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Betriebsratstätigkeit – Behinderung durch Arbeitgeber

ArbG Gelsenkirchen – Az.: 5 BV 19/16 – Beschluss vom 30.08.2016

1. Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, den Antragsteller von einer Mitarbeiterversammlung mit der Behauptung auszuschließen, dass allein organisatorische Belange der Pflege erörtert werden, wie am 16.04.2015 geschehen.

2. Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben, die Ausübung fortlaufenden Überwachungsdrucks durch dauerhafte Begleitung der Betriebsratsmitglieder I, Z und L während kompletter Arbeitsschichten zum Zweck der Fehlerkontrolle, wie unter dem 01.12., 02.12.2015, 13.01.2016 und 02.06.2016 erfolgt, zu unterlassen.

3. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über Unterlassungsansprüche des Betriebsrates wegen Störung der Betriebsratstätigkeit durch die Arbeitgeberin, im Einzelnen den Zugang zu Mitarbeiterversammlungen, den Zugang zu dem Betriebsgrundstück, Weitergabe von internen Informationen durch Mitarbeiter des Betriebes an den Betriebsrat und Beaufsichtigung von Betriebsratsmitgliedern während ihrer Dienste.

Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Die Arbeitgeberin) betreibt in H eine Wohn- und Pflegeeinrichtung für Senioren mit durchschnittlich 55 Arbeitnehmern.

Der Antragsteller ist der für die Einrichtung gebildete 5-köpfige Betriebsrat (im Folgenden: Betriebsrat).

Die Betriebsparteien als auch die einzelnen Betriebsratsmitglieder sind durch eine Mehrzahl von Beschlussverfahren und individueller Rechtsstreitigkeiten miteinander verbunden.

In dem Verfahren 3 BV 5/15 beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung, außerordentlichen Kündigung mit sozialler Auslauffrist des Betriebsratsvorsitzenden I zu ersetzen. Die Anträge wurden unter dem 26.11.2015 zurückgewiesen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

In einem weiteren Verfahren 3 BV 9/15 beantragte die Arbeitgeberin erneut die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden I bzw. außerordentlichen Kündigung mit sozialer auslauffrist zu ersetzen. Diese Anträge wurden unter dem 19.08.2015 zurückgewiesen.

In dem Verfahren 4 BV 6/15 beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung bzw. außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Z zu ersetzen. Diese Anträge wurden unter dem 11.01.2016 zurückgewiesen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Im Zuge der mündlichen Anhörung führten die Beteiligten Vergleichsgespräche mit dem Inhalt der Auflösung der Arbeitsverhältnisse gegen Zahlung einer Abfindung.

Nach dem Scheitern der Vergleichsgespräche erklärten die Vertreter der Arbeitgeberin die Zusammenarbeit und die beabsichtigte Fortsetzung der Gespräche an einem runden Tisch zwischen den Betriebsparteien für beendet.

Die Arbeitgeberin stellten den Betriebsratsvorsitzenden I einseitig in der Zeit vom 01.04.2015 bis zum 30.11.2015 von der Erbringung der Arbeitsleistung frei.

Unter dem 19.05.2015 erteilte die Arbeitgeberin dem Betriebsratsvorsitzenden I ein Hausverbot. In dem Verfahren gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 3 BVGa 3/15 verständigten sich die Betriebsparteien auf ein Zutrittsrecht des Betriebsratsvorsitzenden I zu den Betriebsräumen der Arbeitgeberin. Zur der Durchsetzung des Vergleiches wurde der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld angedroht.

In dem Hauptsacheverfahren 3 BV 23/15 stellte das Arbeitsgericht Gelsenkirchen durch Beschluss vom 21.10.2015 die Unwirksamkeit des Hausverbotes fest.

In dem Verfahren 3 BV 22/15 beantragte die Arbeitgeberin den Betriebsratsvorsitzenden I aus dem Betriebsrat auszuschließen. Unter dem 16.09.2015 wies das Arbeitsgericht Gelsenkirchen diesen Antrag zurück.

In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 3 BVGa 5/15 wies das Arbeitsgericht Gelsenkirchen unter dem 10.06.2015 den Antrag der Arbeitgeberin auf vorläufigen Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden I aus dem Betriebsrat zurück.

Im Rahmen dieses einstweiligen Verfügungsverfahrens vernahm das Arbeitsgericht Gelsenkirchen die Zeuginnen X, X1, M und L1.

Am 16.04.2015 berief die Arbeitgeberin eine Mitarbeiterversammlung ein. Die Regionaldirektorin T der Arbeitgeberin verwies den Betriebsratsvorsitzenden I und seine Stellvertreterin Z des Raumes. Während der Mitarbeiterversammlung waren darüber hinaus noch die Betriebsratsmitglieder X2 und L anwesend.

In der Mitgliederversammlung erörterte die Regionaldirektorin T der Arbeitgeberin den hohen Krankenstand und die Vertretungssituation in der Einrichtung. In ihren Erörterungen differenzierte die Regionaldirektorin T der Arbeitgeberin zwischen den Mitarbeitern, die mit ihrer Zusammenarbeit die Leitung der Einrichtung unterstützen und solchen, die eine solche Zusammenarbeit ablehnten.

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 3 BVGa 3/15 begehrte der Betriebsratsvorsitzende I den Zutritt den Betriebsräumen der Arbeitgeberin und die Unterlassung jeglicher Behinderung bei Zutritt und dem Aufenthalt, soweit sie im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit stehen.

