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Fristlose Arbeitnehmerkündigung mit notwendiger Auslauffrist wegen erheblicher Minderleistung

Fristlose Kündigung mit Auslauffrist wegen Minderleistung ungültig: Besonderer Kündigungsschutz für Betriebsratswahlbewerberin

Das Arbeitsgericht Köln entschied, dass die fristlose Kündigung einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin mit notwendiger Auslauffrist wegen erheblicher Minderleistung ungültig ist. Die Kündigung verstieß gegen den besonderen Kündigungsschutz für Betriebsratswahlbewerber. Zudem wurde die Beklagte zur Zahlung von ausstehendem Lohn plus Zinsen verurteilt. Die Kündigung konnte die notwendigen rechtlichen Anforderungen für eine fristlose Entlassung nicht erfüllen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 Ca 4810/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Ungültigkeit der Kündigung: Das Gericht stellt fest, dass die außerordentliche Kündigung nicht das Arbeitsverhältnis beendet hat.
  2. Besonderer Kündigungsschutz: Die Klägerin genoss als Betriebsratswahlbewerberin einen besonderen Kündigungsschutz.
  3. Kündigung aus wichtigem Grund: Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund waren nicht erfüllt.
  4. Annahmeverzugslohn: Die Klägerin hat Anspruch auf den geltend gemachten Lohn für den Zeitraum ab Juli 2014.
  5. Keine objektive Arbeitsunfähigkeit: Trotz Leistungsmängel wurde keine objektive Arbeitsunfähigkeit der Klägerin festgestellt.
  6. Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses: Keine hinreichenden Gründe, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte unzumutbar machen würden.
  7. Verurteilung zur Zahlung: Die Beklagte wurde zur Zahlung des ausstehenden Lohns plus Zinsen verurteilt.
  8. Kosten des Rechtsstreits: Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt.

Fristlose Kündigung mit Auslauffrist: Erhebliche Minderleistung als Kündigungsgrund

Eine fristlose Kündigung mit notwendiger Auslauffrist kann im Arbeitsrecht unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen, wenn der Arbeitnehmer erhebliche Minderleistungen erbringt. In solchen Fällen muss ein wichtiger Grund vorliegen, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Die Minderleistung muss so erheblich sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ein Beispiel für eine fristlose Kündigung mit notwendiger Auslauffrist findet sich im Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.01.2015 (Az.: 14 Ca 4810/14). In diesem Fall wurde die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist vom Arbeitgeber ausgesprochen. Allerdings ist zu beachten, dass eine fristlose Kündigung wegen Minderleistung nicht immer gerechtfertigt ist und eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist nur in Betracht kommt, wenn ohne die Änderung der Arbeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden kann.

Die Umstände der fristlosen Arbeitnehmerkündigung

Im Zentrum des Rechtsstreits stand eine fristlose Kündigung, die von der Beklagten gegen eine langjährige Mitarbeiterin ausgesprochen wurde. Die betroffene Mitarbeiterin, seit 1990 in der wissenschaftlichen Abteilung der Beklagten tätig, hatte sich aufgrund ihrer schweren Behinderung unter besonderem Kündigungsschutz befunden. Interessanterweise hatte sie sich auch für die Betriebsratswahl 2014 aufgestellt, was eine zusätzliche Schutzschicht in Bezug auf ihre Anstellung mit sich brachte. Die außerordentliche Kündigung erfolgte am 12. Juni 2014 und wurde von der Beklagten mit erheblichen Minderleistungen der Klägerin begründet.

Analyse des Kündigungsschutzes und rechtlicher Hintergrund

Die Klägerin erhob Einspruch gegen die Kündigung und führte dabei an, dass aufgrund ihres Status als Wahlbewerberin für den Betriebsrat eine außerordentliche Kündigung rechtlich nicht haltbar sei. Dieses Argument stützt sich auf § 15 Abs. 3 KSchG, welcher die Kündigung eines Wahlbewerbers innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses als unzulässig erklärt, es sei denn, es liegen schwerwiegende Gründe vor. Die Klägerin argumentierte weiterhin, dass die von der Beklagten vorgebrachten Gründe nicht ausreichten, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Detailbetrachtung der Kündigungsgründe und Gegenargumente

Die Beklagte stützte ihre Entscheidung auf mehrere Abmahnungen, die aufgrund von Mängeln in der Arbeitsleistung der Klägerin ausgesprochen wurden. Sie behauptete, dass die Arbeitsergebnisse der Klägerin nicht den qualitativen Mindestanforderungen entsprachen und dass dies eine erhebliche Beeinträchtigung des Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnisses darstellte. Die Klägerin hingegen betonte, dass diese Gründe nicht ausreichen würden, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, insbesondere unter Berücksichtigung ihres besonderen Kündigungsschutzes.

