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Differenzierung bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Inflationsausgleichsprämie

Differenzierungen bei Sonderzahlungen und Inflationsprämien

Die rechtliche Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezüglich Sonderzahlungen und Inflationsprämien ist ein zentrales Thema im Arbeitsrecht. Es geht um die Frage, inwieweit Arbeitnehmer Anspruch auf bestimmte Zahlungen haben und welche Bedingungen hierfür gelten. Der vorliegende Fall beleuchtet diese Thematik anhand eines konkreten Beispiels.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ca 601/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Die Klägerin ist seit 2009 bei der Beklagten als Kauffrau im Einzelhandel beschäftigt.
  • Ein Arbeitsvertrag von 2011 legt fest, dass u.a. Tarifverträge des Einzelhandels und Betriebsvereinbarungen gelten.
  • Die Beklagte bot den Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge an, die von der Klägerin nicht angenommen wurden.
  • In den neuen Verträgen wurde eine Sonderzahlung geregelt, die abhängig von der Unternehmensleistung und unter bestimmten Bedingungen ausgezahlt wird.
  • Die Klägerin erhielt 2022 kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld von der Beklagten.
  • Eine Inflationsausgleichsprämie wurde von der Beklagten an die Arbeitnehmer gezahlt, die auf Sonderzahlungen verzichtet haben; die Klägerin erhielt diese nicht.
  • Das Gericht entschied, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie hat, basierend auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Hintergrund des Falles

Inflationsausgleichsprämie
Klärung von Ansprüchen: Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Streit um Sonderzahlungen und Inflationsprämien. (Symbolfoto: giggsy25 /Shutterstock.com)

Die Klägerin, eine Kauffrau im Einzelhandel, war seit 2009 bei der Beklagten beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2011 enthielt Regelungen, die sich auf die jeweils gültigen Tarifverträge des Einzelhandels und weitere betriebliche Vereinbarungen bezogen. Insbesondere wurde auf eine Prämienlohnvereinbarung hingewiesen.

Die Beklagte bot ihren Arbeitnehmern später neue Arbeitsverträge an, die von der ursprünglichen Regelung abwichen. Statt der bisherigen Vereinbarung enthielten diese Verträge eine Regelung zur Sonderzahlung, die an bestimmte betriebliche Erfolge geknüpft war. Die Auszahlung dieser Sonderzahlung war an bestimmte Voraussetzungen gebunden, insbesondere an das Erreichen eines bestimmten betrieblichen Ergebnisses.

Kern des Streits

Die Klägerin lehnte das Angebot für einen neuen Arbeitsvertrag ab. Trotzdem zahlte die Beklagte im Jahr 2022 das übliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht an die Klägerin aus. Die Klägerin erhob daraufhin Klage, um ihren Anspruch auf diese Sonderzahlungen durchzusetzen. Nachdem die Beklagte die geforderte Summe nebst Zinsen an die Klägerin gezahlt hatte, wurde dieser Teil des Rechtsstreits als erledigt betrachtet.

Ein weiterer Streitpunkt war die Inflationsausgleichsprämie. Die Beklagte informierte ihre Mitarbeiter darüber, dass aufgrund der steigenden Inflation eine solche Prämie in Höhe von 1.000,00 EUR netto ausgezahlt wird. Allerdings sollte diese Zahlung nur an die Mitarbeiter gehen, die auf ihre Sonderzahlungen verzichtet hatten.

Rechtliche und praktische Folgen

Der Fall zeigt die Komplexität von Arbeitsrechtlichen Ansprüchen im Kontext von Sonderzahlungen. Arbeitgeber können versuchen, durch neue Arbeitsverträge oder betriebliche Regelungen die Entgeltstruktur und die Bedingungen für Sonderzahlungen zu verändern. Dies kann zu Unsicherheiten und rechtlichen Auseinandersetzungen führen, insbesondere wenn die neuen Regelungen von den Arbeitnehmern nicht akzeptiert werden.

Es wird deutlich, dass Arbeitnehmerrechte und die Interpretation von Arbeitsverträgen eine zentrale Rolle spielen. Die Frage, ob und in welcher Höhe Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt werden müssen, hängt von den konkreten vertraglichen Regelungen und den jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten ab.

