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Rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 4 Sa 489/17 – Urteil vom 26.01.2018

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2017 – 2 Ca 5809/16 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zeugnisberichtigung bzw. -ergänzung und die Zahlung einer Verzugspauschale.

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 22.06.2010 bis zum 30.04.2016 als Sachbearbeiterin und Sekretärin beschäftigt. Einzelheiten ihrer Tätigkeit sind in einer Stellenbeschreibung vom 01.01.2015 niedergelegt. Dort ist als Aufgabe in der Sachbearbeitung unter anderem „Leistungswettbewerb des H (Wettbewerb inkl. Abschlussveranstaltung)“ genannt. Der Leistungswettbewerb des H wird vom Z organisiert, der insoweit von den Ha , unter anderem von der Beklagten, unterstützt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellenbeschreibung wird auf Blatt 169 bis 175 der Akte Bezug genommen.

Die Parteien schlossen in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln mit dem Aktenzeichen 9 Ca 9491/15 am 07.04.2016 einen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO, nach dem das Arbeitsverhältnis am 30.04.2016 endete. In Ziffer 2 und 3 des Vergleichs ist Folgendes geregelt:

„2. Die Beklagte zahlt an die Klägerin zum Ausgleich für den Verlust ihres sozialen Besitzstandes eine Abfindung gemäß §§ 9,10 KSchG in Höhe von 11.500,- EUR brutto. ( … ) ist fällig zum 01.05.2016.

Tatsächlich entstehende Bruttoentgeltansprüche (einschließlich Arbeitgeberanteil) für den Monat April 201(6) werden von dem o. g. Abfindungsbetrag in Abzug gebracht. ( … )

3. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein qualifiziertes, wohlwollendes Arbeitszeugnis welches sich auf Verhalten und Leistung erstreckt, und welches die Gesamtbeurteilung „gut“ enthält. Es enthält die Schlussformel: „Wir bedauern sehr, dass Frau Ah unser Unternehmen verlässt und danken ihr für die geleistete, erfolgreiche Arbeit und jederzeit gute Zusammenarbeit. Für die weitere Zukunft wünschen wir Frau A beruflich und persönlich alles Gute und weiterhin viel Erfolg.“

( … )“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vergleichs vom 07.04.2016 wird auf Blatt 6 bis 9 der Akte Bezug genommen.

Seit dem 15.02.2016 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Sie erhielt im April Krankengeldleistungen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber der Beklagten bestand zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr).

Zum 01.05.2016 lag der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Klägerin bis zum 29.04.2016 vor. Ausweislich der durch die Klägerin zur Akte gereichten Abrechnung (Blatt 12 und 13 der Akte) rechnete die Beklagte Vergütung für den 30.04.2016 (ein Tag) ab und brachte den entsprechenden Betrag zzgl. der darauf entfallenden Sozialabgaben in Höhe von 106,98 EUR von der vereinbarten Abfindung in Abzug. Den der Klägerin zustehenden Krankengeldzuschuss in Höhe von 3,30 EUR täglich rechnete die Beklagte für den Monat April 2016 für insgesamt 29 Tage ab.

Nach Auszahlung des Abfindungsbetrages legte die Klägerin eine am 09.05.2016 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) vor, nach der am 09.05.2016 eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit vom 15.02.2016 bis einschließlich 30.04.2016 festgestellt worden ist. Auf Blatt 11 der Akte wird Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 21.06.2016 (Blatt 49 der Akte) wies der Bevollmächtigte der Klägerin die Bevollmächtigte der Beklagten auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 30.04.2016 hin und bat um Korrekturabrechnung. Die Bevollmächtigte der Beklagten wies dies mit dem Hinweis darauf zurück, dass die rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit keinen hinreichenden Nachweis der Erkrankung darstelle und daher nicht berücksichtigt werden könne (Blatt 42 der Akte).

