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Entschädigungsanspruch wegen Mobbing

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 4 Sa 294/16 – Urteil vom 08.03.2017

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.6.2016, AZ: 8 Ca 270/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über Ansprüche des Klägers auf Entgeltfortzahlung und auf Zahlung einer Entschädigung bzw. eines Schmerzensgeldes wegen „Mobbings“.

Der am … 1951 geborene Kläger war seit 1997 bis zum 31.10.2016 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Arbeitnehmer beschäftigt.

Ab Mitte Mai 2015 wies der Kläger – soweit vorliegend von Interesse – folgende krankheitsbedingte Fehlzeiten auf:

  •  19. Mai 2015 bis 03. Juli 2015 (Fehlregulation des Blutdrucks)
  •  06. August 2015 bis 14. August 2015 (Magenschleimhautentzündung)
  •  08. Oktober 2015 bis 20. Dezember 2015 (Nervenkompression unter Leistenband)
  •  21. Dezember 2015 bis 20. Januar 2016 (Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation aufgrund eines Antrags vom 06. August 2015 in Bad Kreuznach)

Aus der Reha-Maßnahme wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen und war im Anschluss daran bis einschließlich 17.02.2016 (erneut) arbeitsunfähig krankgeschrieben mit der Diagnose „Koronare Drei-Gefäßerkrankung“.

Entschädigungsanspruch wegen Mobbing
(Symbolfoto: Von Milan Ilic Photographer/Shutterstock.com)

In der Vergangenheit kam es zwischen den Parteien zu mehreren Unstimmigkeiten. So forderte die Beklagte mit Schreiben vom 31.01.2013 vom Kläger eine für Januar 2013 erbrachte Entgeltfortzahlung in Höhe von 1.853,58 € mit der Begründung zurück, der gesetzliche Entgeltfortzahlungszeitraum sei bereits abgelaufen gewesen. Die Beklagte wurde daraufhin auf Veranlassung des Klägers von dessen Krankenversicherung darüber unterrichtet, dass nach deren Informationen keine anrechenbaren Vorerkrankungen vorlagen.

Mit E-Mail der Beklagten vom 10.05.2013 wurde der Kläger aufgefordert, zu einem Personalgespräch zu erscheinen, welches nicht am Betriebssitz in E., sondern am Sitz der Personalverwaltung der Beklagten in K. stattfinden sollte. Das Ansinnen des Klägers, zu diesem Personalgespräch ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen, lehnte die Beklagte ab; sie entsprach jedoch dessen Wunsch auf Hinzuziehung seines Rechtsanwalts.

Mit seiner am 24.02.2016 beim Arbeitsgericht eingereichten und im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens erweiterten Klage hat der Kläger die Beklagte u. a. auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 21.12.2015 bis 31.01.2016 sowie auf Zahlung einer Entschädigung bzw. Schmerzensgeld in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens mit dem Verwendungszweck „Korrektur/Lohn/Gehalt 11/2015“ an den Kläger einen Betrag von 667,27 € netto sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 2.164,74 € mit dem Vermerk „Lohnfortzahlung 21.1 2.20 15 – 31.01.2016 Zahlung unter Vorbehalt“ an den Kläger zur Auszahlung gebracht.

Von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlich unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.06.2016 (Blatt 118 bis 121 d. A.).

Der Kläger hat erstinstanzlich (zuletzt) beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 556,25 Euro netto und 3.567, 33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von je 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 556,25 Euro netto, 1.042,83 Euro brutto seit 01.04.2016 und aus 2.524,50 Euro brutto seit dem 01.02.2016 abzüglich am 09.03.2016 bezahlter 667,27 Euro netto und am 10.03.2016 bezahlter 2.164,00 Euro netto zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens jedoch 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.04.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 14.06.2016 in Höhe von 556,25 Euro netto stattgegeben und die Klage im Übrigen (Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 21.12.2015 bis 31.01.2016 sowie Entschädigung bzw. Schadensersatz) abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6 bis 8 dieses Urteils (= Blatt 122 bis 124 der Akte) verwiesen.