Bedeutung des Falles

Der Fall verdeutlicht die Bedeutung klarer und eindeutiger Regelungen in Arbeitsverträgen. Er zeigt auch, wie wichtig es ist, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsrechtlichen Ansprüche kennen und durchsetzen. Gleichzeitig wird deutlich, dass Arbeitgeber versuchen können, durch neue Regelungen Kosten zu sparen oder ihre Entgeltstruktur anzupassen. Dies kann jedoch zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, wenn die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern auseinandergehen.

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Inflationsausgleichsprämie – kurz erklärt


Die Inflationsausgleichsprämie (IAP) ist eine Maßnahme, die es Arbeitgebern ermöglicht, ihren Beschäftigten bis Ende 2024 Leistungen zur Abmilderung der Inflation bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei zu gewähren. Diese Regelung wurde eingeführt, um die Auswirkungen der Inflation auf Arbeitnehmer abzumildern. Die Prämie kann allen Arbeitnehmern im steuerrechtlichen Sinne gewährt werden, einschließlich Voll- oder Teilzeitbeschäftigten sowie kurzfristig Beschäftigten. Es ist jedoch Vorsicht geboten, wenn es um dauerhafte Lohnerhöhungen geht, die im Zusammenhang mit der Inflationsausgleichsprämie stehen könnten.


Das vorliegende Urteil

ArbG Paderborn – Az.: 1 Ca 601/22 – Urteil vom 20.04.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 22,69 % und die Beklagte 77,31 % zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 804,60 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 15.08.2009 bei der Beklagten als Kauffrau im Einzelhandel am Standort A beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 27.07.2011 zugrunde. In diesem heißt es:

„Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen, die Tarifverträge des Einzelhandels in ihrer jeweils gültigen Fassung und, soweit vorhanden, die Dienstanweisungen, die betrieblichen Ordnungsvorschriften, die Reisekostenordnung und Betriebsvereinbarungen, insbesondere die Prämienlohnvereinbarung. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.“

Die Beklagte hat den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern den Abschluss neuer Arbeitsverträge angeboten. Diese enthalten obige Regelung nicht mehr. Stattdessen enthalten die neuen Arbeitsverträge unter anderem folgende Regelung:

„Für die Kalenderjahre 2022 bis 2025 und vorausgesetzt, dass mindestens 95 % der im Gesamtunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer, denen ein neuer Arbeitsvertrag zur Unterschrift vorgelegt wird, diesen bis zum 31.08.2020 unterzeichnet haben und dieser bis zum 31.08.2020, 24:00 Uhr bei der Arbeitgeberin im Original unterzeichnet eingeht, greift hinsichtlich der Ablösung der tariflichen Sonderzuwendungen (nachstehend auch „Sonderzahlung“ genannt) folgende Regelung:

Erzielt die Arbeitgeberin in dem Auszahlungsdatum jeweils vorhergehenden Geschäftsjahr ein Ergebnis über dem jeweils für dieses Geschäftsjahr geplanten Ergebnis aus der operativen Planung, welches dem Wirtschaftsausschuss spätestens jeweils zum 30.09. bekannt gegeben wird, steht der dieses Gesamtergebnis überschreitende Betrag zu 50 % entsprechend den nachstehenden Grundsätzen zur Verteilung an die Arbeitnehmer zur Verfügung. Voraussetzung ist jedoch, dass der übersteigende Anteil für die Arbeitnehmer mindestens 100 T. EUR beträgt. Hieraus erhält – ausgehend von einer Vollzeitstelle, anteilige Kürzung bei Teilzeitstelle – jeder Arbeitnehmer, der am und ab dem 01.11. des betreffenden Kalenderjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu der Arbeitgeberin steht, eine Sonderzahlung […].“

Die Klägerin hat das Angebot der Beklagten auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages nicht angenommen. Die Beklagte hat in dem Kalenderjahr 2022 das in der Vergangenheit gezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht an die Klägerin ausgezahlt. Mit der vorliegenden Klage machte die Klägerin zunächst ihren Anspruch auf Zahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes für das Kalenderjahr 2022 in Höhe von insgesamt 2.741,04 EUR brutto geltend. Nachdem die Beklagte die Zahlung nebst Zinsen an die Klägerin geleistet hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Schreiben vom 29.09.2022 wurden die Mitarbeiter der Beklagten darüber informiert, dass allen Mitarbeitern der Beklagten aufgrund der steigenden Inflation eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.000,00 EUR netto ausgezahlt wird. Die Zahlung sollte Anfang Dezember 2022 erfolgen. In dem Schreiben der Beklagten vom 29.09.2022 (Bl. 186 d. A.) heißt es:

