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Befristeter Arbeitsvertrag bei vorübergehendem Mehrbedarf

Landesarbeitsgericht Köln erklärt befristeten Arbeitsvertrag für unwirksam: Vorübergehender Mehrbedarf nicht ausreichend nachgewiesen

Das Landesarbeitsgericht Köln hat im Urteil Az.: 11 Sa 605/14 entschieden, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der beklagten Partei nicht aufgrund der Befristungsabrede zum 31.07.2017 endet. Das Gericht urteilte, dass die Beklagte nicht ausreichend dargelegt hat, dass für die Arbeitsleistung des Klägers lediglich ein vorübergehender Bedarf bestand. Die Befristung des Arbeitsvertrages wurde somit für unwirksam erklärt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 Sa 605/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Arbeitsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter sollte laut Befristungsabrede zum 31.07.2017 enden.
  2. Landesarbeitsgericht Köln änderte das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen.
  3. Fehlende Beweise für ausschließlich vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers.
  4. Befristeter Arbeitsvertrag für unwirksam erklärt.
  5. Prognose des vorübergehenden Mehrbedarfs durch den Arbeitgeber nicht ausreichend belegt.
  6. Sachgrund für die Befristung (vorübergehender Mehrbedarf) nicht hinreichend nachgewiesen.
  7. Unzureichende Darlegung der Bedarfsberechnung und der konkreten Aufgaben des Klägers.
  8. Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte, Revision wurde nicht zugelassen.

Befristeter Arbeitsvertrag: Vorübergehender Mehrbedarf als Befristungsgrund

Ein befristeter Arbeitsvertrag bei vorübergehendem Mehrbedarf ist eine Möglichkeit für Arbeitgeber, zusätzliche Arbeitskräfte für eine begrenzte Zeit einzustellen. Dabei muss die Einstellung gerade zur Deckung des Mehrbedarfs erfolgen. Wenn zusätzliche Arbeit nur für eine gewisse Zeit anfällt, haben Arbeitgeber ein Interesse daran, Mitarbeiter nur befristet einzustellen.

Ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften oder ein künftiger verminderter Personalbedarf kann nur dann die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtfertigen, wenn die Befristung sachlich gerechtfertigt ist. Der Arbeitnehmer muss zur Deckung des Mehrbedarfs eingestellt werden, damit die Befristung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 wirksam ist. Die Prognose über den vorübergehenden Beschäftigungsbedarf ist eine Voraussetzung für eine wirksame Befristungsabrede. Es ist wichtig, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages auf einem sachlichen Grund beruht, wie z.B. einem vorübergehenden Mehrbedarf an Arbeitskräften.

Ein detaillierterer Einblick in ein konkretes Urteil zu diesem Thema kann dabei helfen, die rechtlichen Herausforderungen besser zu verstehen und die Bedeutung des Sachgrundes für die Befristung eines Arbeitsvertrages zu erkennen.

Die Befristungsdebatte am Landesarbeitsgericht Köln

Im Kern des Falles, verhandelt am Landesarbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 11 Sa 605/14, stand die Frage der Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsvertrags. Ein Diplom-Ingenieur, der Kläger in diesem Fall, war seit März 2008 in mehreren befristeten Anstellungen für die Beklagte, eine Firma, tätig. Der strittige Arbeitsvertrag, datiert auf den 02./15. Mai 2013, sollte das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2017 beenden. Die Befristung wurde mit dem zeitlich befristeten Mehrbedarf aufgrund erhöhter Studienanfängerzahlen begründet.

Die rechtliche Herausforderung der Befristung

Die rechtliche Auseinandersetzung fokussierte sich auf die Frage, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtlich haltbar war. Der Kläger argumentierte, dass die Befristungsabrede unwirksam sei, da sie erst nach Vertragsbeginn unterschrieben wurde. Zudem sei er nur zu 60% mit Aufgaben betraut, die Studierende betrafen. Er übernahm auch Daueraufgaben anderer Mitarbeiter, was seiner Meinung nach gegen einen nur vorübergehenden Bedarf spricht. Die Beklagte hingegen hielt die Befristung für gerechtfertigt, indem sie auf die vereinbarten Aufnahmezahlen und die daraus resultierenden höheren Anforderungen verwies.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln: Ein Wendepunkt

Das Landesarbeitsgericht Köln änderte das ursprüngliche Urteil des Arbeitsgerichts Aachen ab und entschied zugunsten des Klägers. Das Gericht stellte fest, dass die Befristung des Arbeitsvertrages nicht wirksam sei. Es urteilte, dass die Beklagte nicht ausreichend dargelegt habe, dass ein ausschließlich vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers bestand. Interessant ist hierbei die rechtliche Feinheit, dass ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften nicht als Grundlage für die Befristung vieler Arbeitsverhältnisse dienen kann.

