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Auflösungsantrag des Arbeitgebers – Nutzungsausfallentschädigung

Arbeitsrechtlicher Fall: Auflösungsantrag und Nutzungsausfallentschädigung

Das Arbeitsrecht ist ein weitreichendes und oftmals komplexes Rechtsgebiet, welches den rechtlichen Rahmen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber schafft. Eines der zentralen Instrumente im Arbeitsrecht ist der Auflösungsantrag, den Arbeitgeber in bestimmten Situationen stellen können. Ein solcher Fall, in dem ein Auflösungsantrag im Mittelpunkt stand, wurde vor kurzem detailliert präsentiert. Dieser Fall hebt die besonderen rechtlichen Herausforderungen und Probleme hervor, die bei der Antragstellung auftreten können und die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis sowie auf die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 226/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Der Fall betrifft einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers und die Nutzungsausfallentschädigung im Arbeitsrecht.
  • Der Arbeitnehmer behauptet, seine Arbeit zur Zufriedenheit der Kunden erledigt zu haben, und sieht den Auflösungsgrund als unbegründet an.
  • Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer zunächst Auslagenpauschale zugesagt, verlangte jedoch später Auslagennachweise.
  • Das Arbeitsgericht betrachtete beleidigende und unsachliche E-Mails des Arbeitnehmers als Auflösungsgrund.
  • Der emotionale Zustand des Arbeitnehmers nach der Kündigung wurde berücksichtigt.
  • Die Berufungskammer entschied, dass eine weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht mehr zumutbar sei.
  • Die Berufung erhebt keine Einwände gegen den Auflösungszeitpunkt und die Abfindungshöhe.

Hintergrund des Falles

Auflösungsantrag Arbeitgeber
Arbeitsrechtlicher Fall: Auflösungsantrag und Nutzungsausfallentschädigung – Rechtliche Herausforderungen im Arbeitsverhältnis. (Symbolfoto: New Africa /Shutterstock.com)

In dem besagten Fall gab es einen Streitpunkt um eine Nutzungsausfallentschädigung. Der Arbeitnehmer argumentierte, dass er aufgrund bestimmter Umstände Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung habe, die auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit eines Neuwagens berechnet wurde. Interessanterweise belief sich dieser Betrag auf 1 % des Listenpreises für einen Neuwagen im Wert von 50.000 €.

Konfliktpunkte und rechtliche Fragestellungen

Die Situation verschärfte sich durch die Äußerungen des Arbeitnehmers, in welchen er andeutete, zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren und betonte: „Ich werde zurückkommen, keine Sorge!“ Diese Aussage wurde als unangemessener Einschüchterungsversuch gewertet, was wiederum die Frage nach der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter den gegebenen Umständen aufwarf. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit spielte hierbei eine wesentliche Rolle, und die Berufungskammer kam nach Abwägung aller relevanten Faktoren zu dem Schluss, dass der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für den Beklagten nicht mehr zumutbar war.

Rechtliche Bewertung und Auswirkungen

Dieser Fall stellt eindrücklich die Spannungsfelder im Arbeitsrecht dar, insbesondere wenn es um Themen wie Kündigung, Entschädigung und die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geht. Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers war hierbei ein zentrales Element. Auch die Frage nach dem Entschädigungsanspruch eines Arbeitnehmers bei unzulässigem Verhalten des Arbeitgebers, wie zum Beispiel bei heimlicher Überwachung oder Benachteiligung im Betrieb, rückt in solchen Fällen ins Zentrum des rechtlichen Interesses.

Schlüsselerkenntnisse aus dem Fall

Es ist deutlich geworden, dass das Arbeitsrecht, mit seinen vielen Facetten, immer wieder neue Herausforderungen sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber mit sich bringt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie im Fall der Nutzungsausfallentschädigung und des Auflösungsantrags zum Ausdruck kommen, erfordern stets ein tiefes Verständnis der Materie sowie ein feines Gespür für die jeweiligen Umstände und Besonderheiten jedes Einzelfalls. Das Ziel ist dabei immer, eine faire und rechtlich einwandfreie Lösung für alle Beteiligten zu finden.

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Auflösungsantrag Arbeitgeber – kurz erklärt


Der Auflösungsantrag ist eine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses trotz einer unwirksamen Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber können einen Auflösungsantrag stellen.

Für den Arbeitgeber kommt ein Auflösungsantrag in Betracht, wenn er dem Arbeitnehmer ordentlich gekündigt hat, die Kündigung aber unwirksam ist und er eine weitere Zusammenarbeit nicht für sinnvoll oder zumutbar hält. Der Auflösungsantrag muss gut begründet sein. Das Gericht prüft, ob die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Bei einem erfolgreichen Antrag wird das Arbeitsverhältnis durch Urteil aufgelöst und der Arbeitgeber muss eine Abfindung zahlen.

Mögliche Gründe für einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers:

  • Störung des Betriebsfriedens (z.B. durch Mobbing oder ständige Konflikte)
  • Nachhaltiger Vertrauensverlust (z.B. durch Diebstahl oder grobe Beleidigung)
  • Mangelnde Eignung oder Qualifikation des Arbeitnehmers
  • Häufige oder langandauernde Arbeitsunfähigkeit
  • Betriebsbedingte Gründe (Umstrukturierung, Wegfall der Stelle)

Der Auflösungsantrag muss im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht gestellt werden. Fristen sind zu beachten. Der Arbeitgeber sollte sich anwaltlich beraten lassen.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 226/22 – Urteil vom 30.03.2023

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23. Juni 2022, Az. 4 Ca 60/22, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über einen Auflösungsantrag der Beklagten, Vergütung wegen Annahmeverzugs und Nutzungsausfallentschädigung.

Der 1974 geborene Kläger (ledig, kinderlos) war seit dem 17. Dezember 2018 bei der Beklagten, die Sicherheitsdienstleistungen erbringt, als Ladendetektiv zu einem Stundenlohn von zuletzt € 12,00 brutto beschäftigt. Sein durchschnittlicher Monatsverdienst betrug € 2.405,83 brutto; es lagen Lohnpfändungen vor. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen Rheinland-Pfalz Anwendung. Die Beklagte, mit Hauptsitz in C-Stadt, beschäftigt ca. 150 Arbeitnehmer. Der Kläger wurde überwiegend in Süddeutschland eingesetzt.

