit dem Entschluss der Klägerin, nun eine Klage gegen Herrn B. zu erheben (12. August 2015).

aa) Nicht maßgeblich ist hingegen der Zeitpunkt der Schädigungshandlung oder der nicht erfolgten Rückgabe des PKW. Zu diesem Zeitpunkt war ein Schaden der Klägerin völlig ungewiss.

(1) Der Beklagte hat zwar bereits durch die – unterstellt – pflichtwidrige Herausgabe des Audi A 1 an Herrn B. das Besitzrecht und das Eigentumsrecht der Klägerin an dem PKW verletzt. Beides sind geschützte Rechtsgüter, wie sich aus § 823 Abs. 1 BGB ergibt, wobei der Besitz ein sonstiges Rechtsgut darstellt. Durch die Herausgabe hat der Beklagte es der Klägerin unmöglich gemacht, die ihr zustehenden Rechte als Besitzer und Eigentümer des PKW auszuüben. Zudem wurde der PKW durch die Herrn B. eingeräumte Nutzungsmöglichkeit in seinem Wert gemindert, weil er dadurch bereits eine bestimmte Laufleistung aufgewiesen hat.

Dabei ist zwischen der Pflichtverletzung durch den Beklagten, einer daraus resultierenden Rechtsgutverletzung und der Entstehung eines Schadens bei der Klägerin zu unterscheiden (BAG 14.12.2006, 8 AZR 628 / 05 Rn. 33). Die Herausgabe des Pkws durch den Beklagten an Herrn B. stellte zunächst „nur“ eine Pflichtwidrigkeit des Beklagten dar, die die Klägerin in ihrem Rechtsgut des Besitzes und des Eigentums verletzt hat. Damit steht aber noch nicht fest, dass ihr auch ein Schaden entstanden ist. Einen solchen Schaden, der bereits dadurch entstanden ist, dass der Beklagte den PKW pflichtwidrig an Herrn B. herausgegeben hat macht die Beklagte jedoch auch gar nicht geltend. Der wäre auch völlig offen, weil er seiner Höhe nach zum einen von der Laufleistung des Pkws, zum anderen auch von dem Zustand bei seiner eventuellen Rückgabe abhängt.

Aus dem Umstand, dass sich die Klägerin bemüht hat, den PKW zurückzuerhalten ergibt sich nicht, dass ihr bereits bei Herausgabe an Herrn B. ein Schaden in Höhe des Wertes des Pkws entstanden ist. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ergibt sich das auch nicht daraus, dass die Beklagte nach § 254 Abs. 2 S. 1 2. Alt. BGB (Schadensabwendungspflicht) gehalten war, entsprechende Bemühungen zu unternehmen. Die Schadensabwendungspflicht setzt gerade nicht voraus, dass schon ein Schaden entstanden ist (Münchener Kommentar BGB/Oetker, § 254 Rn. 68).

(2) Vielmehr ist der von der Beklagten geltend gemachte Schaden der Wert des PKW (abzüglich der Kaufpreisanzahlung), der ihr erst durch die dauerhafte Entziehung des PKW entstanden ist.

Dieser Schaden war für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht sicher feststellbar.

So weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt für sie der tatsächliche und endgültige Schaden auch nicht ansatzweise bezifferbar gewesen ist. Angesichts der Unklarheiten, ob Herr B. den PKW entweder noch zurückgeben werde oder es doch noch zu einer Übereignung Zug um Zug gegen Entrichtung des restlichen Kaufpreises kommen würde war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt völlig offen, ob der Klägerin überhaupt ein Schaden entstehen bzw. wie hoch dieser Schaden gegebenenfalls sein würde.

Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass der Schaden nach § 249 BGB grundsätzlich nach der Differenzhypothese zu bemessen ist, also ein Vergleich der Vermögensverhältnisse der Klägerin vor und nach der schädigenden Handlung vorzunehmen ist (dazu Münchener Kommentar BGB/Oetker, § 249 Rn. 16 ff.). Ein Vermögensschaden liegt danach (erst) vor, wenn der Geschädigte eine in Geld messbare Einbuße erlitten hat. Für den Fall, dass Herr B. den PKW absprachegemäß am Montag wieder zurück gegeben hätte und den restlichen Kaufpreis entrichtet hätte, wäre der Klägerin überhaupt kein Schaden entstanden. Hätte er den PKW zu einem späteren Zeitpunkt zwar zurückgegeben, wäre aber – angesichts seiner finanziellen Verhältnisse naheliegend – ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen bzw. die Klägerin von diesem zurückgetreten, würde der Schaden der Klägerin in der Wertminderung bestehen, die der PKW in der Zwischenzeit erlitten hatte, die die Klägerin jedoch mit der Anzahlung des Kaufpreises durch Herrn B. hätte verrechnen können.

bb) Maßgeblich ist für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden der Zeitpunkt, zu dem bei objektiver Betrachtung mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen war, dass ihr der PKW dauerhaft entzogen ist.

