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Beweiswürdigung hinsichtlich des Zugangs einer Kündigungserklärung

Kläger fordert Entgeltfortzahlung und Aufwendungsersatz nach umstrittener Kündigung.

Der im Juli 1954 geborene Taxifahrer war seit August 2016 beim Beklagten angestellt. Es wird gestritten, ob ihm im Januar 2020 eine schriftliche Kündigung zum 29. Februar 2020 übergeben wurde. Der Kläger hatte im März 2020 krankheitsbedingt ausgesetzt und bezieht seit April 2020 eine Altersrente. Er verlangt von seinem ehemaligen Arbeitgeber Lohn für Februar und März 2020 und Aufwendungsersatz für die Reparatur des Taxis. Das Arbeitsgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von € 1.302,00 brutto und € 852,06 Aufwendungsersatz für Februar 2020, wies aber die weiteren Forderungen ab. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers durch Versäumnisurteil zurück, da dieser nicht erschienen war. Der Kläger legte daraufhin Einspruch ein. Er argumentiert, dass ihm die Kündigung nicht rechtzeitig zugestellt worden sei und verlangt weitere Zahlungen und die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses. Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Fall wird vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt. […]

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 421/21 – Urteil vom 13.10.2022

1. Das gegen den Kläger erlassene Versäumnisurteil vom 31. März 2022, Az. 5 Sa 421/21, wird aufrechterhalten.

2. Die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung sowie Entgeltfortzahlungs- und Aufwendungsersatzansprüche.

Streit um Kündigung und Zahlungsansprüche eines Taxifahrers.
Streit um Kündigung und Entgelt: Der Kläger fordert vor Gericht die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses sowie die Zahlung ausstehender Löhne und Aufwendungsersatz. (Symbolfoto: Peeradontax/Shutterstock.com)

Der im Juli 1954 geborene Kläger war seit August 2016 im Taxiunternehmen des Beklagten als Taxifahrer zu einem Stundenlohn von € 9,30 brutto bei einer Arbeitszeit von 140 Monatsstunden beschäftigt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger am 20. Januar 2020 gegen 18:00 Uhr eine schriftliche Kündigungserklärung des Beklagten vom 19. Januar zum 29. Februar 2020 übergeben wurde. Ein vom Kläger vorgelegter Schichtzettel vom 20. Januar 2020 weist ein Schichtende um 14:57 Uhr aus. Der letzte Arbeitstag des Klägers war am 21. Februar 2020. Bis dahin hatte er bereits 140 Monatsstunden gearbeitet. Im März 2020 war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Seit April 2020 bezieht er eine gesetzliche Altersrente.

Mit Anwaltsschreiben vom 3. April 2020 forderte der Kläger den Beklagten auf, ihm die Löhne für Februar und März 2020 (je € 1.302,00 brutto) zu zahlen. Außerdem verlangte er Auslagenersatz, weil er für den Beklagten eine Werkstattrechnung vom 21. August 2019 (ausgestellt von Mercedes-Benz D-Stadt) über € 852,06 und eine Rechnung vom 22. August 2019 (ausgestellt von H. P. aus K.) über € 470,00 für die Reparatur des Taxis bezahlt habe.

Die gesetzliche Krankenkasse (DAK) teilte dem Kläger mit Schreiben vom 30. April 2020 mit, dass ihn der Beklagte zum 21. Februar 2020 abgemeldet habe. Mit Klageschrift vom 2. Juni 2020, beim Arbeitsgericht am 4. Juni 2020 eingegangen, erhob der Kläger eine Klage auf Zahlung von € 3.926,06 und Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht.

Er hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 2.604,00 brutto nebst Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 1.322,06 netto zu zahlen,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch eine Kündigung vom 19. Januar zum 29. Februar 2020 aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 23. August 2021 – insoweit rechtskräftig – verurteilt, an den Kläger für den Monat Februar 2020 Arbeitsentgelt iHv. € 1.302,00 brutto sowie Aufwendungsersatz iHv. € 852,06 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen und – zusammengefasst – ausgeführt, die Kündigung vom 19. Januar zum 29. Februar 2020 sei wirksam, weil der Kläger die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht gewahrt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei dem Kläger das Kündigungsschreiben am Abend des 20. Januar 2020 vom Sohn des Beklagten übergeben worden. Der Kläger habe keinen Zahlungsanspruch für den Monat März 2020 und keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz iHv. € 470,00. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 13. Oktober 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 15. November 2021 (Montag) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 begründet. Weil im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31. März 2022 für den Kläger niemand erschienen ist, hat die Kammer seine Berufung durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Gegen das am 6. April 2022 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am 13. April 2022 Einspruch eingelegt.