Ab Oktober 2021 kam es zu einem E-Mail-Schriftwechsel mit gegenseitigen Vorwürfen. Der Kläger beschwerte sich ua. darüber, dass ihm die Beklagte – entgegen einer streitigen Zusage – keinen Dienstwagen auch zur Privatnutzung überlassen habe. Die Beklagte lud den Kläger zweimal zu einem Personalgespräch nach C-Stadt ein. Der Kläger nahm beide Termine nicht wahr, weshalb ihm die Beklagte am 29. Oktober 2021 und am 17. November 2021 schriftliche Abmahnungen erteilte. Im November 2021 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und der Filialleiterin eines Z-Drogeriemarkts, in dem der Kläger als Ladendetektiv eingesetzt war. Am 18. November 2021 erschien der Kläger nicht zur Arbeit. Deshalb kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 18. November 2021 wegen unentschuldigten Fehlens fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Laut ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ausgestellt am 18. November 2021, war der Kläger vom 18. bis zum 20. November 2021 arbeitsunfähig erkrankt. Gegen die Kündigung, zugegangen am 19. November 2021, erhob der Kläger am 10. Dezember 2021 auf der Rechtsantragsstelle Klage, die er später erweiterte.

Nach Zugang der Kündigung schrieb der Kläger mehrere E-Mails an die Beklagte. In einer E-Mail vom 20. November 2021 mit dem Betreff „Außergerichtliches Angebot“ an einen Geschäftsführer heißt es:

„Sehr geehrter Herr Y,

Sie wissen ja selber, dass die Kündigung unwirksam ist und gegen mich keine Chance haben!

Ich biete Ihnen an, 80.000,00 Euro an mich zu zahlen, dann ist der Fall erledigt, natürlich mit Lohnabrechnung!

Das beinhaltet Schadensersatz bezüglich kein Geschäftswagen, was von Ihnen ganz klar laut Herr S zugesagt wurde.

Bitte geben Sie mir bis zum 25.11.2021 spätestens Bescheid!

Mit freundlichen Grüßen“

Kurz darauf sandte der Kläger dem Geschäftsführer folgende E-Mail:

„Dazu wird schriftlich vereinbart, dass ich persönlich keine Märkte von Ihnen abwerbe! Sollte ich es machen 50000 Euro Strafe!“

Am selben Tag schrieb er dem Geschäftsführer nochmals:

„Habe guten Draht zu einigen Läden und Bereichsleitern zur Info!

Habe mir einen Namen aufgebaut!“

Der Geschäftsführer antwortete noch am 20. November 2021 wie folgt:

„Hallo und guten Morgen Herr A.,

ich weiß nicht was Sie mir damit sagen wollen, dass Sie sich einen guten Draht zu BLs und Filialleitungen haben??

Gegen die Zahlung von 50.000 € passiert nun was oder auch was nicht??

Wenn man das liest könnte man den Eindruck gewinnen, dass Sie gegen eine hohe Zahlung etwas unterlassen wollen und erfolgt diese hohe Zahlung nicht, etwas tun wollen, was uns schadet. Ich glaube das muss man rechtlich mal prüfen lassen, ob hier nicht sogar der Tatbestand einer Erpressung erfüllt ist.

Also erstens, dass ist die letzte Mail die Sie von mir erhalten, der Rest läuft nur noch über die Rechtsabteilung.

Zweitens jegliche Forderungen, die Sie hier stellen, werden wir nicht erfüllen. Das klären wir gerne vor Gericht.

Drittens sollten Sie weiter so penetrieren, werden wir auch hier sämtliche rechtlichen Schritte, die uns zur Verfügung stehen, ausschöpfen.

Herr A., ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute. Bleiben Sie vor allem Gesund.

Nur als Hinweis, gestern erreichte uns noch eine Lohnpfändung, da scheint jemand ein Titel gegen Sie erwirkt zu haben. Dies müssen wir prüfen und dann gegebenenfalls bei Ihrem Lohn abziehen, nur damit Sie schon mal darüber informiert sind.“

Hierauf erwiderte der Kläger am 20. November 2021:

„Müssten Sie als Geschäftsführer eigentlich selber wissen!

Muß ich Sie normal nicht belehren!

Falls Sie gegen die Verschwiegenheitspflicht verstossen haben, werde ich gleich noch Schmerzensgeld geltend machen!“

In einer E-Mail des Klägers vom 21. November 2021 mit dem Betreff „Strafanzeige“ heißt es:

„Hallo Herr Y,

sollten die 20 Euro, die ich für zwei Übernachtungen im Allgäu im September 2021 für die private Unterkunft, die ich bezahlt habe, nicht bei der nächsten Lohnabrechnung dabei sein, stell ich Strafanzeige!

Es wurde mit Herrn S und Herrn N abgesprochen!

Dann war es Vorsatz, wenn das Geld nicht in Kürze kommt!

Ich lass mich von Ihnen nicht verarschen!

Sie haben dadurch Hotelkosten eingespart!

Sie sollten sich in Grund und Boden schämen!

Mich rief vorher ein Anwalt an, da haben wir auch gleich über dieses Thema gesprochen!

Ihre Firma gehört zugemacht!

Unseriös!

Ich muss es glaub mal an die Öffentlichkeit bringen und die Revision informieren, damit Sie aufwachen!

Vielen Dank für die zum Teil sehr guten Hotel, wo ich übernachten durfte!

Hatte mich bisher wohl gefühlt!

Ich werde zurückkommen!

Keine Sorge!

Ich räum auf in Ihrer Fa.

Mit freundlichen Grüßen“

In einer E-Mail vom 21. November 2021 mit dem Betreff „Wir decken Straftaten auf“ schrieb der Kläger:

„und Sie Herr Y, machen selber unseriöse Sachen, oder lassen es zu!

Absolutes no go!

Ich glaub ich bin im falschen Film!“

Im Anschluss an den Gütetermin vom 17. Februar 2022 versandte der Kläger am 19. Februar 2022 eine E-Mail mit dem Betreff „Zeugen“ an die Mitarbeiter der Beklagten N (Disponent) und S (Bereichsleiter):

„Hallo Herr N und Herr S,

bald müssen Sie als Zeuge auftreten!

SOLLTEN SIE DIE WAHRHEIT ABSTREITEN BEZÜGLICH GESCHÄFTSWAGEN MACHE ICH SOFORT STRAFANZEIGE!

ES WURDE NÄMLICH MITGEHÖRT!

ZEUGEN WERDE ICH DANN AUCH NENNEN!

