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Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist – Rechtsmissbrauch

Landesarbeitsgericht Thüringen – Az.: 6 Sa 200/13 – Urteil vom 23.07.2014

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 26.11.2010 – 8 Ca 482/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Rechtswirksamkeit einer von der Beklagten zu 2) ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist.

Die am … 1962 geborene Klägerin war seit 5. August 1991 bei der … AG (fortan: AG) beschäftigt. Diese betrieb 16 Callcenter. Das Callcenter in E., in dem die Klägerin als Callcenter-Agentin beschäftigt war, wurde ausgegliedert und ging auf die V. GmbH über. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft, welche mit der V. GmbH ein umfangreiches Tarifwerk vereinbart hatte.

Nach § 10 Abs. 1 a des von der V. GmbH vereinbarten Umsetzungstarifvertrages (UTV) galt der Manteltarifvertrag der AG (MTV) weiter. Dieser enthält, sofern hier von Bedeutung, folgende Regelung:

„ § 26 Besonderer Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer

(1) Ein Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr und eine Zeit der Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren vollendet hat, unterliegt einem besonderen Kündigungsschutz.

(2) Den von Absatz 1 erfassten Arbeitnehmern kann nur noch gekündigt werden

a) aus wichtigem Grund,

b) mit Zustimmung des Betriebsrates aus einem besonderen verhaltensbedingten Grund …

c) bei andauernder Arbeitsunfähigkeit …

…“

Gemäß § 10 Abs. 1 d) UTV galt ferner § 7 des TV Sonderregelungen weiter. Dieser lautet:

„ § 7 Besonderer Kündigungsschutz gemäß § 26 MTV

Für Arbeitnehmer, die am 30. Juni 2001 unter den Geltungsbereich des TV Ang/TV Arb gefallen sind und am 30. September 1997 schon und am 1. Juli 2001 noch in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis zur … AG stehen sowie

für Arbeitnehmer, die am 30. Juni 2001 unter den Geltungsbereich des TV Ang-O-/TV Arb-O gefallen sind und seit mindestens 31. Dezember 1994 und am 1. Juli 2001 noch in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis zur … AG stehen gelten für die Dauer dieses fortbestehenden Arbeitsverhältnisses die nachstehenden Regelungen:

1. Der § 26 MTV gilt auch für Arbeitnehmer, die am 30. September 1997 bereits – das 40. Lebensjahr und eine Postdienstzeit von 15 Jahren

oder

– eine Dienstzeit von 25 Jahren vollendet haben.

Für diese Arbeitnehmer Sinne der § 26 Abs. 2 Buchstabe b) MTV keine Anwendung.

2. Für Arbeitnehmer, die nicht unter Nr. 1 fallen, gilt:

a) bei Arbeitnehmern, die am 30. September 1997 bereits das 36. Lebensjahr vollendet haben, gilt § 26 MTV mit der Maßgabe, dass anstelle des in Abs. 1 genannten Lebensjahres das 40. Lebensjahr zu.

b) bei Arbeitnehmern, die am 30. September 1997 das 36. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gilt § 26 MTV mit der Maßgabe, dass anstelle des in Abs. 1 genannten Lebensjahres

– das 41. Lebensjahr tritt,

wenn am 30. September 1997 bereits das 35. Lebensjahr vollendet ist

– das 42. Lebensjahr tritt,

wenn am 30. September 1997 bereits das 34 Lebensjahr vollendet ist

– das 43. Lebensjahr tritt,

wenn am 30. September 1997 bereits das 33. Lebensjahr vollendet ist

– das 44. Lebensjahr tritt,

wenn am 30. September 1997 bereits das 32. Lebensjahr vollendet ist

– das 45. Lebensjahr tritt,

wenn am 30. September 1997 bereits das 31. Lebensjahr vollendet ist.

Für Arbeitnehmer, die nicht unter Nr. 1 oder Nr. 2 fallen, gilt § 26 MTV ohne Einschränkung.“

Die Beklagte zu 2) übernahm das Callcenter in E… am 1. Mai 2007. Neben der Telefontätigkeit wurden Backofficetätigkeiten ausgeführt. Diese Tätigkeiten umfassten kaufmännische und administrative Endkundenprozesse. Es wurden Anfragen und Aufträge schriftlicher Art, per Fax oder Mail bearbeitet. Der Telefon- und der Backofficebereich waren nicht getrennt. Die Mitarbeiter konnten beide Tätigkeiten von ihrem Arbeitsplatz aus wahrnehmen.

Die Klägerin wurde wie bisher als Callcenter-Agentin zu den Tarifbedingungen der V. GmbH weiterbeschäftigt. Sie wurde projektbezogen im Schichtdienst eingesetzt. Sie erhielt eine monatliche Bruttovergütung von 2.685 €.

Zum Zeitpunkt des Übergangs auf die Beklagte zu 2) waren im Callcenter ca. 200 Arbeitnehmer beschäftigt, die im Wesentlichen Tätigkeiten für die AG erbrachten. Nach der Übernähme erweiterte die Beklagte zu 2) das Geschäftsfeld durch die Gewinnung weiterer Aufträge von anderen Auftraggebern. Es wurden Neueinstellungen vorgenommen. Während die von der V. GmbH übernommenen Arbeitnehmer ein Jahreseinkommen zwischen 35.000,00 und 40.000,00 € brutto erzielten, wurde mit den neueingestellten Arbeitnehmern ein Jahresgehalt von 15.000,00 bis 17.000,00 € brutto vereinbart.

Die Beklagte zu 2) bot sämtlichen Mitarbeitern, die von der V. GmbH übernommen worden waren, so auch der Klägerin, am 16. Juli 2008 neue Arbeitsverträge zum 1. Januar 2009 an. Mit diesem Vertragsangebot waren schlechtere Konditionen verbunden. Die ursprüngliche Arbeitszeit sollte von 38 auf 40 Stunden pro Woche erhöht und die Vergütung abgesenkt werden, wobei eine Besitzstandszulage bis zum Jahr 2012 zugesichert wurde. Darüber hinaus war vorgesehen, die tariflichen Regelungen der AG bzw. der V. GmbH zu ersetzen, wobei Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Leistungsentgelt und Zulagen aller Art, vermögenswirksame Leistungen und Jubiläumszuwendungen wegfallen sollten.

44 ehemalige Arbeitnehmer der V. GmbH, einschließlich der Klägerin, unterzeichneten die Änderungsverträge nicht. Diese Mitarbeiter wurden im Sommer 2009, streitig ist, ob dies am 1. Juli oder im September 2009 erfolgte, in zwei Teams, das Team 5 und 6, aufgeteilt. Ihnen wurden Arbeitsplätze in einem Raum im ersten Obergeschoss des Gebäudes in der C. Straße, dem sogenannten …, zugewiesen. In diesem Bereich wurden ausschließlich Backofficetätigkeiten in Gleitzeit von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr bei einer Kernarbeitszeit von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr im Zweischichtmodell verrichtet. In dem übrigen Bereich, dem Großraumbüro des Callcenters, wurden die neueingestellten Mitarbeiter und die früheren Mitarbeiter der V. GmbH, die einer Änderung des Arbeitsvertrages zugestimmt hatten, mit Telefontätigkeiten im 24-Stundentakt beschäftigt.

