Das Landesarbeitsgericht Köln hat die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers wegen beleidigender Äußerungen und einer angeblichen Erkrankung für unwirksam erklärt, da die Pflichtverletzungen nicht so schwerwiegend waren und eine Abmahnung als milderes Mittel hätte ausreichen können. Das Gericht stellte klar, dass die Interessen des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwogen.
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Übersicht:
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Beleidigungen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber können einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen.
- Im konkreten Fall waren die Äußerungen des Klägers wie „Menschenausbeuter“ und „geistesgestörte Leute“ grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
- Dennoch war die fristlose Kündigung unverhältnismäßig, da mildere Reaktionen wie eine Abmahnung möglich gewesen wären.
- Eine Wiederholungsgefahr der Beleidigungen wurde verneint, da diese in einer Ausnahmesituation fielen.
- Das Abstellen des LKW auf einem Autohof und Zurücklassen der Karten war gerechtfertigt durch Erkrankung und Überschreitung der Lenkzeiten.
- Die Kündigungsfrist betrug nach den Feststellungen nur 4 Wochen bis zum 27.07.2022.
- Insgesamt überwog das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.
- Die Revision gegen die Entscheidung wurde nicht zugelassen.
Fristlose Kündigung: Gerichtsurteil zu Beleidigung und Krankmeldung

Das Arbeitsrecht ist ein komplexes und facettenreiches Rechtsgebiet, in dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber oft vor Herausforderungen gestellt werden. Eine der brisantesten Fragen betrifft die Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Wann ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt? Dieser Thematik widmet sich auch das vorliegende Gerichtsurteil, in dem es um eine Kündigung aufgrund von Krankheitsankündigung und beleidigenden Äußerungen geht.
Im Spannungsfeld zwischen den Interessen des Arbeitsgebers an einem reibungslosen Betriebsablauf und den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers müssen die Gerichte sorgfältig abwägen. Dabei spielen Faktoren wie die Schwere des Fehlverhaltens, der Grad des Verschuldens und die Verhältnismäßigkeit der Kündigungsmaßnahme eine entscheidende Rolle.
In den folgenden Ausführungen wird ein konkreter Gerichtsfall erörtert, der exemplarisch zeigt, wie die Gerichte diese Abwägung vornehmen und welche Kriterien sie dabei berücksichtigen. Das Urteil bietet wertvolle Erkenntnisse für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen.
Der Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln im Detail
Streit um fristlose Kündigung nach Beleidigung und Krankmeldung
In einem aktuellen Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 8 Sa 107/23) ging es um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, die ein Arbeitgeber gegen seinen Arbeitnehmer ausgesprochen hatte. Grund für die Kündigung waren beleidigende Äußerungen des Arbeitnehmers in WhatsApp-Sprachnachrichten sowie eine angeblich vorgetäuschte Erkrankung.
Der Arbeitnehmer, ein LKW-Fahrer, hatte sich gegenüber dem Sohn des Geschäftsführers in Sprachnachrichten abfällig geäußert und Mitarbeiter des Unternehmens, darunter mutmaßlich den Geschäftsführer selbst und seinen Sohn, als „Ausbeuter“, „Menschenausbeuter“ und „geistesgestörte Leute“ bezeichnet. Zudem hatte er entgegen einer Arbeitsanweisung den LKW auf einem Autohof abgestellt und die Tank- und Mautkarten im Fahrzeug zurückgelassen. Er rechtfertigte dies mit einer akuten Erkrankung und der Überschreitung seiner Lenkzeiten.
Das Arbeitsgericht Siegburg hatte die fristlose Kündigung in erster Instanz für unwirksam erklärt, da die Pflichtverletzungen des Klägers zwar vorlagen, aber nicht so schwerwiegend waren, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Berufung ein.
Keine Wirksamkeit der fristlosen Kündigung – Interessenabwägung entscheidend
Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies die Berufung des Arbeitgebers zurück. Zwar stellten die beleidigenden Äußerungen des Arbeitnehmers grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar, jedoch war diese im Rahmen der Interessenabwägung als unverhältnismäßig anzusehen.