Mit Datum vom 30.04.2016 erteilte die Beklagte der Klägerin ein Abschlusszeugnis (Blatt 17 der Akte), in dem es auszugsweise wie folgt heißt:

„Das Aufgabengebiet von Frau A umfasste im Wesentlichen:

  • Allgemeine Sekretariatsaufgaben (Telefon, Schreibarbeiten, Ablage Postverteilung, Vorbereitung von Sitzungen und Dienstreisen
  • Aktualisierung der ausbildungsrechtlichen Inhalte auf der Kammerhomepage
  • Unterstützung bei der Organisation des Leistungswettbewerbs des deutschen Handwerks (Wettbewerb inkl. Abschlussveranstaltung
  • Unterstützung bei der Organisation von Berufsorientierungsveranstaltungen (Girls Day, Azubi-Speeddatings, mehrsprachige Ausbildungsbörsen usw.)“

Mit am 12.08.2016 beim Arbeitsgericht eingegangener Klageschrift hat die die Klägerin die Beklagte auf Zahlung weiterer Abfindung in Höhe des bei Abrechnung von der Beklagten in Abzug gebrachten Betrages sowie Krankengeldzuschuss in Höhe von 3,30 EUR für den 30.04.2016 nebst Zinsen in Anspruch genommen und daneben die Zahlung einer Verzugspauschale in Höhe von 40,00 EUR geltend gemacht. Darüber hinaus hat die Klägerin Änderungen und Ergänzungen in dem Aufgabenbereich des erteilten Zeugnisses verlangt.

Im Oktober 2016 rechnete die Beklagte – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – die volle Abfindung und den Krankengeldzuschuss für den 30.04.2016 gegenüber der Klägerin ab und brachte den Vergütungsanspruch für den 30.04.2016 in Abzug. Den sich aus der Abrechnung ergebenden Nettobetrag in Höhe von 54,11 EUR zahlte die Beklagte an die Klägerin aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abrechnung (Blatt 68 und 69 der Akte) Bezug genommen). Die zunächst angekündigten Zahlungsanträge hat die Klägerin sodann – bis auf die Verzugspauschale – zurückgenommen (Blatt 106 der Akte).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte sich mit der Abrechnung für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Abfindungszahlung im Verzug befunden habe und deshalb zur Zahlung der Verzugspauschale verpflichtet sei. Jedenfalls habe sie die weitere Zahlung mit E-Mail vom 21.06.2016 angemahnt.

Rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
(Symbolfoto:
Von Ralf Liebhold/Shutterstock.com)

Die Klägerin hat sodann die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeitsliste in dem erteilten Arbeitszeugnis nicht vollständig und dadurch teilweise täuschend sei. Sie hat hierzu vorgetragen, dass das Zeugnis nicht die für ihr berufliches Fortkommen wichtige Tätigkeit enthalte, dass sie im Rahmen der Organisation des Leistungswettbewerbs des H als organisierende und auskunftserteilende Ansprechpartnerin zur Verfügung gestanden habe. Mit der Formulierung, dass sie die Organisation des Leistungswettbewerbs des H lediglich unterstützt habe, entstehe ein falscher Eindruck; denn die Arbeiten, die insoweit bei der Beklagten angefallen seien, habe sie jedenfalls eigenständig durchgeführt. Darüber hinaus fehle in der Tätigkeitsbeschreibung eine Angabe darüber, für welche leitenden Mitarbeiter sie tätig gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilten, an sie 40,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, dass ihr mit Datum vom 30.04.2016 erteilte Arbeitszeugnis wie folgt abzuändern:

a) Spiegelstrich 1, Abs. 3 wird ergänzt, nach dem Begriff „Dienstreisen“ wird eingefügt: „des Hauptabteilungsleiters und Abteilungsleiters der HWK zu Köln

b) Spiegelstrich 3, Abs. 3 wird abgeändert; Die Begriffe „Unterstützung bei der“ werden gestrichen.

c) als neuer Spiegelstrich 5 wird unter Abs. 3 eingefügt: Ansprechpartnerin für Gesellen und Gesellinnen, Kr , Ha und Innungen im Rahmen der Leistungswettbewerbe (PLW).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, dass sie den Zeugnisanspruch der Klägerin gemäß Ziffer 3. des Vergleichs vom 07.04.2016 erfüllt habe. Die Klägerin habe ein nach diesen Vorgaben formuliertes Zeugnis erhalten. Im Übrigen obliege ihr als Arbeitgeberin die Formulierungshoheit über das Arbeitszeugnis und sie sei nicht verpflichtet, weitere Formulierungswünsche der Klägerin zu übernehmen. Das Zeugnis verstoße nicht gegen den Grundsatz der Zeugniswahrheit. Insbesondere habe die Klägerin gerade nicht den Leistungswettbewerb des H organisiert.