Am 26. Oktober 2009 traf die Beklagte zu 2) die Entscheidung, den Betrieb aufzuspalten und die so entstehenden zwei eigenständigen Betriebe an jeweils eine GmbH zu verpachten. Der Bereich mit den Backoffice Tätigkeiten sollte selbstständig werden und auf die … services E. GmbH übertragen werden; der Bereich mit den Telefontätigkeiten sollte selbstständig werden und auf die Beklagte zu 1) übertragen werden. Als Umsetzungszeitpunkt wurde der 07.12.2009 für die Aufspaltung und der 01.01.2010 für die Verpachtung der Betriebe in Aussicht genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes dieses Beschlusses wird auf die zu den Akten gereichte Kopie seiner schriftlichen Fassung (Bl. 44, 45 d. A.) verwiesen.

Hierüber schlossen die Beklagte zu 2) und der bei ihr eingerichtete Betriebsrat einen Interessenausgleich ab, der im Wesentlichen die Umsetzung des Beschlusses beinhaltete.

Wegen dessen Inhaltes im Einzelnen auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 46 bis 50 d. A.) verwiesen wird.

In der ebenfalls am 27. November 2009 geschlossenen freiwilligen Betriebsvereinbarung (Bl. 51 f. d. A.) wurde ein Bestandsschutz in Form des Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen für die von der Aufspaltung und Verpachtung betroffenen Arbeitnehmer bis zum 31. Dezember 2010 garantiert. Diese Frist wurde für die ehemaligen V.-Mitarbeiter, die die neuen Arbeitsverträge mit Wirkung zum 1. Januar 2009 unterzeichnet hatten, auf den 30. April 2012 verlängert.

Mit Schreiben vom 30. November 2009 informierte die Beklagte zu 2) die Klägerin über die Betriebsaufspaltung zum 07. Dezember 2009 und darüber, dass er ab diesem Zeitpunkt in den neuen Betriebsräumen arbeiten werde. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 (Bl. 65 ff. d. A.) unterrichtete die Beklagte zu 2) die Klägerin über die Verpachtung als einen bevorstehenden Betriebsübergang.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 (Bl. 69 d. A.) widersprach der Kläger dem geplanten Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zur … services E. GmbH und bot ihre Arbeitsleistung der Beklagten zu 1) an. Die Beklagte zu 2) bestätigte der Klägerin mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 (Bl. 70 d. A.) den Eingang des Widerspruchs und stellte sie ab 1. Januar 2010 bis auf Weiteres unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit frei. Insgesamt widersprachen elf Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die … services E…… GmbH.

Die Beklagte zu 2) verpachtete die beiden Betriebe, Backoffice und Service-Center Telekommunikation, zum 1. Januar 2010 der … services E. GmbH und der Beklagten zu 1).

Die mit der Verpachtung der Betriebe verbundenen Aufgaben der Beklagten zu 2) bestanden aus der Kontrolle von automatisch vollzogenen Buchungen auf Basis der Pachtverträge. Hierzu schloss die Beklagte zu 2) mit der … services GmbH aus G. . einen Dienstvertrag, aufgrund dessen diese Gesellschaft die notwendigen Arbeiten für die Beklagte zu 2) durchführt.

Die Beklagten sowie auch die … services E. GmbH gehörten zu einer Unternehmensgruppe, dem B.-konzern. Eines der Organisationsprinzipien dieser Unternehmensgruppe war Dezentralität. Für jeden Standort und für jeden Betrieb wurden eigenständige Unternehmen/Gesellschaften gegründet, auch um das Eigenverantwortungsprinzip zu stärken. In Deutschland waren insoweit 374 Gesellschaften mbH als vollkonsolidierte Unternehmen tätig.

Im Januar und März 2011 gab es Ausschreibungen zwei großer Unternehmen, an denen sich die …  services E. GmbH beteiligt hatte.

Die Beklagte zu 2) hörte den Betriebsrat mit Email vom 20. Januar 2010 (Bl. 71 f. d. A.), vom Betriebsrat am 21. Januar 2010 zur Kenntnis genommen, zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Auslaufsfrist, hilfsweise ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Klägerin unter Hinweis auf den besonderen Kündigungsschutz als älterer Arbeitnehmer nach § 26 MTV an. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab. Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 (Bl. 81 d. A.) kündigte die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Auslaufsfrist und hilfsweise ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zum 31. August 2010. Die Beklagte zu 2) beauftragte einen Boten mit der Zustellung des Kündigungsschreibens. Der Bote stellte dies am Vormittag des 29.01.2010 der Klägerin zu.

Mit der am 19. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses seit 01. Januar 2010 zur Beklagten zu 1), Weiterbeschäftigung sowie hilfsweise die Unwirksamkeit der von der Beklagten zu 2) ausgesprochenen Kündigung nebst Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten zu 2) geltend gemacht. Die Klägerin hat den Fortbestandsantrag gegen die Beklagte zu 2) zurückgenommen. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 158 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Übertragung ausschließlicher Backofficetätigkeiten und die Zuweisung des Klägers zum Betrieb Backoffice sei vom Direktionsrecht gedeckt und entspreche billigem Ermessen. Die Abspaltung und der anschließende Betriebsübergang seien nicht willkürlich oder unsachlich und damit nicht rechtsunwirksam. Die Kündigung erweise sich gleichfalls nicht als rechtsunwirksam.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 168 ff. d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 03. Januar 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. Februar 2011 Berufung eingelegt und die Berufung am 04. April 2011 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf den am 03. März 2011 eingegangenen Antrag bis 04. April 2011 verlängert worden war.

Mit Urteil vom 14.11.2011 hat das Thüringer Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und nach den Hauptanträgen erkannt, ein Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1) festgestellt und diese zur Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den Arbeitsbedingungen ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) verurteilt. Auf die zugelassene Revision der Beklagten hin hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.02.2013 (8 AZR 877/11) das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 14.11.2011 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit sie sich gegen die Abweisung der Hauptanträge gerichtet hatte, zurückgewiesen und im Übrigen die Sache zur Entscheidung über den Hilfsantrag die Wirksamkeit der Kündigung betreffend zurückverwiesen.

Die Klägerin behauptet, es bestehe trotz Veräußerung des gesamten operativen Geschäfts auf die …  services E. GmbH und die Beklagte zu 1) noch eine Beschäftigungsmöglichkeit für sie. Wegen der konzernrechtlichen Strukturen, zumindest jedoch wegen des Vorliegens eines gemeinsamen Betriebes, sei sie auf freien Arbeitsplätzen bei der Beklagten zu 1) weiter zu beschäftigen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam, weil die Beklagte zu 2) die Situation, keinen Beschäftigungsbedarf mehr zu haben, in rechtsmissbräuchlicher Weise herbeigeführt habe, um den ihr zustehenden besonderen Kündigungsschutz zu umgehen.

