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Teilzeitbeschäftigung – Berechnung des betrieblichen Ruhegeldes

ArbG Bonn – Az.: 3 Ca 876/16 – Urteil vom 04.08.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Streitwert: 5.200,33 EUR.

4. Eine gesonderte Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG erfolgt nicht.

Tatbestand

Die Klägerin war in der Zeit vom 15.05.1987 bis zum 30.04.2015 bei der Beklagten beschäftigt. Bis zum 31.12.2004 nahm sie in mehreren Jahren für mehrere Monate unbezahlten Urlaub. In der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2014 vereinbarten die Parteien eine Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin auf 70 % an einer Vollzeitbeschäftigten mit der Maßgabe, dass die Klägerin Vollzeit bis Mitte September eines jeden Jahres arbeitete und danach freigestellt war.

Mit Vereinbarung vom 02.04.2015 vereinbarten die Parteien das Ausscheiden der Klägerin zum 30.04.2015 und den Bezug von Ruhegeld für die Klägerin nach § 8 des Tarifvertrages Rationalisierungsschutz/Vorruhestand (RSTV). Nach der Vereinbarung sollte das Ruhegeld 67,5 % der zuletzt bezogenen monatlichen Vergütung gleich 3.441,36 EUR betragen.

Mit der bei Gericht am 27.04.2016 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines erhöhten Ruhegeldes i.H.v. 3.568,62 EUR monatlich und die Nachzahlung der Differenzbeträge.

Die Beklagte hat das Grundgehalt ermittelt auf der Basis von § 8 Abs. 1 RSTV. Danach beträgt der erworbene Anspruch nach einer Betriebszugehörigkeit von 18 Jahren 70 % der zuletzt bezogenen monatlichen Vergütung. Dann wird gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 ein Teilzeitfaktor aus dem Verhältnis des tatsächlichen Beschäftigungsumfangs zum Beschäftigungsumfang einer Vollzeitbeschäftigten gebildet. Aus dieser Berechnung ergibt sich ein Ruhegehalt i.H.v. 3.167,33 EUR für die Klägerin.

Die Beklagte hat dann einen Mindestanspruch auf der Basis einer ausschließlichen Vollzeitbeschäftigung ohne Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten in Teilzeit berechnet, woraus sich ein Ruhegeld i.H.v. 3.441,36 EUR berechnet, das die Beklagte an die Klägerin auszahlt.

Die Klägerin hält die Ermittlung eines Teilzeitfaktors für unberechtigt, da die Klägerin ohne Belehrung durch die Beklagte zur Vertragsänderung gedrängt worden sei. Im eigentlichen Sinne habe es sich auch ab 2005 um ein Vollzeitarbeitsverhältnis gehandelt, bei dem nur die Fälligkeitstermine für die Vergütung in der Zeit der Nichtbeschäftigung verlagert worden sei. Die Beklagte sei schadensersatzpflichtig, da sie die Klägerin nicht über die Folgen einer Teilzeitbeschäftigung für das Ruhegehalt unterrichtet habe.

Außerdem verstoße die Berechnung des Mindestanspruches durch die Beklagte gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Mindestanspruch berücksichtige in keiner Weise die Zeit der Teilzeitbeschäftigung. Ob ein Beschäftigter neben seiner Vollzeittätigkeit noch 10 oder 16 Jahre in Teilzeit arbeiten würde, bliebe bei der Berechnung des Mindestanspruches vollkommen unberücksichtigt.

Die Klägerin beantragt:

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägern ein vorgezogenes Ruhegeld gemäß § 8 Tarifvertrag Rationalisierungsschutz/Vorruhestand vom 21. März 1984 in der jeweils gültigen Fassung (RSTV) i.H.v. 70 % der zuletzt bezogenen monatlichen Grundvergütung auf Basis der Gehaltstabelle vom 01.01.2015, i.H.v. 3.568,82 EUR brutto monatlich zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen für die Zeit vom 01. Mai 2015 bis zum 01. Mai 2016 1.529,48 EUR brutto nachzuzahlen.

Die Beklagte hält ihre Berechnung auf der Basis des Tarifvertrages für zutreffend und verweist im Übrigen darauf, dass die Vereinbarung vom 02.04.2015 diesen Betrag vorsehe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf ein erhöhtes Ruhegeld i.H.v. 3.568,82 EUR brutto.

1. Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus dem RSTV. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte den tariflichen Anspruch i.H.v. 3.167,33 EUR zutreffend berechnet hat.

2. Die Klägern kann gegen diese Berechnung auch nicht einwenden, dass es sich bei der Beschäftigung in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12. 2014 um eine Art von Vollzeitbeschäftigung gehandelt habe.

Unstreitig hatten die Parteien eine Teilzeitbeschäftigung von 70 % eines Vollzeitbeschäftigten vereinbart. Darin liegt keine Verlagerung des Fälligkeitstermines, sondern eine Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung in Bezug auf die Jahresarbeitszeit der Klägerin.

3. Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus dem Grund berufen, dass die Beklagte bei der Berechnung des Mindestanspruchs ausschließlich auf die Zeiten der Vollzeitbeschäftigung abstellt.

Zunächst ist von der Klägerin nicht vorgetragen worden, worauf ein Anspruch auf ein Mindestruhegeld entsprechend ihrer eigenen Berechnung beruhen sollte. Soweit die Beklagte den Mindestanspruch bei Vollzeitbeschäftigten auf der Basis einer betrieblichen Übung so ermittelt, als wenn der Teilzeitbeschäftigte ausschließlich vollzeitbeschäftigt gewesen wäre, kann dies keinen weiteren Anspruch der Klägerin auf ein erhöhtes Ruhegeld begründen.

Die Beklagte will möglicherweise durch die Berechnung eines Mindestanspruches einen Nachteil für Teilzeitbeschäftigte vermeiden, damit deren Ruhegeld, insbesondere in Fällen von einer langen Vollzeitbeschäftigung im Verhältnis zu einer kurzen Teilzeitbeschäftigung nicht über Gebühr gekürzt wird. Dieser dem Mindestanspruch zu Grunde liegende Schutzgedanke entspricht sachgerechten Erwägungen und ist nicht angreifbar. Dass der Mindestbetrag, den die Beklagte möglicherweise aufgrund betrieblicher Übung ermittelt, stets sogar einem höheren Anspruch führt als die Berücksichtigung des Teilzeitfaktors, ist einzuräumen. Sie benachteiligt damit aber weder die Vollzeitbeschäftigten noch die Teilzeitbeschäftigten. Letztere erhalten schließlich mehr als der tarifliche Anspruch ausmachen würde.

4. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht im Wege des Schadensersatzes zu. Die Beklagte war bei Abschluss des Teilzeitvertrages für die Zeit ab dem 01.01.2005 nicht verpflichtet, die Klägerin auf die Folgen für ein späteres Ruhegeld hinzuweisen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Klägerin bei Abschluss dieses Vertrages falsch beraten hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Da sich ein Anspruch der Klägerin aus keinem rechtlichen Grund ergibt, war die Klage abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert wurde ermittelt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO und § 43 Abs. 2 S. 1 GKG. Dabei wurde der Antrag zu 1) mit dem 36-fachen Differenzbetrag mal 80 % für das Feststellungsinteresse berücksichtigt.

Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls kommt eine gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.

 

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