BIN JA NICHT BLÖD!

ICH WERDE ZURÜCKKOMMEN, KEINE SORGE!

Mit freundlichen Grüßen“

Am 30. Dezember 2021 erstattete der Kläger Strafanzeige gegen die Beklagte mit der Begründung, sie habe ihm Übernachtungskosten von € 20,00 für zwei Übernachtungen im Allgäu (am 2. und 6. September 2021) nicht erstattet sowie während des gesamten Arbeitsverhältnisses immer wieder falsche Lohnabrechnungen erstellt.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. November 2021 noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. November 2021 aufgelöst worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 18. November 2021 hinaus ungekündigt fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 18. November 2021 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Ladendetektiv weiterzubeschäftigen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 12. Oktober 2021 bis 18. November 2021 Nutzungsentschädigung für den zugesagten Geschäftswagen iHv. € 622,58 brutto zu zahlen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn restliches Entgelt für September 2021 iHv. € 54,40 netto zu zahlen,

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Auslagen für zwei Übernachtungen im September 2021 iHv. € 20,00 netto zu zahlen,

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Auslagen für Covid-Schnelltests iHv. € 80,00 netto zu zahlen,

8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn den anteiligen Bonus für den Monat November 2021 iHv. € 60,00 netto zu zahlen,

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn restliche Spesen für den Monat November 2021 iHv. € 4,80 netto zu zahlen,

10. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz iHv. € 14,60 netto zu zahlen,

11. die Beklagte zu verurteilen, die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III auszufüllen und die ausgefüllte Arbeitsbescheinigung an ihn herauszugeben,

12. die Beklagte zu verurteilen, rückwirkend ab dem 15. Januar 2022 die Löhne, Spritgeld und den Bonus sowie € 500,00 Geschäftswagenausgleich nebst üblichen Verzugszinsen zu zahlen,

13. den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzulösen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 23. Juni 2022 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Trier hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. November 2021 aufgelöst worden ist. Der Kläger habe nicht unentschuldigt gefehlt, weil er ausweislich der vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18. bis 20. November 2021 erkrankt gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Beklagten nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zum 31. Dezember 2021 gegen Zahlung einer Abfindung iHv. € 3.469,50 brutto (1,5 Monatsverdienste) aufgelöst und zur Begründung – zusammengefasst – ausgeführt, ein Auflösungsgrund liege darin, dass der Kläger leichtfertig eine Strafanzeige gegen die Beklagte erstattet habe. Ferner rechtfertigten die Äußerungen des Klägers in seinen E-Mails vom 20. und 21. November 2021 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger könne keine Nutzungsausfallentschädigung wegen Nichtgestellung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung beanspruchen. Er habe keine konkrete und verbindliche Vereinbarung mit der Beklagten dargelegt. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 23. Juni 2022 Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das am 29. Juli 2022 zugestellte Urteil mit einem am 25. August 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, innerhalb der bis einschließlich 31. Oktober 2022 verlängerten Begründungsfrist, mit am 31. Oktober 2022 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Er macht geltend, das Arbeitsgericht habe dem Auflösungsantrag der Beklagten zu Unrecht stattgeben. Es habe nicht gewürdigt, dass die Kündigungen der Beklagten vom 18. November 2021 evident unwirksam seien. Ihm sei durch den Kündigungsausspruch ganz offensichtlich Unrecht widerfahren. Die Beklagte habe ihm außerordentlich gekündigt, obwohl er arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Die Arbeitsunfähigkeit habe er ihr am 18. November 2021 vor Dienstbeginn angezeigt und auch rechtzeitig nachgewiesen. Nach Zugang der Kündigungen sei er emotional sehr betroffen gewesen. In dieser emotionalen Lage habe er die E-Mail-Kommunikation mit der Beklagten geführt. Das Arbeitsgericht hätte auch den Betriebszweck der Beklagten – Betrieb einer Detektei – würdigen müssen. Dem Betriebszweck habe er nicht zuwidergehandelt, weil er das Einstellen von Unrecht gefordert habe. Mit der Erstattung einer Strafanzeige gegen die Beklagte habe er die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit fördern wollen. Dieses Ziel stehe offenkundig im Einklang mit dem Betriebszweck. Das Arbeitsgericht hätte ferner prüfen müssen, inwieweit andere Maßnahmen, zB. eine neue organisatorische Zuordnung mit Vorgesetztenwechsel, die weitere Zusammenarbeit ermöglicht hätte. Hinzu komme, dass sich bloße Kommunikationsprobleme nicht auf seine Arbeitsleistung vor Ort auswirkten. Er habe seine Arbeit zur vollkommenen Zufriedenheit der Kunden und mit zugleich großartigen Erfolgen geleistet. Da die Beklagte selbst nicht behauptet habe, sie befürchte, dass er seiner Tätigkeit als Ladendetektiv nicht besonnen nachkommen werde, hätte das Arbeitsgericht derartige Überlegungen nicht als Auflösungsgrund heranziehen dürfen. Die Erstattung der Strafanzeige sei als Auflösungsgrund nicht geeignet. Die Beklagte habe ihm bedingungslos die Zahlung von € 20,00 Auslagenpauschale zugesagt, damit er – zu ihrem finanziellen Vorteil – kein Hotelzimmer beanspruche, sondern am Einsatzort privat übernachte. Im Nachhinein habe sie von ihm jedoch Auslagennachweise verlangt. Die Erstattung der Strafanzeige sei nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt; vielmehr habe er sich gegen den rechtswidrigen Angriff der Beklagten in angemessener Weise zur Wehr gesetzt. Das Arbeitsgericht habe vermeintlich beleidigende und unsachliche Äußerungen in seinen E-Mails als Auflösungsgrund angesehen. Er habe in seinen E-Mails sicherlich nicht immer den „richtigen Ton getroffen“, was er im Nachhinein bedaure. In der Sache könnten ihm die Äußerungen jedoch nicht als vertragsaufhebend vorgeworfen werden. Das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Es habe seine Äußerungen auf der Grundlage des nicht bewiesenen Vorbringens der Beklagten gewertet und zum Teil falsche Schlussfolgerungen gezogen. So könne seine Äußerung, dass der Geschäftsführer „unseriöse Sachen“ mache oder zulasse, nur dann als persönliche Beleidigung gewertet werden, wenn dieser tatsächlich keine unseriösen Sachen gemacht habe. Dies sei streitig. Er habe Strafanzeige gestellt, weil er gerade davon ausgegangen sei, dass sich die Beklagte strafbar gemacht habe. Auch seine weiteren Äußerungen habe das Arbeitsgericht missverstanden. Er habe mit der Beklagten einen Vergleich schließen wollen und ihr einen Vorschlag unterbreitet, den sie abgelehnt habe. Er habe angenommen, dass er im Kündigungsschutzverfahren obsiegen werde, weil er nicht unentschuldigt gefehlt habe. Vor diesem Hintergrund sei seine Wortwahl zu verstehen: „Ich werde zurückkommen!“ Zugleich habe er sich vorgenommen, künftig auf die Wahrung seiner Rechte zu bestehen und keine Eingeständnisse mehr zu machen. Deshalb habe er formuliert: „Ich räum auf in Ihrer Fa“. Schließlich habe er mit einem Anwalt gesprochen, der ihm bestätigt habe, dass ihm Unrecht widerfahren sei. Hierüber habe er die Beklagte mit E-Mail vom 21. November 2021 informiert. Mit der Zusendung der E-Mail an die Mitarbeiter N und S, die er als mögliche Zeugen angesehen habe, habe er nicht – wie das Arbeitsgericht angenommen habe – eine Aussage zu seinen Gunsten, sondern eine wahrheitsgemäße Aussage fördern wollen. Es stelle keinen Auflösungsgrund dar, dass er die Zeugen an ihre Wahrheitspflicht gemahnt habe. Es sei zwar richtig, dass er den Mitarbeitern damit zugleich unterstellt habe, dass diese möglicherweise die Unwahrheit sagen würden. Er habe aufgrund seiner Erfahrungen gute Gründe zu dieser Annahme gehabt, weil die potentiellen Zeugen außergerichtlich den von ihm dargestellten Sachverhalt bestritten hätten. Das Arbeitsgericht hätte würdigen müssen, dass er am 20. und 21. November 2021 emotional sehr aufgewühlt gewesen sei. Er habe sämtliche E-Mails nur an zwei Tagen unmittelbar nach Zugang der offenkundig unberechtigten Kündigungen verfasst. Er sei durch die Kündigungen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, so dass er berechtigterweise sehr verärgert gewesen sei. Dieser emotionale Zustand des Sich-Ärgerns sei bei der Prüfung, ob für die weitere Zukunft eine gedeihliche Zusammenarbeit zu erwarten sei, zu berücksichtigen. Ferner sei zu beachten, dass die Beklagte selbst wenig zurückhaltend und durchaus sarkastisch auf sein Vorbringen reagiert habe. So habe die Beklagte mit E-Mail vom 20. November 2021 selbst damit gedroht, dass sie „sämtliche rechtlichen Schritte“, die (ihr) zur Verfügung stehen, ausschöpfen“ werde. Unmittelbar anschließend habe sie ihm in übertriebenem Maße „alles erdenklich Gute. Bleiben Sie vor allem Gesund“, gewünscht. Diese Ausführungen habe er lediglich als Sarkasmus werten können, was ihn noch mehr verärgert habe. Das Arbeitsgericht habe nicht gewürdigt, dass die ihm vorgeworfenen Äußerungen nicht im neutralen Rahmen, sondern in einer durchaus von beiden Seiten überspitzt geführten Kommunikation gefallen seien. Schließlich habe er auch nicht in rechtswidriger Weise mit dem Abwerben von Kunden der Beklagten gedroht. Es sei das Recht eines jeden Mitarbeiters, nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses für sein eigenes berufliches Fortkommen um Kunden zu werben. Er habe der Beklagten zur Rechtfertigung der gewünschten Abfindungshöhe angeboten, auch eine Kundenschutzklausel zu vereinbaren, welche mit der Abfindungszahlung hinreichend kompensiert worden wäre. Ein Fehlverhalten, geschweige denn eine Drohung, könne hierin nicht gesehen werden. Dies habe er auch unverzüglich klargestellt, nachdem die Beklagte das Vorliegen einer Drohung angenommen habe. Er habe sich insoweit von der Interpretation der Beklagten distanziert. Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu seiner Stellung im Betrieb überzeugten nicht. Die Beklagte beschäftige über 150 Sicherheitskräfte, vorwiegend Detektive. Er habe als Ladendetektiv keine herausragende Stellung im Unternehmen, er sei kein leitender Angestellter und habe keine Schlüssel- oder besondere Vertrauensposition inne.

