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Fristlose Kündigung – eigenmächtige Urlaubsnahme – unentschuldigtes Fehlen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 121/19 – Urteil vom 28.11.2019

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau – in der Pfalz – vom 26.02.2019 – 6 Ca 818/18 – wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 26.02.2019 – 6 Ca 818/18 abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt der Kläger.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Der 1973 geborene Kläger war seit dem 01. August 2000 bei der Beklagten als Montierer beschäftigt.

Per Rundmail der Beklagten vom 21. Juni 2018 wurden die Beschäftigten unter der Überschrift „Tarifergebnis 2018: Mehr Entscheidungsmöglichkeiten bei persönlicher Arbeitszeit“ darüber informiert, dass für 2019 zwei neue Bausteine des Tarifvertrags vereinbart worden seien, darunter die Möglichkeit zur „Wandlung des neuen tariflichen Zusatzgelds (T-ZUG) in 8 zusätzliche freie Tage“.

Am 07. September 2018 stellte der Kläger im Computersystem mit dem elektronisch hinterlegten Formular einen Antrag auf „Umwandlung tarifliches Zusatzgeld (T-ZUG) in Freistellungstage (Schichter) 2019“. Das Formular enthält eingangs folgenden „Hinweis“:

„Pro Bezugsjahr können Sie einen Antrag auf Wandlung in Freistellungstage stellen. Detaillierte Informationen zu Ihrem Anspruch finden Sie im Intranet unter dem Portalcode @o.

Bitte beachten Sie, dass Sie eine Rückmeldung zur Wandlung T-ZUG in Freistellungstage frühestens im Dezember erhalten.

Der systemseitige Status „genehmigt“ bedeutet, dass der Antrag vom System akzeptiert wurde und ist keine Genehmigung Ihres Antrages.“

Der vom Kläger ausgefüllte Antrag vom 07. September 2018 (Bl. 64, 65 d. A.) enthält keine Zeitangabe zu einem bestimmten Urlaubszeitraum. Mitte September 2018 fand der Kläger im System zu seinem Antrag den Status „genehmigt“ vor.

Am Samstag, 30. September 2018, reiste der Kläger mit dem Auto nach Spanien und verbrachte dort einen zweiwöchigen Urlaub bis zum 12. Oktober 2018. Der Kläger informierte weder die Beklagte noch seine Arbeitskollegen über seine urlaubsbedingte Abwesenheit ab Montag, 01. Oktober 2018. Nachdem der Kläger, der ab dem 01. Oktober 2018 hätte arbeiten müssen, am 01. und 02. Oktober 2018 nicht zur Arbeit erschienen und auch telefonisch nicht zu erreichen war, fuhren am Nachmittag des 02. Oktober 2018 die Vorgesetzte des Klägers, Frau S., und Herr W. (Meister Cockpitvormontage) zur Wohnadresse des Klägers, trafen diesen jedoch nicht an. Dort sahen sie den vollen Briefkasten des Klägers und fragten in der Nachbarschaft nach dem Verbleib des Klägers, wonach Frau S. über die dabei erhaltene Telefonnummer einer Verwandten des Klägers die Information erhielt, dass der Kläger zwei Wochen in Spanien in Urlaub sei. Sodann informierte Frau S. den Personalbereich über das Fehlen des Klägers. Daraufhin wurde der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 05. Oktober 2018 (Bl. 59 d. A.), an die Wohnanschrift des Klägers per Einwurf-Einschreiben am 09. Oktober 2018 zugestellt, auf sein unentschuldigtes Fehlen ab dem 01. Oktober 2018 hingewiesen und gleichzeitig zur Wiederaufnahme der Arbeit aufgefordert. Über sein Handy war der Kläger für die Beklagte telefonisch nicht erreichbar. Am 10. Oktober 2018 rief eine Mitarbeiterin eines anderen Bereichs, Frau K., die Schwester des Klägers an und bat diese, den Kläger zu informieren, dass er sich bei der Beklagten melden solle. Daraufhin kam es am 10. Oktober 2008 zu einem Telefongespräch zwischen dem Kläger und Frau S., in dem der Kläger angab, in Spanien in Urlaub zu sein. Zur Begründung verwies er darauf, dass er acht Tage zusätzlichen Urlaub habe und im Computersystem der Urlaub von ihm beantragt und als genehmigt bestätigt worden sei.

