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Abmahnungsentfernung aus Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Abmahnung aus Personalakte nach Arbeitsende: Entfernung grundsätzlich nicht möglich

Das Thüringer Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Nordhausen, wonach der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich erlischt. Der Kläger konnte nicht überzeugend darlegen, dass die Abmahnung ihm auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden könnte. Zudem wurde sein Anspruch auf einen Widerruf der Abmahnung durch öffentlichen Aushang sowie auf Schmerzensgeld abgelehnt, da weder eine unzulässige Persönlichkeitsrechtsverletzung noch eine öffentliche Bekanntmachung der Abmahnung vorlag.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 424/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Berufung des Klägers wurde auf seine Kosten zurückgewiesen.
  2. Ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte besteht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht.
  3. Es fehlte an einem Rechtsschutzbedürfnis, da das Arbeitsverhältnis bereits beendet war.
  4. Objektive Anhaltspunkte, dass die Abmahnung dem Kläger schaden könnte, wurden nicht ausreichend dargelegt.
  5. Der Anspruch auf Widerruf der Abmahnung durch öffentlichen Aushang wurde abgelehnt, da keine entsprechende Bekanntmachung durch den Arbeitgeber erfolgt war.
  6. Ein Schmerzensgeldanspruch wurde verneint, da keine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers festgestellt werden konnte.
  7. Die Abmahnung wurde als gerechtfertigt angesehen, da der Kläger die Arbeitsverhinderung nicht unverzüglich mitgeteilt hatte.
  8. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Löschung von Abmahnungen aus der Personalakte nach Arbeitsende

Abmahnung aus Personalakte entfernen
(Symbolfoto: Chinnapong /Shutterstock.com)

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, ob sie verlangen können, dass Abmahnungen aus ihrer Personalakte entfernt werden. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung nur während des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfällt das Rechtsschutzinteresse auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte.

Dies hat zur Folge, dass Arbeitgeber Abmahnungen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Personalakte aufbewahren dürfen, es sei denn, es bestehen besondere Umstände, die eine Entfernung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände können beispielsweise vorliegen, wenn die Abmahnung unberechtigt war oder wenn sie den Arbeitnehmer in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.

Wenn Sie Fragen zur Löschung von Abmahnungen aus Ihrer Personalakte nach Arbeitsende haben, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum des Rechtsstreits vor dem Thüringer Landesarbeitsgericht stand die Forderung eines ehemaligen Kraftfahrers, eine Abmahnung aus seiner Personalakte entfernen zu lassen. Der Kläger, der bis zum 28. Februar 2022 in diesem Beruf tätig war, hatte gegen ein vorangegangenes Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen Berufung eingelegt. Die Abmahnung, die Anlass für den Rechtsstreit bot, wurde ihm von seinem ehemaligen Arbeitgeber erteilt, weil er angeblich seine Arbeitsverhinderung am 18. Oktober 2021 nicht unverzüglich vor Dienstbeginn mitgeteilt hatte.

Rechtsgrundlage und Anforderungen an die Abmahnung

Die Abmahnung, über die der Kläger stolperte, wurde im Oktober 2021 ausgesprochen. Der Arbeitgeber monierte, der Kläger habe es versäumt, eine Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig anzumelden. Diese Vorwürfe führten zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, deren Kern die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, die Forderung nach einem Widerruf durch öffentlichen Aushang sowie ein Anspruch auf Schmerzensgeld war.

Die Positionen der Streitparteien

Der Kläger argumentierte, dass er seiner Anzeigepflicht nachgekommen sei, indem er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch am Tag der ärztlichen Konsultation in den Briefkasten des Arbeitgebers eingeworfen hatte. Er sah in der Abmahnung eine nicht nur unzutreffende, sondern auch nachhaltig rufschädigende Maßnahme. Darüber hinaus berief er sich auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), nach der personenbezogene Daten, die nicht mehr notwendig sind, zu löschen seien. Der Arbeitgeber hingegen vertrat die Auffassung, dass mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Rechtsschutzbedürfnis für die Entfernung der Abmahnung bestehe und die Abmahnung zu Recht erfolgt sei.

Urteil und Begründung des Landesarbeitsgerichts

Das Thüringer Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen. Die Richter sahen kein Rechtsschutzbedürfnis für die Entfernung der Abmahnung, da das Arbeitsverhältnis bereits beendet war. Auch die Argumentation, die Abmahnung könne dem Kläger nachträglich schaden, fand vor Gericht keinen Anklang, da keine ausreichenden Beweise vorgelegt wurden. Ebenso wurde der Anspruch auf einen öffentlichen Widerruf sowie auf Schmerzensgeld abgelehnt, da der Kläger die behauptete Rufschädigung nicht nachweisen konnte.

