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Elternteilzeitverlangen formunwirksam – Klage auf Abgabe einer Zustimmungserklärung

Elternteilzeit und rechtliche Herausforderungen

Die rechtliche Auseinandersetzung um das Elternteilzeitverlangen und die damit verbundenen Anforderungen an die Form und den Inhalt solcher Anträge hat in jüngster Zeit erhebliche Aufmerksamkeit erregt. Ein zentrales Problem in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf Elternteilzeit als formunwirksam betrachtet werden kann und welche rechtlichen Folgen sich daraus ergeben. Insbesondere wenn der Arbeitgeber das Elternteilzeitverlangen ablehnt, entstehen oft komplexe rechtliche Fragestellungen, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von großer Bedeutung sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Sa 194/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Elternteilzeitverlangen wurde als formunwirksam betrachtet, da die Dauer der Elternzeit unklar war.
  • Es gab Diskussionen darüber, ob ein formgerechter Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit vorlag.
  • Die Klägerin hat den Empfang des Schreibens vom Geschäftsführer der Beklagten bestätigen lassen, was auf eine rechtsrelevante Erklärung hindeutet.
  • Die Beklagte argumentierte, dass kein formwirksamer Antrag auf Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit gestellt wurde.
  • Es gab betriebliche Gründe, insbesondere einen mangelnden Beschäftigungsbedarf während der Coronapandemie, die gegen eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin sprachen.
  • Die Klägerin hat Berufung gegen das Urteil eingelegt und ihre Argumente dargelegt.
  • Willenserklärungen müssen gemäß §§ 133, 157 BGB so interpretiert werden, wie sie von den Parteien verstanden werden müssen.

Kern des Disputs

Elternteilzeit
Elternteilzeit: Zwischen formellen Anforderungen und betrieblichen Herausforderungen. (Symbolfoto: Oksana Klymenko /Shutterstock.com)

Im vorliegenden Fall wurde argumentiert, dass der Antrag auf Elternteilzeit unbestimmt sei, da die Dauer der beantragten Elternzeit nicht klar definiert war. Der Arbeitgeber behauptete, dass zu Beginn der beantragten Teilzeittätigkeit nicht regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt waren und dringende betriebliche Gründe, insbesondere ein fehlender Beschäftigungsbedarf, einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin entgegenstanden.

Die Klägerin hingegen vertrat die Ansicht, dass bereits mit einem Schreiben vom 28.12.2019 ein formgerechter Antrag auf Teilzeit in der Elternzeit vorgelegen habe. Sie betonte, dass die Überschrift „Antrag auf Elternzeit“ und die Tatsache, dass sie sich den Empfang des Schreibens vom Geschäftsführer der Beklagten habe bestätigen lassen, deutlich machten, dass es sich um eine rechtlich relevante Erklärung handelte.

Rechtliche Erwägungen und Argumente

Die Beklagte argumentierte, dass mit dem besagten Schreiben vom 28.12.2019 kein formwirksamer Antrag auf Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit gestellt worden sei. Stattdessen habe die Klägerin lediglich eine solche Absicht angekündigt. Die Beklagte betonte, dass sie mit Vorsicht agiert habe, da die Klägerin, entgegen ihrer Ankündigung, keinen formwirksamen Antrag gestellt habe. Weiterhin wurde argumentiert, dass aufgrund der Coronapandemie kein Beschäftigungsbedarf für die Klägerin bestand.

Die rechtliche Beurteilung von Willenserklärungen, wie sie im vorliegenden Fall vorliegen, basiert auf den §§ 133, 157 BGB. Diese Bestimmungen legen fest, dass Willenserklärungen so auszulegen sind, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müssen. Dabei ist der Wortlaut der Erklärung ebenso zu berücksichtigen wie die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände.

Bedeutung und Tragweite des Falles

Die rechtliche Auseinandersetzung um das Elternteilzeitverlangen und die damit verbundenen Anforderungen hat weitreichende Implikationen für das Arbeitsrecht. Es zeigt, wie wichtig es ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sind und wie entscheidend die genaue Formulierung und der Inhalt solcher Anträge sein können. Der Fall unterstreicht auch die Bedeutung von klaren Kommunikationswegen und der Notwendigkeit, rechtliche Unsicherheiten frühzeitig zu klären, um kostspielige und zeitaufwändige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

➨ Elternteilzeit: Klarheit in rechtlichen Fragen

Die Thematik rund um das Elternteilzeitverlangen kann sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber mit Unsicherheiten verbunden sein. Ob es um die Formulierung eines Antrags, die rechtliche Gültigkeit oder die Interpretation von Willenserklärungen geht – wir stehen Ihnen zur Seite. Erhalten Sie eine fundierte Ersteinschätzung zu Ihrem individuellen Fall und profitieren Sie von einer anschließenden, detaillierten Beratung. Gemeinsam finden wir den besten Weg durch das Arbeitsrecht. Nehmen Sie jetzt Kontakt auf und klären Sie Ihre rechtlichen Anliegen.

