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Betriebsbedingte Kündigung – Organisationsentscheidung

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 6 Sa 489/18 – Urteil vom 14.03.2019

I.  Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.06.2018 – 7 Ca 508/18 -teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.  Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteienbestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 16.01.2018 zum 31.03.2018 nichtaufgelöst worden ist;

2.  Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.  Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.  Die Kosten des Rechtsstreits hat zu ¼ die Klägerin zutragen und zu ¾ die Beklagte.

IV.  Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung vom 16.01.2018 sowie um Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Kündigung in einem Arbeitsverhältnis, das die Beklagte nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils mit Zustimmung des Betriebsrats erneut zum 31.10.2018 gekündigt hat.

Die Klägerin ist 58 Jahre alt. Sie ist wurde von der Beklagten, bei der regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tätig sind, am 01.01.2012 eingestellt. Im Zeitpunkt des Zugangs der hier streitigen Kündigung bestand das Arbeitsverhältnis mithin sechs Jahre. Nach dem Wortlaut der Arbeitsvertragsurkunde wurde die Klägerin als „Senior Accountant Anlagenbuchhaltung“ eingesetzt. Nach § 1 Abs. 3 der Arbeitsvertragsurkunde (Anlage K2, Bl. 10 d.A.) ist die Arbeitgeberin berechtigt, der Klägerin auch andere zumutbare Arbeiten zu übertragen. Zuletzt erhielt die Klägerin für ihre Tätigkeit ein Bruttoentgelt in Höhe von 7.159,43 EUR monatlich.

Organisatorisch ist der Bereich Accounting, dem die Klägerin zugeordnet war, dem „Controller EMEA & Global Production“ unterstellt (EMEA = Europe, Middle East, Africa). Das von der Beklagten gestaltete Organigramm sah im September 2017 auszugsweise noch wie folgt aus (Bl. 59 d.A.):

Welche konkreten organisatorischen Entscheidungen die Beklagte in der Folgezeit getroffen hat und ob bzw. wie diese Entscheidungen umgesetzt wurden, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Jedenfalls stellte sich das von der Beklagten erstellte Organigramm im Februar 2018 wie folgt dar (Bl. 62 d.A.):

Es wurde also der Bereich „EMEA Accounting“ unter der Leitung des Mitarbeiters D B geändert, indem das bisherige Kästchen „Controller EMEA & Global Production“ umbenannt wurde in „EMEA Controlling“ und ein Kästchen für eine zusätzliche Organisationseinheit mit dem Namen „Global Asset Management“ hinzugefügt wurde. Dieser letztgenannten Organisationseinheit wurde eine Kollegin der Klägerin, die Zeugin A H , sowie der bisher in der Organisationseinheit „Controller EMEA & Global Production“ tätige W F zugeordnet. Im Übrigen wurden keine Änderungen vorgenommen, insbesondere wurden die beiden genannten Mitarbeiter in ihren bisherigen Organisationseinheiten nicht ersetzt, nämlich Frau H gar nicht und Herr F durch „N.N.“. Die einzige Änderung der Namenszuordnung im Organigramm ist die Tatsache, dass der Name der Klägerin unter den verbliebenen 10 Beschäftigten in ihrer bisherigen Organisationseinheit nicht mehr erscheint. Wird davon ausgegangen, dass unter „N.N.“ tatsächlich ein demnächst zu findender neuer Name zu verstehen ist, so zeigt das Organigramm im hier vorgenommenen Ausschnitt (ohne „Local Finance Teams“) im September 2017 insgesamt 18 Namen und im Februar 2018 erneut 18 Namen. Der Name der Klägerin fehlt.

Die für die Tätigkeiten der Klägerin und ihrer bisherigen Kollegin H bestimmte Arbeitsplatzbeschreibung, die jedenfalls seit September 2014 galt (das Datum steht auf der verschriftlichen Arbeitsplatzbeschreibung Anlage B2, Bl. 60 d.A.), lautet auszugsweise:

„[…]

5. Gesamtaufgaben

Sicherstellung der ordnungsgemäßen Anlagenbuchhaltung für die Gesellschaften der EMEA Region unter Einhaltung der lokalen- und internationalen Bewertungsstandards sowie den „Grundsätzen Ordnungsgemäßer Buchführung“.