Die Rolle der DSGVO und die Folgen für die Praxis

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Verweis des Klägers auf die DSGVO. Das Gericht erkannte zwar grundsätzlich an, dass die DSGVO personenbezogene Daten schützt, die nicht mehr benötigt werden. Jedoch wurde im spezifischen Fall argumentiert, dass die Aufbewahrung der Abmahnung für die Dokumentation und mögliche Verteidigung in Rechtsansprüchen notwendig sei. Diese Auslegung unterstreicht die Komplexität im Umgang mit personenbezogenen Daten und deren Löschung im Kontext arbeitsrechtlicher Streitigkeiten.

Das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts verdeutlicht die Grenzen des Anspruchs auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es betont die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation und Kommunikation im Arbeitsverhältnis sowie die Notwendigkeit, die Rechtsgrundlagen genau zu kennen und zu beachten.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was regelt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Zusammenhang mit der Löschung von personenbezogenen Daten?

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) regelt das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“) in Artikel 17. Dieses Recht ermöglicht es einer betroffenen Person, vom Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden. Der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:

  • Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig.
  • Die betroffene Person widerruft ihre Einwilligung, auf die sich die Verarbeitung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a stützte, und es fehlt an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung.
  • Die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 1 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein und es liegen keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vor, oder die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 2 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein.
  • Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet.
  • Die Löschung der personenbezogenen Daten ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten erforderlich, dem der Verantwortliche unterliegt.

Im Kontext der Löschung von Abmahnungen aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist zu beachten, dass Arbeitnehmer gemäß Art.17 Abs.1 DS-GVO die Löschung von Abmahnungen aus der Personalakte verlangen können. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber nachweisen, welchen Nutzen die weitere Dokumentation der Abmahnung nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers noch hat. Da es einen solchen Nutzen meist nicht geben wird, sind Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in aller Regel aus der Personalakte zu entfernen.

Es ist jedoch zu beachten, dass das Recht auf Löschung nicht absolut ist und in bestimmten Fällen eingeschränkt werden kann. Beispielsweise kann der Verantwortliche die Verarbeitung der Daten einschränken, wenn er einen berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass die betroffene Person noch eigene, schutzwürdige Interessen an den Daten hat.

Welche Rolle spielt das Rechtsschutzbedürfnis bei der Anfechtung von Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses?

Das Rechtsschutzbedürfnis spielt bei der Anfechtung von Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine zentrale Rolle. Es bezeichnet das Interesse einer Person, gerichtlichen Schutz für ihre Rechte zu suchen. Im Kontext von Abmahnungen bedeutet dies, dass ein Arbeitnehmer, der eine Abmahnung aus seiner Personalakte entfernen lassen möchte, ein berechtigtes Interesse daran haben muss, dass diese nicht mehr in seiner Akte verbleibt.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann das Interesse des Arbeitnehmers darin bestehen, dass die Abmahnung seine beruflichen Chancen bei einer neuen Anstellung nicht negativ beeinflusst. Der Arbeitgeber muss dann darlegen, warum ein berechtigtes Interesse besteht, die Abmahnung weiterhin in der Personalakte zu führen. Kann der Arbeitgeber keinen solchen Nutzen nachweisen, spricht dies für das Rechtsschutzbedürfnis des Arbeitnehmers, die Löschung der Abmahnung zu verlangen.

Die Anfechtung einer Abmahnung kann auch dann relevant werden, wenn der Arbeitnehmer die Abmahnung für unbegründet hält und dies gerichtlich klären lassen möchte. Hierbei ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, wenn der Arbeitnehmer durch die Abmahnung in seinen Rechten verletzt wird und er diese Verletzung nicht hinnehmen möchte.

Insgesamt ist das Rechtsschutzbedürfnis ein wesentliches Kriterium dafür, ob ein Gericht eine Klage annimmt und ob der Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte durchsetzen kann.


Das vorliegende Urteil

Thüringer Landesarbeitsgericht – Az.: 5 Sa 424/22 – Urteil vom 24.10.2023

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 15.11.2022 – 1 Ca 212/22 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte, die Erklärung des Widerrufs der Abmahnung durch öffentlichen Aushang sowie um Schmerzensgeld.