Am 15. Oktober 2018 fand ein Personalgespräch mit dem Kläger statt, an dem Frau S. und von der Personalabteilung Frau H. und Frau Sch. teilnahmen; wegen der in diesem Personalgespräch erfolgten Aussage des Klägers zum Sachverhalt „unentschuldigtes Fehlen vom 02. bis 10. Oktober 2018“ wird auf das vom Kläger unterzeichnete Gesprächsprotokoll vom 15. Oktober 2018 (Bl. 61, 62 d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2018, beim Betriebsrat am 18. Oktober 2018 eingegangen, unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat unter Angabe der Sozialdaten des Klägers über die von ihr beabsichtigte außerordentliche Kündigung und hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31. Mai 2019; wegen der Einzelheiten wird auf das Anhörungsschreiben vom 16. Oktober 2018 nebst Anlagen (Bl. 91 – 100 d. A.) verwiesen. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 (Bl. 101, 102 d. A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung; wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme des Betriebsrats vom 19. Oktober 2018 verwiesen.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 (Bl. 10 d. A.), dem Kläger am 26. Oktober 2018 zugegangen, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Mai 2019.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 09. November 2018 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – eingegangenen Kündigungsschutzklage gewandt und seine vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 26. Februar 2019 – 6 Ca 818/18 – verwiesen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. Oktober 2018 beendet wird,

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Montierer weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 26. Februar 2019 – 6 Ca 818/18 – hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 24. Oktober 2018 zum 31. Mai 2019 sein Ende finden wird, und die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Montierer weiterzubeschäftigen, während es im Übrigen die Klage abgewiesen hat. Das Arbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung nach der vorgenommenen Interessenabwägung für unwirksam erachtet, während es die ordentliche Kündigung als sozial gerechtfertigt angesehen hat. Den zuerkannten Weiterbeschäftigungsanspruch hat es auf „§ 102 Abs. 2 BetrVG“ gestützt. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 12. März 2019 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. April 2019, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 18. April 2019, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 26. April 2019 eingegangen, begründet.