Tiefgreifende Analyse des Befristungsgrundes

Das Gericht prüfte eingehend, ob die Prognose des Arbeitgebers hinsichtlich des vorübergehenden Mehrbedarfs an Arbeitskräften stichhaltig war. Die Beklagte konnte nicht überzeugend darlegen, dass der Mehrbedarf temporär sei. Das Fehlen konkreter Berechnungsgrößen und der Umfang der Aufgaben des Klägers waren ausschlaggebend für das Urteil. Besonders relevant war auch die Erkenntnis, dass eine teilweise gerechtfertigte Befristung nicht ausreicht, um einen gesamten Vertrag auf dieser Basis zu stützen.

Fazit: Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln markiert einen bedeutenden Moment für die Debatte um befristete Arbeitsverträge. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Arbeitgeber, bei der Befristung von Arbeitsverhältnissen auf solide und nachweisbare Gründe zu achten.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was bedeutet eine Befristung im Arbeitsrecht und unter welchen Voraussetzungen ist sie zulässig?

Eine Befristung im Arbeitsrecht bezieht sich auf einen Arbeitsvertrag, der für eine bestimmte Zeitdauer abgeschlossen wird. Im Gegensatz zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag endet ein befristeter Arbeitsvertrag grundsätzlich mit Ablauf der Frist, ohne dass eine Kündigung erforderlich ist.

Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist in Deutschland durch das Teilzeit– und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Es gibt zwei Arten von Befristungen: die Befristung mit sachlichem Grund und die sachgrundlose Befristung.

Eine Befristung mit sachlichem Grund ist zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Das Gesetz nennt beispielsweise folgende Gründe:

  • Der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung besteht nur vorübergehend.
  • Die Befristung erfolgt im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern.
  • Der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt.
  • Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung.
  • Die Befristung erfolgt zur Erprobung.

Eine sachgrundlose Befristung ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Sie darf maximal dreimal verlängert werden und insgesamt nicht länger als zwei Jahre andauern. Zudem darf mit demselben Arbeitgeber nicht bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden haben.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Befristung eines Arbeitsvertrags immer schriftlich erfolgen muss, um wirksam zu sein. Sollte die Befristung unwirksam sein, gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Wie wird der Sachgrund eines vorübergehenden Mehrbedarfs für die Befristung eines Arbeitsvertrags definiert?

Der Sachgrund eines vorübergehenden Mehrbedarfs für die Befristung eines Arbeitsvertrags wird definiert durch den temporären, betrieblichen Bedarf an zusätzlicher Arbeitsleistung. Dieser Bedarf muss im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufgrund greifbarer Tatsachen mit hinreichender Sicherheit vorliegen.

Ein vorübergehender Mehrbedarf kann sich beispielsweise ergeben, wenn für einen begrenzten Zeitraum im Betrieb zusätzliche Arbeiten anfallen, die mit dem Stammpersonal allein nicht erledigt werden können. Ein weiterer Grund könnte sein, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringert, zum Beispiel wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage.

Es ist jedoch nicht ausreichend, wenn die Ungewissheit über die Entwicklung der Auftragslage oder der Nachfrage nach Dienstleistungen den zukünftigen Arbeitskräftebedarf begründet. Ebenso ist das Abdecken von Arbeitsspitzen, die mehrfach auftreten, durch befristet eingestellte Aushilfen nicht zulässig.

Die Befristung ist nur zulässig, wenn ein zusätzlicher Personalbedarf für die Erledigung von Arbeiten besteht, nach deren zeitlich absehbarer Erledigung kein weiteres Personal mehr benötigt wird, weil mit gleichartigen Arbeiten nicht mehr gerechnet werden kann.