Er macht geltend, die Kündigung des Beklagten sei unwirksam. Das Arbeitsgericht sei nach Beweisaufnahme zu Unrecht zu der Überzeugung gelangt, dass ihm am 20. Januar 2020 eine Kündigung übergeben worden sei. Der Beklagte habe erstinstanzlich zwar mit Schriftsatz vom 26. Juli 2020 Ausführungen zum behaupteten Zugang des Kündigungsschreibens gemacht, dieses selbst zunächst nicht vorgelegt. Hierauf habe er mit Schriftsatz vom 10. September 2020 ausdrücklich hingewiesen. Die Aussagen der vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen L. und F. zur Frage der Fertigung des Kündigungsschreibens seien nicht frei von Widersprüchen. Die Zeugin F. habe zudem bekundet, dass sie beim Schreiben der Kündigung nicht anwesend gewesen sei. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass beide Zeugen ein ganz erhebliches Näheverhältnis aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen zum Beklagten hätten. Er habe durch Vorlage des Schichtzettels sein Arbeitszeitende um 14:57 Uhr darlegen können. Demgegenüber habe der Beklagte nicht dargelegt, dass er am 20. Januar 2020 nach 14:57 Uhr noch im Arbeitseinsatz gewesen sei.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe er auch Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen iHv. € 470,00, die er durch Vorlage einer Rechnung und der WhatsApp-Nachricht: „Hinfahren und 400 Euro mitnehmen und zum Ch. bringen“, belegt habe. Dieser Nachricht sei klar zu entnehmen, was er tun sollte. Weiterer Nachweise bedürfe es nicht. Es sei eindeutig, dass es sich um eine beruflich veranlasste Aufwendung gehandelt habe. Er habe jedenfalls aus seiner Sicht keine Veranlassung zu der Annahme gehabt, dass es sich um einen privaten Auftrag gehandelt haben könnte.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich zuletzt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 31. März 2022, Az. 5 Sa 421/21, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 23. August 2021, Az. 3 Ca 837/21, teilweise abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere € 1.302,00 brutto und € 470,00 (Aufwendungsersatz) nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Juni 2020 zu zahlen,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 19. Januar zum 29. Februar 2020 aufgelöst worden ist.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 31. März 2022 aufrechtzuerhalten.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Durch den zulässigen Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 31. März 2022 wurde der Prozess gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand. Die Berufung des Klägers ist nach §§ 66, 64 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung des Beklagten vom 19. Januar zum 29. Februar 2020 wirksam ist. Der Kläger kann deshalb für den Monat März 2020 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall iHv. € 1.302,00 brutto verlangen. Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass der Beklagte nicht verpflichtet ist, dem Kläger Auslagen iHv. € 470,00 zu ersetzen. Die Angriffe der Berufung greifen nicht durch.

1. Die Kündigung des Beklagten vom 19. Januar zum 29. Februar 2020 ist wirksam, weil sie der Kläger nicht innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG angegriffen hat.

a) Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, so gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.

b) Nach den vom Arbeitsgericht fehlerfrei getroffenen Feststellungen ist dem Kläger am 20. Januar 2020 die streitbefangene Kündigung zugegangen. Die erst am 4. Juni 2020 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage gegen diese Kündigung war erheblich verspätet. Die Fiktionswirkung des § 7 KSchG ist eingetreten.

Das Arbeitsgericht ist nach Würdigung der erhobenen Beweise sowie unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge L. (Sohn des Beklagten) dem Kläger die Kündigung am 20. Januar 2020 gegen 18:00 Uhr am Taxiplatz vor dem Bahnhof in A-Stadt übergeben hat. Die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden. Eine Wiederholung der Zeugenvernehmung ist im Rahmen des der Berufungskammer zustehenden Ermessens nach § 398 Abs. 1 ZPO nicht geboten.

