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Fristlose Kündigung wegen vorsätzlicher Vorlage eines ungültigen Corona-Testzertifikats

Arbeitsgericht muss über Wirksamkeit von Kündigung entscheiden.

Ein Mitarbeiter einer Gemeinde klagt gegen seine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Hintergrund ist ein Streit über die Wirksamkeit von Testzertifikaten im Zusammenhang mit der 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Der Mitarbeiter hatte sich mit Selbsttests auf das Coronavirus getestet und die Ergebnisse im Internet eingetragen. Daraufhin erhielt er Zertifikate über das negative Testergebnis. Der Arbeitgeber warf ihm vor, damit gegen die 3G-Regelung verstoßen zu haben und ihn über die Ordnungsgemäßheit seiner Testzertifikate getäuscht zu haben. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist insbesondere streitig, ob der Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber auf das Erfordernis der Testung in einem offiziellen Testzentrum hingewiesen wurde und ob die Kündigungen verhältnismäßig waren. Das Gericht muss nun über die Wirksamkeit der Kündigung entscheiden.

ArbG Neumünster – Az.: 1 Ca 88 b/22 – Urteil vom 04.08.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf 8.475,25 Euro.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.

Fristlose Kündigung wegen vorsätzlicher Vorlage eines ungültigen Corona-Testzertifikats
(Symbolfoto: Ales_1985/Shutterstock.com)

Zwischen der Beklagten, einer Gemeinde, die regelmäßig nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, und dem ledigen und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichteten Kläger besteht seit dem 1.5.2020 ein Arbeitsverhältnis. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund Bezugnahme gem. § 2 des Arbeitsvertrags der Parteien (Anl. B1) der TVöD entsprechende Anwendung. Der Kläger ist gelernter Tischler und war zuletzt als Gemeindemitarbeiter zu einem durchschnittlichen Arbeitsentgelt von 2.825,08 Euro brutto tätig.

Der nicht gegen das Coronavirus geimpfte Kläger war bis zum 23.12.2021 aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit und aufgrund von Urlaub nicht im Betrieb der Beklagten anwesend. Am 22.12.2021 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Bürgermeister der Beklagten, Herrn W., in der Wohnung des Klägers statt. In diesem Gespräch informierte Herr W. den Kläger über die geltenden Corona-Regelungen und die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz. Im Übrigen ist der genaue Inhalt des Gesprächs streitig. Der Bürgermeister überreichte dem Kläger in dem Gespräch ein Informationsschreiben der Beklagten vom 23.11.2021 (Anl. B2). Darin heißt es (auszugsweise):

„Personelle und organisatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2

(…)

Für den 3-G-Test gibt § 2 Nummer 7 Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung des Bundes drei Möglichkeiten, nämlich

a. vor Ort unter Aufsicht desjenigen, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist, oder

b. im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzt, oder

c. von einem Leistungserbringer nach § 6 Absatz 1 der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder überwacht wurde, also in einem Testzentrum.

(…)

Beschäftigte, die sich trotz Verpflichtung zum Dienst der Einhaltung der 3-G-Regel verweigern und damit vorwerfbar einen Grund herstellen, an dem Betreten der Dienststelle aus gesetzlichen Gründen gehindert zu sein, begehen einen arbeitsrechtlichen Pflichtverstoß bzw. machen sich eines Dienstvergehens hinreichend verdächtig. Die Dienststellen sind angehalten, hieraus die notwendigen arbeitsrechtlichen bzw. dienstrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Das beinhaltet darüber hinaus auch den rechtlich korrekten Umgang mit Vergütung und Besoldung.“

Nach § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in den Fassungen, die vom 24.11.2021 bis zum 19.03.2022 galten (im Folgenden „§ 28b IfSG a.F.“), durften Arbeitgeber und Beschäftigte Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie geimpft, genesen oder tagesaktuell getestet waren (im Folgenden „3G-Regelung“).