Gegen das ihm am 08.07.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.07.2016 Berufung eingelegt und diese am 29.07.2016 begründet.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe er für die Zeit vom 21.12.2015 bis 31.01.2016 Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Die behandelnden Ärzte als auch die Krankenkasse seien – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – übereinstimmend der Auffassung, dass insoweit keine Fortsetzungserkrankung vorliege. Rechtsfehlerhaft habe das Arbeitsgericht im Hinblick auf die seit dem 08.10.2015 durchgehend bestehende Arbeitsunfähigkeit eine „Einheit des Verhinderungsfalls“ angenommen und diesbezüglich ausgeführt, dass es keine Rolle spiele, ob es sich um dieselbe oder eine andere Erkrankung handele. Die Grundsätze zur Einheit des Verhinderungsfalls seien beim Zusammentreffen einer Reha-Maßnahme und einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nach der Rechtsprechung des BAG nicht anwendbar. Auch die Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld sei begründet. Es liege eine hinreichend schwerwiegende, zur Entschädigung verpflichtende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts vor. Dies ergebe sich aus der Gesamtschau und der Abfolge einzelner Ereignisse. So habe ihn die Beklagte mit der Aufforderung vom 31.01.2013 auf Rückerstattung von 1.853,18 Euro mit einer haltlosen Entgeltrückzahlungsforderung überzogen. Die Aufforderung, zu einem Personalgespräch in K. zu erscheinen, sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt gewesen, zumal er seinerzeit arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die betreffende Weisung der Beklagten sei völlig willkürlich und lebensfremd gewesen, da die Personalangelegenheiten mit Ausnahme seiner eigenen vor Ort am Betriebssitz in E. geregelt worden seien. Die Beklagte habe in Ansehung seiner Fehlzeiten gegen ihre Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verstoßen. Auch habe sie für die Zurverfügungstellung von Berufskleidung willkürliche Abzüge von seiner Arbeitsvergütung vorgenommen. Der Forderung der A., eine Verdienstabrechnung zur Gewährung von Krankengeld zu erteilen, sei sie nicht nachgekommen. Abgesehen von haltlosen Abrechnungen und Rückforderungen habe die Beklagte auch nicht die ihm aufgrund betrieblicher Übung im Mai 2013 fällige Sonderzahlung fristgerecht ausgezahlt, sondern habe dies erst nach anwaltlicher Aufforderung getan. Letztlich fordere die Beklagte bereits jetzt schon (unstreitig) den im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens unter Vorbehalt gezahlten Geldbetrag zurück. Die Beklagte lege es systematisch darauf an, ihn durch arbeitsrechtliche Attacken unter Druck zu setzen, um ihn auf diese Weise aus seinem Arbeitsverhältnis zu drängen. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten leide er – wie fachärztlich diagnostiziert – an einer Anpassungsstörung.

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Begründungsschrift vom 29.07.2016 (Blatt 143 bis 152 der Akte) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und

1. die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 3.567,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von je 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.042,83 Euro brutto seit dem 2016-01-04 und aus 2.524,50 Euro brutto seit dem 2016-02-01 abzüglich am 2016-03-09 bezahlter 667,27 Euro netto und am 2016-03-10 bezahlter 2.164,74 Euro netto zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht im Wesentlichen geltend, die Klage auf Entgeltfortzahlung sei auch dann unbegründet, wenn man die Grundsätze der Einheit des Verhinderungsfalls vorliegend nicht anwende. Es müsse nämlich davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit vom 19.05. bis 03.07.2015 und die Reha-Maßnahme ab dem 21.12.2015 auf demselben Grundleiden, nämlich auf einer Herz-Kreislauf-Erkrankung beruhten. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG bestehe der geltend gemachte Entgeltfortzahlungsanspruch daher nicht. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung, da eine (erhebliche) Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht gegeben sei. Was die mit Schreiben vom 31.01.2013 geforderte Rückzahlung von 1.853,18 Euro betreffe, so sei sie – die Beklagte – seinerzeit zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Januar 2013 keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt habe. Zur Durchführung eines Personalgesprächs sei der Kläger deshalb nach K. geladen worden, da dies sowohl finanziell als auch organisatorisch deutlich effizienter gewesen sei als eine Anreise des Geschäftsführers von K. zum Werk in E.. Die Übernahme der Reisekosten sei dem Kläger (unstreitig) bereits im Einladungsschreiben angeboten worden. Zweck des Personalgesprächs sei es gewesen, über die erheblichen Fehlzeiten des Klägers zu sprechen und zu versuchen, diese durch eventuelle betriebliche Maßnahmen im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zu reduzieren. Die Abzüge wegen der Zurverfügungstellung von Berufskleidung seien keineswegs willkürlich erfolgt. Vielmehr basierten sie auf einer vertraglichen Vereinbarung, die bereits bei ihrer Rechtsvorgängerin, der früheren Arbeitgeberin des Klägers bestanden habe. Soweit im Jahr 2013 Sonderzahlungen an den Kläger erst verspätet ausgezahlt worden seien, so beruhe dies keinesfalls auf schikanösen Überlegungen. Vielmehr seien die Sonderzahlungen jeweils mit langen Fehlzeiten des Klägers zusammengefallen, so dass zunächst habe überprüft werden müssen, ob es wegen der zeitlichen Beschränkung des gesetzlichen Entgeltfortzahlungsanspruchs zu Überzahlungen des Klägers gekommen sei. In diesem Fall habe sie – die Beklagte – beabsichtigt, etwaige Rückzahlungsansprüche mit der Sonderzahlung zu verrechnen. Letztlich sei es auch naheliegend, dass sie die unter Vorbehalt gewährte Entgeltfortzahlung nunmehr vom Kläger zurückverlange, nachdem das Arbeitsgericht einen diesbezüglichen Anspruch des Klägers verneint habe.

Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungserwiderungsschrift vom 05.10.2016 (Blatt 198 bis 212 der Akte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung vielmehr zu Recht die Klage auf Entgeltfortzahlung sowie auf Zahlung einer Entschädigung abgewiesen.

II.

1.

Die Klage auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 21.12.2015 bis 31.01.2016 ist unbegründet. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch nicht zu.

Zwar geht der Kläger zutreffend davon aus, dass seinem Anspruch nicht bereits die vom BAG entwickelten Grundsätze zur Einheit des Verhinderungsfalls entgegenstehen. Diese finden nämlich beim Zusammentreffen einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation nach § 9 Abs. 1 EFZG und einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nach § 3 Abs. 1 EFZG keine Anwendung (BAG v. 10.09.2014 – 10 AZR 651/12 – AP Nr. 3 zu § 9 EFZG). Gleichwohl hat der Kläger keinen Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer der durchgeführten Reha-Maßnahme nach § 9 Abs. 1 S. 1 EFZG i. V. m. § 3 EFZG. Dem diesbezüglichen Klagebegehren steht die Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG entgegen.

Wird ein Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, verliert er nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Entgeltfortzahlungsanspruch für einen weiteren Zeitraum von höchstens 6 Wochen nur dann nicht, wenn er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens 6 Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war (Nr. 1) oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von 12 Monaten abgelaufen ist (Nr. 2). Vor Ablauf dieser Frist entsteht ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch für die Dauer von 6 Wochen daher nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht.

Diese Regelung gilt auch im Verhältnis einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation nach § 9 Abs. 1 EFZG zu einer vorausgegangenen oder nachfolgenden Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nach § 3 Abs. 1 EFZG. Die Klammer zwischen beiden bildet dasselbe Grundleiden. Beruhen beide Maßnahmen auf einem gemeinsamen Grundleiden, wird dem Arbeitgeber insgesamt nur eine Entgeltfortzahlungspflicht für die Dauer von 6 Wochen zugemutet. Ist ein solches Grundleiden maßgeblicher Anlass für die Bewilligung einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder der Rehabilitation und führt es später zu einer Arbeitsunfähigkeit oder umgekehrt, ist die Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG auf 6 Wochen begrenzt, außer der Fortsetzungszusammenhang ist nach Ablauf der Fristen nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG als gelöst anzusehen (BAG v. 10.09.2014 – 10 AZR 651/12 – AP Nr. 3 zu § 9 EFZG, m. w. N.).

Ist der Arbeitnehmer innerhalb der Zeiträume des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EFZG länger als 6 Wochen an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert, gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Zunächst muss der Arbeitnehmer – soweit sich aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dazu keine Angaben entnehmen lassen – darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung besteht. Hierzu kann er eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Bestreitet der Arbeitgeber, dass eine neue Erkrankung vorliegt, hat der Arbeitnehmer Tatsachen vorzutragen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung bestanden. Hierzu hat er den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Folgen der Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung hat der Arbeitgeber zu tragen. Gleiches gilt, wenn eine Arbeitsverhinderung wegen einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation und einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit innerhalb der Zeiträume des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EFZG zusammentreffen (BAG vom 10.09.2014, a. a. O.).

Dieser Darlegungslast ist der Kläger nicht nachgekommen. Er hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass seine Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 19.05. bis 03.07.2015 und die Reha-Maßnahme vom 21.12.2015 bis 20.01.2016 nicht auf demselben Grundleiden beruhen. Vielmehr sprechen sowohl der unstreitige Sachverhalt als auch das Vorbringen des Klägers selbst dafür, dass beide Fehlzeiten auf dasselbe Grundleiden zurückzuführen sind.

