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Teilzeitarbeitsverhältnis – ganzjährige anteilige Zahlungsweise

LAG Berlin-Brandenburg, Az.: 6 Sa 174/16, Urteil vom 13.05.2016

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.11.2015 – 23 Ca 9002/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die als Flugbegleiterin beschäftigte Klägerin für „Freimonate“ zu Beginn des Jahres 2015 einen Anspruch auf Arbeitsvergütung hat, obwohl sie aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Freimonate für die Beklagte im Jahr 2015 keine Arbeit mehr verrichten konnte.

Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft. Die Parteien standen in der Zeit vom 16.06.2014 bis zum 31.03.2015 in einem Arbeitsverhältnis.

Die Beklagte hat u.a. den Tarifvertrag Teilzeit Kabinenpersonal Air B. vom 04.04.2012 (im Folgenden: TV Teilzeit) geschlossen, der bis Ende 2015 galt. In diesem ist u.a. geregelt:

㤠2 Antrag, Fristen, Termine

1. Die Verringerung der Arbeitszeit kann nur mit Wirkung zum 01. Januar des jeweiligen Kalenderjahres beantragt werden. …

§ 4a Teilzeitmodelle/Unbefristet …

3. Freizeitmodell

Teilzeitarbeitsverhältnis - ganzjährige anteilige Zahlungsweise
Symbolfoto: Von TippaPatt /Shutterstock.com

Die Arbeitnehmer können Teilzeit in Form eines Freimonatsmodells … in verschiedenen Varianten mit einem bis zu maximal sechs Freimonaten beantragen. Bei der Beantragung der Freimonate kann der Arbeitnehmer eine der nachfolgenden Varianten wählen. …

Variante 4: Vier Freimonate, davon maximal zwei Freimonate im Sommer.

§ 4b Teilzeitmodelle/Befristet

Folgende Teilzeit-Modelle können vorbehaltlich der Regelungen in diesem Tarifvertrag auch befristet für den Zeitraum von einem Kalenderjahr angeboten werden. …

§ 10 Vergütung

1. Die Vergütung (Grundgehalt, …) verringert sich anteilig im Verhältnis zu der vertraglich vereinbarten Verringerung der Arbeitszeit. … Grundgehalt und evtl. Funktionszulagen werden in zwölf Monatsraten an den Arbeitnehmer ausgezahlt. …

§ 12 Urlaub

Der Jahresurlaub verringert sich anteilig im Verhältnis zur Freistellungszeit.“

Die Parteien vereinbarten am 24.04.2014 einen „Arbeitsvertrag für Flugbegleiter – unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis 8/12“ (Bl. 7 ff. d. A.), der unter anderem regelt:

㤠2 Gegenstand des Vertrages

1. Die Arbeitsbedingungen richten sich den jeweils für den Arbeitgeber einschlägigen … tarifvertraglichen Regelungen …

§ 4 Teilzeitmodell

1. Der Arbeitnehmer erhält Teilzeit in Form eines Freimonatsmodells mit vier Freimonaten. …

2. Im Kalenderjahr 2015 wird die Arbeitszeit so verteilt, dass die Monate Januar bis März und November arbeitsfrei bleiben.

3. Ab dem Kalenderjahr 2016 werden die Freimonate durch den Arbeitgeber jeweils neu verteilt. …

§ 5 Sondervereinbarung Freimonat 2014

Die Arbeitszeit wird im Kalenderjahr 2014 … so verteilt, dass der Monat Dezember … arbeitsfrei bleibt.

§ 6 Einstufung/Grundgehalt

1. Der Arbeitnehmer erhält seinem Teilzeitmodell entsprechend die anteilig reduzierte Vergütung (Grundgehalt, …). … Grundgehalt … [wird] in zwölf Monatsraten an den Arbeitnehmer ausbezahlt. Bei einem unterjährigen Beginn der Teilzeit werden das Grundgehalt … auf die verbleibenden Monate des jeweiligen Jahres verteilt und entsprechend ausgezahlt. …

§ 6 Urlaub

Der Jahresurlaub verringert sich anteilig im Verhältnis zur Freistellungszeit.“

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.12.2014 zum 31.03.2015. Die Beklagte zahlte an die Klägerin für Januar bis März 2015 keine Vergütung. Mit E-Mail vom 03.02.2015 (Bl. 6 d. A.) begründete die Beklagte dies damit, dass diese Monate Freimonate seien und die Klägerin im Jahr 2015 nichts mehr verdiene, was auf die Freimonate verteilt werden könne.