Die Beklagte hat weiter die Ansicht vertreten, dass sie zur Zahlung der geltend gemachten Verzugspauschale nicht verpflichtet sei. Sie habe sich weder im Verzug befunden, noch lägen die weiteren Voraussetzungen des § 288 Abs. 5 BGB vor. Unabhängig davon sei die Vorschrift im Arbeitsverhältnis nicht anwendbar, da ihr der Ausschluss der Kostenerstattung im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz gemäß § 12 a ArbGG entgegenstehe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03.05.2016 – soweit über sie noch zu entscheiden war – abgewiesen. Der Antrag auf Berichtigung bzw. Ergänzung des erteilten Zeugnisses sei unzulässig und unbegründet. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Vorbereitung von Dienstreisen für Hauptabteilungsleiter und Abteilungsleiter im Vergleich zu anderen eine besonders zu erwähnende Aufgabe sei. Da die Beklagte selbst nur unterstützend für den Leistungswettbewerb des H tätig sei, widerspreche die von der Klägerin gewünschte Formulierung dem Gebot der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit, denn es werde so der Eindruck vermittelt, dass sie den Leistungswettbewerb eigenständig organisiert habe. Da die Tätigkeit der Klägerin bei der Unterstützung des Wettbewerbes bereits in der Aufgabenbeschreibung enthalten sei, sei nicht gesondert zu erwähnen, dass sie in diesem Rahmen auch Ansprechpartnerin gewesen sei. Die Klägerin habe schließlich keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Verzugspauschale. Die Vorschrift des § 288 Abs. 5 BGB sei im Arbeitsverhältnis nicht anwendbar, sondern durch die speziellere Vorschrift des § 12 a ArbGG ausgeschlossen. Diesbezüglich hat das Arbeitsgericht die Berufung gemäß § 64 Abs. 2 Ziffer a) ArbGG zugelassen.

Gegen das ihr am 22.05.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.06.2017 Berufung eingelegt und diese begründet sowie mit ergänzendem Schriftsatz vom 22.06.2017 die Berufungsbegründung ergänzt.

Die Klägerin rügt, dass das Arbeitsgericht nicht auf die fehlende Zulässigkeit ihres Antrags hingewiesen habe. In der Sache sei das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Tätigkeitsbeschreibung im Zeugnis vollständig und zutreffend sei. Die Klägerin meint, dass es nicht darauf ankomme, ob die Beklagte den Leistungswettbewerb des H selbst nur unterstütze, denn sie, die Klägerin, habe jedenfalls alle Tätigkeiten, die in diesem Zusammenhang bei der Beklagten angefallen seien, erledigt. Vor diesem Hintergrund bedürfe es auch einer besonderen Erwähnung, dass die Klägerin für verschiedene Personenkreise in diesem Zusammenhang Ansprechpartnerin gewesen sei. Da sie tatsächlich für den Hauptabteilungsleiter tätig geworden sei, müsse auch dies im Zeugnis erwähnt werden.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass § 12 a ArbGG die Vorschrift des § 288 Abs. 5 BGB nicht verdränge und das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Verzugspauschale in Höhe von 40,00 EUR hätte verurteilen müssen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts unter dem Aktenzeichen 2 Ca 5809/16 vom 03.05.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 40,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. das nachfolgend wiedergegebene Arbeitszeugnis, im Original unterzeichnet durch den Geschäftsführer der beklagten Partei, zu erteilen:

Zeugnis

Frau R A , geboren am .1964, war vom 22.06.2010 bis zum 30.04.2016 im Geschäftsbereich HGF, Abteilung Bildungspolitik, als Sachbearbeiterin/Sekretärin bei der H K tätig.

Das Aufgabengebiet von Frau A umfasste im Wesentlichen:

  • Allgemeine Sekretariatsaufgaben (Telefon, Schreibarbeiten, Ablage Postverteilung, Vorbereitung von Sitzungen und Dienstreisen des Hauptabteilungsleiters und Abteilungsleiters des H K ).
  • Aktualisierung der ausbildungsrechtlichen Inhalte auf der homepage
  • Organisation des Leistungswettbewerbs des H (Wettbewerb inkl. Abschlussveranstaltung)
  • Unterstützung bei der Organisation von Berufsorientierungsveranstaltungen (Girls Day, Azubi-Speeddatings, mehrsprachige Ausbildungsbörsen usw.)
  • Ansprechpartnerin für Gesellen und Gesellen, K , Ha NRW und I im Rahmen der Leistungswettbewerbe (PLW)