Im Rahmen einer eidesstaatlichen Versicherung zu dem Verfahren 3 BVGa 3/15 erklärte die Regionaldirektorin T der Beklagten, dass Gegenstand der Mitarbeiterversammlung organisatorische Belange der Arbeitsabläufe bzgl. der Pflege der Bewohner gewesen sei. Weiter erklärte die Regionaldirektorin T in der eidesstattlichen Versicherung, dass sie dem Betriebsratsvorsitzenden I und seiner Stellvertreterin Z gegenüber erklärt habe, dass in der Mitarbeiterversammlung lediglich Angelegenheiten besprochen werden sollten, die die derzeit in der Einrichtung aktiv tätigen Mitarbeiter beträfen. Es würden keinerlei Angelegenheiten besprochen, die im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit stünden bzw. bzgl. derer der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hätte.

Im Rahmen einer vergleichsweisen Regelung des einstweiligen Verfügungsverfahrens verständigten sich der Betriebsratsvorsitzende I und die Arbeitgeberin in einem gerichtlichen Vergleich darauf, dass der Betriebsratsvorsitzende ungehinderten Zugang zum Betrieb und zu Mitarbeiterversammlungen habe. Zugleich wurde eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung der Arbeitgeberin tituliert. Diese vergleichsweise Regelung trafen der Betriebsratsvorsitzenden I und die Abreitgeberin auch in dem entsprechenden Hauptsacheverfahren.

Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Z verständigte sich mit der Arbeitgeberin in dem Verfahren 4 BVGa 4/15 auf eine vergleichsweise Regelung, die das Zutrittsrecht der stellvertreten Betriebsratsvorsitzenden insbesondere zu Mitgliederversammlungen feststellte.

Eine weitere Mitarbeiterversammlung hielt die Arbeitgeberin bisher nicht ab.

Informationen über Betriebsabläufe erhielt der Betriebsrat von der Mitarbeiterin L2 und dem Zeugen T1.

Die Zeugin L2 nahm Nacktfotos einer Bewohnerin auf und leitete diese an den Betriebsrat weiter. Die Arbeitgeberin kündigte die Mitarbeiterin L2 fristlos und erstattete Strafanzeige.

Der Zeuge T1 ist Mitarbeiter der Firma S GmbH und war als Haustechniker in dem Seniorenzentrum in H eingesetzt. Der Zeuge T1 informierte den Betriebsrat über die Fehlerhaftigkeit der Hausnotrufanlage. Die Arbeitgeberin forderte die S GmbH auf, den Zeugen T1 nicht mehr in der Einrichtung in H einzusetzen.

Unter dem 26.08.2015 beanstandete die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat schriftlich die Art und Weise der Informationsbeschaffung.

Am 28.08.2015 forderte die Einrichtungsleiterin X die Mitarbeiter und Zeugen T2, C, B, L3, B1, F und T4 auf, eine schriftliche Verpflichtungserklärung zu unterschreiben, in der strafrechtliche und arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht waren für den Fall, dass dem Betriebsrat Informationen zu innerbetrieblichen Vorgängen erteilt werden, insbesondere zu Schnellprotokollen und Pflegedokumentationsunterlagen.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren 2 BVGa 9/15 machte der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch gegen die Arbeitgeberin geltend, die Ankündigung strafrechtliche oder arbeitsrechtlicher Konsequenzen gegenüber Mitarbeitern, für den Fall, dass die Mitarbeiter den Betriebsrat Informationen zu innerbetrieblichen Vorgängen erteilen, insbesondere aus Schnellprotokollen oder Dokumentationen oder in sonstiger Weise, bis zur rechtskränftigen Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen. Die Beteiligten schlossen in diesem Verfahren einen gerichtlichen Vergleich unter Erledigung des Hauptsacheverfahrens 2 BV 34/15 mit dem Inhalt, dass die Beteiligten sich darüber einig sind, dass die Kommunikation zwischen Mitarbeiterin und Betriebsrat über innerbetriebliche Vorgänge im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen zulässig und keineswegs zu arbeitsrechtlichen oder strafrechtlichen Konsequenzen führt. Die Beteiligten stimmten desweiteren dahin überein, dass die eigenmächtige Inbesitznahme von arbeitgeberseitigen Unterlagen nicht zulässig ist.

In dem Anhörungstermin am 09.10.2015 zu dem Verfahren 2 BVGa 9/15 erklärte die Pflegedienstleiterin L1 der Arbeitgeberin auf Nachfrage des Gerichtes, dass sie sich zu dem Verbleib von den von den Mitarbeitern unterzeichneten Erklärungen nicht erklären könne. Auch sei ihr nicht bewusst gewesen, dass in dem schriftsätzlichen Vorbringen des Vertreters der Arbeitgeberin ein anderes Schreiben vorgelegt worden sei, als das, das die Mitarbeiter unterzeichnet hätten.

Die Betriebsratsmitglieder I, Z und L wurden während ihrer Nachtdienste durch die Zeugen E und die Zeugin und Bereichsleiterin T begleitet.

In der Nacht vom 01. auf den 02.12.2015 war der Betriebsratsvorsitzende zusammen mit der Zeugin T5 zum Dienst eingeteilt. In dieser Nacht wurden die Tätigkeiten des Betriebsratsvorsitzenden I durch den Zeugen E begleitet. Dabei erklärte der Zeuge E, dass der Prozess gegen die Mitarbeiterin L2 durchgezogen werde. So ein Handeln könnte sich die Arbeitgeberin nicht gefallen lassen. Die Mitarbeiterin L2 wäre nur ein Kollateralschaden.

In der Nacht vom 02. auf den 03.12.2015 begleitete der Zeuge E wiederum die Tätigkeit des Betriebsratsvorsitzenden I.

