Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 3 Sa 458/10 – Urteil vom 25.01.2011
Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 29.06.2010 – 6 Ca 83/10 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 01.02.2010 nicht außerordentlich-fristlos, sondern ordentlich und fristgerecht mit Ablauf des 15.03.2010 beendet worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Februar 2010 den Betrag von 2.315,51 € brutto zu zahlen und für die Zeit vom 01.03.2010 bis zum 15.03.2010 den Betrag von 1.190,76 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger jeweils Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge wie folgt zu erteilen bei Zahlung des oben bei I. 2. a) genannten Betrags: die Entgeltabrechnung für Februar 2010 und bei Zahlung des oben bei I. 2. b) genannten Betrags: die Entgeltabrechnung für die Zeit vom 01.03.2010 bis zum 15.03.2010.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.184,00 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am … 1972 geborene Kläger ist seit Juni 2008 bei der Beklagten als Arbeiter/Monteur im Bereich des Rohr-, Kanal- und Industrieservice bei der Beklagten beschäftigt (gewesen); vgl. dazu den Arbeitsvertrag vom 12.12.2008, Bl. 178 ff. d.A. Zuletzt (- ab ca. Anfang/Mitte Dezember 2009 -) war der Kläger in Nachtschicht im Rahmen eines Auftrags tätig, den die D. AG in A-Stadt der Beklagten erteilt hatte. Neben dem Festlohn in Höhe von 1.980,00 € brutto bezog der Kläger sogenannte Provisionen in unterschiedlicher Höhe. Durchschnittlich verdiente der Kläger im Jahr 2009 monatlich 2.381,51 € (vgl. dazu die Anlage B6 = Bl. 185 d.A.; vorgelegt mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 19.01.2011). Während der Nachtschicht vom 28.01. auf den 29.01.2010 (Donnerstag/Freitag) entfernte sich der Kläger von seinem Arbeitsplatz und dem Firmenfahrzeug der Beklagten und begab sich in andere Räume/Örtlichkeiten des Werkes der D. AG in A-Stadt (vgl. zum Werksgelände der D. AG in A-Stadt den Werksplan sowie den Plan, den der Zeuge A. im Termin vom 25.01.2011 zur Gerichtsakte gereicht hat = Bl. 204 und 209 d.A.). Ungefähr gegen 3:00 Uhr wurde der Kläger von dem Werkschutzmann (und Zeugen) C. im zweiten Obergeschoss (folgend: 2. OG) des Gebäudes 3c des Daimler-Werksgeländes angetroffen. Der Kläger führte eine Stofftasche mit sich sowie eine (damals) noch nicht geleerte Coca-Cola-Flasche. In der Stofftasche befanden sich einige neue Flachpinsel (ca. vier bis fünf). Ob sich in der Stofftasche leere Coca-Cola-Flaschen befanden, ist streitig.
Der Zeuge C. verständigte seinen Schichtführer, den Zeugen D.. Die Personalien des Klägers wurden aufgenommen. Die beiden Zeugen C. und D. begleiteten den Kläger zurück vom 2. OG des Gebäudes 3c zurück an seinen Arbeitsplatz bzw. zum dort befindlichen Firmenfahrzeug der Beklagten. Unterwegs kamen sie an einem Getränke-Rückgabe-Automaten vorbei. Streitig ist, ob der Kläger in diesen Rückgabeautomaten mehrere leere Cola-Flaschen eingeworfen hat.
Am Montag, dem 01.02.2010, fand im Betrieb der D. AG eine Befragung des Klägers durch den Zeugen A., Meister im Sicherheitsmanagement der D. AG, statt. Zugegen war dabei u.a. der Mitgeschäftsführer der Beklagten H. B..
Mit dem Schreiben vom 01.02.2010 (Bl. 4 d.A.) kündigte die Beklagte dem Kläger („…wegen der …bekannten Vorfälle im Werk der Firma D. AG in A-Stadt…“) fristlos. Mit dem Schreiben vom 04.02.2010 (Bl. 14 d.A.) erteilte das Werk A-Stadt der D. AG gegenüber der Beklagten dem Kläger ein unbefristetes Werksverbot. In diesem Schreiben heißt es u.a.:
„…Herr G. wurde dabei angetroffen, wie er unberechtigt in Büroräumen des Werkes unterwegs war und dabei Werkseigentum entwendet hat. Des Weiteren wurde Werkseigentum in seinem Besitz auf ihrem Betriebsgelände sichergestellt. In einer Befragung gab er an, diese Betriebsmittel bei seinem Einsatz im Werk unberechtigt mitgenommen zu haben…“.
