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Wirksamkeit Befristung – automatische Entfristung

Urteil zur Wirksamkeit der Befristung und automatischen Entfristung

Das Gericht hat entschieden, dass die befristete Beschäftigung der Klägerin rechtsgültig war und das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2021 endete. Die Klägerin konnte keinen schützenswerten Vertrauenstatbestand nachweisen, der eine Weiterbeschäftigung rechtfertigen würde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 Sa 664/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Parteien schlossen einen befristeten Arbeitsvertrag bis zum 30.06.2021.
  2. Die Klägerin argumentierte, dass ihr in Aussicht gestellt wurde, dass der Vertrag in einen unbefristeten umgewandelt wird.
  3. Das Gericht entschied, dass das Schreiben der Beklagten lediglich eine Ankündigung war und kein rechtlich bindendes Angebot für einen unbefristeten Vertrag.
  4. Die Befristung ohne Sachgrund war wirksam, und es lag kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand vor.
  5. Das Gericht wies die Berufung der Klägerin ab und bestätigte das Urteil der ersten Instanz.

Befristete Arbeitsverträge im Fokus der Rechtsprechung

Befristeter Arbeitsvertrag
(Symbolfoto: 4 PM production /Shutterstock.com)

In der aktuellen Arbeitswelt spielen befristete Arbeitsverträge eine bedeutende Rolle. Sie bieten Unternehmen Flexibilität, werfen jedoch häufig Fragen bezüglich ihrer Wirksamkeit und der Bedingungen für eine mögliche automatische Entfristung auf. Im Zentrum dieser Diskussion steht, inwiefern solche Verträge als Instrument der Personalplanung eingesetzt werden können, ohne dabei die Rechte der Arbeitnehmer zu beeinträchtigen. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die Frage, unter welchen Umständen eine Befristung als rechtmäßig anzusehen ist, insbesondere wenn es um die sachgrundlose Befristung geht. Diese Thematik ist nicht nur für Arbeitgeber und Arbeitnehmer von Interesse, sondern hat auch eine wesentliche Bedeutung in der arbeitsrechtlichen Praxis.

Die folgende Analyse beleuchtet ein konkretes Urteil des Landesarbeitsgerichts, das sich mit den Feinheiten und juristischen Abwägungen in einem Fall befasst, in dem es um die Klage einer Arbeitnehmerin gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geht. Dabei werden die zentralen Aspekte und Argumentationen beider Parteien sowie die richtungsweisende Entscheidung des Gerichts detailliert erörtert. Tauchen Sie ein in die Welt des Arbeitsrechts und entdecken Sie, wie aktuelle Rechtsprechung die Landschaft des Arbeitsrechts formt und definiert.

Das Landesarbeitsgericht Köln fällt ein wegweisendes Urteil – Klägerin unterliegt

In einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln, Aktenzeichen 6 Sa 664/22, wurde über die Wirksamkeit einer Befristung und deren automatische Entfristung entschieden. Das Urteil vom 27.04.2023 stellt einen bedeutenden Präzedenzfall dar, der die rechtliche Landschaft im Arbeitsrecht maßgeblich beeinflusst. In diesem Artikel werden die Einzelheiten dieses Urteils sowie die Hintergründe und Herausforderungen des Falls beleuchtet.

Die Streitfrage und der Sachverhalt

In dem vorliegenden Fall streiten die Parteien um die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Im November 2020 schlossen sie einen befristeten Vertrag, der bis zum 30. Juni 2021 gültig sein sollte. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Nebenabreden. Ein Schreiben von Seiten des Arbeitgebers deutete jedoch darauf hin, dass der befristete Vertrag nach Genehmigung des Haushalts in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt werden sollte.

Die Klägerin argumentiert, dass die Befristung nicht geeignet sei, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Sie behauptet, ihr sei bei Einstellung mitgeteilt worden, dass das Beschäftigungsverhältnis auf Dauer angelegt sei und sie einen unbefristeten Vertrag erhalten würde. Das Arbeitsgericht Aachen wies die Klage ab und entschied, dass die Befristung wirksam sei.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln

Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. In seiner Begründung wies es darauf hin, dass die Befristung gemäß § 14 Abs. 2 des Teilzeit– und Befristungsgesetzes (TzBfG) wirksam sei. Das Schreiben des Arbeitgebers sei lediglich eine Ankündigung und keine rechtlich verbindliche Willenserklärung zur Umwandlung des befristeten Vertrags in einen unbefristeten.