In der Nacht vom 13.01. auf den 14.01.2016 wurde das Betriebsratsmitglied L bei ihrer Tätigkeit in dem gemeinsamen Nachtdienst mit dem Zeugen M1 durch den Zeugen E begleitet.

In der Nacht vom 06. auf den 07.02.2016 wurden der Betriebsratsvorsitzende I und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Z durch die Zeugen E und T begleitet.

Die Gesprächsinhalte im Einzelnen während der überwachten Nachtdienste sind zwischen den Beteiligten streitig.

Die Begleitung von Nachtdiensten war in der Einrichtung der Arbeitgeberin bisher nicht üblich.

Am 07. und 08.02.2016 waren die Betriebsratsmitglieder I und Z aufgrund der Einschüchterungen während der begleiteten Dienste arbeitsunfähig erkrankt.

Zu der Betriebsratssitzung am 24.02.2016 lud der Betriebsratsvorsitzende I ein. Die Tagesordnung führte unter Punkt 2 auf: Beschlussverfahren gegen Frau T und Herrn E.

In der Sitzung am 24.02.2016 fassten die Betriebsratsmitglieder I, Z, X2, L und L4 zu diesem Tagesordnungspunkt einstimmig den Beschluss, ein Beschlussverfahren auf Unterlassung der fortlaufenden Kontrollen des Betriebsrates durch E und T einzuleiten und die Rechtsanwaltskanzlei M3 und Partner in H zu beauftragen.

Mit der Antragsschrift vom 07.03.2016, bei Gericht eingegangen am 08.03.2016, der Arbeitgeberin zugestellt am 16.03.2016 hat der Betriebsrat zunächst die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Unterlassung der Behinderung der Betriebsratsmitglieder in Form des Ausschlusses auf Mitarbeiterversammlungen, der Erteilung von Hausverboten, der Einschüchterung von Mitarbeitern, die den Betriebsrat unterstützen sowie die Ausübung von fortlaufendem Überwachungsdruck durch dauerhafte Begleitung währen der Arbeitsschichten unter Androhung eines Zwangsgeldes von bis zu 10.000,00 EUR für jede Zuwiderhandlung begehrt.

In einer Sitzungsunterbrechung während des Anhörungstermins vom 05.07.2016 fassten die vollzählig anwesenden Betriebsratsmitglieder I, Z, X2, L und L4 den Beschluss, die Rechtsanwälte M3 und Partner mit der Einleitung und Fortführung des Verfahrens 5 BV 19/16 gemäß des Antrages vom 07.03.2016 und seiner heutigen Ergänzung zu beauftragen.

Der Betriebsrat ist dazu der Ansicht, dass der Antrag in seiner jetzigen Fassung zulässig sei. Insbesondere sei der Antrag hinreichend bestimmt. Im Rahmen von Unterlassungs- und Duldungsanträgen seien generalisierende Formulierungen zur Sicherung eines effektiven Rechtschutzes unvermeidbar. Der Inhalt des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs sei hinreichend klar bestimmt. Der Anspruch sei auch begründet. Die Vorgehensweise der Arbeitgeberin behindere die Mitglieder des Betriebsrates bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im Sinne des §§ 78 S. 1, 119 i Nr. 2 BetrVG.

Bezüglich der Teilnahme an Mitarbeiterversammlungen habe nur der Betriebsratsvorsitzende I einen Titel erwirkt. Aufgrund der ausgesprochenen Hausverbote und der Wiederholungsgefahr bestehe ein entsprechendes Rechtschutzbedürfnis der Übrigen Betriebsratsmitglieder.

Die Betriebsratsmitglieder würden in ihrer Tätigkeit auch durch den Ausspruch rechtlich nichthaltbarer Hausverbote behindert.

Ebenfalls ergebe sich eine Behinderung der Betriebsratsmitglieder bei ihrer Tätigkeit durch Einschüchterung von Mitarbeitern, die den Betriebsrat Informationen zukommen ließen. Die Mitarbeiterin L2 habe die Fotos von einer Bewohnerin nicht ohne erkennbaren Grund aufgenommen. Es gehe ebenso wie im Fall der Bewohnerin Q um die Dokumentation von Pflegemissständen, so die Behauptung des Betriebsrates. Bezüglich der Begleitung der Betriebsratsmitglieder I, Z und L während ihrer Dienste verursache die Arbeitgeberin damit ein Überwachungsdruck, der nach Ansicht des Betriebsrates unverhältnismäßig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreife. Dabei würden die Betriebsratsmitglieder in unzulässiger Weise diskriminiert. Während bei der Überwachung der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Z in der Nacht vom 06. auf den 07.02.2016 der Zeuge E beanstandet habe, dass die Zeugin Z bei der Umlagerung der Bewohner eine Schürze tragen müsse oder einen Rollwagen nur mit Handschuhen anzufassen sei, bliebe die Verletzung von Bewohnern im Fall der Bewohnerin X4 und der Bewohnerin Q unbeanstandet. Aus der Sicht des Betriebsrates sei das Verhalten der Arbeitgeberin dahin angelegt, den Betriebsrat dauerhaft in seiner Arbeit zu stören und zu behindern sowie Druck auszuüben.

Arbeitsvertragliche Leistungsdefizite der Betriebsratsmitglieder hätten bei Einführung der Begleitung der Dienste nicht vorgelegen.

Zur Art und Weise der Begleitung durch die Zeugen E und T behauptete der Betriebsrat im Einzelnen, dass die Begleitung am 02.12.2015 ausschließlich auf die Beobachtung des Betriebsratsvorsitzenden I ausgerichtet gewesen sei.