(1) Die Klägerin macht geltend, dass sie durch das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten dauerhaft in ihrem Eigentum an dem PKW verletzt worden ist.

Die Klägerin hat zwar nicht ihr Eigentum an dem PKW durch die Herausgabe an Herrn B. durch den Beklagten verloren, den ihm der PKW ist diesem nicht übereignet worden. Jedoch hat sie dauerhaft die Möglichkeiten, ihre Rechte als Eigentümer an diesem PKW, insbesondere den PKW anderweitig zu veräußern, verloren, wenn ihr dieser PKW dauerhaft entzogen wird. So stellt auch die tatsächliche dauerhafte Entziehung des Eigentums (Palandt/Sprau, BGB § 823 Rn. 7) eine Verletzungshandlung im Sinne von § 823 BGB dar. Weil der PKW als Sache einen bestimmten wirtschaftlichen Wert hat und ihr bei einer dauerhaften Entziehung dieser Sache dieser wirtschaftliche Wert nicht mehr zusteht, ist der Klägerin jedenfalls in Höhe des Wertes der Sache ein Schaden entstanden.

(2) Dieser Schaden wegen dauerhafter Entziehung des Pkws ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dann fällig, wenn der Klägerin die ungefähre Bezifferung des Schadens möglich ist. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles bestehen nun darin, dass nicht der wirtschaftliche Wert des Pkws an sich unklar ist, sondern die Frage, ob eine dauerhafte Entziehung des Pkws tatsächlich eintritt und ab wann diese anzunehmen ist.

In sinngemäßer Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist das dann der Fall, wenn bei objektiver Betrachtung mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Klägerin der PKW dauerhaft entzogen ist und von Herrn B. nicht zurückgegeben werden wird.

(3) Das ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Eine Gewissheit, dass die Klägerin den PKW nicht zurückerhalten wird, gibt es nicht oder erst nach vielen Jahren, wenn mit der Existenz des Pkws nicht mehr gerechnet werden kann. Zumindest theoretisch ist denkbar, dass dieser vorher doch noch aufgefunden wird oder, dass der (wohl noch unwahrscheinlichere Fall) eintritt, dass sich Herr B. läutert und eines Besseren besinnt. Daher kann eine Gewissheit darüber, dass die Klägerin den PKW nicht zurückerhalten wird, für die Fälligkeit des Anspruchs im Sinne der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist nicht verlangt werden.

Umgekehrt genügt genauso wenig die bloße Möglichkeit eines Schadenseintrittes, die jedenfalls schon bestand, als Herr B. den PKW nicht wie vereinbart am Montag zurückbrachte. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass ein Arbeitgeber dann gezwungen wäre, gegenüber seinem Arbeitnehmer den Anspruch sofort geltend zu machen und insbesondere bei zweistufigen Ausschlussfristen auch bereits zu einem Zeitpunkt eine Klage gegen ihn zu erheben, zu dem noch gar nicht feststeht, ob ein Schaden durch den dauerhaften Entzug des Pkws in Höhe dessen Wertes eintreten wird. Dies würde zu einer unnützen, gegebenenfalls auch kostenträchtigen Belastung des Arbeitsverhältnisses führen (BAG 16.3.1965,1 AZR 411/64).

Ebenso weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass aufgrund der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB sie zunächst gehalten ist, eine Schadensentstehung durch eigene Bemühungen zu vermeiden, indem sie die ihr zumutbaren Maßnahmen unternimmt, den PKW zurückzuerhalten.

Dasselbe ergibt sich aus § 254 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. BGB (Schadensabwendungspflicht). Die Schadensabwendungspflicht setzt gerade nicht voraus, dass schon ein Schaden entstanden ist (Münchener Kommentar BGB/Oetker, § 254 Rn. 68).

