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Kündigung während der Wartezeit – Treuwidrigkeit

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 220/18 – Urteil vom 13.12.2018

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16. Februar 2018, Az. 9 Ca 1160/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wartezeitkündigung sowie über die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der 1960 geborene Kläger ist verheiratet und gegenüber seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 1981 in verschiedenen Funktionen innerhalb des Deutschen Roten Kreuzes beschäftigt. Ab 01.03.2017 wurde er vom beklagten Landesverband Rheinland-Pfalz als Schulleiter des D.-Bildungsinstitutes eingestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-RTV) Anwendung. Der Kläger wurde in Entgeltgruppe 13 Stufe 5 DRK-RTV eingruppiert, sein Monatsentgelt belief sich auf € 5.532,71 brutto. In § 3 des Arbeitsvertrages vom 26.01./02.02.2017 haben die Parteien eine Probezeit von sechs Monaten und eine Kündigungsfrist von zwei Wochen in der Probezeit vereinbart.

Mit Anhörungsbogen, der das Datum 05.07.2017 trägt, hörte der Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigen ordentlichen Kündigung des Klägers an. Das Formblatt hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Mitteilung an den Betriebsrat – Kündigung

Anhörung gem. § 102 BetrVG

Wir beabsichtigen folgende ordentliche/außerordentliche Kündigung auszusprechen

1. Persönliche Daten

Name, Vorname

[Kläger]

Straße, Wohnort

[Anschrift Kläger]

Geburtsdatum

00.00.1960

beschäftigt seit

01.03.2017

Betriebsstätte

D.-Bildungsinstitut

Tätigkeit

Schulleiter des Bildungsinstituts

2. Gründe

[Der Kläger] ist noch in der Probezeit. Es ist daher eine ordentliche Kündigung in der Probezeit beabsichtigt zum 31.07.2017.

Die Kündigung ist erforderlich, da seine Arbeit nicht den Anforderungen entspricht.

Wir bitten um Zustimmung der beabsichtigten Kündigung.

3. Unterrichtung des Betriebsrats

Der Betriebsrat wurde unterrichtet am

05.07.2017

Der Betriebsrat hat diese Mitteilung erhalten am

____-„-___

…“

Neben der handschriftlichen Datumsangabe 05.07.2017 befindet sich die Unterschrift „S. F.“. F. ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Der Betriebsrat äußerte sich zur Kündigungsabsicht nicht. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.07. zum 31.07.2017. Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger am 14.07.2017 vom Vorstandsmitglied G. überreicht.

Gegen diese Kündigung hat der Kläger mit einem am 04.08.2017 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben und ua. ausgeführt, die Kündigung sei willkürlich erfolgt, sie verstoße gegen Treu und Glauben und sei sittenwidrig. Die Kündigung sei einzig und allein darauf zurückzuführen, dass ihn der Vorstand G. nicht leiden könne. G. habe ihn von Beginn seines Arbeitsverhältnisses an schikaniert. Er habe ihm aus eigensüchtigen Gründen gekündigt, schlichtweg weil er ihn nicht leiden könne. Zudem sei die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt. Sie sei auch nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben des Beklagten vom 14.07.2017 ausgesprochene Kündigung nicht mit Ablauf des 31.07.2017 beendet wird,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungsgründe beendet wird, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht,

3. den Beklagten zu verurteilen, ihn über den Ablauf des 31.07.2017 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen und zwar als Schulleiter des Bildungsinstitutes des D.-Landesverbandes Rheinland-Pfalz e.V. mit einer Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche in der Entgeltgruppe 13 Stufe 5 DRK-Tarifvertrag (Arbeitsvertrag vom 26.01.2017/ 02.02.2017),