Gemäß Anlage B3 = Bl. 43 d.A. erteilte die Beklagte dem Kläger die „Abrechnung der Brutto/Nettobezüge für Februar 2010“ vom 18.03.2010. Hierauf wird wegen der Einzelheiten der dort abgerechneten Beträge verwiesen.
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird, soweit den vorstehenden Feststellungen nicht widersprechend, Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 29.06.2010 – 6 Ca 83/10 – (dort Seite 2 ff. = Bl. 96 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat die Zeugen C., D., A., R. und Sch. gemäß Sitzungsniederschrift vom 29.06.2010 – 6 Ca 83/10 – = Bl. 72 ff. d.A. vernommen und sodann jeweils nach näherer Maßgabe des Urteilstenors vom 29.06.2010 – 6 Ca 83/10 –
– festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 01.02.2010 nicht aufgelöst worden ist,
und
– die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Gehälter für Februar 2010 und März 210 ordnungsgemäß abzurechnen und dem Kläger das sich daraus ergebende Nettogehalt zu zahlen.
Gegen das am 28.07.2010 zugestellte Urteil vom 29.06.2010 – 6 Ca 83/10 – hat die Beklagte am 26.08.2010 Berufung eingelegt und diese am 23.09.2010 mit dem Schriftsatz vom 22.09.2010 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 22.09.2010 (Bl. 117 ff. d.A.) verwiesen. Dort beanstandet die Beklagte insbesondere die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung als fehlerhaft. Unter Bezugnahme auf die Aussagen der Zeugen C. und D. bringt die Beklagte vor, dass der Kläger während des fraglichen Geschehens in der Nachtschicht vom 28.01./29.01.2010 im Gebäude 3c kein Leergut mit sich geführt habe. Der Kläger habe lediglich eine angetrunkene bzw. halbvolle Cola-Flasche bei sich gehabt. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, 5 Flachpinsel von einem Arbeitsplatz der D. AG weggenommen zu haben. Die Behauptung des Klägers, er habe sich deswegen in dem Bürogebäude befunden, weil er einen Leergutautomaten gesucht habe, sieht die Beklagte durch die Zeugenaussagen als widerlegt an: Der Kläger habe keine einzige leere Getränkeflasche bei sich gehabt. Weiter macht die Beklagte geltend, dass der Kläger bezüglich der Herkunft der Flachpinsel insgesamt drei verschiedene Einlassungen geliefert habe:
Gegenüber dem Zeugen D. habe der Kläger zunächst erklärt, dass die Pinsel der Beklagten gehörten. Anlässlich der Befragung durch den Zeugen A. am Montag, dem 01.02.2010, habe er sich dahingehend eingelassen, dass er die Pinsel auf seinem Weg zwischen seinem Arbeitsplatz und dem Bürogebäude gefunden habe. Im Prozess (Schriftsatz vom 09.03.2010, vgl. Bl. 21 f. d.A.) lasse er vortragen, dass sich die Pinsel auf dem Transporter der Beklagten befunden hätten.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht im Hinblick auf die drei Zeugenaussagen hätte erkennen müssen, dass bei lebensnaher Betrachtung der Beweis erbracht sei, dass der Kläger die Flachpinsel, die im Eigentum der D. AG gestanden hätten, von einem Arbeitsplatz der D. AG in Zueignungsabsicht weggenommen und somit einen Diebstahl begangen habe.
Soweit es um den weiteren Vorwurf des Diebstahl der Arbeitsmittel gemäß Anlage B2 (= Bl. 15 f. d.A.: Aufstellung „Bei Firma Z. sichergestelltes Werkeigentum“) geht, verweist die Beklagte auf die Aussage des Disponenten und Zeugen R.. Bei der Öffnung des – zuvor mittels Hängeschloss verschlossenen – Spinds des Klägers hätten sich darin die in der Liste/Aufstellung genannten Gegenstände befunden, welche von der D. AG als deren Eigentum identifiziert worden sei. Selbst wenn man der Aussage des Zeugen Sch. folge, dass in einem Falle dem Kläger vom D.-Werkschutz Feinstaubmaske und Handschuhe gegeben worden seien, sei kein Grund ersichtlich, warum man am Diebstahl der übrigen Gegenstände zweifeln sollte. Eine plausible Erklärung, wie die Gegenstände in den Spind des Klägers gelangt seien, sei der Kläger schuldig geblieben. Bei korrekter Beweiswürdigung – so argumentiert die Beklagte weiter – hätte das Arbeitsgericht die dem Kläger zur Last gelegten Diebstähle bejahen müssen, was wiederum einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB ergebe. Demnach sei die streitgegenständliche fristlose Kündigung wirksam, so dass die Klage insgesamt hätte abgewiesen werden müssen. Die Beklagte bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und äußert sich ergänzend im Schriftsatz vom 07.01.2011 (Bl. 168 d.A.) und im Schriftsatz vom 19.01.2011 (nebst Anlagen; Bl. 176 ff. d.A.), worauf verwiesen wird.