Bei der Überwachung der Dienste am 13./14.01.2016 habe der Zeuge E bewusst das Betriebsratsmitglied L immer wieder in Gespräche verwickelt, um Fehler zu provozieren. Er habe das Betriebsratsmitglied L danach gefragt, ob sie rational mit der derzeitigen Situation umgehen könne. Auf die Antwort des Betriebsratsmitglieds L, dass sie null Problem damit habe, habe der Zeuge E geäußert, dass es immer zwei Seiten gebe. Vielleicht habe er ein Problem dann ergäbe sich ein Problem für das Betriebsratsmitglied L. Der Zeuge E habe das Betriebsratsmitglied während des gesamten Nachtdienstes begleitet. Herr E habe dem weiteren Mitarbeiter und Zeugen M1 gegenüber in einer Pause eingeräumt, dass er nicht seinetwegen sondern nur wegen des Betriebsratsmitgliedes L dagewesen sei. Er habe dazu wörtlich erklärt: „Wer Krieg möchte, kann Krieg haben.“ Weiter habe der Zeuge E dem Betriebsratsmitglied L in Aussicht gestellt, dass er sie nicht das letzte Mal in der Nacht gesehen habe. Dies gelte auch für die Betriebsratsmitglieder I und Z.

Bei der Begleitung der Nachtdienste am 06./07.02.2016 der Betriebsratsmitglieder I und Z habe der Zeuge E erklärt, dass Frau T und er jetzt regelmäßig kommen würden um die Arbeit der Betriebsratsmitglieder I und Z zu kontrollieren, um Fehler zu suchen. Dies hätten die Betriebsräte wegen eines neuen Verfahrens wegen der Einstellung von Frau I1 und Frau L1 selbst zu verantworten.

Auch bei diesem Nachtdienst habe der Zeuge E versucht, die beiden Betriebsratsmitglieder durch Fragen und Kommentare in ihrer Arbeit zu stören. Dabei habe er laut und unangemessen mit Frau T gelacht und sich auf dem Flur unterhalten. Der Zeuge E habe, wie bei den anderen Besuchen auch, Notizen angefertigt und versucht, durch Fragen und Kommentare Fehler zu provozieren. So habe die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Z bei der Umlagerung eines Bewohners den Zeugen E um Hilfe gebeten. Der Zeuge E habe mit „niemals“ regiert. Aufgrund der bei der Betriebsrätin Z fehlenden Schürze habe der Zeuge E erklärt: „Wollen Sie tatsächlich die Bewohnerin jetzt so umlagern ohne Schürze? Überlegen Sie jetzt ganz genau, was sie tun.“

Da die Betriebsrätin Z bereits Handschuhe getragen habe, habe sie den Zeugen E um Mithilfe bei dem Anlegen der Schürze gebeten. Der Zeuge E habe erwidert, dass er garantiert nicht helfen werde. Daraufhin habe der Zeuge E angeordnet, dass der Betriebsratsvorsitzende I und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Z ab sofort sämtliche Bewohner zusammen umlagern müssten und dabei eine Schürze zu tragen hätten. Er habe dies mit Scherkräften begründet, die bei der Umlagerung auftreten könnten.

Nach Mitternacht habe der Zeuge E gegenüber den beiden Betriebsräten erklärt: „Wir kriegen Euch hier noch raus. Wir kommen jetzt öfters Nacht und überwachen euch. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Es wäre am besten, wenn Sie sofort Herrn M3 anrufen.“ Über diese Bemerkung habe sich der Zeuge E und die Zeugin T gemeinsam grinsend amüsiert.

Der Betriebsrat ist im Übrigen der Ansicht, dass das einfache Bestreiten der Arbeitgeberin zu den Einzelnen Vorfällen nicht hinreichend substantiiert und einlassungsfähig sei.

Der Betriebsrat beantragte,

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, Behinderungen im Sinne des § 119 I Nr. 2, 78 S. 1 BetrVG der Betriebsratsmitglieder in Form des Ausschlusses aus Mitarbeiterversammlungen wie unter dem 16.04.2015 unter der Behauptung, allein organisatorische Belange der Pflege zu erörtert, erfolgt von der Erteilung von Hausverboten, wie gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden I unter dem 19.05.2015 erfolgt, der Einschüchterung von Mitarbeitern, die den Betriebsrat unterstützen, die Androhung strafrechtlicher und arbeitsrechtlicher Konsequenzen, für den Fall, dass dem Betriebsrat Informationen zu innerbetrieblichen Vorgängen erteilt werden, sowie der Ausübung von fortlaufenden Überwachungsdruck durch die dauerhafte Begleitung der Betriebsratsmitglieder I, Z und L während kompletter Arbeitsschichten zum Zwecke der Fehlerkontrolle, wie unter dem 01.12., 02.12.2015 und 13.01. sowie 06.02.2016 erfolgt, zu unterlassen,

2. der Arbeitgeberin für jede Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld bis zu 10.000,00 EUR anzudrohen.

Die Arbeitgeberin beantragte, die Anträge zurückzuweisen.

Dazu ist die Arbeitgeberin der Ansicht, dass der verfahrenseinleitende Beschluss vom 24.02.2016 weder die ursprüngliche noch die jetzige Antragsfassung decke. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß vertreten. Die Beschlussfassung sei nicht Form- und Fristgerecht erfolgt.

Darüber hinaus seien die Anträge unzulässig. Sie seien nicht hinreichend bestimmt und ihrem Inhalt nach nicht vollstreckungsfähig. Sowohl der Bezug auf die pauschale Untersagung von Hausverboten als auch die begriffliche Verwendung der Einschüchterung der Mitarbeiter als auch des Überlassungsdrucks ist wie auch die Bezugnahme auf die Bestimmungen der §§ 78, 119 BetrVG sehr unbestimmt.

