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Kürzung Jahresurlaub bei Corona-Kurzarbeiter

Urlaubsanspruch: Ist die Urlaubsreduzierung während der Kurzarbeit zulässig?

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ein Arbeitsmodell, welches weltweit so in dieser Form seinesgleichen sucht. Die Kurzarbeit in ihrer ursprünglichen Form wurde dabei jedoch weniger zugunsten der Arbeitnehmer, als zugunsten der Arbeitgeber von dem Gesetzgeber ins Leben gerufen, da auf diese Weise finanziell arg existenzbedrohte Unternehmen mehr oder minder wirtschaftlich unter die Arme gegriffen werden konnte. Dies geschah jedoch seitens des Gesetzgebers nicht aufgrund von purer Gutherzigkeit. Vielmehr war der Hintergedanke, dass durch diese Maßnahme letztlich auch Arbeitsplätze mittel- bis langfristig gerettet werden können.

Das Wichtigste in Kürze


  • Urteil des LAG Düsseldorf: Bei Kurzarbeit null kann der Urlaubsanspruch anteilig gekürzt werden.
  • Arbeitnehmerin der Systemgastronomie war mit Kürzung nicht einverstanden und klagte.
  • Hauptargument der Klägerin: Kurzarbeit nicht auf eigenen Wunsch, daher Zeit nicht als Freizeit angesehen.
  • Landesarbeitsgericht Düsseldorf wies Klage ab: Erholungsurlaubsanspruch setzt tatsächlich geleistete Arbeit voraus.
  • Europäischer Gerichtshof (EGH): Reduktion des Urlaubsanspruchs, auch auf null, ist europarechtskonform.
  • Bundesarbeitsgericht in Erfurt: Möglichkeit der Revision für die Klägerin.
  • Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB): Keine klare Rechtsgrundlage für Urlaubsanspruchskürzung bei Kurzarbeit im Bundesurlaubsgesetz.

Viele Unternehmen durch die Corona-Pandemie schwer angeschlagen

Kurzarbeit Kürzung des Urlaubsanspruchs
Urlaubsanspruch gekürzt bei Kurzarbeitergeld – Ist das zulässig? (Symbolfoto: Von Alexander Limbach/Shutterstock.com)

Durch die anhaltende Corona-Pandemie ist die Wirtschaft in Deutschland sehr stark belastet worden. Sehr viele Unternehmen, die vor der Corona-Pandemie etwaig noch wirtschaftlich gut situiert waren, kämpfen aktuell um das Überleben. Dies begründet sich dadurch, dass durch wegbrechende Aufträge letztlich auch die Umsätze einbrechen, sodass Unternehmen ihre Fixkosten in Form von monatlichen Lohnkosten nicht mehr tragen können. Der Staat hat diesbezüglich zwar Hilfsmaßnahmen ins Leben gerufen, doch verlaufen die Zahlungen an die antragsstellenden Unternehmen mehr als schleppend.

In der Theorie mag sich der Gedanke der Bundesregierung zwar als überaus gut herausstellen, jedoch sieht die gängige Praxis nun einmal anders aus. Auch im Hinblick auf die Corona-Kurzarbeit gestaltet sich der reine Grundgedanke der Bundesregierung als überaus löblich, doch in der Praxis ist dies speziell für den Arbeitnehmer mit sehr vielen Einschnitten verbunden. Ein gutes Beispiel hierfür ist letztlich die Kürzung des Jahresurlaubes für Corona-Kurzarbeiter, welche jüngst von dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf per Gerichtsurteil bestätigt wurde.

Wer als Corona-Kurzarbeiter aktuell auf den vollen Jahresanspruch Klage einreichen möchte, könnte sich mit einer sehr bösen Überraschung konfrontiert sehen. Das Landesarbeitsgericht hat ein sehr eindeutiges Urteil gesprochen, welches sich speziell für Corona-Kurzarbeiter als überaus schlecht darstellt.

Tenor des Landesarbeitsgerichts in Düsseldorf

Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf: Diejenigen Arbeitnehmer, welche aufgrund des mit der Corona-Pandemie verbundenen Lockdowns weniger oder schlichtweg überhaupt nicht gearbeitet hat, haben dementsprechend einen geringeren Anspruch auf Urlaub im Vergleich zu denjenigen Arbeitnehmern, welche in dem Lockdown voll gearbeitet haben. Von dem Urteil könnten Millionen von Arbeitnehmern in Deutschland betroffen sein, obwohl diese Arbeitnehmer nichts für den Lockdown können.

Die Bundesregierung hat den Lockdown als Instrument gegen die Corona-Pandemie ins Leben gerufen. Diese Lockdown-Maßnahmen, die den Einzelhandel, die Gastronomie und die Unterhaltungsbranche betrafen, stießen in Deutschland in der Wirtschaft auf gemischte Reaktionen. Die Arbeitnehmer waren von der Maßnahme „Kurzarbeit null“ nicht begeistert. Die Unzufriedenheit begründete sich auch darauf, dass viele Fragen offen blieben. Eine wichtige Frage bezog sich auf den Jahresurlaub, welcher durch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf geklärt wurde.

Trotz der Unzufriedenheit mit den Maßnahmen haben diese in Deutschland viele Arbeitsplätze gerettet. Jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat einen Urlaubsanspruch, der sich durch das Bundesurlaubsgesetz begründet, welches den Urlaubsanspruch klar formuliert.

Urlaubsanspruch mit direkten Bezug auf die Tätigkeit

Der Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht gem. Bundesurlaubsgesetz durch den direkten Bezug zu der Tätigkeit. Pro Jahr hat dabei jeder Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch von mindestens 24 Tagen.