An seinem ersten Arbeitstag nach Rückkehr aus dem Urlaub am 27.12.2021 legte der Kläger der Beklagten ein negatives Testzertifikat einer Teststation aus B. vor, ebenso an den folgenden Arbeitstagen am 28.12.2021, 29.12.2021 und 2.1.2022.

Für die Tage 3.1.2022, 5.1.2022, 6.1.2022 und 9.1.2022 reichte der Kläger der Beklagten Zertifikate, die von dem Arzt Dr. H. K. ausgestellt wurden und bescheinigen, der Kläger habe in B. bzw. H. einen Test gemacht und sei jeweils negativ getestet worden, vor (vgl. Anl. B5 und B6).

Auf den Zertifikaten heißt es:

„Bescheinigung über das Vorliegen eines positiven oder negativen Testergebnisses zum Nachweis des SARS-CoV-2 Virus

(…)

Test durchgeführt von Dr. med. H. K.

Testung durch Leistungsträger i.S.v. § 6 Abs. 1 TestV

(Unterschrift: Dr. med. H. K.)“

Herr Dr. K. hatte die Corona-Tests tatsächlich nicht selbst durchgeführt. Er betreibt eine Online-Plattform unter der URL www.dr.a….com, auf der die sich selbst testenden Nutzer ihre Angaben zu ihrer Person, dem Testdatum, der Testart und des Testanbieters eingeben. Sodann wird den Nutzern nach Zahlung eines Entgelts wenige Minuten später ein Zertifikat über das Testergebnis zugesandt.

Durch Schreiben vom 10.1.2022 lud die Beklagten den Kläger zu einem Personalgespräch am 17.1.2022 ein. In diesem Gespräch hörte die Beklagte den Kläger zu dem Vorwurf, ungültige Testzertifikate vorgelegt zu haben, an und stellte den Kläger im Anschluss hieran von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Durch Schreiben vom 17.1.2022, dem Kläger zugegangen am 18.1.2022, erklärte die Beklage die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Tatkündigung) zum 31.3.2022 (Anl. B12). Durch weiteres Schreiben vom 17.1.2022, dem Kläger ebenfalls am 18.1.2022 zugegangen, erklärte die Beklagte die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Verdachts einer Pflichtverletzung (Anl. B13).

Mit seiner Klage vom 1.2.2022, bei Gericht eingegangen am 3.2.2022, wendet sich der Kläger gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 17.1.2022 (Antrag zu 1) und etwaige andere Beendigungstatbestände (Antrag zu 2). Der Klagschrift war die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung als Anlage beigefügt. Durch Schriftsatz vom 20.4.2022, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, macht der Kläger auch die Unwirksamkeit der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Tatkündigung vom 17.1.2022 geltend.

Der Kläger behauptete zunächst, in dem Gespräch mit dem Bürgermeister der Beklagten am 22.12.2021 sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass nur Testnachweise von offiziellen Testzentren gelten würden. In der mündlichen Verhandlung am 4.8.2022 hat der Kläger sodann erklärt, er könne nicht ausschließen, dass er vom Bürgermeister doch auf das Erfordernis der Testung in einem offiziellen Testzentrum hingewiesen wurde. Weiter behauptet der Kläger, die Kündigungsschreiben seien ihm am 18.1.2022 nicht einzeln übergeben, sondern zeitgleich auf den vor ihm befindlichen Tisch gelegt worden. Er habe sich am 3.1.2022, 5.1.2022, 6.1.2022 und 9.1.2022 mit Selbsttests auf das Coronavirus getestet und die Ergebnisse seien jeweils negativ gewesen. Anschließend habe er die Ergebnisse auf der Internetseite www.dr.a….com angegeben und sodann von dort den Nachweis über das negative Testergebnis erhalten. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass eine solche Vorgehensweise nicht ausreichend sei. Er habe die Beklagte auch nicht getäuscht, denn die Zertifikate würden zu Recht ein negatives Testergebnis bescheinigen. Er habe gegenüber der Beklagten im Übrigen nie behauptet, dass die Tests von einem offiziellen Testzentrum durchgeführt worden seien. Jedenfalls seien die Kündigungen nicht verhältnismäßig, zumal die Beklagte ihn zuvor nicht abgemahnt habe.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Verdachtskündigung vom 17.01.2022 noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.01.2022 beendet wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Tatkündigung vom 17.01.2022 noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.01.2022 beendet wird.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