Der Kläger trägt vor, die ordentliche Kündigung sei nicht verhältnismäßig, weil keine einschlägige Abmahnung vorliege. Das Arbeitsgericht habe sein Verhalten unzutreffend unter die Begrifflichkeit „eigenmächtige Urlaubsnahme“ subsumiert. Die eigenmächtige Urlaubsnahme setze Vorsatz voraus. Er habe hingegen fahrlässig gehandelt, weil er irrtümlich geglaubt habe, berechtigterweise den Zusatzurlaub sofort antreten zu dürfen. Diese Einlassung könne auch nicht als bloße Schutzbehauptung gewertet werden. Der Irrtum, dass der Urlaub genehmigt gewesen sei, sei nicht nur möglich, sondern einem solchen könnte auch ein größerer Adressatenkreis unterlegen sein. Zum einen enthalte der Hinweis auf dem Antragsformular ausdrücklich das Wort „genehmigt“, was im Zusammenhang mit einem Urlaubsantrag gemeinhin bedeute, dass der Urlaub „in Ordnung gehe“. Im Übrigen sei die Formulierung („Der systemseitige Status bedeutet, dass der Antrag vom System akzeptiert wurde und ist keine Genehmigung Ihres Antrags“) höchst missverständlich. Trotz der zweimaligen Erwähnung des Wortes „genehmigt“ solle ausgedrückt werden, dass gar nichts genehmigt werde. Fraglich sei, welcher Antrag nun gemeint sei, ein genereller Urlaubsantrag oder nur der Antrag auf Umwandlung des Entgelts in Zusatzurlaub. Die Beklagte hätte durch eine entsprechende Fassung des Formulars klar und deutlich zum Ausdruck bringen müssen, dass der systemseitige Status „genehmigt“ nur bedeute, dass der Antrag elektronisch erfasst worden sei und über den Antrag allerdings noch abschließend entschieden werden müsse und vor allem das Wort „genehmigt“ keine Genehmigung eines Urlaubsantrages beinhalte. Der Tatbestand des Arbeitsgerichts sei fehlerhaft und suggeriere, dass die Beklagte erst nach dem 5. Oktober 2018 durch das Telefonat am 10. Oktober 2018 von der Ortsabwesenheit erfahren habe. Tatsächlich habe die Beklagte selbst vorgetragen, dass sie bereits am 2. Oktober 2018 von seiner Verwandten die Information erhalten habe, dass er zwei Wochen in Spanien in Urlaub sei. Im Hinblick darauf mache das an seine Wohnadresse gerichtete Aufforderungsschreiben vom 5. Oktober 2018 wenig Sinn, weil die Beklagte gewusst habe, dass er sich dort überhaupt nicht aufhalte und deshalb dem Anliegen nicht nachkommen könne. Im Hinblick darauf, dass er erstmals konkret im Personalgespräch am 15. Oktober 2018 von dem Pflichtverstoß informiert und vorher nicht mit dem Fehlverhalten konfrontiert worden sei, sei eine ordentliche Kündigung unverhältnismäßig. Völlig neben der Sache seien die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Zusammenhang mit dem Freizeitguthaben und den 70 Freischichten. Nirgendwo stehe in der Betriebsvereinbarung, dass sich der Arbeitnehmer im Falle von Freischichten wegen eventueller Notfälle für den Arbeitgeber erreichbar an einem bestimmten Ort aufhalten müsse. Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit von 18 Jahren, seines Lebensalters und des lediglich fahrlässig erfolgten Urlaubsantritts ohne entsprechende Genehmigung falle die Interessenabwägung zu seinen Gunsten aus. Das Arbeitsgericht habe die Alkohol- und Drogenauffälligkeit, die im November 2009 zu einer Vereinbarung der Parteien geführt habe, an den Anfang des Tatbestandes gestellt und damit die zu seinen Ungunsten ausfallende Interessenabwägung begründet. Abgesehen davon, dass die Vereinbarung fast zehn Jahre zurückliege, falle die Alkohol- und Drogenauffälligkeit in den personenbedingten Bereich und könne deshalb nicht zu seinen Ungunsten in der Interessenabwägung herangezogen werden. Maßgeblich sei vielmehr, dass er seit 18 Jahren in einem nicht abgemahnten Arbeitsverhältnis stehe. Diesem Umstand hätte mehr Gewicht beigemessen werden müssen. Die von der Beklagten dargestellten Betriebsablaufstörungen bestreite er mit Nichtwissen. Für die Rechtswirksamkeit der verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung sei es notwendig, dass sich das Fehlverhalten auch betrieblich auswirke, was für die Interessenabwägung erheblich sei. Dabei liege eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht schon dann vor, wenn der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden „abstrakt“ oder konkret „gefährdet“ sei, sondern nur, wenn insoweit eine konkrete Störung eingetreten sei. Vorliegend habe das Arbeitsgericht fälschlicherweise die Interessenabwägung zu seinen Ungunsten ausfallen lassen und dabei Betriebsablaufstörungen nur abstrakt als nachvollziehbar bezeichnet, ohne der entsprechenden Beweisfrage nachzugehen. Soweit ausgeführt worden sei, dass solche Störungen üblicherweise anfallen würden, wenn die Personalabteilung nicht wisse, wo der Arbeitnehmer sich aufhalte, sei dies jedenfalls nicht ausreichend. Da schon die ordentliche Kündigung unwirksam sei, sei die außerordentliche Kündigung erst recht unwirksam und die Anschlussberufung unbegründet.