Entscheidung des Gerichts und Begründung

Das Arbeitsgericht Köln stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung nicht beendet worden sei. Das Gericht berief sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist gegenüber dem in § 15 KSchG geschützten Personenkreis unzulässig ist. Dies bedeutet, dass die besonderen Umstände des Falls – insbesondere der Status der Klägerin als Wahlbewerberin für den Betriebsrat – eine außerordentliche Kündigung ausschlossen. Das Gericht entschied außerdem, dass die Klägerin Anspruch auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum ab Juli 2014 hat, da die Beklagte die Arbeitsleistung der Klägerin nicht mehr angenommen hatte.

Zum Schluss des Urteils wurde entschieden, dass die Kosten des Rechtsstreits von der Beklagten zu tragen seien. Der Streitwert des Falles wurde auf 29.764,93 EUR festgesetzt.

Fazit: Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln hebt die Bedeutung des Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer, insbesondere in Fällen mit besonderen Umständen wie der Kandidatur für den Betriebsrat, hervor. Es zeigt auf, dass Kündigungen, die gegen gesetzlich verankerte Schutzbestimmungen verstoßen, von den Arbeitsgerichten nicht aufrechterhalten werden.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Inwiefern beeinflusst der Status als Betriebsratsmitglied oder Wahlbewerber den Kündigungsschutz eines Arbeitnehmers?

Der Status als Betriebsratsmitglied oder Wahlbewerber bietet einem Arbeitnehmer in Deutschland einen erweiterten Kündigungsschutz. Betriebsratsmitglieder sind während ihrer Amtszeit sowie ein Jahr nach Amtsbeendigung vor ordentlichen Kündigungen geschützt, außerordentliche Kündigungen sind nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder einer Ersetzung dieser Zustimmung durch das Arbeitsgericht möglich. Dieser Schutz soll die Unabhängigkeit des Betriebsrats sicherstellen und die Mitglieder davor bewahren, aufgrund ihrer Tätigkeit im Betriebsrat benachteiligt zu werden.

Für Wahlbewerber zum Betriebsrat beginnt der Sonderkündigungsschutz mit der offiziellen Aufstellung als Kandidat und endet sechs Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Sollte der Wahlbewerber in den Betriebsrat gewählt werden, geht dieser Schutz in den allgemeinen Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder über. Wird der Wahlbewerber nicht gewählt, besteht der nachwirkende Kündigungsschutz von sechs Monaten, in welchem nur außerordentliche Kündigungen möglich sind, ohne dass der Betriebsrat zustimmen muss.

Der erweiterte Kündigungsschutz gilt auch für Mitglieder des Wahlvorstands und für die ersten drei Arbeitnehmer, die zu einer Wahlversammlung einladen. Der Schutz beginnt mit der Bestellung des Wahlvorstands bzw. mit der Aufstellung eines ordnungsgemäßen Wahlvorschlags und endet mit dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Zusammenfassend dient der erweiterte Kündigungsschutz dazu, die Funktionsträger in der betrieblichen Mitbestimmung vor Repressalien durch den Arbeitgeber zu schützen und ihnen die Ausübung ihrer Rechte und Pflichten ohne Furcht vor Kündigung zu ermöglichen.

Was versteht man unter einer sozialen Auslauffrist im Kontext einer Kündigung?

Eine soziale Auslauffrist bezieht sich auf den Kontext einer außerordentlichen Kündigung. Normalerweise ist eine außerordentliche Kündigung fristlos, das heißt, das Arbeitsverhältnis endet sofort. Es gibt jedoch Fälle, in denen der Arbeitgeber zwar außerordentlich kündigen darf, aber eine Kündigungsfrist einhalten muss. Diese Kündigungsfrist wird als soziale Auslauffrist bezeichnet.

Die soziale Auslauffrist kommt ins Spiel, wenn ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt, aber die Weiterbeschäftigung aus sozialen Erwägungen noch vertretbar ist. Sie wird insbesondere in Fällen angewendet, in denen eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist, beispielsweise aufgrund von Regelungen im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag.