6. Teilaufgaben

  • Operative Umsetzung und Prüfung aller relevanten Buchungsvorgänge der Anlagenbuchhaltung für die EMEA Region
  • Mitwirkung bei der Erstellung der Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse nach dem IFRS und Local GAAP
  • Abstimmung Haupt- und Nebenbuch
  • Ermittlung und Buchung der Abschreibung für alle Ledger
  • Durchführung und Dokumentation der SOX Kontrollen
  • Sicherstellung der richtigen und vollständigen Erfassung abschlussrelevanter Sachverhalte
  • Planung und Koordination von Inventuren im Anlagevermögen
  • Fachlicher Ansprechpartner für die Anlagenbuchhaltung
  • Weiterentwicklung von Arbeitsanweisungen, Prozessbeschreibungen und Harmonisierung bzw. Optimierung der Prozesse für die die EMEA Region
  • Erstellung von Abweichungsanalysen, Forecast- / Budgetplanungen sowie Reports für den Bereich der Anlagenbuchhaltung

Im schriftlich fixierten Anforderungsprofil, das ebenfalls für die Klägerin und ihre Kollegin H jedenfalls seit September 2014 galt, heißt es auszugsweise:

„B. Erfahrung

Berufserfahrung im Bereich der Anlagenbuchhaltung in produzierenden Unternehmen

Buchhaltungserfahrung nach IFRS und anderen europäischen Bewertungsrichtlinien z.B. HGB

Sicherer Umgang mit SAP-Anwendungen (FI-AA)

fundierte Kenntnisse im Umgang mit MS-Office (Excel)

gute Englischkenntnisse (Sprache und Schrift)“

Auf der Grundlage der vorstehenden zitierten Arbeitsplatzbeschreibung und auf der Grundlage des ebenfalls vorstehend zitierten Anforderungsprofils arbeiteten die Klägerin und ihre Kollegin H mehrere Jahre in ihrer Organisationseinheit zusammen, zuletzt mit neun weiteren Beschäftigten. Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass Frau H die englische Sprache besser beherrscht als die Klägerin. So nahm Frau H grundsätzlich die auf ausländisches Anlagevermögen der Beklagten und ihrer Schwestergesellschaften bezogenen Aufgaben wahr und die Klägerin diejenigen Aufgaben, die sich auf die deutsche Gesellschaft bezogen. Während Urlaubs- und Krankheitszeiten wurde Frau H von der Klägerin vertreten. Bei der Erledigung des englischsprachigen Schriftverkehrs griff die Klägerin auf Übersetzungsprogramme und die Hilfe ihrer Kollegen zurück, soweit ihre Grundkenntnisse nicht ausreichten. Im Zwischenzeugnis vom 01.07.2013 heißt es zu den Tätigkeiten der Klägerin wörtlich, die Klägerin habe diverse „Aufgaben für die europäischen und ausländischen Tochtergesellschaften ausgeführt.“

Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.01.2018 zu einer von ihr beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin an. In der schriftlichen Anhörung heißt es auszugsweise:

„Während Frau Ha das Asset Management für unsere ausländischen Schwestergesellschaften bearbeitet, ist Frau Ho für das Asset Management in Deutschland zuständig, da Frau Ho über keine Englischkenntnisse verfügt und somit ihr Aufgabengebiet auf Deutschland beschränkt sein muss. […] Wie angesprochen, ist Frau Ho nur für das Asset Management in Deutschland zuständig.

[…]

Bisher war dies nicht möglich, weil Frau Ho nur für die deutschen Standorte aufgrund der fehlenden Fremdsprachenkenntnisse tätig sein konnte.

[…]

Dementsprechend gehört zu den Aufgaben von Herrn F auch, dass die Urlaubsplanung zwischen ihm und Frau H abzustimmen ist.

[…]

Während Frau H die notwendigen Fremdsprachenkenntnisse besitzt, ist Frau Ho e nicht in der Lage, in englischer Sprache – schriftlich wie mündlich – zu kommunizieren.“

Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Kündigung am 16.6.2018 widersprochen mit der Begründung, eine Weiterbeschäftigung der Klägerin in der neugebildeten Gruppe sei möglich, „wenn ihr in einem zumutbaren Zeitrahmen Fortbildungsmaßnahmen zum Erlangen eines sicheren Verhandlungsenglisch in Sprache und Schrift angeboten“ werde.

Mit Schreiben vom 16.01.2018 (Bl. 9 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2018.