Die Beklagte beantragt, das am 29.06.2010 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen, Auswärtige Kammern Landau, – 6 Ca 83/10 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass seine Leistungsanträge wie folgt lauten die Beklagte zu verurteilen, für den Monat Februar 2010 gegenüber dem Kläger ein Bruttogehalt von 2.381,51 € abzurechnen und ihm den Betrag von 2.381,51 € brutto zu zahlen, die Beklagte des weiteren zu verurteilen, für den Monat März 2010 gegenüber dem Kläger ein Bruttogehalt von 2.381,51 € abzurechnen und ihm den Betrag von 2.381,51 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage auch mit den geänderten Leistungsanträgen abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 25.10.2010 (Bl. 139 ff. d.A.), worauf zwecks Darstellung aller Einzelheiten verwiesen wird. Insbesondere hält der Kläger die gesamte Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts für völlig plausibel und lebensnahe. Der Kläger verweist die Beklagte u.a. darauf, dass es der Beklagten möglich gewesen wäre, die entsprechenden Protokolle (über die Deklarierung selbst mitgebrachter Mittel beim Wareneingang gemäß den Dienstleistungsrichtlinien der D. AG) von der D. AG zu beschaffen. Daraus hätte sich dann ergeben können, welche Materialien sich auf dem Fahrzeug der Beklagten, mit dem der Kläger auf das Gelände der D. AG gefahren sei, befanden. Er, der Kläger, habe stets, von Anfang an den Sachverhalt einheitlich dargestellt, – nämlich (so), dass sich die Flachpinsel in dem Beutel auf dem Mercedes-Sprinter befunden hätten und auf dem sich seine gesamten Arbeitsmaterialien für den Arbeitseinsatz bei der D. AG befunden hätten. Nichts anderes habe er dem Zeugen A. gegenüber erklärt. Auch habe der Kläger stets dargestellt, dass er auf der Suche nach einem Leergutautomaten gewesen sei, – und zwar im Hinblick darauf, dass er in jener Nacht seinen letzten Einsatz bei der D. AG gehabt habe und sein Leergut noch an einem entsprechenden Automaten habe abgeben wollen. Der Automat im Bereich seines Arbeitseinsatzes habe nicht funktioniert. Richtig sei, dass es an anderen Stellen noch Getränkeautomaten auf dem D.-Werksgelände gegeben habe. Die meisten dieser Automaten seien jedoch nur in der Form ausgestattet, dass sie Flaschen ausgeben, – Leergut jedoch nicht zurücknehmen würden. Nur vereinzelte, wenige Automaten hätten auch die Funktion der Leergutrücknahme. Einen solchen Automaten habe der Kläger gesucht. Der Kläger wirft (weiter) die Frage auf, wie er an fünf originalverpackte neue Flachpinsel auf dem D.-Werksgelände habe herangekommen sein sollen. Die Beklagte könne nicht allen Ernstes behaupten, dass bei der D. AG auf dem Werksgelände offen neuwertige, verpackte Materialien herum liegen würden, nach dem Motto, dass jeder darauf zugreifen könne. Im Hinblick auf die Existenz eines Warenlagers und die Praxis bei der Warenausgabe hält es der Kläger für völlig lebensfremd, dass fünf neuwertige Flachpinsel originalverpackt bei der D. AG irgendwo herum gelegen hätten, so dass sie der Kläger ohne weiteres hätte an sich nehmen können. Der Kläger weist (erneut) darauf hin, dass er nicht der einzige Nutzer des Firmenfahrzeuges gewesen sei. Dieses Fahrzeug werde von Mitarbeitern einer anderen Schicht ebenfalls benutzt. Wer den Beutel mit den Pinseln seinerzeit auf den Mercedes-Sprinter gelegt habe, sei dem Kläger nicht bekannt. Der Kläger habe seinerzeit lediglich eine Tragetasche für sein Leergut gesucht und auf dem Firmenfahrzeug den Beutel gefunden, in dem sich bereits die Pinsel befunden hätten. Diesen Beutel habe er mit seinen leeren Cola-Flaschen befüllt und er habe sich daraufhin auf die Suche nach einem entsprechenden Rücknahme-Automaten begeben. Der Kläger stellt es als möglich dar, dass sich die Zeugen ausschließlich auf das vermeintliche Diebesgut konzentriert und das weitere Leergut nicht wahrgenommen und daher nicht weiter in Erinnerung gehabt hätten. Vor diesem Hintergrund hält der Kläger die Interpretation und die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts in keiner Weise für angreifbar. Ergänzend äußert sich der Kläger in den Schriftsätzen vom 28.12.2010 (Bl. 160 ff. d.A.) und vom 24.01.2011 (Bl. 188 d.A.), worauf (ebenfalls) verwiesen wird.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A., C. und D.. Die Zeugenaussagen sind festgehalten in der Sitzungsniederschrift vom 25.01.2011 – 3 Sa 458/10 – (Bl. 192 bis 196 d.A.). Hierauf wird zwecks Darstellung des Inhalts der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung ist teilweise begründet.