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Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Arbeitgeber das Elternteilzeitverlangen ablehnen kann?


Arbeitgeber müssen grundsätzlich dem Verlangen eines Mitarbeitenden auf Teilzeit in Elternzeit zustimmen. Eine Ablehnung ist jedoch möglich, wenn „dringende betriebliche Gründe“ entgegenstehen. Diese dringenden betrieblichen Gründe liegen beispielsweise vor, wenn die Freistellung des Arbeitnehmers den betrieblichen Ablauf unmittelbar einschränken würde. Die genaue Auslegung dieser Gründe ist abhängig von der Stellung des jeweiligen Arbeitnehmers und der konkreten Situation des Betriebes. Eine pauschale Ablehnung „mangels Beschäftigungsmöglichkeit“ ist nicht ausreichend, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden hat.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht München – Az.: 3 Sa 194/22 – Urteil vom 09.02.2023

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 09.03.2022 – 36 Ca 15764/20 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit Teilzeit während der Elternzeit.

Die Klägerin war aufgrund des Arbeitsvertrags vom 00.00.0000 (Anlage K1 = Bl. 7 d. A.) seit dem 1.10.2005 als Rezeptionistin im Früh- und Spätdienst im Hotelbetrieb der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zu 40 Wochenstunden und einer Bruttovergütung von zuletzt 4.090,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete nach Eigenkündigung der Klägerin am 23.12.2021.

Mit dem der Beklagten am 26.02.2020 zugegangenen Schreiben vom 28.12.2019 (Anlage K2 = Bl. 7 d. A.), dessen Betreff „Antrag auf Elternzeit“ lautete, beantragte die Klägerin zur Betreuung und Erziehung ihres am 00.00.0000 geborenen Kindes Elternzeit bis zum 23.12.2021. Des Weiteren heißt es in diesem Schreiben:

„… Während der Elternzeit, nach Ablauf des ersten Jahres, ab dem 25.12.2020, möchte ich wieder wie in der letzten Elternzeit, auf Teilzeit (24-Stunden-Woche) arbeiten. Hierzu setze ich mich frühzeitig mit Ihnen in Verbindung um die Modalitäten zu klären. …“

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 22.10.2020 unter dem Betreff „Ihr Antrag auf Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit vom 28.12.2019“ mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werde könne. Der Antrag sei unbestimmt, weil die Dauer der beantragten Elternzeit unklar geblieben sei. Er sei auch unbegründet. Im Zeitpunkt des Beginns der beantragten Teilzeittätigkeit seien nicht regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt und zudem stünden dringende betriebliche Gründe, nämlich ein mangelnder Beschäftigungsbedarf, einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin entgegen (Anlage K3 = Bl. 8 f. d. A.). Hieraufhin forderte der Klägerinvertreter die Beklagte mit Schreiben vom 2.11.2020 unter Fristsetzung bis zum 10.11.2020 auf, „dem Teilzeitantrag … gemäß Schreiben vom 28.12.2019 nachzukommen“ (Anlage K4 = Bl. 10 f. d. A.). Die Beklagte reagierte hierauf nicht.

Während der Coronapandemie ab März 2020 war das Hotel lediglich vom 07.09.2020 bis

31.10.2020 geöffnet und anschließend für fast ein Jahr geschlossen, um eine Sanierung der Räumlichkeiten durchzuführen. Mit Schriftsatz vom 14.07.2021 legte die Klägerin einen Facebook-Eintrag über diese Investition vor, der „unlängst“ veröffentlicht worden sei.

Mit Klage vom 29.12.2020, der Beklagten am 09.01.2021 zugestellt, hat die Klägerin zu 1) Verurteilung der Beklagten auf Fortbeschäftigung unter Zustimmung zur Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 24 Wochenstunden ab dem 25.12.2020 bei Verteilung der Arbeitszeit auf Mittwoch – Spätdienst – und Samstag, Sonntag sowie Feiertage – Früh- und Spätdienst – sowie zu 2) die Zahlung eines monatlichen Gehaltes in Höhe von 2.454,00 € brutto ab 25.12.2020 verlangt. Im Kammertermin vom 18.02.2022 hat die Klägerin den Antrag zu 1) in der Hauptsache für erledigt erklärt, womit sich die Beklagte einverstanden erklärt hat. Den Antrag zu 2) hat sie auf Zahlung von insgesamt 26.835,68 € brutto zzgl. Zinsen ab Rechtshängigkeit umgestellt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihr hätte die Teilzeitbeschäftigung wie beantragt bewilligt werden müssen. Mit Schreiben vom 28.12.2019 habe ein formgerechter Antrag auf Teilzeit in der Elternzeit vorgelegen. Dies zeige bereits die Überschrift „Antrag auf Elternzeit“. Aus dem Umstand, dass sich die Klägerin den Empfang des Schreibens vom Geschäftsführer der Beklagten habe bestätigen lassen, habe der Empfänger des Schreibens schließen können, dass es sich um eine rechtsrelevante Erklärung handele. Ausweislich ihres Schreibens vom 22.10.2020 sei die Beklagte selbst von einem Antrag auf Teilzeit und nicht nur dessen Ankündigung ausgegangen. Auslöser der Befassung des Vorgangs durch die Beklagte im Oktober 2020 sei eine vorherige E-Mail der Klägerin an die Beklagte gewesen, sich wegen der anstehenden Teilzeitbeschäftigung mit ihr in Verbindung zu setzen. Die Klägerin habe bewusst diesen Zeitraum gewählt, da sie gewusst habe, dass das Hotel im September wieder den Betrieb aufnehmen und insofern besser planen könne. Die formalen Voraussetzungen seien erfüllt. Betriebliche Gründe stünden nicht entgegen. Dem Geschäftsführer der Beklagten sei die Coronapandemie „zupass“ gekommen, um insgesamt 1. Mio. € in das Haus zu investieren und zu renovieren. Der Umstand, dass die Beklagte für die Klägerin andere Mitarbeiter eingestellt habe, ändere nichts an der Begründetheit des Beschäftigungsbegehrens. Die Beklagte hätte das Teilzeitbegehren der Klägerin bei der Einstellung anderer Mitarbeiter an der Rezeption berücksichtigen müssen. Die Beklagte schulde ihr dafür ein monatliches Bruttogehalt von € 2.454,00.