Mit der seit dem 23.01.2018 beim Arbeitsgericht Köln anhängigen Klage hat sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung gewandt und die Weiterbeschäftigung begehrt.

Die Klägerin hat die Behauptung der Beklagten bestritten, das Beschäftigungsbedürfnis für sie sei entfallen. Nach ihrer Einschätzung könnten die Aufgaben in der Zuständigkeit der neuen Gruppe „Global Asset Management“ nicht mit nur zwei Mitarbeitern erledigt werden. Sie werde dort oder auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz weiter gebraucht. Die von der Beklagten dargelegte Organisationsentscheidung sei nicht umsetzbar ohne eine erhebliche und daher überobligationsmäßige Mehrbelastung der verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Frau H und sie hätten in der Vergangenheit immer erheblich Mehrarbeit leisten müssen, um das Pensum zu schaffen. Selbst wenn aber ein Beschäftigungsbedürfnis im Bereich „Controller EMEA & Global Production“ und speziell in der Anlagenbuchhaltung entfallen sei, verletze die streitige Kündigung die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl. Sie sei auch mit denjenigen Kolleginnen und Kollegen vergleichbar, die bessere Englischkenntnisse hätten, denn es wäre der Beklagten ohne weiteres zumutbar gewesen, ihr die Gelegenheit zu vertiefenden Englischkursen einzuräumen. Auch ohne solche Kurse sei sie schon mit der Kollegin H vergleichbar, denn sie habe sich mit dieser Kollegin regelmäßig vertreten. Auch mit weiteren Kolleginnen und Kollegen sei sie vergleichbar. Das gelte jedenfalls mit Blick auf diejenigen, die im Hauptbuch und in der Betriebsbuchhaltung beschäftigt seien: Frau Br , Herr Hof , Frau W , Herr K , Herr Bri . Schließlich berufe sie sich auf die Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung.

Die Klägerin hat beantragt,

1.  festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 16.01.2018 nicht aufgelöst worden ist;

2.  für den Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen als Senior Accountant Anlagenbuchhalterin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,    die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, am 08.01.2018 habe der Zeuge C Ha in Abstimmung mit der Personalabteilung und der Geschäftsführung eine Unternehmerentscheidung getroffen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für die Klägerin geführt habe. Gegenstand dieser Unternehmerentscheidung sei die Neuorganisation des Bereichs EMEA Accounting gewesen. Es sei entschieden worden, dass der Bereich Asset Management aus der Abteilung EMEA Accounting herausgelöst und als eigenständiger global agierender Bereich unterhalb der Abteilungsleiterebene angesiedelt werden solle. Dies solle durch die Zusammenführung der Zeugen F und H in der neuen Abteilung geschehen. Zu den Aufgaben dieser neuen Abteilung solle es nun auch gehören, die bisher von der Klägerin erledigten Aufgaben zu erfüllen. Wegen der internationalen Ausrichtung der Organisationseinheit sei die Klägerin mangels hinreichender Englischkenntnisse für einen dortigen Einsatz nicht geeignet. Im gesamten Verwaltungsbereich es Unternehmens sei die Geschäftssprache Englisch. Auch dies stehe der weiteren Beschäftigung der Klägerin entgegen.

Die im Anforderungsprofil für ihre Stelle genannten Englischkenntnisse seien bisher allerdings nicht notwendig gewesen. Jetzt, nach der besagten Organisationsentscheidung, stelle sich die Situation aber so dar, dass eine Stelle für eine Anlagenbuchhalterin, die die Fremdsprache Englisch nicht in Wort und Schrift sehr gut beherrsche, nicht mehr existiere. Die zu erledigenden Aufgaben hätten sich also nicht geändert, wohl aber die Anforderungen an die Stellen im Rahmen der weltweiten Prozessharmonisierung. Die Arbeit der Zeugen H und F stelle sich nach der Organisationsänderung zwar ähnlich dar, wie bisher die Arbeit der Zeugin H in Zusammenarbeit mit der Klägerin. Da aber Herr F ebenfalls die Fremdsprache Englisch sehr gut beherrsche, könnten nunmehr viel flexibler als vorher die Einzelaufgaben verteilt werden. Dadurch, dass mit dem Zeugen F in einer neuen Abteilung ein neuer Abteilungsleiter eingesetzt werde, könnten auch Leitungsentscheidungen delegiert werden. Die Organisationsentscheidung setze sich also aus zwei beabsichtigten Änderungen zusammen: Zum einen die Ausgliederung zweier Stellen aus dem Bereich Accounting in eine neue Organisationseinheit und zum anderen die Aufwertung einer der beiden Stellen zu einer Stelle auf Gruppenleiterebene. Beide beabsichtigten Organisationsänderungen seien freie Unternehmerentscheidungen, die nach ihrer Auffassung der Beurteilung der Arbeitsgerichte entzogen seien. Die gefällte Unternehmerentscheidung sei auch umsetzbar, das habe die Zeit unmittelbar nach der Fassung der Entscheidung gezeigt. Die Klägerin sei sofort freigestellt worden. Seither funktioniere die Organisation einwandfrei.