Mit der am 24.04.2015 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 06.05.2015 zugestellten Klage macht die Klägerin für die Monate Januar bis März eine Vergütung in Höhe von monatlich 1.105,91 € brutto nebst Zinsen geltend.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der Umstand, dass die Monate Januar bis März 2015 Freimonate gewesen seien, für die Vergütungspflicht unerheblich sei. Nach § 6 Nr. 1 Arbeitsvertrag habe die Klägerin in jedem Monat einen Anspruch auf die anteilig reduzierte Vergütung. Die fristgerechte Eigenkündigung dürfe der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Nach dem Arbeitsvertrag bestehe die Zahlungspflicht unabhängig von einer vorherigen Arbeit der Klägerin. Lediglich der Fall des unterjährigen Arbeitsbeginns sei im Arbeitsvertrag geregelt worden. Eine andere Auslegung ginge zu Lasten der Klägerin und würde dem Arbeitnehmerschutz widersprechen. Es könne nicht sein, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin nach dem Arbeitsvertrag um die Freimonate gekürzt werde und zudem der Anspruch der Klägerin entfallen solle. Aus § 4 Nr. 3 Arbeitsvertrag werde auch deutlich, dass die Beklagte sich vorbehalten habe, die Lage der Freimonate einseitig zu bestimmen. Die Auffassung der Beklagten widerspreche auch der Kündigungsfreiheit der Klägerin. Diese müsse einerseits ihre ordentliche Kündigungsfrist einhalten, dürfe andererseits aber kein anderweitiges Arbeitsverhältnis eingehen, solle aber in der Zeit der Kündigungsfrist keine Vergütung erhalten.

Die Klägerin hat beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.317,73 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit

02.02.15 aus 1.105,91 €

02.03.15 aus weiteren 1.105,91 €

02.04.15 aus weiteren 1.105,91 €

zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass aufgrund der Nichtarbeit in den Monaten Januar bis März 2015 (und in der Zeit danach) der Klägerin auch kein Vergütungsanspruch zustehen könne. Mangels Arbeit habe die Klägerin auch keinen Vergütungsanspruch, auch keinen anteilig reduzierten.

Mit Urteil vom 19.11.2015 hat das Arbeitsgericht Berlin – 23 Ca 9002/15 die Klage abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin folge nicht aus § 611 BGB i. V. m. § 6 Arbeitsvertrag. § 6 Arbeitsvertrag enthalte lediglich eine von § 614 BGB abweichende Fälligkeitsregelung. Erwirtschaftet werde die Arbeitsvergütung in den Arbeitsmonaten. Die Vergütung werde lediglich über das Jahr gleichmäßig verteilt. Mangels Arbeitsleistung im Jahr 2015 habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf eine Vorschussleistung der Beklagten. Darin läge auch keine Sanktion der Eigenkündigung der Klägerin. Dem Arbeitsvertrag sei keine Regelung zu entnehmen, dass die Klägerin auch ohne eine Arbeitsleistung für die Beklagte einen Vergütungsanspruch haben solle. Es läge auch kein Widerspruch zum Urlaubsrecht vor. Mangels Arbeitsleistungspflicht und Beschäftigungsanspruch habe die Klägerin entsprechend auch keinen anteiligen Urlaubsanspruch erworben.

Für den weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstand der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.11.2015 verwiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.11.2015 – 23 Ca 9002/15 wurde der Klägerin am 28.12.2015 zugestellt. Die Klägerin hat hiergegen mit am 27.01.2106 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 27.01.2016 Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 29.02.2016, bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 29.02.2016 begründet.