Die Beklagte sei verpflichtet, ihm ab 12. Oktober 2021 eine Nutzungsausfallentschädigung wegen Nichtgestellung eines Dienstwagens zur Privatnutzung iHv. € 500,00 monatlich (für Oktober 2021 anteilig 20/31 = € 322,58, für November 2021 anteilig 18/30 = € 300,00) zu zahlen. Er habe in erster Instanz eine verbindliche Vereinbarung mit der Beklagten dargelegt, dass ihm ein Dienstwagen auch zur Privatnutzung überlassen werden sollte. Der Disponent N, der dazu berechtigt gewesen sei, habe ihm ein Angebot auf Abschluss eines Kfz-Überlassungsvertrags unterbreitet, dass er unverzüglich angenommen habe. Der Vertrag sei fernmündlich zustande gekommen, er habe nur noch schriftlich fixiert werden sollen. Er habe die vor Abschluss des maßgeblichen Kfz-Überlassungsvertrags geführte E-Mail-Korrespondenz mit dem Disponenten N aufgezeigt. N habe ihm mit E-Mail vom 20. April 2021 versprochen, ihm zeitnah ein Angebot zu unterbreiten. N habe ihm mitgeteilt, dass er in aller Ruhe mit ihm telefonieren wolle, wenn es seine Zeit zulasse. Dieses Telefonat habe Ende Mai 2021 stattgefunden. Er habe unter Beweis gestellt, dass N zur Unterbreitung des Angebots berechtigt gewesen sei. Auch der Bereichsleiter S habe bestätigt, dass der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Abschluss des Kfz-Überlassungsvertrag einverstanden gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe man den notwendigen Mindestinhalt (essentialia negotii) festgelegt. Zwar sei kein Datum für den Beginn der Kfz-Überlassung genannt worden sei, der Überlassungsbeginn habe jedoch unter der ohne weiteres zu ermittelnden Bedingung gestanden, dass die Corona-Schnelltest kostenpflichtig werden, was ab 11. Oktober 2021 der Fall gewesen sei. Die Überlassung des Dienstwagens sollte selbsterklärend dauerhaft, also für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, erfolgen. Die Fahrzeugklasse sei von N zwar nicht explizit genannt worden, es sei jedoch klar gewesen, dass ihm ein Mittelklassefahrzeug (zB VW Passat) überlassen werde sollte, weil dies der üblichen Vorgehensweise der Beklagten entspreche. Vergleichbare Mitarbeiter, denen die Beklagte einen Dienstwagen überlassen, erhielten ein Mittelklassefahrzeug. Da ihm eine Tankkarte angeboten worden sei, habe man ihm auch die Übernahme der Benzinkosten zugesagt. Das von ihm angenommene Angebot der Beklagten habe somit sämtliche wesentlichen Vertragsbedingungen enthalten. Er könne daher als Schadensersatz eine Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises für einen Neuwagen von € 50.000,00 beanspruchen.