Eine Sozialauswahl sei nach ihrer Auffassung nicht vorzunehmen gewesen, da es keine vergleichbaren Mitarbeiter gebe. Auf allen Positionen seien nämlich jetzt sehr gute Englischsprachkenntnisse notwendig. Die Klägerin sei daher wegen des Mangels solcher Kenntnisse mit keiner anderen Kollegin und keinem anderen Kollegen vergleichbar. Das Abwarten oder gar Finanzieren von Sprachkursen bis zur Erreichung des notwendigen Niveaus sei ihr nicht zumutbar.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.06.2018 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei gemäß § 102 BetrVG unwirksam. Die Beklagte habe den Betriebsrat teilweise falsch, jedenfalls aber irreführend unterrichtet. In der Betriebsratsanhörung sei die Rede von „keine Englischkenntnisse“. Tatsächlich sei aber unstreitig, dass die Klägerin zumindest „Grundkenntnisse“ habe. In der Betriebsratsanhörung werde dargestellt, das Aufgabengebiet der Klägerin sei „auf Deutschland beschränkt“ gewesen. In Wirklichkeit habe sie aber „Unterstützungsleistungen mit Auslandsbezug im Arbeitsalltag“ erbracht. In der Betriebsratsanhörung sei behauptet worden, die „Klägerin kann auf Englisch nicht kommunizieren“ anstatt dem Betriebsrat mitzuteilen, dass die Klägerin in der Vergangenheit mit Hilfe von Übersetzungsprogrammen und mit Hilfe von Kolleginnen und Kollegen Schriftstücke in englischer Sprache abgefasst habe. In der Betriebsratsanhörung sei die Rede von „neuen Aufgaben des Gruppenleiters“. Das seien aber keine neuen Aufgaben, denn sie selbst habe diese Aufgaben in der Vergangenheit erfüllt (z.B. Urlaubsplanung). Da die Kündigung somit gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam sei, ergebe sich der Weiterbeschäftigungsanspruch aus der Entscheidung des Großen Senats des BAG zum allgemeinen Beschäftigungsanspruch.

Gegen dieses ihr am 18.07.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.07.2018 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.10.2018 begründet.

Die Beklagte trägt vor, es sei spätestens in der Berufungsinstanz unstreitig geworden, dass die Englischkenntnisse der Klägerin nicht verhandlungssicher seien. Dem Betriebsrat sei bekannt gewesen, dass die Klägerin Grundkenntnisse der englischen Sprache habe. Das sei ihm auch im Rahmen der mündlichen Anhörung durch den Personalleiter, dem Zeugen P , erläutert worden. Nur so erkläre sich auch die Begründung des Widerspruchs durch den Betriebsrat, der ausdrücklich auf die unzureichenden Englischkenntnisse der Klägerin verweise und geltend mache, die Klägerin könne fortgebildet werden. Der Betriebsrat habe richtig verstanden, dass der einzige Grund, aus dem sie sich von der Klägerin trennen müsse, der sei, dass die Klägerin kein verhandlungssicheres Englisch spreche (so ausdrücklich in der Berufungsbegründung S. 41). Dem Betriebsrat sei auch bekannt gewesen, dass sich die Klägerin mit Frau H vertreten habe. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, die mit einer Irreführung, zumindest aber mit einer Fehlinformation des Betriebsrats begründet worden sei, sei ihr daher unverständlich.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 13.06.2018 – 7 Ca 508/18 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich bereits im Einzelnen ausgeführte Rüge, eine soziale Rechtfertigung für die Kündigung sei nicht ersichtlich.

