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Betriebsratsanhörung – Ausspruch einer Verdachtskündigung

Umfang der Betriebsratsunterrichtung

ArbG Dortmund – Az.: 5 Ca 955/18 – Urteil vom 22.01.2019

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 07.03.2018, dem Kläger zugegangen am 08.03.2018, aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Konstruktions-Ingenieur im Fachgebiet Elektrotechnik in dem Geschäftsbereich „Backoffice Services“ weiter zu beschäftigen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auch auf Führung und Leistung erstreckt.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für März 2018 5347,97 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.04.2018 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für April 2018 7066,64 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.05.2018 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Mai 2018 1630,15 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.06.2018 zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 3886,65 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.12.2018 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4274,93 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 01.06.2018 zu zahlen.

9. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

10. Der Streitwert wird auf 57539,54 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen hilfsweise fristgemäßen Kündigung der Beklagte gegenüber dem Kläger vom 07.03.2018 sowie im Zusammenhang hiermit um einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten und Verzugslohn, Urlaubsgeld und Ansprüche des Klägers auf Zahlung eines 13. Monatseinkommens, die der Kläger gegenüber der Beklagten geltend macht.

Der 1954 geborene, geschiedene Kläger ist seit dem 02.01.1982 als Konstruktionsingenieur bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig. Die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses regelt ein Arbeitsvertrag vom 17.09./21.09.1981, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 265/266 d. A. Bezug genommen wird.

In diesem Arbeitsvertrag heißt es unter anderem:

2. Für das Anstellungsverhältnis gelten die jeweils für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge für die Angestellten der Metallindustrie – auch bei Nachwirkung.

10. Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende gekündigt werden. Bei gesetzlicher Verlängerung der Kündigungsfrist gilt die verlängerte Frist zum Quartalsende auch für eine Kündigung gegenüber C.

Der ursprüngliche Arbeitsvertrag wurde zwischen dem Kläger und der Firma C AG geschlossen.

Mit undatiertem Schreiben aus dem Jahr 2005 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass zum 01.11.2005 ein Betriebsübergang auf die Beklagte stattfand. Wegen der Einzelheiten der Mitteilung über den Betriebsübergang wird auf Bl. 267 bis 270 d. A. Bezug genommen.

In dem Schreiben heißt es unter anderem:

B übernimmt gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (§ 613 a BGB) unter voller Anrechnung Ihrer bisherigen Dienstzeit unverändert alle Rechte und Pflichte aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis.

B wird dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen beitreten. Damit finden auf das Arbeitsverhältnis der tariflich geführten Mitarbeiter die Tarifwerke der Metall- und Elektroindustrie Anwendung.

Der Kläger war im Rahmen seiner Tätigkeit als Konstruktionsingenieur bei der Beklagten zuständig für die Konstruktion und die Planung von Schmelzöfen. Er war in die Entgeltgruppe 14 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) Metall NW zzgl. einer tariflichen monatlichen Leistungszulage von 12,5 % eingruppiert. Er bezog somit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 6.775,31 EUR brutto zzgl. eines Urlaubsgeldes in Höhe von 72 % einer Bruttomonatsvergütung und eines 13. Monatseinkommens in Höhe von 55 % einer Monatsvergütung. Ab dem 01.04.2018 betrug das monatliche Bruttogehalt des Klägers 7.066,64 EUR brutto in Folge einer tariflichen Steigerung von 4,3 %. Insofern ist das zusätzliche Urlaubsgeld in Höhe von 72 % in § 14 MTV Metall NW und das 13. Monatseinkommen im Tarifvertrag über die Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens geregelt.

In der Abteilung des Klägers „Elektrische Konstruktion von Schmelzöfen“ waren bis zur Durchführung von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten, die in ihrem Betrieb ca. 170 Arbeitnehmer beschäftigt, fünf Elektroingenieure und drei Elektrotechniker tätig. Die Elektrotechniker waren unter anderem mit der Umsetzung der handschriftlich von den Elektroingenieuren erstellten Schaltpläne und der Überführung dieser Schaltpläne in das Programm E-Plan, ein spezielles Computerprogramm, beschäftigt. Diese Umsetzung war notwendig, um vom Kunden bestellte Schmelzöfen in der Werkstatt der Beklagten zu bauen.