Es ist zu betonen, dass die Beurteilung dieser Frage auf den im Einzelfall gegebenen Umständen basiert und die Rechtsgrundsätze herangezogen werden, die die Rechtsprechung für den jeweiligen Befristungsgrund herausgearbeitet hat.

Ein vorübergehender Bedarf liegt nur vor, wenn schon bei Vertragsschluss mit hinreichender Sicherheit nach dem vorgesehenen Vertragsende kein Bedarf mehr für die Beschäftigung des Arbeitnehmers besteht.

Welche Rolle spielt die Prognose des Arbeitgebers bei der Begründung einer Befristung?

Die Prognose des Arbeitgebers spielt eine entscheidende Rolle bei der Begründung einer Befristung. Sie ist Teil des Sachgrunds für die Befristung und muss auf konkreten Anhaltspunkten basieren, die sich aus den Gegebenheiten des Betriebs ergeben.

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses muss der Arbeitgeber eine Prognose erstellen, die die voraussichtliche Dauer des Bedarfs an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers angibt. Diese Prognose muss gerechtfertigt sein und auf greifbaren Tatsachen beruhen.

Wenn sich die Prognose im Nachhinein als unzutreffend erweist, muss der Arbeitgeber darlegen, dass die tatsächliche Entwicklung aufgrund unvorhersehbarer Umstände anders verlaufen ist. Wenn diese Darlegung als richtig festgestellt wird, bleibt die Befristung trotz des Auseinanderfallens von Prognose und tatsächlichem Verlauf wirksam.

Bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverhältnissen steigen die Anforderungen an die Darlegung des sachlichen Grundes. Es entsteht zunehmend der Verdacht, dass in Wirklichkeit ein dauerhafter Bedarf vorliegt und mit der Befristung nur der Kündigungsschutz umgangen werden soll.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Prognose des Arbeitgebers nur auf das konkrete Projekt oder den konkreten Bedarf abzielen muss, für den der Arbeitnehmer befristet eingestellt wurde.

Die Prognose des Arbeitgebers muss im Rechtsstreit dargelegt werden, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, deren Richtigkeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen.

Die Prognose ist daher ein zentraler Aspekt bei der Begründung einer Befristung und muss sorgfältig und auf der Grundlage konkreter Anhaltspunkte erstellt werden.

Was sind die Konsequenzen einer unwirksamen Befristung für das Arbeitsverhältnis?

Die Konsequenzen einer unwirksamen Befristung für das Arbeitsverhältnis sind in § 16 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) geregelt. Wenn die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis nicht automatisch mit dem ursprünglich vereinbarten Ende der Befristung endet, sondern weiterhin besteht, bis es durch Kündigung oder einen anderen Beendigungsgrund endet.

Der Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich kündigen, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 TzBfG die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

Wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt hinaus fortgesetzt wird und der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht, entsteht ebenfalls ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Eine unwirksame Befristung führt jedoch nicht zu einem unwirksamen Arbeitsvertrag, sondern zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Es ist zu erwähnen, dass Arbeitnehmer, die eine unwirksame Befristung vermuten, vor Gericht gute Chancen haben, eine unbefristete Anstellung zu erlangen.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 11 Sa 605/14 – Urteil vom 07.01.2015

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 29.04.2014 – 1 Ca 4300/13 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 02./15.05.2013 zum 31.07.2017 beendet wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger, Diplom-Ingenieur, ist seit dem März 2008 für die beklagte F aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge tätig.

Mit Arbeitsvertrag vom 20.09.2011 (Bl. 26 ff. d.A.) vereinbarten die Parteien die befristete Anstellung für den Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.03.2014. Als Befristungsrund ist die Mitarbeit am Projekt des Aufbaus eines Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzkonzept genannt.

Mit Schreiben vom 26.11.2012 begründete der Dekan des Fachbereichs Luft- und Raumfahrttechnik gegenüber der Beklagten den zeitlich befristeten erhöhten Bedarf an der Beschäftigung des Klägers. Er verwies u.a. auf die zwischen dem Ministerium für Wissenschaft und Forschung Nordrhein-Westfalen (MIWF) und der Beklagten vereinbarten erhöhten Studienanfängerzahlen für die Studienjahre 2011 bis 2015 und die Umsetzung der Mitarbeiter H und R , die für die Praktikumsbetreuung verantwortlich waren, in andere Lehrgebiete wegen der dortigen Mehreinschreibungen bis August 2017. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 20 f. d.A. verwiesen.