Nach Zustimmung des Betriebsrats vom 24.08.2018 (Anlage B9, Bl. 287 d.A.), dessen Mitglied die Klägerin durch Nachrücken in der Zwischenzeit geworden war, kündigte die Beklagte hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.10.2018.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.  Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.  Das Rechtsmittel hat in der Sache nur mit Blick auf den Tenor zu 2 des arbeitsgerichtlichen Urteils Erfolg, mit dem die Beklagte verurteilt worden war, die Klägerin weiter zu beschäftigen. Im Übrigen bleibt es erfolglos.

1.  Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Tenor zu 1 des arbeitsgerichtlichen Urteils wendet. Zurecht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass die Kündigung vom 16.01.2018 das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

Die Kündigung vom 16.01.2018 ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, denn ihr fehlt eine soziale Rechtfertigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

a.  Die Kündigung ist nicht durch Gründe bedingt, die im Verhalten der Klägerin liegen, denn die Beklagte trägt keine Tatsachen vor, aus denen eine schuldhafte Vertragspflichtverletzung der Klägerin gefolgert werden könnte.

b.  Auch Gründe in der Person der Klägerin sind nicht ersichtlich, die die Kündigung sozial rechtfertigen könnten. Mit der Befugnis zur personenbedingten Kündigung soll der Arbeitgeberin die Möglichkeit eröffnet werden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn die Arbeitnehmerin nicht mehr die erforderliche Eignung oder Fähigkeit besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch den in der Sphäre der Arbeitnehmerin liegenden Umstand nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein (BAG 18.09.2008 – 2 AZR 976/06 -; 18.01.2007 – 2 AZR 731/05 -). Das kann auch der Fall sein, wenn der Arbeitnehmerin die für die Tätigkeit notwendigen Sprachkenntnisse fehlen (BAG v. 28.01.2010 – 2 AZR 764/08 -). Vorliegend sind zwar die eingeschränkten Englischkenntnisse der Klägerin für die Beklagte ausdrücklich „der einzige Grund, aus dem sie sich von der Klägerin trennen müsse“ (Berufungsbegründung S. 41). Dies gilt aber nicht, weil die bisherige Aufgabe der Klägerin aufgrund äußerlicher Einwirkungen teilweise unmöglich geworden wäre, sondern nur, weil die Beklagte nach ihrer Darstellung den Bereich „Controller EMEA & Global Production“ so umorganisiert hat, dass nunmehr an alle Stellen ein gehobener Anspruch an die notwendigen Sprachkenntnisse zu legen sei. Der Schwerpunkt des von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgrundes liegt somit bei ihrer Organisationsentscheidung, die erst zu den neuen Anforderungen an alle Arbeitsplätze und damit an den der Klägerin geführt hat.

c.  Es fehlt der Kündigung aber auch an einem dringenden betrieblichen Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des 2. Senats des BAG (jedenfalls seit BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 141/99 -) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen oder durch außerbetriebliche Gründe ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen, also aufgrund einer Organisationsentscheidung wie hier, muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit für die gekündigte Arbeitnehmerin auswirken. Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt; eine solche unternehmerische Entscheidung ist selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.

Nach diesen Grundsätzen war weder die Umorganisation rund um die Einrichtung der Organisationseinheit „Global Asset Management“ noch eine Neuprofilierung des Arbeitsplatzes der Klägerin ein dringendes betriebliches Erfordernis, das eine ordentlich Kündigung sozial rechtfertigen könnte.