Betriebsratsanhörung - Ausspruch einer Verdachtskündigung
(Symbolfoto: Von Pressmaster/Shutterstock.com)

Nach Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplanes am 21.02.2017, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 274 bis 288 d. A. Bezug genommen wird, waren ab dem 01.03.2017 nur noch drei Elektroingenieure in der Abteilung „Elektronische Konstruktion von Schmelzanlagen“, nämlich der Kläger sowie die Arbeitnehmer G und Q tätig. Nach Vortrag des Klägers konnte von diesen drei Elektroingenieuren niemand einen Schaltplan über E-Plan erstellen. Nach umfangreichen Diskussionen im Rahmen der Abteilung unter den drei verbliebenen Elektroingenieuren bot der Kläger an, ihn zu entlassen und den im Rahmen der Umsetzung des Interessenausgleichs und Sozialplanes entlassenen Elektrotechniker L wieder einzustellen. Dieser Vorschlag wurde von dem Abteilungsleiter G1 abgelehnt. Nach Vortrag des Klägers habe dieser darauf hingewiesen, dass ein solches Vorgehen die unternehmerischen Entscheidungen der Beklagten in Frage stelle und die Umstrukturierung insgesamt gefährde. Im Rahmen einer Diskussion im Kollegenkreis kam der Kläger auf die Idee, dass die Beklagte den ehemaligen Arbeitnehmer L dann nicht über einen Arbeitsvertrag, sondern über einen Werkvertrag beschäftigen müsse. Auch dieser, nach Vortrag des Klägers im Februar/März 2017 entwickelte, Vorschlag wurde von dem Vorgesetzten G1 hingegen abgelehnt. Die persönliche Beauftragung des Herrn L gefährde die unternehmerische Entscheidung der Beklagten.

Nach dem Vortrag des Klägers wurde dann in der Abteilung des Klägers überlegt, dass eine Konstruktion gefunden werden müsse, bei der Herr L im Rahmen eines Werkvertrages zwischen der Beklagten und einem externen Dritten nur mittelbar beauftragt würde. Der Kläger trägt vor, Herrn G1, den Vorgesetzten der Abteilung, hierauf angesprochen zu haben und diesem mitgeteilt zu haben, dass er eine für die Beklagte gute Lösung gefunden habe, um letztlich die durch L zukünftig zu erstellenden Schaltpläne in E-Plan gefahrlos erstellen lassen zu können. Der Vorgesetzte G1 habe dann mit dem Satz „Davon will ich nichts wissen.“ mit der Hand in Richtung Tür gedeutet, was der Kläger als Aufforderung verstanden habe, nicht weiter zu reden. Der Kläger trägt vor, aus diesem Gespräch die Einsicht gewonnen zu haben, dass der Vorgesetzte G1 offenbar nicht mehr in die Problemlösung eingebunden werden wolle und man die Probleme in der Abteilung alleine lösen solle.

Es habe sich hingegen kein externer Dienstleister gefunden, der gewillt gewesen sei, diese Konstruktion mitzutragen.

In der Folgezeit hätten sich Herr Q1, der damalige Freund der Tochter des Klägers und der ehemalige Arbeitnehmer L der Beklagten bereit erklärt, an einer Lösung des Problem mitzuwirken. Der Kläger trägt vor, dann zusammen mit seinem Steuerberater G2 und Herrn Q1 eine Ingenieursgesellschaft gründet zu haben, die Herrn L eingestellt habe, um von diesem Schaltpläne erstellen zu lassen.

Die in der Abteilung des Klägers noch tätigen Ingenieure hätten diesen Lösungsansatz spontan akzeptabel gefunden und diesem zugestimmt.

Ab April/Mai 2017 wurden durch alle Ingenieure der Abteilung Beauftragungen der Firma „Q1 und Partner“ vorgenommen. Diese Aufträge wurden per Rechnung zu einem Stundensatz von 49,00 EUR in Rechnung gestellt und jeweils durch die Ingenieure selbst abgezeichnet.

Der Steuerberater G2 habe nach Vortrag des Klägers im April 2017, nämlich am 10.04.2017, beim Finanzamt I die steuerliche Erfassung der Ingenieursgesellschaft beantragt. Das Gewerbeamt L1 habe die Eintragung lediglich deswegen abgelehnt, weil eine Ingenieursgesellschaft kein Gewerbe betreibe. Noch vor der ersten Beauftragung der Firma „Q1 und Partner“ seien der Kläger und Herr G übereingekommen, dass die Firma Q1 und Partner künftig einen Stundensatz von 49,00 EUR je Technikerstunde für die Tätigkeit von Herrn L bei allen E-Plan-Aufträgen der Beklagten berechnen dürfe.