„[…] Wir haben immer gesagt, dass – wenn B wieder besser da steht – ihr daran teilhaben werdet. Dabei haben wir – in Abstimmung mit dem Betriebsrat, der sich hierfür intensiv eingesetzt hat – entschieden, dass alle Mitarbeiter*innen, die in diesem Geschäftsjahr auf Sonderzahlungen verzichtet haben, spätestens Anfang Dezember eine freiwillige Einmalzahlung von netto 1.000,00 EUR Inflationsprämie erhalten. Teilzeitkräfte erhalten diese entsprechend anteilig*. Wir nehmen die durch die steigende Inflation wachsenden finanziellen Belastungen wahr und hoffen, hierdurch etwas Entlastung zu schaffen.“

Die Klägerin hat keine Inflationsausgleichszahlung erhalten. Mit ihrer Klageerweiterung vom 11.01.2023 verlangt sie die unter Berücksichtigung ihrer Teilzeittätigkeit anteilige Zahlung der Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 804,60 EUR netto.

Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, der streitgegenständliche Anspruch ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Es liegen nach der Rechtsauffassung der Klägerin keine sachlichen Gründe vor, die eine Andersbehandlung der Klägerin gegenüber den Arbeitnehmern, an die eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt wurde, rechtfertigen würden. Aus der Erklärung der Beklagten und dem Sinn der Inflationsausgleichsprämie folge, dass die derzeitigen wirtschaftlichen Belastungen aufgrund der aktuellen Inflation abgefedert werden sollen. Die Klägerin habe für das Geschäftsjahr 2022 zunächst weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld erhalten. Die Beklagte habe bis zur Auszahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes im Frühjahr 2023 bestritten, dass ein solcher Anspruch bestehe. Die Klägerin sei von der finanziellen Belastung, die durch die steigende Inflation entstehe, erheblich betroffen. Sie sei damit wirtschaftlich vergleichbar mit allen anderen Arbeitnehmern. Dies könne auch nicht durch eine spätere Zahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes ausgeglichen werden. Im Übrigen sei auch die Gruppenbildung anhand der Sonderzahlungen, die die Mitarbeiter seit Jahren von der Beklagten erhalten haben und auf die sie vertrauen durften, sachfremd. Die inflationsbedingt steigenden Preise treffen auch die Mitarbeiter, die auf die Gehaltszahlungen und Sonderzahlungen angewiesen sind. Schließlich verweist die Klägerin darauf, dass die Nichtzahlung der Inflationsausgleichsprämie einen Strafcharakter für die Arbeitnehmer habe, die einen neuen Arbeitsvertrag nicht unterschrieben haben.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 804,60 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2023 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, im Geschäftsjahr 2021/2022 seien erstmals wieder positive Umsatzergebnisse erzielt worden. Als Zeichen der Dankbarkeit für die Treue derjenigen Mitarbeiter, die sich währen der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Engpässen der Beklagten durch Unterzeichnung der neuen Arbeitsverträge in hohem Maße solidarisch gezeigt haben, habe die die Beklagte dieser Mitarbeitergruppe im September 2022 eine freiwillige Sonderzahlung in Höhe von maximal 1.000,00 EUR netto. Die Gewährung dieser freiwilligen Sonderzahlung sei lediglich an diejenigen Mitarbeiter erfolgt, die keine tariflichen Sonderzahlungen erhalten und diese auch nicht im Klagewege geltend gemacht haben.

Die Klägerin habe durch die erfolgreiche gerichtliche Geltendmachung der tariflichen Sonderzahlungen für die Jahre 2020 und 2021 insgesamt ca. 4.000,00 EUR brutto von der Beklagten erhalten. Der Großteil der Belegschaft der Beklagten habe dagegen seit dem Jahr 2020 keine tarifliche Sonderzahlung mehr erhalten und habe diese auch nicht gerichtlich geltend gemacht. Damit liege ein sachlicher Differenzierungsgrund dafür vor, diejenigen Mitarbeiter, die keine tariflichen Sonderzahlungen erhalten, günstiger zu behandeln, als diejenigen Mitarbeiter, die entsprechende Zahlungen erhalten haben. Hinzu komme, dass die freiwillige Sonderzahlung als sogenannte Inflationsausgleichsprämie durch die Beklagte gewährt wurde. Aufgrund der bereits an die Klägerin geleisteten Sonderzahlungen in Höhe von mehr als 4.000,00 EUR brutto sei die Klägerin nicht in vergleichbarem Maße von den inflationsbedingten finanziellen Einbußen betroffen, wie die übrige Belegschaft, die diese Zahlungen nicht erhalten habe.