Die Klägerin vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass die Freimonate Januar bis März 2015 einseitig von der Beklagten festgelegt worden seien. Die Flugstunden seien durch die Beklagte in Form von Freimonaten „gestrichen“ worden. Da die Freimonate nicht auf Wunsch der Klägerin erfolgt seien, dürfe ihr ein Zahlungsanspruch für die Freimonate nicht versagt werden. § 6 Arbeitsvertrag sehe einen Vergütungsanspruch gerade auch für Freimonate vor. Da arbeitsvertraglich nur der unterjährige Arbeitsbeginn, nicht aber ein unterjähriges Ausscheiden geregelt sei, sei von einer Vergütungspflicht auszugehen. § 6 Arbeitsvertrag enthalte keine bloße Fälligkeitsregelung. Die Auslegung des Arbeitsgerichts führe zu einer arbeitsvertraglichen Bindung der Klägerin ohne einen Vergütungsanspruch.

Die Klägerin beantragt: Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.11.2015 (Az: 23 Ca 9002/15) wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.317,73 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit

seit 02.02.15 aus 1.105,91 EUR

seit 02.03.15 aus weiteren 1.105,91 EUR

seit 02.04.15 aus weiteren 1.105,91 EUR

zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Klägerin ohne eine Arbeitsleistung im Jahr 2015 keinen Anspruch auf eine Vergütung für die drei Freimonate zu Beginn des Jahres 2015 haben könne. Letztlich streite der Grundsatz „Ohne Arbeit keinen Lohn“ für die Beklagte. Ein gesolltes oder gewolltes Abweichen davon sei nicht erkennbar.

Für den Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

A.

Die Berufung ist zulässig.

Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) begründet worden.

Die Berufung ist auch noch ordnungsgemäß i. S. d. § 520 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG begründet worden. Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Regelung des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Die Berufungsbegründung wiederholt hier zwar im Wesentlichen nur die erstinstanzliche Argumentation, ohne sich explizit mit der Argumentation des Erstgerichts auseinanderzusetzen. Die Begründung ist gleichwohl als noch ordnungsgemäß erfolgt anzusehen. Die Klägerseite wiederholt zwei erstinstanzliche Argumente, auf die im erstinstanzlichen Urteil nicht näher eingegangen wurde: die angebliche Einseitigkeit der Festlegung der Freimonate schon im Jahr 2015 und eine daraus resultierende Gleichstellung mit einer nachträglichen Freistellung sowie die vermeintliche Widersprüchlichkeit einer dreimonatigen Vertragsbindung ohne einen Vergütungsanspruch.

B.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin weder aus ihrem Arbeitsvertrag i. V. m. § 611 Abs. 1 BGB noch i.V.m. § 615 BGB einen Vergütungsanspruch für die drei Freimonate in Höhe von 3.317,73 € brutto nebst Zinsen.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Lediglich ergänzend und auf den Sach- und Rechtsvortrag der Parteien in der Berufungsinstanz eingehend sei noch auf Folgendes hingewiesen:

B. I. Für einen Anspruch auf Arbeitsvergütung ohne eine Arbeitsleistung bedarf es einer Anspruchsgrundlage. Leistet ein Arbeitnehmer keine Arbeit, so erhält er keinen Lohn, es sei denn, es liegt ein Tatbestand für einen Vergütungsanspruch ohne Arbeitsleistung vor.

Auch wenn das Arbeitsverhältnis durch einen besonderen Arbeitnehmerschutz geprägt ist, so bleibt es doch im Wesentlichen ein Austauschverhältnis. Dieses wird bestimmt durch das funktionelle Synallagma (Gegenseitigkeitsverhältnis) von Leistung und Gegenleistung, das mit der Formel „Ohne Arbeit kein Lohn“ beschrieben wird (LAG Baden-Württemberg vom 19.07.2001 – 21 Sa 40/01 – juris Rn. 48). Dieser allgemein anerkannte Grundsatz ist in § 323 BGB verankert (Landesarbeitsgericht Köln vom 10.09.1998 – 11 Sa 46/98 –, juris, Rn. 24) oder – in der Formulierung des BAG – ergibt sich aus den „Vorschriften des Schuldrechts i. V. m. § 614 BGB“ (BAG vom 18.04.2012 – 5 AZR 248/11 – juris Rn. 14 = NZA 2012, 998 = AP BGB § 611 Nr. 7).