4. hilfsweise für den Fall, dass die Klageanträge zu 1) und/oder die Klageanträge zu 2) und 3) abgewiesen werden, den Beklagten zu verurteilen, ihm unter dem Datum des 31.07.2017 ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie auf Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstreckt.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.02.2018 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Hauptanträge abgewiesen und dem Hilfsantrag auf Zeugniserteilung entsprochen. Zur Begründung der Klageabweisung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt, die Kündigung des Beklagten vom 14.07.2017 sei nicht nach § 242 BGB unwirksam. Innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG könne der Arbeitgeber grundsätzlich frei kündigen. Die Kündigung sei auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, dem Betriebsrat mitzuteilen, dass der Kläger gegenüber seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet sei. Unterhaltspflichten spielten für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung in der Wartezeit keine Rolle. Es sei auch unschädlich, dass der Beklagte im Anhörungsbogen die Kündigungsfrist nicht angegeben habe. Der Hinweis darauf, dass eine Probezeitkündigung beabsichtigt sei, reiche aus. Auch hinsichtlich der Gründe für die beabsichtigte Kündigung erfülle die Betriebsratsanhörung die gesetzlichen Voraussetzungen. In der Wartezeit sei dem Betriebsrat bei einer auf einem subjektiven Werturteil beruhenden Kündigung nur dieses Werturteil als der eigentliche Kündigungsgrund mitzuteilen. Die dem Werturteil des Arbeitgebers zugrunde liegenden Erwägungen bzw. Ansatzpunkte müssten dem Betriebsrat auch dann nicht mitgeteilt werden, wenn sie einen substantiierbaren Tatsachenkern enthielten. Der Beklagte habe eine Reihe von Tatsachen vorgetragen, die zu seiner Einschätzung geführt hätten, dass die Arbeit des Klägers „nicht den Anforderungen“ entspreche. Es reiche aus, dass der Beklagte seine Bewertung, die Arbeit entspreche „nicht den Anforderungen“, dem Betriebsrat mitgeteilt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 16.02.2018 Bezug genommen.

Gegen das am 30.05.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.06.2018 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 30.08.2018 verlängerten Frist mit einem am 24.08.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er macht nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 24.08.2018 und vom 04.12.2018, auf die ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend, die Kündigung vom 14.07.2017 sei nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, weil der Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört habe. Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft unterstellt, dass der Beklagte die Wochenfrist ab Anhörung des Betriebsrats abgewartet habe, obwohl er dies stets bestritten habe und substantiierter Vortrag des Beklagten dazu fehle. Das Arbeitsgericht sei weiterhin von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, nämlich dass der Beklagte die Kündigung (nur) auf ein Werturteil gestützt habe. Der Beklagte habe die Kündigung auf zahlreiche Tatsachenbehauptungen gestützt, die er als „objektive Anhaltspunkte“ bezeichnet habe. Der Beklagte habe ihm gegenüber bei Übergabe des Kündigungsschreibens am 14.07.2017 behauptet, die Kündigung sei aus folgenden Gründen erfolgt:

  • Er habe zur Spaltung des Teams beigetragen
  • Er würde nicht die Ziele einer modernen Berufsausbildung (des neuen Berufsbildes Notfallsanitäter) verfolgen und hätte sich zu sehr auf die Simulation fixiert
  • Er würde die Digitalisierung der Berufsausbildung nicht unterstützen/umsetzen
  • Er würde schlecht mit den Mitarbeitern kommunizieren.

Im Gütetermin vom 31.08.2017 habe der Beklagte auf Befragen des Arbeitsgerichts wörtlich erklärt: „Für die Kündigung liegen objektive Anhaltspunkte vor“. Es handele sich dabei ua. um folgende:

  •  Er habe einen Keil in die Mitarbeiterschaft getrieben
  •  Schlechte Mitarbeiterführung
  •  Finanzen verplant (5-6 stellige Summen seien mit dem Vorstand nicht abgestimmt worden)
  •  Selbstüberschätzung

Auch in der Klageerwiderung vom 10.10.2017 habe der Beklagte zahlreiche Tatsachen behauptet, die für die Kündigung ausschlaggebend gewesen seien. Im Anhörungsbogen vom 05.07.2017 habe der Beklagte gegenüber dem Betriebsrat ausgeführt, der Kündigungsgrund bestehe darin, dass seine „Arbeit“ nicht den Anforderungen entspreche. Dabei handele es sich um eine Tatsachenbehauptung. Dies bestätige der Beklagte mit seinen Ausführungen in der Klageerwiderung vom 10.10.2017. In diesem Schriftsatz habe der Beklagte Tatsachenbehauptungen aufgestellt, für die er Zeugenbeweis angeboten habe. Vor diesem Hintergrund sei die Feststellung des Arbeitsgerichts, Kündigungsgrund sei lediglich ein pauschales Werturteil gewesen, falsch. Der Beklagte habe ihm vorgeworfen, dass er durch die tatsächliche Ausübung seiner Tätigkeit seine Vertragspflichten verletzt habe:

