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Verspätete Höhergruppierung – Benachteiligung eines freigestellten Personalratsmitglieds

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 8 Sa 51/19 – Urteil vom 03.12.2019

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Januar 2019 – Az: 2 Ca 1803/19 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Nachzahlungsansprüche des Klägers wegen verspäteter Höhergruppierung.

Der Kläger ist Zivilangestellter mit langjähriger Betriebszugehörigkeit. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD (Bund) Anwendung. Der Kläger ist seit 2012 freigestelltes (Bezirks-) Personalratsmitglied.

Die Beklagte schrieb am 28. Juli 2014 einen Dienstposten der Entgeltgruppe 9a Teil I TVEntgO (Bund) aus („Kfz-/GeräteBearb, ID 30471905“; Anl. zur Klageschrift, Bl. 5 ff.). Der bis dahin nach der Entgeltgruppe 6 eingruppierte Kläger bewarb sich (Anl. zur Klageschrift, Bl. 8 f.). Er war im Auswahlverfahren Bestgeeigneter. Mit Verfügung vom 5. Juni 2015 nahm die Beklagte die Ausschreibung zurück.

Am 12. Juni 2015 schrieb die Beklagte den Dienstposten erneut aus (Anl. zur Klageschrift, Bl. 10 f.). Der Kläger bewarb sich wieder (Anl. zur Klageschrift, Bl. 12 f.). Er stand im September 2015 als Bestgeeigneter dieses zweiten Auswahlverfahrens fest. Mit Schreiben vom 26. April 2016 berichtete das Bundeswehrdienstleistungszentrum M. (BwDLZ M.) dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) den Auswahlvorgang (Anl. B2, Bl. 64). Das BAPersBw billigte mit Schreiben vom 08. Juni 2016 die Höhergruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 9a im Wege der Nachzeichnung und bat um unverzügliche Umsetzung der Maßnahme (Anl. B3, Bl. 65 dA.).

Zur tatsächlichen Dienstpostenbesetzung leitete die örtliche Personaldienststelle sodann das Beteiligungsverfahren für die zweitbeste Bewerberin ein (Frau H.). Hier trug die Gleichstellungsbeauftragte mit Schreiben vom 27. Juli 2016 Bedenken vor (Anl. B4, Bl. 66). Dies meldete das BwDLZ M. am 11. August 2016 dem BAPersBw und bat zugleich um Mitteilung, ob der Kläger eine Erprobungszeit ableisten müsse (Bl. 67). Das BAPersBw bat am 23. August 2016 um erneute Durchführung des Beteiligungsverfahrens, Überarbeitung der Vordrucke und Mitteilung des Votums der zuständigen zivilen Gleichstellungsbeauftragten des BWDLZ M.. Zu der Erprobungszeit wies es auf das Rundschreiben des Bundesinnenministeriums vom 12. März 2002 – D I 3 – 212 152/12 Abschnitt I Nr. 3 hin, wonach bei Beförderung in das Spitzenamt einer Laufbahn mit gleichzeitiger Funktionsänderung und bei vergleichbaren Höhergruppierungen eine Unterbrechung der Freistellung für die Erprobungszeit erforderlich sei, zugleich jedoch auf eine nicht unangemessene Beeinträchtigung der Kontinuität der Personalratsarbeit zu achten sei und wies auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur fiktiven Bewährungsfeststellung hin (Anl. B6, Bl. 67 dA.). Der Umfang der eventuell erforderlichen Erprobungszeit sei individuell festzulegen und die Entscheidung nebst Begründung vorab zur Billigung vorzulegen. Die nochmals einbezogene Gleichstellungsbeauftragte blieb bei ihren Bedenken. Nach abermaliger Rücksprache mit dem Bundesamt (Anl. B7, Bl. 69 f.) wurde im September 2016 der Kläger zur Erforderlichkeit der Arbeitserprobung angehört und die Schlussabstimmung mit der beschäftigenden Einheit gesucht. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 legte das BwDLZ M. dem BAPersBw die Entscheidung, den Kläger zur Arbeitserprobung für drei Monate zur WTD 41 in T. abzuordnen, mit entsprechender Begründung zur Billigung vor (Anl. B9, Bl. 71 dA.). Unter dem 14. Oktober 2016 gab das BAPersBw sein abschließendes Einverständnis.

Nachdem der Kläger im ersten Quartal 2017 eine dreimonatige Arbeitserprobung absolviert hatte, wurden sowohl er als auch Frau H. zum 1. April 2017 in die Entgeltgruppe 9a Teil I TVEntgO (Bund) höhergruppiert.