Die Beklagte hat erstinstanzlich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, das mit Schreiben vom 28.12.2019 kein formwirksamer Antrag auf Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit gestellt worden sei, vielmehr habe die Klägerin einen solchen lediglich angekündigt. Ihr eigenes Schreiben vom 20.10.2020 sei mit äußerster Vorsicht veranlasst worden, weil sich die Klägerin entgegen ihrer Ankündigung noch nicht in rechtswirksamer Form mit dem seinerzeit angekündigten Teilzeitantrag bei ihr gemeldet hätte. Darüber hinaus habe der Beklagte der Klägerin Kenntnis darüber verschaffen wollen, dass für den Fall eines formal ordnungsgemäßen Antrags ein solcher Anspruch mangels Vorliegen der formellen Voraussetzungen, aber auch aus materiellen Gründen aufgrund mangelnden Beschäftigungsbedarfs in der Coronapandemie nicht bestehe. Ein rechtswirksamer Antrag auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit habe auch nicht mit dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 02.11.2020 vorgelegen. Auch darin habe kein Angebot vorgelegen, das die Beklagte mit einem schlichten „Ja“ hätte annehmen können. Erst mit dem eingereichten Klageantrag zu 1) lasse sich ein Änderungsangebot vorstellen, wobei die konkrete Verteilung der Wochenstunden auf die im Antrag genannten Tage nicht zweifelsfrei zu entnehmen sei. Die formellen Voraussetzungen für das Teilzeitbegehren lägen nicht vor. Zum Zeitpunkt des angekündigten Beginns der Teilzeitbeschäftigung habe sie nicht mindestens 16 Arbeitnehmer beschäftigt, vielmehr beschäftige sie seit Juli/August 2020 lediglich 14 namentlich genannte Arbeitnehmer. Es habe für die Klägerin kein Beschäftigungsbedarf bestanden. Nach den unternehmerischen Entscheidungen in 2020 werde der Hotelbetrieb nicht mehr auf Masse wie im bisherigen Umfang geführt. Der Bereich der Rezeption sei mit den unbefristet eingestellten Mitarbeitern abgedeckt. In der gesamten Zeit der gewünschten Teilzeit habe ein Hotelbetrieb nicht stattgefunden. Das Hotel sei für Renovierungsmaßnahmen geschlossen gewesen.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage durch Urteil vom 09.03.2022 – 36 Ca 15764/20 – abgewiesen. Die Beklagte sei der Klägerin nicht für die unterbliebene Teilzeitbeschäftigung im Zeitraum vom 25.12.2020 bis 23.12.2021 zum Schadensersatz nach § 280 BGB verpflichtet. Zwar habe die Klägerin mit ihren Schreiben vom 28.12.2019 formwirksam die Verringerung ihrer Arbeitszeit während der Elternzeit beantragt. Da aber die Zustimmung der Beklagten nach § 15 Abs. 7 S. 5 BEEG als erteilt gelte, bestehe keine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen unterbliebener Zustimmung. Ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs sei vorliegend nicht zu prüfen gewesen, da es sich dabei um einen anderen Streitgegenstand handele. Das Verlangen einer Zustimmung nach § 15 Abs.7 BEEG sei ein anderer Lebenssachverhalt als ein Beschäftigungsanspruch nach erfolgter bzw. fingierter Zustimmung und damit erfolgter Arbeitszeitreduzierung.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 11.03.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.04.2022 Berufung beim Landesarbeitsgericht München eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.06.2022 am 06.06.2022 begründet.