Der Zeuge L. hat bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, dass er am 20. Januar 2020 gemeinsam mit dem Beklagten auf den Feierabend der Zeugin F. (Partnerin des Sohnes) gewartet habe. Er habe die Kündigung, die sein Vater geschrieben habe, vor dem Einkuvertieren gelesen. Sie seien zu dritt mit dem Pkw zunächst zur Wohnung des Klägers nach A-Stadt gefahren, um ihm dort das Kündigungsschreiben zu übergeben. Der Kläger sei nicht zu Hause gewesen, das Taxi habe nicht in der Nähe geparkt. Deshalb sei man gemeinsam zum Haupttaxiplatz an den Bahnhof gefahren. Dort sei der Kläger mit dem Taxi angetroffen worden. Er habe dem Kläger den Briefumschlag mit der Kündigung ausgehändigt. Der Kläger habe den Umschlag sofort geöffnet, die Kündigung zerrissen und „ein bisschen gelacht“. Die Zeugin F. hat bei ihrer erstinstanzlichen Vernehmung ausgesagt, sie sei nach ihrem Feierabend mit dem Beklagten und dem Zeugen L. nach A-Stadt mitgefahren. Sie sei zwar beim Schreiben der Kündigung nicht zugegen gewesen, aber beim Einkuvertieren. Sie habe gelesen, dass es sich um eine Kündigung gehandelt habe. Sie habe auch gesehen, dass diese vom Beklagten unterschrieben worden sei. Nachdem man den Kläger nicht in seiner Wohnung angetroffen habe, sei man zum Bahnhof gefahren, um ihn dort zu suchen. Der Kläger sei am Taxistand gewesen. Der Zeuge L. sei aus dem Pkw ausgestiegen und habe dem Kläger die Kündigung übergeben. Sie selbst habe auf der Beifahrerseite hinten im Pkw gesessen und die Übergabe gesehen. Der Kläger habe das Schreiben angenommen und dann zerrissen.

Das Arbeitsgericht hat mit umfassender, klarer und widerspruchsfreier Begründung dargelegt, warum es die Aussagen der Zeugen L. und F. insgesamt für glaubhaft erachtet hat. Die Aussagen beider Zeugen zum Ablauf des Kündigungsvorgangs seien nachvollziehbar und übereinstimmend gewesen. Jeweils mit eigenen Worten sei von beiden Zeugen geschildert worden, dass sie beim Einkuvertieren der Kündigung anwesend gewesen und nach dem Feierabend der Zeugin F. von M. nach D-Stadt gefahren seien. Weil der Kläger nicht zu Hause gewesen sei, seien sie von seiner Wohnung gemeinsam zum Taxistand vor dem Bahnhof gefahren. Dort sei dem Kläger die Kündigung übergeben worden, der sie zerrissen habe. Von beiden Zeugen sei die Situation vor Ort bildhaft geschildert worden. Jeweils aus ihrer Sicht hätten beide Zeugen verschiedene Aspekte des Geschehens dargestellt. Die Zeugin F. habe betont, sie sei vor dem Einkuvertieren der Kündigung dazugeholt worden, um den Inhalt des Kuverts bezeugen zu können; ferner sei sie nach D-Stadt mitgefahren, um die Übergabe zu bezeugen. Der Zeuge L. habe plastisch die Übergabe der Kündigung geschildert. Dabei habe er eigene Empfindungen und Gedanken wiedergegeben. So habe er zur Reaktion des Klägers auf die Übergabe der Kündigung ausgesagt, er habe gespürt, dass der Kläger „sauer“ gewesen sei; der Kläger habe „ein bisschen gelacht“; er habe die Angelegenheit eigentlich nicht zum Lachen empfunden. Der Zeuge habe betont, er könne sich an die Situation am Bahnhof so gut erinnern, weil er bis dahin noch nie erlebt habe, dass jemand die Kündigung zerreiße. Die Zeugenaussagen hätten sich widerspruchsfrei in die eigenen Angaben des Beklagten zum Hergang eingefügt. Der vom Kläger vorgelegte Schichtzettel vom 20. Januar 2020 mit einem Arbeitszeitende um 14:57 Uhr sei nicht geeignet, die überzeugenden Schilderungen der beiden Zeugen zu widerlegen. Der Schichtzettel besage nichts weiter, als dass um 14:57 Uhr ein Ende dokumentiert worden sei. Daraus sei jedoch nicht zu schlussfolgern, dass das Taxi danach nicht noch einmal zum Taxistand am Bahnhof gefahren worden sei. Beide Zeugen seien glaubwürdig gewesen. Der Zeuge L. stehe zwar als Sohn des Beklagten in dessen Lager, er habe aber den Eindruck vermittelt, seine Erinnerung nach bestem Wissen korrekt wiederzugeben. Die Zeugin F., die aufgrund ihrer Arbeit und ihrer Beziehung zum Sohn des Beklagten ein Interesse daran haben dürfte, dass das Verfahren zu Gunsten des Beklagten ausgehe, habe sehr korrekt gewirkt und für die Kammer überzeugend ihre Haltung vermittelt, dass die Übergabe der Kündigung nicht ernsthaft in Frage stehen könne, nachdem sie als Zeugin extra hinzugezogen worden sei, um die Zustellung durch letztlich drei Personen rechtssicher abzuwickeln.