Der Kläger war vom 01.09.1997 bis zum 28.02.2022 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Seine monatliche Vergütung betrug zuletzt 2.390,75 € brutto.

Mit Schreiben vom 25.10.2021 monierte die Beklagte, dass der Kläger nicht seine Arbeitsverhinderung unverzüglich vor Dienstbeginn am 18.10.2021 mitgeteilt hat. Seine Krankmeldung sei nur bis 15.10.2021 bekannt gewesen. Wegen des Inhalts der Abmahnung wird auf die zur Akte gereichten Kopie (Bl. 43 f. d. A.) verwiesen. Diese wurde dem Kläger im verschlossenen Kuvert übermittelt.

Mit der am 22.03.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, die Abgabe des Widerrufs durch öffentlichen Aushang im Eingangsbereich der Betriebsstätten sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 2.390,75 € brutto begehrt. Wegen des weiteren unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszugszug sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 47 – 48 d. A.) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 15.11.2022 (Bl. 46 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Anspruch auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte ende grundsätzlich zeitlich mit dem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen würden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Regelfall zu dem Ergebnis führen, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte nicht mehr zustehe. Etwas Anderes könne nur dann gelten, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden könne. Der Kläger habe verabsäumt, ausreichend zu begründen, dass ein Verbleiben der Abmahnung in der Personalakte zu einer anhaltenden Rechtsbeeinträchtigung führe. Die Abweisung des Widerrufsanspruchs durch Aushang hat das Arbeitsgericht damit begründet, dass die Voraussetzungen nicht gegeben seien. Der Kläger habe schon nicht behauptet, dass die Abmahnung vom 25.10.2021 betriebsintern bekannt gegeben worden sei bzw. ein etwaiges betriebsinternes Bekanntwerden der Arbeitgeber zu verantworten hätte. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes scheitere daran, dass der Sachvortrag des Klägers in keiner Weise belege, dass die Abmahnung unzulässig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen habe. Form und Inhalt der Abmahnung hielten sich im zulässigen Rahmen. Der Wortlaut der Abmahnung lasse nicht einmal ansatzweise ehrkränkende Erklärungen erkennen. Die Empörung des Klägers möge subjektiv vorhanden sein, werde aber nach Einschätzung der erkennenden Kammer für objektiv überzogen gehalten. Eine fortwirkende Herabsetzung seines Rufes oder die Beeinträchtigung in seinem beruflichen Fortkommen sei nicht erkennbar.

Gegen das dem Kläger am 02.10.2022 zugestellte Urteil hat er mit beim Landesarbeitsgericht am 28.12.2022 eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er führt an, das Arbeitsgericht hätte nicht von der Verletzung einer Anzeigepflicht ausgehen dürfen, da dem Arbeitgeber ohne schuldhaftes Zögern, nämlich noch am 18.10.2021 nach Aufsuchen des Arztes, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen worden sei. Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Widerrufsanspruch dann in Betracht käme, wenn der Arbeitnehmer mit einer fortdauernden Beeinträchtigung seiner Rechte konfrontiert sei. Werde das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers durch eine unrichtige Tatsachenbehauptung nicht unerheblich beeinträchtigt und sei diese Beeinträchtigung geeignet, das berufliche Fortkommen zu erschweren, dann könne dem Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 442, 1004 BGB ein spezifischer Widerrufsanspruch wegen der unzutreffenden oder aber abwertende Äußerung zustehen. Der Kläger ist der Auffassung, der Vorwurf, unentschuldigt seinen Dienst am 18.10.2021 nicht ausgeübt zu haben, sei unzutreffend und über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus reputationsschädigend, sodass der diesbezügliche Beseitigungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht entfallen sei. Zudem sei auf die Vorschrift des § 17 DSGVO hinzuweisen, wonach nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Beschäftigten ein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte zustünde. Der Arbeitnehmer habe das Recht vom Arbeitgeber zu verlangen, dass personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht würden, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig seien. Dies beträfe auch Abmahnungen für ein beendetes Beschäftigungsverhältnis. Bei der Ablehnung eines Schmerzensgeldanspruchs des Klägers – gestützt auf die Abmahnung vom 25.10.2021 – habe das Arbeitsgericht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger seine Tätigkeit als zuverlässiger Kraftfahrer seit dem 01.09.1997 beanstandungsfrei geführt habe. Es sei regelmäßig von einem subjektiven Schmerzensgeldanspruch eines Arbeitnehmers auszugehen, wenn der Arbeitgeber eine Behauptung aufstelle, die u. a. daran bestehe, dass der Arbeitnehmer sich einer Straftat oder einer schweren Verfehlung schuldig gemacht habe.