Das Arbeitsgericht habe den Zahlungsanspruch zu 2) aus der Klageschrift übergangen, mit dem die Klägerin Ersatzansprüche aus Annahmeverzug wegen Nichtannahme der Arbeitsleistung durch die Beklagte geltend gemacht habe. In der mündlichen Verhandlung sei dieser Zahlungsanspruch auf die jeweiligen Leistungszeiträume konkretisiert worden. Vorsorglich werde klargestellt, dass Ziff. 2 des ursprünglichen Klageantrags „Schadensersatz wegen Annahmeverzugs der Beklagten“ beinhaltet habe.

Die Beklagte habe sich in Annahmeverzug befunden, da sie mit ihrem Schreiben vom

22.10.2020 den Antrag der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung verweigert habe und trotz Fristsetzung 2020 mit Schreiben vom 02.11.2020 bis zum 10.11. hierauf nicht reagiert habe.

Mit dem Schreiben vom 28.12.2019 habe ein Antrag im Sinne des § 15 Abs. 7 BEEG vorgelegen. Die Formulierung „um die Modalitäten zu klären“ habe sich auf die Verteilung der Arbeitszeiten bezogen, die die Beklagte betriebsbedingt immer nur kurzfristig bestimme. Die Angabe der konkreten Verteilung der verringerten Arbeitszeit sei nicht Voraussetzung für einen wirksamen Antrag. Jedenfalls wäre ein solcher Antrag spätestens mit Schreiben vom 02.11.2020 und höchsthilfsweise mit dem Klageantrag zu 1) gestellt worden. Die Voraussetzungen eines „Schadensersatzanspruchs wegen Annahmeverzugs“ gemäß §§ 611 a Abs. 2, 326 Abs. 1 1. Alt., 275 Abs. 1 BGB lägen im Hinblick auf das Schreiben der Klägerin vom 28.12.2019, der Beklagten am 26.02.2020 zugegangen, vor. Hierfür wird auf die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 10.10.2022 (Bl. 206 – 208 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München, Az. 36 Ca 15764/20, verkündet am 09.03.2022, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum 25.12.2020 bis 31.12.2020 € 474,97 brutto, für den Zeitraum 01.01.2021 bis 30.11.2021 ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von jeweils 2.454,00 € und für Dezember 2021 € 1.820,71 brutto, mithin insgesamt € 26.835,68 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin habe mit Schreiben vom 28.12.2019 keinen formgerechten Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit im Sinne des § 17 Abs. 7, Abs. 6 BEEG, sondern einen Antrag im Sinne des Konsensverfahrens gestellt. Sie habe insbesondere mit der Formulierung „um die Modalitäten zu klären“ nicht zum Ausdruck gebracht, der Beklagten das Direktionsrecht in Bezug auf die Verteilung der Arbeitszeiten überlassen zu wollen. Dieser Antrag vom 28.12.2019 sei durch das Schreiben des Klägervertreters vom 02.11.2020 auch nicht weiter konkretisiert worden. Jedenfalls habe die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1) eine Vertragsänderung von der Beklagten begehrt, die sie der Beklagten nicht zuvor im Verfahren nach § 15 Abs. 6 und Abs. 7 BEEG angetragen habe. Die Zustimmungserteilung durch die Beklagte sei nunmehr mit der konkreten Aufteilung der Arbeitszeiten auf bestimmte Wochentage und Schichten verbunden worden. Damit liege ein anderer Streitgegenstand vor. Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu 1) in der Klageschrift die Zustimmung der Beklagten zur Teilzeitarbeit während der Elternzeit verlangt habe, hätte er auf einen Feststellungsantrag im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO umgestellt werden müssen, statt für erledigt erklärt zu werden. In ihrer Berufungsbegründung habe sich die Klägerin mit den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 611 a Abs. 2, 326 Abs. 2 1. Alt., 275 Abs. 1 BGB nicht auseinandergesetzt. Die Ausführungen der Klägerin hätten sich ausschließlich mit Annahmeverzugsansprüchen gemäß § 615 BGB beschäftigt. Die unzureichende Berufungsbegründung könne nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht mehr durch ergänzenden Vortrag nachgeholt werden. Im Übrigen fehle es auch im Schriftsatz vom 10.10.2022 an substanziellen Ausführungen zu einer Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 06.06.2022 (Bl. 124 – 149 d. A.) und 10.10.2022 (Bl. 203 – 211 d. A.), die Schriftsätze der Beklagten vom 04.08.2022 (Bl. 175 – 184 d. A.) und 25.10.2022 (Bl. 212 – 217 d. A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.02.2023 (Bl. 231 – 235 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet.

I.

Die nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 66 Abs. 1 ArbGG. In Bezug auf einen Schadensersatzanspruch fehlt es indessen an einer § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 – 4 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG genügenden Berufungsbegründung mit der Folge, dass die Berufung insoweit unzulässig ist.

1. Die Berufungsbegründung muss nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 – 4 ZPO die Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) und die neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden im Einzelnen bezeichnen, auf die die Partei ihre Berufung stützen will. Die Berufung muss deshalb auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Sie muss sich mit den Argumenten des angegriffenen Urteils auseinandersetzen und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das Urteil für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen (vgl. etwa BAG, Urteil vom 16.05.2012 – 4 AZR 245/10 – Rn. 11).