Der Kläger machte mit Bevollmächtigungsschreiben vom 3. Mai 2017 Vergütungsdifferenzen zwischen der gewährten Entgeltgruppe 6 (Stufe 6) und der begehrten Entgeltgruppe 9a (Stufe 6) vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. März 2017 geltend (Anl. zur Klageschrift, Bl. 16 f. dA.). Mit der am 25. Juni 2018 eingegangenen, am 9. Juli 2018 zugestellten Klage verfolgte er diesen Anspruch zuzüglich neun Verzugspauschalen im erstinstanzlichen Verfahren weiter.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das Besetzungsverfahren sei nicht in der gebotenen Zügigkeit von statten gegangen. Die Höhergruppierung habe erfolgen können, sobald er als Ausschreibungssieger festgestanden habe. Dienstposten müssten bei der Beklagten binnen vier Wochen nach einer Auswahlentscheidung besetzt sein. Das Erfordernis der Nachzeichnung benachteilige ihn wegen seiner Personalratstätigkeit. Hätte er seine Freistellung aufgegeben, wäre ihm der Dienstposten gleichermaßen unmittelbar übertragen worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1.559,28 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von jeweils 519,76 EUR seit dem 01.01.2015, 01.02.2015 und 01.03.2015 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.386,88 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von jeweils 532,84 EUR seit dem 01.04.2015, 01.05.2015, 01.06.2015, 01.07.2015, 01.08.2015, 01.09.2015, 01.10.2015, 01.11.2015, 01.12.2015, 01.01.2016, 01.02.2016 und 01.03.2016 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.995,11 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von jeweils 545,01 EUR brutto seit dem 01.04.2016, 01.05.2016, 01.06.2016, 01.07.2016, 01.08.2016, 01.09.2016, 01.10.2016, 01.11.2016, 01.12.2016, 01.01.2017 und 01.02.2017 zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.115,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den Betrag in Höhe von jeweils 557,82 EUR seit dem 01.03.2017 und 01.04.2017 zu zahlen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 360,00 EUR als Verzugspauschale zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Höhergruppierung habe nicht eher geschehen können, da allein vom Ausschreibungsende bis zur Besetzung mindestens zwei bis drei Monate unvermeidlich seien. Im vorliegenden Fall sei dann noch die Arbeitserprobung hinzugekommen.

Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Mit Urteil vom 10. Januar 2019 – 2 Ca 1803/18 – (Bl. 96 – 107 dA.) hat das Arbeitsgericht Koblenz die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils (Seite 5 – 10 des Urteils, Bl. 100 – 105 dA.), verwiesen.

Gegen das ihm am 22. Januar 2019 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Januar 2019 hat der Kläger am 14. Februar 2019 Berufung bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. Mai 2019 – mit Schriftsatz vom 24. Mai 2019, der am selben Tag bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz einging, begründet.

Der Kläger hat die Berufung beschränkt auf Nachzahlungsansprüche ab Oktober 2015 bezogen auf die aus seiner Sicht verspätete Höhergruppierung, nachdem er in dem zweiten Auswahlverfahren als Bestgeeigneter feststand.

Er erklärt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stehe ihm ein individueller Anspruch auf zügige Durchführung des Besetzungsverfahrens zu. Er verweist auf die zentrale Dienstvorschrift für die Ausschreibung von Dienstposten für ziviles Personal A-1330/44 (vgl. Anl. K 1 zur Berufungsbegründung vom 24. Mai 2019, Bl. 188 – 201 dA.) unter Ziffer 524, aus der sich ergebe, dass ein Dienstposten grundsätzlich nach Ablauf von vier Wochen nach der Auswahlentscheidung zu besetzen sei. Der Zeitraum von September 2015 bis zu der Höhergruppierung am 1. April 2017 sei nicht angemessen. Entgegen der Argumentation des Arbeitsgerichts lägen gerade keine minutiösen Ausführungen der Beklagten zu den einzelnen Abstimmungsstufen vor; insbesondere sei unerklärlich, weshalb erst mit Schreiben vom 26. April 2016 die Bitte um Entscheidung über die Nachzeichnung (Anl. B 2, Bl. 64 dA.) verfasst worden sei, da keine sachlichen Gründe hierfür vorgetragen seien. Daher habe ihm der Dienstposten spätestens zum 1. Oktober 2015 übertragen werden müssen.

Der Kläger verweist auf das Schreiben vom 8. Juni 2016 (Anl. B 3, Bl. 65 dA.), das die Billigung der Höhergruppierung im Wege der Nachzeichnung beinhalte sowie die Bitte um unverzügliche Umsetzung. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb Herr C. erst mit Schreiben vom 24. Juni 2016 der wehrtechnischen Dienststelle 41 in T. mitgeteilt habe, dass er beabsichtige, die Höhergruppierung zum nächstmöglichen Zeitpunkt (voraussichtlich 1. August 2016) im Wege der Nachzeichnung durchzuführen (Anl. K 2, Bl. 202 dA.). Zudem sei unklar, weshalb erst mit Schreiben vom 27. Juni 2017 das Votum der Gleichstellungsbeauftragten erbeten worden sei und diese erst mit Schreiben vom 27. Juli 2016 mitgeteilt habe, dass gegen die geplante Maßnahme keine Bedenken bestünden (vgl. Anl. K 3, Bl. 203 dA.).

Herr P. C. habe gegenüber dem Vorsitzenden des Bezirkspersonalrats erklärt, dass er die Bewerbung gerne abschließen wolle, ihm aber die Hände gebunden seien.

