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Betriebsbedingte Kündigung – Organisationsentscheidung des Arbeitgebers

ArbG Hamburg – Az.: 25 Ca 28/11 – Urteil vom 09.08.2011

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12. Januar 2011 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 16.091,24 brutto abzüglich € 2.928,30 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 6.332,64 brutto abzüglich € 885,30 netto seit dem 01. März 2011 sowie aus € 9.768,60 brutto abzüglich € 2.034,00 netto seit dem 01. April 2011 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Der Kläger hat 63% und die Beklagte hat 37% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Der Streitwert wird auf € 93.338,28 festgesetzt.

6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit zweier Kündigungen, Weiterbeschäftigung, Annahmeverzugsvergütung sowie Zahlungsansprüche des Klägers aus einer Zielvereinbarung der Parteien.

Die Beklagte, die ständig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, bietet IT-Lösungen für die Versicherungswirtschaft an. Alleiniger Aktionär und zugleich größter Bestandskunde der Beklagten ist die W. Allgemeine Versicherung AG. Weiterer Bestandskunde der Beklagten ist jedenfalls die L..

Der verheiratete Kläger war seit dem 1.9.2009 aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 15.7.2009 (Anlage K 1, Bl. 4 ff. d.A.) als „Key Account Manager/Partnerbusiness“ Channel im Bereich Vertrieb zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von durchschnittlich 7.164,00 EUR beschäftigt.

Die Parteien vereinbarten in § 4 des Arbeitsvertrages unter der Überschrift „Vergütung“ in Ziffer 2:

„(…) Bei Erreichen von im Voraus von der intersoft AG festzulegenden und jährlich genau definierten einzelnen Arbeitszielen nebst entsprechender Messkriterien hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung (Provision). Die Höhe der Provision beträgt € 30.000,– bei einer hundertprozentigen Erfüllung der Zielvorgabe, Über- oder Unterschreiten der Zielvorgabe verringert oder vergrößert die Provision entsprechend. (…)“

Am 5.3.2010 schlossen die Parteien einen mit „Anlage I. zum Arbeitsvertrag Persönliche Provisionsvereinbarung 2010 für Herrn Ko.“ überschriebenen von beiden Parteien unterzeichneten Zusatz zum Arbeitsvertrag. Dieser lautet auszugsweise:

„Zeitraum:

01.01.2010 – 31.12.2010

Jahresgrundgehalt: € 70.000,00

Variables Gehalt bei 100% Zielerreichung: € 35.000,00

Jahreszielgehalt: € 105.000,00

Vorgabe 100% Zielerreichung AE: € 3.000.000,00

entspricht Provisionssatz vom AE: 1,17%

Vertriebsgebiet:

siehe Anlage II.

Das Jahresziel des Arbeitnehmers beträgt 3,0 Mio. EUR Auftragseingang (AE). (…) Bei einem Über- oder Unterschreiten der Zielvorgabe verringert oder vergrößert sich die Provision entsprechend. (…)

Diese Provisionsvereinbarung ersetzt alle bisherigen Provisionsvereinbarungen ersatzlos, sie endet zum 31.12.2010, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf. (…)“

Neben dem Kläger waren im Bereich Vertrieb noch drei weitere Key Account Manager sowie zwei Senior Sales Manager beschäftigt. Die Zusatzbezeichnung „Channel“ steht für die Konzentration auf die Gewinnung und das Management von Neukunden auf der Vertriebspartnerseite. Vorgesetzter der Key Account Manager und der Senior Sales Manager war der sog. Direktor Vertrieb.

Der Bestandskunde W. Allgemeine Versicherung AG wird bei der Beklagten nicht durch den Vertrieb sondern durch die Organisationseinheit „Projekt W.“ betreut.

Im Jahr 2010 erreichte der Kläger insgesamt einen Umsatz von 247.800,00 EUR. Das entspricht einem Zielerreichungsgrad von 8,26% gemessen an der Zielvorgabe von 3.000.000,00 EUR. Die Beklagte zahlte an den Kläger 7.889,32 EUR brutto als Provision für das Jahr 2010 aus.

Mit Schreiben vom 12.1.2011 (Anlage K 2, Bl. 14 d.A.) sprach die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 15.2.2011 aus.

Mit Schreiben vom 12.5.2011 (Anlage K 10, Bl. 84 d.A.) sprach die Beklagte eine weitere Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 15.6.2011 aus.

Für den Monat Februar erhielt der Kläger 885,30 EUR Arbeitslosengeld und für den Monat März einen Betrag von 2.043,00 EUR.

Mit seiner am 12.1.2011 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Kündigungsschutzklage, der Beklagten am 18.1.2011 zugestellt, nebst Klageerweiterungen, macht der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Kündigungen geltend und verlangt Weiterbeschäftigung und Annahmeverzugsvergütung für die Monate Februar und März 2011 sowie die Zahlung von Schadensersatz wegen einer unrealistischen Zielvorgabe der Beklagten an den Kläger für die variable Vergütung.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe die Funktion einer ausgelagerten IT-Abteilung für die W. Allgemeine Versicherung AG. Weiterer Bestandskunde der Beklagten sei die D. (S. I.).

Die Kündigung vom 12.1.2011 habe das Arbeitsverhältnis nicht wirksam zum 15.2.2011 beendet. Diese Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt.

Die von der Beklagten behaupteten Umsatzzahlen seien zum einen nicht nachzuvollziehen. Die vorgetragenen Zahlen aus 2009 stimmten beispielsweise nicht mit der Gewinn- und Verlustrechnung 2009 überein. Zum anderen habe die Beklagte für das Kalenderjahr 2011 bereits einen Verlust von 7 Mio. EUR eingeplant.

Der von der Beklagten als Anlage B 1 (Bl. 53 d.A.) zur Gerichtsakte gereichte Vorstandsbeschluss vom 20.12.2010 sei anders als üblich gestaltet. Dessen ordnungsgemäßes Zustandekommen und die ordnungsgemäße Ladung zur Vorstandssitzung seien zu bestreiten.