(1.)  Die Errichtung der Organisationseinheit „Global Asset Management“ und die Definition einer der beiden dort zugeordneten Stellen als Vorgesetztenstelle ist keine Unternehmerentscheidung, die zum Wegfall eines Beschäftigungsbedürfnisses geführt hat oder hätte führen können und daher auch nicht zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für die Klägerin. Unter dem Leiter des Bereichs „Controller EMEA & Global Production“, Herrn C Ha , waren vor der Unternehmerentscheidung 17 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt und nach der Unternehmerentscheidung sind es weiterhin 17. Die Zahl bleibt gleich, weil für die ausgeschiedene Klägerin an anderer Stelle eine N.N.-Position neu besetzt wird. Die in der Arbeitsplatzbeschreibung der Klägerin definierten Gesamtaufgaben (Sicherstellung der ordnungsgemäßen Anlagenbuchhaltung für die Gesellschaften der EMEA Region unter Einhaltung der lokalen- und internationalen Bewertungsstandards sowie den „Grundsätzen Ordnungsgemäßer Buchführung“) und die dort weiter definierten Teilaufgaben (s.o. Seite 4) sind nach wie vor zu erfüllende. Keine dieser Aufgaben ist weggefallen. Durch die von der Beklagten dargestellte Organisationsentscheidung kommen sogar weitere Aufgaben hinzu: Während bisher das Asset Management von der Klägerin und der Zeugin H nur für den Bereich EMEA bearbeitet worden war, ist nun die Zuständigkeit auf die globale Ebene ausgeweitet worden („Global Asset Management“). Hinzukommt die Installation eines neuen Vorgesetzten, indem die Stelle des Zeugen F zu einer Gruppenleiterposition erhoben worden ist – in einer „Gruppe“, in der sich außer ihm nur noch die Zeugin H befindet. Die Lehrsätze des Soziologen C. Northcote Parkinson (Parkinson’s law, and other studies in administration, Boston, Houghton Mifflin, 1957) sind von diesem zwar ursprünglich als ironisierende Darstellungen gedacht gewesen, sie sind aber inzwischen in der Lehre der Organisationsentwicklung weitgehend anerkannt. Wird von der ironisierenden Übersteigerung der Theorie abgesehen, der zufolge am Ende der Entwicklung nur noch Vorgesetzte übrig bleiben und sich niemand mehr um die Kernaufgabe des Unternehmens kümmert, bleibt die Erkenntnis, dass durch die Ernennung eines zusätzlichen Vorgesetzten innerhalb einer bereits bestehenden Organisationseinheit die zu erledigende Arbeitsmenge jedenfalls nicht geringer wird.

Nach dem Vortrag der Beklagten war es der erkennenden Kammer nicht möglich zu beurteilen, ob die von ihr dargestellte Organisationsentscheidung eine freie und deshalb nicht überprüfbare Ausübung der unternehmerischen Freiheit der Beklagten darstellte, oder ob es sich um eine offenbar unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Entlassung handelte. In Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, kann die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen (BAG, Urteil vom 20.02.2014 – 2 AZR 346/12 – Rn. 16). Kommt zu dieser Deckungsgleichheit hinzu, dass gleichzeitig mit der Entlassung der betroffenen Arbeitnehmerin an anderer Stelle desselben Unternehmensbereichs ein neuer Arbeitnehmer eingestellt wird („N.N.“), fehlt es nicht nur an der besagten Vermutung, sondern es ist vielmehr umgekehrt umso mehr am Arbeitgeber, Tatsachen darzulegen, aus denen sich ergibt, dass die Entscheidung keine auf Willkür fußende Austauschkündigung zum Gegenstand hat. Die Darlegung solcher Tatsachen ist der Beklagten nicht gelungen. Wird die in dieser Hinsicht gesondert zu betrachtende Neuprofilierung der Tätigkeit außer Acht gelassen (dazu s.u.), bleibt keine Tatsache, die helfen könnte, die von der Beklagten dargelegte Organisationsentscheidung nicht als geplanten Ringtausch ohne Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses zu qualifizieren.

Entfallen ist aufgrund der Unternehmerentscheidung der Beklagten kein Beschäftigungsbedürfnis und deshalb konnte durch sie kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung entstehen.