Nach Vortrag der Beklagten bemerkte der Geschäftsführer C der Beklagten am 29.01.2018, dass vier Rechnungen der Firma Q1 aus der Zeit zwischen dem 28.11.2017 und dem 17.01.2018 über einen Gesamtbetrag in Höhe von ca. 29.000,00 EUR existierten. Wegen der Einzelheiten und des Erscheinungsbildes dieser Rechnungen wird auf Bl. 121 bis 124 d. A. Bezug genommen. Diese waren teils vom Kläger, teils von Herrn G und Herrn Q abgezeichnet und beauftragt worden. Nachdem die Beklagte eine Gewerbeauskunft der Stadt L1 bezüglich der Firma Q1 unter dem 08.02.2018 eingeholt hatte, wegen derer auf Bl. 128/129 d. A. Bezug genommen wird, führte sie unter dem 13.02.2018 ein Personalgespräch mit dem Kläger. In diesem Gespräch gab der Kläger an, an der Erstellung der Angebote der Firma Q1 an die Beklagte nicht beteiligt gewesen zu sein. Er wolle sich darüber hinaus nicht weiter äußern. Im Anschluss an das Gespräch wurde dem Kläger ein Anhörungsschreiben vom 12.02.2018, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 130 bis 132 d. A. Bezug genommen wird, übergeben. Im Anschluss an dieses Gespräch führte die Beklagte ein Gespräch mit dem Mitarbeiter G und am 14.02.2018 ein Gespräch mit dem Mitarbeiter Q. Nach Vortrag der Beklagten erklärten diese, die Beauftragung und Einschaltung der Firma Q1 sei die Idee des Klägers gewesen.

Mit Schreiben vom 14.02.2018 teilten die damaligen Parteibevollmächtigten des Klägers der Beklagten mit, ihr Mandant habe die Schaltpläne nicht erstellt und sich nicht persönlich bereichert.

Unter dem 15.02.2018 richtet die Beklagte, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte ein neues Anhörungsschreiben an die damaligen Parteibevollmächtigten des Klägers. Wegen der dort gestellten Fragen wird Bl. 135 bis 138 d. A. bzw. Bl. 107 d. A. Bezug genommen.

Zur Beantwortung der Fragen wurde eine Frist bis zum 20.02.2018 gesetzt.

Darüber hinaus richtete die Beklagte ein Schreiben unter dem 15.02.2018 an die Firma Q1, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 139/140 d. A. Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 19.02.2018 meldeten sich die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers und baten um ein Gespräch zur Sachverhaltsaufklärung, das unter dem 22.02.2018 gegen 10.00 Uhr stattfand. In diesem Gespräch schilderte der Kläger im Wesentlichen, dass man in seiner Abteilung den Gedanken entwickelt habe, eine Person aus dem Bekanntenkreis des Klägers eine Firma gründen und Herrn L anstellen bzw. als selbstständigen Subunternehmer beschäftigen zu lassen. Herr G1 habe dieses abgeblockt.

Wegen eines Aktenvermerks über dem Verlauf dieses Gespräches wird auf Anlage B9 des Schriftsatzes der Beklagten vom 30.05.2018, entsprechend Bl. 141 bis 145 d. A. Bezug, genommen. Der Kläger gab bereits am 15.02.2018 seinen Dienstlaptop bei der Beklagten ab, wobei der gesamte PC formatiert war.

Mit Schreiben vom 23.02.2018, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 146 bis 147 d. A. Bezug genommen wird, richtete die Beklagte weitere Fragen an den Kläger und setzte ihm eine Antwortfrist bis zum 27.02.2018. Mit weiterem Schreiben, ebenfalls datierend vom 23.02.2018, richtete die Beklagte Fragen an den Inhaber der Firma Q1 und Partner. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 160/161 d. A. Bezug genommen. Darüber hinaus richtete die Beklagte ein Schreiben vom 23.02.2018 auch an den ehemaligen Mitarbeiter L, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 162 bis 163 d. A. Bezug genommen wird.