Wie eine Mail vom 29.12.2010 an die Belegschaft belege, habe das Vorstandsmitglied Fe. mit sofortiger Wirkung die Leitung des Vertriebes übernommen (Anlage K 11, Bl. 144 d.A.), die von der Beklagten behauptete unternehmerische Entscheidung vom 20.12.2010 sei folglich nicht getroffen worden.

Der Arbeitsplatz des Klägers für den Bereich Channel sei auch nicht weggefallen. Auf ihrer Homepage werde jedenfalls am 23.4.2011 der Channel-Vertriebspartner Ca. noch benannt (Anlage K 7, Bl. 63 d.A.). Noch am 17.7.2011 führe die Beklagte auf ihrer Homepage weitere Vertriebspartner auf (Anlage K 10, Bl. 143 d.A.).

Die Beklagte habe auch nicht den Vertriebsbereich mit der behaupteten unternehmerischen Entscheidung vom 20.12.2010 auf einen Zustand vor der Vertriebserweiterung ausgebaut. Die Beklagte habe zuvor 4 Vertriebsmitarbeiter und nicht – wie von der Beklagten behauptet – lediglich drei Vertriebsmitarbeiter beschäftigt.

Die Beklagte habe die genannten Unternehmerentscheidung nicht ohne Mehrarbeit anderer Vertriebsmitarbeiter umsetzen können, wie auch insbesondere der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung B 8 (Bl. 120 ff. d.A.) zu entnehmen sei. Danach sei im März 2011 Mehrarbeit geleistet worden.

Die Beklagte hätte den Kläger als Personalreferent anderweitig beschäftigen können. Für eine solche von der Beklagten ausgeschriebene Stelle sei er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in Führungspositionen, welche durch seine Zeugnisse (Anlage K 13 bis K 17, Bl. 146 ff. d.A.) belegt sei, jedenfalls nach einer angemessenen Fortbildungs- und Einarbeitungszeit hinreichend qualifiziert. Die von der Beklagten eingestellte Bewerberin Ge. erfülle die von der Beklagten in der Ausschreibung genannten Anforderungen nicht.

Die Beklagte habe zudem die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt. Er – der Kläger – sei gegenüber der Mitarbeiterin Be. schutzwürdiger. Er sei – unstreitig – 11 Jahre älter und weise eine 4 Monate längere Betriebszugehörigkeit auf. Außerdem sei er seiner Ehefrau, welche ihrer Tätigkeit als Fotografin nur mit wirtschaftlichen Verlusten nachgehe, gegenüber zum Unterhalt verpflichtet.

Die Kündigung vom 12.5.2011 habe das Arbeitsverhältnis nicht wirksam zum 15.6.2011 beendet. Diese Kündigung sei ebenfalls sozial nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte trage widersprüchlich vor, wenn sie zum einen behauptet, der Vertrieb sei eingestellt worden, zum anderen aber mitteilt, es würden weiterhin Bestandskunden betreut. Der Vertrieb sei tatsächlich nicht eingestellt worden. Im Übrigen sei die Beklagte bereits zuvor verpflichtet gewesen, dem Kläger den Arbeitsplatz als Personalreferent anzubieten. Von der Einstellung des Vertriebes wäre der Kläger dann auch nicht betroffen gewesen.

Die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger aus Annahmeverzugsgesichtspunkten die Vergütung für den Zeitraum vom 16.2.2011 bis zum 31.3.2011 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes zu zahlen. Der Kläger habe einen Jahresverdienst von 117.223,16 EUR brutto und damit einen durchschnittlichen Monatsverdienst in Höhe von 9.768,60 EUR brutto, welcher der Berechnung der Annahmeverzugsberechnung zugrunde zu legen ist.

Darüber hinaus sei die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet.

Die Beklagte sei außerdem dazu verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2010 als Schadensersatz einen Betrag von 27.110,68 EUR brutto zu zahlen. Dabei handele es sich um den das variable Gehalt bei 100% Zielerreichung von 35.000,00 EUR brutto abzüglich der gezahlten 7.889,32 EUR brutto.

Die von der Beklagten am 5.3.2010 vorgegebenen Ziele eines Umsatzes vom 3 Mio. EUR seien vom Kläger realistisch nicht zu erreichen gewesen. Der Vertrieb im Bereich konzernfremder Unternehmen sei auch in der Vergangenheit nicht erfolgreich gewesen. Die Beklagte habe dem Kläger die Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 auch vorgegeben. Diese sei für den Kläger nicht verhandelbar gewesen. Der Kläger habe darauf vertraut, dass es sich dabei um eine realistische Zielvorgabe handele. Dies sei nicht der Fall gewesen; die Zielvorgabe habe nicht der Billigkeit nach § 315 BGB entsprochen.

Die Vereinbarung vom 5.3.2010 habe die Regelung in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages auch nicht wirksam ersetzt. Die insoweit in der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 enthaltene Ersetzungsklausel sei als solche nicht erkennbar und überraschend gewesen.

Dem Kläger stehe für das Jahr aus denselben Erwägungen anteilig ein Betrag in Höhe von 2.916,66 EUR brutto für den Monat Januar 2011 zu. Die Beklagte habe den Kläger im Januar 2011 freigestellt und damit die Möglichkeit genommen, im Januar 2011 provisionspflichtigen Umsatz für die Beklagte zu erbringen.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 12.01.2011 zum 15.02.2011 aufgelöst wird, sondern darüber hinaus fortbesteht;

2. die Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 15.02.2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Vertriebsbeauftragter weiter zu beschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 27.110,68 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.916,66 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.091,24 EUR brutto abzüglich 2.928,30 EUR netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz auf 6.322,64 EUR brutto abzüglich 885,30 EUR netto seit dem 01.03.2011 und auf 9.768,60 EUR brutto abzüglich 2.043,00 EUR netto seit dem 01.04.2011 zu zahlen;

6. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 12.05.2011 zum 15.06.2011 aufgelöst wird, sondern darüber hinaus fortbesteht;

7. die Beklagten zu verurteilen, den Kläger über den 15.06.2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Vertriebsbeauftragter weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 12.1.2011 aus betriebsbedingten Gründen wirksam zum 15.2.2011 beendet worden. Aufgrund des negativen Betriebsergebnisses in den Jahren 2007 und 2008 habe die Beklagte ab Mitte 2009 gezielt ihren Vertrieb ausgebaut. In diesem Bereich habe die Beklagte im Jahr 2008 3 Vertriebsmitarbeiter beschäftigt. Ab dem 1.7.2009 habe die Beklagte einen Vertriebsleiter und drei weitere Mitarbeiter – unter anderem den Kläger – neu eingestellt. Die Beklagte habe geplant, dadurch erheblich gesteigerte Umsätze im Neukundengeschäft zu erwirtschaften. Ende 2010 habe die Beklagte festgestellt, dass sich die gesetzten Vertriebsziele nicht umsetzen ließen. Eine Besserung sei nicht in Sicht gewesen.