Dazu behauptet sie, die Beklagte habe die Betriebsaufspaltung zielgerichtet über einen längeren Zeitraum vorbereitet, um diejenigen Arbeitnehmer, die die geänderten schlechteren Arbeitsbedingungen nicht akzeptiert hätten, trotz ihres besonderen Kündigungsschutzes nach § 26 MTV AG und V. kündigen zu können. Die Zusammenfassung derjenigen, die sich nicht auf schlechtere Arbeitsbedingungen eingelassen und die angebotenen Arbeitsverträge nicht unterschrieben hätten, im … sei nicht gerechtfertigt. Diese lasse sich weder mit den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen, noch mit einer Störung des Betriebsfriedens begründen. Auch sie, die Klägerin, habe z.B. in Nachtschichten sowie Sonn- und Feiertags tätig sein müssen. Ihre Arbeitsbedingungen hätten einen Einsatz in einem vollschichtig rund um die Uhr an sieben Tage die Woche besetzten Betrieb ermöglicht und sie sei nicht nur bereit dazu gewesen, sondern habe auch entsprechende Tätigkeiten tatsächlich geleistet. Diese Gründe seien allesamt vorgeschoben. Es entspreche vielmehr einer langfristigen Strategie, welche schon im Jahre 2005 von einem seinerzeitigen Mitglied der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) propagiert worden sei, um Arbeitsnehmer mit hohen Besitzständen unter Umgehung von Kündigungsschutzvorschriften los zu werden. Dazu gehöre es, die entsprechenden Mitarbeiter in einer betrieblichen Einheit zu konzentrieren, diese zu verselbstständigen und auf eine andere Gesellschaft zu übertragen, welche dann stillgelegt werden könne. Es sei von Anfang an der Plan der Beklagten zu 2) gewesen, den Betrieb, in welchem diejenigen, die sich nicht auf schlechtere Arbeitsbedingungen eingelassen und die angebotenen Arbeitsverträge nicht unterschrieben hätten, auf eine stillzulegende Gesellschaft zu übertragen. Das ergebe sich unter anderem aus einer Äußerung des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, Herrn R. Dieser hatte angekündigt, sich von den Mitarbeitern, welche die Änderungsverträge nicht akzeptiert hätten, trennen zu wollen. Im Zuge von Verhandlungen im März und Juni 2008 habe ihr, der Klägerin, Prozessbevollmächtigter Herrn R. auf Möglichkeiten zur Vertragsänderung hingewiesen, woraufhin dieser geantwortet habe, das Unternehmen kenne auch weitere Möglichkeiten sich trotz tariflichen Kündigungsschutzes von Mitarbeitern, welche die Änderungsverträge nicht wollten, zu trennen.

Sie, die Klägerin, habe gewusst, dass die Zusammenfassung der aus Sicht der Beklagten zu 2) nicht profitablen Mitarbeiter in einer Einheit keinen Sinn machen könne und deshalb die Gesellschaft, auf die dieser Betrieb übergehe, keine Zukunft habe und sich deshalb zum Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf diese Gesellschaft, die …  services E. GmbH entschieden.

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, die Kündigung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

Außerdem sei ein Betriebsübergang zu Lasten der Arbeitnehmer durchgeführt worden, was unter europarechtlichen Gesichtspunkten unzulässig sei, denn die Richtlinie zum Betriebsübergang sehe eine Umsetzung in nationales Recht als Schutzvorschrift zu Gunsten der Arbeitnehmer vor.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch, das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 26.11.2010 abzuändern und festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 28.01.2010 das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 31.08.2010 beendet hat.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 2) behauptet, bei ihr bestehe keinerlei Beschäftigungsbedarf. Durch die Verpachtung beider aktiver Betriebe (… und …) an andere Gesellschaften, die Beklagte zu 1) und die … …. E. GmbH, seien alle Möglichkeiten der Beschäftigung entfallen.

Sie ist der Ansicht, die Verpachtungsentscheidung sei nicht zu beanstanden, sie sei Ausfluss unternehmerischer Freiheit und weder unsachlich, noch willkürlich oder rechtsmissbräuchlich. Dazu behauptet sie, kurze Zeit nach dem Betriebsübergang am 1. Mai 2007 habe ein Backoffice-Projekt der T. gewonnen werden können. Der Aufbau des Bereiches Backoffice sei dementsprechend seit Mai 2007 mit steigenden Mitarbeiterzahlen erfolgt. Wegen der besonderen Erfahrung der von der V. übernommenen Mitarbeiter im Bereich Backoffice seien vor allem diese Mitarbeiter in diesem Bereich eingesetzt worden. Dies sei stets, wie auch beim Kläger, auf eigenen Wunsch erfolgt, insbesondere wegen der günstigeren Schichtzeiten (nur zwei Schichten Montag bis Freitag) und der Arbeit an sich (nur schriftliche Beantwortung der Kundenanfragen). Die Vergütung und die materiellen Arbeitsbedingungen der von der V. übernommenen Mitarbeiter hätten sich im Custumer-Service-Bereich nicht als marktgerecht erwiesen. Deshalb habe die Beklagte zu 2) versucht, mit den Mitarbeitern abändernde arbeitsvertragliche Vereinbarungen zu schließen. Ein Großteil der Arbeitnehmer habe diese Vereinbarungen akzeptiert.

Grund für die Spaltung in die beiden Bereiche Backoffice und Callcenter seien zum Einen die Unterschiede in den fachlichen Bereichen und zum Anderen die beschränkte Einsetzbarkeit der Mitarbeiter, die die geänderten Arbeitsbedingungen mit mehr Flexibilität nicht akzeptiert hätten, im Backofficebereich. Die unterschiedlichen Tätigkeiten im Backofficebereich und im Callcenterbereich erforderten unterschiedliche betriebsorganisatorische Regelungen, wie z. B. Schichtplanung, Pausenregelung etc.. Es sei sachlich gerechtfertigt, Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Arbeitsbedingungen, wie Vergütung, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Jubiläumszuwendung, Urlaubstage, wöchentliche Arbeitszeit, Gleitzeitregelung, Schichtmodell, Bildschirmerholzeit, Zuschläge etc., auch dementsprechend unterschiedlich einzusetzen. Insbesondere könnten hierdurch Beeinträchtigungen des Betriebsfriedens vermieden werden. Den Arbeitnehmern werde durch die Ausgliederung auch kein Kündigungsschutz genommen, da nach wie vor eine Betriebsgröße vorliege, nach der nicht nur ein Betriebsrat gewählt werden könne, sondern eventuelle unternehmerische Maßnahmen auch der Mitbestimmung des Betriebsrates nach §§ 111, 112 BetrVG unterlägen.

Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, eine Sozialauswahl sei wegen kompletten Wegfalls aller operativen Tätigkeiten und Kündigung aller verbliebenen Arbeitnehmer entbehrlich. Ein gemeinsamer Betrieb bestehe nicht. Die vorsorglich durchgeführte Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Die Hauptanträge sind mit Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Februar 2013 (8 AZR 879/11) rechtskräftig entschieden.

Die Klage ist auch im Übrigen unbegründet. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 28. Januar 2010 hat das zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. August 2010 beendet. Die Kündigung ist als betrieblich veranlasste außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist wirksam.

Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 29. Januar 2010 bestand zwischen der klagenden Partei und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis. Das steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 21. Februar 2013 (8 AZR 879/11) fest.

Die Kündigung ist nicht bereits gemäß § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG unwirksam.