Der Kläger hat die Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit von Januar bis September 2022 und auf Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit vom 15. Januar bis 30. September 2022 in der Berufungsbegründungsschrift erweitert. Vom Verzugslohn zieht er das bezogene Arbeitslosengeld ab; die Lohnpfändungen berücksichtigt er nicht.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich zuletzt, das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23. Juni 2022, Az. 4 Ca 60/22, abzuändern und

a) (entfällt)

b) die Beklagte zu verurteilen, an ihn Nutzungsentschädigung für den zugesagten Geschäftswagen

für den Zeitraum vom 12. Oktober bis 18. November 2021 iHv. € 622,58 brutto sowie

für den Zeitraum vom 15. Januar bis 30. September 2022 iHv. € 4.250,00 brutto zu zahlen,

c) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für Januar 2022 € 1.202,95 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2022 zu zahlen,

d) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für Februar 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. März 2022 zu zahlen,

e) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für März 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2022 zu zahlen,

f) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für April 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2022 zu zahlen,

g) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für Mai 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juni 2022 zu zahlen,

h) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für Juni 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2022 zu zahlen,

i) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für Juli 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. August 2022 zu zahlen,

j) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für August 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2022 zu zahlen,

k) die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt für September 2022 € 2.405,83 brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von € 919,20 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2022 zu zahlen,

l) den Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis gegen Abfindung aufzulösen, sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Weder ihr Disponent N noch ihr Bereichsleiter S hätten ihm die Überlassung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung zugesagt. Beide Mitarbeiter seien von ihr nicht bevollmächtigt, rechtsverbindliche finanzielle Zusagen gegenüber Arbeitnehmern (zB. Gewährung von Vorschüssen, Boni, Lohnerhöhungen oder Gestellung von Dienstwagen) abzugeben. Die Überlassung von Dienstwagen sei in ihrem Betrieb nicht üblich. Sie verfüge lediglich über 13 bzw. 14 Firmenfahrzeuge. Der technische Support benutze drei Fahrzeuge für Kundenbesuche, zwei Fahrzeuge benutze die Geschäftsleitung, vier Fahrzeuge setze sie als „Poolfahrzeuge“ ein, die sie Mitarbeitern, die als Springer tätig seien, für auswärtige Einsätze kurzfristig überlasse, fünf Fahrzeuge stelle sie Führungspersonal aus Büro und Teamleitung zur Verfügung. Es handele sich um die Modelle „Skoda Fabia“ und „VW Polo“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2021 gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, zu Recht stattgegeben. Ferner hat es die Klage auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung zu Recht abgewiesen. Die zweitinstanzlichen Klageanträge auf Zahlung von Annahmeverzugslohn und weiterer Nutzungsausfallentschädigung für die Monate von Januar bis September 2022 sind unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Antrag der Beklagten nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung iHv. € 3.469,50 brutto zu Recht zum 31. Dezember 2021 aufgelöst.

a) Der Auflösungsantrag der Beklagten ist „statthaft“, weil die im betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 Abs. 1 KSchG) erklärte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. November zum 31. Dezember 2021 sozial nicht gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG) war. Dies steht rechtskräftig fest, weil die Beklagte gegen das insoweit stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts keine Berufung eingelegt hat. Die Beklagte kann sich – wie hier – gegen einen isolierten Angriff gegen die Entscheidung über den Auflösungsantrag verteidigen, ohne dazu die stattgebende Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag in Frage stellen zu müssen (vgl. BAG 27.09.2001 – 2 AZR 389/00 – Rn. 27 mwN). Das Auflösungsbegehren der Beklagten scheitert auch nicht daran, dass die ordentliche Kündigung nicht ausschließlich nach § 1 KSchG sozialwidrig, sondern noch aus anderen Gründen unwirksam wäre.

b) Der Auflösungsantrag der Beklagte ist begründet. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Diese Voraussetzungen liegen aufgrund der Umstände des vorliegenden Einzelfalls vor.

aa) Das Kündigungsschutzgesetz lässt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zu. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. An die Auflösungsgründe sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht. Von diesem Standpunkt aus ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (vgl. BAG 24.11.2011 – 2 AZR 429/10 – Rn. 41 mwN). Als Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, Leistung oder Eignung für die ihm übertragenen Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei gefährdet (vgl. BAG 16.12.2021 – 2 AZR 356/21 – Rn. 21 mwN; 24.05.2018 – 2 AZR 73/18 – Rn. 16 mwN).