Die Beklagte habe daher am 20.12.2010 im Rahmen eines Vorstandbeschlusses die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Bereich Vertrieb durch den Abbau des Direktors Vertrieb und Marketing, die Management-/Vertriebsassistentin, einen Key Account Manager Channel sowie zwei Arbeitsplätze mit der Bezeichnung Key Account Manager bzw. Senior Sales Manager zu verkleinern (Anlage B 1, Bl. 53 d.A.). Die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter sollte von 6 auf 3 reduziert und die Leitungsfunktion direkt vom Vertriebsvortand wahrgenommen werden. Der Vorstandsbeschluss vom 20.12.2010 sei ordnungsgemäß zustande gekommen.

Die Firma Ga. sei am 23.4.2011 auch nicht mehr Channel-Vertriebspartner der Beklagten gewesen. Die Aufführung auf der Homepage der Beklagten zu diesem Zeitpunkt sei allein dem Umstand geschuldet, dass die Beklagte mit diesem Unternehmen ein im April 2011 bereits zum 30.6.2011 gekündigtes sog. Memorandum Of Understanding verbunden habe. Bereits am 31.5.2011 sei der Hinweis auf dieses Unternehmen auf der Homepage der Beklagten nicht mehr vorhanden gewesen (Anlage B 2, Bl. 91 d.A.).

Die Homepage der Beklagten habe am 17.7.2011 keine Vertriebspartner sondern solche Unternehmen benannt, deren Technologie die Beklagte einsetze.

Mit der Umsetzung dieser Entscheidung sei für den Bereich Vertrieb der Zustand vor der Vertriebserweiterung im Jahr 2009 wieder hergestellt worden. Die Umsetzung sei für die Beklagte auch ohne weiteres – insbesondere ohne überobligatorische Leistungen anderer Arbeitnehmer – umsetzbar gewesen. Sowohl vor als auch nach Zugang der Kündigung vom 12.1.2011 habe sich bei den Vertriebsmitarbeitern keine Mehrarbeit ergeben, wie die Kontoentwicklung der verbliebenen Vertriebsmitarbeiter ergebe (Anlage B 8, Bl. 120 d.A.). Lediglich im März 2011 sei es aufgrund der Vielzahl von Arbeitstagen in diesem Monat zu einer höheren Sollarbeitszeit gekommen.

Vom Arbeitsbereich des Klägers habe die Beklagte nach Ablauf der Kündigungsfrist zum 15.2.2011 auch keine Arbeiten auf andere Beschäftigte verteilen müssen. Es habe keine unerledigten Arbeiten oder Daueraufgaben gegeben. Die vom Kläger zwischen dem 30.8.2010 und dem 3.9.2010 in Auftrag gegebene Interessentenliste sei vom Kläger nicht weitergeführt worden. Aus der Liste sog. potenzieller Accounts sei es nur mit der Firma Ca. zu einem sog. Memorandum Of Understanding gekommen, welches zum 30.6.2011 jedoch wieder beendet worden sei. Es habe weiter nichts zu erledigen gegeben.

Die Betreuung von Kunden des Klägers aus dessen früherem Zuständigkeitsbereich sei mit keinem Aufwand verbunden. Der Kläger habe in 2010 dazu lediglich 6 Dienstreisen unternommen, die jeweils ca. 1 bis 2 Tage andauerten. Zum Teil hätten diese Reisen inzwischen erledigte Kontakte und in einem Fall einen Seminarbesuch und in einem weiteren eine Messe betroffen. Diese Dienstreisen wiederholten sich nicht.

Der Kläger habe in 2010 in Vertrauensarbeitszeit gearbeitet. Seine Tätigkeit für die Beklagte habe er nicht dokumentiert. Er habe zuletzt praktisch nichts mehr zu tun gehabt. Ein weiter zu betreuendes Arbeitsvolumen habe es nicht gegeben.

Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger auf der Stelle eines Personalreferenten zu beschäftigen. Wie sich aus der Stellenbeschreibung (Anlage B 4, Bl. 95) ergebe, habe die Beklagte ein abgeschlossenes Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Personal und eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung im Personalmanagement gefordert. Über derartige Qualifikationen verfüge der Kläger nicht. Die von der Beklagten schließlich eingestellte Bewerberin weise jedenfalls ein abgeschlossenes einschlägiges Hochschulstudium sowie die entsprechende Berufserfahrung auf (Anlage B 7, Bl. 117 ff. d.A.).

Die Sozialauswahl sei auch nicht zu beanstanden. Im Vergleich mit Frau Be. weise der Kläger lediglich eine geringfügig längere Betriebszugehörigkeit auf. Ausschlaggebend sei für die Beklagte im Vergleich zum Lebensalter des Klägers gewesen, dass die verwitwete Mitarbeiterin Be. als Alleinverdienerin 2 Kinder zu unterhalten habe. Die Ehefrau des Klägers sei eine erfolgreiche Fotografin. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen insoweit nicht fehlerhaft ausgeübt.

Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis aufgrund der betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 12.5.2011 zum 15.6.2011 rechtswirksam beendet worden. Am 2.5.2011 habe der Vorstand beschlossen, den Bereich Vertrieb aufzulösen (Anlage B 5, Bl. 115 d.A.).

Diese Entscheidung sei unmittelbar nach Beschlussfassung umgesetzt worden.