Die Beklagte zu 2) hatte die Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß eingeleitet und diesem mit E-Mail vom 20. Januar 2010 die Kündigungsgründe so detailliert dargestellt, dass dieser in der Lage war, sich ohne weitere Nachforschungen anzustellen, ein Bild von der Stichhaltigkeit der Kündigung zu machen. In der E-Mail (Bl. 71 f. der Akte) sind nicht nur die erforderlichen Sozialdaten mitgeteilt worden, sondern auch sämtliche für die Kündigung bedeutsamen Tatsachen. So fehlt nicht der Hinweis auf den besonderen Kündigungsschutz der klagenden Partei. Die Verpachtung des Beschäftigungsbetriebes der klagenden Partei ist beschrieben worden, der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die … … services E. GmbH ist mitgeteilt worden, die der Betriebsverpachtung vorhergehenden Entscheidungen sind auf Seite 2 der E-Mail aufgeführt, indem dort auf den Betriebsrat bekannte Tatsachen und Unterlagen Bezug genommen worden ist. Dies ist ausreichend. Die klagende Partei konkretisiert insoweit ihre Rüge der nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung auch nicht weiter.

Die Beklagte zu 2) ist jedenfalls so zu behandeln, als hätte sie die Kündigung nicht vor Ablauf der Äußerungsfrist ausgesprochen, weil sie einen eigenen Mitarbeiter als Boten mit der Überbringung der Kündigung beauftragt hat und somit jederzeit Zugriff auf den Mitarbeiter hatte, so dass sie im Zweifel noch die Zustellung der Kündigung hätte verhindern können.

Die Anhörung zur Kündigung ist dem Betriebsrat spätestens am 21. Januar 2010 zugegangen; zu diesem Zeitpunkt hat er die Anhörung auch tatsächlich zur Kenntnis genommen.

Die Kündigung ist zwar vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG, am 28.Januar 2010, gefertigt und unterschrieben, aber erst danach, am 29. Januar 2010, zugestellt worden.

Hat der Betriebsrat zu einer Kündigungsabsicht innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG keine Stellung genommen, so führt es nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn der Arbeitgeber bereits am letzten Tag der Äußerungsfrist die Kündigung gefertigt und auf den Weg an den zu kündigenden Arbeitnehmer gebracht hat, wenn er sicherstellt, dass er den tatsächlichen Zugang noch verhindern kann, sollte sich der Betriebsrat wider Erwarten doch noch zu Kündigungsabsicht äußern (BAG 8. April 2003, 2 AZR 515 / 02).

So ist es hier. Die Beklagte zu 2) hat die Kündigung vor Ablauf der Äußerungsfrist gefertigt. Unabhängig vom genauen Zeitpunkt der Übergabe des Kündigungsschreibens an den Boten hatte die Beklagte durch diesen Übermittlungsweg sichergestellt, jederzeit Zugriff auf den Ablauf des Zustellungsvorgangs zu haben. Anders als bei der Übergabe an einen Kurierdienst oder an ein Postunternehmen sind bei Übergabe an einen eigenen Mitarbeiter keine besonders hohen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, den Lauf der Zustellung des Kündigungsschreibens noch aufhalten zu können. Rechnet man den eigenen Mitarbeiter als Boten nicht ohnehin noch dem Macht- und Zugriffsbereich des Arbeitgebers zu, so hat jedoch der Arbeitgeber gewöhnlicherweise Zugang zu dem für ihn tätigen Arbeitnehmer, der als beauftragter Bote mit der Zustellung betriebliche Tätigkeit ausgeübt. Da Sinn der Anhörung des Betriebsrats bei einer Kündigung derjenige ist, dass gegebenenfalls der Arbeitgeber noch auf Einwendungen des Betriebsrats reagieren und von der Kündigung Abstand nehmen kann, ist dem Sinn genüge getan, wenn der Zustellvorgang noch jederzeit unterbrochen werden kann, um auf solche Einwendungen des Betriebsrates einzugehen (arg. aus BAGE aaO). Das hat die Beklagte zu 2) hier durch die von ihr konkret gewählte Übermittlungsform, die dann letztendlich erst zur Zustellung der Kündigung nach Ablauf der Äußerungsfrist des Betriebsrats führte, sichergestellt.

Die Kündigung ist auch im Übrigen gemäß § 626 BGB wirksam.

Sie war auf ihre Rechtswirksamkeit hin zu untersuchen, weil die klagende Partei rechtzeitig im Sinne des § 4 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hatte.

Die Kündigung ist der klagenden Partei am 29. Januar 2010 zugegangen. Die hiergegen gerichtete Klage ist am 19. Februar 2010, also innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG, beim Arbeitsgericht eingegangen und aufgrund richterlicher Verfügung vom 23. Februar 2010 der Beklagten zu 2) am 27. Februar 2010 zugestellt worden. Weil die Zustellung nicht von der Klägerseite verzögert worden ist, ist sie als demnächst im Sinne des § 167 ZPO anzusehen, so dass es in Ansehung einzuhaltender Klagefrist auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift, den 19. Februar 2010, ankommt.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG, 20. Juni 2013, 2 AZR 379/12). Der Arbeitgeber ist in diesem Falle in besonderem Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht auch nur irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAGE a. a. O.).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die Klagepartei ist ordentlich nicht kündbar. Die Klägerin genießt besonderen Kündigungsschutz gemäß § 10 Abs. 1 lit d) UTV i. V. m. § 7 Ziffer 2 b) TV Sonderregelungen i. V. m. § 26 Abs. 1 MTV. Sie war zum Zeitpunkt des Übergangs des Beschäftigungsbetriebes von der Deutschen Telekom AG auf die V. GmbH Mitglied der Gewerkschaft, welche das Tarifwerk mit der V. GmbH abgeschlossen hatte, so dass die Regelungen dieses Tarifwerkes, aus dem sich der besondere Kündigungsschutz ergibt, aufgrund beidseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fanden und später aufgrund des Betriebsüberganges auf die Beklagte zu 2) gemäß § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB als arbeitsvertragliche Regelung weiter galten. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war die Klägerin 47 Jahre alt und hatte damit das 42. Lebensjahr vollendet und war seit 19 Jahren dem Betrieb zugehörig. Da sie bereits am 30. September 1997 das 34. Lebensjahr vollendet hatte ist für das Vorliegen des besonderen Kündigungsschutzes für sie die Vollendung des 42. Lebensjahres maßgeblich.

Die Beklagte zu 2) hatte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, dem 29. Januar 2010, keinerlei sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeit für die klagende Partei und es war auch nicht absehbar, dass sich in Zukunft eine solche hätte ergeben können. Unstreitig betrieb die Beklagte zu 2) ab dem 1. Januar 2010 kein eigenes operatives Geschäft mehr. Die vormaligen Tätigkeiten, der Betrieb eines Callcenters mit Telefonarbeiten und sog. Backoffice Tätigkeiten, waren nicht mehr Gegenstand des Unternehmens. Diese beiden Bereiche waren komplett auf zunächst zwei eigenständige Betriebe übertragen worden, die dann an andere Gesellschaften verpachtet worden sind. Infolgedessen entfiel nicht nur der Bedarf an Mitarbeitern für diese Tätigkeiten, sondern auch der Bedarf für möglicherweise – die Parteien sind nur schwer zu bewegen, konkreten Sachvortrag zu halten – vorher durchgeführte Annextätigkeiten wie Personalführung, Lohnbuchhaltung und Ähnliches.