cc) Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten sei. Dies folge zum einen daraus, dass der Kläger leichtfertig eine Strafanzeige gegen die Beklagte erstattet habe. Der Kläger habe mit seiner Klageschrift vom 10. Dezember 2021 vor dem Arbeitsgericht diverse Zahlungsansprüche geltend gemacht. Noch vor dem ersten Gütetermin habe er Strafanzeige erstattet, obwohl kein Anlass zu der Besorgnis bestanden habe, berechtigte Ansprüche vor dem Arbeitsgericht nicht durchsetzen zu können. Anhaltspunkte für eine Straftat der Beklagten seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere die beleidigenden und unsachlichen Äußerungen des Klägers gegenüber der Beklagten in den E-Mails vom 20. und 21. November 2021 seien als Auflösungsgründe geeignet. Etwa mit der Formulierung, „Ihre Firma gehört zugemacht!“, habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er die Handlungsweise der Beklagten generell und in einem so hohen Maße kritisiere, dass er ihren Fortbestand in Frage stellen wolle. Er habe außerdem erklärt, dass er in der Firma „aufräumen“ werde. Der Kläger habe die Kommunikation in diffamierender Weise geführt, der Beklagten gedroht und ihren Geschäftsführer Y persönlich beleidigt. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger über die unberechtigte Kündigung verärgert gewesen sei und er sich auch überspitzt oder polemisch äußern durfte, sei die Grundlage für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit entfallen. Der Text der E-Mails sei im groben Maße unsachlich und angreifend. Es habe sich nicht um eine einmalige Äußerung im Affekt gehandelt, vielmehr habe der Kläger sein Verhalten in sämtlichen E-Mails, die er geschrieben habe, konsequent fortgesetzt. Hinzu komme, dass er mit der E-Mail an die Mitarbeiter, die er als potentielle Zeugen angesehen habe, eine Aussage zu seinen Gunsten habe fördern wollte. Er habe auch hier mit einer Strafanzeige gedroht. Damit habe er ihnen nicht nur unterstellt, dass sie eine Falschaussage zu seinen Lasten beabsichtigen, sondern sie sogar zu einer Aussage mit einem bestimmten Inhalt drängen wollen. Unter Berücksichtigung der Stellung des Klägers im Betrieb sei diese Kommunikationsweise nicht hinnehmbar. Der Kläger müsse als Ladendetektiv sowohl seiner Tätigkeit ruhig und besonnen nachgehen, als auch in der Lage sein, angemessenen mit der Beklagten zu kommunizieren. Dies sei nicht mehr zu erwarten.

dd) Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Die Berufungsangriffe des Klägers bleiben erfolglos. Das Arbeitsgericht hat keinen entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers übergangen oder fehlerhaft gewichtet. Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht erwarten lassen.

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass die Erstattung der Strafanzeige durch den Kläger einen Auflösungsgrund darstellt. Der Kläger erhob am 30. Dezember 2021 mit der Begründung, die Beklagte habe ihm Kosten für zwei Übernachtungen im Allgäu (am 2. und 6. September 2021) in Höhe von € 20,00 nicht erstattet und während des gesamten Arbeitsverhältnisses „immer wieder“ falsche Lohnabrechnungen erstellt, eine Strafanzeige gegen die Beklagte. Die Erstattung dieser Strafanzeige stellt eine völlig unverhältnismäßige Reaktion auf das Verhalten der Beklagten dar, die für die Übernahme der vom Kläger behaupteten beruflich bedingten Übernachtungskosten einen entsprechenden Beleg verlangte (vgl. zur außerordentlichen Kündigung: BAG 15.12.2016 – 2 AZR 42/16 – Rn. 14 ff; LAG Rheinland-Pfalz 11.05.2022 – 2 Sa 349/21 – Rn. 30 ff mwN).

Zur Durchsetzung seines vermeintlichen Zahlungsanspruchs stand dem Kläger der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen offen. Er hatte bereits am 10. Dezember 2021 auf der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Klage erhoben. Mit dem Klageantrag zu 6) begehrte er die Zahlung von € 20,00 Auslagenersatz für zwei Übernachtungen im September 2021 im Allgäu. Ein Verlust seiner Rechte stand bereits aufgrund der gerichtlichen Geltendmachung nicht mehr zu befürchten. Trotz Klageerhebung und noch vor dem ersten Gütetermin stellte er Strafanzeige. Dem Kläger war zur Problemlösung ohne Weiteres zumutbar, den Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abzuwarten, um seine vermeintlichen Zahlungsansprüche durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Strafanzeige als leichtfertig und unangemessen dar. Hinzu kommt, dass das Arbeitsgericht den Klageantrag zu 6) – rechtskräftig – abgewiesen hat, weil der Kläger die Entstehung der von der Beklagten in Abrede gestellten Übernachtungskosten nicht näher erläutern und insbesondere keine Nachweise vorlegen konnte. Auch eine Zusage, ihm Auslagen ohne Beleg zu erstatten, konnte der Kläger in erster Instanz nicht substantiiert darlegen.

Das Arbeitsgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass Inhalt und Diktion der E-Mails, die der Kläger am 20. und 21. November 2021 an den Mitgeschäftsführer der Beklagten Y sowie am 17. Februar 2022 an die Arbeitnehmer N (Disponent) und S (Bereichsleiter) übermittelt hat, die Annahme rechtfertigen, dass eine künftige gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht zu erwarten ist. Auch aus Sicht der Berufungskammer kann das Arbeitsverhältnis nicht mehr vertrauensvoll fortgesetzt werden. Die E-Mails des Klägers bestehen überwiegend aus haltlosen Anschuldigungen und Beschimpfungen, die Äußerungen sind teilweise beleidigend, enthalten persönliche Angriffe und lassen den gebotenen Respekt vermissen.

Zwar dürfen Arbeitnehmer wegen Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG Kritik am Arbeitgeber, ihren Vorgesetzten und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich dabei auch überspitzt oder polemisch äußern. Das Grundrecht ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet, sondern gemäß Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis mit diesen gebracht werden (vgl. ausführlich BAG 05.12.2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 95 mwN). In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber nicht hinnehmen (vgl. zur ordentlichen Kündigung: BAG 05.12.2019 – 2 AZR 240/19 – Rn. 77 ff mwN; vgl. zu scharfer Kritik im Betrieb: BVerfG 30.05.2018 – 1 BvR 1149/17). Regelmäßig ist eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers und der sie beschränkenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB erforderlich. Diese Abwägung fällt hier zu Lasten des Klägers aus.

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht die Erklärungen des Klägers in dessen E-Mails in ihrem Sinn und Kontext nicht missverstanden. Der Kläger hat mit der ersten E-Mail vom 20. November 2021 bei einer Dauer der Betriebszugehörigkeit von knapp drei Jahren und einem Bruttomonatsverdienst von rund € 2.400,00 von der Beklagten eine völlig überzogene Abfindung von € 80.000,00 verlangt. Diese Forderung, die er mit dem Betreff „Außergerichtliches Angebot“ euphemistisch überschrieb, rechtfertigte er in einer weiteren E-Mail am selben Tag mit seiner Bereitschaft, sich im Gegenzug zu verpflichten, keine Kunden der Beklagten abzuwerben und ihr für den Fall der Zuwiderhandlung (eine Vertragsstrafe von) € 50.000,00 zu versprechen. In der dritten E-Mail, ebenfalls vom 20. November 2021, drohte er der Beklagten mit der Abwerbung von Kunden, indem er seinen „guten Draht“ zu einigen Läden und Bereichsleitern erwähnte. In der E-Mail vom 21. November 2021 mit dem Betreff „Strafanzeige“ drohte er dem Geschäftsführer im ersten Satz mit der Erstattung einer Strafanzeige, wenn er ihm die verlangten € 20,00 für zwei Übernachtungen im Allgäu nicht bezahlen sollte. Dann beschimpfte er den Geschäftsführer mit dem Satz: „Ich lasse mich von Ihnen nicht verarschen“. Schließlich gipfelte die E-Mail in den Worten: „Ihre Firma gehört zugemacht!“, „Unseriös!“, „Ich muss es glaub mal an die Öffentlichkeit bringen“, „Ich werde zurückkommen!“, „Keine Sorge!“, „Ich räum auf in Ihrer Fa.“.