Die Vertriebsmitarbeiterin Be. sei bei der Beklagten ausgeschieden. Marketingaufgaben seien zusammen mit den Bereichen Kommunikation und Projekte unter der Leitung des Vorstandsmitgliedes Fe. gefasst worden (Anlage B 6, Bl. 116 d.A.).

Der Vertriebsmitarbeiter Be. sei in den Innendienst auf einen Arbeitsplatz als Sachbearbeiter Sales Support in der Bestandskundenbetreuung versetzt worden und wirke außerdem in einem Teilprojekt des Unternehmensprojektes „wi.“ mit. Herr Be. sei auch sozial schutzwürdiger als der Kläger.

Der Vertriebsmitarbeiter Ku. sei auf die Funktion eines Projektmanagers Kranken, in welcher er Bestandskunden im Bereich Krankenversicherung betreue, übernommen worden. Auch er sei sozial schutzwürdiger als der Kläger.

 

Die Bestandskundenbetreuung sei nicht dem Bereich Vertrieb zuzuordnen. Im Übrigen sei der Kläger für die jeweils neuen von den Herren Be. und Ku. übernommenen Aufgabenbereiche nicht ausreichend qualifiziert.

Die Aufgaben des Vertriebsaußendienstes würden zukünftig vom Vorstand wahrgenommen. Die Beklagte beschäftige keine Vertriebsmitarbeiter mehr.

Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Vereinbarung über die Zahlung einer variablen Vergütung zu. Die Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 sei nach interner Abstimmung mit dem Kläger vereinbart worden. Die vereinbarten Ziele seien auch nicht unrealistisch gewesen.

Die Provisionsvereinbarung sei auch weder unbillig noch – insbesondere hinsichtlich der Ersetzungsregelung – unklar. Alle vom Kläger in 2010 getätigten Umsätze seien nach Maßgabe der Provisionsvereinbarung verprovisioniert worden. In 2011 habe der Kläger keine Umsätze für die Beklagte mehr erbracht.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die Klage hat nur teilweise Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die Kündigung vom 12.1.2011 zum 15.2.2011 sondern erst durch die Kündigung der Beklagten vom 12.5.2011 zum 15.6.2011 beendet worden. Der Kläger hat einen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum 16.2.2011 bis 31.3.2011. Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

Die Entscheidung beruht auf den nachfolgend kurz zusammengefassten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 3 ZPO).

I.

Die Klage ist zulässig.

Soweit der Kläger in seinen Feststellungsanträgen zu 1) und zu 6) jeweils die zusätzliche Formulierung gewählt hat „sondern darüber hinaus fortbesteht“ handelt es sich dabei mangels gesonderter Begründung nicht um einen – unzulässigen – allgemeinen Feststellungsantrag sondern um einen unbeachtlichen Annex.

II.

Die Klage ist nur zum Teil begründet.

1. Der Feststellungsantrag zu 1) ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12.1.2011 mit Wirkung zum 15.2.2011 rechtswirksam beendet worden. Diese Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt.

a) Die Kündigung vom 12.1.2011 gilt nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung mit seiner am 12.1.2011 beim Arbeitsgericht Hamburg vorab per Fax eingegangenen und der Beklagten am 18.1.2011 zugestellten Klage innerhalb der Frist von 3 Wochen ab Zugang im Sinne von § 4 KSchG geltend gemacht. Zwar hat der Kläger nicht vorgetragen, an welchem Tag ihm diese Kündigung zugegangen ist. Er hat die Kündigungsschutzklage aber bereits am Tag der Ausstellung der Kündigung eingereicht. Dass dem Kläger die Kündigung vom 12.1.2011 vor dem 12.1.2011 zugegangen ist, hat die Beklagte nicht behauptet.

b) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die die Vorschriften über den allgemeinen Kündigungsschutz des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes wegen der Betriebszugehörigkeitsdauer des Klägers und der Betriebsgröße der Beklagten Anwendung, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG. Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger bedarf eines die Kündigung rechtfertigenden Grundes, § 1 Abs. 2 KSchG. Die Beklagte hat als Arbeitgeberin darzulegen, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung der Klägerin bedingen. Außerdem muss die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen. Letztlich sind die Kriterien der Sozialauswahl sowie eine etwaig bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu geänderten Arbeitsbedingungen zu beachten, § 1 Abs. 2 und 3 KSchG.

Die Beklagte hat dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger nicht dargelegt. Sie stützt die Kündigung vom 12.1.2011 auf ihre Entscheidung vom 20.12.2010, den Vertriebsbereich, wo der Kläger bei der Beklagten beschäftigt worden ist, mit Wirkung zum 1.1.2011 von 6 auf 3 Vertriebsmitarbeiter zu verkleinern, um auf diese Weise den personellen Stand vor der Erweiterung des Vertriebsbereiches im Jahr 2009 wieder zu erhalten.

(1) Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist dagegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG, 10.7.2008, 2 AZR 1111/06, AP Nr. 181 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (BAG, 18.3.2010, 2 AZR 337/08 Juris; BAG, 10.7.2008, 2 AZR 1111/06, AP Nr. 181 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG 16.12.2010, 2 AZR 770/09, NZA 2011, 505ff.).

Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (BAG 16.12.2010, 2 AZR 770/09, NZA 2011, 505ff.).

Gleiches gilt, wenn sich die Entscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin erschöpft, Personal einzusparen. In diesem Fall rückt die Unternehmerentscheidung ebenfalls nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit („Dauer“) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG, 22.5.2003, 2 AZR 326/02, AP Nr. 128 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m.w.N.).

Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört unter anderem die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grundsätzlich sowohl das Arbeitsvolumen (Menge der zu erledigenden Arbeit) als auch das diesem zugeordnete Arbeitskraftvolumen (Arbeitnehmer-Stunden) und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen. Dagegen obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein. Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht (BAG, 22.5.2003, 2 AZR 326/02, AP Nr. 128 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m.w.N.).