Unstreitig war Gegenstand des Unternehmens der Beklagten zu 2) im Kündigungszeitpunkt und fortan nur noch die Verpachtung ihrer beiden ehemaligen Betriebe. Zwar trägt die Beklagte trotz der dahingehend erteilten Auflage weiterhin nicht im Einzelnen konkret vor, welche Tätigkeiten genau in genau welchem Umfange hiermit verbunden waren. Gleichwohl kann die Kammer feststellen, dass die damit verbundenen Resttätigkeiten keinen Beschäftigungsbedarf bei ihr generieren, weil auch diese Tätigkeiten an eine andere Gesellschaft vergeben sind.

Die Beklagte zu 2) hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Tätigkeit, welche mit der Verpachtung der beiden Betriebe verbunden ist, aus der Kontrolle von automatisch vollzogenen Buchungen auf Basis der Pachtverträge besteht. Der genaue Umfang der noch zu erledigenden Tätigkeiten ist nicht bekannt. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie diese Tätigkeiten nicht selber durchführt, sondern hierüber einen Dienstvertrag mit der A. Services GmbH aus G. geschlossen hatte, aufgrund dessen diese Gesellschaft die notwendigen Arbeiten für sie erledigt. Die Kammer hat gemäß § 138 Abs. 3 ZPO diesen Sachvortrag Ihrer Entscheidungsfindung als unstreitig zu Grunde zu legen, weil die Klagepartei sich hierzu nicht erkennbar geäußert hat. Damit steht fest, dass diese Tätigkeit nicht bei der Beklagten zu 2) durchgeführt wird und deshalb diesbezüglich die Beklagte zu 2) kein Beschäftigungsbedarf hat.

Ein Beschäftigungsbedarf ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus der theoretischen Möglichkeit, dass die Beklagte zu 2) die klagende Partei im Wege einer „Personalgestellung“ an die Beklagte zu 1) überlässt. (a. A. Thüringer LAG, 16. Mai 2012, 4 Sa 56/11). Diese nicht näher definierte „Personalgestellung“ wäre in jedem Fall aus Sicht der Beklagten zu 1) ein sog. Fremdpersonaleinsatz, denn das Bestehen eines gemeinsamen Betriebes ist nicht dargelegt. Die Klagepartei behauptet dies schlagwortartig, ohne dies mit Tatsachen zu belegen. Fremdpersonaleinsatz ist hier denkbar als Arbeitnehmerüberlassung oder aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrages. Beide Varianten sind der Beklagten zu 2) nicht zumutbar.

Zum einen ist steht nicht fest, dass die tatsächliche Möglichkeit hierzu überhaupt besteht. Die Beklagte zu 2) benötigte für beide Varianten die Mitwirkung der Beklagten zu 1), welche die entsprechenden vertraglichen Abreden mit ihr treffen müsste. Ob und inwieweit die Beklagte zu 2) überhaupt in der Lage wäre, einen ihrerseits auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrages bestehenden Wunsch gegenüber der Beklagten zu 1) durchzusetzen, kann nicht festgestellt werden. Genügend genauer Vortrag zur konzernrechtlichen Verflechtung der Parteien, aufgrund dessen eine solche Durchsetzungsmöglichkeit denkbar wäre, gibt es nicht. Geschäftsführeridentität bei den Gesellschaften reicht der Kammer hierfür nicht aus. Die sich daraus ableitende faktische Möglichkeit zum entsprechenden Handeln ist nicht mit dem rechtlichen Dürfen gleichzusetzen.

Zum anderen sind beide Möglichkeiten unzumutbar.

Für die Möglichkeit einer Arbeitnehmerüberlassung ergibt sich das schon aus rechtlichen Bedenken. Das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG dürfte hier nicht greifen, weil die Klagepartei nur noch zum Zwecke der Überlassung eingestellt wäre. Diese müsste auch dauerhaft erfolgen, was ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG wäre. Eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat die Beklagte zu 2) auch nicht und aus den oben genannten Erwägungen heraus wäre die Erteilung einer solchen auch nicht zu erwarten. Die Rechtslage war zum Kündigungszeitpunkt nicht anders. Das Konzernprivileg gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG setze voraus, dass der überlassene Arbeitnehmer nur vorübergehend nicht bei seinem Arbeitgeber, hier der Beklagten zu 2), tätig gewesen wäre; hier wäre dies mit einer dauerhaften Überlassung an die Beklagte zu 1) nicht der Fall gewesen. Die Einfügung von Satz 2 in § 1 Abs. 1 AÜG sollte lediglich eine Klarstellung sein (BT-Drs. 17/4804 Seite 8). Schließlich ist ihr nicht zuzumuten, ihre Entscheidung nicht mehr operativ tätig zu sein, teilweise zu revidieren, um als Zeitarbeitsunternehmen tätig zu werden, damit für die Klagepartei ein Beschäftigungsbedarf generiert wird.

Die Übernahme von Tätigkeiten für die Beklagte zu 1) aufgrund von Dienst- oder Werkvertrag, um einen Einsatz der Klagepartei dort zu ermöglichen, ist schon aufgrund der Abgrenzungsschwierigkeiten zur Arbeitnehmerüberlassung und der damit verbundenen Risiken nicht zumutbar. Außerdem bedeutete auch dies die Revision ihrer Grundsatzentscheidung nicht mehr operativ tätig zu sein.

Die Berücksichtigung der weiteren Umstände des Falles und die Abwägung der Interessen beider Vertragsteile führen nicht zu dem Ergebnis, der Kündigung letztlich die Wirksamkeit zu versagen. Es lässt sich nicht feststellen, dass das Beschäftigungsinteresse der Klagepartei das Beendigungsinteresse der Beklagten zu 2) überwiegt. Das könnte der Fall sein, wenn die Beklagte zu 2) die zum Wegfall jeglichen Beschäftigungsbedürfnisses führende Situation in rechtsmissbräuchlicher Weise herbeigeführt hätte. Das lässt sich hier nicht feststellen.

Die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führenden unternehmerischen Entscheidungen unterliegen im Rahmen der Interessenabwägung einer Rechtsmissbrauchskontrolle.

Bei der im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB notwendigen Interessenabwägung sind die grundrechtlichen Belange beider Arbeitsvertragsparteien von Bedeutung und angemessen bei der Auslegung der Vorschrift und der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Art. 12 Abs. 1 GG schützt den Arbeitnehmer vor willkürlichen Verlust des Arbeitsplatzes, was bei der Auslegung kündigungsrechtlicher Normen und der vorzunehmenden Bewertungen im Rahmen dessen zu berücksichtigen ist (BVerfG 27. Januar 1998 -1 BvL 15/87). Demgegenüber steht die durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützte unternehmerische Freiheit, welche beinhaltet, das Unternehmen nach eigenem Willen zu organisieren und zu entscheiden, ob überhaupt ein Unternehmen betrieben werden soll, mit welchem Gegenstand dieses betrieben werden soll sowie mit welchen personellen und materiellen Ressourcen und in welcher Organisationsform (ähnlich BAG 20. Juni 2013, 2 AZR 379/12).