Das Gericht betonte, dass die Berufung auf die Befristung nicht gegen Treu und Glauben verstoße, da die Klägerin keine objektiven Gründe dafür vorbringen konnte, dass die Beklagte sich zur Weiterbeschäftigung verpflichtet habe. Da es sich um eine Befristung ohne Sachgrund handelte, war keine Rechtfertigung erforderlich.

Die Bedeutung des Urteils

Dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Befristung von Arbeitsverhältnissen. Es stellt klar, dass Schreiben, die eine spätere Umwandlung in einen unbefristeten Vertrag ankündigen, nicht als verbindliche Zusagen angesehen werden können. Arbeitgeber können sich weiterhin auf die Wirksamkeit von befristeten Verträgen berufen, solange keine anderen vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden.

Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil in höheren Instanzen bestätigt wird und ob es in Zukunft zu Gesetzesänderungen kommt, die die rechtliche Landschaft im Bereich der Befristungen verändern. Bis dahin sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen sorgfältig vorgehen und alle relevanten Aspekte berücksichtigen.

Das vollständige Urteil finden Sie unter dem Aktenzeichen 6 Sa 664/22 des Landesarbeitsgerichts Köln.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Unter welchen Bedingungen ist eine Befristung eines Arbeitsvertrags gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam?

Gemäß § 14 Abs. 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) ist eine Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieses Zeitraums darf der befristete Arbeitsvertrag höchstens dreimal verlängert werden.

Ein sachlicher Grund für eine Befristung kann beispielsweise ein vorübergehender betrieblicher Bedarf, die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder eine haushaltsrechtliche Befristung sein.

Die Befristung muss schriftlich erfolgen, gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG. Andernfalls gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Wird ein „befristeter Arbeitsvertrag“ nur mündlich geschlossen, ist die Befristung unwirksam.

Eine Befristung ohne sachlichen Grund ist nach dem Wortlaut des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG jedoch nicht zulässig, wenn zu demselben Arbeitgeber zuvor bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Eine Änderung der Arbeitsbedingungen anlässlich der Verlängerung führt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, dessen Befristung wegen des bereits bisher bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund nicht mehr zulässig ist.

Die Unwirksamkeit einer Befristung muss gemäß § 17 TzBfG binnen drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

Es gibt jedoch Ausnahmen von diesen Regeln. So eröffnet § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit, durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG festzulegen.

Welche Regelungen gelten für die automatische Entfristung eines befristeten Arbeitsvertrags, insbesondere im Hinblick auf die Genehmigung des Haushalts?

Die automatische Entfristung eines befristeten Arbeitsvertrags tritt ein, wenn das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Befristung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird und dieser nicht unverzüglich widerspricht. Eine konkrete Arbeitsleistung ist für die Entfristung erforderlich. Eine über das Ende des befristeten Arbeitsvertrags andauernde Erkrankung oder allein die Genehmigung von Urlaub reicht nicht aus, um eine Entfristung herbeizuführen.

In Bezug auf die haushaltsrechtliche Befristung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist ein Arbeitsvertrag wirksam befristet, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Umstritten ist, ob die Haushaltsmittel durch ein Gesetz, mindestens aber durch ein Parlament ausgebracht werden müssen. Die Bundesagentur für Arbeit kann sich zur Rechtfertigung befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der haushaltsrechtlichen Befristung berufen, wenn das den Haushaltsplan aufstellende Organ und der Arbeitgeber identisch sind und es an einer unmittelbaren demokratischen Legitimation des Haushaltsplangebers fehlt.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 6 Sa 664/22 – Urteil vom 27.04.2023

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 12.05.2022 – 7 Ca 1910/21 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung eines zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Unter dem 13.11.2020 schlossen die Parteien nach § 14 Abs. 2 TzBfG einen bis zum 30.06.2021 befristeten Vertrag (Bl.29 f.). In § 5 des Arbeitsvertrages wurde festgehalten, dass zu diesem Arbeitsvertrag keine Nebenabreden vereinbart worden seien. Nach Abschluss der Einstellungsgespräche erhielt die Klägerin von der Beklagten am 05.11.2020 ein Schreiben (Bl. 28), in dem auszugsweise wörtlich heißt: „Der Arbeitsvertrag ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristet bis zum 30. Juni 2021. Nach erfolgter Genehmigung des Haushaltes soll der befristete Arbeitsvertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt werden.“ In der Niederschrift nach dem Nachweisgesetz vom 13.11.2020 (Bl. 31) heißt es, dass die Klägerin „vom 1.12.2020 befristet als Sachbearbeiterin beschäftigt“ werde und das Merkblatt für Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Bl. 32) ist überschrieben mit dem Vermerk „zeitlich befristeter Vertrag“.

Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen, nach ihrer Auffassung sei die Befristung nicht geeignet das Arbeitsverhältnis zu beenden, denn die Befristung sei in der Arbeitsvertragsurkunde damit begründet worden, dass der Haushalt noch nicht genehmigt sei und ihr sei in der Arbeitsvertragsurkunde in Aussicht gestellt worden, dass nach der Genehmigung des Haushaltes der befristete Arbeitsvertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt werde. Auch sei ihr bei der Einstellung mitgeteilt worden, dass das Beschäftigungsverhältnis auf Dauer angelegt sei, und dass sie Mitte des Jahres 2021 einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten solle. Auf Dauer sei die Stelle tatsächlich besetzt geblieben, auch über den 01.07.2021 hinaus. Mittlerweile sei der Haushalt genehmigt und das Arbeitsverhältnis daher in ein unbefristetes umzuwandeln.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 02.11.2020 zum 30.06.2011 endet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Verteidigung gegen die Klage hat sie vorgetragen, dass das Schreiben vom 05.11.2021 ein reines Informationsschreiben sei und demnach keine Regelung zum Arbeitsverhältnis treffen könne. Sowohl dem Schreiben als auch dem Arbeitsvertrag sei zu entnehmen, dass die Befristung gemäß 14 Abs. 2 TzBfG erfolgt sei. Der Vortrag der Klägerin, dass ihr bei dem Einstellungsgespräch mitgeteilt worden sei, sie werde Mitte des Jahres 2021 einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten, sei unzutreffend.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.05.2022 insgesamt abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis sei aufgrund der vereinbarten Befristung zum 30.06.2020 wirksam beendet worden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 und S. 2 TzBfG vorlägen. Entgegen der Ansicht der Klägerin handle es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 05.11.2020 lediglich um ein Informationsschreiben, eine rechtlich verbindliche Willenserklärung auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages bzw. eines Vertrags zur unbefristeten Fortführung des Arbeitsverhältnisses liege darin nicht. Dies ergebe sich zunächst aus dem Wortlaut des Schreibens. Dort heiße es: „Nach erfolgter Genehmigung des Haushaltes soll der befristete Arbeitsvertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt werden“. In dieser Erklärung liege nach dem objektiven Empfängerhorizont kein rechtlich verbindliches Angebot, sondern erkennbar lediglich die bloße Ankündigung, dass die Übernahme der befristet beschäftigten Klägerin beabsichtigt sei bzw. ein entsprechender unbefristeter Arbeitsvertrag (erst noch) geschlossen werden solle. Das Informationsschreiben sei auch nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden, was bereits daraus folge, dass in § 5 des Arbeitsvertrages festgehalten sei, dass es keine Nebenabreden gebe. Die Berufung der Beklagten auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2021 verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Denn die Berufung auf eine an sich wirksame Befristung sei nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn die/der befristet eingestellte Arbeitnehmer:in auf Grund des Verhaltens der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers berechtigterweise davon habe ausgehen können, sie oder er werde im Anschluss an den Zeitvertrag weiterbeschäftigt. Allein subjektive Erwartung hierfür genügten jedoch nicht und die Beklagte habe weder bei Vertragsschluss noch während der Dauer des Zeitvertrages objektiv einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Es lägen keine Umstände vor, die bei der Klägerin den Eindruck hätte entstehen lassen können, die Beklagte wolle sich an eine Weiterbeschäftigung der Klägerin binden. Da es sich um eine Befristung ohne Sachgrund handle, sei zudem zu berücksichtigen, dass es gerade die gesetzgeberische Absicht sei, dass sich der Arbeitgeber für die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen müsse.

Gegen dieses ihr am 23.08.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.09.2022 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 23.11.2022 begründet.

Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, das Arbeitsgericht gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass das bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristungsabrede zum 30.06.2021 geendet habe. Ergänzend und vertiefend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen trägt die Klägerin nunmehr vor, dass es sich bei dem Schreiben vom 05.11.2020 nicht um eine bloße Ankündigung handle, sondern dieses Schreiben Bestandteil des Arbeitsvertrages sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass in dem Schreiben ausgeführt worden sei, sie werde unter dem Vorbehalt der positiven Ergebnisse der Einstellungsuntersuchung und des Führungszeugnisses eingestellt und auch aus der Tatsache, dass das Schreiben zusammen mit dem – von der Beklagten bereits einseitig unterzeichneten – Arbeitsvertrag übersendet worden und von ihr nur noch zu unterschreiben gewesen sei. Bei dem Schreiben handle es sich auch nicht um eine Nebenabrede im Sinne des § 5 des Arbeitsvertrages, sondern um einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsvertrages. Jedenfalls sei es aber treuwidrig, wenn sich die Beklagte auf die Befristung berufe, denn durch das Schreiben und die Ankündigungen der Beklagten sei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Zudem sei das Verhalten der Beklagten auch deshalb widersprüchlich, weil durch die Befristung bis zum 30.06.2021 die Beklagte bereits auf Haushaltsmittel aus 2021 zugegriffen habe, eine Befristung ohne Genehmigung des Haushalts aber nur bis zum 31.12.2020 möglich gewesen sei.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen – 7 Ca 1910/21 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 02.11.2020 zum 30.06.2021 endet und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 30.06.2021 zu unveränderten Bedingungen als Sachbearbeiterin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzlichen Vorbringens führt sie ergänzend aus, dass bereits nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages unmissverständlich eine befristete Beschäftigung vereinbart worden sei und auch die Niederschrift nach dem Nachweisgesetz einen Hinweis auf die Befristung enthalte. Da die Grenze jeder Auslegung der Wortlaut sei, sei eine abweichende Auslegung nicht möglich. Um einen Vertragsbestandteil könne es sich bei dem Schreiben vom 05.11.2020 bereits deshalb nicht handeln, da das Schreiben von dem zu unterschreibenden „beiliegenden Vertrag“ spreche. Indem der Arbeitsvertrag selbst und das Schreiben vom 05.11.2020 ausdrücklich auf die sachgrundlose Befristung des Vertrages nach § 14 Abs. 2 TzBfG hinweise und die Klägerin dies auch unterschrieben habe und in dem Arbeitsvertrag zudem auch klar vereinbart worden sei, dass keine Nebenabrede getroffen worden seien, sei auch kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand geschaffen worden, auf den sich die Klägerin berufen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zwar zulässig aber nicht begründet.

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 lit. c ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund wirksamer Befristung zum 30.06.2021 sein Ende gefunden hat.

Nach § 14 Abs. 2 S. 1, S. 2 TzBfG ist eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, soweit nicht mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine solche sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG sieht der Arbeitsvertrag hier vor (1) und die Beklagte konnte sich auch ohne Verstoß gegen § 242 BGB auf diese Befristungsabrede berufen (2).

1. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag ist so auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 TzBfG bis zum 30.06.2021 befristet war.

Rechtsgeschäftliche Willenserklärungen sind grundsätzlich gem. §§ 133, 157 BGB nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen (BAG, Urteil vom 17. November 2010 – 4 AZR 127/09, Rn. 21 – juris). Aus der demnach maßgeblichen Sicht eines verständigen Dritten ergibt sich die Vereinbarung einer befristeten Beschäftigung bereits aus dem unmissverständlichen Wortlaut des Arbeitsvertrages: Ausweislich der Überschrift gilt dieser für Beschäftigte, „die befristet eingestellt werden“; nach § 1 des Arbeitsvertrages wird die Klägerin „befristet eingestellt“ und der „Arbeitsvertrag ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristet bis zum 30.06.2021“. Ein hiervon abweichendes Auslegungsergebnis lässt sich auch dann nicht begründen, wenn das Schreiben vom 05.11.2020 in die Auslegung mit einbezogen wird. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist dieses Schreiben lediglich als An- und Begleitschreiben zur Übersendung des Arbeitsvertrages zu verstehen, in welchem eine mögliche Weiterbeschäftigung in Aussicht gestellt wird. Ein rechtlich verbindliches Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages bzw. eines Vertrages zur unbefristeten Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter der aufschiebenden Bedingung der Haushaltsgenehmigung konnte ein verständiger Dritter in dem gemeinsam mit dem Begleitschreiben versandten Arbeitsvertrag nicht sehen. Denn nicht nur der Arbeitsvertrag selbst spricht – wie bereits dargelegt – an drei Stellen unmissverständlich von einer befristeten Einstellung, sondern auch das Anschreiben vom 5.11.2020 ist mit „Einstellung in ein befristetes Arbeitsverhältnis“ überschrieben und weist zudem auf die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG ausdrücklich hin. Der fehlende Rechtsbindungswille der Beklagten, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung des Haushalts unbefristet fortführen zu wollen, zeigt sich schließlich auch darin, dass das Anschreiben lediglich vorsieht, der befristete Arbeitsvertrag „soll“ nach erfolgter Genehmigung des Haushalts in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt werden. Diese Formulierung unterscheidet sich deutlich von dem – lediglich wiederholenden – Hinweis im Anschreiben auf die bereits in § 1 des Arbeitsvertrags getroffenen aufschiebenden Bedingungen: Diesbezüglich heißt es, dass die Klägerin unter dem Vorbehalt der positiven Ergebnisse der Einstellungsuntersuchung und Ihres Führungszeugnisses eingestellt „wird“ .