Frau A verfügt über umfassende und vielseitige Fachkenntnisse, die sie immer sicher und gekonnt in der Praxis einsetzte. Aufgrund ihrer genauen Analysefähigkeit und ihrer schnellen Auffassungsgabe war sie jederzeit in der Lage, auch schwierige Situationen sofort zutreffend zu erfassen und schnell gute Lösungen zu finden. Frau A erledigte ihre Aufgaben mit großem Engagement und persönlichem Einsatz. Auch in Situationen mit großem Arbeitsaufkommen erwies sie sich immer als in hohem Maße belastbar.

Alle Aufgaben führte sie vollkommen selbstständig, sehr sorgfältig und planvoll durchdacht aus. Sie agierte immer ruhig, überlegt und zielorientiert und in hohem Maße präzise. Dabei überzeugte sie stets in guter Weise sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht. Frau A war in hohem Maße zuverlässig.

Für alle auftretenden Probleme fand sie ausnahmslos gute Lösungen. Die Leistungen von Frau A haben jederzeit und in jeder Hinsicht unsere volle Anerkennung gefunden.

Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitgliedsbetrieben war stets einwandfrei.

Wir bedauern sehr, dass Frau A die H verlässt und danken ihr für die geleistete gute Arbeit und jederzeit gute Zusammenarbeit. Für die weitere Zukunft wünschen wir Frau A beruflich und persönlich alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

K , 30.04.2016

H K

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags in erster Instanz.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen ausgetauschten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, das Urteil der ersten Instanz sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

A. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 2 Ziff. a) und b) ArbGG sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.

B. Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Der Zulässigkeit des Antrages auf Erteilung eines ergänzten bzw. geänderten Zeugnisses steht nicht entgegen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz neu formuliert hat. Soweit hierin eine Klageänderung liegt, hat sich die Beklagte rügelos gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 525 Satz 1, 263, 267 ZPO eingelassen.

Der Antrag in der in der Berufungsinstanz gestellten Fassung ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ob der Antrag in der in erster Instanz gestellten Fassung dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO tatsächlich nicht genügt hat, kann deshalb dahinstehen.

2. Der Antrag auf Zahlung der Verzugspauschale ist unproblematisch zulässig.

II. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zurecht abgewiesen.

1. Der Antrag zu 1.) ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB hat.

Die Voraussetzungen des § 288 Abs. 5 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte war nicht mit einer Entgeltforderung gemäß §§ 288 Abs. 5, 286 BGB im Verzug.

a. Die Beklagte befand sich mit der Abfindungszahlung gemäß Ziffer 2.) des gerichtlichen Vergleichs vom 07.04.2016 bei Fälligkeit am 01.05.2016 nicht im Verzug.

Zum Zeitpunkt der Fälligkeit hat sie die Verpflichtung aus Ziffer 2.) des Vergleichs vom 07.04.2016 ordnungsgemäß erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit lag der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Klägerin bis zum 29.04.2016 vor. Gemäß Ziffer 2.) des Vergleichs vom 07.04.2016 hat die Beklagte zutreffend den Bruttoentgeltanspruch für den 30.04.2016 – keine Erkrankung – von der Abfindungszahlung in Abzug gebracht und keinen Zuschuss zum Krankengeld in Höhe von 3,30 EUR für den 30.04.2016 gezahlt. Die stattdessen aus Ziffer 2.) des Vergleichs vom 07.04.2016 bestehende Verpflichtung der Beklagten, das Bruttoentgelt für den 30.04.2016 zu zahlen, hat die Beklagte ebenfalls erfüllt. Dies ergibt sich jedenfalls aus der Position „lfd. Arbeitsentgelt 1,00 Tage“ in der Abrechnung, die die Klägerin mit ihrer Klageschrift vorgelegt und deren ausgewiesenen Auszahlungsbetrag sie unstreitig erhalten hat. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 02.08.2017 – außerhalb der in § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG genannten Berufungsbegründungsfrist – pauschal darauf hinweist, die Beklagte sei dann jedenfalls „nach wie vor mit der Bruttoentgeltzahlung für den 30.04.2016 in Verzug“ ist dieser Vortrag jedenfalls widersprüchlich und damit unbeachtlich.

b. Es kann offen bleiben, ob die Beklagte mit einem von der Klägerin zulässigerweise in Rechnung gestellten und angemahnten Anspruch auf Neu- bzw. Korrekturabrechnung in Verzug geraten ist. Denn die Klägerin hat schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Neu- bzw. Korrekturabrechnung der Leistungen aus Ziffer 2.) des gerichtlichen Vergleichs vom 07.04.2016. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Auszahlung der Abfindung haben sich gegenüber dem Fälligkeitszeitpunkt am 01.05.2016 nicht geändert.

