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Entschädigung wegen der Benachteiligung im Zusammenhang mit einer Bewerbung

ArbG Hamburg, Az.: 4 Ca 250/13, Urteil vom 07.05.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf € 5.250,00 festgesetzt.

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung im Zusammenhang mit einer Bewerbung.

Die Klägerin ist über 50 Jahre alt und russischer Herkunft. Sie hat vor 29 Jahren ein Informatikstudium abgeschlossen. Seit 01. April 2003 ist die Klägerin arbeitslos.

Die Klägerin bewarb sich am 04. Juni 2013 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle als Softwareentwicklerin. Wegen der Einzelheiten der Stellenausschreibung der Beklagten wird Bezug genommen auf die Anlage A 1 (Blatt 4 der Akte). Wegen der Einzelheiten des Bewerbungsanschreibens der Klägerin wird Bezug genommen auf die Anlage A 2 (Blatt 5-6 der Akte).

Am 21. Juni 2013 sagte die Beklagte der Klägerin ab, ohne dass die Klägerin die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten hatte (Anlage A 3, Blatt 7 der Akte).

Mit Schreiben vom 27. Juli 2013 (Anlage A 4, Blatt 8 der Akte) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Ansprüche nach dem AGG geltend und verlangte eine Entschädigung in Höhe von 5.000 €. Mit ihrer am 24. Oktober 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage führt die Klägerin dieses Begehren gerichtlich fort.

Entschädigung wegen der Benachteiligung im Zusammenhang mit einer Bewerbung
Symbolfoto: Von Tero Vesalainen /Shutterstock.com

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage zusammengefasst wie folgt vor: Es bestehe kein Zweifel, dass die Beklagte sie wegen ihres dreifachen Merkmals gemäß § 1 AGG „weiblich/mehr als 50 Jahre alt/nichtdeutsche Herkunft“ diskriminiert habe, d.h. dass die Beklagte ihr Merkmale als negatives Kriterium in deren Motivbündel berücksichtigt habe. Die Klägerin führt unter Darlegung von weiteren Einzelheiten aus, sie sei im Sinne der Stellenanforderungen hinreichend qualifiziert und habe dies in der Bewerbung nachgewiesen.

Indizien für die Diskriminierung wegen des Alters ergäben sich vorliegend aus der Formulierung der Stellenanzeige: „Für diese Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen“. Nach allgemeiner Lebenserfahrung seien damit jüngere Menschen gemeint, weil man typischerweise in jüngerem Alter kurz vor dem Abschluss des Studiums stehe. Soweit die Stelle in Teilzeit ausgeschrieben sei, seien damit auch vermehrt jüngere Arbeitnehmer angesprochen, da ältere Bewerber vermehrt in Vollzeit tätig seien.

Indiz für die Diskriminierung wegen ihrer nicht-deutschen Herkunft sei die Anforderung in der Stellenausschreibung: „Sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift“. Die Beklagte stelle damit Bewerber mit der Muttersprache Deutsch in eine bessere Lage gegenüber den Bewerbern mit Deutsch als Fremdsprache. Akzentfreies Deutsch „in Wort“ sei für Zuwanderer kaum erfüllbar. Die Erklärungen der Beklagten zur Begründung der erforderlichen Sprachkenntnisse widerlegten die Indizwirkung nicht. Sie habe mit ihren Bewerbungsunterlagen keine sehr guten Deutschkenntnisse nachgewiesen und sei deswegen nicht in Betracht gezogen worden. Soweit die Beklagte die Angehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie bezweifeln wolle, beleidige sie die russische Herkunft der Klägerin.

Indiz für die Diskriminierung wegen des weiblichen Geschlechts bestehe im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Frauen grundsätzlich in der IT-Branche diskriminiert würden, in dem sie mit einem Anteil von nur 18,5 % stark unterrepräsentiert seien.

Darüber hinaus sei die erbetene Vorlage der Bewerbungsunterlagen des eingestellten Bewerbers von der Beklagten verweigert worden, was ein weiteres Indiz für die Diskriminierung darstelle.

Schließlich verweist die Klägerin auf weitere rechtliche Gesichtspunkte, weshalb sie ihre Klage nicht nur auf das AGG sondern auch auf die europäischen Verträge und die Grundrechtecharta stützen könne. Wegen des Vortrags der Klägerin im Einzelnen wird auf sämtliche von ihr im vorliegenden Prozess eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Eingang ihrer Klage als Entschädigung für die Mehrfachdiskriminierung zu zahlen, die Beklagte zu verurteilen, die Bewerbungsunterlagen und des Arbeitsvertrag vorzulegen.

Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, im Bereich Softwareentwicklung seien zwei Frauen und ein Mann beschäftigt. Die zweite Entwicklerin sei indischer Abstammung und seit drei Jahren in Deutschland tätig. Da sie sehr gut Englisch aber kein fließendes Deutsch spreche betreue sie in erster Linie englischsprachige Kunden. Die ausgeschriebene Stelle beinhalte eine enge Zusammenarbeit der vorwiegend deutschsprachigen Kunden. Neben der reinen Programmierleistung müssten die Softwareentwickler die komplexen technischen Lösungsansätze präsentieren können. Ferner sei es erforderlich, dass sie für die Installation der Software an Bord der Schiffe gehen, so dass die Beklagte dafür Sorge tragen müsse, dass die Mitarbeiter alle Sicherheitsanweisungen in deutscher und englischer Sprache verstehen und sofort umsetzen können. Durch ihr Anschreiben und die Bescheinigungen habe die Klägerin ihre guten Sprachkenntnisse in Deutsch und Englisch nachgewiesen.

Die Beklagte habe sich für die Bewerberin Frau K. entschieden, weil sie dem Geschäftsführer aus einer früheren Zusammenarbeit bei einem anderen Arbeitgeber bekannt ist. Zudem sei sie bereits seit 10 Jahren als Softwareentwicklerin in der Seeschifffahrt tätig.

Die Klägerin habe mit ihren Bewerbungsunterlagen nicht überzeugt. Ihr Anschreiben sei standardisiert und gehe nicht auf die Anforderungen ein. So habe die Klägerin in ihrer Bewerbung weder dargelegt noch nachgewiesen, dass sie über konzeptionelle Fähigkeiten oder kommunikative Fähigkeiten verfüge. Die beigefügten Zeugnisse würden nur eine befriedigende Leistung bescheinigen. Auch habe die Klägerin in ihrer Bewerbung nicht dargelegt, dass sie über die erforderlichen Javascript-Kenntnisse verfüge. Ferner sei die Skriptsprache PHP erforderlich, die die Klägerin nicht nachgewiesen habe.

Das rein objektive Kriterium des Hochschulabschlusses spreche Bewerber jeden Alters an. Auch eine Diskriminierung wegen des Geschlechts scheide aus. Die Beklagte beschäftige in dem Bereich mehr Frauen als Männer und habe eine Frau ausgewählt. Zudem sei die Stelle in Teilzeit ausgeschrieben, was Frauen den Zugang erleichtern könnte. Ferner beschäftige sie mehrere Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Die geforderten Deutschkenntnisse seien dem Umstand geschuldet, dass diese Grundlage einer dienstleistungsorientierten Kommunikation von hoher Qualität mit den Kunden sei. Hierfür seien kommunikative Fähigkeiten und ein offener Umgang mit Menschen erforderlich. Dies habe die Klägerin nicht dargelegt. Das gleiche gelte für die interne Kommunikation mit Mitarbeitern aus dem Bereich Support.

Das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich. Sie bewerbe sich nur auf (diskriminierende) Ausschreibungen, um später Entschädigungszahlungen geltend zu machen. Dies sei aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt.

Wegen der Argumentation der Beklagten im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte und damit zulässige Entschädigungsklage ist unbegründet. Diese Entscheidung beruht auf folgenden kurz zusammengefassten Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (§ 313 Abs. 3 ZPO):

1.

Nach den Vorschriften des § 15 AGG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 AGG kann ein nichtberücksichtigter Bewerber bei Vorliegen einer nach AGG unzulässigen Benachteiligung Schadensersatz und Entschädigung beanspruchen (vgl. BAG 27.01.2011, NZA 2011, 737; ErfK/Schlachter, 12. Aufl. 2012, § 6 AGG Rdnr. 3). Voraussetzung für Zahlungsansprüche nach § 15 AGG ist ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs.1 AGG. Ein Verstoß gegen dieses Verbot ist unter Zugrundelegung des § 1 AGG gegeben, wenn die Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität erfolgt.

Da für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die Benachteiligung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt sein muss, ist ein Kausalzusammenhang erforderlich. Dieser ist gegeben, wenn die Benachteiligung an einen der in § 1 AGG genannten oder mehrere der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist. Ausreichend ist, dass ein in § 1 AGG genannter Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat (BAG 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07). Nach der gesetzlichen Beweislastregelung gem. § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchsteller Indizien vorträgt und im Streitfalle beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. An diese Vermutungsvoraussetzungen ist kein zu strenger Maßstab anzulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss für eine Verknüpfung der Benachteiligung mit einem Benachteiligungsmerkmal zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung hierfür eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht. Sodann trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (BAG 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08).