Der Arbeitgeber muss deshalb in derartigen Fällen die Entwicklung des Beschäftigungsvolumens nachvollziehbar darstellen, beispielsweise durch eine Darstellung der Entwicklung und einen Vergleich des Auftrags- und Beschäftigungsvolumens in Referenzperioden (BAG, 18.5.2006, 2 AZR 412/05,AP Nr. 7 zu § 9 AÜG).

(2) Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 12.1.2011 als sozial nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, wie sich die Arbeitsmenge des Klägers vor und nach Umsetzung der behaupteten unternehmerischen Entscheidung vom 20.12.2010 verteilt haben bzw. weggefallen sein soll.

Es reicht nach Auffassung der Kammer nicht aus, wenn die Beklagte zunächst darauf verweist, mit der Umsetzung der behaupteten unternehmerischen Entscheidung lediglich den personellen Zustand des Vertriebsbereiches vor Aufstockung des Vertriebspersonals im Jahr 2009 wieder hergestellt zu haben. Auch in solchen Fall wäre es an der Beklagte gewesen, das Schicksal der Aufgaben des Klägers im Einzelnen darzulegen. Auch in einem solchen Fall bedeutet die unternehmerische Entscheidung – Verkleinerung eines Arbeitsbereiches auf einen bereits in der Vergangenheit einmal bestehenden Zustand – die Anpassung des Personalbedarfes an das Auftragsvolumen und damit die Einsparung von Personal. Dass sich die Beklagte darauf beschränkt, den Personalbedarf zunächst auf einen Zustand vor einer Personalaufstockung festzulegen, ändert nichts daran, dass sie damit bezogen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers eine Personaleinsparung vornehmen möchte.

Auch der bloße Hinweis darauf, dass sich die Arbeitsmenge von den verbliebenen Vertriebsmitarbeitern nach Zugang der Kündigung vom 12.1.2011 ohne Leistung von Mehrarbeit bewältigen lasse, reicht zur Darlegung der Umsetzbarkeit der behaupteten Entscheidung nicht aus.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 28.3.2011 (dort Seite 2, Bl. 43 d.A.) im Einzelnen die Aufgaben des Klägers als Key Account Manager Channel vorgetragen. Diese sollen im Wesentlichen mit denen eines Senior Sales Managers vergleichbar sein, wobei bei letzterer Funktion strategische Aufgaben sowie eine fachliche Führungsrolle hinzukommen sollen.

Welche von den Aufgaben des Klägers durch den Vorstandsbeschluss vom 20.12.2010 entfallen sind und welche problemlos von anderen Vertriebsmitarbeitern oder anderen Mitarbeitern der Beklagten mit übernommen werden können, hat die Beklagte nicht dargetan. Solange die Beklagte den Vertrieb als eigenständigen Bereich noch unterhalten hat, werden die von ihr selbst mitgeteilten Aufgaben der Vertriebsmitarbeiter auch noch abgerufen. In welchem Umfang der Kläger tatsächlich noch für die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung vom 12.1.2011 Tätigkeiten entfaltet hat, hat die Beklagte im Einzelnen nicht dargelegt.

Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, ihr sei ein solcher Vortrag wegen der Vertrauensarbeitszeit des Klägers nicht möglich. Der Kläger habe „zuletzt praktisch nichts mehr zu tun“ gehabt. Die Darlegungslast ist nicht allein deshalb anders zu bewerten, weil die Beklagte meint, aufgrund fehlender Dokumentationen der Arbeitsleistungen durch den Kläger sei ihr detaillierterer Vortrag nicht möglich. Vortrag dazu, in welchem Umfang der Kläger vor Ausspruch der Kündigung tatsächlich für die Beklagte noch Arbeitsleistungen erbracht hat, ist von der Beklagten bei Ausspruch einer Kündigung wegen der Entscheidung zur Personalreduzierung unabhängig von der Dokumentation der Arbeitsinhalte durch den gekündigten Arbeitnehmer in einem Bereich zu erwarten. Es kommt im Übrigen auch nicht darauf an, ob nach Ablauf der Kündigungsfrist zum 15.2.2011 Arbeiten des Klägers auf andere Beschäftigte zu verteilen waren oder nicht (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 30.6.2011, dort Seite 6, Bl. 112 d.A.). Wegen der bereits zuvor erklärten Freistellung des Klägers kommt es auf den Zeitpunkt der Freistellung an.

c) Auf die weiteren vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe hinsichtlich der Kündigung vom 12.1.2011 (Sozialauswahl, Weiterbeschäftigungsmöglichkeit etc.) ist es nicht mehr angekommen.

2. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs dessen Gehalt für den Zeitraum vom 16.2.2011 bis zum 31.3.2011 zu zahlen. Der Leistungsantrag zu 5) ist begründet. Die Kündigung vom 12.1.2011 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 15.2.2011 beendet. Der Vergütungsanspruch des Klägers besteht über diesen Zeitpunkt hinaus jedenfalls bis zum 31.3.2011 – wie vom Kläger geltend gemacht – fort. Der Kläger hat das von ihm für diesen Zeitraum erhaltene Arbeitslosengeld in Abzug gebracht. Der Berechnung des Klägers (letztes Jahresgehalt geteilt durch 12 multipliziert mit 1,5 Monaten) ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288, 286 BGB.

II.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12.5.2011 nicht zum 15.6.2011 beendet worden ist. Diese Kündigung ist sozial gerechtfertigt. Sie ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers, bedingt.

a) Die Kündigung vom 12.5.2011 gilt zunächst ebenfalls nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung mit seiner am 23.5.2011 beim Arbeitsgericht Hamburg vorab per Fax eingegangenen und der Beklagten am 25.5.2011 zugestellten Klageerweiterung vom 23.5.2011 innerhalb der Frist von 3 Wochen ab Zugang im Sinne von § 4 KSchG geltend gemacht. Zwar hat der Kläger auch insoweit nicht vorgetragen, an welchem Tag ihm diese Kündigung zugegangen ist. Aber selbst dann, wenn ihm diese Kündigung noch am 12.5.2011 zugegangen ist, hat er die Dreiwochenfrist gewahrt. Dass dem Kläger die Kündigung vom 12.5.2011 vor dem 12.5.2011 zugegangen ist, hat die Beklagte nicht behauptet.

b) Diese Kündigung hat das Arbeitsverhältnis aber zum 15.6.2011 rechtswirksam beendet. Sie ist aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Die Vorschriften über den allgemeinen Kündigungsschutz finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

Die Beklagte begründet die Kündigung vom 12.5.2011 mit ihrer unternehmerischen Entscheidung vom 2.5.2011, dass der Arbeitsbereich Vertrieb innerhalb des Bereiches Vertrieb und Marketing mit Wirkung ab dem 2.5.2011 aufgelöst worden ist. Die Funktion des Vertriebs werde wegen der Dringlichkeit vom Vorstand zukünftig selbst übernommen.