Es muss dabei für jeden der Streitgegenstände eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 – 4 ZPO genügende Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. BAG, Urteil vom 08.05.2008 – 6 AZR 517/07 – Rz. 28).

Ein erst nach der Berufungsbegründungsfrist erfolgtes Vorbringen ist nicht mehr berücksichtigungsfähig (vgl. BAG, Beschluss vom 06.01.2019 – 6 AZB 105/14 – Rn. 22; LAG München, Urteil vom 07.11.2019 – 3 Sa 234/19 – Rn. 28).

2. Die Klägerin hat sich innerhalb der bis zum 11.06.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht gegen die Annahme des Arbeitsgerichts unter I. 1. c) der Gründe gewandt, es bestehe keine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen unterbliebener Zustimmung zum Teilzeitbeschäftigungsantrag der Klägerin, weil kraft gesetzlicher Fiktion die Zustimmung gemäß § 15 Abs. 7 Satz 4 und 5 BEEG als erteilt gelte. In ihrer Berufungsbegründung vom 06.06.2022, Seite 4, erklärt die Klägerin lediglich, dass Ziff. 2 der Klageschrift in der Fassung des geänderten Antrags gemäß Protokoll vom 18.02.2022 „die Ersatzansprüche der Klägerin aus Annahmeverzug wegen Nichtabnahme der Arbeitsleistung durch die Beklagte“ betreffe, und legt dort auf Seite 5 dar, warum dieser Anspruch gegeben sei. Im Übrigen enthält die Berufungsbegründung den Satz:

„Vorsorglich wird klargestellt, dass Ziffer 2. des ursprünglichen Klageantrags Schadensersatzansprüche wegen Annahmeverzug der Beklagten beinhaltete.“

Diese Aussage ist unverständlich und stellt keine ausreichende Berufungsbegründung für etwaige Schadensersatzansprüche dar. Bei Schadensersatzansprüchen und Ansprüchen auf Annahmeverzugsvergütung handelt sich um verschiedene Ansprüche, die unterschiedliche Voraussetzungen haben (vgl. Poeche in Küttner Personalbuch 2022, 29. Auflage 2022, „Elternzeit“ Rn. 38 m.w.Nachw.). Darüber hinaus genügt diese Äußerung nicht den Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung. Die Klägerin legt damit nicht dar, warum die Annahme des Arbeitsgerichts, es bestehe keine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen unterbliebener Zustimmung, da diese kraft gesetzlicher Fiktion als erteilt gelte, unzutreffend ist. Zu Gunsten der Klägerin kann auch nicht angenommen werden, sie leite den Klageanspruch aus ein- und demselben Lebenssachverhalt her, weshalb ein einheitlicher Streitgegenstand gegeben ist (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 20.11.2018 – 10 AZR 121/18 – Rn. 11). Denn die Klägerin stellt in ihrer Berufungsbegründung noch nicht einmal ansatzweise dar, aufgrund welcher Tatsachen entgegen dem erstinstanzlichen Urteil ein Schadensersatzanspruch begründet sein könnte. Ihre „Klarstellung“, dass Ziffer 2 des ursprünglichen Klageantrags „Schadensersatz wegen Annahmeverzugs der Beklagten“ beinhaltet habe, mag den erstinstanzlichen Antrag erklären, enthält aber keine Begründung ihrer Berufung. Soweit die Klägerin nach Hinweis des Landesarbeitsgerichts, sie habe einen Schadensersatzanspruch in ihrer Berufungsbegründung nicht dargelegt, dies in Bezug auf das Schreiben vom 28.12.2018 in ihrem Schriftsatz vom 10.10.2022 nachgeholt hat, ist diese Begründung nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 11.06.2022 nicht mehr zu berücksichtigen.

II.

Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet.

1. Der Klägerin stehen keine Annahmeverzugsansprüche für die Zeit vom 25.12.2020

bis 23.12.2021 in Höhe von 26.835,68 € brutto zu, §§ 611 a Abs. 2, 615 Satz 1, 293 ff. BGB. Es fehlt an dem erforderlichen Teilzeitarbeitsverhältnis während der Elternzeit mit 24 Wochenstunden.

a) Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung (§ 611 a Abs.