Der klägerische Vortrag dahingehend, dass diejenigen Mitarbeiter, die keine tariflichen Sonderzahlungen mehr erhalten, anderweitige Kompensationen anstelle von Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten, sei falsch. Das Unterschriftenquorum in der ablösenden Betriebsvereinbarung, welches die Voraussetzung für die Gewährung weiterer Sonderzahlungen darstellte, sei nicht erreicht worden. Entsprechende Zahlungen seien nicht geleistet worden. Diejenigen Mitarbeiter, die der Beklagten während der schwierigen finanziellen Lage zur Seite standen und auf Sonderzahlungen verzichteten, seien nun von der Inflation am härtesten betroffen. Eine vergleichbare finanzielle Lage der Klägerin zu der übrigen Belegschaft, die keine Sonderzahlungen mehr erhält, bestehe daher gerade nicht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie. Dieser Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG, 31.08.2005, 5 AZR 517/04). Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet im Bereich der Vergütung Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (BAG, 27.07.1988, 5 AZR 244/87). Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck ist zu beurteilen, ob der ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird (BAG, 17.05.1978, 5 AZR 132/77). Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offen zu legen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne weiteres erkennbar, legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden.

Die Beklagte hat die Inflationsausgleichsprämie nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip ausgezahlt. Die Zahlung erfolgte an diejenigen Arbeitnehmer, die auf Sonderzahlungen verzichtet haben. Die Beklagte hat eine Gruppenbildung vorgenommen. Sie hat entschieden, dass diejenigen Arbeitnehmer, die den neuen Arbeitsvertrag nicht unterschrieben haben bzw. nicht auf die Sonderzahlung verzichtet haben, keine Inflationsausgleichsprämie erhalten. Auf diesen Fall findet der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung. Die Beklagte nimmt eine bestimmte Arbeitnehmergruppe von der gezahlten Inflationsausgleichsprämie aus.

Die Beklagte durfte nach sachlichen Gründen differenzieren, welcher Arbeitnehmergruppe sie einen Inflationsausgleich zukommen lassen will und welcher Arbeitnehmergruppe nicht. Ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate muss nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen. Die Beklagte hat mit der Beschränkung der Leistungen einen weitergehenden Zweck verbunden. Es wird dem Vortrag der Beklagten nicht gerecht, die Gleichbehandlung allein nach dem für alle gleichermaßen geltenden Ziel des Inflationsausgleichs zu beurteilen. Vielmehr zeigt die Verteilung der Leistung und die dafür gegebene Begründung, dass es der Beklagten bei der Differenzierung um eine Angleichung der Arbeitsbedingungen ging. Die Beklagte hat dabei die Leistung denjenigen Arbeitnehmern gewährt, die schlechter gestellt waren, weil sie auf die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet haben.

Die Geltung verschiedener Vertragsmodelle ist ein formeller Gesichtspunkt und ersetzt nicht den sachlichen Grund für die Differenzierung. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein. Das ist auch bei unterschiedlichen Vergütungssystemen nicht ohne weiteres gewährleistet. Die Beklagte bezweckt mit der Beschränkung der Leistung auf die Arbeitnehmer, die auf die Sonderzahlung verzichtet haben, einen Ausgleich gegenüber den übrigen Arbeitnehmern, die einen Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld haben. Das ist ein sachlicher Grund, der eine Differenzierung rechtfertigt.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte zunächst die Rechtsauffassung vertreten hat, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung eines Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Inzwischen ist rechtskräftig festgestellt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Urlaubs- und Weihnachtsgeldes hat. Die Beklagte hat dieses auch an die Klägerin – wenn auch verspätet – gezahlt. Es ist also zulässig, zwischen den Arbeitnehmern mit Anspruch auf ein Urlaub- und Weihnachtsgeld und Arbeitnehmern ohne Anspruch auf ein Urlaubs- und Weihnachtsgeldes zu differenzieren.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits sind von den Parteien anteilig zu tragen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits insoweit zu tragen, als sie durch Zahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes für das Kalenderjahr 2022 den Anspruch der Klägerin anerkannt und sich verpflichtet hat, die Kosten des Rechtsstreits insoweit zu tragen. Im Übrigen hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlegen ist.

Der Wert des Streitgegenstandes entspricht dem Nennwert des Inflationsausgleichs, über den durch Urteil entschieden wurde.

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