Zwar hat sich die Klägerin nach dem 01.05.2016 gegenüber der Beklagten darauf berufen, dass sie am 30.04.2016 tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Durch die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat die Klägerin jedoch – worauf die Beklagte im Rechtsstreit wiederholt hingewiesen hat – eine Erkrankung am 30.04.2016 nicht dargetan.

Gemäß § 5 Abs. 3 der Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V in der Fassung vom 14.11.2013, zuletzt geändert am 20. Oktober 2016 (so genannte Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie) soll „die Arbeitsunfähigkeit ( … ) für eine vor der ersten ärztlichen Inanspruchnahme liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigt werden. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig“.

Diese Voraussetzungen erfüllt die die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die die Klägerin nach dem 01.05.2016 vorgelegt hat, nicht. Die durch die Klägerin vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigt das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit am 30.04.2016 mit einer Rückwirkung von neun Tagen. Sie überschreitet den in § 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie genannten „Toleranzrahmen“ um ein Dreifaches. Dies begründet ernsthafte Zweifel am Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (vgl. LAG Köln, Urteil vom 21.11.2003 – 4 Sa 588/03 -, NZA-RR 2004, 572). Durch diese ist eine Erkrankung der Klägerin am 30.04.3016 nicht nachgewiesen.

Einen anderen Nachweis, dass sie tatsächlich am 30.04.3016 erkrankt war, hat die Klägerin nicht geführt. Der von ihrem Bevollmächtigten nach Hinweis der Kammer im Termin am 26.01.2018 beantragte Schriftsatznachlass war nicht zu gewähren. Ein Schriftsatznachlass ist zur Gewährung rechtlichen Gehörs dann erforderlich, wenn die betroffene Partei nicht ohne Weiteres in der Lage ist, zu einem in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis des Gerichts umfassend und abschließend Stellung zu nehmen (BGH, Beschluss vom 06.07.2017 – I ZB 59/16 (BPatG) -, GRUR 2018, 111, 112).

Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Bevollmächtigte der Klägerin hätte Beweis durch das Zeugnis der die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellenden Ärztin antreten können. Die insoweit erforderliche Entbindung der Ärztin von der Schweigepflicht musste zum Zeitpunkt des Beweisantritts nicht vorliegen. Zudem hatte die Beklagte schriftsätzlich wiederholt darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Nachweis einer Erkrankung nicht erbringt. Ein konkreter Vortrag bzw. Beweisantritt ist weder darauf noch auf den Hinweis der Kammer im Termin am 26.01.2018 erfolgt.

Auf die Frage, ob § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsverhältnis Anwendung findet, kommt es vorliegend nicht an.

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung des von ihr beantragten Zeugnisses aus § 109 GewO. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die Beklagte den Zeugnisanspruch der Klägerin gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt hat und das erteilte Zeugnis den Anforderungen des § 109 GewO und dem im Vergleich vom 07.04.2016 vereinbarten Inhalt entspricht.

Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch dann, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen aus § 109 GewO entspricht (BAG, Urteil vom 15.11.2011 – 9 AZR 386/10 – Rdnr. 9, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.02.2013 – 6 Sa 468/12 -, BeckRS 2013, 67662). Weil das Zeugnis regelmäßig Bewerbungsunterlage und damit gleichzeitig Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber ist und zudem Aufschluss für den Arbeitnehmer darüber geben soll, wie der Arbeitgeber seine Leistungen beurteilt, ist es notwendig, dass der Arbeitgeber seine Beurteilung auf der Grundlage von Tatsachen abgibt und – soweit das möglich ist – ein objektives Bild über den Verlauf des gesamten Arbeitsverhältnisses vermittelt. Hieraus ergeben sich die Gebote der Zeugniswahrheit und Zeugnisklarheit, die sich auf alle wesentlichen Tatsachen, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an deren Kenntnis ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes und verständiges Interesse haben kann, erstrecken (BAG, Beschluss vom 09.09.2011 – 3 AZB 35/11 – Rdnr. 16, juris).