Mit Schreiben vom 27.02.2018 erklärte der Prozessvertreter des Herrn Q1, die Frist sei zu kurz. Darüber hinaus erklärte er mit Schreiben vom 01.03.2018, dass Herr Q1 keine Stellung nehmen wolle.

Nachdem auch vom Kläger keine weitere Stellungnahme einging, hörte die Beklagte unter dem 02.03.2018 den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung des Klägers an. Wegen der Einzelheiten in dieser Anhörung wird auf Anlage B1 des Schriftsatzes der Beklagten vom 21.03.2018, entsprechend Bl. 19 bis 26 d. A., Bezug genommen. In diesem Anhörungsschreiben heißt es unter anderem:

„Diese Vorgehensweise des Herrn N stellt eine grobe Pflichtverletzung dar, die eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht.Herr N hatte erkannt, dass seine Idee einer Strohfirma für die Beauftragung eines ehemaligen Kollegen so „ungewöhnlich“ war, dass er hierzu der Erlaubnis seines Vorgesetzten bedurfte. Obwohl dieser ablehnte, führe er seinen Plan trotzdem aus und wiedersetzte sich damit einer ausdrücklichen Arbeitgeberweisung.Dies tat er, um seinen früheren Kollegen L ein Zuverdienst zuzuschustern und mutmaßlich auch seinen künftigen Schwiegersohn zu bereichern. Es besteht zudem der Verdacht, dass er hierzu Arbeitsmittel der B einsetzte, indem er den Dienstlaptop Herrn L zur Verfügung stellte. Weiter besteht der Verdacht, dass hierzu auf den Dienstlaptop illegal Software aufgespielt wurde. Herr N hat durch seine Pflichtverletzung also Dritte (möglicherweise sogar Familienangehörige) bereichert und möglicherweise Arbeitsmittel von B missbraucht.

Möglicherweise sollte B sogar ursprünglich zum Werkzeug einer Steuerhinterziehung gemacht werden. Wenn Q1 gar keine Umsatzsteuer abgeführt hätte, hätte dies im Falle einer Betriebsprüfung auch auf B zurückfallen und Nachteile beim Vorsteuerabzug für B bringen können.Schlussendlich wurde B durch das Strohmannkonstrukt die Möglichkeit genommen, in Kenntnis des tatsächlichen Leistungserbringers frei entscheiden zu können, ob man diesen Dienstleister beauftragen will. Indem Herr N außerdem Q1 die Preise von dessen Konkurrenz mitgeteilt hat, wurde ein echter Preiswettbewerb verhindert, da Q1 nun nicht möglichst günstig anbieten musste, um dem Mitbewerber vorgezogen zu werden, sondern punktgenau das gleiche bieten konnte, um dann mit dem „Familien-/Kollegen-Bonus“ den Zuschlag zu bekommen. Es besteht daher der Verdacht, dass hier unter mehreren verfügbaren Anbietern nicht im wirtschaftlichen Interesse von B der beste und günstiges Anbieter beauftragt wurde, sondern derjenige mit den persönlichen Bindungen zum beauftragten B-Mitarbeiter N. Das Vertrauensverhältnis ist damit unwiederbringlich zerstört. Eine außerordentliche hilfsweise ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist unabdingbar. Es ist beabsichtigt, unmittelbar nach Abschluss des Anhörungsverfahrens die Kündigung auszusprechen.“

Mit Schreiben vom 07.03.2018, dem Kläger zugegangen am 08.03.2018 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos hilfsweise fristgemäß vom 31.10.2018. Wegen der Einzelheiten dieses Kündigungsschreibens wird auf Bl. 10 d. A. Bezug genommen.

Die Beklagte trägt des Weiteren vor, am 09.03.2018 habe der Arbeitnehmer L3 der Beklagten das frühere IT-Asset Management System untersucht und Logprotokolle hinsichtlich des dem Kläger dienstlich überlassenen Laptops über dessen Log-Ins auf dem Server der Beklagten mittels VPN-Tunnel gefunden. Aus diesen habe sich ergeben, dass ein User mit dem Benutzernahmen des Klägers von Extern über den VPN-Tunnel auf dem Server der Beklagten angemeldet gewesen sei und dort E-Plan-Dateien verwendet habe. Dies betreffe die Zeit vom 28.04.2017 bis 17.11.2017. Insofern wird auf Anlage B14 des Schriftsatzes der Beklagten vom 30.05.2018 und den Vortrag auf Bl. 13 dieses Schriftsatzes, entsprechend Bl. 115 d. A., Bezug genommen.