Der der Kläger beantragt sinngemäß, in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 15.11.2022, Az.: 1 Ca 212/22,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 25.10.2021 zu entfernen,

2. die Beklagte zu verpflichten, auf dem Briefkopf der Firma L. GmbH mit Signierung des Geschäftsführers eine schriftliche Erklärung abzugeben, die im Eingangsbereich der Betriebsstätte in der Straße …, … öffentlich ausgehängt wird und folgenden Inhalt aufweist:

„Hiermit wird die in der Abmahnung vom 25.10.2021 dem Mitarbeiter Ralf St. gegenüber geäußerte Behauptung, dass dieser seine Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig mitgeteilt habe, ausdrücklich widerrufen, insbesondere, insofern, als der Vorwurf erhoben wird, dass es am 18.10.2021 nicht zur rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit kommen sei.“ und

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Entschädigungsbetrag i.H.v. 2.390,75 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Für die Entfernung der Abmahnung fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien unstreitig beendet sei. Der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit zunächst bis zum 15.10.2021 angezeigt. Die Beklagte habe demzufolge davon ausgehen können, dass der Kläger am 18.10.2021 seine Arbeit wieder aufnehme. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18.10.2021 stelle keine Anzeige für die Mitteilung der Arbeitsverhinderung vor Dienstbeginn dar. Nur deshalb sei er abgemahnt worden. Auch wenn die Ehefrau des Klägers die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Aufsuchen des Arztes (wann?) in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen haben will, sei der Kläger jedoch verpflichtet gewesen, vor Dienstbeginn seine Arbeitsverhinderung anzuzeigen. Dieser Verpflichtung sei er unstreitig nicht nachgekommen. Die Abmahnung sei daher gerechtfertigt ausgesprochen worden. Sie sei dem Kläger nicht öffentlich erteilt, sondern im verschlossenen Kuvert übermittelt worden. Ein Anspruch auf einen öffentlichen Widerruf bestehe daher nicht. Die Abmahnung habe keine ehrverletzenden Äußerungen enthalten. Die Beklagte habe den Kläger lediglich auf seine vertraglichen Pflichten hingewiesen und die Verletzung dieser gerügt. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, die geeignet seien, dass die Abmahnung auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Kläger noch schaden könnte. Ein Löschungsanspruch vor Ablauf der Speicherungspflichten nach der DSGVO bestünde nicht. Die Beklagte sei grundsätzlich verpflichtet, Geschäftspapiere entsprechend den Aufbewahrungsfristen zu verwahren. Dies gelte auch für Personaldokumente, wie Arbeitsvertrag und nachträgliche Änderungen. Ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung bestünde nicht. Die Abmahnung enthalte keine ehrverletzende Äußerung, dass Persönlichkeitsrecht sei ebenfalls nicht verletzt. Selbst unterstellt, die Abmahnung wäre nicht gerechtfertigt, so würde sie keinen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen.

Im Berufungsverfahren 5 Sa 424/22 haben die Parteien nach § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich geschlossen. Unter Ziffer 2 des Vergleichs heißt es:

“Die Parteien sind sich darin einig, dass mit Erfüllung der Verpflichtung aus diesem Vergleich sämtliche wechselseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt sind.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz vom 24.10.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 ZPO.

II. Die Berufung ist unbegründet. Zur Begründung folgt die Kammer den überzeugenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unter Ziffer I. bis III. (Bl. 48 – 52 d. A.), nimmt auf diese Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Das Berufungsvorbringen des Klägers veranlasst lediglich zu folgenden Ergänzungen:

1. Der Antrag auf Entfernung der Abmahnung vom 25.10.2021 aus der Personalakte ist bereits unzulässig. Es fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da das Arbeitsverhältnis der Parteien zwischenzeitlich beendet ist. Auch mit dem Berufungsvorbringen vermochte der Kläger nicht, Anhaltspunkte darzulegen, dass auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Abmahnung dem Kläger schaden könnte. Der Kläger hat sich lediglich auf den Standpunkt gestellt, dass der Vorwurf, unentschuldigt seinen Dienst vom 18.10.2021 nicht ausgeübt zu haben, unzutreffend und dies reputationsschädigend sei.