2.

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Klägerin keine Indizien dargelegt, die vermuten lassen, dass die Beklagte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG verstoßen hat. Somit kann dahinstehen, ob die Klägerin über die geforderten Anforderungen der Stellenausschreibung verfügt.

a) Ein Indiz für eine Diskriminierung folgt nicht daraus, dass die Beklagte in der Stellenausschreibung formuliert hat: „Für diese Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen“. Denn die Beklagte spricht damit gleichermaßen Bewerber an, die ihren Studienabschluss schon vor längerer Zeit erlangt haben und solche, die unmittelbar vor dem Abschluss stehen. Weshalb die Klägerin davon ausgeht, dass nur Bewerber angesprochen werden sollen, die vor oder kurz nach einem Abschluss stehen, erschließt sich der Kammer nicht.

Auch die Ausschreibung als Teilzeitstelle beinhaltet kein Indiz für eine Altersdiskriminierung. Für den von der Klägerin behaupteten Grundsatz, dass nur junge Arbeitnehmer vermehrt in Teilzeit tätig sein wollen, ist lebensfremd und statistisch nicht zu belegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Arbeitnehmer gerade zu Beginn ihrer beruflichen Karriere in Vollzeit arbeiten wollen, um zunächst beruflich „Fuß zu fassen“. Eine Beschränkung auf Bewerber jungen Alters ist daher nicht erkennbar.

b) Auch eine Diskriminierung wegen des Geschlechts ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat zunächst mit der Angabe “(m/w“) bei der Bezeichnung der ausgeschriebenen Position hinreichend deutlich gemacht, dass sie mit der Stellenausschreibung Personen beider Geschlechter anspricht. Zudem ist die Stelle als Teilzeitstelle ausgeschrieben, wodurch sich – wenn man der gerichtsbekannten Argumentation der Klägerin (Az: 3 Sa 39/13) in Abgrenzung zu Vollzeitstellen folgen will – vermehrt Bewerberinnen weiblichen Geschlechts angesprochen fühlen könnten, da dies eine bessere Vereinbarkeit mit einer Familie begründen könnte.

Die weiteren von der Klägerin ins Feld geführten Aspekte, Frauen würden grundsätzlich in der IT-Branche diskriminiert, in dem sie stark unterrepräsentiert seien, begründen keine hinreichenden Indizien für eine Diskriminierung. Die bloße Unterrepräsentation einer Gruppe von Beschäftigten ist nicht zwingend Indiz für eine diskriminierende Personalpolitik (BAG vom 21.06.2012 – 8 AZR 364/11 – DB 2012, 2579). Angesichts dessen, dass dies bereits in einer Vielzahl der Klägerin bekannten Urteilen dargestellt wurde (vgl. LAG Hamburg, Urteil vom 19. Februar 2014, 3 Sa 39/13), sieht das Gericht insoweit von einer weiteren Begründung ab.

c) Soweit sich die Klägerin zur Begründung der Indizwirkung einer Diskriminierung wegen ihrer Herkunft darauf beruft, dass die Beklagte in der Stellenausschreibung sehr gute Deutsch und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift verlangt, greift auch dieser Ansatz nicht durch.

Das Kriterium „sehr gutes Deutsch“ stellt jedenfalls im vorliegenden Fall kein Indiz für eine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer ethnischen Herkunft iSv § 3 Abs. 2 AGG dar. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft iSd. § 3 Abs. 2 AGG ist kein statistischer Nachweis erforderlich, dass eine bestimmte Gruppe durch die in Frage stehenden Kriterien tatsächlich wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals benachteiligt wird (LAG Nürnberg 5. Oktober 2011 – 2 Sa 171/11 – Rn. 69). Es ist ausreichend, wenn das Kriterium hierzu typischerweise geeignet ist. Eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals kann aber durch ein legitimes Ziel und die Wahl von verhältnismäßigen Mitteln zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden (§ 3 Abs. 2 2. Halbs. AGG). In einem solchen Fall fehlt es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer mittelbaren Benachteiligung (LAG Nürnberg 5. Oktober 2011 – 2 Sa 171/11 – Rn. 69).