 

Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und – im Bestreitensfall – zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (BAG vom 18.04.2012 – 5 AZR 248/11 – juris Rn. 14 = NZA 2012, 998 = AP BGB § 611 Nr. 7). Da die Klägerin unstreitig nicht gearbeitet hat, bedarf es einer besonderen Anspruchsgrundlage für ihre Forderung einer Arbeitsvergütung ohne Arbeit.

B. II. Die Klägerin hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch i. V. m. § 611 BGB.

Ein solcher Anspruch folgt weder isoliert aus dem Arbeitsvertrag noch i. V. m. dem TV Teilzeit. Aus der Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin die Arbeitsvergütung ratierlich vor Erbringung ihrer Arbeitsleistung zu zahlen, folgt keine Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin eine Arbeitsvergütung ohne Erbringung einer Arbeitsleistung zu zahlen.

B. II. 1. Mehr als eine von § 614 BGB abweichende Vorschusspflicht ist dem Arbeitsvertrag nicht zu entnehmen.

B. II. 1.1 Aus der Zahlungsregelung des § 6 Arbeitsvertrag folgt kein Anspruch auf Zahlung einer Arbeitsvergütung ohne Arbeitsleistung. Die Vereinbarung einer Vorschusszahlung bedeutet im Regelfall und so auch hier nicht, dass der Arbeitgeber den Vorschuss unabhängig von einer späteren Arbeitsleistung zahlen will.

Ein Abweichen von der Fälligkeitsregelung des § 614 BGB (erst Arbeit, dann Geld) bedeutet in aller Regel keine Ausnahme vom Grundsatz „Ohne Arbeit keinen Lohn“ (§ 323 BGB) (Staudinger/Richardi/Fischinger (2016), BGB, § 614 Rn. 11). Im Rahmen flexibler Arbeitszeitregelungen wird vielfach die Vergütung kontinuierlich fortgezahlt. Das Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeit und Lohn wird dadurch zwar in zeitlicher Hinsicht gelockert, aber nicht funktionell aufgehoben (Erman/Belling, BGB, 14. Aufl. 2014, § 614 Rn. 11). Dass ein Arbeitgeber nicht ohne besonderen Grund für Nichts Geld zahlen will und muss, ist offensichtlich. Auch hier ist nicht ersichtlich, warum die arbeitsvertragliche Zahlungsregelung mehr als eine von § 614 BGB abweichende Fälligkeitsregelung und ein Abweichen vom Grundsatz „Ohne Arbeit keinen Lohn“ sein soll.

B. II. 1.2 § 6 Nr. 1 Arbeitsvertrag verstößt auch nicht gegen das Verbot des § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG, Teilzeitbeschäftigte zu benachteiligen. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspricht (sog. Pro-rata-temporis-Grundsatz) (vgl. BAG vom 25.09.2013 – 10 AZR 4/12 = juris Os. = NZA-RR 2014, 8). Dem entspricht hier die Vereinbarung einer nur anteiligen Vergütungspflicht.

B. II. 1.3 Dem Arbeitsvertrag ist für die Freimonate im I. Quartal 2015 auch keine Nachschusspflicht zu entnehmen. In der mündlichen Verhandlung argumentierte der Klägervertreter, dass die Klägerin im I. Quartal 2015 noch Nachschusspflichten aus ihrer Vorarbeit im Jahr 2014 habe. In welcher Höhe die Klägerin im Jahr 2014 Arbeitsvergütung erhalten habe, könne er im Termin aber nicht sagen.