II.

Die Klage erweist sich nur teilweise als begründet. Zwar ist die Kündigung vom 01.02.2010 als fristlose Kündigung unwirksam, – aufgrund entsprechender Umdeutung hat die Kündigung das Arbeitsverhältnis jedoch ordentlich und fristgerecht zum 15.03.2010 aufgelöst. Leistungsansprüche stehen dem Kläger nur in dem Umfang zu, wie er sich aus dem Tenor dieses Berufungsurteils ergibt. Dazu jeweils im Einzelnen:
1.a) Zwar ist die Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam, denn der Beklagten ist es bei Kündigungsausspruch nicht im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift unzumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Es liegt aber ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Die Kündigung ist durch Gründe, die in dem Verhalten des Klägers liegen, bedingt.
Sonstige Gründe, die zur Rechtsunwirksamkeit der ordentlichen Kündigung führen könnten, sind nicht gegeben.
Allerdings sind die persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 1 und 23 Abs. 1 KSchG hinsichtlich Wartezeit und Betriebsgröße/Anzahl der regelmäßig Beschäftigten nach dem unstreitigen Vorbringen des Klägers erfüllt. Das Verhalten des Klägers in der Nachtschicht vom 28.01./29.01.2010 bedingt jedoch die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hat die ihn gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffende Pflicht zu Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers schuldhaft in erheblicher Weise verletzt.
b) Ein die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertigender Grund liegt vor, wenn das dem Arbeitnehmer vorgeworfene Verhalten eine Vertragspflicht verletzt, das Arbeitsverhältnis dadurch konkret beeinträchtigt wird, keine zumutbare Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Parteien billigenswert und angemessen erscheint.
In einem Fall der vorliegenden Art kann dabei das Verhalten des Arbeitnehmers unter unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkten gewertet werden, – wobei jeweils die Redlichkeit oder die Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers in Rede steht.
Es ist anerkanntes Recht, dass eine Kündigung auf mehrere Gründe und deshalb nebeneinander (1.) auf die Begehung und (2.) auf den Verdacht einer Straftat sowie (3.) auf sonstige (erwiesene) Tatsachen gestützt werden kann, die bereits unabhängig davon, ob sie auch Indizien für einen Verdacht darstellen, geeignet sind, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit oder Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers zu erschüttern. Inwieweit der Arbeitgeber hierbei im Hinblick auf § 102 BetrVG kollektivrechtlichen Beschränkungen unterliegt, braucht vorliegend nicht geprüft zu werden, da der Kläger die Frage der Betriebsratsanhörung in den Tatsacheninstanzen nicht problematisiert hat. Individualrechtliche Voraussetzung für eine Verdachtskündigung ist lediglich, dass der Arbeitgeber – zumindest auch – die Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört.
Vorliegend sind jedenfalls die Voraussetzungen eines Kündigungsgrundes im Sinne der dritten Fallgruppe erfüllt. Die ordentliche Kündigung lässt sich auf erwiesene Tatsachen stützen, die unabhängig davon, ob diese Tatsachen auch Indizien oder Beweise für eine Tatbegehung oder für einen Tatverdacht darstellen, das Vertrauen der Beklagten in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Klägers erschüttert haben. Der Kläger hat sich in der fraglichen Nachtschicht in einer Art und Weise fehlverhalten, dass er sich auch ohne Abmahnung sagen musste, dass er durch dieses Verhalten unmittelbar den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete.