4. Im Falle des Obsiegens des Antrags zu 1. und/oder zu 2. und/oder zu 3. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahren zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Gemeindemitarbeiter weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, in dem Gespräch am 22.12.2022 habe der Bürgermeister den Kläger darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, Test von einer offiziellen Teststation beizubringen. Hierzu habe er auf das Testzentrum in B. und die Möglichkeit, sich zweimal die Woche in I. testen zu lassen, hingewiesen. Weiter behauptet die Beklagte, sie habe dem Kläger am 18.1.2022 zunächst die Tatkündigung und anschließend das Schreiben zur hilfsweise erklärten Verdachtskündigung übergeben. Dem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn S., sei einige Tage nach dem 3.1.2022 aufgefallen, dass die vom Kläger vorgelegten Tests nicht ordnungsgemäß seien. Er habe daraufhin am 9.1.2022 seine Kollegin Frau Sc. informiert, diese habe wiederum am 10.1.2022 die Zeugin Frau F. in Kenntnis gesetzt und diese habe schließlich am 10.1.2022 den Bürgermeister der Beklagten informiert. In der Anhörung am 17.1.2022 habe der Kläger wahrheitsgemäß erklärt, er habe die Tests aus dem Internet bezogen. Die Beklagte meint, der Kläger habe gegen die damals geltende 3G-Regel am Arbeitsplatz verstoßen und die Beklagte über die Ordnungsgemäßheit seines Testzertifikats getäuscht. Dies sei eine schwere Pflichtverletzung, die die außerordentliche, hilfsweise Kündigung wegen der Tat, hilfsweise wegen des Verdachts rechtfertigen würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien und ihrer Beweisangebote wird ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4.8.2022 gegebenen Erklärungen des Klägers und des Bürgermeisters der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Kündigungsschutzklage ist unbegründet.

I. Der gegen die fristlose Kündigung (Tatkündigung) gerichtete Kündigungsschutzantrag (Antrag zu 2) ist unbegründet. Die fristlose Kündigung vom 17.1.2022 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet.