Die unternehmerische Freiheit ist dabei weder Schranken- noch grenzenlos. Es ist Gemeinplatz, dass ein Gericht nicht die Zweckmäßigkeit und Sinnhaftigkeit von unternehmerischen Entscheidungen überprüft. Die unternehmerische Freiheit findet allerdings da ihre Grenze, wo sie zweckentfremdet eingesetzt wird. Deshalb findet eine Kontrolle auf Rechtsmissbrauch statt (BAG 26.09.2002, 2 AZR 636/01; auch arg. aus BAG 20. Juni 2013, 2 AZR 379/12). Die Idee, dass ein Recht eingesetzt wird, nicht um seiner Ausübung willen, sondern um ein sonst nicht erreichbares Ziel zu erreichen, und die Idee, einer solchen Rechtsausübung Grenzen zu setzen, ist dem bürgerlichen Recht nicht fremd. So bestimmt § 226 BGB, dass die Ausübung eines Rechtes unzulässig ist, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. § 242 BGB verbietet unzulässige Rechtsausübung. Eine Schikane i.S. des § 226 BGB oder eine unzulässige Rechtsausübung i. S. des § 242 BGB liegt vor, wenn die Geltendmachung eines Rechts keinen anderen Zweck haben kann als die Schädigung eines anderen, wenn der Rechtsausübung kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt oder wenn das Recht nur geltend gemacht wird, um ein anderes, vertragsfremdes oder unlauteres Ziel zu erreichen (BGH 9. Juli 2007, II ZR 95/06). Eine rechtsmissbräuchliche kündigungsbegründende Unternehmerentscheidung kann demnach vorliegen, wenn die unternehmerische(n) Organisationsentscheidungen keinen anderen Sinn erkennen lassen, als die Möglichkeit zu schaffen, bestimmten Arbeitnehmern unter Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Normen zu kündigen (arg. aus BAG 26.9.2002, 2 AZR 636/01). Das Bundesarbeitsgericht hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber missbräuchlich handelt, der durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen seinen Betrieb in mehrere Teile aufspaltet, um Arbeitnehmern den allgemeinen Kündigungsschutz zu entziehen und ihnen „frei“ kündigen zu können (ausdr. BAG 26.9.2001, 2 AZR 636/01).

Dabei ist klarzustellen: Grundsatz ist, dass jedermann Rechte, die ihm zustehen, auch ausüben darf. Will man ausnahmsweise die Ausübung eines Rechts als unzulässig untersagen, bedarf dies gewichtiger Gründe im o. g. Sinne, die zweifelsfrei festgestellt werden können müssen. Ein Verdacht auf unlauteres Vorgehen, verbleibendes Unbehagen aufgrund späterer Bestätigung eigener Befürchtungen dahingehend, „dass alles so gekommen ist, wie man das schon immer geahnt hat“ oder auch die Feststellung, dass der Rechteinhaber Alternativen zur Vermeidung der für den Vertragspartner harten Folgen gehabt hätte, ohne dass er zur Nutzung der Alternativen etwa nach § 241 BGB oder aus sonst einem Rechtsgrund verpflichtet gewesen wäre, reichen hierfür nicht aus. Dabei ist ferner festzustellen: Tatsachenbehauptungen einer Partei, auch soweit sie der Darstellung der eigenen Motive zum Handeln dienen, sind grundsätzlich ernst zu nehmen und nicht als vorgeschoben abzutun.

Deshalb ist Rechtsmissbrauch nicht anzunehmen, wenn der unternehmerischen Gestaltung noch andere Motive zu Grunde liegen und objektiv noch andere nachvollziehbare Ziele feststellbar sind, als lediglich das, sich von bestimmten Arbeitnehmern trennen zu können.

Hieran gemessen, lässt sich nicht feststellen, dass die im Ergebnis zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses führenden Organisationsentscheidungen rechtsmissbräuchlich sind.

Die Klagepartei ist der Ansicht ein wie oben beschriebener Rechtsmissbrauch läge vor. Sie behauptet, die Beklagte zu 2) hätte lediglich einen Plan eines ehemaligen Partners ihres nunmehrigen Prozessbevollmächtigten umgesetzt, der allein darauf abziele, Arbeitnehmer mit hohem Besitzstand und gegebenenfalls besonderen Kündigungsschutz dennoch unter Umgehung der hierfür üblicherweise bestehenden Schutzmechanismen rechtswirksam kündigen können. Hierfür spricht der unstreitige äußere Geschehensablauf. Zunächst versuchte die Beklagte zu 2) ihre von der V. GmbH übernommenen Arbeitnehmer zu für diese nachteilhaften Vertragsänderungen zu bewegen. Nachdem einige Arbeitnehmer hierzu nicht bereit waren, trennte die Beklagte zu 2) die vormals gemeinsam durchgeführten Aufgaben in zwei Bereiche, ordnete nur diejenigen, die den Vertragsänderungen nicht zugestimmt hatten, einem Bereich zu, verselbstständigte diese Bereiche durch Bildung zweier selbstständiger Betriebe und verpachtete diese im Anschluss an zwei selbstständige Gesellschaften. Dadurch hatte die Beklagte zu 2) keinerlei Beschäftigungsbedarf mehr und wie sich im Nachhinein herausstellte, wurde die Gesellschaft mit den Arbeitnehmern, welche den Vertragsänderungen nicht zugestimmt hatten, später stillgelegt.

Gleichwohl kommt die Kammer im Ergebnis nicht zu der Feststellung, dass die hier in Rede stehende Kündigung oder auch nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klagepartei überhaupt, von Anfang an geplant und das einzige Ziel der gesamten unternehmerischen Maßnahmen war.

Der nach dem Hinweisbeschluss der Kammer vom 19.03.2014 von der Klägerseite konkretisierte Sachvortrag sowie die zwischen den Parteien unstreitigen Tatsachen rechtfertigen diese Feststellung nicht. Die vormals von der Klagepartei aufgestellte Behauptung, die Vorgehensweise der Beklagten zu 2) setze einen früher von Professor Dr. N. vorgestellten Plan um, ist ihrem eigenen Vorbringen nach nicht plausibel, weil hier erhebliche Abweichungen von diesem vorgestellten Plan vorliegen. Der von der Klagepartei angenommene Plan hätte darin bestanden, die Arbeitnehmer mit hohen Besitzständen in einer betrieblichen Einheit zusammenzufassen, was hier noch mit der Zuordnung der Arbeitnehmer, die den angebotenen Vertragsänderungen seinerzeit nicht zugestimmt hatten, zum Backofficebereich geschehen ist. Im Anschluss daran sah der von der Klagepartei referierte Plan vor, die andere betriebliche Einheit mit den Arbeitnehmern, welche den Vertragsänderungen zugestimmt hatten, auf eine eigenständige Gesellschaft auszugliedern und gerade nicht die betriebliche Einheit mit den Arbeitnehmern mit hohen Besitzständen. Die Begründung des Planes hierfür war, dass damit verhindert werden sollte, dass die Arbeitnehmer mit hohen Besitzständen dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Wege des Betriebsübergangs auf eine andere Gesellschaft widersprächen und sodann nachfolgend bei einer Kündigung ihren gegenüber den anderen Arbeitnehmern höheren Besitzstand rechtlich hätten geltend machen können.