  •  „… nur unzureichend erfüllt …“
  •  „… Ergebnisse vorgelegt, die nicht brauchbar waren …“
  •  „… eigenmächtig …“
  •  „… insbesondere hätte er nicht … dürfen …“
  •  „… ist nicht tolerabel …“

Erstmals im Schriftsatz vom 10.01.2018 habe der Beklagte seinen Vortrag dahingehend geändert, dass nun doch keine objektiven Kündigungsgründe vorhanden seien, er habe sich nur ein subjektives Werturteil gebildet. Es könne sein, dass der Beklagte sich auch ein subjektives Werturteil gebildet habe. Allerdings liege der Kündigung kein – oder jedenfalls nicht ausschließlich – personenbezogenes Werturteil zugrunde; vielmehr behaupte der Beklagte objektiv nachprüfbare Kündigungsgründe. Er sei daher gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet gewesen, dem Betriebsrat objektive Tatsachen substantiiert mitzuteilen. Schließlich habe der Beklagte weder ihm gegenüber noch im Verlauf des Rechtsstreits irgendwelche Probleme gehabt, seine Kündigungsgründe substantiiert darzulegen. Diesen Vortrag könne man von ihm auch hinsichtlich der Betriebsratsanhörung verlangen. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht verkannt, dass der vorliegende Sachverhalt mit dem Fall vergleichbar sei, den das LAG Baden-Württemberg (14.01.2016 – 18 Sa 21/15) entschieden habe, denn der Beklagte berufe sich auf angebliche Schlechtleistungen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hätte der Beklagte den Betriebsrat auch über die maßgebliche Kündigungsfrist, seinen Familienstand und seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau unterrichten müssen. Zumindest das Unterlassen der Mitteilung der Kündigungsfrist führe, auch bei einer Wartezeitkündigung, zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich, das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.02.2018, Az. 9 Ca 1160/17, abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben des Beklagten vom 14.07.2017 ausgesprochene Kündigung nicht mit Ablauf des 31.07.2017 beendet wird,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungsgründe beendet wird, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht,

3. den Beklagten zu verurteilen, ihn über den Ablauf des 31.07.2017 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen und zwar als Schulleiter des Bildungsinstitutes des D.-Landesverbandes Rheinland-Pfalz e.V. mit einer Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche in der Entgeltgruppe 13 Stufe 5 des DRK-Tarifvertrags (Arbeitsvertrag vom 26.01./ 02.02.2017).

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 30.10.2018 und vom 11.12.2018, auf die Bezug genommen wird. Er habe den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung gem. § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört. Der Anhörungsbogen vom 05.07.2017 sei dem Zeugen F. als Betriebsratsvorsitzenden am selben Tag ausgehändigt worden. Die Kündigung sei erst nach Ablauf der Wochenfrist erklärt worden. Im Anhörungsbogen habe er ausgeführt, die Kündigung sei erforderlich, weil die „Arbeit nicht den Anforderungen entspricht.“ Dieser Passus stelle ein Werturteil dar, das nach der Rechtsprechung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung in der Wartezeit genüge. Da der Kläger behauptet habe, ihm sei aus eigensüchtigen Motiven gekündigt worden, weil der Vorstand G. ihn nicht leiden könne, sei es im Rechtsstreit gerechtfertigt und geboten gewesen, die Erwägungsgründe für die Kündigung zu offenbaren, um sich dem Vorwurf der sittenwidrigen Kündigung nicht aussetzen zu müssen.

Die Berufungskammer hat Beweis erhoben über die Behauptungen des Beklagten, dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden F. sei der Anhörungsbogen vom 05.07.2017 am selben Tag ausgehändigt worden, die Betriebsratsvorsitzende H.-Ö. sei an diesem Tag wegen einer Erkrankung verhindert gewesen durch Vernehmung der Zeugen F. und H.-Ö.. Wegen des Ablaufs und des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.12.2018 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage – soweit für die Berufung von Bedeutung – zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 14.07. mit Ablauf des 31.07.2017 aufgelöst worden. Der Beklagte ist deshalb nicht zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet.