1. Die Kündigung gilt nicht schon nach § 4 Satz 1, § 7, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG als rechtswirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Tatkündigung rechtzeitig innerhalb von drei Wochen seit ihrem Zugang am 18.1.2022 durch Erhebung ihrer Kündigungsschutzklage am 1.2.2022 geltend gemacht. Zwar hat der Kläger innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG zunächst nur die „außerordentliche Kündigung vom 17.1.2022“ angegriffen und die Kopie der Verdachtskündigung als Anlage K1 beigefügt. Erst durch Schriftsatz vom 20.4.2022 und damit außerhalb der 3-Wochenfrist hat er die Klage auf die Tatkündigung erweitert. Allerdings hat der Kläger schon durch die ursprüngliche Klageschrift auch die Tatkündigung angegriffen und in den Prozess eingeführt. Die Kammer schließt sich dem BAG, das einer erweiterten punktuellen Streitgegenstandstheorie folgt, an. Danach wird bei einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage zugleich festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand (BAG, Urt. v. 5.10.1995 – 2 AZR 909/94, NZA 1996, 651; BAG, Urt. v. 15.12.2005 – 8 AZR 202/05, NZA 2006, 597). Die stattgebende rechtskräftige Entscheidung beinhaltet über einen Antrag gemäß § 4 S. 1 KSchG zugleich die Feststellung, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt zwischen den Parteien noch ein Arbeitsverhältnis existiert (BAG, Urt. v. 18.4.2002 – 8 AZR 346/01, NZA 2002, 1207; BAG, Urt. v. 22.11.2012 – 2 AZR 732/11, NZA 2013, 665). Zum Zeitpunkt der Kündigung muss das Arbeitsverhältnis noch bestanden haben, andernfalls ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann dahinstehen, ob – wie die Beklagte behauptet – das Schreiben der Beklagten zur außerordentlichen Tatkündigung vom 17.1.2022 dem Kläger zeitlich vor der Verdachtskündigung übergeben wurde oder – wie vom Kläger behauptet – beide Schreiben zeitgleich zugegangen sind. Jedenfalls beinhaltet schon der ursprüngliche Kündigungsschutzantrag des Klägers (Antrag zu 1 aus der Klageschrift vom 1.2.2022) die Feststellung, dass mit Zugang dieser Kündigung am 18.1.2022 noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand. Sollte die außerordentliche Tatkündigung dem Kläger also tatsächlich zuerst zugegangen sein, wäre deren Wirksamkeit Voraussetzung für den weiteren Bestand des Arbeitsverhältnisses und damit für die Begründetheit einer auf die Verdachtskündigung beschränkten Klage. Es bedurfte hierfür folglich weder eines „Schleppnetzantrags“ (ursprünglicher Antrag zu 2) noch der Erweiterung der Klage auf den Beendigungstatbestand der Tatkündigung durch Schriftsatz vom 20.4.2022. Ein solches Ergebnis ist auch sachgerecht, denn beide Kündigungen vom 17.1.2022 beruhen auf dem gleichen Lebenssachverhalt und beenden das Arbeitsverhältnis der Parteien im Falle ihrer Wirksamkeit am gleichen Tag. Damit steht fest, dass der Kläger mit seiner Klage vom 1.2.2022 sämtliche ihm bis zu diesem Zeitpunkt zugegangenen Kündigungen angreifen und in den Prozess einführen wollte.

2. Für die außerordentliche Kündigung wegen der Tat vom 17.1.2022 besteht ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB.

a) Gem. § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG, Urt. v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18, Rn. 15 bei juris).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegt hier ein wichtiger Grund vor. Der Kläger hat durch die Vorlage der Testzertifikate bei der Beklagten versucht, die Beklagte über seinen 3G-Status zu täuschen. Damit hat er in schwerwiegender Weise gegen seine auf § 28b Abs. 1 S. 1 IfSG a.F., § 242 Abs. 2 BGB beruhenden arbeitsvertraglichen Nebenpflicht verstoßen.

aa) Der Kläger hat der Beklagten unstreitig für mehrere Arbeitstage (3.1.2022, 5.1.2022, 6.1.2022 und 9.1.2022) Testzertifikate aus dem Internet vorgelegt, die einen negativen Coronatest bescheinigen. Unstreitig hat der Kläger sich diese Zertifikate zuvor aus dem Portal www.dr.a….com zur Verfügung stellen lassen, ohne zuvor einen Test von einer hierfür geschulten Person und ohne Aufsicht eines approbierten Arztes durchführen zu lassen. Unstreitig ist auch, dass der Kläger die Zertifikate, die die Angaben „Testzentrum“ und „Testung durch Leistungserbringen i.S.d. § 6 Abs. 1 TestV“ enthielten, bei der Beklagten eingereicht hat, um darzulegen, dass er die Voraussetzungen der 3G-Regel am Arbeitsplatz erfüllt.