Der Kläger erklärt, die Einwände der Gleichstellungsbeauftragten gegen die Höhergruppierung der zweitplatzierten Frau H. hätten seiner Höhergruppierung im Wege der Nachzeichnung nicht entgegengestanden, da die Gleichstellungsbeauftragte hiergegen keine Bedenken vorgetragen hätte. Die Beklagte habe nicht aus Gründen der Gleichbehandlung das Verfahren betreffend der Zweitplatzierten abwarten dürfen, das nur deshalb durchgeführt worden sei, weil der Kläger freigestelltes Personalratsmitglied gewesen sei.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er direkt höhergruppiert und entsprechend vergütet worden wäre, wenn er kein freigestelltes Personalratsmitglied gewesen wäre.

Er meint, die durchgeführte Erprobung sei nicht notwendig gewesen und sei unüblich.

Der Kläger ist der Ansicht, die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD verstoße gegen Treu und Glauben (BAG 22. Januar 2019 – 9 AZR 149/17 – Rn. 43, juris). Die verspätete Höhergruppierung sei allein der Sphäre der Beklagten zuzuordnen und es sei absolut nachvollziehbar, dass er bis zu der tatsächlichen Höhergruppierung abgewartet habe im Hinblick auf den bereits zuvor einmal erfolgten Abbruch des ersten Ausschreibungsverfahrens. Darüber hinaus sei die Forderung für ihn erst nach der tatsächlichen Höhergruppierung feststellbar und damit fällig gewesen.

Der Kläger beantragt,

1. auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Januar 2019, 2 Ca 1803/18, abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.664,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von jeweils 532,84 EUR seit dem 1. November 2015, 1. Dezember 2015, 1. Januar 2016, 1. Februar 2016 und 1. März 2016 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.995,11 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von jeweils 545,01 EUR seit dem 1. April 2016, 1. Mai 2016, 1. Juni 2016, 1. Juli 2016, 1. August 2016, 1. September 2016, 1. Oktober 2016, 1. November 2016, 1. Dezember 2016, 1. Januar 2017 und 1. Februar 2017 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.151,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag in Höhe von jeweils 557,82 EUR seit dem 1. März 2017 und 1. April 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht sich dessen Begründung zu eigen.

Sie erklärt, es gebe keinen Anspruch auf zügige Höhergruppierung, da sie allein entscheiden dürfe, wann die ausgeschriebene Stelle tatsächlich besetzt werde, wobei ausschließlich das an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben orientierte Interesse maßgeblich sei. Bei der zentralen Dienstvorschrift A-1330/44 handele es sich um eine verwaltungsinterne Dienstvorschrift, die keinerlei Außenwirkung habe und Ansprüche Dritter gegen sie nicht begründe. Darüber hinaus sehe die Dienstvorschrift in Ziffer 524 selbst vor, dass sachliche Gründe zu einer Verzögerung der Stellenbesetzung führen könnten. Solche Gründe lägen hier vor im Hinblick auf die von dem Bundesamt für Personalmanagement zu genehmigende Nachzeichnung sowie das durchzuführende Auswahlverfahren nebst personalvertretungs- und gleichstellungsrechtlichem Beteiligungsverfahren für die tatsächliche Besetzung der Stelle mit der Zweitplatzierten und die erforderliche Arbeitserprobung.

Die Beklagte erklärt, selbst wenn der Kläger kein Personalratsmitglied gewesen wäre, wäre er nicht zum 1. Oktober 2015 höhergruppiert worden im Hinblick auf die regelmäßige Bearbeitungsdauer von zwei bis drei Monaten nach Ausschreibungsende auch ohne Nachzeichnung und Arbeitserprobung aufgrund der Gremienbeteiligung, ärztlicher Untersuchungen etc. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass er aufgrund seiner Freistellung als Personalratsmitglied in seinem beruflichen Werdegang behindert worden sei.

Die Beklagte erklärt, darüber hinaus seien sämtliche Ansprüche des Klägers bis einschließlich Dezember 2016 gemäß § 37 TVöD verfallen, da der Kläger seine angeblichen Ansprüche frühestens am 18. Juli 2017 geltend gemacht habe. Da das auf den „3. Mai 2017“ datierte Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers (Bl.16 dA.) auf ein Schreiben der Beklagten vom 18. Juli 2017 Bezug nehme, könne es frühestens am 18. Juli 2017 verfasst und an sie übergeben worden sein.

Da der Kläger sich darauf berufe, dass sie ihn zum 1. Oktober 2015 hätte höhergruppieren müssen, sei ihm bereits im Oktober 2015 bewusst gewesen, dass ein Schadensersatzanspruch bestehe, dessen Höhe er ohne Weiteres habe ermitteln können, da er sowohl das an ihn gezahlte Entgelt als auch das an ihn nach der Entgeltgruppe 9a Stufe 6 zu zahlende Entgelt kannte bzw. ohne Schwierigkeiten habe ermitteln können. Der Schadensersatzanspruch wäre daher mit Ablauf jedes Monats für den abgelaufenen Monat fällig geworden. Darüber hinaus habe die einmalige Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs in Höhe der Differenz zwischen dem derzeitigen Entgelt und dem Entgelt der Entgeltgruppe 9a Stufe 6 ohne Bezifferung für die ordnungsgemäße Geltendmachung genügt.