c) Insoweit sind aufgrund der bereits vom Arbeitsgericht und ergänzend vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme sowie aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlungen folgende Tatsachen als erwiesen festzustellen:
Der Kläger war in Bezug auf das Werksgelände der D. AG ein Betriebsfremder. Als betriebsfremdem Arbeitnehmer war es ihm nur insoweit gestattet, sich auf dem D.-Betriebsgelände zu bewegen, wie dies zur Erfüllung seiner Arbeitspflicht gemäß § 611 Abs. 1 BGB notwendig war. Die gemäß § 106 GewO konkretisierte Arbeitspflicht des Klägers bestand am 28.01./29.01.2010 unstreitig darin, Rohrreinigungsarbeiten durchzuführen, d.h. einen Kanal zu spülen, – und zwar in dem Bereich, wo damals das Firmenfahrzeug der Beklagten abgestellt war. Den Ort seiner entsprechenden Arbeitsstelle hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2011 in der Kopie des ihm vorgelegten Werksplanes der D. AG, A-Stadt, wie aus Bl. 204 d.A. (dort Ziffer 1) ersichtlich, vermerkt. Der Ort dieser Arbeitsstelle (ungefähr im Bereich der Gebäude 9a und 9b) ist unstreitig mehrere hundert Meter von dem Ort entfernt, an dem der Kläger ungefähr gegen 3:00 Uhr nachts von den Zeugen C. und D. angehalten bzw. angetroffen wurde. Schätzt man die durchschnittliche Schrittlänge des Zeugen C. auf 60 cm, würde die von diesem Zeugen angegebene Schritt-Zahl von 709 Schritten bedeuten, dass sich der Kläger deutlich über 400 Meter entfernt von seiner Arbeitsstelle weg bewegt hat. Feststeht weiter, dass der Kläger von dem Zeugen C. unter Umständen angetroffen wurde, die nichts mit der Arbeitsleistung des Klägers oder einer regulären Pausengestaltung zu tun hatten. Der Kläger hatte sich, als er von dem Zeugen C. angehalten wurde, soeben in ein Großraumbüro begeben, in dem sich, wie der von dem Zeugen A. im Termin vom 25.01.2011 vorgelegte Plan (Bl. 209 d.A.) belegt, weder ein Getränkeautomat, noch ein Rückgabe-Automat befindet. Die Parteien hatten in der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2011 Gelegenheit, diesen D.-Gebäudeplan einzusehen. Die Einlassung des Klägers, er habe sich auf der Suche nach einem Leergut-Rückgabe-Automaten befunden und er habe sich gewissermaßen verlaufen, hat den Charakter einer nicht glaubwürdigen Schutzbehauptung. Unabhängig davon ist diese Einlassung jedenfalls aufgrund der Bekundungen des Zeugen D. als widerlegt anzusehen. Gestützt auf die Aussage des Zeugen D. ist die Berufungskammer davon überzeugt, dass der Kläger in dem Zeitpunkt, zu dem er von C. und D. im 2. OG (Großraumbüro) des Gebäudes 3c angetroffen wurde, überhaupt kein Leergut, also insbesondere auch keine leeren Coca-Cola-Flaschen, mit sich führte. Demzufolge scheidet eine etwaige Absicht, Leergut zurückzugeben, als Motiv des Klägers dafür aus, sich in einer derart großen Entfernung von seiner eigentlichen Arbeitsstelle wegbewegt zu haben. Ein anderes legitimes Motiv (als die tatsächlich aber nicht gegebene Absicht, Leergut zu entsorgen) hat der Kläger nicht aufgezeigt.
Sowohl die Zeugen C. und D. als auch der Zeuge A. haben bei ihrer Vernehmung einen glaubwürdigen Eindruck auf die Berufungskammer gemacht. Ihre Aussagen sind im Wesentlich widerspruchsfrei und glaubhaft. Die vom Kläger schriftsätzlich und jeweils in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Bedenken gegen die Zeugenaussagen, rechtfertigen unter den hier konkret gegebenen Umständen nicht die Annahme, die Zeugen hätten vor Gericht falsch ausgesagt. Die Berufungskammer legt deswegen die Aussagen dieser Zeugen ihrer Entscheidung zugrunde. Dem Berufungsurteil ist in tatsächlicher Hinsicht demgemäß auch zugrunde zu legen, dass der Kläger auf dem Rückweg vom zweiten Obergeschoss des Gebäudes 3c zu dem (im Bereich des Gebäudes 9a/9b befindlichen) Firmenfahrzeug der Beklagten nicht mehrere leere Flaschen in einen (im Bereich 5c befindlichen) Leergut- bzw. Rückgabe-Automaten eingeworfen hat, sondern nach den übereinstimmenden Bekundungen von D. und C. nur die eine Cola-Flasche, die der Kläger mittlerweile leer getrunken hatte. Weiteres Leergut hat der Kläger nicht eingeworfen. Weiteres Leergut führte der Kläger nicht mit sich.