bb) Die Vorlage eines Testzertifikats, das unzutreffend bescheinigt, der Antigen-Schnelltest sei von dem Leistungserbringer i.S.d. § 6 Abs. 1 TestV selbst durchgeführt worden, in der Absicht, die in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. geregelte Nachweispflicht zu umgehen, ist an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit schließt sich die Kammer der Entscheidung des ArbG Hamburg (ArbG Hamburg, Urt. v. 31.3.2022 – 4 Ca 323/21, juris) an. Zwar handelt es sich insoweit nur um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB. Dies allein steht der Annahme eines wichtigen Grundes aber nicht entgegen, wie die Rechtsprechung bereits mehrfach festgestellt hat (z.B. wiederholter Verstoß gegen ein betriebliches Rauchverbot, LAG Düsseldorf, Urt. v. 17.6.1997 – 16 Sa 346/97, NZA 1998, 945; Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht, BAG, Urt. v. 4.4.1974 – 2 AZR 452/73, juris; Weigerung, Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten, LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.4.2005 – 11 Sa 810/04, NZA-RR 2006, 194). Zu Recht weist das ArbG Hamburg in seiner Entscheidung vom 31.3.2022 auch darauf hin, die Vorlage eines unzutreffenden Testzertifikats konnte in der Pandemielage erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz Dritter mit sich bringen (Rn. 38 bei juris). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger tatsächlich Dritte, insbesondere andere Arbeitnehmer der Beklagten, gefährdet hat. Allein die abstrakte Gefährdung der Gesundheit anderer Menschen stellt eine schwerwiegende Gefährdung der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht und einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar. Insoweit ist auch die Ansicht des ArbG Bielefeld (Urt. v. 24.3.2002 – 1 Ca 2311/21, NZA-RR 2022, 367), erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz Dritter würden erst dann vorliegen, wenn das Testergebnis, das bescheinigt wird, unzutreffend ist, nicht überzeugend. Ein Testzertifikat ist nicht nur im Falle eines unzutreffenden Testergebnisses falsch, sondern auch dann, wenn es nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechend ausgestellt wurde. Dementsprechend hatte auch der Gesetzgeber bei der Änderung des IfSG mit Wirkung zum 12.12.2021 festgestellt, dass die Corona-Pandemie deutlich gemacht habe, dass die Verwendung gefälschter Gesundheitszeugnisse erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz von Dritten mit sich bringen könne (BT-Drs. 20/89, S. 4). Schon daraus folgt, dass schon die Vorlage eines unzutreffenden Zertifikats eine schwerwiegende Nebenpflichtverletzung darstellt. Darauf, ob der Kläger darüber hinaus auch unzutreffende Angaben zu seinen Testergebnissen gemacht hat, kommt es dagegen nicht an. Seine Behauptung, er habe sich an den entsprechenden Arbeitstagen selbst negativ getestet, konnte also dahinstehen.

Hinzukommt, dass der Kläger durch die Vorlage der Bescheinigungen auch die Beklagte in Gefahr gebracht hat, denn die Verletzung der in § 28b IfSG a.F. statuierten Pflichten, insbesondere die Nachweis- und Überwachungspflichten gem. § 28b Abs. 3 IfSG a.F., stellten eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers dar und konnten zu Sanktionen der Aufsichtsbehörden führen. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers angenommen wird, dass er keine Kenntnis von diesem Haftungsrisiko hatte, so muss er dieses aber wenigstens für möglich gehalten und eine Realisierung billigend in Kauf genommen haben.