1. Der Kündigungsschutzantrag (Ziffer 1) ist unbegründet. Der Kläger hat die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht erfüllt. Mit der Kündigung hat der Beklagte weder die Grenze der Sittenwidrigkeit noch die der Treuwidrigkeit, §§ 138, 242 BGB, überschritten. Der Beklagte hat den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung gem. § 102 BetrVG ordnungsgemäß angehört.

a) Zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Kündigung des Beklagten vom 14.07.2017 mangels Erfüllung der Wartezeit, § 1 Abs. 1 KSchG, nicht am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes zu messen ist. Das zwischen den Parteien ab 01.03.2017 begründete Arbeitsverhältnis bestand im Kündigungszeitpunkt am 14.07.2017 noch keine sechs Monate. Der Beklagte konnte daher das Arbeitsverhältnis der Parteien innerhalb der vereinbarten Probezeit unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen (§ 3 des Arbeitsvertrages, § 36 Abs. 1 Satz 2 DRK-RTV, § 622 Abs. 3 BGB) zum 31.07.2017 kündigen, ohne dass es zur Wirksamkeit der Kündigung eines Kündigungsgrundes iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedurfte. Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung dann rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Sinn und Zweck dieser „Wartezeit“ ist es, den Parteien des Arbeitsverhältnisses für eine gewisse Zeit die Prüfung zu ermöglichen, ob sie sich auf Dauer binden wollen (zB BAG 20.02.2014 – 2 AZR 859/11 – Rn. 18 mwN).

Der Kläger hat keinen Sachverhalt aufgezeigt, der die Annahme rechtfertigte, die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG sei erfüllt. Er hat zwar unwidersprochen vorgetragen, dass er bereits seit 1981 „beim D.“ beschäftigt gewesen sei. Die Parteien untereinander haben jedoch erstmals mit Wirkung ab 01.03.2017 einen Arbeitsvertrag geschlossen. Vorbeschäftigungszeiten, die der Kläger in anderen rechtlich selbständigen D.-Mitgliedsverbänden zurückgelegt hat, sind auf die Wartezeit im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anzurechnen.

In der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG kommt es auf einen Kündigungsgrund iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht an. Vielmehr sollen die Parteien während dieser Zeit prüfen können, ob sie sich dauerhaft vertraglich binden wollen. Die Bindung des Arbeitgebers während der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG ist mit Rücksicht auf seinen Grundrechtsschutz nach Art. 12 GG gering ausgeprägt. Der Arbeitgeber kann aus Motiven kündigen, die weder auf personen-, verhaltens- noch betriebsbedingten Erwägungen beruhen, solange die Kündigung nicht aus anderen Gründen (zB §§ 138, 242 BGB) unwirksam ist (vgl. BAG 21.04.2016 – 8 AZR 402/14 – Rn. 29 mwN).

b) Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kündigung des Beklagten vom 14.07.2017 nicht treuwidrig iSv. § 242 BGB ist. Auch dagegen wendet sich die Berufung nicht.

Bei der Prüfung der Treuwidrigkeit einer Kündigung ist § 242 BGB im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG auszulegen und anzuwenden. Eine Kündigung verstößt unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Rahmens (vgl. BVerfG 21.06.2006 – 1 BvR 1659/04) nur gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung, auf die – wie hier – wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet. Ansonsten würde in diesen Fällen über § 242 BGB der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt und damit die Möglichkeit des Arbeitgebers eingeschränkt werden, die Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit in seinem Betrieb und Unternehmen während der gesetzlichen Wartezeit zu überprüfen. Eine willkürliche Kündigung liegt nicht vor, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung besteht (st. Rspr., vgl. BAG 28.08.2008 – 2 AZR 101/07 – Rn. 33 ff mwN).

Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat keinen Sachverhalt vorgetragen, der eine Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Der Beklagte hat lediglich von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch gemacht, die Eignung des Klägers in der sechsmonatigen Wartezeit zu prüfen. Nach der subjektiven Einschätzung des Beklagten entsprach die Arbeit des Klägers nicht den Anforderungen. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung vortragen lässt, es sei „unstreitig“, dass er sich bis zum Ausspruch der Kündigung am 14.07.2017 bewährt habe, weil er bei den Mitarbeitern und dem Team des Beklagten sehr gut angekommen sei, er alle seine vertraglichen Verpflichtungen fehlerfrei erfüllt, Führungsqualitäten bewiesen und insgesamt hervorragende Arbeit für den Beklagten geleistet habe, wird deutlich, dass auf der Wahrnehmungsebene eine erhebliche Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdbild besteht. Darüber hinaus steht die Einschätzung des Klägers, er habe „unstreitig“ hervorragende Arbeit geleistet, in unauflöslichem Widerspruch zu seinem weiteren Vortrag, der Beklagte habe die Kündigung ihm gegenüber in einem Gespräch am 14.07.2017 und in erster Instanz damit begründet, dass er zur Spaltung des Teams beigetragen, nicht die Ziele einer modernen Berufsausbildung (des neuen Berufsbildes Notfallsanitäter) verfolgt, sich zu sehr auf die Simulation fixiert, die Digitalisierung der Berufsausbildung nicht unterstützt bzw. umgesetzt und schlecht mit den Mitarbeitern kommuniziert habe. Derartige Umstände unterfallen dem Regelungsbereich des § 1 KSchG im Zuge der dort vorgesehenen Überprüfung einer verhaltensbedingten bzw. personenbedingten Kündigung und sind mithin einer Überprüfung nach § 242 BGB nicht zugänglich. Der Beklagte konnte in der sechsmonatigen Wartezeit prüfen, ob der Kläger seinen Vorstellungen entspricht. Dies war offensichtlich nicht der Fall. Der Kläger missversteht die Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil, wenn er diesen entnimmt, dass er „unstreitig“ hervorragende Arbeit für den Beklagten geleistet habe. Das Arbeitsgericht hat dies lediglich unterstellt („es kann angenommen werden“), jedoch anschließend ausgeführt, dass der Beklagte – aufgrund seiner Kündigungsfreiheit in der Wartezeit – nicht daran gehindert sei, seine Einschätzung zur Arbeit und zum Verhalten des Klägers durch Ausspruch einer Kündigung durchzusetzen. Der Beklagte habe das Arbeitsverhältnis in der Wartezeit ggf. auch allein deshalb kündigen dürfen, weil zwischen dem Vorstand und dem Kläger „die Chemie nicht stimmte“.

Der Kläger hat auch in zweiter Instanz keine Tatsachen dargelegt, aus denen geschlossen werden könnte, die Kündigung sei nicht wegen der vom Beklagten behaupteten – und vom Kläger bestrittenen – unzureichenden Arbeitsleistungen („entspricht nicht den Anforderungen“), sondern aus anderen, treuwidrigen, insbesondere vertragsfremden Gründen erfolgt.

c) Die Kündigung vom 14.07.2017 ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Der Vorwurf objektiver Sittenwidrigkeit kann nur in besonders krassen Fällen erhoben werden. § 138 BGB verlangt die Einhaltung des „ethischen Minimums“. Sittenwidrig ist eine Kündigung, wenn sie dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht (vgl. BAG 22.05.2003 – 2 AZR 426/02 – Rn 47). Es gelten insoweit schärfere Anforderungen als bei der Prüfung der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB. Der vorliegende Sachverhalt ist – wie oben ausgeführt – schon nicht geeignet, eine Treuwidrigkeit der Kündigung zu begründen, er reicht erst recht nicht für die Annahme aus, die Kündigung des Beklagten sei sittenwidrig.

d) Die Kündigung des Beklagten ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dieser wurde mit dem Anhörungsbogen vom 05.07.2017 hinreichend über die Gründe der beabsichtigten Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterrichtet. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wurde gewahrt.

aa) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Gemäß Satz 2 der Bestimmung hat ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine Kündigung ist dabei nach Satz 3 nicht erst unwirksam, wenn eine Unterrichtung ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Bei einer Kündigung in der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG ist die Substantiierungspflicht bei der Anhörung des Betriebsrats allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Dies folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Determination. Demnach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Liegen dem subjektiven Werturteil des Arbeitgebers nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss er den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. BAG 19.11.2015 – 6 AZR 844/14 – Rn. 31 ff.; BAG 12.09.2013 – 6 AZR 121/12 – Rn. 20 ff. mwN).