Bei den Trägen handle es sich um einen unbegründeten Globalantrag. Darüber hinaus habe der Betriebsrat im Hinblick auf die individualrechtlichen Verteidigungsmöglichkeiten die falsche Antragsart gewählt.

Bezüglich des Antrags auf Untersagung der Verweigerung gegenüber Betriebsratsmitgliedern, an Mitarbeiterversammlungen teilzunehmen, fehle das Rechtschutzbedürfnis. Eine Wiederholungsgefahr sei insbesondere gegenüber den weiteren Betriebsratsmitgliedern nicht gegeben. Im Übrigen hätten die Betriebsratsmitglieder I und Z insoweit Titel erwirkt.

Auch bezüglich des Hausverbotes handle es sich um einen unbegründeten Globalantrag, der auch die Konstellation des rechtmäßig ausgesprochenen Hausverbotes insbesondere bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen erfasse.

Auch aufgrund der bezüglich der Hausverbote vorliegenden Titel sei keine Wiederholungsgefahr gegeben. Ein Rechtschutzbedürfnis für die weiteren Betriebsratsmitglieder bestehe nicht, da ihnen gegenüber kein Hausverbot ausgesprochen worden sei.

Bezüglich der Einschüchterung von Mitarbeitern behauptet die Arbeitgeberin, dass der Betriebsrat im umgekehrten Fall gegen Mitarbeiter vorgehe, die den Betriebsrat nicht unterstützen. In einem solchen Fall, wie der Mitarbeiterin und Zeugin I2 versuche der Betriebsrat die Arbeitnehmer einzuschüchtern.

Ihre Maßnahmen, so die Arbeitgeberin, würden den Betriebsrat nicht in seiner Amtsstellung betreffen.

Zur Begleitung des Nachtdienstes des Betriebsratsvorsitzenden I durch den Zeugen E in der Nacht vom 01. auf den 02.12.2015 behauptet die Arbeitgeberin, dass der Zeuge E den Zeugen I nicht die gesamte Nacht hindurch begleitet habe sondern nur in der Zeit vom 22:30 Uhr bis 03:00 Uhr mit Ausnahme von Pausen.

Er habe gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden geäußert, dass er hoffe, dass es in der Nacht keine Probleme geben werde.

Nach Ansicht der Arbeitgeberin sei die Überwachung zulässigerweise, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Hygienestandards und Überlastungsanzeigen, unter anderem von Mitgliedern des Betriebsrates, erfolgt. Die Arbeitgeberin habe damit keinen unzulässigen Überwachungsdruck ausgeübt. Solche Kontrollen seien in den Pflege- und Heilberufen üblich.

Dazu behauptet die Arbeitgeberin, dass die Begleitung der Betriebsratsmitglieder während ihrer Dienste durch die pflegerischen Defizite der Betriebsratsmitglieder I und Z veranlasst seien.

Ebenso seien die weiteren Arbeitnehmer T5 und U während ihrer Dienste durch den Zeugen E begleitet worden.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand des Anhörungstermins waren, Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist insgesamt zulässig und mit Antrag auf Untersagung des Ausschlusses einer Mitarbeiterversammlung und der Untersagung der Ausübung fortlaufenden Überwachungsdruck durch die dauerhafte Begleitung der Betriebsratsmitglieder I, Z, L während kompletter Arbeitsschichten begründen. Im Übrigen ist der Antrag nicht begründen.

1.

Die Anträge sind insgesamt statthaft und zulässig.

1.a) Der Betriebsrat hat mit dem Verfahren nach § 78 S. 1 BetrVG die statthafte Verfahrensart zur Untersagung von Beeinträchtigungen gewählt, die ihn in der Ausübung seiner Tätigkeit stören oder behindern.

1.b) In diesem Verfahren sind nach §§ 83, 10 ArbGG der Betriebsrat und die Arbeitgeberin Beteiligte.

1.c) Zu dem Verfahren hat der Betriebsrat in seiner Sitzung am 24.02.2016 zusammen mit dem Beschluss vom 05.07.2016 wirksame Beschlüsse zur Einleitung des Verfahrens nach §§ 29 ff. BetrVG gefasst.

1.c) aa) Stellt ein Verfahrensbevollmächtigter in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren einen Antrag, muss dieser durch eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Kollegialorgans über die Einleitung des Verfahrens gedeckt sein.

Die Wirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses setzt voraus, dass er in einer Betriebsratssitzung gefasst worden ist, zu der die Mitglieder des Betriebsrates gem. § 29 II S. 3 BetrVG rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung geladen worden sind. Der Betriebsrat muss sich aufgrund der ordnungsgemäßen Ladung als Gremium mit dem entsprechenden Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben. Dabei müssen die in dem Beschlussverfahren zu stellen Anträge nicht bereits im Einzelnen formuliert sein. Es ist ausreichend, wenn der Gegenstand, über den in dem Beschlussverfahren eine Klärung herbeigeführt werden soll, und das angestrebte Ergebnis bezeichnet sind (Beschlüsse des BAG v. 29.04.2004 AZ 1 ABR 30/02, juris Rn. 91, 92, NZA 2013 S. 107).

Die Einleitung des Verfahrens kann auch nachträglich genehmigt werden. Das Arbeitsgericht hat von Amts wegen auf eine solche Beschlussfassung hinzuwirken, §§ 56 II, 89 I ZPO analog (FESTL, BetrVG, nach § 1 Rn. 36; Busemann, NZA-RR 2014 S. 513 (513)).