Auf der anderen Seite steht es im Widerspruch zum Zweck von Ausschlussfristen im Arbeitsverhältnis, über einen langen Zeitraum hinweg den Vertragspartner im Ungewissen darüber zu lassen, ob noch mit der Geltendmachung von weiteren Ansprüchen zu rechnen ist. Je mehr Zeit verstreicht, desto gewichtiger müssen die Argumente des Gläubigers sein, warum er seinen Anspruch immer noch nicht hat geltend machen können. Im Hinblick darauf, dass es für die Klägerin ein leichtes war, den Wertes des Audi A1 zu beziffern genügt es nicht, dass sie die bloße Hoffnung gehabt hat, den PKW doch noch zurückzuerhalten.

In diesem Spannungsfeld, einerseits den Arbeitgeber nicht zu einer vorschnellen Geltendmachung, gegebenenfalls sogar Klageerhebung gegen seinen Arbeitnehmer zu zwingen, andererseits aber auch dem Arbeitnehmer zu einem zumutbaren Zeitpunkt Gewissheit darüber zu verschaffen, ob er nun mit einer schadensersatzrechtlichen Inanspruchnahme durch seinen Arbeitgeber rechnen muss, ist ein angemessener Ausgleich zu schaffen. Ein solcher angemessener Ausgleich besteht darin, die den Lauf der Ausschlussfrist auslösende Fälligkeit des Schadensersatzanspruches dann anzunehmen, wenn der Geschädigte bei objektiver Betrachtung einen Schadenseintritt für überwiegend wahrscheinlich halten darf und muss. Dabei mag dem Geschädigten ein gewisser Beurteilungsspielraum zustehen.

Dies liegt nahe, wenn man die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 30.10.2008, 8 AZR 886/07, Rn. 24) sinngemäß heranzieht.

Danach soll der Gläubiger der Schadensersatzforderung einerseits nicht gezwungen werden, ohne belastbare Kenntnisse der Schadenshöhe solche Ansprüche geltend machen zu müssen, andererseits aber auch nicht Geltendmachung verzögern, weil er gehalten ist, entsprechende Ermittlungen ohne schuldhaftes Zögern durchzuführen. Darin kommt der Ausgleich der Interessen zwischen Geschädigtem und Schädiger bezüglich des Beginns von Ausschlussfristen zum Ausdruck, einerseits dem Geschädigten ausreichend Zeit zu geben, sich einen Überblick über den Schaden – im vorliegenden Fall darüber, ob überhaupt ein Schaden eingetreten ist – zu verschaffen, andererseits aber die Geltendmachung nicht unangemessen hinauszuzögern. Der Hinweis der Klägerin, die Rechtsprechung lasse zu, dass der Arbeitgeber sogar den Ausgang eines Strafverfahrens abwartet, daher müsse es der Klägerin auch gestattet sein, zunächst einen Zivilprozess gegen den Schädiger zu führen, um einen Schaden abzuwenden trägt nicht. Der Arbeitgeber darf nur dann das Strafverfahren abwarten, wenn von diesem eine weitere Aufklärung des streitigen Sachverhalts zu erwarten ist. Das kommt vor allem bei fortgesetzten Vermögensdelikten in Betracht, in denen umfangreiche Ermittlungen über den Tathergang anzustellen sind. Dagegen wird bei geringfügigen und leicht überschaubaren strafbaren Handlungen eine Schadenersatzforderung schon dann fällig, wenn der Gläubiger die Straftat und den daraus erwachsenden Schaden kennt; der Geschädigte darf das Strafverfahren nicht dazu ausnutzen, die schriftliche Geltendmachung zu verzögern (BAG 26.5.1981 – 3 AZR 269/78 – Rn. 27, juris).

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin bereits ein Strafverfahren eingeleitet, das jedoch aus hier nicht zu vertiefenden Umständen nicht dazu geführt hat, den Schaden zu verhindern, weil der zunächst beschlagnahmte PKW wieder an Herrn B. herausgegeben worden ist.

(4) Zu dem selben Ergebnis führt auch die Anwendung von §§ 305 ff BGB. Bei der vertraglichen Ausschlussfrist handelt es sich nach ihrem äußeren Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB.