Die Beklagte ließ dem Kläger mit Anschreiben vom 02.05.2013 (Bl. 107 f. d.A.) einen weiteren Arbeitsvertrag zukommen, wonach der Kläger ab dem 02.05.2013 befristet bis zum 31.07.2017 beschäftigt wird. Als Befristungsgrund ist die Bewältigung der zeitlich befristeten Mehrarbeit auf Grund steigender Studienanfängerzahlen im Bereich der Messtechnik und Strömungsmaschinen im Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik genannt. Der Vertrag vom 20.09.2011 sei mit Ablauf des 01.05.2013 gegenstandslos. Der Kläger unterzeichnete den neuen Arbeitsvertrag unter dem 15.05.2013. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen.

Mit der am 28.10.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.04.2014 (Bl. 38 ff. d. A.) die Entfristungsklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es liege der Sachgrund des vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung vor, da der Anstieg der Studierendenzahlen wegen der Abschaffung der Wehrpflicht und der Aufnahme eines doppelten Abiturjahrgangs ein zeitlich vorübergehendes Belastungsphänomen darstelle. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihm am 13.06.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.07.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 12.09.2014 begründet.

Der Kläger meint, die Befristungsabrede des von ihm am 15.05.2013 unterzeichneten Arbeitsvertrages sei bereits deshalb unwirksam, weil sie erst nach Vertragsbeginn des letzten Arbeitsvertrages unterschrieben worden sei. Sein Aufgabenbereich sei in der Tätigkeitsdarstellung vom 24.06.2013(Bl. 175 ff. d.A.) definiert. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend gewürdigt, dass der Kläger nur zu 60 % mit Tätigkeiten betraut sei, die Studierende beträfen. Der Kläger habe zu 50 % seiner Arbeitszeit die bestehenden Daueraufgaben der Mitarbeiter H und R übernommen. Der Arbeitnehmer H scheide altersbedingt im März 2016 aus. Auch die Durchführung von Übungen und Praktika mit Studierenden im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik stelle eine Daueraufgabe dar. Schwankungen in der Zahl der Studierenden seien dem unternehmerischen Risiko der Beklagten zuzurechnen. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, denn sie habe dem Kläger nunmehr Aufgaben im „SMART-Projekt“ zugewiesen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichtes Köln vom 29.04.2014 zum Aktenzeichen 1 Ca 4300/13 abzuändern,

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf Grund der Befristungsabrede vom 02./15.05.2013 zum 31.07.2017 beendet sein wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger sei in allen Gesprächen vor Vertragsunterzeichnung klar und deutlich darauf hingewiesen worden, dass sich lediglich das Ende seiner befristeten Tätigkeit auf das Jahr 2017 verschiebe. Dem Kläger sei durch das Anschreiben der Personaldezernentin unmissverständlich verdeutlicht worden, dass der Vertrag unterschrieben zurückgesandt werden müsse. Das Schriftformerfordernis sei gewahrt. Die mit dem MIWF vereinbarten Aufnahmezahlen seien intern auf die einzelnen Fachbereiche im Rahmen von Zielvereinbarungen herunter gebrochen worden, um eine Planungssicherheit für die Fachbereiche zu schaffen und das Studium besser organisieren zu können. Der Sachgrund des vorübergehenden Mehrbedarfs hindere die Beklagte nicht, Tätigkeiten umzuschichten und den Kläger damit zu beauftragen. Die Tätigkeiten des Klägers seien der Tätigkeitsdarstellung vom 26.11.2012 (Bl. 181 ff. d.A.) zu entnehmen. Die Tätigkeitsbeschreibung vom 24.06.2013 sei weder maßgebend für die Befristungskontrolle noch von der Beklagten autorisiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 12.09.2014, 13.11.2014 und 24.12.2014 sowie die Sitzungsniederschrift vom 07.01.2015 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist gemäߧ 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 02./15.05.2013 mit dem 31.07.2017.