Die Dauer der sozialen Auslauffrist entspricht in der Regel der Kündigungsfrist, die anzuwenden wäre, wenn eine ordentliche Kündigung möglich wäre. Sie dient dazu, dem Arbeitnehmer eine Art Schonfrist zu gewähren, um sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzubereiten und möglicherweise eine neue Stelle zu finden.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist zu erklären. Es handelt sich um eine Option, die dem Arbeitgeber zur Verfügung steht, um die sozialen Auswirkungen einer außerordentlichen Kündigung zu mildern.


Das vorliegende Urteil

ArbG Köln – Az.: 14 Ca 4810/14 – Urteil vom 06.01.2015

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist vom 12.06.2014 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 916,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen, weiterhin 5.223,23 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2014, weiterhin 5.223,23 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2014, weiterhin 5.223,23 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2014, abzüglich am 01.10.2014 gezahlter 1.154,25 EUR netto, abzüglich am 08.10.2014 gezahlter 1.336,50 EUR netto.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Der Streitwert beträgt 29.764,93 EUR.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist sowie um Annahmeverzugslohn.

Die am .1963 geborene Klägerin ist seit dem 01.11.1990 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beklagten beschäftigt. Die Klägerin ist einem schwerbehinderten Menschen gemäß Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 17.10.2013 gleichgestellt. Sie erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 5.223,23 EUR brutto.

Die Klägerin hatte sich für die Betriebsratswahl 2014 aufstellen lassen und belegt Rang sieben der Ersatzmitgliederliste. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgte am 05.05.2014.

Die Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12.06.2014, der Klägerin an diesem Tag zugegangen, außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist zum 31.12.2014. Das Integrationsamt hat der Kündigung mit sozialer Auslauffrist zugestimmt.

Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 27.05.2014 zu der beabsichtigten Kündigung an. Er hat mit Schreiben vom 30.05.2014 seine Ablehnung zur beantragten Zustimmung der Kündigung erklärt. Auf Bl. 82 ff. der Akte wird ergänzend Bezug genommen.

Ab Juli 2014 hat die Beklagte die Arbeitsleistung der Klägerin nicht mehr angenommen und der Klägerin keine Vergütung mehr gezahlt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht beendet hat. Darüber hinaus macht sie Vergütungsansprüche aus Annahmeverzugsgesichtspunkten ab Juli 2014 bis einschließlich September 2014 geltend.

Sie ist der Auffassung, dass eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist auf Grund ihres nachwirkenden Kündigungsschutzes als Wahlbewerberin schon nicht möglich sei. Darüber hinaus lägen auch keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund vor.

Ferner habe die Beklagte erklärt, die Arbeitsleistung der Klägerin nicht weiter anzunehmen. Der Klägerin sei aber das vereinbarte Gehalt während der Dauer ihrer Freistellung weiter zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist vom 12.06.2014, zugegangen am 12.06.2014, beendet worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch sonstige Tatbestände endet, sondern über den 31.12.2014 hinaus fortbesteht;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 916,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen, weiterhin 5.223,23 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2014, weiterhin 5.223,23 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2014, weiterhin 5.223,23 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2014, abzüglich am 01.10.2014 gezahlter 1.154,25 EUR netto (ALG 1), abzüglich am 08.10.2014 gezahlter 1.336,50 EUR netto (ALG 1).

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund mit einer sozialen Auslauffrist auch im Rahmen des § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG möglich sei. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu einem Ausschluss einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist im Rahmen des § 15 Abs. 3 KSchG überzeuge nicht. Die Beklagte habe den Antrag auf Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung der Klägerin vor dem Integrationsamt zurückgezogen, nachdem das Integrationsamt signalisiert hatte, dieser Kündigung nicht zuzustimmen. Insofern sei es nun unbillig, die Beklagte mit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist auszuschließen.

Darüber hinaus läge ein wichtiger Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen, so dass es der Beklagten unzumutbar sei, die Klägerin weiterzubeschäftigen. Im Hinblick auf die Qualität der von der Klägerin durchgeführten Arbeiten hat die Beklagte der Klägerin unter dem 07.03.2014, 12.03.2014 sowie am 12.03.2014 Abmahnungen erteilt. Im Hinblick auf den Inhalt dieser Abmahnungen wird auf Bl. 37 ff. d.A. Bezug genommen.