(2.)  Die Entscheidung der Beklagten, das Anforderungsprofil an die Position zu ändern, die die Klägerin bisher innegehabt hatte, ist ebenfalls keine Unternehmerentscheidung, die geeignet wäre, die streitgegenständliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz unterliegt grundsätzlich der freien „unternehmerischen“ Disposition (hierzu und im Folgenden: BAG, Urteil vom 02.03.2017 – 2 AZR 546/16 -). Das Bestreben der Arbeitgeberin, bestimmte Tätigkeiten – nach Möglichkeit – von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist grundsätzlich zu akzeptieren. Die Vorgabe kann von den Arbeitsgerichten nur auf Willkür und offenbare Unrichtigkeit hin gerichtlich überprüft werden (BAG 22.10.2015 – 2 AZR 582/14 -; 18.03.2010 – 2 AZR 337/08 -). Sind allerdings die betreffende Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss der Arbeitgeberin praktisch deckungsgleich, weil die Arbeitnehmerin dem neuen Anforderungsprofil nicht genügt, kann auch hier die generelle Vermutung, dass eine unternehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht, nicht unbesehen greifen. Die Arbeitgeberin kann sich nicht lediglich auf ihre Entscheidungsfreiheit berufen. Sie muss vielmehr konkret darlegen, wie ihre Entscheidung sich auf die tatsächlichen Möglichkeiten, die Arbeitnehmerin einzusetzen, auswirkt und in welchem Umfang durch sie ein konkreter Änderungs- oder gar Beendigungsbedarf entstanden ist (BAG 18.03.2010 – 2 AZR 337/08 -). Beruft sich die Arbeitgeberin zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung auf eine Neubestimmung des Anforderungsprofils, muss sie deshalb den zugrunde liegenden betrieblichen Anlass im Einzelnen darlegen. Die Entscheidung zur (neuen) Stellenprofilierung muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme – ggf. im Zusammenhang mit einer Neuausrichtung der Geschäftstätig keit – stehen, nach deren Durchführung sich die bisherigen Anforderungen an den Stelleninhaber ändern (BAG 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06 – Rn. 31). Es muss sich bei einer geänderten Anforderung an die Qualifikation der Stelleninhaberin nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung” für die Ausführung der Tätigkeit, sondern um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für die Stellenprofilierung handeln (BAG 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06 -; 07.07.2005 – 2 AZR 399/04 -). Im Falle der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 02.03.2017 (2 AZR 546/16) ging es um die Chefarztstelle einer Rehaklinik. Zur Abwendung der Insolvenz hatte dort die Arbeitgeberin einen Basis-Vertrag gemäß § 21 SGB IX mit der DRV Knappschaft-Bahn-See geschlossen und – den Anforderungen der DRV entsprechend – gleichzeitig entschieden, dass die Innere Abteilung geschlossen und dafür eine Gastroenterologische eingerichtet werden solle. Die Chefarztstelle hatte von nun die Anforderung „Facharztbezeichnung Gastroenterologie“, eine Anforderung, die der dortige Kläger nicht erfüllte. In diesem speziellen Fall nahm das BAG an, dass die dort ausgesprochene Kündigung durch die Neuprofilierung der Stelle gerechtfertigt sein könnte (deshalb: Zurückverweisung an das LAG), weil sie auf die grundsätzliche Neuausrichtung der Rehaklinik – bisher Inneres, jetzt Gastroenterologie – zurückzuführen gewesen sei. Im Übrigen gilt, dass geschlossene Verträge einzuhaltende sind und diese einseitig nur bei Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse oder wichtiger Gründe geändert werden können.

Werden diese Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen, so bedeutet dies, dass (1.) die gehobenen Englischkenntnisse „fließend in Wort und Schrift“ für die weitere Beschäftigung in der Betriebsstruktur der Beklagten zwingend und nicht nur wünschenswert sein müssten und dass (2.) die Neuprofilierung im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme stehen müsste, die nicht nur ein neues Kästchen im Organigramm aufmachte, sondern auch eine Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit zum Gegenstand haben müsste.

Keine der beiden vorgenannten Voraussetzungen für eine Kündigungsrelevante Neuprofilierung liegen hier vor. Hinsichtlich der für die Ausübung ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit notwendigen Englischkenntnisse der Klägerin ist zunächst festzuhalten, dass entgegen der Darlegung der Beklagten die Geschäftssprache in ihrer Verwaltung nicht englisch ist. Das zeigt sich bei der Betriebsratsanhörung und bei der Stellungnahe des Betriebsrats. Beide sind in deutscher Sprache gehalten. Gleiches gilt für die zur Akte gereichten Stellenbeschreibungen, Anforderungsprofile und Arbeitsverträge. Alle diese Dokumente sind in deutscher Sprache abgefasst. In einem Betrieb mit Englisch als Geschäftssprache wäre dies anders. Weiter ist mit Blick auf die Sprachkenntnisse der Klägerin festzuhalten, dass sie seit Jahren eine Stelle innehat, für die im Anforderungsprofil „gute Englischkenntnisse (Sprache und Schrift)“ gefordert sind. Auf dieser Stelle mit diesem Anforderungsprofil und diesen Englischkenntnissen hat sie nicht nur die Probezeit abgeleistet, ohne dass das Arbeitsverhältnis durch eine Probezeitkündigung beendet worden wäre, sondern sie hat jahrelang für die Beklage gearbeitet und ein anerkennendes Zwischenzeugnis erhalten, in dem die Arbeit für die ausländischen Konzerntöchter hervorgehoben worden ist.