2 BGB) fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug gerät. Das setzt nach § 293 BGB die Nichtannahme der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung voraus. Besteht keine Arbeitspflicht, schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber keine Dienste. Er kann sie dem Arbeitgeber nicht anbieten; dem Arbeitgeber obliegt keine Mitwirkungshandlung i.S.v. § 296 BGB. Er braucht dem Arbeitnehmer für diese Zeit keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Annahmeverzugsansprüche können deshalb nicht für Zeiten entstehen, während derer die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch die Arbeitspflichten ruhen (vgl. BAG, Urteil vom 27.04.2004 – 9 AZR 21/04 – unter A. I. 1. der Gründe).

b) Zwischen den Parteien bestand im streitgegenständlichen Zeitraum kein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einem Umfang von 24 Wochenstunden.

aa) Die Pflichten der Klägerin aus ihrem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ruhten (st.Rspr. seit BAG, Urteil vom 22.06.1988 – 5 AZR 526/87 -).

bb) Unstreitig haben die Parteien ein Teilzeitarbeitsverhältnis während der Elternzeit der Klägerin nicht vereinbart.

cc) Es gilt aber auch die Zustimmung der Beklagten nicht als erteilt und die Verringerung der Arbeitszeit nicht entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin als festgelegt gem. § 15 Abs. 7 Satz 5 und 4 BEEG. Hierfür fehlt es an einem Antrag der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit i. S. d. § 15 Abs. 7 S. 1 bis 3, Abs. 6 BEEG.

(1) Mit dem Schreiben vom 28.12.2019 hat die Klägerin ihren Teilzeitwunsch lediglich angekündigt. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Schreibens vom 28.12.2019 gemäß §§ 133, 157 BGB, die für die Auslegung heranzuziehen sind (vgl. BAG, Urteil vom 27.04.2004 – 9 AZR 21/04 – unter A. I. 2. b) bb) (2) der Gründe).

(a) Willenserklärungen sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müssen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärungen zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 09.03.2021 – 9 AZR 312/20 – Rn. 29).

(b) Dass die Klägerin mit Schreiben vom 28.12.2019 ihren Teilzeitwunsch lediglich angekündigt hat, ergibt sich bereits aus dem Betreff des Schreibens, das das nachfolgende Verlangen lediglich als „Antrag auf Elternzeit“, nicht aber als „Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit“ bezeichnet. Im Fließtext bringt die Klägerin dann zum Ausdruck, dass sie ab

22.12.2020 „wie in der letzten Elternzeit“, auf Teilzeit (24-Stunden-Woche) arbeiten möchte, macht aber mit dem nachfolgenden Satz deutlich, dass dies noch ihre vorläufige Absicht ist. Denn „hierzu“ kündigt sie an, sich „frühzeitig mit Ihnen in Verbindung (zu setzen) um die Modalitäten zu klären“. Damit hat die Klägerin nicht verbindlich eine Teilzeit im Umfang von 24 Wochenstunden beantragt, sondern machte einen entsprechenden verbindlichen Antrag von noch zu klärenden Bedingungen abhängig. Zudem spricht die Interessenlage der Klägerin dafür, die Formulierung „um die Modalitäten zu klären“ als bloße Ankündigung eines Teilzeitantrags im Sinne des § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG zu verstehen. Es mag für die Klägerin im Dezember 2019 bzw. Ende Februar 2020, wenn auf den Zugang dieses Schreibens bei der Beklagten abgestellt werden würde, noch nicht absehbar gewesen sein, welche Betreuungsmöglichkeiten sich realistischer Weise darstellten, um ihre Teilzeitbeschäftigung im gewünschten Umfang bei der Beklagten leisten zu können.

Aus dem Schreiben der Beklagten vom 22.10.2020 rechtfertigt sich keine andere Beurteilung. Wie die Klägerin angegeben hat, ist dies erst erfolgt, nachdem sie sich mit der Beklagten wegen der Teilzeit in Verbindung gesetzt hatte. Die Beklagte wusste folglich, dass die Klägerin meinte, mit Schreiben vom 28.12.2019 einen Teilzeitantrag gestellt zu haben. Zu ihrer Email gibt die Klägerin im Übrigen an, bewusst in diesem Zeitraum, d. h. Herbst 2020, nachgefragt zu haben; sie habe gewusst, dass das Hotel im September 2020 den Betrieb wiederaufgenommen hätte und „insofern besser planen konnte“. Hätte die Klägerin jedoch bereits mit dem am 26.02.2020 zugegangenen Schreiben vom 28.12.2019 verbindlich Umfang und Lage ihrer Teilzeit verlangt, hätte die Beklagte ihre Teilzeit nicht „planen“ können, wie es die bekundete Absicht der Klägerin war.

Selbst wenn jedoch mit Schreiben vom 28.12.2019 ein Antrag auf Teilzeit im Umfang von 24 Wochenstunden Vorgelegen hätte, wäre das Verfahren der Inanspruchnahme von Teilzeit nach § 15 Abs. 6 i.V.m. Abs. 7 BEEG nicht eingeleitet worden. Ein solches hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin dem Arbeitgeber ein annahmefähiges Angebot im Sinne von § 145 BGB auf Verringerung und ggf. auf Verteilung der verringerten Arbeitszeit unterbreitet und deutlich macht, hierdurch die Verringerung der Arbeitszeit im Sinne von § 15 Abs. 6 BEEG zu beanspruchen (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2013 – 9 AZR 461/11 – Rn. 15). Dabei erstreckt sich der Verringerungsanspruch aus § 15 Abs. 6 BEEG auch auf die Verteilung der verringerten Arbeitszeit, da die Verringerung der Arbeitszeit stets dazu führt, dass die Arbeitszeit anders verteilt werden muss (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2013 – 9 AZR 461/11 – Rn. 32 – 35). Ist im Antrag die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit nicht angegeben, verbleibt es hinsichtlich der Festlegung der Lage der Arbeitszeit grundsätzlich beim Direktionsrecht des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2013 – 9 AZR 461/11 – Rn. 34).