bb) Vorliegend wurde dem Betriebsrat im Anhörungsbogen vom 05.07.2017 zur Begründung der beabsichtigten Kündigung vom Beklagten mitgeteilt, dass die Arbeit des Klägers „nicht den Anforderungen entspricht“. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich dabei um ein negatives Werturteil und keine Tatsachenbehauptung. Die Mitteilung eines bloßen Werturteils reicht – nach den oben dargelegten Grundsätzen – im Streitfall aus. Entgegen der Ansicht des Klägers musste dem Betriebsrat nicht substantiiert erläutert werden, aufgrund welcher konkreten Tatsachen oder Anhaltspunkte seine Arbeit nach den subjektiven Vorstellungen des Beklagten nicht den Anforderungen entsprochen hat. Dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Der Kläger verkennt, dass der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz durch die Anforderungen, die an eine Anhörung nach § 102 BetrVG gestellt werden, nicht vorverlagert werden darf. Die formellen Anforderungen an die Unterrichtung des Betriebsrats sind an dem Schutzniveau des materiell-rechtlichen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers in der Wartezeit zu messen (vgl. BAG 12.09.2013 – 6 AZR 121/12 – Rn. 26 mwN).

Entgegen der Ansicht des Klägers ändert der Vortrag des Beklagten im Kündigungsschutzprozess oder die mündlichen Erklärungen des Vorstandes Gonzalez bei Übergabe des Kündigungsschreibens am 14.07.2017 nichts an den Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats zu stellen sind. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 10.10.2017 vorgetragen, der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, die in ihn gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Er sei vielmehr durch falsch gesetzte Prioritäten sowie eigenmächtiges und illoyales Handeln aufgefallen. Der Kläger habe im Bildungsinstitut für die gesetzlich neu geschaffene Ausbildung der Notfallsanitäter einen Rahmen schaffen sollen, um die Ausbildung qualitativ voranzubringen. Er habe sich hierbei nicht bewährt. Er habe die Planungen für den Ausbildungsgang Notfallsanitäter nur unzureichend erfüllt und unbrauchbare Ergebnisse vorgelegt. Der Kläger habe stattdessen Ideen entwickelt, wie der Beklagte neue Immobilien erwerben könne, um ein großes Schulungszentrum zu errichten. Gleichfalls habe er völlig überzogen ein Simulationszentrum mit einem Kostenansatz von 2,5 Mio. Euro geplant. Außerdem habe er – am Auftritt des D. und des vorhandenen Budgets vorbei – eine völlig überzogene Feier zur Verabschiedung der ersten Notfallsanitäterklasse geplant. Bei diesen eigenmächtig durchgeführten Planungen sei er bereits an die Öffentlichkeit gegangen, ohne einen Beschluss des Vorstandes abzuwarten. Eine derartige Selbstüberschätzung und das Außerachtlassen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel seien nicht tolerierbar. Außerdem habe der Kläger Zusagen für Fortbildungen iHv. über € 30.000,00 im Einzelfall an Mitarbeiter vergeben, ohne dies mit dem Vorstand abgesprochen zu haben. Der Kläger habe sich rotkreuzschädlich und uneinsichtig verhalten, was nicht hingenommen werden könne.

Diesen Vortrag hat der Beklagte gehalten, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit und Willkür der Kündigung, den der Kläger in der Klageschrift vom 04.08.2017 erhoben hat, auszuräumen. Es ist auch unerheblich, welche Gründe der Vorstand G. dem Kläger bei Aushändigung des Kündigungsschreibens genannt hat. Die Darstellung der Motive für den Ausspruch der Kündigung in der Probezeit führt nicht dazu, dass die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Der Beklagte musste seine Bewertung, dass die Arbeit des Klägers „nicht den Anforderungen entspricht“ gegenüber dem Betriebsrat nicht näher konkretisieren. Insoweit kommt es auf die subjektive Sicht des Arbeitgebers an und nicht auf die Konkretisierbarkeit und die tatsächliche Substantiierung des Kündigungsgrundes. Der Beklagte hat sich bei der Anhörung des Betriebsrats auf ein negatives Werturteil beschränkt. Dieses Werturteil konnte er – auch aus Sicht des Klägers – nicht auf substantiierbare Tatsachen stützen. Der Kläger selbst hat ua. in seinem Schriftsatz vom 30.11.2017 beanstandet, dass es keine „nachvollziehbaren Kündigungsgründe“ gebe. Unabhängig davon, dass die Wirksamkeit der Wartezeitkündigung nicht davon abhängt, dass der Kläger die negative Bewertung seiner Arbeitsleistung nachvollziehen kann, ist das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht fehlerhaft, weil der Beklagte die Gründe für seine Bewertung dem Betriebsrat nicht erläutert hat.