Hinzu kommt, dass der Kläger Flachpinsel, wie sie der Zeuge D. bei dem Kläger (in der vom Kläger mitgeführten Tragetasche) gefunden hat, bei seiner Arbeit unstreitig nicht benötigte. Anders als das Arbeitsgericht ist die Berufungskammer davon überzeugt, dass die Pinsel im Eigentum der D. AG standen und nicht im Eigentum der Beklagten oder eines Dritten. Dass die Pinsel ihm gehörten oder dass er die Pinsel für die Beklagte oder für einen Dritten besaß, hat der Kläger nicht behauptet. Der Umstand, dass sich die Pinsel in einer Tragetasche befanden, die der Kläger mit sich führte, begründet deswegen keine Eigentumsvermutung zu Gunsten des Klägers oder eines Dritten (vgl. § 872 BGB). Da sich die Pinsel im Betriebs- und Herrschaftsbereich der Daimler AG befanden, streitet vielmehr die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB dafür, dass die Pinsel im Eigentum der D. AG standen, die derartige Pinsel in ihrem Betrieb in A-Stadt verwendet. Letzteres ist (- wenn nicht sogar unstreitig – ) jedenfalls aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen A. als bewiesen anzusehen (Aussage A. gem. S. 5 der Sitzungsniederschrift vom 25.01.2011 – 3 Sa 458/10 – = Bl. 193 d.A.).
Nach den Bekundungen des Zeugen A. hat sich der Kläger bei der Befragung von Montag, dem 01.02.2010, so eingelassen bzw. hat der Kläger das zunächst so zugegeben, dass er die Pinsel von Werkbänken weggenommen habe. Im weiteren Verlauf seiner Vernehmung hat der Zeuge allerdings erklärt, ob der Kläger damals von Arbeitsplätzen oder Werkbänken gesprochen habe, wo er die Pinsel gefunden habe, könne er nicht mehr sagen, – der Kläger habe sich so eingelassen, dass er die Pinsel auf dem Weg gefunden habe. Jedenfalls hat der Kläger nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen A. am 01.02.2010 nicht die Einlassung gebracht, er habe die Pinsel aus dem Firmenfahrzeug „Z.“, also aus dem Fahrzeug der Beklagten. Berücksichtigt man, dass sich der Kläger, bevor er in dem Großraumbüro des Gebäudes 3c, zweites OG, von dem Zeugen C. gestellt bzw. angehalten wurde, durch D.-Produktionshallen bewegt bzw. sich dort aufgehalten hat, in denen Pinsel, wie sie beim Kläger von dem Zeugen D. vorgefunden wurden, Verwendung finden, so ist das Vertrauen der Beklagten in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Klägers dadurch nachhaltig erschüttert worden. Das eben festgestellte Verhalten des Klägers in der Nachtschicht vom 28.01./29.01.2010 ist deswegen geeignet, die Kündigung bereits deswegen als verhaltensbedingt zu rechtfertigen, unabhängig davon, ob sich aus diesem bewiesenen Sachverhalt auch eine Tatbegehung schlussfolgern lässt.
Eine der Beklagten zumutbare anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger ist nicht ersichtlich.
d) Der Ausspruch einer vorherigen erfolglosen Abmahnung war unter den gegebenen Umständen entbehrlich. Die Entbehrlichkeit der Abmahnung ergibt sich daraus, dass es sich hier um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit für den Kläger ohne weiteres erkennbar war und bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen war. Das Betreten fremder Betriebsräume und der Aufenthalt dort erfolgten von Seiten des Klägers ohne sachlichen Grund, – und somit unbefugt. Dies stellt eine eindeutig schwere, schuldhaft begangene Pflichtverletzung dar.
e) Auch im Rahmen der weiter gebotenen Interessenabwägung bedurfte es einer vorherigen erfolglosen Abmahnung nicht. Im Rahmen der Interessenabwägung hat die Berufungskammer zugunsten des Klägers die (freilich noch nicht allzu lange) Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie das Alter des Klägers und die anhaltend schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt. Das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (auch über den Kündigungstermin 15.03.2010 hinaus) muss hier jedoch hinter dem Beendigungsinteresse der Beklagten zurücktreten. Für das Beendigungsinteresse der Beklagten streitet vor allem der Gesichtspunkt, dass die Beklagte als Dienstleister anderer Unternehmen, wie z.B. der D. AG, in besonderem Maße auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter angewiesen ist. Durch ein Verhalten, wie es der Kläger in der fraglichen Nachtschicht gezeigt hat, entsteht die Gefahr, dass die Beklagte ihren Dienstleistungsauftrag verliert oder künftig bei der Vergabe derartiger Aufträge nicht mehr berücksichtigt wird. Diese Gefahr hat sich vorliegend zwar nicht verwirklicht. Das Interesse der Beklagten daran, durch entsprechende personelle Maßnahmen einer derartigen Gefahr überhaupt vorzubeugen, ist jedoch berechtigt.
Bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen des Klägers einerseits und des Arbeitgebers andererseits sowie des Betriebes erscheint hier die Kündigung als billigenswert und angemessen. Zur Zeit des Kündigungsausspruches hätte sie in der Situation der Beklagten (auch) einen objektiven, d.h. einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber im Sinne von BAG vom 02.11.1961 – 2 AZR 241/61 – BAGE 11, 357 (364 f.), zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses bestimmt.
2. Eine nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung kann in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Inhalt des Kündigungsschreibens vom 01.02.2010, mit dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis „fristlos“ gekündigt hat, ließ für den Kläger den unbedingten Beendigungswillen der Beklagten erkennen. (Auch) im Hinblick darauf, dass der Kläger im Kündigungsschreiben aufgefordert wurde, die noch in seinem Besitz befindlichen Arbeitsmaterialien umgehend in die Firma zurückzubringen, musste der Kläger davon ausgehen, dass es der Beklagten darauf ankam, sich möglichst bald von ihm zu trennen. Besondere Umstände, die den Schluss zuließen, die Beklagte habe mit der Kündigung vom 01.02.2010 ausschließlich die außerordentlich-fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen wollen, und die deshalb einer Umdeutung entgegenstünden, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Die Kündigungsfrist bestimmt sich vorliegend nach § 622 Abs. 1 BGB. Zur Zeit des Kündigungsausspruches war der Kläger noch keine zwei Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Bei dem am Montag, dem 01.02.2010, bewirkten Zugang der Kündigung wurde der Kündigungstermin „Monatsende“ nicht gewahrt. Die Vierwochenfrist lief erst am 01.03.2010 ab, – wobei es sich bei dem 01.03.2010 aber um keinen zulässigen Kündigungstermin handelt. Zulässiger Kündigungstermin war erst der 15.03.2010, so dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15.03.2010 geendet hat. Die weitergehende Kündigungsschutzklage unterliegt in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Klageabweisung.
3. a) Dahingestellt bleiben kann, ob die verhaltensbedingte Kündigung zusätzlich auch als Tatkündigung unter dem Aspekt eines tatsächlich begangenen Diebstahls wirksam ist. Als außerordentliche Kündigung ist sie insoweit jedenfalls nicht wirksam. Das von der Beklagten behauptete Verhalten des Klägers wiegt, – die Richtigkeit dieses Vorbringens einmal unterstellt -, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles noch nicht so schwer, dass es der Beklagten am 01.02.2010 geradezu unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auch nur noch einen Tag länger fortzusetzen. Vielmehr ergibt jedenfalls die gemäß § 626 Abs. 1 BGB auch gebotene Interessenabwägung, dass der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist doch noch zumutbar gewesen ist. Insoweit überwiegt das Interesse des Klägers an der fristgerechten Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass sich (auch) in dem Spind des Klägers (im Betrieb der Beklagten) Gegenstände befanden, wie sie im Werk der D. AG in A-Stadt Verwendung finden. Die Herkunft dieser weiteren Gegenstände im Einzelnen ist letztlich ungeklärt. Konkrete Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht dazu, dass der Kläger in unredlicher oder strafbarer Weise den Besitz an diesen Gegenständen erlangt hätte, lassen sich nicht treffen.
b) Aus dem eben bei II. 3. a) genannten Grund, d.h. weil der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar war, kann auch dahingestellt bleiben, ob vorliegend nicht (auch) die Voraussetzungen einer sogenannten Verdachtskündigung erfüllt sind. Sollten die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung vorliegen, so wäre auch diese unter den hier gegebenen Umständen nur als ordentliche Kündigung rechtswirksam. Der Verdacht einer zum Nachteil des Arbeitgebers oder zum Nachteil eines Geschäftspartners des Arbeitgebers begangenen strafbaren Handlung – insbesondere eines Eigentums- oder Vermögensdelikts – kann nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Grund zur ordentlichen, aber auch zur fristlosen Kündigung des verdächtigten Arbeitnehmers abgeben. In derartigen Fällen ist es gerade der Verdacht, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen in die Rechtschaffenheit des Arbeitnehmers zerstört hat oder der in anderer Weise zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses führt. Vom Arbeitgeber, der eine Verdachtskündigung ausspricht, ist zunächst zu erwarten, dass er alle ihm zumutbaren Möglichkeiten ausschöpft, um die volle Aufklärung des Sachverhaltes zu erreichen. Zur Sachverhaltsaufklärung gehört grundsätzlich die Anhörung des Arbeitnehmers.