Eine fehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrates in der Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn dieser beschlussfähig im Sinne des § 33 II BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Die Willensbildung des Betriebsrates wird dadurch geschützt, dass der Betriebsrat einstimmig die Ergänzung oder die Aufstellung einer Tagesordnung beschließt. Der Ladungsmangel im Sinne des § 29 II s. 3 BetrVG wird dann heilt (Beschluss des BAG vom 15.04.2014 AZ: 1 ABR 2/13 (B), juris Rn. 19, 23 – 17, 30, NZA 2014 S. 541)).

Sind alle Betriebsratsmitglieder mit Zeit und Ort der Betriebsratssitzung einverstanden, können wirksame Betriebsratsschlüsse auch dann gefasst werden, ohne dass der Betriebsratsvorsitzende zur Sitzung eingeladen hat (ErfK- Koch, BetrVG, § 30 Rn. 2).

1.c) bb) Der Beschluss vom 24.02.2016 deckt die Einleitung eines Verfahrens auf Unterlassung der Ausübung fortlaufenden Überwachungsdrucks durch die dauerhafte Begleitung der Betriebsratsmitglieder während kompletter Arbeitsschichten.

Zu der Betriebsratssitzung am 24.02.2016 hatte der Betriebsrat ordnungsgemäß eingeladen. Der Betriebsrat war bei der Sitzung vollständig mit den Betriebsratsmitgliedern I, Z, X2, L und L4 nach der Anwesenheitsliste anwesend. Der Beschluss ist einstimmig gefasst worden.

Zu den übrigen Verfahrensgegenständen ist die Einleitung des Verfahrens durch die Beschlussfassung am 05.07.2016 auf der außerordentlichen Betriebsratsversammlung nachträglich genehmigt worden. Bei der Beschlussfassung waren alle gewählten Betriebsratsmitglieder anwesend. Der Beschluss ist einstimmig gefasst worden.

1. d) Ob der Betriebsrat einen Vertreter wirksam beauftrag hat, bedarf keiner Entscheidung. Der Betriebsrat kann sich nach § 11 I S. 1 selbst vertreten (Beschluss des BAG v. 06.11.2013 AZ 7 ABR 84/11, juris Rn. 3_; FESTL, BetrVG, nach § 1 Rn. 53).

1.e) Der Antrag ist im Sinne des § 253 II Nr. 2 ZPO analog auch hinreichend bestimmt.

Nach § 253 II Nr. 2 ZPO analog muss die Antragsschrift unter anderen einen bestimmten Antrag enthalten.

Der Streitgegenstand muss so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit der Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann (Beschluss des LAG Baden-Württemberg v. 15.05.2009 AZ 18 TaBV 6/08, juris Rn. 29).

Maßgebend ist, dass der Antragsgegner erkennen kann, was von ihm verlangt wird (Beschluss des BAG v. 17.03.2010 AZ 7 ABR 95/08, juris Rn. 18, NZA 2010 S. 1133; des LAG Hamm v. 25.11.2002 AZ 10 TaBV 121/02, juris Rn. 65). Die ist auch dann der Fall, wenn der Antrag sich auf verschiedene Fallgestaltungen bezieht. Er kann damit alle denkbaren Fallgestaltungen zu der Fragestellung erfassen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Verpflichtung des Antragsgegners in allen von dem Antrag erfassten Konstellationen festgestellt werden kann (Beschluss des BAG v. 29.06.2011 AZ 7 ABR 135/09, juris Rn. 14, NZA 2012 S. 47; v. 20.10.1999 AZ 7 ABR 37/98, juris Rn. 19).

Danach erfasst der Antrag die Fragestellung des Unterlassens von dem Ausschluss von Mitarbeiterversammlungen ebenso wie die Erteilung von Hausverboten, die Einschüchterung von Mitarbeitern, die Informationen an den Betriebsrat weiter geben sowie die unzulässige Überwachung durch dauerhafte Begleitung von Betriebsratsmitgliedern während ihrer Dienste.

Die Arbeitgeberin kann aus der Antragsfassung erkennen, was von ihr verlangt wird.

1.f) Für den Antrag des Betriebsrates besteht auch ein Rechtschutzbedürfnis.

Die in einem individualverfahren erreichten Titel einzelner Betriebsratsmitglieder stehen im Rechtschutzbedürfnis des Betriebsrates an der Verfolgung der Unterlassungsansprüche nicht entgegen.

Der Anspruch nach § 78 S. 1 BetrVG stehen sowohl dem Betriebsrat als auch einzelnen Betriebsratsmitgliedern zu (vgl. Beschluss des LAG Hamburg v. 06.10.2005 AZ 7 TaBV 7/05, juris Rn. 47).

Damit verhalten die von einzelnen Betriebsratsmitgliedern entweder in Beschlussverfahren oder in Individualverfahren erwirkten Unterlassungstitel keine entgegenstehende Rechtskraft.

2. Die Anträge auf Untersagung des Ausschlusses der Betriebsratsmitglieder von Mitarbeiterversammlungen als auch der Begleitung der Betriebsratsmitglieder I, Z und L während ihrer Dienste sind begründet. Im Übrigen sind die Anträge nicht begründet.

2. a) Die Anträge bezüglich des Untersagens von Hausverboten und der Einschüchterung von Mitarbeitern, die den Betriebsrat unterstützen für den Fall, das dem Betriebsrat Informationen zu innerbetrieblichen Vorgängen erteilt werden, sind als Globalanträge nicht begründet.