(1) Die Entscheidung, einen Betriebsteil oder eine Betriebsabteilung zu schließen, kann zum Wegfall der Arbeitsplätze der in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer führen. Eine Betriebsabteilung liegt vor, wenn Arbeitnehmer in einer organisatorisch abgrenzbaren Einheit mit eigenen Betriebsmitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen. Maßgebend ist der eigenständige Zweck der Abteilung, also die arbeitstechnische Abgrenzbarkeit (ErfK/Oetker, 11. Aufl., § 1 KSchG Rn. 283). Es gilt derselbe Maßstab wie bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Betriebsstillegung, d.h. vorauszusetzen ist der ernstliche und endgültige Entschluss des Unternehmers, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben (ErfK/Oetker, 11. Aufl., § 1 KSchG Rn. 277 m.w.N.).

Der Arbeitgeber ist darüber hinaus berechtigt, Aufgaben, die bisher von Arbeitnehmer wahrgenommen worden sind, selbst zu erledigen. Damit entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für die mit diesen Aufgaben bislang beschäftigten Arbeitnehmer (BAG, 6.8.1987, 2 AZR 559/86, Juris; ErfK/Oetker, 11. Aufl., § 1 KSchG Rn. 269).

(2) Gemessen an diesen Voraussetzungen erweist sich die Kündigung der Beklagten vom 12.5.2011 aus betriebsbedingten Gründen als sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers ist nach der Auflösung des Bereiches Vertrieb weggefallen.

Bei dem Bereich Vertrieb, in welchem der Kläger für die Beklagte beschäftigt gewesen ist, handelt es sich um eine abgrenzbare Einheit im Betrieb der Beklagten. Diesen Bereich hat die Beklagte mit Wirkung zum 2.5.2011 durch Vorstandsbeschluss vom 2.5.2011 aufgelöst. Diesen Beschluss hat die Beklagte nach ihrem Vortrag unmittelbar nach Beschlussfassung auch umgesetzt.

Der Kläger wendet insoweit ein, der Vortrag der Beklagten sei widersprüchlich, wenn die Beklagte einerseits vortrage, der Vertriebsaußendienst werde unmittelbar vom Vorstand wahrgenommen und anderseits vortrage, der Mitarbeiter Be. sei teilweise für die Bestandskundenbetreuung tätig. Letzteres seien ebenfalls Vertriebsaufgaben. Die Beklagte hat dazu – bereits in der Klageerwiderung – vorgetragen, dass die Bestandskundenbetreuung bei ihr nicht vom Vertrieb sondern von einer eigenen Projektgruppe geleistet werde. Diese gehöre dem Vertrieb gerade nicht an. Dementsprechend hat der Schwerpunkt der Tätigkeit der Vertriebsmitarbeiter insbesondere des Klägers als Key Account Manager Channel auf der Akquisition von Neukunden und deren Betreuung gelegen. Dass der Kläger oder die anderen Mitarbeiter des Vertriebes bei der Beklagten auch in der Bestandskundenbetreuung eingebunden waren, hat er selbst nicht behauptet.

Der Kläger hält der Durchführbarkeit der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten vom 2.5.2011 entgegen, dass die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt habe, wie das Vorstandsmitglied Fells die ihr nach dem Beschluss der Beklagten vom 2.5.2011 zusätzlich übertragenen Aufgaben der Leitung des Neukundengeschäftes bewältigen könne. Dabei verkennt der Kläger allerdings, dass es sich bei Frau Fe. als Vorstandsmitglied nicht um eine Arbeitnehmerin der Beklagten handelt, deren nicht überobligatorische Belastung durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung die Beklagte darzulegen verpflichtet wäre. Bei Frau Fe. handelt es sich vielmehr um eine Repräsentantin des Arbeitgebers. Arbeitsschutzvorschriften vor überobligatorische Inanspruchnahme – wie etwa das Arbeitszeitgesetz – finden keine Anwendung.

Dass die Beklagte möglicherweise den Bereich der Neukundengewinnung durch den Vorstand derart ungenügend betreut, dass die Existenz des Unternehmens der Beklagten gefährdet würde, ist zum einen nicht ersichtlich – besteht doch eine unveränderte vertragliche Bindung zur W. – zum anderen wäre eine solche Entscheidung auch gerichtlich nicht zu überprüfen.

Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet gewesen, bereits zuvor den Kläger auf der von ihr ausgeschriebenen Stelle als Personalreferent weiter zu beschäftigen. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser Position nicht. Die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bezieht sich nur auf vergleichbare freie Arbeitsplätze. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz muss für den Arbeitnehmer geeignet sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Der Arbeitnehmer muss unter Berücksichtigung angemessener Einarbeitungszeiten den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes entsprechen. Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils für den freien Arbeitsplatz der lediglich auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden Unternehmerdisposition des Arbeitgebers (BAG, 5.6.20008, 2 AZR 107/07,AP Nr. 178 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung m.w.N.).

Der Kläger entspricht nicht dem von der Beklagten in der entsprechenden Stellenanzeige (Anlage B 4) formulierten Anforderungsprofil für die Stelle als Personalreferent. Die Beklagte fordert darin unter anderem ein abgeschlossenes Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Personal, mehrjährige einschlägige Berufserfahrung im Personalmanagement sowie fundierte Kenntnisse in Methoden der Personalauswahl und Personalentwicklung. Der Kläger erfüllt bereits die an erster Stelle genannte Voraussetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch nicht praktisch auf diese Voraussetzung durch Einstellung der Bewerberin Ge. verzichtet. Diese Bewerberin hat zwar kein wirtschaftswissenschaftliches Studium absolviert. Im Unterschied zum Kläger weist sie aber gerade ein Hochschulstudium auf und hat jedenfalls im Nebenfach Betriebswirtschaft studiert. Auf das Erfordernis eines Hochschulstudiums hat die Beklagte folglich mit Einstellung der Frau Ge. nicht verzichtet.