Im Schreiben vom 28.11.2018 hat die Klägerin der Beklagten aber kein Angebot auf Verteilung der verringerten Arbeitszeit unterbreitet und die Verteilung der verringerten Arbeitszeit auch nicht dem Direktionsrecht überlassen. „Um die Modalitäten zu klären“, kündigte sie vielmehr an, sich frühzeitig mit der Beklagten in Verbindung setzen zu wollen. Eine solche Abstimmung schließt ein Direktionsrecht der Beklagten aber gerade aus. Im Übrigen zeigt der Klageantrag zu 1), dass es der Klägerin auf bestimmte T age und Schichten für die Teilzeitbeschäftigung ankam.

(2) Die Klägerin hat auch nicht mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.11.2020 die streitgegenständliche Teilzeit verlangt. In diesem Schreiben fordert der Klägerinvertreter die Beklagte lediglich auf, „dem Teilzeitantrag … gemäß Schreiben vom 28.12.2019 nachzukommen und eine Bestätigung bis spätestens 10.11.2020 zu übersenden“, formuliert aber nicht selbst verbindlich die Verringerung der Arbeitszeit und die gewünschte Verteilung. Für diese Interpretation spricht auch die Einlassung der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift, Seite 5 (= Bl. 128 d. A.), wonach der Klägerinvertreter mit Schreiben vom 02.11.2020 „die Beklagte neuerlich aufgefordert (habe), dem Antrag auf Teilzeitbeschäftigung stattzugeben.“

(3) Soweit sich die Klägerin für ihr Teilzeitverlangen auf den in der Klageschrift angekündigten Antrag zu 1) stützt, stellt dies ebenfalls keinen Antrag nach § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG dar.

(a) Zwar kann auch eine Klage auf Abgabe einer Zustimmungserklärung gegen den Arbeitgeber ein formwirksames Elternteilzeitverlangen i.S.d. § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG sein (vgl. BAG, Urteil vom 19.04.2005 – 9 AZR 184/04 – 2. Leitsatz; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.09.2007 – 11 Sa 244/07 – Rn. 46 ff.), allerdings nur, wenn der Antrag des Schriftsatzes entsprechend ausgelegt werden kann (vgl. Rancke, a.a.O., Rn. 70 a.E.). Denn ein bei Gericht gestellter Sachantrag enthält regelmäßig kein neuerliches rechtsgeschäftliches Vertragsangebot gegenüber der anderen Vertragspartei (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2008 – 9 AZR 514/07 – Rn. 27 zum Antrag nach § 8 TzBfG a.F.; Urteil vom 15.11.2011 – 9 AZR 129/07 – Rn. 27).

(b) Im vorliegenden Fall liegt mit dem Antrag zu 1) kein Teilzeitverlangen nach § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG vor. Die Klageschrift ist an das Gericht, nicht an die Beklagte gerichtet. Es wird ein Sachantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung formuliert, nicht gegenüber der Beklagten ein Angebot auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit erklärt. Darüber hinaus hat die Klägerin ausweislich ihrer Klagebegründung nicht ein erneutes Begehren auf Verringerung der Arbeitszeit angebracht, sondern ihr mit Schreiben vom

22.10.2020 verweigertes Verringerungsbegehren gemäß Schreiben vom 28.12.2019 weiterverfolgt. So heißt es in der Klageschrift, Seite 2, dass „mit Schreiben vom 28.12.2019 … die Klägerin gegenüber der Beklagten die Verringerung ihrer Arbeitszeit wie im Klageantrag niedergelegt“ beantragt habe. Auf Seite 3 der Klageschrift weist sie darauf hin, dass sie „den Verringerungsantrag rechtzeitig gestellt“ habe. Die Ablehnung des Verringerungswunsches sei unbeachtlich, da keine betrieblichen Gründe entgegenstünden. Es gibt keinen Anhalt, dass die Klägerin mit der Klageschrift vom 29.12.2019 einen neuerlichen Antrag hat stellen wollen. Darüber hinaus hat die Klägerin durch die Erledigterklärung des Zustimmungsantrags im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 18.02.2022 zum Ausdruck gebracht, dass sie ihm keinen materiell-rechtlichen Inhalt im Sinne einer Willenserklärung nach § 145 Abs. 1 BGB beimisst, und dies, obwohl die Beklagte bereits im Schriftsatz vom 17.05.2021 darauf hingewiesen hatte, dass weder das Schreiben vom 28.12.2019 noch vom 02.11.2020, wohl aber die eingereichte Klage zu 1) ein Änderungsangebot i. S. d. § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG darstellen könne.