1. Ein zusätzlicher, nur vorübergehender Arbeitskräftebedarf kann die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG rechtfertigen. Dafür muss im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit zu erwarten sein, dass für eine Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgesehene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht. Der Arbeitgeber hat eine Prognose zu erstellen, die auf konkreten Anhaltspunkten basieren muss. Die bloße Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs reicht für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Die Prognose ist Teil des Sachgrundes für die Befristung. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen (BAG, Urt. v. 15.10.2014 – 7 AZR 893/12 – m.w.N.). Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs setzt zudem voraus, dass der Arbeitnehmer gerade zur Deckung dieses Mehrbedarfs eingestellt wird. Der Arbeitgeber darf einen zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften nicht zum Anlass nehmen, beliebig viele Arbeitnehmer einzustellen. Vielmehr muss sich die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Rahmen des vorübergehenden Mehrbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten (BAG, Urt. vom 12.09.1996 – 7 AZR 790/95 – m.w.N.).

2. Selbst wenn man die Prognose des Dekans im Schreiben vom 26.11.2012, auf die sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Befristung bezieht, und die Tätigkeitsdarstellung vom 26.11.2012 hinsichtlich des Aufgabenkreises des Klägers zugrunde legt, hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan, dass für die Arbeitsleistung des Klägers nur ein vorübergehender Bedarf besteht.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, der vorübergehende Mehrbedarf folge aus der Verpflichtung zur Aufnahme erhöhter Studienanfängerzahlen nebst getroffenen Zielvereinbarungen, kann dem mangels Mitteilung konkreter Berechnungsgrößen nicht gefolgt werden.

Es fehlt bereits die Darstellung, welchen konkreten Inhalt die mit dem MIWF ausgehandelte Vereinbarung über die Aufnahme erhöhter Studienanfängerzahlen hatte. Es bleibt offen, zur Aufnahme wie vieler Studenten sich die Beklagte über das Normalmaß hinaus für welche Studienjahre verpflichtet hatte. Soweit die Beklagte behauptet, sie habe sodann die Zahlen intern auf die einzelnen Fachbereiche im Rahmen von Zielvereinbarungen herunter gebrochen, bleibt im Ungewissen nach welcher Methode und ob dies nach dem jeweiligen prognostizierten Bedarf im Fachbereich geschehen ist. Welche konkrete Zielvereinbarung mit welchem Inhalt sie für den Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik abgeschlossen hat, ist ihrem Vorbingen nicht ansatzweise zu entnehmen. Selbst wenn man von einer normalen Aufnahmekapazität von 160 Studierenden pro Studienjahr im Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik ausgeht, ist nicht nachvollziehbar, wie auf dieser Basis der Dekan unter Berücksichtigung der Zielvereinbarung auf prognostizierte Anfängerzahlen von 219 (2011), 220 (2012), 275 (2013), 260 (2014) und 232 (2015) gekommen ist. Zudem entbehrt der Beklagtenvortrag auch der Darlegung, welche Arbeitskapazitäten für die Abdeckung des Normalbedarfs zur Verfügung stehen. Es kann daher auch nicht nachvollzogen werden, ob sich die befristete Beschäftigung des Klägers im Rahmen des vorübergehenden Mehrbedarfs hält.

3. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch der Sachgrund der Vertretung (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG), auf den sich die Beklagte nicht berufen hat, die Befristungsabrede nicht rechtfertigen würde. Selbst wenn der Kläger zu 50 % seiner Arbeitszeit Aufgaben der in andere Lehrbereiche umgesetzten Mitarbeiter H und R übernommen hat, ist dies schon aufgrund des Zeitanteils nicht geeignet, die Befristung eines Vollzeitarbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Besteht nur ein Vertretungsbedarf für eine halbe Stelle folgt aus der Beschäftigung als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Befristung. In diesem Fall ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist (vgl. : BAG, Urt. v. 04.06.2003- 7 AZR 523/02 -). Ist eine Befristung nur teilweise gerechtfertigt, ist sie insgesamt unwirksam, der gesamte befristet geschlossene Vertrag gilt dann gemäß § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen (Sievers,4. Auflage, § 14 TzBfG Rdn. 129 ff. m.w.N.).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Die Entscheidung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.

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