Die Beklagte trägt vor, die für den Zeitraum Januar bis März 2017 geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 557,82 EUR pro Monat seien schon deshalb in Höhe von 403,44 EUR brutto unbegründet, da der Kläger im Zeitraum der Arbeitserprobung eine persönliche Zulage gemäß § 14 Abs. 1 und Abs. 3 TVöD in dieser Höhe erhalten habe wie in dem Schreiben vom 7. November 2017 (Anlage B 10, Bl. 72 dA.) angekündigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schrift-sätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen.

I.

Die nach § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch im Übrigen als zulässig.

II.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch des Klägers auf Nachzahlung von Vergütungsdifferenzen wegen verspäteter Höhergruppierung nicht besteht.

Die in der Berufungsinstanz weiterverfolgten Klageanträge zu 2 bis 4 sind zulässig. Es handelt sich um bezifferte Zahlungsanträge.

Die Klageanträge sind jedoch unbegründet. Dem Kläger steht weder unter dem Gesichtspunkt der verzögerten Durchführung des öffentlich-rechtlichen Stellenbesetzungsverfahrens noch im Hinblick auf eine Benachteiligung aufgrund seiner Eigenschaft als freigestelltes Personalratsmitglied ein Anspruch auf Zahlung einer Vergütungsdifferenz zu.

1. Das Arbeitsgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass ein Anspruch nach § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG hier nicht gegeben ist. Im Einzelnen hat es unter Ziffer A. II. 1. der Entscheidungsgründe (S. 6 – 7 des Urteils, Bl. 101 – 102 dA.) Folgendes ausgeführt:

a. Auswahlverfahren im öffentlichen Dienst müssen Art. 33 Abs. 2 GG und dem darin verbürgten Bewerbungsverfahrensanspruch Rechnung tragen; sie dürfen die Inanspruchnahme dieses Rechts weder vereiteln noch unangemessen erschweren.

Ein individueller Anspruch auf zügige Durchführung des Besetzungsverfahrens ist damit generell aber nicht zu verbinden. Die Schaffung und Besetzung von Dienstposten liegt grundsätzlich allein im öffentlichen Interesse. Ausgenommen, dass öffentliche Arbeitgeber Besetzungsverfahren dazu missbrauchen, dass Auswahlentscheidungen gezielt und manipulativ zu Gunsten oder zulasten bestimmter Bewerberinnen und/ oder Bewerber gelenkt werden, sind Sekundäransprüche nicht gegeben (BAG 12. Dezember 2017 – 9 AZR 152/17 – Rn. 28 ff.).

Um einen gezielt missbräuchlichen und/ oder manipulativen Besetzungsvorgang geht es hier nicht. Der Kläger war aus dem Ausschreibungsgeschehen in überschaubarer Zeit als bestgeeignete Bewerberperson hervorgegangen und in das Besetzungsgeschehen übergeleitet worden. Welche einzelnen Abstimmungsstufen mit der Fachaufsichtsbehörde sodann stattfanden hat die Beklagte minutiös ausgeführt. Allein der Einwand des Klägers, das hätte im einen oder anderen Schritt durch Fristsetzungen oder Befassungen von Stellvertretern im Amt auch schneller gehen können, legt noch keinen Missbrauch nah. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass hier – zentralerlassgemäß – mehrere Abstimmungen mit der Fachaufsicht stattzufinden bzw. „parallele“ Durchführungen von Laufbahnnachzeichnung, tatsächlicher Dienstpostenbesetzung und Erprobungstätigkeiten auszuführen waren. Die für das Besetzungsgeschehen insgesamt angefallene Zeit erscheint auch in einer Gesamtschau nicht unerklärlich, „sondern stattdessen“ (gemeint wohl „erst recht nicht“) manipulativ in die Länge gezogen.

b. Diesen zutreffenden Ausführungen schließt die Berufungskammer sich voll inhaltlich an und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

Auch das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass die Beklagte nicht erklärt, weshalb das Bundeswehrdienstleistungszentrum M. erst mit Schreiben vom 26. April 2016 (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 7. August 2018, Bl. 39 f dA.) an das Bundesamt für Personalmanagement um Entscheidung über die Nachzeichnung des Klägers als freigestellten Personalratsmitglieds betreffend die Stellenausschreibung vom 17. August 2015 bat, obwohl der Kläger unstreitig bereits im September 2015 als Bestgeeigneter des zweiten Auswahlverfahrens feststand. Allerdings folgt allein aus der zeitlichen Verzögerung nicht, dass diese gezielt und manipulativ zu Lasten des Klägers erfolgt wäre. Dies wäre jedoch erforderlich, um einen Sekundäranspruch des Klägers im Hinblick auf den Zeitablauf zu begründen.