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 26. Februar 2019 – 6 Ca 818/18 – abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat, und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die ordentliche Kündigung vom 24. Oktober 2018 zum 31. Mai 2019 nicht aufgelöst ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 26. Februar 2019 – 6 Ca 818/18 – abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die außerordentliche Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung für unwirksam erachtet. Der Pflichtverstoß des Klägers sei derart gravierend, dass das Arbeitsverhältnis derart zerrüttet bzw. das Vertrauensverhältnis so zerstört sei, dass ihr eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden könne. Obwohl der Kläger ausdrücklich darüber informiert worden sei, dass bei einer Antragstellung im dafür vorgesehenen System eine Rückmeldung zur Umwandlung des neuen tariflichen Zusatzgeldes in Freistellungstage frühestens im Dezember erfolgen werde und der systemseitige Status „genehmigt“ nur bedeute, dass der Antrag vom System akzeptiert worden sei und dies keine Genehmigung des Antrags darstelle, habe der Kläger gleichwohl in Kenntnis dieser maßgeblichen Umstände seinen zweiwöchigen Urlaub angetreten. Obwohl der Kläger auch im Personalgespräch vom 15. Oktober 2018 bestätigt habe, wie die übliche Urlaubsbeantragung laufe, habe er gleichwohl den Urlaub genommen, und zwar unstreitig ohne „irgendjemanden“ bei ihr hierüber zu informieren. Dies seien derart gravierende Umstände, dass dem Kläger nicht zugestanden werden könne, dass aufgrund seiner längeren Betriebszugehörigkeit von 18 Jahren eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig wäre. Auch wenn sich der Kläger im Personalgespräch für sein Verhalten der eigenmächtigen Urlaubsnahme entschuldigt und auch in der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2019 beteuert habe, dass dies nicht mehr passieren würde, könnten diese Äußerungen nicht zur Unverhältnismäßigkeit der außerordentlichen Kündigung führen. Ansonsten hätte dies zur Folge, dass jedwedes, das Vertrauensverhältnis der Parteien zerstörende Fehlverhalten eines Mitarbeiters mit einem späteren Eingeständnis bzw. einer späteren Entschuldigung seine kündigungsrechtliche Wirkung verlieren würde. Dies gelte umso mehr, als die betrieblichen Störungen, die durch das Fehlverhalten des Klägers eingetreten seien, im Einzelnen unter Beweisantritt dargestellt worden seien. Dass in der ungenehmigten Urlaubsnahme für zwei Wochen liegende vorsätzliche Fehlverhalten des Klägers sei derart gravierend, dass unter Berücksichtigung seiner Sozialdaten und seiner Einlassung im Personalgespräch die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sei. Mit seiner Berufung versuche der Kläger ohne Erfolg, seinen massiven Verhaltensverstoß derart abzumindern, dass es sich um eine „versehentliche, ungenehmigte Urlaubsnahme“ handele, so dass allenfalls eine Abmahnung gerechtfertigt wäre. Der Kläger habe unstreitig seinen eigenmächtig genommenen Urlaub vom 29. September bis 12. Oktober 2018 ohne genaue Angabe im Vorfeld und ohne Information an sie (auch nicht an die Kollegen) angetreten, obwohl ihm die Regelung zur Urlaubsnahme (Antrag mit genauer Angabe des gewünschten Urlaubszeitraumes und Genehmigung durch sie) bekannt gewesen sei. Das Verhalten des Klägers müsse definitiv als vorsätzliche, eigenmächtige Urlaubsnahme gewertet werden, während die entgegenstehende Einlassung des Klägers als reine Schutzbehauptung zu beurteilen sei. Insbesondere sei in keiner Weise zu erkennen, wieso es sich bei dem Verhalten des Klägers um eine „versehentliche Urlaubsnahme“ gehandelt haben solle. Der Kläger habe im Kammertermin auch bestätigt, dass er keine Urlaubstage mehr gehabt habe und selbst auch nicht davon ausgegangen sei, dass er im Rahmen von etwaigen Freischichtguthaben den Urlaub habe nehmen können. Soweit der Kläger behaupte, er habe die Vorgehensweise bezüglich der Freistellungstage nicht richtig verstanden, weil ansonsten das spätere Verhalten nicht erklärbar wäre, müsse dies im Ergebnis eher dahingehend gedeutet werden, dass es ihm schlichtweg egal gewesen sei, ob er entgegen den beschriebenen Vorgaben ohne Abstimmung mit ihr Urlaub genommen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schrift-sätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, die Anschlussberufung der Beklagten hingegen begründet.