Zwar hat der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BAG die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Rechte und Pflichten begründen kann (BAG 14. September 1994 – 5 AZR 632/93 – Rn. 23).

Für die Kammer sind jedoch keine Anhaltspunkte für eine fortdauernde Beeinträchtigung des Klägers ersichtlich.

Entgegen der Behauptung des Klägers wird mit der Abmahnung nicht gerügt, dass der Kläger am 18.10.2021 unentschuldigt gefehlt habe. Vielmehr monierte die Beklagte, dass der Kläger nicht unverzüglich vor Dienstbeginn seine Arbeitsverhinderung mitgeteilt habe. Dies hat der Kläger unstreitig nicht vorgenommen. Sofern die Ehefrau, wie vom Kläger vorgetragen, nach Konsultation des Arztes die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers der Beklagten in den Briefkasten geworfen hat, steht dies nicht dem gerügten Verhalten entgegen. Inwieweit sich beispielsweise andere arbeitsrechtliche Nachteile für den Kläger ergeben, wurde weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

Selbst wenn man das Rechtsschutzbedürfnis für die Entfernung der Abmahnung annehmen würde, wäre dieser Antrag unbegründet.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung aus der Personalakte, selbst einer zu Unrecht erteilten Abmahnung. Ein solcher Anspruch kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, eine Abmahnung könne dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden (BAG 19. April 2012 – 2 AZR 233/11 – Rn. 51). Der Kläger hat vorliegend keine entsprechenden Gründe dargelegt.

Vielmehr verfolgt der Kläger mit demselben Verfahren Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Dabei spielt die streitgegenständliche Abmahnung die zentrale Rolle. Hieraus ergibt sich ein Dokumentationserfordernis der Beklagten, hier die Aufbewahrung der Abmahnung, zumindest bis zur endgültigen Klärung der Schadensersatzklage (vgl. auch Sächsisches LAG 31.03.2023 – 4 Sa 117/21 – Rn. 45).

Auch der Hinweis des Klägers auf die Vorschrift des § 17 DSGVO führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach Art. 17 Abs. 1 a DSGVO besteht ein Anspruch auf Löschung der betreffenden personenbezogenen Daten, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Da die vorliegende streitige Abmahnung Gegenstand der Schadensersatzklage ist, besteht zumindest bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nach Art. 17 Abs. 3 a DSGVO kein Löschungsanspruch, da dieser zur Ausübung und Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist.

2. Mit dem Berufungsvorbringen vermochte der Kläger auch das Bestehen eines Anspruchs auf Widerruf mittels öffentlichen Aushangs nicht begründen. Ein Widerrufsanspruch als quasinegatorischer Beseitigungsanspruch mittels öffentlichen Aushangs setzt voraus, dass der zu widerrufende Vorwurf auf gleiche Weise bekannt gegeben wurde. Nur in einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer den Widerruf etwa durch öffentlichen Aushang verlangen (vgl. BAG 21. Februar 1979 – 5 AZR 568/77 – Leitsatz 1 und Rn. 16 – 20). Eine Bekanntgabe oder Veröffentlichung der gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe ist nicht vorgetragen worden. Vielmehr ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger die Abmahnung im verschlossenen Umschlag übergeben hat. Die erste Instanz hat insoweit zu Recht sogar darauf hingewiesen, dass die Abmahnung weder betriebsintern bekannt geworden noch der Arbeitgeber ein etwaiges betriebsinternes Bekanntwerden zu verantworten habe.

3. Auch das Bestehen eines Schmerzensgeldanspruchs konnte der Kläger mit seinem Berufungsvorbringen nicht dartun. Zwar verweist er auf die maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach bei schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein Schmerzensgeldanspruch in Betracht kommt. Der Vorwurf des Verbreitens von Unwahrheiten stellt jedoch ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat dar. Wie bereits unter Ziffer 1 erläutert, ist der eigentliche Vorwurf in der Abmahnung, der Kläger habe nicht vor Dienstbeginn am 18.10.2021 seine Arbeitsverhinderung unverzüglich mitgeteilt, unbestritten. Mit dem Erstgericht ist die Kammer auch der Auffassung, dass eine fortwirkende Herabsetzung des Rufs des Klägers ohne die Beeinträchtigung in seinem beruflichen Fortkommen nicht erkennbar ist.

III. Der Kläger trägt die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Anlass für die Zulassung der Revision bestand nicht.

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