Zu Gunsten der Klägerin kann im Ausgangspunkt unterstellt werden, dass sie im Jahr 2014 eine zu geringe Arbeitsvergütung erhalten hat, da ihr „8/12-Modell“ im Anfangsjahr 2014 konkret ein „5,5/6,5-Modell“ war. Einen solchen hypothetischen Anspruch hat die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht. Ein im Jahr 2014 verdientes Geld war auch nicht noch in den Freimonaten des Jahres 2015 zu verteilen. Der Arbeitsvertrag, ausgelegt im Lichte des in Bezug genommenen Tarifvertrages, regelt die Vergütungspflicht kalenderjahrbezogen. Schon die Überschrift des Arbeitsvertrages „Teilzeitarbeitsverhältnis 8/12“ legt eine Kalenderjahrbezogenheit nahe. Für das unterjährig begonnene Arbeitsverhältnis werden jeweils für ganze Kalenderjahre Regelungen getroffen (§ 3 (2014), § 4 Nr. 2 (2015), § 4 Nr. 3 („Ab dem Kalenderjahr 2016“), § 5 (2014), § 6 Nr. 1 Satz 1 („in zwölf Monatsraten“), § 6 Nr. 1 Satz 2 („Bei einem unterjährigen Beginn … werden … auf die verbleibenden Monate des jeweiligen Jahres verteilt“). Der in Bezug genommene TV Teilzeit sieht ebenfalls einen kalenderjährigen Bezugsrahmen vor. So erlaubt § 2 Nr. 1 TV Teilzeit im Grundsatz eine Arbeitszeitverringerung nur zum 1. Januar eines Jahres. Selbst wenn man mit der Klägerin betont, dass vorliegend kein Antrags-, sondern ein Neueinstellungsfall vorliegt, ändert das nichts daran, dass der TV Teilzeit für die Antragsfälle eine Kalenderjahresbezogenheit ausweist und nicht ersichtlich ist warum, selbst bei einem unterjährigen Arbeitsbeginn, bei Neueinstellungen etwas Anderes gelten soll.

B. II. 2. Auch der Tarifvertrag enthält für das Teilzeitmodell der Klägerin kein Abweichen von dem Grundsatz „Ohne Arbeit keinen Lohn“.

Dies schon deshalb nicht, weil der Arbeitsvertrag im Wesentlichen lediglich die Bestimmungen des Tarifvertrages wiederholt: § 10 Nr. 1 TV Teilzeit (nur anteilige Vergütung und ratierliche monatliche Zahlung) entspricht der arbeitsvertraglichen Regelung in § 6 Nr. 1 Arbeitsvertrag.

Das BAG hat in seinem Urteil vom 09.08.2000 – 4 AZR 452/99 – juris Rn. 56 in einem vergleichbaren Fall von Freimonaten nach einem Tarifvertrag für Bordpersonal einer Luftfahrtgesellschaft zutreffend ausgeführt: „Das Landesarbeitsgericht meint nun, der Klägerin stehe ein Vergütungsanspruch gerade auch dann zu, wenn sie keine Arbeitsleistung zu erbringen habe. Das ist so nicht richtig. Denn es gilt auch insoweit der Grundsatz `ohne Arbeit kein Gehalt´. Die Klägerin hat in den Freimonaten keinen Anspruch auf Gehalt und damit auch nicht auf die Flugstundengarantie. Die Arbeitsvertragsparteien haben lediglich die Fälligkeit der Vergütung für die Arbeitsmonate verschoben. Die Klägerin soll auch für die `Freimonate´ entweder im Voraus oder im Nachhinein anteilige Vergütung erhalten, wie wenn sie Monat für Monat die Hälfte oder drei Viertel der Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter erbringen würde.“

B. III. Einer etwaigen Geltendmachung der arbeitsvertraglichen bloßen Vorschusspflicht nach § 6 Arbeitsvertrag stünde nach § 242 BGB der dolo petit – Einwand entgegen.

§ 6 Arbeitsvertrag beinhaltet zwar zumindest eine Vorschusspflicht der Beklagten. In einem unbeendeten Arbeitsverhältnis hätte die Beklagte den Vorschuss für Januar 2015 zunächst zahlen müssen, auch wenn nicht sicher war, ob und wieviel die Klägerin im Jahr 2015 noch arbeiten würde. Dies aber zu fordern, obwohl feststeht, dass die Beklagte aufgrund der nachfolgenden feststehenden Nichtarbeit der Klägerin gegenüber der Klägerin einen Rückgewähranspruch aus § 812 BGB hätte, steht jedenfalls jetzt Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen. Es ist treuwidrig etwas zu fordern, was sofort wieder zurückgewährt werden müsste (dolo petit quod statim redditurus est, vgl. zum dolo petit – Einwand BGH vom 09.02.2012 – VII ZR 31/11 – juris Rn. 17 m. w. N. = NJW 2012, 1792).