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24. Oktober 2018 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang fristlos beendet.

I. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB liegen im Streitfall vor.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Sodann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 13. Dezember 2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 15, NZA 2019, 445; BAG 14. Dezember 2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 27, NZA 2018, 646). Unentschuldigtes Fehlen und eine eigenmächtige Urlaubsnahme eines Arbeitsnehmers sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen (BAG 16. März 2000 – 2 AZR 75/99 – Rn. 36, NZA 2000, 1332). Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten und ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Der Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt nicht eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, er verletzt vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist (BAG 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97 – Rn. 21, NZA 1998, 708; BAG 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93 – Rn. 24, NZA 1994, 548).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das kündigungsrelevante Verhalten des Klägers als unentschuldigtes Fehlen und eigenmächtige Urlaubsnahme zu bewerten, die als wichtiger Grund zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung an sich geeignet sind.

Der Kläger hat sich in der Zeit vom 1. bis 12. Oktober 2018 selbst beurlaubt und unstreitig einen zweiwöchigen Urlaub in Spanien verbracht, ohne dass für diesen Zeitraum Urlaub von ihm beantragt und von der Beklagten bewilligt worden war.

Entgegen den Ausführungen des Klägers in seiner Berufungsbegründung kann im Streitfall nicht angenommen werden, dass er lediglich fahrlässig gehandelt hat und einem Irrtum unterlegen war, weil er angeblich glaubte, berechtigterweise den Zusatzurlaub sofort antreten zu dürfen. Der Kläger hat am 7. September 2018 im Computersystem einen Antrag auf „Umwandlung tarifliches Zusatzgeld (T-ZUG) in Freistellungstage Schichter 2019“ gestellt, in dem eingangs der ausdrückliche und unmissverständliche Hinweis darauf enthalten ist, dass der systemseitige Status „genehmigt“ bedeutet, dass der Antrag vom System akzeptiert wurde und dies keine Genehmigung des Antrags ist. Jedenfalls hat der Kläger damit keinen Urlaub für einen bestimmten Zeitraum beantragt. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, dass er bei der Beantragung im System keine Zeitangabe eingetragen habe, von wann bis wann er den Urlaub nehmen würde. Dementsprechend kann er auch nicht davon ausgegangen sein, dass ihm Urlaub für die Zeit vom 1. bis 12. Oktober 2018 genehmigt worden ist. Er hat angegeben, dass er bereits Mitte September 2016 den Status „genehmigt“ im System erhalten habe. Eine nachvollziehbare Erklärung, weshalb er dann angeblich geglaubt haben sollte, dass er – nicht etwa sofort, sondern erst Ende September 2018 bzw. Anfang Oktober 2018 – seinen „Zusatzurlaub“ antreten kann, ohne die Beklagte hierüber auch nur informieren zu müssen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dementsprechend konnte der Kläger weder im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht noch in der Berufungsverhandlung vom 28. November 2018 eine Erklärung für sein Verhalten liefern. Auch die Rundmail der Beklagten vom 21. Juni 2018 vermag einen angeblichen „Irrtum“ nicht zu begründen, zumal der Kläger nach seinem Vortrag im Schriftsatz vom 30. Januar 2019 das Infoschreiben selbst nicht einmal gelesen haben will. Im Hinblick darauf, dass der Kläger weder einen Urlaubsantrag für einen bestimmten Zeitraum gestellt noch den Zeitraum des Urlaubs vom 1. bis 12. Oktober 2018 der Beklagten überhaupt mitgeteilt hat, ist seine Berufung auf einen angeblichen „Irrtum“ als Schutzbehauptung zu bewerten. Mangels nachvollziehbarer Erklärung des Klägers ist im Streitfall davon auszugehen, dass der Kläger den Urlaub vom 1. bis 12. Oktober 2018 wissentlich ohne Genehmigung der Beklagten angetreten hat.

3. Die außerordentliche Kündigung ist auch unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt. Der Beklagten war es aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers – objektiv – unzumutbar, den Kläger auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen. Eine Abmahnung war im Streitfall entbehrlich.

a) Bei der Prüfung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (BAG 23. August 2018 – 2 AZR 235/18 – Rn. 39 und 40, juris; BAG 13. Dezember 2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 29 und 30, NZA 2019, 445).

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG 13. Dezember 2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 30, NZA 2019, 445).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beklagten bei Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falls die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Mai 2019 nicht zumutbar.