cc) Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es sich nach Überzeugung der Kammer um eine bewusste Vorlage eines nicht ordnungsgemäßen Testzertifikats und um eine bewusste Täuschung des Arbeitgebers und damit um eine erhebliche Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht handelt. Insoweit steht fest, dass der Kläger Kenntnis von dem Informationsschreiben der Beklagten vom 23.11.2021 (Anl. B2), dessen Empfang er zuvor quittierte (vgl. Anl. B3), hatte. Zwar ist dem Kläger zuzugestehen, dass die rechtlichen Vorgaben zum ordnungsgemäßen Verhalten in der Corona-Pandemie teilweise unübersichtlich waren und das Schreiben vom 23.11.2021 recht umfangreich war und viele Informationen enthielt. Allerdings heißt es unter dem Punkt A.I.a) – aus Sicht der Kammer eindeutig -, dass der 3G-Test von einem Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 Coronavirus-Testverordnung vorgenommen und überwacht werden muss, also in einem Testzentrum. Jedenfalls durch diesen Zusatz („also in einem Testzentrum“) wurde der Kläger in die Lage versetzt, zweifellos zu verstehen, dass nur real existierende, analoge Testzentren geeignete Zertifikate ausstellen können. Hinzukommt, dass die Kammer nach persönlicher Anhörung beider Parteien in der mündlichen Verhandlung am 4.8.2022 überzeugt ist, dass die Beklagte den Kläger in dem Personalgespräch am 22.12.2021 auch mündlich ausdrücklich auf das Erfordernis, ein „richtiges“ Testzentrum aufzusuchen, hingewiesen hat. Der Bürgermeister hat im Rahmen seiner Anhörung gem. § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO erklärt, er habe dem Kläger in dem Gespräch klargemacht, dass nur ein Test in einer offiziellen Teststation akzeptiert werde. Anschließend hätten beide über mögliche Teststationen gesprochen, insbesondere über die Teststation in B. und im Amt I. . Der Kläger habe ihm daraufhin mitgeteilt, er werde dann zur offiziellen Teststation nach B. fahren (S. 1 Protokoll v. 4.8.2022). Der Bürgermeister wirkte in seiner Anhörung sicher, entschlossen und insgesamt glaubwürdig. Der ebenfalls persönlich angehörte Kläger konnte sich dagegen auf Nachfrage des Vorsitzenden zunächst nicht daran erinnern, ob der Bürgermeister ihn auf dieses Erfordernis angesprochen hatte. Er erklärte, dass das Gespräch zu lange her sei (S. 2 Protokoll v. 4.8.2022). Schon diese Einlassung ist aus Sicht der Kammer unglaubwürdig, denn der Kläger gab zugleich vor, sich an den übrigen Gesprächsinhalt erinnern zu können. Auf erneute Nachfrage des Vorsitzenden erklärte der Kläger dann, es liege durchaus nahe, dass er auch auf die Pflicht, sich in einem offiziellen Testzentrum testen zu lassen, hingewiesen worden sei. Aus dieser Einlassung kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Kläger einen derartigen Hinweis des Bürgermeisters für wahrscheinlich hält und die entsprechende Behauptung der Beklagten nicht mehr bestreiten möchte. Die Kammer ist daher im Sinne von § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO überzeugt, dass der Kläger sowohl schriftlich durch das Informationsschreiben vom 23.11.2021 als auch mündlich durch den Bürgermeister darüber informiert wurde, dass der 3G-Test nur von einem rechtlich anerkannten Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 TestV stammen darf.

Hiergegen hat der Kläger durch Vorlage eines Testzertifikats aus dem Internet bewusst verstoßen. Ihm war die Bedeutung des Begriffs „Testzentrum“ bekannt, denn er hatte zunächst für die Arbeitstage 28.12.2021, 29.12.2021 und 2.1.2022 ein Zertifikat eines offiziellen Testzentrums aus B. bei der Beklagten eingereicht. Seine Einlassung, ihm sei der Aufwand für eine Testung im räumlich weit entfernten B. zu hoch gewesen (S. 5 Schriftsatz vom 20.4.2022), zeigt, dass der Kläger sich zunächst gesetzeskonform und entsprechend den Anweisungen der Beklagten verhalten wollte, sich dann aber aus eigennützigen Gründen zu Gunsten seiner persönlichen Bequemlichkeit für einen nicht ausreichenden Test aus dem Internet entschieden hatte. Der Kläger handelte somit den Vorgaben bewusst zuwider und hat damit zumindest die abstrakte Gefahr eines eigenen „falsch-negativen“ Corona-Status´ und einer Ansteckung von Kolleg:innen sowie etwaige Sanktionen der Beklagten durch die Aufsichtsbehörde in Kauf genommen. Insoweit ist die Pflichtverletzung aus Sicht der Kammer vergleichbar mit der Vorlage eines gefälschten Impfausweises (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21 – Rn. 19 ff. bei juris; ArbG Siegburg, Urt. v. 23.6.2022 – 3 Ca 2171/21, becklink 2024119) oder eines falschen Genesenennachweises (ArbG Berlin, Ur. V. 26.4.2002 – 58 Ca 12302/21, BeckRS 2022, 11392), bei denen die Rechtsprechung ebenfalls einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB anerkannt hat. Allen Fällen ist gemein, dass die betroffenen Personen durch eigene Fälschung oder durch Vorlage offensichtlich nicht ordnungsgemäßer Bescheinigungen ihren Arbeitgeber getäuscht haben und zugleich eine der Gesundheit ihrer Kolleg:innen potentiell gefährdende schwere Nebenpflichtverletzung begangen haben.

