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Urlaubsabgeltung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis und Erreichen der Regelaltersgrenze

LAG Rheinland-Pfalz, Az.: 4 Sa 502/15, Urteil vom 07.09.2016

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.9.2015, Az.: 4 Ca 998/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers.

Der nach eigener Behauptung am … 1951 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 13.12.2002 als Montagehelfer bei einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 2400,– € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für die Feuerfest- und Säureschutzindustrie Anwendung. Danach steht dem Kläger ein Urlaubsanspruch von 30 Tagen pro Jahr zu.

Seit Juni 2013 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Er geht davon aus, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch weiterhin seine Arbeitsleistung bei der Beklagten nicht mehr erbringen zu können.

Mit seiner am 26.05.2015 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Beklagte auf Abgeltung von insgesamt 80 Urlaubstagen aus den Jahren 2012 bis 2015 in Anspruch genommen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.09.2015 (Bl. 37 – 39 d. A.).

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.992,– € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.09.2015 als derzeit unbegründet abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 3 – 6 dieses Urteils (= Bl. 39 – 42 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 12.10.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.11.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 15.12.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 12.01.2016 begründet.

Der Kläger macht u. a. geltend, das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung übersehen, dass § 7 Abs. 4 BUrlG für den vorliegend zu entscheidenden Fall eine Regelungslücke enthalte, die entweder durch eine teleologische Reduktion oder aber durch eine entsprechende teleologische Auslegung zu schließen sei. Nach neuerer Rechtsprechung sei die Vorschrift des § 7 Abs. 3 BUrlG zwar arbeitnehmerfreundlich und im Lichte der Arbeitszeitrichtlinie dahingehend auszulegen, dass ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten anstatt von nur 3 Monaten gelte. Der dauerhaft erkrankte Arbeitnehmer habe daher die Möglichkeit, den Urlaub in natura binnen 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres zu nehmen. Eine derartige Möglichkeit verbleibe ihm – dem Kläger – im vorliegenden Fall jedoch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht. Dies bedeute, dass er seinen bestehenden Urlaubsanspruch trotz Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses nicht realisieren könne. Seinem Abgeltungsanspruch stehe das Kapitalisierungsverbot nicht entgegen. Der Unionsgesetzgeber habe bei der Normierung des Kapitalisierungsverbotes klassischerweise solche Fälle im Auge gehabt, bei denen das Arbeitsverhältnis einerseits fortbestehe und andererseits der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft tatsächlich anbieten könne. Da seine Gesundung vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses definitiv nicht zu erwarten, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch zeitlich absehbar sei, bestehe für den Arbeitgeber nicht die Gefahr einer überobligationsmäßigen wirtschaftlichen Belastung. Da er durch seine Arbeitsunfähigkeit dazu gezwungen sei, seinen Urlaub nicht in Anspruch zu nehmen, stünde er schlechter als derjenige Arbeitnehmer, der noch frei darüber entscheiden könne, ob er den Urlaub nehme oder ihn verfallen lasse.

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 12.01.2016 (Bl. 82 – 88 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.992,– € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 15.02.2016 (Bl. 90 – 92 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung als derzeit unbegründet abgewiesen.

II.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte derzeit keinen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung.

Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Es erscheinen lediglich folgende Ergänzungen angezeigt:

1. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Voraussetzung für die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs ist daher die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies entspricht einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur (BAG v. 16.10.2012 – 9 AZR 234/11 – AP Nr. 98 zu § 7 BUrlG; BAG v. 20.04.2012 – 9 AZR 504/10 – AP Nr. 58 zu § 7 BUrlG; ErfKo/Gallner, 17. Aufl. § 7 BUrlG Rz. 69).

2. Demnach steht dem Kläger derzeit kein Urlaubsabgeltungsanspruch zu, da das zwischen ihm und der Beklagten begründete Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, sondern nach wie vor fortbesteht. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass weder ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei, noch das Arbeitsverhältnis durch Kündigung geendet habe. Ein sonstiger Beendigungstatbestand ist nicht ersichtlich. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger – wie von ihm behauptet – bereits am 16.07.2016 die Regelaltersgrenze erreicht hat, oder ob dies unter Zugrundelegung des von ihm behaupteten Geburtsdatums („16.07.1951“) in Anwendung der Vorschriften des § 235 SGB VI erst am 16.12.2016 der Fall sein wird. Das Erreichen der Regelaltersgrenze führt nämlich keineswegs automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dazu bedarf es vielmehr einer diesbezüglichen Befristungsvereinbarung, deren Existenz vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich ist.

III.

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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