Diesen Weg ist die Beklagte zu 2) erkennbar nicht gegangen. Der „Plan“ enthielt als wesentliches Element gerade eine Vorgehensweise, welche die Unwägbarkeiten eines möglichen Widerspruchs gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitnehmer mit hohem Besitzstand, von welchen man sich trennen wolle, ausschaltet. Durch die von der Beklagten zu 2) gewählte Konstruktion, beide geschaffenen betrieblichen Einheiten als eigenständige Betriebe auszugestalten und nachfolgend beide Betriebe auf eine eigenständige Gesellschaft übertragen, wird diese Unwägbarkeit nicht ausgeschlossen, sondern in Kauf genommen. Im Übrigen führte auch nicht die Zuordnung der Klagepartei zum Backofficebereich und die Verpachtung des Backofficebereichs an eine eigenständige Gesellschaft zur Kündigung, sondern erst der Widerspruch der Klagepartei gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die eigenständige Gesellschaft, der nach dem von der Klagepartei hier als umgesetzt angenommenen Plan gar nicht möglich gewesen wäre. Die Beklagte zu zwei hat damit Maßnahmen gewählt und umgesetzt, welche dazu führten, dass sie selbst keinerlei Beschäftigung bedarf mehr hatte. Sie konnte aber nicht als sicher einkalkulieren, dass die Arbeitnehmer, die sie nach der Behauptung der Klagepartei langfristig nicht behalten wollte, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die übernehmende Gesellschaft widersprechen und sie dann eine Kündigungsmöglichkeit hätte.

Zwar hätte auch der Plan der Beklagten zu 2), den sie hier stattdessen tatsächlich umgesetzt hat, zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer geführt, welche die angebotenen Vertragsänderungen nicht unterschrieben haben, weil die Beklagte zu 2) den Weg eines Betriebsüberganges gegangen ist und hiermit der Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber einhergeht.

Die Kammer kann aber nicht feststellen, dass dieser Betriebsübergang nur den Sinn gehabt hätte, die Betriebserwerberin später stillzulegen und abzuwickeln, um sich auf diese Weise insgesamt, gleichsam auf den Konzern bezogen, von diesen Arbeitnehmern zu trennen. Deshalb ist die Abweichung vom „N.-Plan“ beachtlich. Insofern kann die Kammer auch nicht nachvollziehen, dass hier die zu Gunsten der Klagepartei bestehende Schutznorm des § 613 a BGB in einer für sie nachteilhaften Weise eingesetzt wurde. Wenngleich sich aus der ex ante Betrachtung ergibt, dass die Betriebserwerberin, die … … services E. GmbH, tatsächlich später stillgelegt worden ist, führt dies nicht zu der sicheren Feststellung, dass dies schon im Zeitpunkt der Verpachtung des Betriebes durch die Beklagte zu 2) geplant gewesen war.

Hiergegen spricht, dass die Betriebserwerberin sich an Ausschreibungen beteiligt und versucht hat, ihr Geschäft profitabel aufrechtzuerhalten. Den entsprechenden Sachvortrag der Beklagten zu 2), der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2014 noch einmal konkretisiert worden ist, hat die Klagepartei nicht für die Kammer erkennbar genügend konkret bestritten. Allein dies als nicht ernst gemeint und vorgeschoben zu bezeichnen ersetzt keinen konkreten Sachvortrag und ist ohne, dass weitere, dies belegende Tatsachen hierzu vorgetragen werden, auch nicht geeignet, Entscheidungsgrundlage für ein Urteil zu sein. Hinzu kommt, dass für die auf die A. services E… GmbH übergehenden Arbeitnehmer ein zwölfmonatiger besonderer Kündigungsschutz in einer Betriebsvereinbarung vorgesehen war. Auch dies belegt jedenfalls nicht den unbedingten Abwicklungswillen hinsichtlich dieser Betriebserwerberin. Die mittelbar durch die Klägerseite erhobene Behauptung, die Beklagte zu 2) hätte wissen müssen, dass gerade die Zusammenfassung der Arbeitnehmer, welche den Vertragsänderungen nicht zugestimmt haben, in einer betrieblichen Einheit dazu führen werde, dass diese kaum auf Dauer profitabel aufrechtzuerhalten sei, belegt allenfalls, dass die Beklagte zu 2) mit ihren Versuchen von Vertragsänderungen – unabhängig von deren rechtlicher Durchsetzbarkeit – wirtschaftlichen Erwägungen gefolgt ist, die sich im Ergebnis als zutreffend erwiesen haben. Die Annahme, ein Arbeitgeber sei nicht gewillt, auf Dauer eine nicht profitable Einheit weiterzubetreiben, ist nahe liegend; einen unbedingten Abwicklungswillen der Beklagten zu 2) im Hinblick auf die Backofficeeinheit belegt dies noch nicht mit hinreichender Sicherheit. Hierzu müsste man weiter unterstellen, dass die Beklagte zu 2) bzw. die spätere Betriebserwerberin nie vorgehabt hätte, die Gesellschaft bzw. dem Backofficebereich weiter zu betreiben und dass man den entgegenstehenden Vortrag der Beklagten zu 2) als unzutreffend und damit vorgeschoben betrachtet. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

In diesem Zusammenhang erlangt dann auch die von der Klagepartei behauptete Äußerung des seinerzeitigen Geschäftsführers der Beklagten zu 2), man kenne Wege die Arbeitnehmer, welche den Vertragsänderungen nicht zugestimmt hatten, los zu werden, ein anderes Gewicht. Ein Hinweis auf eine beabsichtigte Stilllegung des Backofficebereichs ist hierin nicht zwingend zu sehen.

Damit kann die Kammer nicht feststellen, dass das Handeln der Beklagten zu 2) von vornherein allein und ausschließlich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klagepartei, entweder durch die Betriebserwerberin oder sie selbst gerichtet gewesen ist.

Die Kammer kann auch nicht im Übrigen feststellen, dass eine der zum Wegfall der Beschäftigungsbedürfnisses bei der Beklagten zu 2) führenden Organisationsmaßnahmen für sich betrachtet oder auch in einer Gesamtschau betrachtet rechtlich unzulässig oder rechtsmissbräuchlich wäre.

Soweit die Beklagte zu 2) die vormals bei ihr in einer Einheit durchgeführten Aufgaben zunächst getrennt und zwei Bereiche gebildet hat, die Sie sodann zu eigenständigen Betrieben ausgestaltete, ist dies nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte zu 2) seinerzeit nach Bildung der verschiedenen Bereiche die Klagepartei dem so genannten Backofficebereich zugeordnet hat, hat bereits das Bundesarbeitsgericht in der zurückverweisenden Entscheidung festgestellt, dass hinreichend konkreter Sachvortrag dazu, dass diese Maßnahme billigem Ermessen nicht entsprochen hätte, von der Klagepartei nicht gehalten worden ist. Das Bundesarbeitsgericht hat in derselben Entscheidung festgestellt, dass die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme auch nur bezogen auf diesen Zeitpunkt festgestellt werden kann und später keine Revision oder Neuvornahme der Zuordnungsentscheidung zu erfolgen hat.

