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Betriebsrat – Freistellungsanspruch

ArbG Frankfurt, Az.: 24 BV 384/16, Beschluss vom 27.09.2016

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über einen Freistellungsanspruch des antragstellenden Betriebsrats (im Folgenden: Betriebsrat) von einer Forderung des Rechtsanwalts Dr. A wegen der Vertretung in einem Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main.

Die zu 2 beteiligte Arbeitgeberin (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen des Konzerns der B und betreibt Catering für Luftverkehrsgesellschaften. Der Betriebsrat repräsentiert die Belegschaft des Betriebs C der Arbeitgeberin am Flughafen Frankfurt am Main.

Betriebsrat – Freistellungsanspruch
Symbolfoto: Von H_Ko /Shutterstock.com

Mit Antragsschrift vom 12. Oktober 2015 leitete der Betriebsrat – vertreten durch den hierzu von ihm beauftragten Rechtsanwalt Dr. A – gegen die Arbeitgeberin das vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen – 10 BV 733/15 – geführte Beschlussverfahren ein. Er kündigte den Antrag an, festzustellen, dass die „Rahmenbetriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Arbeitszeit (Flex) bei D“ vom 13. Juni 2006 im Betrieb der Parteien keine Anwendung finde. Der Betriebsrat behauptete, die Arbeitgeberin berühme sich Rechten aus der Betriebsvereinbarung und behaupte deren Geltung im Betrieb, obgleich sie nicht vom zuständigen Betriebsrat abgeschlossen worden sei und eine Beauftragung des Gesamtbetriebsrats nach seiner Kenntnis nicht vorliege. In der Güteverhandlung erklärte der Vertreter der Arbeitgeberin, dass diese sich keiner Rechte aus der vorgelegten Vereinbarung berühme, sondern lediglich aus einer nachfolgend vereinbarten Konzernbetriebsvereinbarung, mit der die streitgegenständliche Vereinbarung übernommen worden sei. Es habe eine einschlägige Beauftragung gegeben. Diesbezüglich legte er eine Kopie einer Beauftragung vom 16. August 2013 vor. Nach seiner Bekundung komme die Unterschriftsleistung vom damaligen Betriebsratsvorsitzenden E. Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2016 erklärte der Betriebsrat das Beschlussverfahren sodann für erledigt und das Arbeitsgericht stellte das Verfahren mit Beschluss vom 18. Februar 2016 ein.

Nach Abschluss des Verfahrens – 10 BV 733/15 – rechnete Rechtsanwalt Dr. A das Verfahren mit der hier streitgegenständlichen Kostenrechnung iHv. EUR 927,61 ab und stellte diese der Arbeitgeberin zu. Ein Rechnungsausgleich seitens der Arbeitgeberin erfolgte nicht.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten – Rechtsanwalt Dr. A – vom 31. Mai 2016 – bei Gericht eingegangen am selben Tag und der Arbeitgeberin zugestellt am 20. Juni 2016 – hat der Betriebsrat dieses Beschlussverfahren eingeleitet. Er ist der Auffassung, die Arbeitgeberin sei aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, ihn von der Forderung des Rechtsanwalts Dr. A iHv. EUR 927,61 freizustellen.

Der Betriebsrat beantragt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn von der Forderung aus der Kostennote des Rechtsanwalts und Notars Dr. A Nr. 1600167 über EUR 927,61 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dem Betriebsrat stehe kein Freistellungsanspruch zu, da die Einleitung des Verfahrens – 10 BV 733/15 – nicht erforderlich gewesen sei.

In Ergänzung des Sach- und Streitstandes, der Beweisanträge sowie der Rechtsausführungen der Beteiligten wird Bezug genommen auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten, die zu den Akten gereichten Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle, soweit dies noch nicht ausdrücklich erfolgt ist.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Betriebsrat hat einen Freistellungsanspruch gegen die Arbeitgeberin nicht schlüssig, anhand konkreter Tatsachen vorgetragen.

1.

Der Antrag ist unbegründet. Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin keinen Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten erworben, die durch die Vertretung in dem Verfahren – 10 BV 733/15 – entstanden sind. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte (vgl. BAG 24. Oktober 2001 – 7 ABR 20/00 – BAGE 99, 208; BAG 29. Juli 2009 – 7 ABR 95/07 – juris; BAG 20. August 2014 – 7 ABR 60/12 – juris).

Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht allein anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Der Betriebsrat darf bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht missachten. Er hat wie jeder, der auf Kosten eines anderen handeln kann, die Maßstäbe einzuhalten, die er gegebenenfalls bei eigener Kostentragung anwenden würde, wenn er selbst bzw. seine beschließenden Mitglieder die Kosten tragen müssten (BAG 29. Juli 2009 – 7 ABR 95/07 – juris; BAG 18. März 2015 – 7 ABR 4/13 – juris).