Eine Anhörung bzw. Befragung des Klägers ist vorliegend zwar nicht von der Beklagten selbst durchgeführt worden, – jedenfalls trägt das die Beklagte so ausdrücklich nicht vor, sondern durch den Zeugen A. von der D. AG. Allerdings war der Geschäftsführer B. von der Beklagten unstreitig bei dieser Befragung des Klägers zugegen. B. war nach den Bekundungen des erstinstanzlich (auch) vernommenen Zeugen R. zugegen als (wohl) am Montag, dem 01.02.2010, der Spind des Klägers im Betrieb der Beklagten geöffnet wurde. Es spricht einiges dafür, dass diese Aufklärungsmaßnahmen (Befragung durch den Zeugen A.; Spindöffnung im Betrieb) vor dem Hintergrund einer anstehenden Kündigung erfolgten, auch wenn der Kläger in dem Termin vom 25.01.2010 behauptet hat, dass in dem Gespräch von Freitag-Nachmittag (29.01.2010) von Kündigung keine Rede gewesen sei. Unstreitig ist aber wiederum – weil vom Kläger im Termin vom 25.01.2011 selbst so erklärt (Sitzungsniederschrift Seite 9 = Bl. 197 d.A.) -, dass der Geschäftsführer B. damals zu ihm gesagt hat: „Du kommst am Montag um 11:00 Uhr in die Firma und dann fahren wir in die „D.“ und klären das“. Freilich hat das Arbeitsgericht auf Seite 8 – unten – der Entscheidungsgründe im Urteil vom 29.06.2010 ausgeführt, dass die Anhörung des Arbeitnehmers/Klägers hier vor Kündigungsausspruch nicht durchgeführt worden sei. Gegen diese Feststellung im erstinstanzlichen Urteil richtet sich kein Berufungsangriff der Beklagten.
4. a) Die Beklagte schuldet dem Kläger gemäß § 611 Abs. 1 BGB, §§ 293 ff. und 615 BGB Vergütung für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 15.03.2010. Hinsichtlich der Höhe sind die entscheidungserheblichen Tatsachen zuletzt unstreitig gewesen. Die Beklagte schuldet dem Kläger nach dem Entgeltausfallprinzip die Vergütung, die der Kläger verdient hätte, wenn er über den 31.01./01.02.2010 hinaus weiterbeschäftigt worden wäre. Dabei kann mangels sonstiger Anknüpfungs-Tatsachen angeknüpft werden an die Vergütung, die der Kläger monatlich zuletzt im Jahre 2009 durchschnittlich erzielt hat. Dies ist nach der Aufstellung gemäß Anlage B 6 der Betrag von 2.381,51 € brutto. Für die Hälfte des Monats März 2010 schuldet die Beklagte dem Kläger folglich die Hälfte von 2.381,51 € = 1.190,76 € brutto. Hinsichtlich des Monats Februar 2010 ist an sich der volle Betrag von 2.381,51 € zu zahlen. Insoweit ist allerdings ein Teilbetrag des Bruttobetrages abzuziehen, den die Beklagte dem Kläger als „Gesamtbrutto“ mit der Abrechnung vom 18.03.2010 (Anlage B3) bereits gezahlt hat. Dass diese Zahlung erfolgt ist, hat der Kläger mit der sich aus § 138 Abs. 3 ZPO ergebenden Folge nicht bestritten. Als für den 01.02.2010 gezahlter Betrag kann jedoch unter den hier gegebenen Umständen nur der Teilbetrag von 66,00 € brutto (= 1.980,00 €: 30) berücksichtigt werden. Die restlichen Teilbeträge, die mit der Abrechnung vom 18.03.2010 ebenfalls gezahlt wurden, beziehen sich erkennbar auf Urlaubsabgeltung bzw. eine Nachberechnung für Januar 2010. Auf entsprechende Ansprüche (= Urlaubsabgeltung; Januar 2010) beziehen sich die Klageforderungen (= Vergütungsansprüche für die Zeit ab dem 01.02.2010) nicht. Demgemäß war nur der Betrag von 66,00 € brutto von dem für Februar 2010 geschuldeten Betrag abzuziehen, so dass die Beklagte demgemäß für Februar 2010 noch 2.315,51 € brutto zu zahlen hat.
b) Die Verpflichtung dem Kläger bei Zahlung der genannten Bruttobeträge Abrechnungen der Brutto-/Nettobezüge zu erteilen, ergibt sich aus § 108 Abs. 1 GewO.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren erfolgt gemäß § 63 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Parteien gegen die vom Arbeitsgericht im erstinstanzlichen Urteil vorgenommene Streitwertfestsetzung keine Bedenken geltend gemacht haben. In einem Fall der vorliegenden Art sind die Werte der Leistungsanträge und des Feststellungsantrages aus Gründen der wirtschaftlichen Identität und der rechtlichen Präjudizialität nicht zu addieren.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, einzulegen. Darauf werden die Parteien hingewiesen.