Die Tätigkeiten des Arbeitnehmers sind dabei so vollständig und genau zu beschreiben, dass sich ein künftiger Arbeitgeber ein klares Bild machen kann. Ob die einzelnen Tätigkeiten nach Umfang und Art besonders bedeutungsvoll waren, ist nicht ausschlaggebend, sondern, ob ihr Umfang und ihre Bedeutung ausreichen, um sie im Falle einer Bewerbung des Arbeitnehmers für einen künftigen Arbeitnehmer interessant erscheinen zu lassen. Bei der Tätigkeitsbeschreibung hat der Arbeitgeber dabei einen geringeren Beurteilungsspielraum als bei der Leistungsbewertung (BAG, Urteil vom 10.05.2005 – 9 AZR 261/04 – juris, BAG, Urteil vom 12.08.1976 – 3 AZR 27/75 – juris, LAG Hamm, Urteil vom 11.09.2007 – 19 Sa 448/07 – Beck RS 2008, 50941).

An diesen Anforderungen gemessen hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz führt zu keiner anderen Bewertung

a. Das Arbeitsgericht hat zurecht darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin begehrte Ergänzung, dass sie für Dienstreisen „für den Hauptabteilungsleiter und Abteilungsleiter“ vorbereitet hat, nicht der von der Klägerin vorgelegten Stellenbeschreibung entspricht. Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass ihre Tätigkeit wesentlich dadurch geprägt worden sei, dass sie „für den Hauptabteilungsleiter tätig geworden ist, so enthält das Zeugnis bereits den Hinweis auf den Geschäftsbereich „HGV, Abteilung Bildungspolitik“ in dem die Klägerin beschäftigt war. Eine weitergehende Konkretisierung ist nicht angezeigt, zumal die Klägerin auch nicht näher dargetan hat, wodurch genau ihre Tätigkeit für den Hauptabteilungsleiter besonders geprägt worden ist.

Soweit die Klägerin beantragt hat, die Formulierung im Zusammenhang mit dem Leistungswettbewerb des H in der Weise abzuändern, dass der Zusatz „Unterstützung bei“ der Organisation des Leistungswettbewerbs ersatzlos entfällt, war dieser Antrag abzuweisen. Es ist unstreitig, dass die Beklagte den Leistungswettbewerb des H nicht selbst organisiert. Die Beklagte erbringt lediglich – wie alle anderen Ha auch – einen Beitrag zu dem Leistungswettbewerb des H , der wiederum von dessen Zentralverband ausgerichtet wird. Die von der Klägerin begehrte Formulierung würde bei Dritten den – nicht dem Grundsatz der Zeugniswahrheit entsprechenden – Eindruck erwecken, dass die Klägerin tatsächlich die Organisation des Wettbewerbs verantwortet habe. Etwas anderes folgt nicht aus der Stellenbeschreibung. Zwar enthält diese nicht die einschränkende Formulierung der Unterstützung des Wettbewerbs, jedoch ist diese für den internen Gebrauch vorgesehen und richtet sich – anders als ein Zeugnis – nicht an Dritte, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht vertraut sind.

Gemäß § 308 Abs. 1 ZPO konnte die Kammer eine andere Formulierung, die gegebenenfalls die Eigenständigkeit der Leistung der Klägerin in diesem Zusammenhang besser zum Ausdruck gebracht hätte, nicht zusprechen.

Zu Recht hat schließlich das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Funktion einer Ansprechpartnerin im Zusammenhang mit dem Leistungswettbewerb des H keine eigenständige Aufgabe ist, die in der Tätigkeitsbeschreibung, die im Übrigen knapp gehalten ist, besondere Erwähnung finden muss.

C. Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO waren der Klägerin die Kosten für das erfolglos eingelegte Rechtsmittel aufzuerlegen.

D. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Die Entscheidung erfolgte anhand der Besonderheiten des Einzelfalles. Die Kammer hat die Revision wegen der Abweisung der geltend gemachten Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB nicht zugelassen, weil es vorliegend auf die Frage der Anwendbarkeit des § 288 Abs. 5 BGB auf das Arbeitsverhältnis nicht ankam.

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