Die in der Berufungsbegründung aufgeführten Bedenken des Klägers gegen diese ausführliche und sorgfältige Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts greifen nicht durch. Soweit die Berufung darauf abhebt, dass der Beklagte das Kündigungsschreiben vom 19. Januar 2020 erstinstanzlich „zunächst“ nicht vorgelegt habe, lässt sich aus diesem Umstand nicht ableiten, dass dem Kläger am 20. Januar 2020 keine Kündigung zugegangen sein könnte. Entgegen der Ansicht der Berufung sind die Aussagen der vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen L. und F. zur Frage der Fertigung des Kündigungsschreibens frei von Widersprüchen. Es ist gleichgültig, ob die Zeugin F. beim Schreiben der Kündigung anwesend war. Beide Zeugen haben ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 11. Juni 2021 auf Befragen des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestätigt, dass sie sich vor dem Einkuvertieren des Schriftstücks davon überzeugt haben, dass der Beklagte eine unterschriebene Kündigungserklärung in das Kuvert gesteckt hat, das dem Kläger vom Zeugen L. am Taxistand übergeben worden ist. Nur darauf kommt es an. Der Angriff der Berufung, das Arbeitsgericht habe das „ganz erhebliche Näheverhältnis“ der Zeugen zum Beklagten nicht berücksichtigt, findet im Tatsächlichen keine Stütze. Das Gegenteil ist richtig. Das Arbeitsgericht ist im Rahmen der Gesamtwürdigung ausdrücklich auf das persönliche Näheverhältnis beider Zeugen zum Beklagten eingegangen. Erhebliche und begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen hat die Berufung nicht aufgezeigt. Entgegen der Ansicht der Berufung lässt die Vorlage eines Schichtzettels vom 20. Januar 2020 mit einem ausgedruckten Arbeitszeitende um 14:57 Uhr keinen Rückschluss darauf zu, dass die beiden Zeugen die Unwahrheit gesagt haben könnten. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann der Kläger trotz des anderslautenden Schichtzettels am Abend des 20. Januar 2020 mit dem Taxi am Bahnhof gestanden haben.

2. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger vom Beklagten für den Monat März 2020 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen kann. Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts endet grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§§ 3 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 2 EFZG); im Streitfall war das der Ablauf des 29. Februar 2020. Für eine Anlasskündigung iSv. § 8 Abs. 1 EFZG besteht kein Anhaltspunkt.

3. Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass der Kläger vom Beklagten nach § 670 BGB analog keine Erstattung von Aufwendungen iHv. € 470,00 beanspruchen kann.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe zwar eine Rechnung über diesen Betrag und eine WhatsApp-Nachricht mit dem Inhalt: „Hinfahren und 400 Euro mitnehmen und zum Ch. bringen“, vorgelegt. Der Kläger habe auf die gerichtliche Auflage, im Einzelnen darzulegen, wer ihm wann den Auftrag in Bezug auf welchen Gegenstand erteilt hat und weshalb er davon ausgegangen ist, dass es sich um einen Auftrag des Beklagten handelte, lediglich ausgeführt, die Weisung sei durch den Sohn des Beklagten erfolgt. Es fehlten konkrete Angaben dazu, in welchem Zusammenhang er die Aufwendung getätigt habe. Zudem habe der Kläger nicht angegeben, für was genau der Betrag gezahlt worden sei und weshalb eine Weisung des Sohnes mit Wirkung für den Beklagten erfolgt sei.

Diese gerichtliche Auflage hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger auch zweitinstanzlich nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Berufung bedarf es für einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen konkreten Sachvortrags. Es ist bereits nicht eindeutig, dass der Kläger € 470,00 aus eigenen Mitteln für den Beklagten verauslagt hat. Laut WhatsApp-Nachricht sollte er einem Ch. „400,00 Euro“ bringen. Der Zusammenhang zwischen der WhatsApp-Nachricht und der vorgelegten Rechnung eines Autoteilehändlers (H. P. aus K.) über € 470,00 ist auch zweitinstanzlich unklar.

III.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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