Das Gericht betonte, dass bei der Prüfung einer fristlosen Kündigung stets das Interesse des Arbeitgebers an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abgewogen werden muss. In diesem Fall überwog das Interesse des Arbeitnehmers, da die Pflichtverletzungen nicht so schwerwiegend waren und eine Abmahnung als milderes Mittel hätte ausreichen können.
Beurteilung der Beleidigungen und des Fehlverhaltens
Hinsichtlich der beleidigenden Äußerungen berücksichtigte das Gericht den emotionalen Ausnahmezustand des Arbeitnehmers, der sich aufgrund einer absehbaren Verspätung zu einem geplanten Konzertbesuch in großer Verärgerung befand. Auch das Zurücklassen der Tank- und Mautkarten im LKW wurde nicht als so schwerwiegend angesehen, da der LKW auf einem videoüberwachten Autohof in der Nähe des Betriebssitzes abgestellt war und der Arbeitgeber darüber informiert wurde.
Kündigungsfrist und Revision
Das Landesarbeitsgericht stellte zudem klar, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist von vier Wochen unwirksam war, da sie die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Ende eines Kalendermonats bei einer Beschäftigungsdauer von fünf Jahren unterschritt. Das Arbeitsverhältnis endete daher erst zum 31.07.2022 durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Die Revision gegen die Entscheidung wurde nicht zugelassen, da sie auf den Umständen des Einzelfalls beruhte.
✔ FAQ zum Thema: Fristlose Kündigung
Wie wirkt sich das Verhalten des Arbeitnehmers auf die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung aus?
Das Verhalten des Arbeitnehmers spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung. Eine fristlose Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgrund eines wichtigen Grundes nicht zumutbar ist. Dabei müssen die Interessen beider Seiten sorgfältig abgewogen werden.
Beleidigungen und ehrverletzende Äußerungen des Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten oder Kollegen können einen groben Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstellen und eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Entscheidend sind dabei die Schwere, Häufigkeit und die Umstände der Beleidigung. Besonders gravierende Beleidigungen wie rassistische Hetze oder die Bezeichnung als „Hurensohn“ können auch ohne vorherige Abmahnung eine sofortige Kündigung begründen. Bei weniger schwerwiegenden Beleidigungen ist in der Regel zunächst eine Abmahnung erforderlich.
Auch die Ankündigung einer Krankschreibung, um Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Der Arbeitnehmer bringt damit zum Ausdruck, dass er notfalls bereit ist, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz zu missbrauchen. Dies kann eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Ob später tatsächlich eine Erkrankung vorliegt, ist dabei unerheblich.
Allerdings muss immer eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erfolgen. Zu berücksichtigen sind unter anderem die Dauer der Betriebszugehörigkeit, vorherige Abmahnungen, das Verschulden des Arbeitnehmers und ob ihm die Konsequenzen seines Handelns bewusst sein mussten. Nur wenn die Interessenabwägung ergibt, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.
Welche Rolle spielt die Abwägung der Interessen bei einer fristlosen Kündigung?
Die Interessenabwägung spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Selbst wenn ein an sich geeigneter wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, muss immer eine umfassende Abwägung der Interessen beider Seiten erfolgen. Dabei ist zu prüfen, ob dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist.
In die Waagschale zugunsten des Arbeitnehmers fallen insbesondere eine lange beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit, in der er sich „Vertrauenskapital“ erworben hat, sowie bestehende Unterhaltspflichten. Auch persönliche und wirtschaftliche Folgen der Kündigung für den Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen. Demgegenüber sind auf Seiten des Arbeitgebers vor allem die Schwere und Häufigkeit der Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens und der Vertrauensbeschädigung sowie die Wiederholungsgefahr zu gewichten.
Die Interessenabwägung kann dazu führen, dass eine fristlose Kündigung trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes im Einzelfall unverhältnismäßig und damit unwirksam ist. Der Arbeitgeber muss dann prüfen, ob mildere Mittel wie eine Abmahnung, Versetzung oder ordentliche Kündigung ausreichen. Nur wenn die Gesamtabwägung ergibt, dass das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung überwiegt, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.