Es ist auch nicht offenbar unsachlich, wenn die Beklagte dieses Erfordernis mit der Stelle als Personalreferent/-in verknüpft. Dass die Beklagte dieses Erfordernis aufgestellt hat, um eine Weiterbeschäftigung des Klägers zu verhindern, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Ausübung verschiedener Führungspositionen durch den Kläger in der Vergangenheit ersetzt diese Qualifikation nicht. Der Kläger übersieht dabei, dass die Beklagte nicht eine langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen fordert, die der Kläger fraglos erfüllt. Die Anforderungen der Beklagten zielen auf durch Studium und Berufserfahrung belegte Kenntnisse im Bereich Personalwesen. Dass sich der Kläger bei seinen verschiedenen beruflichen Stationen bestimmte Methoden (welche?) der Personalarbeit angeeignet hat, hat er nicht substantiiert dargetan. Die von der Beklagten für diese Stelle ausgewählte Bewerberin Ge. hat ausweislich ihres Lebenslaufs (Anlage B 7) bereits seit 2003 – zunächst als Assistenz der Unitleitung – nahezu durchgehend im Bereich Personalmanagement gearbeitet.

In welchem Zeitraum sich der Kläger die von der Beklagten für die Stelle geforderten Erfahrungen im Personalmanagement, Methoden der Personalauswahl und Personalentwicklung aneignen will, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Weitere Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten wurden vom Kläger nicht dargetan.

Dass die Beklagte die Sozialauswahl im Rahmen der Kündigung vom 12.5.2011 nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat, wird vom Kläger nicht weiter gerügt. Wegen der Auflösung des Bereiches Vertrieb war eine Sozialauswahl auch entbehrlich.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Vertriebsbeauftragter. Die Klageanträge zu 2) und 7) sind unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch die Kündigung der Beklagten vom 12.5.2011 zum 15.6.2011 geendet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus weiter zu beschäftigen.

3. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen weitergehenden Zahlungsanspruch gegen die Beklagte aus der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 (Anlage K 3) für die Jahre 2010 und anteilig 2011. Mit der Auskehrung der Provisionen für tatsächlich vom Kläger vermittelte Auftragseingänge hat die Beklagte ihre Verpflichtung aus der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag erfüllt.

a) Ein solcher Anspruch folgt für das Jahr 2010 nicht aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit §§ 280, 283, 252 BGB. Eine Pflichtverletzung im Rahmen von § 315 Abs. 1 BGB führt nicht zu einem Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB, sondern zu einer Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB und gegebenenfalls zu einem Leistungsanspruch (LAG Hamburg, 29.6.2006, 2 Sa 94/04, Juris). Die Parteien streiten vorliegend gerade nicht um eine unterlassene Zielvorgabe oder das Unterlassen einer Zielvereinbarung durch ein Versäumnis der Beklagten. Die Parteien haben für den streitgegenständlichen Zeitraum am 5.3.2010 eine Vereinbarung abgeschlossen (Anlage K 3). Nach der Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitgeber bei einer nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung nach Ablauf der Zielperiode gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 283 Satz 1, 252 BGB verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Vergütung Schadensersatz zu leisten (BAG 10.12.2008, 10 AZR 889/08, NZA 2009, 256 ff. m.w.N.). Dieser Fall liegt hier nicht vor.

Im Übrigen macht der Kläger gerade geltend, die Beklagte habe bei Abschluss der Zielvereinbarung vom 5.3.2010 hinsichtlich der dem Kläger vorgeschlagenen Ziele billiges Ermessen im Sinne von § 315 BGB nicht beachtet. Dann ist aber kein Raum für die Anwendung der §§ 280, 283, 252 BGB.

Dass die Vereinbarung vom 5.3.2010 durch die Ausübung eines entsprechenden Gestaltungsrechts des Klägers später wieder entfallen wäre, hat der Kläger nicht behauptet.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 611 in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 315 BGB auf weitere Zahlungen für das Jahr 2010. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift ist die Bestimmung einer Leistung im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen, wenn die Leistung durch einen Vertragsschließenden bestimmt werden soll. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen nicht vor. Die Beklagte hat dem Kläger die in der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 nicht einseitig vorgebeben.

Zunächst spricht die vom Kläger vorgelegte Anlage K 3 der Gestaltung und dem Inhalt nach nicht für eine einseitige Zielvorgabe der Beklagten. Diese Regelung ist überschrieben mit dem Wort „Provisionsvereinbarung“. Der Kläger hat dieses Dokument ebenso wie ein Vertreter der Beklagten ohne einen weiteren Zusatz unterzeichnet.

Soweit darin außerdem von einer Vorgabe zur Definition der Zielerreichung von 100% die Rede ist sowie von „Zielvorgabe“ im dritten Absatz, ändert das nach Auffassung der Kammer nichts an der Gegenseitigkeit der Vereinbarung. Dem steht die Überschrift der Anlage I. zum Arbeitsvertrag ebenso entgegen wie das mehrfach in dem Dokument von den Parteien verwandte Wort Vereinbarung oder Provisionsvereinbarung.