Soweit die Klagepartei meint, ausgerechnet die Zusammenfassung der Mitarbeiter, welche die Vertragsänderungen nicht akzeptiert hatten, also die für die Beklagte zu 2) deutlich teureren Arbeitnehmer in einer Einheit zusammenzufassen sei unplausibel und unwirtschaftlich und könne nur das Ziel gehabt haben, diese Einheit zu einem späteren Zeitpunkt abzuwickeln und sich somit von diesen Arbeitnehmern endgültig zu trennen, stellt dies nur eine mögliche Sichtweise dar, die sich allerdings nicht mit hinreichender Sicherheit als tatsächlich gegeben feststellen lässt. Die Beklagte zu 2) trägt hierzu unter anderem vor, dass die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den betrieblichen Einheiten unter anderem den Sinn gehabt habe, nicht innerhalb eines Bereiches zu stark unterschiedliche Arbeitsbedingungen zu haben, weil dies geeignet sei, den Betriebsfrieden zu stören. Es ist nicht ersichtlich, warum man diesen Vortrag, wie die Klagepartei dies offenbar mit fast allen Erwägungen der Beklagten zu 2) handhabt, nicht ernst nehmen sollte und der Beklagten zu 2) unterstellen sollte, sich irgendwelche Argumente, die tatsächlich keine Rolle spielten, aus den Fingern zu saugen und vorzuschieben, um eine eigentliche unlautere Absicht hinter ihren Handlungen zu verschleiern. Auf die unterschiedlichen Behauptungen zu den Arbeitsbedingungen im Einzelnen kommt es dabei nicht an. Schon die unstreitig deutlich bessere Bezahlung einiger Arbeitnehmer, welche dieselben Tätigkeiten wie andere Arbeitnehmer verrichten, bergen durchaus abstrakt die Gefahr des Unmuts innerhalb der Belegschaft und des Unfriedens. Die Beklagte zu 2) kann nicht darauf verwiesen werden abzuwarten oder auszuprobieren, ob sich diese abstrakte Gefahr verwirklicht oder nicht. Es ist jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich zu versuchen, dieser abstrakten Gefahr von vornherein zu begegnen.

Soweit die Beklagte zu 2) die dann als selbstständige Betriebe ausgestalteten Bereiche durch Verpachtung an zwei eigenständige Gesellschaften ausgegliedert hat, ist auch diese Maßnahme nicht zu beanstanden. Sie kann schon deshalb nicht allein zielgerichtet darauf gewesen sein, selbst Arbeitnehmer mangels Beschäftigungsbedarfs kündigen zu können, weil nach dem Plan der Beklagten zu 2) sämtliche Arbeitnehmer auf die anderen Gesellschaften übergegangen wären. Nur durch den Widerspruch der Klagepartei gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin kam die Beklagte zu 2) in die Notwendigkeit eine Kündigungsmöglichkeit zu prüfen und letztendlich die Kündigung auszusprechen. An rechtsmissbräuchliches Verhalten wäre in dem Zusammenhang allenfalls zu denken, wenn seitens der Beklagten zu 2) geplant und beeinflussbar gewesen wäre, die Betriebserwerberin von vornherein einer Stilllegung zuzuführen. Dass sich dies nicht feststellen lässt, hat die Kammer oben bereits ausgeführt. Im Übrigen trägt die Beklagte zu 2) unwidersprochen vor, dass die Bildung eigenständiger Gesellschaften für einzelne Tätigkeitsbereiche und Standorte grundsätzliches Organisationsprinzip des B.-konzerns sei, dem im weitesten Sinne die Beklagte zu 2) angehört. Dies solle die Eigenverantwortlichkeit des leitenden Personals stärken und somit einerseits Verantwortung zuweisen als auch einfordern, indem die Verantwortung für Erfolg und Misserfolg eines Bereichs dadurch erkennbar wird.

Betrachtet man die Maßnahmen insgesamt, so ist mitnichten die Kündigung der Klagepartei und mit ihr der Arbeitnehmer, welche die Vertragsänderungen nicht akzeptiert hatten, der einzige erkennbare Sinn. Im Ergebnis lassen die Maßnahmen deutlich werden, welcher Bereich profitabel ist und welcher nicht und beenden die Quersubventionierung des unprofitablen Bereich durch den profitablen Bereich. Eine andere Mischung des Personals hätte möglicherweise die Aufrechterhaltung auch der Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, welche den Vertragsänderungen nicht zugestimmt hatten, ermöglicht, jedoch zu Lasten der Profitabilität des offenbar profitablen Telekommunikationsbereichs. Zu einer betrieblichen Organisation, in der Arbeitnehmer mit schlechteren Arbeitsbedingungen durch Quersubventionierung die besseren Arbeitsbedingungen anderer ermöglichen, ist die Beklagte zu 2) nach Auffassung der Kammer rechtlich nicht verpflichtet. Es handelt sich dabei nicht um eine kündigungvermeidende Maßnahme, zu der die Beklagte zu 2) im Hinblick auf den besonderen Kündigungsschutz der Klagepartei verpflichtet gewesen wäre. Es sind nicht genügend Tatsachen feststellbar, dass Kündigungen oder eine komplette Stilllegung aller Bereiche dadurch hätten vermieden werden können; hierzu fehlt es an konkreten Anhaltspunkten. Eine andere Organisation, die hier im Ergebnis zum Arbeitsplatzverlust für die Klageparte führt, ist jedenfalls nicht willkürlich oder rechtsmissbräuchlich.

Die Abwägung der weiteren erkennbaren Interessen führt nicht dazu, dass dem Beschäftigungsinteresse der Klagepartei der Vorrang vor den Interessen der Beklagten einzuräumen wäre. Die soziale Situation des Klägers sowie seine Chancen am lokalen Arbeitsmarkt führen dazu, dass der Verlust des Arbeitsplatzes ihn hart trifft. Zum Kündigungszeitpunkt war die Klägerin 47 Jahre alt und mit einer Betriebszugehörigkeit von ca. 19 Jahren tief im Arbeitsverhältnis und im Betrieb verwurzelt. Weder Lebensalter, Betriebszugehörigkeit oder die schweren Bedingungen im örtlichen Arbeitsmarkt führen letztlich dazu, der Beklagten zu 2) zuzumuten, ein Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten, für das kein Inhalt erkennbar ist und welches lediglich in der Fortzahlung von Entgelt ohne Gegenleistung bestünde.

Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist hier gewahrt, weil es sich bei der betrieblichen Situation, welche hier die außerordentliche Kündigung rechtfertigt, um einen sog. Dauertatbestand handelt.

Die zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen bei betrieblich veranlassten außerordentlichen Kündigungen einzuhaltende soziale Auslauffrist, die der Kündigungsfrist entsprechen muss, hat die Beklagte zu 2) eingehalten.

Die Klagepartei hat sowohl die Kosten ihrer insgesamt erfolglosen Berufung als auch des Revisionsrechtszuges zu tragen (§ 91 ZPO). Die Kammer hat sich für eine dies klarstellende Formulierung des Tenors entschieden.

Die Kammer hat die Revision zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

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