Auch bei einer Drohung mit Krankschreibung oder Beleidigungen ist daher stets der Einzelfall zu betrachten. Zwar stellen diese Verhaltensweisen grundsätzlich eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die an sich zur außerordentlichen Kündigung berechtigen kann. Allerdings müssen auch hier die konkreten Umstände, insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Schwere der Äußerungen, in die Abwägung einfließen. Nur wenn das Arbeitgeberinteresse danach überwiegt, ist eine fristlose Kündigung möglich.
Welche Konsequenzen hat die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsfrist?
Wenn die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist unwirksam ist, gelten stattdessen die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB. Für den Arbeitnehmer beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Für den Arbeitgeber verlängert sich die Kündigungsfrist abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers.
Die Unwirksamkeit der vertraglichen Kündigungsfrist kann verschiedene Ursachen haben. Häufig liegt der Grund darin, dass die Frist den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt, etwa weil sie deutlich länger ist als die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber. Auch eine intransparente oder mehrdeutige Formulierung der Kündigungsfristenregelung kann zur Unwirksamkeit führen.
Ist die Kündigung unter Einhaltung der unwirksamen vertraglichen, aber nicht der gesetzlichen Kündigungsfrist erklärt worden, ist sie unwirksam. Der Arbeitnehmer muss dann innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage erheben, um die Unwirksamkeit der Kündigung und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich feststellen zu lassen. Versäumt er diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam.
Erhebt der Arbeitnehmer rechtzeitig Klage, endet das Arbeitsverhältnis erst zu dem Zeitpunkt, zu dem unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden könnte. Für die Zwischenzeit behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitsvergütung, auch wenn er nicht beschäftigt wird (sog. Annahmeverzugslohn). Allerdings muss er sich anderweitigen Verdienst anrechnen lassen.
Die Unwirksamkeit der vertraglichen Kündigungsfrist kann also erhebliche Konsequenzen haben. Sie führt dazu, dass statt der vereinbarten die gesetzlichen Fristen gelten und eine unter Missachtung dieser Fristen erklärte Kündigung unwirksam ist. Um dies gerichtlich durchzusetzen, muss der Arbeitnehmer aber zwingend fristgerecht Kündigungsschutzklage erheben.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 626 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im konkreten Fall wurde der fristlosen Kündigung widersprochen, weil die Verfehlungen des Arbeitnehmers (Beleidigungen und das Abstellen des LKW) als nicht schwerwiegend genug angesehen wurden, um eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Die Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führte zur Entscheidung, dass eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar sei.
- § 241 Abs. 2 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Pflicht zur Rücksichtnahme innerhalb eines Schuldverhältnisses. Im Fallbeispiel waren die verbalen Entgleisungen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber und dessen Sohn relevant, da sie gegen diese Rücksichtnahmepflicht verstießen. Die Gerichtsentscheidung zeigt jedoch, dass trotz der Pflichtverletzung eine fristlose Kündigung als unverhältnismäßig angesehen wurde.
- Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Interessenabwägung: Diese rechtlichen Prinzipien sind entscheidend, um zu bewerten, ob eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist. Sie verlangen, dass das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt desselben abgewogen wird. Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen.
- Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) § 69 Abs. 2: Dieser Paragraph wurde herangezogen, um Bezug auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils zu nehmen. Er ermöglicht es, in der Berufungsinstanz auf den erstinstanzlich festgestellten Sachverhalt zu verweisen, was im konkreten Fall für die Fortführung des Rechtsstreits ohne erneute vollständige Beweisaufnahme genutzt wurde.
- Arbeitszeitgesetze: Die Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten, die im Fall angeführt wurde, berührt Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes. Obwohl dieser Punkt im Urteil weniger betont wurde, ist die Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben grundlegend, um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Im diskutierten Fall wurde das Überschreiten der Zeiten als Rechtfertigung für das Abstellen des LKW genutzt, was in der Abwägung der Gerichtsentscheidung eine Rolle spielte.
➜ Das vorliegende Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln
Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 8 Sa 107/23 – Urteil vom 26.10.2023
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18.01.2023 – 4 Ca 1134/22 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen des Berufungsverfahrens noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten.
Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 18.01.2023 Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose, außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.06.2022 aufgelöst worden ist, sondern durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 31.07.2022 sein Ende gefunden hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar habe der Kläger eine Pflichtverletzung begangen, indem er sich in WhatsApp-Sprachnachrichten verbal abfällig über die Beklagte geäußert habe, diese sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zuzumuten gewesen sei. Gleiches gelte für den Verstoß gegen die Arbeitsanweisung, keine Tank- und Mautkarten im Fahrzeug zu belassen. Soweit die Beklagte dem Kläger die Ankündigung vorwerfe, sei seine solche nicht feststellbar. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils vom 18.01.2023 Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 01.02.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.02.203 Berufung eingelegt und diese am 28.03.2023 begründet. Sie ist der Auffassung, die außerordentliche Kündigung sei gerechtfertigt, da der Kläger den Geschäftsführer und seine Familie mit den Begriffen „Menschenausbeute“ und „geistesgestörte Leute“ nicht nur grob beleidigt, sondern ihnen durch seine Äußerung, dass sie vielleicht fahren könnten, aber von allem anderen keine Ahnung hätten und sich ihren Laden selbst kaputt machen würden, auch noch die unternehmerische Kompetent abgesprochen habe. Die Beleidigungen seien entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts auch nicht aus einer Affektsituation heraus gefallen, vielmehr sei zwischen den verschiedenen Sprachnachrichten jeweils einige Zeit vergangen; auch habe der Kläger sich nicht entschuldigt. Die Beklagte meint weiter, die fristlose Kündigung sei auf Grund einer angekündigten Erkrankung gerechtfertigt. Dass der Kläger tatsächlich nicht erkrankt gewesen sei, zeige sich daran, dass er in diesem Falle auch das abendliche Konzert nicht habe besuchen können und darum kein Anlass bestanden hätte, sich über die vermeintlich von der Beklagten zu verantwortende Verspätung aufzuregen. Zudem sei ihr durch das Abstellen des LKW auf dem Autohof und dessen erforderliche Rückholung ein finanzieller Schaden durch ein erhöhten Personal- und Kostenaufwand entstanden. Schließlich habe das Arbeitsgericht die Bedeutung des Fahrzeugs für den Betrieb der Beklagten verkannt. Der Kläger habe das Fahrzeug im Wert von ca. 150.000 Euro auf einem nicht besonders gesicherten Autohof abgestellt und den Fahrzeugschlüssel im Anschluss postalisch an die Beklagte gesandt. In der Gesamtschau dieser Umstände sei es der Beklagten nicht zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Jedenfalls aber habe das Arbeitsverhältnis aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung auf Grund der vereinbarten Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 27.07.2022, und nicht wie vom Arbeitsgericht angenommen mit dem 31.07.2022, sein Ende gefunden.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18.01.2023 – 4 Ca 1134/22 – teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Er ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe hinsichtlich der streitgegenständlichen Sprachnachrichten zu Recht die Ausnahmesituation, in der sich der Kläger befunden habe, gewürdigt. Der Kläger habe sich wiederholt ausgenutzt gefühlt und sei verärgert gewesen, weil er ein Versprechen gegenüber seiner Verlobten, nämlich mit ihr zu einem lange geplanten Konzert zu gehen, nicht habe einhalten können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in der Branche ein eher „deftiger“ Jargon üblich sei. Der Kläger meint weiter, bei dem Abstellen des LKWs auf dem Autohof habe es sich um einen üblichen Vorgang gehandelt, der insbesondere im Hinblick darauf, dass er die Lenk- und Ruhezeiten bereits in der S überschritten habe, nicht zu beanstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wir auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1, 46g ArbGG, 519, 520 ZPO).
II. In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat dem gegen die außerordentliche Kündigung vom 27.06.2022 gerichteten Kündigungsschutzantrag zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben.
1. Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.06.2022 aufgelöst worden, da ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorliegt.
a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 25. Januar 2018 – 2 AZR 382/17 – Rn. 26; 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 27, BAGE 161, 198; BAG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 2 AZR 370/18 -, Rn. 15, juris).
aa) Ein wichtiger Grund „an sich“ liegt nicht in Form einer angekündigten, (tatsächlich aber nicht vorliegenden) Erkrankung des Klägers vor, da eine solche nicht feststellbar ist. Der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass er sich bereits im Laufe der Fahrt krankgefühlt habe (Übelkeit, Unwohlsein) und – was unstreitig ist – am Montag nach seiner Rückkehr ein Arzt aufgesucht habe, der ihn zunächst für eine Woche und anschließend eine weitere Woche, krankgeschrieben habe. Die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind der Beklagten zugegangen. Diesen Darlegungen ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere bietet die Erklärung des Klägers, dass mindestens einen Monat keiner mehr mit ihm sprechen solle, keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme einer angekündigten Erkrankung, da diese bereits nicht die Aussage beinhaltet, den nächsten Monat nicht mehr zu erscheinen oder „krank zu feiern“. Soweit die Beklagte geltend macht, wenn der Kläger tatsächlich so schwer erkrankt gewesen sei, dass er habe abgeholt werden müssen, hätte er auch das Konzert nicht besuchen können und somit kein Anlass für seine Verärgerung bestanden, lässt sich hieraus ebenfalls nicht die Annahme einer angekündigten Erkrankung ableiten. Denn tatsächlich liegt kein Widerspruch darin begründet, wenn der Kläger am 25.06.2022 zunächst von der Möglichkeit des geplanten Konzertbesuchs ausging, er bei sich abzeichnender verkehrstechnischer Unmöglichkeit, rechtzeitig zum Konzert zurück zu sein, seine Verärgerung hierüber kundtat, und sich parallel hierzu sein Gesundheitszustand verschlechterte.
bb) Demgegenüber sind die beleidigenden Äußerungen des Klägers grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.
(1) Als wichtiger Grund „an sich“ im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB kommen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grobe Beleidigungen oder ehrverletzende Äußerungen zum Nachteil des Arbeitgebers, seiner Repräsentanten oder von Arbeitskollegen in Betracht (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 534/08 – NZA 2010, S. 698 ff; BAG, Urteil vom 24. November 2005 – 2 AZR 584/04 – NZA 2006, S. 650 ff; ErfK-Niemann, 22. Auflage 2022, § 626 BGB Rn 86 m. w. N.), die einen groben Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers darstellen können (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 aaO; BAG, Urteil vom 24. November 2005, aaO). Zwar dürfen Arbeitnehmer – auch unternehmensöffentlich – Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt äußern. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen (vgl. zur außerordentlichen Kündigung: BAG 27. September 2012 – 2 AZR 646/11 – aaO; 10. Dezember 2009 – 2 AZR 534/08 – aaO; zur ordentlichen Kündigung: BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15 – Rn. 37; 12. Januar 2006 – 2 AZR 21/05 – Rn. 45; BAG, Urteil vom 5. Dezember 2019 – 2 AZR 240/19 -, Rn. 77, juris).
(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die in den Sprachnachrichten des Klägers getätigten Äußerungen „an sich“ geeignet, eine grobe Pflichtverletzung des Klägers und einen wichtigen Grund „an sich“ darzustellen. Denn der Kläger hat durch seine Äußerungen gegenüber dem Sohn des Geschäftsführers via WhatsApp-Sprachnachrichten am 25.06.2022, mit denen er nicht näher bezeichnete Mitarbeiter der Beklagten, mutmaßlich den Geschäftsführer und dessen Sohn, u.a. als „Ausbeuter“, „Menschenausbeuter“ und „geistesgestörte Leute“ bezeichnete, diese unsachlich angegriffen und beleidigt.
cc) Der Kläger hat des Weiteren seine Pflichten verletzt, indem er den LKW der Beklagten auf dem Autohof W abgestellt und entgegen der Dienstanweisung die Tank- und Mautkarten in diesem belassen hat. Soweit die Beklagte dem Kläger das Abstellen des LKWs auf dem Autohof vorwirft, hat sie die von diesem vorgetragenen Rechtfertigungsgründe, die eingetretenen Erkrankung sowie die Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten, nicht widerlegt.
b) Die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung erweist sich jedoch aufgrund der gem. § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung als unverhältnismäßig.
aa) Bei der Prüfung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der – fiktiven – Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen (BAG 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 54, BAGE 161, 198; 29. Juni 2017 – 2 AZR 302/16 – Rn. 26, BAGE 159, 267). Hierfür hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (BAG 23. August 2018 – 2 AZR 235/18 – Rn. 40; 29 . Juni 2017 – 2 AZR 302/16 – Rn. 27, BAGE 159, 267). Der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere hinsichtlich einer möglichen Wiederholungsgefahr von Bedeutung. Je höher er ist, desto größer ist diese (BAG 16. August 1991 – 2 AZR 604/90 – zu III 3 e bb der Gründe).