Soweit der Kläger weiter behauptet, er habe nicht gewusst, dass ein im Internet erlangtes Testzertifikat unzureichend sei, wertet dies die Kammer als reine Schutzbehauptung. Der Kläger hätte insbesondere durch eine einfache Internet-Recherche herausfinden können, dass derartige Bescheinigungen nicht den rechtlichen Anforderungen genügen und in öffentlich zugänglichen Medien von der Nutzung entsprechender Anbieter abgeraten wird. Der substantiieren Behauptung der Beklagten, insbesondere Landkreise und Ärztekammern hätten schon Ende des Jahres 2021 vor ungültigen Testzertifikaten eines H.r Unternehmens sowie vor C. A. und Dr. H. K. gewarnt (vgl. etwa Anl. B8), ist der Kläger nicht wirksam entgegengetreten. Auch seine Einlassung, er habe nicht getäuscht, denn auf den Zertifikaten sei gut sichtbar in einem farblich hervorgehobenen Kasten vermerkt, dass die Tests nur bei Vorlage von zwei Fotos der Testkassette und der Testkassette selbst gültig seien (S. 4 Schriftsatz vom 20.4.2022), ist unerheblich. In den vorgelegten Bescheinigungen (vgl. Anl. B5 und B6) sind explizit die Angabe „Testung durch Leistungsträger i.S.d. § 6 Abs. 1 TestV“ und die Unterschrift eines Arztes enthalten, so dass einem objektiven Empfänger der Eindruck vermittelt wird, es handele sich – ohne Vorlage weiterer Dokumente – um eine ordnungsgemäße Bescheinigung auf Grundlage eines von einem Arzt durchgeführten Test. Dies muss dem Kläger bewusst gewesen sein.

b) Auch die Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus. Der Beklagten ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.3.2022 auch bei Berücksichtigung der Interessen des Klägers nicht zumutbar.

aa) Bei der Prüfung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der – fiktiven – Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen (BAG, Urt. v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18, Rn. 28 bei juris). Zu berücksichtigen sind insoweit regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen. Der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere hinsichtlich einer möglichen Wiederholungsgefahr von Bedeutung. Je höher er ist, desto größer ist diese (BAG 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 29 mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze fällt die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers aus.

bb) Zunächst bedurfte es keiner vorherigen Abmahnung der Pflichtverletzung durch die Beklagte. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urt. v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18, Rn. 30 bei juris). Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Es handelt sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die das Vertrauensverhältnis der Parteien restlos zerstört hat. Der Kläger hat in Kenntnis des Informationsschreibens der Beklagten vom 23.11.2021 und trotz vorheriger, expliziter Anweisung durch den Bürgermeister vom 22.12.2021 bewusst gegen die Vorgabe, nur ein Testzertifikat einer offiziellen Teststation vorzulegen, verstoßen. Der Kläger zerstörte mit diesem Verhalten das Vertrauen der Beklagten in eine ordnungsgemäße Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere hinsichtlich der zur Zeit der Vertragspflichtverletzung besonders wichtigen 3G-Regel im Betrieb. Die Beklagte musste insbesondere davon ausgehen, dass eine Wiederholungsgefahr besteht, weil sich der ungeimpfte Kläger auch im Falle künftiger Corona-bedingter betrieblicher Einschränkungen nicht an die gesetzlichen Vorgaben und die Weisungen des Arbeitgebers zum Gesundheitsschutz halten werde.