aa.  Englischkenntnisse „fließend in Wort und Schrift“ sind nach der Organisationsentscheidung der Beklagten nicht zwingend im oben genannten Sinne. Wie bereits festgestellt, hat die Beklagte ausreichend Tatsachen vorgetragen, aus denen ein aus sachlichen Gründen anerkennenswertes Interesse gefolgert werden kann, zukünftig nur solche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu beschäftigen, die die Sprache Englisch in Wort und Schrift fließend beherrschen. Dieses aus sachlichen Gründen anerkennenswerte Interesse wäre zum Beispiel geeignet, eine Ungleichbehandlung im Einstellungsverfahren zu rechtfertigen. Es ist aber nicht geeignet einen dringenden betrieblichen Grund zu bilden, also einen zwingenden Grund im oben genannten Sinne. Wie bereits zitiert, ist ein solcher Grund nur dann im Gesetzessinne „dringend“ wenn es der Arbeitgeberin nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Das ist sie nicht. Nicht einmal die Beklagte behauptet dies. Nach wie vor gibt es Buchhaltungsaufgaben, die ausschließlich die deutschen Tochtergesellschaften betreffen. Ohne Weiteres könnte die Klägerin weiter mit diesen betraut werden – ggfls. in geringerem Umfang, dann käme aber eine Änderungskündigung als milderes Mittel in Frage und die Beendigungskündigung wäre dann schon mangels Verhältnismäßigkeit unwirksam. Für die Begründung einer Änderungskündigung wäre vorzutragen gewesen, welchem Arbeitszeitanteil die Beschäftigten im Organigramm unter der Überschrift „Global Asset Management“ Englisch-sprechend oder Englisch-schreibend tätig werden.

bb.  Die von der Beklagten vorgenommene Neuprofilierung der Stelle der Klägerin steht nicht im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme die zumindest auch eine Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit zum Gegenstand hat. An der Ausrichtung der Geschäftsfähigkeit der Beklagten hat sich nämlich nichts geändert. Abgesehen von dem Aufgabenzuwachs („global“ und neuer Gruppenleiter) erledigt die Beklagte im Bereich „Controller EMEA & Global Production“ Accounting (Buchhaltung) und Asset Management (Anlagenverwaltung). Weder an den Aufgaben noch an den Objekten hat sich etwas geändert. Die Geschäftstätigkeit der Beklagten bleibt insgesamt gleich.

Nach alledem sind keine Tatsachen ersichtlich, die die streitgegenständliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte.

(3.)  Ob die Kündigung zusätzlich gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist, weil die Beklagte dem Betriebsrat als subjektiv determinierten Kündigungsgrund „keine Englischkenntnisse“ mitgeteilt hat, anstatt von „zu geringen Englischkenntnissen“ zu schreiben, kann dahin gestellt bleiben. Offen bleiben konnte auch die Frage, ob sich aus der Betriebsrats-Stellungnahme nicht ergibt, dass der Betriebsrat genau das verstanden hat, was die Beklagte ihm sagen wollte: Das Englisch der Klägerin ist nicht gut genug.

(4.)  Gleichfalls offenbleiben konnte die Frage, ob die Kündigung, wäre sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, mangels einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl trotzdem unwirksam ist.

2.  Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts wendet, die Beklagte sei zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verpflichtet, weil inzwischen eine weitere Kündigung im Raume steht, zu der der Betriebsrat vorab seine Zustimmung erklärt hat. Der grundsätzlich nach Widerspruch des Betriebsrats aus § 102 Abs. 5 BetrVG bestehende Weiterbeschäftigungsanspruch endet mit Ablauf der Kündigungsfrist einer weiteren Kündigung (hier zum Ende der sozialen Auslauffrist: 31.10.2018) zu der der Betriebsrat, wie hier, seine Zustimmung erklärt hat (Fitting, BetrVG, 29. Auflage, § 102 Rn. 110). Gleiches gilt für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, wie ihn der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelt hatte (GS 1/84). Dabei ist zur Verdeutlichung zu betonen, dass die Frage der Wirksamkeit dieser zweiten Kündigung nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln war daher teilweise aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

Da die Beklagte mit ihrer Berufung hinsichtlich des erstinstanzlichen Urteilstenors zu 1 keinen Erfolg hatte, war ihre Berufung im Übrigen zurückzuweisen.

III.  Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 ZPO nach dem jeweiligen Anteil des Obsiegens auf die Parteien zu verteilen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.

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