Gemäß den obigen Ausführungen ist im Streitfall mangels nachvollziehbarer Erklärung des Klägers davon auszugehen, dass er seinen zweiwöchigen „Urlaub“ in der Zeit vom 1. bis 12. Oktober 2018 nicht etwa irrtümlich, sondern wissentlich ohne Genehmigung der Beklagten angetreten hat. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, weiß ein jeder Arbeitnehmer, dass er sich nicht selbst von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten entbinden kann, um in den Urlaub zu fahren. Indem sich der Kläger gleichwohl eigenmächtig für einen längeren Zeitraum von zwei Wochen selbst beurlaubt hat, ohne irgendjemanden bei der Beklagten hierüber auch nur zu informieren, musste ihm ohne Weiteres bewusst sein, dass er mit seiner Vorgehensweise seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Dabei kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass er die schriftliche Aufforderung der Beklagten vom 5. Oktober 2018 zur unverzüglichen Arbeitsaufnahme erst nach seiner Urlaubsrückkehr zur Kenntnis genommen hat, weil er sich durch seine eigenmächtige Urlaubsnahme selbstverschuldet der Erreichbarkeit entzogen hat, zumal er auch über sein Mobiltelefon für die Beklagte nicht zu erreichen war. Bei der eigenmächtigen Urlaubsnahme des Klägers handelt es sich unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls um eine so schwere Pflichtverletzung, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Kläger erkennbar – ausgeschlossen war. Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte es daher keiner Abmahnung.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zwar zugunsten des Klägers seine langjährige Betriebszugehörigkeit von 18 Jahren (bzw. von 24 Jahren unter Einbeziehung der angerechneten Vorbeschäftigungszeiten) und sein Lebensalter von 45 Jahren im Zeitpunkt der Kündigung zu berücksichtigen. Dabei kann zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass das Arbeitsverhältnis zuvor unbeanstandet verlaufen war. Gleichwohl ist in Anbetracht der Schwere der ihm vorzuwerfenden Pflichtverletzung das für eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Klägers derart erschüttert, dass der Beklagten eine Weiterbeschäftigung des Klägers auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der Kläger hat sich für einen erheblichen Zeitraum von zwei Wochen eigenmächtig selbst beurlaubt und damit die ihm obliegende Arbeitspflicht über einen längeren Zeitraum fortgesetzt verletzt. Hinzu kommt noch, dass er weder einen Vorgesetzten noch einen Arbeitskollegen über seine urlaubsbedingte Abwesenheit überhaupt informiert hat und auch telefonisch über sein Mobiltelefon für die Beklagte nicht erreichbar war. Eine nachvollziehbare Erklärung für seine eigenmächtige Urlaubsnahme konnte der Kläger bei seiner Anhörung im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht und im Termin vom 28. November 2019 vor dem Landesarbeitsgericht nicht abgeben. Gemäß den obigen Ausführungen ist sein Verweis auf einen angeblichen „Irrtum“ als bloße Schutzbehauptung zu bewerten. Danach ist davon auszugehen, dass der Kläger den Urlaub wissentlich ohne Genehmigung der Beklagten angetreten hat. Der Kläger hatte materiell-rechtlich keinen entsprechenden Urlaubsanspruch und durfte in Anbetracht der eindeutigen Hinweise auf dem von ihm verwandten Formular nicht davon ausgehen, dass ihm noch ein zusätzlicher Urlaubanspruch für das Jahr 2018 zustand. Unabhängig davon hat er überhaupt keinen Urlaubsantrag für die Zeit vom 1. bis 12. Oktober 2018 gestellt und die Beklagte hierüber nicht einmal informiert. Er war auf die kurzfristige Inanspruchnahme von zusätzlichem Urlaub auch nicht etwa dringend angewiesen. In keiner Weise nachvollziehbar ist, weshalb der Kläger niemanden darauf angesprochen hat, ob er in dem betreffenden Zeitraum Zusatzurlaub in Anspruch nehmen kann.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Arbeitsgericht zutreffend angeführt, dass in einem Produktionsbetrieb üblicherweise Betriebsablaufstörungen dann auftreten, wenn der Arbeitnehmer ohne Benachrichtigung des Arbeitgebers einfach über einen Zeitraum von zwei Wochen von seinem Arbeitsplatz fernbleibt. Dabei obliegt es dem Arbeitgeber regelmäßig nicht, Betriebsablaufstörungen infolge des unentschuldigten Fehlens des Arbeitnehmers und der nicht erfolgten Benachrichtigung konkret darzulegen. Solche Betriebsablaufstörungen sind mit einem derartigen Fehlverhalten des Arbeitnehmers üblicherweise verbunden. Würden bei einem unentschuldigten Fehlen des Arbeitnehmers, das zudem ohne rechtzeitige Benachrichtigung des Arbeitgebers erfolgt, solche Betriebsablaufstörungen ausnahmsweise nicht auftreten, wäre der Arbeitnehmer in der fraglichen Zeit eigentlich überflüssig und sein Einsatz für den Arbeitgeber nicht von Nutzen, was regelmäßig nicht angenommen werden kann (BAG 15. März 2001 – 2 AZR 147/00 – Rn. 15, juris). Danach ist im Streitfall bei dem im Schichtbetrieb eingesetzten Kläger davon auszugehen, dass seine eigenmächtige Urlaubsnahme über einen Zeitraum von zwei Wochen ohne rechtzeitige Information der Beklagten zu den üblicherweise damit verbundenen Betriebsablaufstörungen geführt hat. Ob es darüber hinaus gemäß der Darstellung der Beklagten noch zu besonderen Störungen des Betriebsablaufs gekommen ist und bedingt durch den Ausfall des Klägers insgesamt 8 Fahrzeuge weniger produziert wurden, kann im Streitfall dahingestellt bleiben.