2. a) aa) Einem Antrag, der ein Unterlassungsanspruch für eine Vielzahl künftiger Fallkonstellationen verfolgt, kann nur entsprochen werden, wenn der Antrag in allen denkbaren Fallgestaltungen einschränkungslos besteht. Anderenfalls ist dieser Antrag als Globalantrag insgesamt als unbegründet abzuweisen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Antrag sich auf voneinander zu trennende und gegenseitig klar abgrenzbare Sachverhalte bezieht und der begründete Teil dem Antrag selbst als Teilziel des Verfahrens entnommen werden kann (Beschluss des BAG v. 20.10.199 AZ 7 ABR 37/98, juris Rn. 21; des LAG Baden-Württemberg v. 15.05.2009 AZ 18 TaBV 6/08, juris Rn. 34).

2. a) bb) Mit dem Antrag auf Unterlassung von Hausverboten verfolgt der Betriebsrat auch Fallkonstellationen, in denen die rechtmäßige Erteilung eines Hausverbotes gegenüber einzelnen Betriebsratsmitgliedern denkbar ist. Dem Arbeitgeber zukünftig die Erteilung von Hausverboten gegenüber Betriebsratsmitgliedern zu untersagen, auch für den Fall, in dem Betriebsratsmitglieder das Hausrecht der Arbeitgeberin in rechtwidriger Weise verletzen, würde das Hausrecht der Arbeitgeberin in unzulässiger Weise einschränken.

Es ist nicht erkennbar, dass dieser Antrag nur Konstellationen erfasst, in dem die Betriebsratsmitglieder in rechtmäßiger Weise von ihren Zugangsrechten zu dem Betriebsgrundstück der Arbeitgeberin Gebrauch machen.

Ebenso ist der Antrag auf Unterlassen der Sanktionierung der Informationsweitergabe von Mitarbeitern, die den Betriebsrat unterstützen, über innerbetriebliche Vorgänge zu informieren, soweit gefasst, dass er Konstellationen erfasst, in denen die Informationsweitergabe gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und insbesondere auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht, Art. 2 I, 1 I GG, 1004 BGB, der Bewohner der Einrichtung der Arbeitgeberin verstoßen kann.

Insoweit ist der Unterlassungsantrag auf Sanktionierungen von Mitarbeitern, die den Betriebsrat unterstützen, zu weit gefasst. In den Fällen, in denen Mitarbeiter gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das Recht am eigenen Bild der Bewohner verstoßen, muss der Arbeitgeberin weiterhin die Sanktionierung des rechtswidrigen Fehlverhaltens möglich sein.

2. b) Der Antrag auf Untersagung des Ausschlusses von Betriebsratsmitgliedern von Mitarbeiterversammlungen, wie am 16.04.2015 von der Arbeitgeberin einberufen, ist begründet.

2. b) aa) Nach § 78 S. 1 BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden.

Dieses Verbot kann sowohl von den einzelnen Betriebsratsmitgliedern als auch von dem Betriebsrat insgesamt im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs gegen den jeweiligen Arbeitgeber gerichtlich geltend gemacht werden.

Der Begriff der Behinderung ist umfassend zu verstehen. Er umfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit. Dabei reich jede objektive Beeinträchtigung der Betriebsratsarbeit aus. Auf ein Verschulden des Störers kommt es dabei nicht an. Der Unterlassungsanspruch ist zwar nicht ausdrücklich in § 78 S. 1 BetrVG geregelt. Er ist aus dem Zweck des § 78 S. 1 BetrVG, die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben zu sichern, notwendig. Geschützt ist nach § 78 S. 1 BetrVG nur die ordnungsgemäße und pflichtgemäße Betätigung des Betriebsrats (Beschlüsse des BAG v. 03.09.2003 AZ 7 ABR 12/03, juris Rn. 25, NZA 2004 S. 278; vom 20.10.1999 7 ABR 37/98 juris Rn. 29, 30; v. 12.11.1997 AZ 7 ABR 14/97, juris Rn. 16, NZA 1998 S. 559; des LAG Hamburg vom 06.10.2005 AZ 7 TaBV 7/05, juris Rn. 47, 48; des LAG Hamm v. 23.06.2014, AZ 13 TaBVGa 20/14, juris Rn. 27, 28; v. 23.11.2013 AZ 7 TaBV 74/13, juris Rn. 60; v. 25.11.2002 AZ 19 TaBV 121/02, juris Rn. 70; des LAG Baden-Württemberg v. 04.07.2012 AZ 13 TaBV 4/12, juris Rn. 47).

Erforderlich ist, dass die Gefahr besteht, dass sich ein Verstoß gegen § 78 S. 1 BetrVG zukünftig wiederholen kann. Bereits der erste stattgefundene Verstoß begründet eine wiederbelegbare Vermutung für das Bestehen einer solchen Wiederholungsgefahr. An die Widerlegung dieser Vermutung durch den Störer sind besonders hohe Anforderungen zu stellen (Beschlüsse des LAG München v. 21.11.2013 AZ 4 TaBV 61/13, juris Rn. 37; des LAG Baden-Württemberg v. 04.07.2012 AZ 13 TaBV 4/12, juris Rn. 47).

2. b) bb) Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder Z und I aus der Mitarbeiterversammlung vom 16.04.2015 begründet ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrates gegen die Arbeitgeberin, einzelne Betriebsratsmitglieder zukünftig von durch die Arbeitgeberin einberufenen Mitarbeiterversammlungen nicht auszuschließen.

Soweit die Arbeitgeberin Informationen auf einer Mitarbeiterversammlung weitergeben will, die sie selbst einberuft, bringt sie damit zum Ausdruck, dass die Informationen für die gesamte Belegschaft von Interesse sind. Damit berühren diese Informationen einen generell abstrakten Tatbestand für alle Mitarbeiter ihres Betriebes.