Darüber hinaus ergibt sich aus der zentralen Dienstvorschrift A-1330/44 kein Anspruch auf Beförderung binnen vier Wochen nach der Auswahlentscheidung. Unter Ziffer 524 dieser Dienstvorschrift heißt es:

Die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit der Ausschreibungsgewinnerin bzw. dem Ausschreibungsgewinner darf durch die bisherige Beschäftigungsstelle nicht unsachgemäß verzögert werden. Ziel ist es daher bei einer vorgesehenen sofortigen Besetzung, den Dienstposten spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe der Auswahlentscheidung mit der Ausschreibungsgewinnerin bzw. dem Ausschreibungsgewinner zu besetzen. In dieser Zeit hat die bisherige Beschäftigungsdienststelle die Aufgabenübertragung sicher zu stellen. Eine fehlende Nachbesetzung des Dienstpostens im bisherigen Aufgabenbereich kann die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens grundsätzlich nicht verzögern.

Ziffer 524 der internen Verwaltungsvorschrift richtet sich demzufolge an die bisherige Beschäftigungsdienststelle des ausgewählten Bewerbers, welche die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens durch den Bewerber nicht im Hinblick auf eine fehlende Nachbesetzung des bisherigen Dienstpostens unsachgemäß verzögern soll. Hingegen schreibt die Regelung dem Dienstherrn nicht vor, wann er das Amt zu besetzen hat und begründet keinen Anspruch des ausgewählten Bewerbers auf Übertragung des Dienstpostens binnen vier Wochen nach Bekanntgabe der Auswahlentscheidung.

Schadensersatz wegen verspäteter Beförderung kommt demgegenüber lediglich in Betracht, wenn der Dienstherr sich entschieden hat, die Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt zu besetzen, eine zunächst getroffene rechtswidrige Auswahlentscheidung jedoch im Vergleich zu einer von vornherein rechtmäßigen Entscheidung zu einer Verzögerung führt (vgl. dazu Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen 4. September 2014 – 6 A 31/13 – Rn. 16, juris).

Im vorliegenden Fall beruht die Verzögerung nicht auf einer falschen Auswahlentscheidung. Sie ist stattdessen im Wesentlichen verursacht durch das erforderliche Verfahren der Nachzeichnung, da es sich bei dem Kläger um ein freigestelltes Personalratsmitglied handelt.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Grundsätze der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 2017 (9 AZR 152/17, Rn. 28 – 30, juris) auf den vorliegenden Fall anwendbar, obwohl es hier – jedenfalls im Berufungsverfahren – nicht um den rechtswidrigen Abbruch eines Bewerbungsverfahrens geht. Denn die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts beschäftigt sich auch mit der Frage, ob der Dienstherr verpflichtet ist, eine Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt zu besetzen. Ein Schadensersatzanspruch kommt nach dieser Entscheidung gemäß § 280 Abs. 1 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG dann in Betracht, wenn dem Kläger statt dem Konkurrenten das Amt hätte übertragen werden müssen (BAG 12. Dezember 2017 – 9 AZR 152/17 – Rn. 25, juris) oder wenn das Auswahlverfahren gezielt und manipulativ verzögert wird (Rn. 30 f.).

Für beide Alternativen liegen hier keine Anhaltspunkte vor.

2. Dem Kläger stehen auch aus §§ 8, 46 BPersVG keine Ansprüche auf Nachzahlung von Vergütung zu.

Denn der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte ihn in seiner Laufbahnentwicklung wegen der Personalratsmitgliedschaft und/oder der Freistellung benachteiligt hat.

Aus §§ 8, 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG folgt über das Benachteiligungsverbot hinaus das an den Arbeitgeber gerichtete Gebot, dem Amtsträger die berufliche Entwicklung zukommen zulassen, die er ohne die Amtstätigkeit genommen hätte. Das Personalratsmitglied kann den Arbeitgeber daher grundsätzlich unabhängig von dessen Verschulden auf die Zahlung der Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe in Anspruch nehmen, wenn es ohne die Freistellung mit Aufgaben betraut worden wäre, die die Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe rechtfertigen (BAG 15. Mai 2019 – 7 AZR 255/17 – Rn. 23, juris).

a. Das Arbeitsgericht hat hierzu unter Ziffer A. II. 2. b) (S. 9 – 10 des Urteils, Bl. 104 – 105 dA.) zutreffend ausgeführt:

aa. Nach § 8 und § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG müssen – und dürfen auch nur – öffentliche Arbeitgeber, Amtsträgern in der Personalvertretung die berufliche Entwicklung zukommen lassen, die sie ohne Amtstätigkeit – Personalratsamt und/oder Freistellung – genommen hätten. Sache hierauf klagender Personalratsangehöriger ist es darzutun, dass und inwiefern ihre berufliche Entwicklung gerade wegen der Personalratstätigkeit und/oder Freistellung weniger günstig verlief (BAG 14. Juli 2010 – 7 AZR 359/09 – Rn. 19 f.).

bb. Hier ist das nicht geschehen.