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 2 AZR 370/18 -, Rn. 28 – 30, juris m.w.N.)
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hätte es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft.
Sowohl bei den streitgegenständlichen Äußerungen als auch bei dem Zurücklassen der Tank- und Mautkarten in dem abgestellten LKW handelt es sich um steuerbares Verhalten, bei dem keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine Abmahnung im Hinblick auf die Unterlassung künftiger gleichgelagerter Pflichtverletzungen ohne Erfolg geblieben wäre. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger bezüglich der ehrverletzenden Äußerungen kein Reueverhalten an den Tag gelegt und auch eine Entschuldigung hat vermissen lassen. Dieser Umstand alleine lässt allerdings nicht den Umkehrschluss zu, dass der Kläger im Falle er erfolgten Abmahnung auch zukünftig keine Verhaltensänderung vorgenommen hätte.
Die Pflichtverletzungen des Klägers sind auch nicht von solcher Schwere, dass selbst eine einmalige Hinnahme für die Beklagte unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Kläger erkennbar – ausgeschlossen war. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Kläger situationsbedingt in einem Zustand großer Verärgerung und Aufregung befand, da absehbar war, dass er ein seiner Verlobten gegebenes Versprechen eines lange geplanten Konzertbesuchs, nicht würde halten können. Der Annahme eines emotionalen Ausnahmezustands steht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegen, dass es sich um mehrere Sprachnachrichten handelte, da sich die Situation des Klägers weder verbesserte, noch zu erwarten war, dass sich der Zustand emotionaler Aufregung unmittelbar legen würde, nachdem der Kläger seiner Verärgerung einmalig Ausdruck verliehen hatte.
Auch das Belassen der Tank- und Mautkarten in dem abgestellten LKW begründete zwar ein Risiko, dass diese entwendet und der Beklagten hierdurch wirtschaftlicher Schaden entstehen konnte; dennoch war auch diese Pflichtverletzung nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten selbst eine einmalige Hinnahme der Beklagten offensichtlich unzumutbar gewesen wäre. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass der LKW nicht „auf freiem Feld“, sondern bestimmungsgemäß auf einem videoüberwachten Autohof ca. eine Stunde vom Betriebssitz der Beklagten entfernt, abgestellt und die Beklagte hierüber informiert wurde.
2. Das Arbeitsverhältnis ist auf Grund der hilfsweise ausgesprochenen und wirksamen ordentlichen Kündigung der Beklagte auch nicht bereits zum 27.07.2022 beendet worden.
Soweit die Parteien im Arbeitsvertrag vom 08.02.2017 eine Kündigungsfrist von vier Wochen vorgesehen haben, ist diese Vereinbarung gem. § 134 BGB i.V.m. § 622 Abs. 2 BGB unwirksam. Gem. § 622 Abs. 2 Nr. beträgt die Kündigungsfrist für eine Kündigung durch den Arbeitgeber, wenn das Arbeitsverhältnis – wie im Falle des Klägers – fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats. Die in § 622 Abs. 5 Nr. 2 BGB vorgesehene Möglichkeit der einzelvertraglichen Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist von 4 Wochen bezieht sich ausschließlich auf die Grundkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB, nicht aber auf die verlängerten und einseitig zwingenden, verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB (vgl. nur BAG, Urteil vom 21. August 2008 – 8 AZR 201/07 -, juris; Tiedemann in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Auflage 2022, § 622 BGB, Rn. 80). Die ordentliche Kündigung der Beklagten hätte das Arbeitsverhältnis somit erst zum 31.08.2023 beenden können. Da der Kläger seinerseits keine Berufung eingelegt hat, verbleibt es beim erstinstanzlich festgestellten Beendigungsdatum des 31.07.2022.
III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.