Da die Beklagte ein rechtlich verbindliches Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages bzw. eines Vertrages zur unbefristeten Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter der Bedingung der Genehmigung des Haushalts nicht abgegeben hat, kann dahinstehen, ob eine solche aufschiebende Bedingung als Hauptabrede zur Regelung wesentlicher Bestandteile des Arbeitsvertrags zu qualifizieren wäre oder eine „Nebenabrede“ darstellt (so LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. April 2004 – 13 Sa 1265/03 -, juris) und sich dann bereits aus § 5 des Arbeitsvertrages ergäbe, dass eine solche Nebenabrede nicht vereinbart wurde.

2. Die Beklagte konnte sich auch ohne Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2021 berufen. Denn bei einer wirksamen Befristung ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt, ohne weitere Begründung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abzulehnen (BAG, Urteil vom 10. Juni 1992 – 7 AZR 346/91, Rn. 37 – juris) und die Klägerin konnte auch nicht auf Grund des Verhaltens der Beklagten berechtigterweise von einer unbefristeten Weiterbeschäftigung im Anschluss an den Zeitvertrag ausgehen. Die Beklagte hat weder durch das Anschreiben noch in sonstiger Weise einen Vertrauenstatbestand gesetzt, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu einer Bindung an den Arbeitsvertrag über die vorgesehene Befristung hinausführen könnte. Allein subjektive Erwartungen der Klägerin genügen hierfür nicht, vielmehr hätte die Beklagte bei Vertragsschluss oder während der Dauer des Zeitvertrages objektiv einen Vertrauenstatbestand schaffen müssen (BAG, Urteil vom 16. März 1989 – 2 AZR 325/88, Rn. 39 f. – juris; BAG, Urteil vom 10. Juni 1992 – 7 AZR 346/91, Rn. 38 – juris). Gegen die Annahme eines solchen Vertrauenstatbestands spricht zunächst und vor allem die bereits aufgeführten wiederholten Hinweise im Arbeitsvertrag selbst und im Anschreiben vom 5.11.2020 auf eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Zusätzlich weisen auch die der Klägerin übersandte Niederschrift nach dem Nachweisgesetz vom 13.11.2020 und das Merkblatt für Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Befristung der Beschäftigung hin. Das Verhalten der Beklagten ist auch nicht deshalb widersprüchlich, weil die Beklagte durch die Befristung zum 30.06.2021 nach dem Vorbringen der Klägerin bereits auf Haushaltsmittel aus 2021 zugegriffen habe, eine Befristung ohne die Genehmigung des Haushalts aber nur bis zum 31.12.2020 möglich gewesen wäre. Die Richtigkeit dieses Vorbringens auf Sachverhaltsebene unterstellt, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin darin aber kein widersprüchliches Verhalten, das eine unzulässige Rechtsausübung begründen könnte. Vielmehr zeigt sich auch hierdurch, dass die Entfristung des Arbeitsverhältnisses gerade nicht allein an die Frage der Genehmigung des Haushalts geknüpft werden sollte. Schließlich ist auch die gesetzgeberische Wertung des § 14 Abs. TzBfG zu berücksichtigen, wonach die Arbeitgeberin sich weder für die Entscheidung zur sachgrundlosen Befristung noch für die Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei Ablauf der Befristung rechtfertigen müssen soll (BAG, Urteil vom 10. Juni 1992 – 7 AZR 346/91, Rn. 37 – juris). Aus diesem Grund ist es auch ohne Belang, ob die von der Klägerin besetzte Stelle über den 01.07.2021 hinaus weiter besetzt war.

Da es bereits an einem schützenswerten Vertrauenstatbestand fehlt, kann dahinstehen, ob die Klägerin im Hinblick auf die in Aussicht gestellte Entfristung Dispositionen getroffen hat, beispielsweise indem sie eine andere, unbefristete Stelle nicht angenommen haben mag.

III. Nach allem bleibt es somit bei der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung. Als unterliegende Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.

 

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