cc) Zu Gunsten des Klägers spricht die Tatsache, dass er zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist und dass ihn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unvorbereitet und plötzlich trifft. Auf der anderen Seite ist ihm ein hoher Verschuldensgrad vorzuwerfen, weil er eindeutigen Anweisungen der Beklagten zuwiderhandelte. Auch verstieß er nicht einmalig, sondern an mehreren Tagen gegen seine Nebenpflichten. Dies spricht für eine bewusste Handlung und eine grobe Missachtung der maßgeblichen Normen. Darüber hinaus muss zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden, dass er aus eigensinnigen Motiven heraus handelte. Zudem hatte er die Wahl zwischen mehreren, zulässigen Wegen, einen gültigen Testnachweis zu erlangen. Hierauf wurde er auch durch Schreiben der Beklagten vom 23.11.2021 hingewiesen. Sein Handeln war also nicht alternativlos, vielmehr hat sich der Kläger bewusst und unter Inkaufnahme von Gefahren für seine Arbeitskolleg:innen und seine Arbeitgeberin für einen aus seiner Sicht bequemen Weg entschieden. Auch die kurze Betriebszugehörigkeit von ca. 1,5 Jahren spricht gegen eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Schließlich ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass der Kläger (geb. am …1985) noch relativ jung ist und nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Beklagten eine abgeschlossene Berufsausbildung als Tischler hat. Insgesamt hat der Kläger damit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

3. Die Beklagte hat auch die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Maßgeblich für den Beginn der Kündigungserklärungsfrist ist die Kenntnis des Kündigungsberechtigten (ErfK/Niemann, 22. Aufl. 2022, § 626 BGB Rn. 205). Dies war vorliegendend – unstreitig – Herr W. als Bürgermeister der Beklagten. Herr W. hat nach unbestritten gebliebenem Vortrag der Beklagten am 10.1.2022 durch die Mitarbeiterin Frau F. Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen erlangt. Die Frist begann daher am 10.1.2022 zu laufen und endete nicht vor dem 18.1.2022, dem Tag des Zugangs der Kündigung.

II. Da das Arbeitsverhältnis durch die Tatkündigung vom 17.1.2022 am 18.1.2022 beendet wurde, kommt es auf die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen Verdachtskündigung vom 17.1.2022 nicht mehr an. Der Antrag zu 1, gerichtet auf Feststellung der Unwirksamkeit der Verdachtskündigung, ist folglich unbegründet.

III. Der Antrag zu 3 („Schleppnetzantrag“) ist ebenfalls unbegründet. Andere Beendigungstatbestände als die Kündigungen vom 17.1.2022, beide zugegangen am 18.1.2022, liegen nicht vor.

IV. Der Antrag zu 4 (Weiterbeschäftigungsanspruch) ist als uneigentlicher Hilfsantrag nicht zur Entscheidung der Kammer angefallen.

B. Der Kläger hat als unterliegende Partei des Rechtsstreits gem. § 91, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG dessen Kosten zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG in Höhe von drei Bruttomonatsverdiensten des Klägers festzusetzen. Hiervon ist sowohl die Verdachtskündigung (Antrag zu 1) als auch die Tatkündigung (Antrag zu 2) umfasst, denn beide Kündigungen beenden das Arbeitsverhältnis der Parteien zum gleichen Tag. Der Antrag zu 3 hatte keinen eigenständigen Wert, ebenso wenig der nicht zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag zu 4. Die Berufung musste nach § 64 Abs. 3a ArbGG nicht gesondert zugelassen werden, sie ist bereits aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 64 Abs. 2 c ArbGG zulässig.

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