Im Hinblick auf die Reduktion des Urlaubsanspruchs durch die Corona-Kurzarbeit gab es bereits eine eindeutige Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs. Der EGH vertritt die Auffassung, dass die denkbare Reduktion des Urlaubsanspruchs auf den Wert null sogar europarechtskonform sei. Auch die Kürzung in Anteilen wird von den Richtern des EGH anerkannt, da in dem besagten Zeitraum schließlich von den Arbeitnehmern ja auch keine Arbeitsleistung erbracht werden muss (Aktenzeichen: Rechtssache C-385/17). Problematisch hierbei ist lediglich der Umstand, dass die Luxemburger Richter lediglich eine Einschätzung im Zusammenhang mit dem Europäischen Recht geben konnten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diesbezüglich noch keine Einschätzung abgegeben.

Kurzarbeit null und Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs

Durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf wurde nun zum ersten Mal ein Urteil von einem höherinstanzlichen Gericht im Zusammenhang mit dem Streitfall „Kurzarbeit null und Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs“ gesprochen. Laut Ansicht des LAG Düsseldorf mindert die Maßnahme der Kurzarbeit dabei nicht nur die Zeit der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, sondern vielmehr auch den mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Anspruch auf Jahresurlaub (Aktenzeichen: 6 Sa 824/20). Interessant in diesem Zusammenhang ist allerdings der Umstand, dass das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sein Urteil mit der Auffassung des Europäischen Gerichtshofes begründete. Der EGH hat demzufolge mit seiner Auffassung auch direkt eine Vorgabe geschaffen und die deutsche Rechtsprechung kennt diesbezüglich keine für den Arbeitnehmer günstiger gestaltete Regelung. Das Bundesurlaubsgesetz bestätigt vielmehr in diesem Zusammenhang die Auffassung des EGH, da es keinerlei anderweitige Regelung in dem Bundesgesetz gibt.

Laut Auffassung des LAG Düsseldorf ist die Maßnahme der Kurzarbeit null auch nicht mit der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers vergleichbar.

Urteil des LAG Düsseldorf: Ein Streit zwischen einer Arbeitnehmerin der Systemgastronomie und ihrem Arbeitgeber war vorausgegangen. Die Arbeitnehmerin, die als Teilzeitbeschäftigte tätig ist, hatte einen Urlaubsanspruch von 14 Tagen jährlich. Durch die Corona-Pandemie kam sie in den Status „Kurzarbeit null„. Diese Maßnahme galt für die Monate April, Juni, Juli und Oktober 2020. Der Arbeitgeber kürzte daraufhin den Urlaubsanspruch anteilig.

Die Arbeitnehmerin war mit dieser Kürzung nicht einverstanden und klagte vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Sie argumentierte, dass die Kurzarbeit nicht ihrem Wunsch entsprach und sie diese Zeit nicht als Freizeit sah. Das LAG folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab. Das Urteil betonte, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub auch die tatsächlich geleistete Arbeit voraussetzt.

Das Urteil ist nicht endgültig. Die Klägerin kann eine Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt einlegen. Ob sie dies tun wird, ist aktuell unklar.

Zulässigkeit der Kürzung von Urlaub bei Kurzarbeit

Klar dürfte allerdings sein, dass die Entscheidung des LAG Düsseldorf auf erheblichen Widerstand treffen wird. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat in der Vergangenheit bereits mehrfach deutlich erklärt, dass aus dem Bundesurlaubsgesetz keine eindeutige Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit einer Urlaubsanspruchskürzung bei einer Kurzarbeitsmaßnahme hervorgeht. Vielmehr vertritt der DGB die Auffassung, dass alleinig die konjunkturbedingte Kurzarbeit keine Berechtigung für die Arbeitgeber darstellt, den gesetzlich verankerten Mindesturlaubsanspruch eines Arbeitnehmers zu kürzen. Die Corona-Krise ist laut Auffassung des DGB ein regelrechtes Musterbeispiel für eine konjunkturbedingte Kurzarbeit, sodass weitere Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in naher Zukunft zu erwarten sind. Der DGB wies ebenfalls darauf hin, dass derartige Maßnahmen wie die Kürzung des Jahresurlaubsanspruchs für Kurzarbeiter auch in Zeiten der Corona-Krise den Betriebsfrieden in den Unternehmen erheblich stören könnten. Dementsprechend wären Arbeitgeber gut beraten, von derartigen Maßnahmen abzusehen.

Dass die Arbeitgeber diesen Hinweisen des DGB aus eigenen Stücken heraus folgen werden ist in der gängigen Praxis sicherlich nicht zu erwarten. Fakt ist jedoch, dass auch diejenigen Arbeitnehmer, die durch die Corona-Krise ohne eigenes Verschulden in die „Kurzarbeit null“ gedrängt wurden, in Deutschland nicht gänzlich ohne Chance sind. Es ist bereits des Öfteren in der Vergangenheit vorgekommen, dass ein Gericht der Auffassung eines anderen Gerichts nicht gefolgt ist und dementsprechend ein anderes Urteil gesprochen hat. Jeder Arbeitnehmer, dem durch die Corona-Krise die „Kurzarbeit null“ droht oder wer als Arbeitnehmer bereits diesen Status erhalten hat, sollte dementsprechend zunächst erst einmal im Fall einer Kürzung des Jahresurlaubs einen rechtsanwaltlichen Beistand in Anspruch nehmen und die ganze Angelegenheit prüfen lassen.

Wir als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei stehen für dieses Anliegen sehr gern zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns einfach auf dem fernmündlichen Weg oder per E-Mail und wir prüfen Ihre Angelegenheit für Sie sehr sorgfältig dahingehend, ob Sie rechtliche Schritte gegen die Kürzung des Urlaubsanspruchs einleiten können.

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