Notwendig ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts stets in der Rechtsbeschwerdeinstanz, dh. in Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht. In Verfahren vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht kommt die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts dann in Betracht, wenn der Betriebsrat sie, zB. wegen der bestehenden Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, für erforderlich halten darf (Fitting, BetrVG, 27. Aufl., § 40 Rn. 25).

Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt bei einer offensichtlich aussichtslosen oder mutwilligen Rechtsverfolgung des Betriebsrats (BAG 7. Juli 1999 – 7 ABR 4/98 – AP BetrVG 1972 § 20 Nr. 19; BAG 20. Oktober 1999 – 7 ABR 25/98 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 67; BAG 19. März 2003 – 7 ABR 15/02 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 77). Offensichtlich aussichtslos ist die Rechtsverfolgung, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und das eingeleitete Beschlussverfahren zu einem Unterliegen des Betriebsrats führen muss (BAG 19. April 1989 – 7 ABR 6/88 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 29). Mutwilligkeit kann vorliegen, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird (BAG 31. Mai 2000 – 7 ABR 8/99 – AP BetrVG1972 § 20 Nr. 20, mwN.). Der Betriebsrat darf bei der Wahl der Rechtsdurchsetzung unter mehreren gleich geeigneten Möglichkeiten nur die für den Arbeitgeber kostengünstigere Lösung für erforderlich halten. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bei der Rechtsverfolgung des Betriebsrats darf insbesondere nicht dazu benutzt werden, den Arbeitgeber zum Nachgeben an anderer Stelle anzuhalten. Wählt der Betriebsrat unter mehreren gleichermaßen in Betracht kommenden Möglichkeiten bei der Durchführung eines Beschlussverfahrens nicht den für den Arbeitgeber kostengünstigsten Weg, ist die gewählte Form der Rechtsdurchsetzung insoweit mutwillig.

Der Arbeitgeber hat nur diejenigen Kosten einer anwaltlichen Tätigkeit zu tragen, die auf eine Beauftragung aufgrund eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zurückgehen. Der Betriebsrat muss sich als Gremium mit dem entsprechenden Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben (BAG 29. Juli 2009 – 7 ABR 95/07 – juris). Liegt ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrats vor, entsteht mit der Beauftragung des Rechtsanwalts ein Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von den dadurch verursachten erforderlichen Kosten. Durch diese Kostentragungspflicht entsteht zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ein gesetzliches Schuldverhältnis vermögensrechtlicher Art. Gläubiger ist der Betriebsrat (BAG 29. Juli 2009 – 7 ABR 95/07 – juris).

Der Betriebsrat hat danach keinen Anspruch auf Freistellung von den entstandenen Rechtsanwaltskosten in dem Verfahren – 10 BV 733/15 – vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main erworben. Die Einleitung des Beschlussverfahrens – 10 BV 733/15 – auf Feststellung, dass die „Rahmenbetriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Arbeitszeit (Flex) bei D“ vom 13. Juni 2006 im streitgegenständlichen Betrieb keine Anwendung findet, ist nicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG erforderlich gewesen. Die Arbeitgeberin ist insoweit nicht verpflichtet, die für die Vertretung des Betriebsrats in dem Verfahren – 10 BV 733/15 – vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main entstandenen Rechtsanwaltskosten iHv. EUR 927,61 zu zahlen.

Der Betriebsrat hat bereits nicht anhand konkreter Tatsachen schlüssig vorgetragen, inwieweit die Arbeitgeberin sich Rechten aus der streitgegenständlichen Rahmenbetriebsvereinbarung berühmt haben soll. Wann die Arbeitgeberin sich wem gegenüber welcher konkreten Rechte berühmt haben soll, ist nicht mal ansatzweise dargetan. Mit seiner pauschalen Behauptung genügt der Betriebsrat nicht seiner Mitwirkungspflicht aus § 83 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Arbeitgeberin in der Güteverhandlung im Verfahren – 10 BV 733/15 – qualifiziert erklärte, sie berühme sich keiner Rechte aus der vorgelegten Vereinbarung, sondern lediglich aus einer nachfolgend vereinbarten Konzernbetriebsvereinbarung, mit der die streitgegenständliche Vereinbarung übernommen worden sei. Die Rechtsverfolgung des Betriebsrats erweist sich demgemäß als mutwillig, da er ein überflüssiges Verfahren einleitete, für das er nicht dargetan hat, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich war, und damit das Interesse der Arbeitgeberin an der Begrenzung ihrer Kostentragungspflicht missachtete. Überdies hat er auch zu keinem Zeitpunkt einen Beauftragungsbeschluss zur Einleitung des Verfahrens – 10 BV 733/15 – vorgelegt.

2.

Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.

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