Unerheblich ist die vom Arbeitsgericht erörterte Frage, ob der Kläger sich während einer Freischicht in Spanien hätte aufhalten können, weil sich der Kläger nicht darauf, sondern allein auf seinen Antrag vom 7. September 2018 auf Umwandlung des tariflichen Zusatzgeldes in Freistellungstage berufen hat. Der Beklagten ist die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch nicht etwa deshalb zuzumuten, weil der Kläger später im Personalgespräch am 15. Oktober 2018 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht sein Fehlverhalten eingestanden und sich hierfür entschuldigt bzw. beteuert hat, dass dies nicht mehr passieren würde. Wie das Arbeitsgericht im Rahmen seiner Begründung zur sozialen Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung selbst ausgeführt hat, ist durch das Verhalten des Klägers das Vertrauensverhältnis zur Beklagten irreparabel zerstört worden. Daran ändert eine nachträgliche Entschuldigung nichts, zumal es für das eigenmächtige Vorgehen des Klägers ohnehin keine nachvollziehbare Erklärung gibt, die sein Fehlverhalten in einem milderen Licht hätte erscheinen lassen können. Soweit das Arbeitsgericht angeführt hat, dass dem Kläger für die Dauer seines Urlaubs ein Lohnanspruch nicht zustehe und der Beklagten die Möglichkeit verbleibe, für ihr entstandene Schäden Schadensersatzansprüche geltend zu machen, ändert auch dieser Gesichtspunkt nichts am eingetretenen Vertrauensverlust durch die schwerwiegende Pflichtverletzung des Klägers, der der Beklagten die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht.

4. Die Beklagte hat die Zweiwochenfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Die Kündigungserklärungsfrist hat nicht vor der Beendigung des unentschuldigten Fehlens des Klägers bis zum 12. Oktober 2018 und seiner danach am 15. Oktober 2018 erfolgten Anhörung begonnen. Die dem Kläger am 26. Oktober 2018 zugegangene Kündigung ist daher ohne Weiteres fristgerecht gemäß § 626 Abs. 2 BGB erfolgt.

II. Die Kündigung ist auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Die Beklagte hat den Betriebsrat mit dem Anhörungsschreiben vom 16. Oktober 2018 unter Angabe der Sozialdaten des Klägers über die Gründe für die von ihr beabsichtigte außerordentliche Kündigung ordnungsgemäß unterrichtet. Nach dem am 18. Oktober 2018 erfolgten Eingang des Anhörungsschreibens beim Betriebsrat hat dieser mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 Stellung genommen. Unabhängig davon war im Zeitpunkt des Ausspruchs der außerordentlichen Kündigung vom 24. Oktober 2018 die Äußerungsfrist von drei Tagen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) bereits abgelaufen. Danach war das Anhörungsverfahren vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß abgeschlossen.

III. Aufgrund des Unterliegens des Klägers mit dem Kündigungsschutzantrag zu 1. ist der Weiterbeschäftigungsantrag zu 2. als unechter Hilfsantrag nicht zur Entscheidung angefallen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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