Der von der Klägerin als der Verwenderin dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Begriff der „Fälligkeit“ der Ansprüche ist auch unter Beachtung der Auslegungsregeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind so auszulegen, wie sie von den beteiligten Verkehrskreisen nach Treu und Glauben redlicherweise verstanden werden dürfen. Der Begriff der Fälligkeit eines Schadensersatzanspruches bei einem Sachverhalt, bei dem das „Ob“ der Schadensentstehung unklar ist, ist im Hinblick auf das oben dargestellte Spannungsverhältnis zwischen der erforderlichen Schaffung von Klarheit für den Arbeitnehmer aber auch der Vermeidung von überflüssigen Geltendmachungen oder Rechtsstreitigkeiten in dem so verstandenen Sinne auszulegen. Für die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB bleibt kein Raum, da alle übrigen Auslegungsansätze nicht mit dem Zweck von Ausschlussfristen in Einklang zu bringen sind und von verständigen Vertragspartnern daher auch nicht als ernsthafte Auslegungsmöglichkeiten in Betracht gezogen würden.

(5) Ausgehend von diesen Grundsätzen konnte die Klägerin spätestens als sie sich entschlossen hatte, eine Herausgabeklage gegen Herrn B. zu erheben bei objektiver Betrachtung nicht davon ausgehen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der dauerhafte Verlust des PKW dadurch vermieden werden konnte.

Das ergibt sich aus den Gesamtumständen des vorliegenden Falles. Maßgeblich ist dabei insbesondere Folgendes:

(5.1) Herrn B. war spätestens nach Stellung der Strafanzeige durch die Klägerin und der Beschlagnahme des Audi A1 durch die italienischen Behörden klar, dass sein Verhalten, den PKW nicht wie vereinbart zurückzugeben strafrechtlich relevant war. Gleichwohl hat der das abgestritten und behauptet, er sei berechtigt gewesen, das Auto mit nach Hause – und damit meinte er R. – zu nehmen (vergleiche Anlage BK 6 bis BK 8 und BK 11), was den mit ihm getroffenen Vereinbarungen diametral widerspricht. Insbesondere hat der italienische Prozessbevollmächtigte zur Bedingung gemacht, dass vor einer Zahlung des Kaufpreises der Haftbefehl aufgehoben werde (Anlage BK 6). Die Ernsthaftigkeit des Angebots von Herrn B., den restlichen Kaufpreis tatsächlich zu zahlen war bereits angesichts dieser Unverfrorenheit von Herrn B. bereits fraglich.

Wenn jemand sich in dieser Weise grob absprachewidrig verhält, jedes strafrechtliche Fehlverhalten von sich weist mit dubioser Begründung (mit nach Hause nehmen bedeutet R., weil das der Wohnort von Herrn B. sei) und die Wiedergutmachung des Schadens davon abhängig machen will, dass ein Haftbefehl aufgehoben wird und darüber hinaus jedenfalls nach der in Augenscheinnahme der P. Wohnadresse des Herrn B. klar ist, dass es sich bei ihm um einen dubiosen Kunden handelt, der hier offensichtlich nur eine Scheinadresse unterhält, sprechen bereits zu diesem Zeitpunkt die Fakten dafür, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Klägerin den PKW oder wenigstens den restlichen Kaufpreis erhält und ihr deswegen doch kein Schaden entsteht.

(5.2) Spätestens nachdem die E-Mail vom 13.3.2015 an den Rechtsanwalt des Klägers Herrn N. (Anlage BK 14) erfolglos geblieben war, und die Anwälte der Klägerin selbst zu der Auffassung gelangt waren, „es wird immer toller!“ (Anlage BK 15), war bei objektiver Betrachtung die Wahrscheinlichkeit, den PKW oder wenigstens den Kaufpreis zurückzuerhalten, in den Bereich des Unwahrscheinlichen abgeglitten.

(5.3) Als dann auch noch die von der Klägerin eingeschaltete Detektei den angegebenen Wohnsitz Herrn B. als Bruchbude enttarnte und zu dem Ergebnis kam, dass Herr B. auch unter einer weiteren angegebenen Anschrift nicht auffindbar sei, war es – auch angesichts der bisherigen Ereignisse – mehr als naheliegend, dass die Klägerin einem Gauner aufgesessen war. Der bloße Umstand, dass Herr B. noch einen Anwalt hatte, der seine abstrusen Vorstellungen gegenüber der Klägerin kommuniziert hat änderte daran nichts. Auch Kriminelle haben Anwälte, so dass das Argument der Klägerin, allein der Umstand, Herr B. sei ja anwaltlich vertreten gewesen nicht die Hoffnung auf den Nichteintritt des Schadens begründen konnte.