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass es wahrscheinlich ist, dass Menschen deutscher Abstammung eher über sehr gutes Deutsch verfügen, als Menschen, die Deutsch erst später (als Fremdsprache) erlernen. Es ist daher im Grundsatz anerkannt, dass etwa die Anforderung „Muttersprache Deutsch“ eine mittelbare Benachteiligung bei der Einstellung indizieren kann und dies auch bei der Anforderung „sehr gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift“ nicht ausgeschlossen werden kann (LAG Nürnberg 5. Oktober 2011 – 2 Sa 171/11 – Rn. 70), wenn dieses Erfordernis durch die Tätigkeit nicht vorgegeben ist.

Bei der Beurteilung, ob einer Stellenausschreibung auf Grund ihrer Formulierung Indizwirkung im Sinne von § 22 AGG für eine mittelbare Diskriminierung zukommt, ist aber auf die Stellenanzeige als Ganzes abzustellen. Enthält die Stellenanzeige selbst – und damit für den Bewerber erkennbar – Hinweise darauf, dass eine bestimmte Stellenanforderung, aus der man den Schluss auf eine mittelbare Diskriminierung ziehen könnte, sachlich gerechtfertigt im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG sein könnte, so ist dies bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen, ob im Einzelfall nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung besteht (LAG Nürnberg 5. Oktober 2011 – 2 Sa 171/11 – Rn. 71).

Im vorliegenden Falle entfaltet die Stellenanzeige nach Überzeugung Kammer keine solche Indizwirkung. Bereits aus ihr selbst wird nämlich in ausreichendem Maße deutlich, dass die Anforderung „sehr gute Deutschkenntnisse“ nicht aus diskriminierenden Motiven heraus aufgestellt wurde. So gehört es zu den Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle, aktiv zur Pflege und Weiterentwicklung der Produkte beizutragen. Auch wird angeführt, dass die Bewerberin mithelfen soll, die hohe Qualität der Dienstleistungen sicherzustellen und eine anspruchsvolle Aufgabenstellung und viel Verantwortung übertragen werden soll. Soweit dann sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse gefordert werden, erfolgt dies ersichtlich in sachlichem Zusammenhang mit den Anforderungen der Stelle. Damit deutet bereits die Anzeige zumindest die sachliche Rechtfertigung im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG für die Anforderung „sehr gute Deutsch und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift“ in ausreichendem Maße an. Es ist nämlich grundsätzlich ein rechtmäßiges Ziel, an einen Arbeitnehmer bestimmte Anforderungen in der Sprachbeherrschung zu stellen (vgl. hierzu BAG vom 28.01.2010 – 2 AZR 764/08). Es ist auch aus der Stellenanzeige heraus nachvollziehbar, dass „sehr gute Deutsch und gute Englischkenntnisse“ zur Erreichung dieses rechtmäßigen Ziels der Fähigkeit, Anwenderdokumentationen zu erstellen, erforderlich und angemessen ist (vgl. § 3 Abs. 2 AGG).

d) Schließlich begründet auch die Tatsache, dass die Beklagte dem Begehr der Klägerin auf Vorlage der Bewerbungsunterlagen sowie des Arbeitsvertrags der Bewerberin K. nicht nachgekommen ist, kein Indiz für eine Diskriminierung nach § 22 AGG. Ein Anspruch der Klägerin auf Auskunft über die Bewerbungsunterlagen der ausgewählten Bewerberin besteht nach nationalem Recht grundsätzlich nicht (BAG 20. Mai 2010 – 8 AZR 287/08).

Zwar kann nach Auffassung des EuGH nicht ausgeschlossen werden, dass die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Beklagten ein Gesichtspunkt sein kann, der im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, heranzuziehen ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist (EuGH 19. April 2012 – C-415/10 – Meister). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist dies nicht der Fall. Die Beklagte hat sich ansonsten umfassend im vorliegenden Prozess eingelassen. Die Klägerin hingegen hat – wie dargelegt – keinerlei Diskriminierungsindizien schlüssig vorgebracht. Es kann der Beklagten in einer solchen Situation nicht angelastet werden, dass sie auf ein Auskunftsverlangen, das ohne Grundlage erfolgt, nicht auf den Wunsch der Klägerin eingeht.

Der Antrag auf Vorlage der Bewerbungsunterlagen und des Arbeitsvertrages von Frau K. war daher ebenfalls abzuweisen.

II.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

2. Der Streitwert ist nach § 61 Abs.1 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO mit dem bezifferten Wert des Zahlungsantrages von € 5.000,- sowie einem pauschalen Betrag für den Aufwand der Vorlage der Bewerbungsunterlagen und des Arbeitsvertrages von € 250,- festgesetzt worden.

3. Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen.

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