Der Zugang zu solchen Informationen darf den Betriebsrat insbesondere zur Prüfung, ob etwaige Beteiligungsrechte seinerseits bestehen, von der Arbeitgeberin nicht unterbunden werden.

Es ist das Rechts des Betriebsrates, sich aus Quellen zu informieren, die die Arbeitgeberin allen Mitarbeitern in dem Betrieb als Informationsquelle zugänglich macht. Dazu gehören auch mündliche Informationen, die auf einer Mitarbeiterversammlung weitergegeben werden.

Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder I und Z war nicht von dem Hausrecht der Arbeitgeberin gedeckt. Das von der Arbeitgeberin gegenüber den Betriebsratsmitgliedern I und Z ausgesprochene Hausverbot war insoweit rechtswidrig (vgl. protokollierte Vergleiche zu 3 BVGA3/15 und 4 BVGa 4/15).

Die Arbeitgeberin hat auch keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass sich die ausgeschlossenen Betriebsratsmitglieder I und Z auf der Mitarbeiterversammlung rechtswidrig verhalten hätten bzw. dass ein Ausschlussgrund insoweit bestanden hätte.

Es besteht auch eine Wiederholungsgefahr.

Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin keine weiteren Mitarbeiterversammlungen mehr einberufen wird, bestehen nicht, auch wenn die Mitarbeiterversammlung vom 16.04.2015 bisher eine einmalige Mitarbeiterversammlung war.

Insoweit hat die Arbeitgeberin auch keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass sie zukünftig auf die Einberufung von Mitarbeiterversammlungen verzichten wird.

Der Ausschluss berührt auch die Amtstätigkeit des Betriebsrates. Es ist Sache des Betriebsrates, sich aus den von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Informationsquellen im Hinblick auf seine Amtstätigkeit entsprechend zu informieren.

2. c) Dem Betriebsrat steht auch gegenüber Arbeitgeberin ein Anspruch auf Unterlassung von Überwachung von Betriebsratsmitgliedern durch dauernde Begleitung während ihrer Dienste, insbesondere wie gegenüber den Betriebsratsmitgliedern I, Z und L wie am 01. ,02.12.2015, 13.01.und 06.02.2016 erfolgt, zu.

Nach den oben dargestellten Grundsätzen zu § 78 S. 1 BetrVG stellt die ohne Anlass durchgeführte Überwachung der Betriebsratsmitglieder, im Sinne einer Leistungskontrolle, ohne von der Arbeitgeberin dazu vorgetragenen Anlass den Versuch der Einschüchterung der Betriebsratsmitglieder nach Aufnahme ihrer Dienste, insbesondere nach Freistellung bis zum 30.11.2015 dar.

Grundsätzlich hat die Arbeitgeberin ein Recht zur Leistungsüberwachung, insbesondere aus nichttechnischen Einrichtungen, ihrer Mitarbeiter. Diese Überwachung muss aber in verhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 I, 1 I GG darstellen.

Die Arbeitgeberin hat hier nicht den Anlass für die Einführung individueller Kontrollen über mehrere Stunden während der Arbeitsschichten der Betriebsratsmitglieder und sonstiger Arbeitnehmer dargelegt. Diese Kontrollen sind mit Aufnahme der Arbeit durch den Betriebsratsvorsitzenden I nach Beendigung seiner Freistellung am 01.12.2015 eingeführt worden.

Damit kann die Leistung und eine etwaige Überlastungsanzeige des Betriebsratsvorsitzenden I in der über mehrere Monate nicht ausgeübten Tätigkeit kein Anlass für die Begleitung seiner Dienste durch den Zeugen E und die Zeugin T gewesen sein.

Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin ihre Überwachungsmaßnahme zunächst ausschließlich bei den Betriebsratsmitgliedern I, Z und L eingesetzt. Wie oft und wie lange andere Mitarbeiter von den Zeugen E und T während ihrer Nachtdienste aus begründetem Anlass begleitet worden sind, hat die Arbeitgeberin nicht dargelegt.

Einen begründeten Anlass aus der Leistung oder dem Verhalten der Betriebsratsmitglieder hat die Arbeitgeberin nicht dargelegt.

Sie hat auch nicht dargelegt, inwieweit sie ihre Überwachungsmaßnahmen generell auf alle Arbeitnehmer im Sinne eines einheitlich anzuwendenden Kontrollinstrumtariums bei welchen Voraussetzungen anwenden will.

Damit lässt sich eine Interessenabwägung und die Verhältnismäßigkeit des Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betriebsratsmitglieder schon nicht prüfen.

Bei der Begleitung ist es allein anhand der Häufigkeit und ihrer Dauer über mehrere Stunden während der einzelnen Arbeitsschichten zu berücksichtigen, dass die Verrichtung der Arbeit unter ständiger Beobachtung ein psychischen Druck aufbaut, der nicht nur Betriebsratsmitglieder als Arbeitnehmer in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betrifft sondern dadurch auch zugleich jedenfalls mittelbar geeignet ist, die Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit einzuschüchtern.

Die Arbeitgeberin hat auch keine Tatsachen vorgetragen, die die Dauer und die Häufigkeit der Visitation der Arbeitnehmer begründen können.

Da weder der Anlass für die einzelnen, bisher nicht betriebsüblichen Visitationen noch für die Dauer und die Häufigkeit der Visitation von der Arbeitgeberin dargelegt worden ist, muss vermutet werden, dass die Visitationen bezüglich der Betriebsratsmitglieder und deren Einführung erst bei Rückkehr des Betriebsratsvorsitzenden I in den Betrieb zielgerichtet die Betriebsratsmitglieder betraf.

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