Letztlich trägt der Kläger auch nicht substantiiert dazu vor, inwieweit die Beklagte ihm den Inhalt des Dokuments einseitig vorgegeben hat. Dass die Beklagte etwaige Verhandlungsversuche des Klägers unterbunden hat, hat der Kläger nicht behauptet. Er hat dazu vorgetragen, er habe das Schriftstück nach dessen Vorlage durch Herrn Vo. in der Vorstellung unterzeichnet, es handele sich dabei eine Anpassung des Jahreszieleinkommens und der Höhe der variablen Vergütung und um eine Festlegung des Provisionssatzes und des Umsatzzieles. Er habe darauf vertraut, dass die genannten Ziele realistisch und erreichbar seien. Eine Zwangslage oder eine Drucksituation zur Unterzeichnung dieser Vereinbarung vom 5.3.2010 hat der Kläger indessen nicht behauptet. Nach seinem Vortrag hat der Kläger vielmehr – ohne eigene Vorstellungen zu äußern – das Angebot der Beklagte auf Abschluss der Provisionsvereinbarung in der Vorstellung der Erreichbarkeit der darin genannten Ziele sofort angenommen.

Die Höhe der von den Parteien vereinbarten Ziele unterliegt grundsätzlich der Vertragsfreiheit. Es ist Ausfluss dieser Vertragsfreiheit, dass die Zahlung eines Zielbonus von beliebig anspruchsvollen Zielen abhängig gemacht werden kann. Die Grenze bilden die Vorschriften der §§§ 138, 134 BGB bei der Betrachtung der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers (Heiden, DB 2009, 1705, 1706). Dass die Parteien mit der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 in Verbindung mit dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Grundgehalt gegen die Vorgaben der §§ 138, 134 BGB verstoßen, ist aber nicht ersichtlich.

im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass es sich vorliegend um Ziele handelt, die – die Anwendbarkeit von § 315 BGB unterstellt – unbillig gewesen wären. Der Kläger trägt selbst vor, dass auch er im März 2010 von der Erreichbarkeit dieser Ziele ausgegangen ist. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits ein halbes Jahr bei der Beklagten beschäftigt. Warum die Beklagte im Zeitpunkt März 2010 – anders als der Kläger – von der fehlenden Erreichbarkeit der Ziele aus der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 gewusst haben soll, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, sie habe mit dem Personalaufbau im Vertrieb auch eine deutliche Steigerung des Umsatzes erwartet. Damit korrespondiert gerade der Vortrag des Klägers, die Beklagte habe ihm ausschließlich Kunden außerhalb der W.-Gruppe zur Betreuung zugewiesen, mit welchen die Beklagte bis dahin nur wenig in Geschäftsbeziehungen gestanden hat. Auf dieses Kundenfeld hat sich die Beklagte mit der Erweiterung des Vertriebes aber gerade mehr konzentrieren wollen. Warum die Erwartung einer deutlichen Steigerung des Umsatzes mit Neukunden außerhalb der W.-Gruppe durch die Erweiterung des Bereiches Vertrieb zur Unbilligkeit entsprechender Provisionsvereinbarungen mit den dafür eingestellten Vertriebsmitarbeitern führen soll, ist für die Kammer nicht ersichtlich.

c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlungen für die Jahre 2010 und anteilig 2011 aus dem Arbeitsvertrag, der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB.

Soweit die Parteien in der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 konkrete Provisionszahlungen mit entsprechenden Zielen verknüpft haben, handelt es sich weder um eine unklare Regelung noch um eine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Die Parteien haben den Provisionssatz und die Geschäfte, welche provisionspflichtig sind, eindeutig geregelt. Dass es sich dabei um eine den unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB handelt, ist für die Kammer nicht zu erkennen. Im Übrigen entziehen sich die Regelungen von Hauptleistungspflichten des Vertrages, wie z.B. Entgeltregelungen, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (ErfK/Preis, 11. Aufl., §§ 305-310 BGB Rn. 34).

Mit der Freistellung des Klägers ab Januar 2011 hat die Beklagte dem Kläger die Erzielung von Provisionen im Jahr 2011 zwar unmöglich gemacht. Es kann aber letztlich dahinstehen, ob die Parteien mit der Provisionsvereinbarung vom 5.3.2010 wirksam die entsprechende Regelung in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zum 31.12.2010 beendet haben. Unklar ist diese Regelung jedenfalls ebenfalls nicht. Inwieweit einiges für die Rechtsauffassung des Klägers spricht, bei der entsprechenden Klausel handele es sich um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB in einer mit „Persönliche Provisionsvereinbarung 2010 für Herrn Ko.“ überschriebenen Abrede, kann dahinstehen. Zuzugeben ist, dass es sich im Unterschied zur Andeutung in der Überschrift der Gesamtregelung vom 5.3.2010 bei der Ersetzungsklausel um eine Vereinbarung, die über das Jahr 2010 hinaus (rechtsbeseitigende) Wirkung entfalten soll, handelt. Anderseits ergibt sich dieses Überraschungsmoment nicht aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages. Eine gestalterische Besonderheit zum sonstigen Text weist diese Passage nicht auf. Sie ist auch nicht „versteckt“. Der Vertragstext der Provisionsabrede ist insgesamt übersichtlich und kurz. Die Ersetzungsklausel ist in einem gesonderten Absatz gestalterisch untergebracht.

Der Kläger hat aber letztlich zur Höhe eines solchen Anspruches nicht hinreichend konkret vorgetragen. Auf eine 100%-ige Zielerreichung (s.o.) war nicht abzustellen. Welche Umsätze der Kläger bei einer Fortsetzung seiner Tätigkeit im Jahr 2011, ggf. unter Fortschreibung der Umsätze aus den letzten Monaten des Jahres 2010 in den ersten Monaten des Jahres 2011 verdient hätte, war für die Kammer nicht ersichtlich. Dass sich die Umsätze des Klägers im Jahr 2010 gleichmäßig auf das Jahr verteilt hätten, hat der Kläger nicht vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht auf den Vorschriften der §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO, 39 Abs. 1, 42 Abs. 2, Abs. 3, 48 Abs. 1 GKG. Die Kammer hat die Feststellungsanträge jeweils mit 3 Bruttomonatsgehältern, die beiden Weiterbeschäftigungsanträge mit insgesamt einem Bruttomonatsgehalt bewertet und im Übrigen die eingeklagten Beträge zugrunde gelegt.

Einer gesonderten Zulassung der Berufung bedurfte es nicht. Die Berufungsmöglichkeit ergibt sich bereits aus § 64 Abs. 2 lit. b) und c) ArbGG. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vor.

 

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