(1) Der Kläger konnte – entgegen seiner Ansicht – nicht verlangen, dass ihm – weil er freigestellter Personalratsangehöriger war – die angehobene Eingruppierung unverzüglich gewährt wurde, sobald er als „Ausschreibungssieger“ feststand. Die Beklagte hatte ein geschütztes Eigeninteresse, den ausgeschriebenen Dienstposten auch tatsächlich noch zu besetzen, das zu berücksichtigen war (BAG 12. Dezember 2017 – 9 AZR 152/17 – Rn. 29). Außerdem hatten alle übrigen Bewerberinnen und Bewerbern nach Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht auf chancengleiche Teilnahme an dem noch weiterzuführenden Verfahren, sobald der Kläger trotz Besteignung nicht zur Besetzung freistand (BAG 12. Dezember 2017 – 9 AZR 152/17- Rn. 33). Verboten der Beklagten §§ 8, 46 BPersVG nicht nur die Schlechter-, sondern auch die Besserstellung (BAG 14. Juli 2010 – 7 AZR 359/09 – Rn. 19), musste der Kläger warten, bis diese berechtigten Interessen erfüllt waren. Nicht mehr und nicht weniger wurde ihm hier auch abverlangt. Die tatsächlich ausgewählte Mitbewerberin Frau H. erhielt den Dienstposten erst am 1. April 2017; zur gleichen Zeit wurde der Kläger im Wege der Nachzeichnung befördert.

(2) Die „zweigleisige“ Ausgestaltung von Stellenbesetzungsverfahren mit Bestgeeigneten in der Personalratsfreistellung belastet diese nicht illegitim. Beim sachangemessenen Ausgleich von öffentlichem Stellenbesetzungsinteresse und subjektivem Interesse an gleicher Laufbahnentwicklung kommt dem letztgenannten kein genereller Vorrang zu. Wird aus Gründen der Rechtskomplexität – wie hier – mehrfach mit der Fachaufsicht korrespondiert, hat das keinen sachwidrig belastenden Gehalt.

Auch die Überlegung des Klägers, wäre er nicht freigestelltes Personalratsmitglied gewesen, hätte der Besetzungsvorgang viel eher und allein zu seinen Gunsten abgeschlossen werden können, führt hier nicht weiter. Die Beklagte hat die Beförderung des Klägers nicht davon abhängig gemacht, dass er die Freistellung aufgab. Sie hat sich lediglich veranlasst gesehen, solange der Kläger in der Freistellung war und blieb, „zweigleisig“ zu verfahren und die Stellenbesetzung mit einer tatsächlich eintretenden Kraft fortzusetzen. Solange dieses Besetzungsgeschehen lief, musste der Kläger aus Gleichbehandlungsgründen abwarten. Da die hier ausgewählte Person – wie er – eine Erprobungstätigkeit gleicher Lage und Länge absolvieren musste, belastete auch das den Kläger nicht. Geringe Erprobungszeiten werden laufbahnrechtlich üblicherweise abverlangt und sind im Rahmen der §§ 8, 46 BPersVG „unschädlich“ (Ilbertz , in: Ilbertz/ Widmaier/ Sommer, BPersVG, 13. Aufl. 2014, § 8 Rn. 13).

Diesen – abgesehen von der Annahme einer Erprobung von Frau H. – zutreffenden Ausführungen schließt sich die die Berufungskammer – mit Ausnahme der Argumentation zu der Erprobung der Zweitplatzierten – vollinhaltlich an und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

b. Das Berufungsvorbringen des Klägers gibt Anlass zu folgenden Ergänzungen: Zwar ist das Arbeitsgericht fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Frau H. ebenso wie der Kläger eine Erprobung im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2017 absolvieren musste, was unstreitig nicht der Fall war. Jedoch wurde der Kläger gegenüber Frau H. insofern gleichbehandelt, als diese – ebenso wie der Kläger – die Höhergruppierung erst zum 1. April 2017, nach der Erprobungszeit des Klägers, erhielt. Hätte der Kläger die Höhergruppierung, wie von ihm geltend gemacht, zu einem früheren Zeitpunkt als Frau H. erhalten, wäre er im Hinblick auf seine Personalratstätigkeit bessergestellt worden als die Mitarbeiterin, die den Posten nunmehr tatsächlich ausübt.

Um zu ermitteln, ob der Amtsträger durch die Freistellung in seinem beruflichen Aufstieg benachteiligt wurde, muss sein beruflicher Werdegang ohne die Freistellung nachgezeichnet werden. Durch eine solche fiktive Nachzeichnung darf er weder besser noch schlechter behandeln werden als ein vergleichbarer Arbeitnehmer ohne Personalratsamt (BAG 15. Mai 2019 – 7 AZR 255/17 – Rn. 23, juris).

Dem Kläger ist zuzugeben, dass es in dem Verfahren Verzögerungen gab, die nicht auf seine Personalratstätigkeit, sondern auf Frau H. zurückzuführen sind, nämlich die Einwendungen der Gleichstellungsbeauftragten im Hinblick auf die Qualifizierung. Jedoch musste auf der anderen Seite Frau H. auch die vom Kläger zu absolvierende Arbeitserprobung abwarten, obwohl eine solche bezüglich ihrer Person von der Beklagten nicht für erforderlich gehalten wurde. Zum Ausgleich hat der Kläger in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2017 für die tatsächliche Ausübung der vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeit die persönliche Zulage nach § 14 Abs. 1, 3 TVöD erhalten im Gegensatz zu Frau H., welche mangels Erprobung keine Zulage, sondern erst – wie der Kläger auch – ab dem 1. April 2017 die Höhergruppierung erhielt. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Arbeitserprobung im Hinblick auf seine berufliche Entwicklung iSd. §§ 8, 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG schlechter behandelt worden wäre.