Der Kläger kann sich nicht auf die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (14.01.2016 – 18 Sa 21/15) berufen, weil die zugrunde liegenden Sachverhalte nicht vergleichbar sind. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Kündigung wurde im vorliegenden Fall auf ein subjektives Werturteil gestützt.

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers waren weitere Informationen des Betriebsrats hinsichtlich seines Familienstandes und seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau nicht erforderlich.

Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Arbeitgeber bei einer Kündigung vor Ablauf der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht verpflichtet, Sozialdaten, die bei vernünftiger Betrachtung weder aus seiner Sicht noch aus Sicht der Arbeitnehmervertretung eine Rolle spielen können, mitzuteilen. Insoweit gilt es zu beachten, dass die Wartezeit dem Arbeitgeber die Gelegenheit geben soll, sich eine subjektive Meinung über Leistung und Führung des Arbeitnehmers zu bilden. Im Falle eines aus Sicht des Arbeitgebers negativen Ergebnisses kann er das Arbeitsverhältnis frei kündigen. Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers sowie das Lebensalter sind mithin regelmäßig ohne Belang (vgl. BAG 23.04.2009 – 6 AZR 516/08 – Rn. 23 ff mwN).

Im Streitfall war sowohl der Familienstand des Klägers als auch seine Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau für den Kündigungsentschluss des Beklagten ohne Bedeutung. Dies war auch für den Betriebsrat erkennbar, dem der Beklagte mit hinreichender Deutlichkeit mitgeteilt hat, dass sich der Kläger in der Probezeit befinde und ihm gekündigt werden soll, weil seine Arbeit nicht den Anforderungen entspreche.

dd) Entgegen der Ansicht des Klägers musste der Beklagte den Betriebsrat nicht darüber informieren, dass die ordentliche Kündigungsfrist in der Probezeit (gem. § 3 des Arbeitsvertrages, § 36 Abs. 1 Satz 2 DRK-RTV und § 622 Abs. 3 BGB) zwei Wochen beträgt.

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Betriebsrat die exakte Dauer der Kündigungsfrist mitzuteilen. Dieser benötigt die genaue Kenntnis der Kündigungsfrist nicht, um die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers sachgerecht prüfen zu können (vgl. BAG 23.10.2014 – 2 AZR 736/13 – Rn. 22 mwN).

Vorliegend hat der Beklagte dem Betriebsrat die Betriebszugehörigkeit des Klägers ab 01.03.2017 genannt und ausgeführt, er beabsichtige eine ordentliche Kündigung in der Probezeit „zum 31.07.2017“. Das genügt. Dem Betriebsrat sind nicht nur der Kündigungstermin, sondern auch die Parameter für die Berechnung der Kündigungsfrist mitgeteilt worden. Dass die Kündigungsfrist in der Probezeit zwei Wochen beträgt, durfte zudem als bekannt vorausgesetzt werden.

ee) Schließlich ist die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG unwirksam, weil sie vom Beklagten vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erklärt worden wäre.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Berufungskammer (§ 286 ZPO) fest, dass der Beklagte das Anhörungsverfahren gegenüber dem Betriebsrat am 05.07.2017 eingeleitet hat. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BetrVG endete nach § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des Tages der nächsten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem der Betriebsrat die Arbeitgebermitteilung erhalten hat, dh. hier am 12.07.2017. Das Kündigungsschreiben ist dem Kläger am 14.07.2017 und damit nach Ablauf der Wochenfrist übergeben worden.