In einer weiteren E-Mail vom 21. November 2021 mit dem Betreff „Wir decken Straftaten auf“ warf der Kläger dem Geschäftsführer Y vor, er mache „unseriöse Sachen“, ohne hierfür einen konkreten Tatsachenkern zu nennen. Es ist jedenfalls nicht unseriös, wenn ein Arbeitgeber für die Erstattung von Übernachtungskosten einen Beleg verlangt. Die Aussage „Ich räum auf in Ihrer Fa.“ ist – entgegen den Interpretationsversuchen der Berufung – als Drohung aufzufassen und nicht dahin zu verstehen, dass der Kläger künftig mehr auf die Wahrung seiner Rechte bestehen und keine Eingeständnisse mehr machen wolle. In der Gesamtschau ist den vom Kläger verfassten E-Mails vom 20. und 21. November 2021 an den Geschäftsführer Y zu entnehmen, dass er der Ansicht ist, dass Unternehmen der Beklagten sei unseriös, gehöre geschlossen und müsse der Öffentlichkeit gemeldet werden. Vor diesem Hintergrund sind die Formulierungen „Ich werde zurückkommen!“, „Keine Sorge!“, Ich räum auf in Ihrer Fa.“ eindeutig als Drohung zu verstehen, wenn die Beklagte die Forderungen des Klägers nicht erfüllen sollte. Der Inhalt der E-Mails ist vom Geschäftsführer auch als Drohung aufgefasst worden, denn er antwortete, da „muss man rechtlich mal prüfen lassen, ob hier nicht sogar der Tatbestand einer Erpressung erfüllt ist“.

Das Arbeitsgericht hat fehlerfrei festgestellt, dass sich der Kläger nicht einmalig im Affekt geäußert hat, sondern einen bzw. zwei Tage nach Zugang der Kündigung vom 18. November 2021. Er war zu wohlüberlegten Entscheidungen in der Lage, wie die Betreffzeilen seiner E-Mails belegen. Zunächst machte er der Beklagten im Anschluss an die außerordentliche, hilfsweise Kündigung ein „Außergerichtliches Angebot“, dann drohte er dem Geschäftsführer Y mit einer „Strafanzeige“, um ihm zuletzt mit dem Betreff „Wir decken Straftaten auf“, „unseriöse Sachen“ vorzuwerfen. Das Verhalten hat nötigenden Charakter. Auch wenn sich der Kläger über die Kündigung und die dadurch ausgelösten wirtschaftlichen Schwierigkeiten geärgert hat, war seine Reaktion unangebracht und respektlos. Die E-Mail-Kommunikation des Klägers erscheint auch nicht deshalb in einem milderen Licht, weil er „emotional sehr betroffen“ auf die Kündigung reagiert hätte. So belegt bspw. die erstinstanzlich vorgelegte E-Mail, die der Kläger am 13. November 2021 verfasste, weil sich die Marktleiterin eines Z-Drogeriemarkts über ihn beschwert hatte, dass er sich schon vor Ausspruch der Kündigung unangemessen, auch gegenüber Kunden, geäußert hat. Die von der Berufung angeführte „vollkommene Zufriedenheit“ der Kunden mit der Arbeitsweise des Klägers scheint nicht vorzuliegen. Jedenfalls lässt die textliche Reaktion des Klägers auf die Beschwerde jede Rücksichtnahme auf die Belange der Beklagten vermissen, die auf die Zufriedenheit ihrer Kunden angewiesen ist.

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht bei der Gesamtwürdigung nicht unbeachtet gelassen, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18. November 2021 sozial ungerechtfertigt war. Das Arbeitsgericht hat vielmehr dem Kündigungsschutzantrag zu 1) stattgegeben und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass der Kläger ab dem 18. November 2021 arbeitsunfähig erkrankt war, so dass ihm die Beklagte kein unentschuldigtes Fehlen vorwerfen kann. Anders als der Kläger meint, war die ordentliche Kündigung jedoch nicht „evident“ unwirksam. Krankheit ist kein Kündigungshindernis. Auch wenn der Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, kann eine Kündigung in vielerlei Fallgestaltungen sozial gerechtfertigt sein.

Es ist nicht erforderlich und – entgegen der Ansicht der Berufung – auch nicht üblich, dass die vom Arbeitgeber angeführten Auflösungsgründe mit dem Kündigungssachverhalt im Zusammenhang stehen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit sei gefährdet (vgl. BAG 24.05.2018 – 2 AZR 73/18 – Rn. 16). So liegt der Fall hier.

Soweit die Berufung meint, die Kommunikationsweise des Klägers stehe mit dem Betriebszweck der Beklagten im Einklang, weil er das „Einstellen von Unrecht“ gefordert und die „Wahrung der Rechtsstaatlichkeit“ fördern wollte, verkennt sie, dass der Kläger nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Beklagten Rücksicht zu nehmen. Unternehmensgegenstand der Beklagten ist die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen. Die Beklagte stellt ihren Kunden Ordner und Bewachungspersonal im Einzelhandel sowie Ladendetektive zur Aufdeckung von Diebstählen zur Verfügung. Sie ist daher auf Mitarbeiter angewiesen, dass auch in konfliktanfälligen Situationen im Innen- und Außenverhältnis mit der gebotenen Zurückhaltung und Sachlichkeit auftreten. Dafür bietet der Kläger aufgrund seines unbeherrschten Verhaltens keine Gewähr mehr.