c) Hilfsweise, für den Fall, dass die Klägerin die nach § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG gewünschte Verringerung und Verteilung ihrer Arbeitszeit mit dem Antrag zu 1) der Klageschrift konkretisiert und nachgeholt hätte (hierzu BAG, Urteil vom 19.04.2005 – 9 AZR 184/04 – 2. Leitsatz und unter II. 2. der Gründe für § 15 Abs. 7 BEEG i.d.F. vom 01.02.2002 – 31.12.2003), ist der Anspruch der Klägerin auf Verringerung und Verteilung ihrer Arbeitszeit gleichwohl nicht zu bejahen. Ihm stehen dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG entgegen.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind an das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG erhebliche Anforderungen zu stellen. Das verdeutlicht der Begriff „dringend“. Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich und sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein. Dabei hat der Arbeitgeber die Tatsachen, aus denen sich die negative Anspruchsvoraussetzung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe ergeben soll, darzulegen und zu beweisen. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast schon dann, wenn er behauptet, solche Gründe bestünden nicht (vgl. BAG, Urteil vom 15.12.2009 – 9 AZR 72/09 – Rn. 45 und 46).

bb) Im vorliegenden Fall stehen der begehrten Teilzeitbeschäftigung der Klägerin dringende betriebliche Gründe entgegen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Hotel im Jahr 2021 die überwiegende Zeit zu Renovierungszwecken geschlossen war. Ein regulärer Hotelbetrieb fand nicht statt. Für den Arbeitsplatz der Klägerin als Rezeptionistin, wie er im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist, gab es deshalb im streitigen Zeitraum vom

25.12.2020 bis 23.12.2021 keinen Beschäftigungsbedarf. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, dass die Beklagte für sie andere Mitarbeiter eingestellt habe, obwohl sie bei deren Einstellung das Teilzeitbegehren der Klägerin hätte berücksichtigen müssen, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Da die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit erst mit der der Beklagten am 09.01.2021 zugestellten Klageschrift vom

20.12.2020 konkretisiert worden ist, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, dass sie zwischenzeitlich eine unbefristete Vertretung für die Klägerin eingestellt hat (vgl. BAG, Urteil vom 15.04.2008 – 9 AZR 380/07 – Rn. 33). Einen zusätzlichen Beschäftigungsbedarf hat auch die Klägerin nicht behauptet. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.10.2022 behauptete, sie sei „auch“ Hotelmanagerin, steht dies im Widerspruch zur arbeitsvertraglichen Regelung und zu ihrer Angabe in der Berufungsbegründungsschrift vom 06.06.2022, wonach sie bei der Beklagten als Rezeptionistin beschäftigt gewesen sei. Diesen Widerspruch erklärt die Klägerin nicht. Sie legt auch nicht dar, aufgrund welcher Tatsachen eine entsprechende Änderung ihres Arbeitsvertrags anzunehmen ist. In Bezug auf diese Arbeitsaufgabe hat die Klägerin schließlich nicht wenigstens formelhaft vorgebracht, dass ihrem Arbeitszeitwunsch keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen, wozu sie im Rahmen ihrer pauschalen Behauptungslast verpflichtet ist (vgl. ErfK/Gallner, 23. Aufl. 2023, § 15 BEEG, Rn. 17).

2. Schließlich stützt die Kammer die Zurückweisung der Berufung ergänzend darauf, dass die Klägerin auch etwaige Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten nicht begründet bzw. nicht ausreichend dargelegt hat.

Ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB scheidet aus. Die Beklagte hat weder schuldhaft noch rechtswidrig gehandelt, als sie das nicht den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7, Abs. 6 BEEG entsprechende Teilzeitverlangen der Klägerin mit Schreiben vom 28.12.2019 bzw. – vermittelt durch ihren Prozessbevollmächtigten – vom 02.11.2020 mit Schreiben vom 22.10.2020 abgelehnt hat. Aber auch ein Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit dem Antrag zu 1) aus der Klageschrift ist nicht gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB zu begründen. Die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit wäre in diesem Fall erst mit Zugang der Klageschrift im Januar 2021 geltend gemacht worden. Zu diesem Zeitpunkt lagen im Anschluss an die vorstehenden Ausführungen entgegenstehende dringende betriebliche Gründe vor, so dass die Beklagte nicht verpflichtet war, der Teilzeit der Klägerin zuzustimmen.

Der Klägerin steht auch kein Vergütungsanspruch aus § 611 a Abs. 2, § 326 Abs. 2 1. Alt. 1 i.V.m. § 275 Abs. 1 BGB zu. Es fehlt hierfür an einem Teilzeitarbeitsverhältnis zwischen den Parteien im streitgegenständlichen Zeitraum und an der unberechtigten Ablehnung des Elternteilzeitantrags durch die Beklagten (vgl. zu diesen Voraussetzungen BAG, Urteil vom 11.12.2018 – 9 AZR 298/18 – Rn. 21).

III.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Es bestand kein Grund, die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

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