Der Kläger ist gegen die Erprobung als solche nicht rechtlich vorgegangen. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Erprobung zur gezielten, manipulativen Verzögerung des Verfahrens erfolgt wäre, zumal das Bundeswehrdienstleistungszentrum M. diese mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 an das Bundesamt für Personalmanagement (Anlage B 8, Bl. 70 dA.) ausführlich unter Bezugnahme auf die bisher vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten nebst Tätigkeitsdarstellung und die Tätigkeitsdarstellung bezüglich des neuen Dienstpostens begründet hat.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung gerügt hat, dass eine interne Dienstanweisung, nach der bei Besetzung von Stellen mit freigestellten Personalratsmitgliedern zuvor eine Arbeitserprobung stattfinden solle, die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen könne, kommt es hierauf nicht an. Es wäre Sache des Klägers darzulegen, dass eine fiktive Erprobung unter Wahrung seiner Freistellung genügt hätte.

So hat die Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung auf das dritte Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren zur Behandlung freigestellter Personalratsmitglieder vom 12. März 2002 – D I 3 – 212 152/12 – (Geyer in: Sponer/Steinherr, TVöD Gesamtausgabe, 204. AL November 2019, 3. RdSchr. des BMI zur Behandlung freigestellter Personalratsmitglieder, juris) bezogen, in dem es unter Ziffer I. 3. heißt, dass bei einer Beförderung in das Spitzenamt einer Laufbahn mit gleichzeitiger Funktionsänderung und bei vergleichbaren Höhergruppierungen regelmäßig eine Unterbrechung der Freistellung für die Erprobungszeit erforderlich ist.

In dem Schreiben vom 6. Oktober 2016 des BwDLZ M. wird auf den deutlichen Sprung in der Eingruppierung bzw. in der tariflichen Bewertung der auszuübenden Tätigkeit von EG 6 nach EG 9a verwiesen, wobei die EG 9a als mit dem Endamt des mittleren, nichttechnischen Verwaltungsdienstes vergleichbar angesehen wird.

Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass sich aus dem Rundschreiben vom 12. März 2002 nicht die Rechtmäßigkeit seiner Arbeitserprobung ergibt. Jedoch bezieht sich das Rundschreiben auf die Rechtsprechung zur Nachzeichnung und aus der Orientierung der Beklagten an diesem Rundschreiben in Zusammenschau mit der ausführlichen Begründung in dem Schreiben vom 6. Oktober 2016 folgt, dass es sich hierbei nicht um eine sachwidrige, willkürliche, sondern sorgfältig abgewogene, sachlich begründete Maßnahme handelt.

c. Im Übrigen sind etwaige Ansprüche des Klägers auf Nachzahlung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2016 gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD (Bund) verfallen.

aa. Hierzu hat das Arbeitsgericht in Ziffer A. II. 2. a) (S. 7 – 8 des Urteils, Bl. 102 – 103 dA.) ausgeführt:

Zur schlüssigen Ausführung von verfallbaren Ansprüchen gehört die Darstellung der Fristwahrung; das haben die Gerichte für Arbeitssachen von Amts wegen zu berücksichtigen (BAG 23. August 2017 – 10 AZR 859/16 – Rn. 16).

§ 37 Abs. 1 Satz 1 TVÖD (Bund) sieht einen Verfall von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis binnen sechs Monaten ab Fälligkeit zur schriftlichen Geltendmachung vor.

Ansprüche nach §§ 8, 46 BPersVG sind Erfüllungsansprüche (LAG Berlin, Urteil vom 15. Februar 2002 – 6 Sa 2099/01 – zu 2.1.1 der Gründe). Es geht um rückständiges Tabellenentgelt nach § 15 Abs. 1 TVÖD (Bund). Dieser Anspruch beruht auf dem Arbeitsverhältnis (BAG 19. Januar 2005 – 7 AZR 208/04 – Rn. 28 zu § 37 Abs. 4 BetrVG).

„Fällig“ sind Ansprüche, sobald sie annähernd zu beziffern sind (BAG 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 33) und erbracht werden können (§ 271 BGB). Geltend machen heißt, sie der Gegenseite – in erforderlicher (hier: Schrift-) Form – so deutlich zu bezeichnen, dass zu erkennen ist, aus welchem Sachverhalt welche Forderung in welcher ungefähren Höhe erhoben wird (BAG 14. Dezember 2006 – 8 AZR 628/05 – Rn. 30).

Hier ist vor der gerichtlichen Geltendmachung – die keinen der streitgegenständlichen Zeiträume mehr erfasste – nur eine Erhebung mit Bevollmächtigtenschreiben vom „03.05.2017“ ersichtlich, das offensichtlich erst kurz nach dem 18. Juli 2017 ausformuliert und übermittelt wurde – wie die Inbezugnahme von Vorkorrespondenz des 18. Juli 2017 hierin nahelegt (Bl. 16 f.). Mit diesem Schreiben konnten nur noch Vergütungsansprüche ab Januar 2017 aufrechterhalten werden. § 24 Abs. 1 Satz 1, 2 TVÖD (Bund) bestimmt, dass das Tabellenentgelt am Letzten des Monats für den laufenden Kalendermonat gezahlt wird. Vom Monatsschluss Dezember 2016 an gerechnet, trat der Verfall schon Ende Juni 2017 ein; für die vorausgegangenen Monate gilt entsprechendes bereits zuvor. Mit besonderen Schwierigkeiten ist die Bezifferung der Differenz von Tabellenentgelten nicht zu verbinden; ein ergänzender Zeitzuschlag kam hierfür nicht in Betracht.