Entgegen der Ansicht der Berufung ist nicht zu prüfen, inwieweit andere Maßnahmen, bspw. eine neue organisatorische Zuordnung mit Vorgesetztenwechsel, eine weitere Zusammenarbeit der Parteien ermöglicht hätte. Im Hinblick darauf, dass der Kläger das Unternehmen sowie dessen Führung als Ganzes beschimpfte, hätte auch ein Vorgesetztenwechsel keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit begründen können. Der Kläger kann seine unangemessene Reaktion auf die Kündigung der Beklagten nicht damit entschuldigen, dass ihn die E-Mail des Geschäftsführers Y vom 20. November 2021, insbesondere die Formulierung „Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute, bleiben Sie vor Allem gesund“, noch mehr geärgert habe. Die deutliche Antwort des Geschäftsführers hat der Kläger mit seinen E-Mails vom 20. November 2021 provoziert.

Schließlich hat auch die E-Mail vom 17. Februar 2022, die der Kläger an die Mitarbeiter der Beklagten N (Disponent) und S (Bereichsleiter) gerichtet hat, nötigenden Charakter. Der Kläger war der Meinung, dass diese Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht bald als Zeugen auftreten müssten. Deshalb schrieb er sie in Großbuchstaben an und drohte ihnen mit der Erstattung einer Strafanzeige, wenn sie die „Wahrheit abstreiten bezüglich Geschäftswagen“. Abschließend führte er an: „Ich werde zurückkommen, keine Sorge!“ Das ist ein nach Form und Inhalt unangemessener Einschüchterungsversuch.

Bei der erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände kommt die Berufungskammer unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit zu dem Ergebnis, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar iSd. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist. Der Kläger gibt mit seinen E-Mails eindrucksvoll zu erkennen, dass er nicht gewillt ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zur Rücksichtnahme zu beachten. Eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist nicht mehr vorstellbar.

ee) Gegen den Auflösungszeitpunkt und die Höhe der festgesetzten Abfindung erhebt die Berufung keine Einwände. Fehler des Arbeitsgerichts sind auch objektiv nicht zu erkennen. Das Arbeitsgericht hat mit dem 31. Dezember 2021 den zutreffenden Auflösungszeitpunkt und die sog. „Regelabfindung“ von einem halben Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr iHv. € 3.469,50 (1,5 Monatsverdienste) festgesetzt.

2. Die zweitinstanzliche Klageerweiterung ist zwar zulässig (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO), aber unbegründet. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2021 sein Ende gefunden hat, stehen dem Kläger keine Zahlungs- oder sonstigen Ansprüche zu, die vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängen. Der Kläger kann deshalb für die Monate von Januar bis September 2022 von der Beklagten weder Annahmeverzugslohn in einer Gesamthöhe von € 20.449,59 brutto, abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes iHv. € 8.272,80, noch Nutzungsausfallentschädigung iHv. € 4.250,00 wegen Nichtüberlassung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung beanspruchen. Deshalb kann dahinstehen, ob und in welcher Höhe dem Kläger wegen der unstreitigen Lohnpfändungen die erforderliche Aktivlegitimation für die pfändbaren Teile der geltend gemachten Zahlungsansprüche fehlt.

3. Der Kläger hat für die Zeit vom 12. Oktober bis 18. November 2021 gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung iHv. € 622,58. Er hat auch zweitinstanzlich nicht ausreichend dargelegt, dass er mit der Beklagten für die Zeit ab dem 12. Oktober 2021 einen mündlichen Vertrag zur privaten Nutzung eines Dienstwagens (Mittelklassefahrzeug zum Neupreis von € 50.000,00, zB. VW Passat) abgeschlossen hätte. Die Beklagte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wird gesetzlich von ihren Geschäftsführern vertreten. Der Kläger behauptet nicht, dass er mit einem Geschäftsführer der Beklagten einen mündlichen Vertrag zur privaten Dienstwagennutzung abgeschlossen hätte.

Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass der Disponent N mit dem er Ende Mai 2021 ein Telefongespräch geführt hat, zum Abschluss von Dienstwagenverträgen für die Beklagte berechtigt war. Eine Beweisaufnahme war nicht erforderlich. Der Vortrag des Klägers zur Bevollmächtigung des Disponenten N genügt nicht den Anforderungen an die Substantiierung. Der Kläger hat schon nicht konkret vorgetragen, wem gegenüber die behauptete Vollmacht abgegeben worden sein soll. Damit kann die Erheblichkeit seiner Behauptung nicht beurteilt werden. Nach § 167 Abs. 1 BGB erfolgt die Erteilung der Vollmacht durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll. Der Kläger hat weder vorgetragen, dass ein (einzelvertretungsberechtigter) Geschäftsführer der Beklagten die Vollmacht durch Erklärung gegenüber dem Disponenten N erteilt hat, noch hat er vorgetragen, die Vollmachtserteilung sei ihm gegenüber erklärt worden. Soweit er behauptet, der Disponent N sei zur Unterbreitung des Angebots berechtigt gewesen, auch der Bereichsleiter S habe bestätigt, dass der Geschäftsführer mit dem Abschluss des Kfz-Überlassungsvertrags einverstanden gewesen sei, ergibt sich daraus nicht, welche konkreten Erklärungen der Geschäftsführer wann und bei welcher Gelegenheit gegenüber N oder ihm gegenüber abgegeben hat.

Auch die weiteren Behauptungen des Klägers zur E-Mail-Korrespondenz und zum Inhalt des Telefongesprächs mit N rechtfertigen nicht die Annahme, dieser sei zum Abschluss von Dienstwagenverträgen für die Beklagte befugt. Die Funktion als Disponent ist nicht notwendig mit dem Recht zum Abschluss von Dienstwagenverträgen verbunden. Nach dem Vortrag der Beklagten war der Disponent N befugt, für die im Außendienst beschäftigten Sicherheitsmitarbeiter notwendige Hotelzimmer zu buchen und hierfür die Firmenkreditkarte mit einem Limit von € 1.500,00 im Monat zu nutzen. Für eine Anwendung der Regeln über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht fehlt jede Grundlage. Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Privatnutzung eines Dienstwagens (im Preissegment von € 50.000,00) zur „üblichen“ Vergütung von Sicherheitsmitarbeitern bei der Beklagten gehört. Eine entsprechende Verkehrssitte besteht nicht. Der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland sieht derartige Vergünstigungen nicht vor. Der Kläger hat nicht einmal ansatzweise Tatsachen dafür vorgetragen, dass die Beklagte den anderen Ladendetektiven in vergleichbarer Stellung Dienstwagen der Marke VW Passat (oder vergleichbar) zur Privatnutzung überlässt.

III.

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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