B. IV. Die Klägerin hat auch i. V. m. § 615 BGB keinen Anspruch auf die begehrte Arbeitsvergütung.

Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die nach § 611 BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich nach den §§ 293 ff. BGB. Nach den §§ 293 ff. BGB liegt Annahmeverzug vor, wenn der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung erbringen kann und will, er sie dem Arbeitgeber ordnungsgemäß anbietet oder dies ausnahmsweise entbehrlich ist und der Arbeitgeber die Arbeit nicht annimmt, weil er nicht will (vgl. BAG vom 09.04.2014 – 10 AZR 637/13 – juris Rn. 71 = NZA 2014, 719).

B. IV. 1. Die Klägerin hat in den Freimonaten ihre Arbeitskraft schon nicht angeboten.

B. IV. 2. Die Vereinbarung der Freimonate ist auch nicht unwirksam, so dass keine Beschäftigungspflicht der Beklagten in den Freimonaten bestand.

B. IV. 2.1 Der Arbeitsvertrag ist nicht deshalb unwirksam, weil er gegen den TV Teilzeit verstößt. Dies schon deshalb nicht, weil dieser nicht allgemeinverbindlich (§ 5 TVG) und die Klägerin nicht unmittelbar tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG) war.

B. IV. 2.2 § 4 Nr. 2 Arbeitsvertrag verstößt auch nicht gegen AGB-Recht, §§ 305 ff. BGB.

§ 4 Nr. 2 Arbeitsvertrag ist gemäß den §§ 305 ff. BGB nicht unwirksam. Ein AGB-Charakter und das Fehlen einer Individualabrede unterstellt, scheitert eine Inhaltskontrolle schon am Verbot der Inhaltskontrolle von Tarifverträgen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, was auch den hier (vgl. § 2 Nr. 1 Arbeitsvertrag) gegebenen Fall einer arbeitsvertraglichen globalen Inbezugnahme erfasst (BAG vom 18.09.2012 – 9 AZR 1/11 – juris Rn. 25 = EzA § 310 BGB 2002 Nr. 12). Auch ohne das Tarifvertragsprivileg – bzw. selbst wenn man mit der Klägerin den TV Teilzeit nicht für den Fall der hiesigen Neueinstellung für anwendbar hielte – wäre die hier maßgebliche Freistellungsvereinbarung für das Jahr 2015 als Vereinbarung der Hauptleistungspflicht der Inhaltskontrolle entzogen (§ 307 III 1 BGB) (vgl. allgemein BAG vom 17.10.2012 – 5 AZR 792/11 – juris Rn. 15 = NZA 2013, 266) und die verbleibende Transparenzkontrolle gemäß § 307 I 2 BGB würde problemlos passiert.

Das vereinbarte Teilzeitmodell ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Klägerin eine Vollzeitbeschäftigung wollte, die Beklagte ihr aber nur ein Teilzeitmodell anbot. Die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf eine Vollzeitbeschäftigung. Ihr stand es frei, auf das Teilzeitmodell einzugehen oder es abzulehnen. Nach dem in Bezug genommenen § 5 Nr. 5 TV Teilzeit wäre sie im Übrigen bei der Besetzung von freien Vollzeitstellen gegenüber externen Bewerbern vorrangig zu berücksichtigen gewesen.

Die Vereinbarung der Freimonate in § 4 Nr. 2 Arbeitsvertrag ist auch einer einseitigen nachträglichen Freistellung nicht vergleichbar. Wenn die Klägerseite eine Einseitigkeit suggeriert, ist dies jedenfalls für die Freimonate 2015 unzutreffend: Sie wurden schon im Arbeitsvertrag vom 24.04.2014 ausdrücklich vereinbart und nicht einseitig im Nachhinein von der Beklagten festgelegt. Insofern verbietet sich auch eine wertungsmäßige Gleichstellung mit Fällen einseitiger nachträglicher Freistellung, mit denen die Klägerin offenbar an die Wertung des § 615 BGB appelliert.