Der Kläger war nach seinem eigenen Vortrag vom 19.05.2015 bis zum 03.07.2015 wegen einer Fehlregulation des Blutdrucks und damit wegen einer Herz-Kreislau-Erkrankung arbeitsunfähig. Der Kläger hat weiter vorgetragen, die Reha-Maßnahme sei erfolgt wegen eines umfangreichen gesundheitlichen kardio-vaskulären Risikofaktorenprofils erfolgt. Hintergrund der Rehabilitation war somit eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, mithin wahrscheinlich dasselbe Grundleiden. Für einen Zusammenhang der Erkrankung ab dem 19.05.2015 und der medizinischen Rehabilitation spricht auch, dass der Kläger den Reha-Antrag am 06.08.2015 und damit nur wenige Wochen nach seiner Erkrankung wegen Problemen mit der Blutdruckregulation gestellt hat. Außerdem handelt es sich bei der Einrichtung, welche die Reha-Maßnahme durchführte, um eine Fachklinik für Herz- und Kreislauferkrankungen.

Da zwischen dem Ende der Arbeitsunfähigkeit am 03.07.2015 und dem Beginn der medizinischen Rehabilitation am 21.12.2015 keine sechs Monate vergangen waren, steht dem Kläger für die Dauer der Reha-Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG kein Entgeltfortzahlungsanspruch zu.

Entsprechendes gilt für den Zeitraum vom 21.01.2016 bis 31.01.2016. Der Kläger war in dieser Zeit, nachdem er aus der Reha-Klinik als arbeitsunfähig entlassen worden war, ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 03.02.2016 (Bl. 8 d. A.) krankgeschrieben mit der Diagnose „koronare Drei-Gefäßerkrankung“. Die Arbeitsunfähigkeit beruhte daher wiederum bzw. immer noch auf einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, mithin wohl auf demselben Grundleiden wie die Arbeitsunfähigkeit vom 19.05. bis 03.07.2015 und die Reha-Maßnahme vom 21.12.2015 bis 20.01.2016. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch für den Zeitraum vom 21.01. bis 31.01.2016 ist von daher zu verneinen.

2.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung.

Macht der Arbeitnehmer – wie vorliegend – geltend, der Arbeitgeber habe ihn widerrechtlich in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, so kann er eine billige Entschädigung in Geld fordern, wobei sich dieser Anspruch unmittelbar aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG ergibt (BAG v. 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13 – juris). Da bei auf „Mobbing“ gestützten Entschädigungsklagen nicht der vermögenswerte, sondern der ideelle Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist, setzt der Anspruch allerdings voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (BAG v. 15.09.2016 – 8 AZR 351/15 – juris, m.w.N.).

Nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (z. B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung) stellen eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dar. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, sind nicht geeignet, derartige Tatbestände zu erfüllen. Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zu Tage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten. Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist allerdings dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vgl. BAG v. 15.09.2016, a.a.O.). Unter „Mobbing“ ist im Allgemeinen das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen (BAG v. 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing).

Vorliegend lässt sich weder aus den vom Kläger geschilderten Einzelfällen noch aus deren Gesamtschau ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren des Klägers noch eine schwerwiegende Verletzung dessen Persönlichkeitsrechts herleiten.

Selbst dann, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass die Aufforderung, zu einem Personalgespräch nach K. anzureisen, nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt war, so ergibt sich hieraus noch nicht, dass diese Maßnahme als Anfeindung oder bewusste Schikane zu qualifizieren ist. Immerhin befindet sich der Sitz der Personalverwaltung der Beklagten in K.; überdies war im Hinblick auf die Fehlzeiten des Klägers in der Vergangenheit die Durchführung eines Personalgesprächs durchaus angezeigt.

Soweit sich der Kläger darüber hinaus auf eine seiner Ansicht nach ungerechtfertigte Aufforderung zur Rückzahlung eines Betrages von 1.853,58 €, auf die verspätete Auszahlung von Sonderzahlungen und auf seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Gehaltsabzüge wegen der Zurverfügungstellung von Berufskleidung beruft, so ergibt sich hieraus ebenfalls nichts, was für eine systematische Anfeindung, Schikane o. ä. sprechen könnte. Entsprechendes gilt hinsichtlich einer etwaigen Verletzung der Pflicht, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Soweit der Kläger schließlich der Beklagten vorwirft, dass diese bereits jetzt den im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens unter Vorbehalt gezahlten Geldbetrag zurückfordert, so zieht die Beklagte dabei letztlich nur die Konsequenz aus dem erstinstanzlichen Urteil.

Auch aus der Gesamtschau des vom Kläger gerügten Verhaltens der Beklagten ergibt sich keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers, welche einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung begründen könnte.

III.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 ArbGG) wird hingewiesen.

 

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