Der Zeuge F. hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass ihm der Anhörungsbogen am 05.07.2017 in seiner Eigenschaft als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender ausgehändigt worden sei. Den Empfang habe er durch seine Unterschrift quittiert. Die Betriebsratsvorsitzende sei am 05.07.2017 wegen Krankheit verhindert gewesen. Die Betriebsratsvorsitzende H.-Ö. hat bei ihrer Zeugenvernehmung bestätigt, dass sie am 05.07.2017 wegen Erkrankung verhindert gewesen sei. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussagen. Die Darstellungen der beiden Zeugen waren ohne Einschränkung glaubhaft. Für eine bewusst falsche oder auch nur irrtümlich falsche Aussage zu Lasten der einen oder der anderen Partei fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Zeugin H.-Ö. nicht „verbraucht“, weil sie Teilen der mündlichen Verhandlung beigewohnt hat. Ein Ausschluss wäre mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 169 Abs. 1 GVG) nicht vereinbar gewesen. Nach § 394 ZPO ist jeder Zeuge einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen. Das ist geschehen.

Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden F. der Anhörungsbogen am 05.07.2017 ausgehändigt worden ist. Sie ist auch davon überzeugt, dass er zur Entgegennahme des Anhörungsbogens berechtigt war, weil die Betriebsratsvorsitzende H.-Ö. am 05.07.2017 wegen Erkrankung verhindert war, die Erklärung entgegenzunehmen. Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden des Betriebsrats sein Stellvertreter zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, berechtigt (vgl. BAG 07.07.2011 – 6 AZR 248/10 – Rn. 14 ff. mwN).

Soweit der Kläger rügt, der Beklagte habe erst in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer – und damit verspätet – ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Anhörungsbogen dem Betriebsrat am 05.07.2017 zugegangen ist, insbesondere dass der Stellvertreter wegen Verhinderung der Betriebsratsvorsitzenden nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zur Entgegennahme berechtigt war, überspannt er die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers. Der Zweck der Anhörungspflicht liegt nicht in der Schaffung von Verfahrenskomplikationen, sondern darin, eine gleichberechtigte, vertrauensvolle Erörterung der Kündigungsabsicht zu gewährleisten. Der Arbeitgeber muss dementsprechend auch im Prozess nicht von sich aus – gleichsam vorauseilend – sämtliche Schritte des von ihm befolgten Verfahrens im Einzelnen darlegen und möglichen Einwänden mit ausführlichen Gegeneinwänden und entsprechenden Beweisantritten zuvorkommen (vgl. BAG 06.10.2005 – 2 AZR 316/04 – Rn. 26 mwN). Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat der Kläger bezweifelt, dass der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei Übergabe des Anhörungsbogens wegen Verhinderung der Vorsitzenden zur Entgegennahme berechtigt gewesen sei. Wenn der Beklagte im Anschluss vorgetragen hat, die Betriebsratsvorsitzende sei wegen Erkrankung verhindert gewesen, war dies ausreichend – und nicht verspätet. Da der Kläger sowohl die Verhinderung der Vorsitzenden als auch die Entgegennahme des Anhörungsbogens mit Nichtwissen bestreiten durfte (§ 138 Abs. 4 ZPO), war die Beweisaufnahme durchzuführen. Der Zeuge F. war vorsorglich geladen worden, die Zeugin H.-Ö. war erreichbar und konnte aufgrund der kurzen Entfernung zwischen ihrem Arbeitsplatz zum Gerichtsgebäude (fünf Minuten Fußweg) zum Termin gestellt werden. Die Durchführung der Beweisaufnahme im bereits anberaumten Termin war – entgegen seiner Ansicht – nicht vom Einverständnis des Klägers abhängig. Der Vortrag des Beklagten zur krankheitsbedingten Verhinderung der Betriebsratsvorsitzenden am 05.07.2017 war, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht verspätet. Anders als der Kläger meint, hätte der Vortrag des Beklagten nicht zurückgewiesen werden dürfen, selbst wenn er einen neuen Termin erforderlich gemacht hätte. Ob ein schuldhaft verspätetes Bestreiten des Klägers vorgelegen hat, kann dahinstehen, weil kein Fortsetzungstermin zur Vernehmung der Betriebsratsvorsitzenden erforderlich geworden ist.

2. Der Feststellungsantrag (Ziffer 2) war abzuweisen, weil der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer außer der Kündigung vom 14.07. zum 31.07.2017 keine weiteren Beendigungsgründe für das Arbeitsverhältnis benennen konnte.

3. Der Klageantrag auf Weiterbeschäftigung (Ziffer 3) ist unbegründet. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien – wie oben ausgeführt – durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 14.07. mit Ablauf des 31.07.2017 in der Probezeit sein Ende gefunden hat, ist der Beklagte nicht zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet.

III.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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