B. IV. 2.3 Es kann offenbleiben, ob die gemäß § 4 Nr. 3 Arbeitsvertrag bestehende einseitige Befugnis der Beklagten, ab dem Jahr 2016 die Freimonate festzulegen, wirksam ist. Das beträfe die Lage der Freimonate im Jahr 2016 und nicht die Verpflichtung der Beklagten, Freimonate im Jahr 2015 zu vergüten, obwohl im Jahr 2015 keine Arbeitsmonate (mehr) anfielen.

B. IV. 2.4 Anderweitige Nachteile der Klägerin sind für die Vergütungsregelung unerheblich. Etwaige „Ungerechtigkeiten“ sind an ihrer jeweiligen Stelle und nicht durch Gewährung eines Vergütungsanspruchs ohne Arbeitsleistung zu beseitigen. Zwar schließt eine vergütungsrechtlich wirksame pro-rata-temporis-Regelung eine Unwirksamkeit sonstiger Arbeitsbedingungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG nicht von vornherein aus (BAG vom 14.12.2011 – 5 AZR 457/10 – Rn. 28 f. = NZA 2012, 66). Selbst wenn die Verkürzung des Jahresurlaubes aufgrund der Freimonate und ein Nebenbeschäftigungsverbot während der Freimonate unwirksam wären, hätte die Klägerin allenfalls mehr Jahresurlaub und kein Nebentätigkeitsverbot.

B. IV. 2.5 Die behaupteten Benachteiligungen dürften zudem nicht bestehen.

B. IV. 2.5.1 Die Kürzung des Jahresurlaubs in § 6 Arbeitsvertrag bzw. § 12 Tarifvertrag dürfte unwirksam sein, da gegen §§ 5 Abs. 3 c), 13 BUrlG verstoßend (vgl. auch BAG vom 06.05.2014 – 9 AZR 678/12 – juris Rn. 11 = NZA 2014, 959). Ein Urlaubsanspruch hängt – tariflich nicht abdingbar – lediglich vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses, nicht von einer Arbeitsleistung ab. Ein anteiliger Urlaubsanspruch der Klägerin im Umfang von 3/12 des Jahresurlaubsanspruchs ist hier aber nicht geltend gemacht.

B. IV. 2.5.2 Ein Widerspruch von einzuhaltender Kündigungsfrist und Ausfall jeglicher Verdienstmöglichkeit besteht nicht.

Im Zeitraum der Freimonate Januar bis März 2015 unterlag die Klägerin keinem Nebentätigkeitsverbot (zu den Voraussetzungen eines Nebentätigkeitsverbotes allgemein vgl. BAG vom 13.05.2015 – 2 ABR 38/14 – juris Rn. 21 = NZA 2016, 116). Die Klägerin konnte in den Freistellungsmonaten im I. Quartal tun, was sie wollte: sie traf bei der Beklagten keine Arbeitspflicht. Ein Wettbewerbsverbot ist nicht ersichtlich. Eine „Nebentätigkeit“ konnte somit nicht mit ihrem formal fortbestehenden Arbeitsverhältnis kollidieren. Ein nur aus dem formalen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses resultierendes Nebentätigkeitsverbot käme allenfalls im Hinblick auf die Tätigkeit als Flugbegleiterin für eine andere Fluggesellschaft in Betracht. Es ist aber nicht zu sehen, dass dadurch das „Vertrauen des Arbeitgebers in die Loyalität und Integrität“ (BAG vom 13.05.2015 – 2 ABR 38/14 – juris Rn. 21 = NZA 2016, 116) der Klägerin beeinträchtigt worden wäre: wenn die Beklagte die Klägerin in den Freimonaten nicht beschäftigen wollte oder konnte, ist jedenfalls bei einer Flugbegleiterin kein schützenswertes Interesse der Beklagten erkennbar, dieser in den Freimonaten eine Tätigkeit als Flugbegleiterin bei „der Konkurrenz“ zu verbieten. Es gibt daher auch keinen Widerspruch zwischen der von der Klägerin einzuhaltenden Kündigungsfrist i. V. m. einem Nebentätigkeitsverbot während der Kündigungsfrist und dem Fehlen jeglichen Vergütungsanspruches während der Freimonate.

C. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG gegen die am Einzelfall orientierte und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergangene Entscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung sind nicht gegeben.

 

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