Die Beklagte behauptet, dass die Arbeitsergebnisse der Klägerin erhebliche Mängel aufwiesen und nicht den qualitativen Mindestanforderungen entsprächen, die an fachliche Angebotsprüfungen und deren Dokumentation zu stellen seien.

Am 14.05.2014 sei es erneut zu einem Fehlverhalten der Klägerin gekommen. Die Klägerin war beauftragt worden, im Hinblick auf einen Antrag des … eine Stellungnahme einschließlich Ergebnisvermerk zur Qualitätssicherung zu erstellen. Die Dokumentation der Klägerin im Hinblick auf die Antragsprüfung wiesen erhebliche Mängel auf und entsprächen nicht den qualitativen Mindestforderungen, die an fachliche Antragsprüfungen und deren Dokumentation zu stellen seien.

Insgesamt sei die Minderleistung der Klägerin so erheblich, dass das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung so stark beeinträchtigt sei, dass es der Beklagten nicht mehr zumutbar sei, die Klägerin weiterzubeschäftigen. Dabei sei unklar, ob der wichtige Grund verhaltensbedingter oder personenbedingter Natur sei und die Kündigung daher vorsorglich auf beide Alternativen gestützt würde.

Aus diesem Grund habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn für die Zeit ab Juli 2014. Die Ansprüche der Klägerin seien ausgeschlossen, da die Klägerin außer Stande sei, die ihr geschuldete Leistung zu bewirken. Die Beklagte habe bereits bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, als die Klägerin im Jahre 1991 eine Gehirnblutung erlitt, ein übergroßes Maß an Rücksichtnahme für sie aufgebracht. Sie sei mehrere Jahre in der Abteilung Kommunikation beschäftigt worden, ohne dass die dort aufgetretenen Leistungsmängel sanktioniert worden seien. Es habe sich dabei um einen Schonarbeitsplatz gehandelt, bei dem nur einfache Tätigkeiten auszuführen gewesen seien. Im Laufe der Zeit sei jedoch offenkundig geworden, dass die Klägerin noch nicht einmal dieser Art Arbeiten gewachsen sei. So habe die Beklagte seit dem Jahr 2006 und in den Jahren 2009 und 2010 entsprechende Gespräche nebst schriftlicher Dokumentation mit der Klägerin geführt. Auch im Jahre 2013 sei es zu mehreren Abmahnungen gekommen, da sich die Arbeitsleistungen der Klägerin nicht verbessert hätten.

Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin auf Grund ihrer Behinderung nicht in der Lage sei, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Eine anderweitige Erklärung der Leistungsmängel sei nicht ersichtlich. Die Beklagte gehe dabei laienhaft davon aus, dass die Konzentrationsfähigkeit und die Gedächtnisfunktion der Klägerin auf Grund der erlittenen Gehirnblutung stark beeinträchtigt seien. Anders seien die festgestellten Leistungsmängel nicht erklärbar.

Darüber hinaus gebe es anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten im Sinne des § 81 SGB IX nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie begründet. Im Übrigen ist sie unzulässig.

I.

Der Klageantrag zu 2. ist als sog. Schleppnetzantrag unzulässig. Die Klägerin hat keine weiteren Beendigungstatbestände in den Rechtsstreit eingeführt und ein Feststellungsinteresse gemäß § 253 ZPO nicht hinreichend dargelegt.

II.

Im Übrigen ist die Klage zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Der Kündigungsschutzantrag zu 1. ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG zulässig und begründet.

a.) Das Kündigungsschutzgesetz findet unstreitig auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Klägerin hat die Kündigungsschutzklage rechtzeitig erhoben.

b.) Die Voraussetzungen der Kündigung richten sich nach § 15 Abs. 3 KSchG.

Die Klägerin ist eine Wahlbewerberin des im Betrieb der Beklagten im Mai 2014 gewählten Betriebsrates. Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses erfolgte am 05.05.2014.

Nach § 15 Abs. 3 KSchG ist die Kündigung eines Wahlbewerbers innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Eine Zustimmung nach § 103 BetrVG ist Fall nicht erforderlich.

Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob ein Wahlbewerber aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt werden kann. Hierzu gelten die Grundsätze, die das Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 17.01.2008 (2 AZR 821/06) zur verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes mit sozialer Auslauffrist aufgestellt hat. Danach ist eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist gegenüber dem in § 15 KSchG geschützten Personenkreis unzulässig. Die Zulassung einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist aus verhaltensbedingten Gründen würde die kündigungsrechtlichen Grenzen zwischen dem kündbaren und dem nach § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmer verwischen. Sie führe in den Fällen, in denen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist, nicht aber bis zum Auslaufen des Sonderkündigungsschutzes zumutbar ist, zur Zulässigkeit einer Kündigung, die im Ergebnis der – eigentlich ausgeschlossenen – ordentlichen Kündigung gleichkommt. Sie stelle damit für diese Fallgruppe den unkündbaren Betriebsrat mit dem kündbaren Arbeitnehmer gleich. Sinn des Gesetzes sei es aber, den Betriebsrat – abgesehen von den Fällen des § 15 Abs. 4, 5 KSchG – von der Bedrohung durch die ordentliche Kündigung gerade mit Rücksicht auf seine besondere Stellung auszunehmen. Bei Zulassung einer verhaltensbedingten Kündigung mit Auslauffrist für Betriebsratsmitglieder würde sich exakt die Gefahr realisieren, die der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 15 KSchG ausschalten wollte (vgl. im Einzelnen BAG vom 17.01.2008 – 2 AZR 821/06 – zitiert nach Juris).

Diesen Grundsätzen schließt sich die erkennende Kammer ohne Einschränkung an. Ergänzend ist auszuführen, dass die vorgenannten Grundsätze auch für eine personenbedingte Kündigung Geltung haben. Das Kündigungsschutzgesetz macht im Rahmen des § 15 nur für betriebsbedingte Kündigung Ausnahmen von dem normierten Kündigungsverbot. Es gibt daher keine Veranlassung die vom BAG aufgestellten Grundsätze auf verhaltensbedingte Kündigungen zu beschränken. Diese sind vielmehr auch auf personenbedingten Kündigungen zu übertragen.

c.) Darüber hinaus ist vorliegend fraglich, ob – selbst wenn man den Vortrag der Beklagten als gegeben unterstellt – ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt. Die Beklagte stützt ihre Kündigung im Wesentlichen auf erhebliche Leistungsmängel der Klägerin. Eine Minderleistung – auch eine erhebliche – kann indes nur in Ausnahmefällen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 18.11.2009, 8 TaBV 29/09 – zitiert nach Juris). Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich ein solcher Ausnahmefall nach Auffassung der Kammer nicht. Zwar seien nach dem Vortrag der Beklagten die Arbeitsergebnisse mit erheblichen Mängeln behaftet. Jedoch hat die Beklagte keine schwerwiegenden Schäden dargelegt, die dazu führten, dass eine weitere Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin zu wesentlichen Nachteilen der Beklagten führen würde und daher eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen würde.

2. Die Klägerin hat Anspruch auf den von ihr geltend gemachten Annahmeverzugslohn für den Zeitraum ab Juli 2014.

Die Beklagte hat erklärt, die Arbeitsleistung der Klägerin nicht weiter anzunehmen. Sie begründet dies damit, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen und geht daher von einer Leistungsunfähigkeit aus. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Eine objektive Arbeitsunfähigkeit liegt nicht vor. Sofern die von der Beklagten angeführten Leistungsmängel bei der Klägerin – selbst als korrekt unterstellt – eine fristlose Kündigung nicht zu begründen vermögen, so kann auch nicht von einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Die Tatsache, dass die Arbeitsergebnisse der Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mit eklatanten Mängeln behaftet seien, führt nicht dazu, dass die Klägerin als nicht leistungsfähig einzustufen wäre. Auf Basis des Vortrags der Beklagten vermag die Kammer auch nicht zu erkennen, dass die Annahme der Arbeitsleistung für die Beklagte unzumutbar ist. Unzumutbarkeit ist nur dann anzunehmen, wenn der Grund schwerer wiegt, als der für die fristlose Kündigung. Das ist nach Auffassung der Kammer nicht der Fall und die Beklagte nicht berechtigt, die Klägerin ohne Fortzahlung der Vergütung freizustellen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m §§ 495, 92 Abs. 2, Nr. 1 ZPO. Die Kosten sind insgesamt der Beklagten aufzuerlegen. Der abgewiesene allgemeine Feststellungantrag ist nicht streitwerterhöhend und führt daher nicht zu höheren Kosten.

Die Festsetzung des Streitwertes im Urteil beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 42 Abs. 2 GKG, §§ 3 ff ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen, sind vorliegend nicht ersichtlich.

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