Dieser zutreffenden Begründung schließt die Berufungskammer sich vollinhaltlich an und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

bb. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des Verfalls. Der Kläger erhebt keine Einwendungen dagegen, dass das Arbeitsgericht davon ausgeht, dass er Ansprüche auf Differenzvergütung frühestens am 18. Juli 2017 schriftlich geltend gemacht hat.

Stattdessen rügt er, dass die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist des Tarifvertrags gegen Treu und Glauben verstoße. Die Beklagte könne nicht selbst die späte Höhergruppierung durch ihr Verhalten herbeiführen und ihm gleichzeitig die berechtigten Ansprüche wegen der Schlechterstellung als Personalratsmitglied und der Verstöße gegen die eigenen Dienstvorschriften unter Berufung auf Ausschlussfristen vorenthalten.

Dieser Einwand ist nicht nachvollziehbar, da Ausschlussfristen naturgemäß berechtigte Ansprüche gegen denjenigen ausschließen können, der sich auf sie beruft.

Die Berufung der Beklagten auf den Verfall des Anspruchs ist auch nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

Ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, kann nach § 242 BGB zum Verlust eines Rechts führen. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt etwa vor, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist oder wenn der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die diesen zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten. Gleiches gilt, wenn der Schuldner den Eindruck erweckt hat, der Anspruch werde auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt (vgl. BAG 22. Januar 2019 – 9 AZR 149/17 – Rn. 43).

Die Beklagte hat den Kläger nicht an der Geltendmachung von Ansprüchen gehindert.

Zwar ist es nachvollziehbar, dass der Kläger „sicherheitshalber“ zunächst die tatsächliche Höhergruppierung abwartete, um zu vermeiden, dass es zu einem nochmaligen Abbruch des Auswahlverfahrens kommt. Jedoch ist ihm dieses Risiko zuzumuten, zumal der Beklagten nicht unterstellt werden kann, dass sie das Auswahlverfahren bzw. das Besetzungsverfahren rechtswidrig abgebrochen hätte, um den Kläger unzulässig zu maßregeln.

Darüber hinaus war die Forderung entgegen der Auffassung des Klägers für diesen nicht erst nach tatsächlicher Höhergruppierung feststellbar. Der Kläger legt nicht dar, weshalb er erst nach der Höhergruppierung erkennen konnte, dass die Beklagte ihn bereits zum 1. Oktober 2015 hätte höhergruppieren müssen, obwohl er von Anfang an wusste, dass er im September 2015 als Bestgeeigneter feststand.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls im Falle ihrer normativen Wirkung aufgrund Tarifbindung nach § 4 Abs. 1 S. 1 TVG – da sie dann nicht „durch Rechtsgeschäft iSd. § 202 Abs. 1 BGB vereinbart ist – (vgl. dazu BAG 26. September 2013 – 8 AZR 1013/12 – Rn. 34-36, juris) – nicht nur etwaigen Ansprüchen aus §§ 8, 46 BPersVG, sondern auch Schadensersatzansprüchen aus § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG für den Zeitraum bis einschließlich Dezember 2016 entgegenstehen würde.

Denn sie erfasst alle Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“. Erfasst sind damit alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben. Maßgeblich ist dabei der Entstehungsbereich des Anspruchs, nicht aber die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage (vgl. dazu BAG 11. April 2019 – 6 AZR 104/18 – Rn. 16; 18. September 2019 – 5 AZR 240/18 – Rn. 34, juris).

Für den verbleibenden, nicht verfallenen Zeitraum von Januar bis einschließlich März 2017 ist zusätzlich zu berücksichtigten, dass die Beklagte dem Kläger eine persönliche Zulage gemäß § 14 Abs. 1 und 3 TVöD in der bis zum 1. März 2018 geltenden Fassung in Höhe von 4,5 Prozent des individuellen Tabellenentgelts, konkret 403,44 EUR brutto monatlich, zahlte. Diese persönliche Zulage für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist lediglich bis zum Zeitpunkt der dauerhalten Übertragung der höherwertigen Tätigkeit und der damit verbundenen Höhergruppierung zu zahlen. Wäre der Kläger bereits ab dem 1. Januar 2017 höhergruppiert worden, so hätte er die persönliche Zulage demzufolge nicht erhalten. Selbst im Falle des Bestehens von Ansprüchen für die Monate Januar bis März 2017 in Höhe von jeweils 557,82 EUR wären hiervon demzufolge jeweils 403,44 EUR in Abzug zu bringen.

Aus den dargelegten Gründen hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass die Klageanträge mit keinem der geltend gemachten Streitgegenstände begründet sind.

B.

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Folgen seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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