(5.4) Der Entschluss der Klägerin, wie er in der E-Mail vom 7. Juli 2015 (Anlage BK 22) zum Ausdruck kommt, nunmehr eine Klage zu erheben bringt zum Ausdruck, dass auch die Klägerin nunmehr jede Hoffnung aufgegeben hatte, dass Herr B. dieses Fahrzeug jemals freiwillig herausgeben werde. Selbst wenn man zu den vorherigen Zeitpunkten noch davon ausgehen will, es habe noch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass das Fahrzeug von Herrn B. herausgegeben oder der Restkaufpreis bezahlt werde, war der Klägerin spätestens jetzt klar, dass das nicht der Fall sein wird. Allein die Möglichkeit, über eine nunmehr von der Klägerin herangezogene Wohnsitzmeldung von Herrn B. in A. bei R. eine Klage zuzustellen, vermag eine überwiegende Wahrscheinlichkeit hiermit tatsächlich erfolgreich zu sein angesichts der vorherigen Geschehnisse nicht zu begründen.

Unter den konkreten Umständen war der Klägerin vor Beginn der Ausschlussfrist die Möglichkeit einer Klageerhebung nicht mehr einzuräumen, um die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten hinauszuzögern. Ihr müsste dann aber auch konsequenterweise zugebilligt werden, den Ausgang des Zivilverfahrens und der notwendigen Vollstreckungsmaßnahmen (in Italien) abzuwarten, was zu einem ganz erheblichen Hinausschieben der Fälligkeit des Schadensersatzanspruches führen würde. Damit würde der Beklagte aber in einer mit der Ausschlussfrist nicht zu vereinbarenden Weise über einen erheblichen Zeitraum hinweg im Unklaren gelassen, ob er noch mit Schadensersatzansprüchen rechnen muss.

Im Übrigen ist der Klägerin vorzuhalten, dass sie den Weg der Klageerhebung nicht bereits früher gewählt hat. Aus der E-Mail vom 7. Juli 2015 (Anlage BK 22) ergibt sich, dass die Anschrift des Herrn B., unter der nunmehr die Klage zugestellt werden sollte der Klägerin bereits länger bekannt gewesen ist, weil es die Anschrift war, die Herr B. auch in dem Darlehensvertrag angegeben hat. Mit der Anforderung, ohne schuldhaftes Zögern die Ermittlung des Schadens zu betreiben lässt sich das nicht vereinbaren.

(5.5) Sollte im Übrigen zutreffen was der Beklagte (auf Seite 4 oben seiner Berufungserwiderung – von der Klägerin unbestritten) vorträgt, dass nämlich der Geschäftsführer der Beklagten, nachdem die Beschlagnahme des Fahrzeugs aufgehoben und der Wagen an Herrn B. herausgegeben worden sei gesagt habe, dass die Klägerin das Fahrzeug nie wieder sehen werde, weil es mit Sicherheit in alle Einzelteile zerlegt und verschoben worden sei, dann zeigt das, dass die Klägerin selbst spätestens in diesem Zeitpunkt im Frühjahr 2015 davon ausgegangen ist, dass der Schaden in der dauerhaften Entziehung des PKW und damit seines dauerhaften Verlustes besteht.

cc) Daher ist die Fälligkeit des Schadensersatzanspruches „allerspätestens“ mit der Erkenntnis der Klägerin, gegen Herrn B. nunmehr klageweise vorgehen zu müssen entstanden. Das wiederum war spätestens der Fall, als sich die Klägerin entschloss, eine entsprechende Klage unter Inkaufnahme der Kosten vorzubereiten und ins Italienische übersetzen zu lassen, also am 12.8.2015. Auf die Einreichung der Klage beim Landgericht kam es nicht an, da dieser Zeitpunkt nicht maßgeblich ist für die Beurteilung, ob der PKW herausgegeben oder der Restkaufpreis durch Herrn B. gezahlt werden wird.

Die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs gegen den Beklagten am 20.11.2015 erfolgte erst nach Ablauf der Ausschlussfrist.

Aus diesem Grunde hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war zurückzuweisen.

III.

Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

Die Revision war für die Klägerin wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

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