Im Hinblick auf diese Erkenntnisse hörte die Beklagte mit ergänzender Anhörung vom 19.03.2018, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 56 bis 60 d. A. Bezug genommen wird, den bei ihr bestehenden Betriebsrat an.

Der ursprünglichen Anhörung des Betriebsrates vom 02.03.2018 stimmte der Betriebsrat unter dem 05.03.2018 zu. Hinsichtlich der ergänzenden Anhörung vom 19.03.2018 teilte der Betriebsrat unter dem 20.03.2018 mit, er habe diese zur Kenntnis genommen. Insofern wird Bl. 61 d. A. bzw. Bl. 27 d. A. Bezug genommen.

Im Rahmen seiner am 12.03.2018 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen und entsprechend erweiterten Klage wendet sich der  Kläger zunächst gegen die Wirksamkeit der außerordentlichen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung vom 07.03.2018. Er trägt vor, dass eine ordentliche Kündigung nach § 20 Abs. 4 MTV NW ausgeschlossen sei. Ausweislich seines Arbeitsvertrages vom 17.09./21.09.1981 seien die Tarifgewerke Metall NW auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar. Zudem bestehe eine betriebliche Übung, dass die Tarifverträge Metall NW auf alle Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten Anwendung fänden. Diese gehöre auch dem Arbeitgeberverband an. Überdies enthalte Ziffer 2 und Ziffer 10 des Arbeitsvertrags eine konstitutive Inbezugnahme der entsprechenden Tarifgewerke, damit auch des § 20 Abs. 4, der den Ausschluss der ordentlichen Kündigung für Beschäftigte vorsehe, die das 55. Lebensjahr vollendet hätten und dem Betrieb/Unternehmen mehr als 10 Jahre angehörten. Die Auslegung des Arbeitsvertrages ergebe, dass im Zweifel die Inbezugnahme der Tarifverträge Metall NW insgesamt gewollt sei. Dieser tarifliche Sonderkündigungsschutz schließe die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung erkennbar aus.

Zudem habe die Beklagte bei ihrer unzulässigen ordentlichen Kündigung auch die Kündigungsfrist des § 20 Abs. 3 MTV und nicht die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist zum Quartalsende übernommen. Mit der Beauftragung der Firma Q1 und Partner seien alle Beteiligen aus Sicht des Klägers einverstanden gewesen. Insbesondere habe auch in seiner Abteilung deutliche Zustimmung zu der Beauftragung der Firma Q1 und Partner geherrscht, die sich auch darin widergespiegelt hätte, dass auch alle anderen Ingenieure diese Firma beauftragt hätten. Der Vorsetzte G1 habe durch seine Bemerkung, hiervon „nichts wissen zu wollen“ nur klargestellt, dass er in eine externe Lösung, die notwendig gewesen sei, da es bei der Beklagten in der Abteilung nur noch drei Ingenieure gegeben habe, von denen keiner in der Lage gewesen sei, einen Schaltplan über E-Plan zu erstellen, nicht einbezogen werden wolle.

Eine E-Mail vom 20.10.2017 habe der Kläger auf Bitte des Herrn G an Q1 weitergeleitet. Es sei dabei nicht um Stundensätze gegangen, die bereits im Frühjahr 2017 vereinbart und festgelegt worden seien, sondern um den Schaltplan eines konkreten Projektes, nämlich des Kunden „P“.

Die von der Beklagten durchgeführten Anhörungen seien unwirksam, da weder die Anhörungsschreiben noch die mündlichen Anhörungen vom 13.02.2018 und vom 22.02.2018 auf einen konkreten Sachverhalt bzw. ein konkreten Tatsachenvortrag bezogen gewesen seien.

Zudem sei die Anhörungsfrist im Schreiben vom 15.02.2018 zu kurz. Die Beklagte habe nicht einmal einen konkreten Anfangsverdacht gegen den Kläger gehabt, sondern nur Vermutungen geäußert. Das Programm E-Plan sei zwar teuer, aber frei erhältlich. Auch der ehemalige Mitarbeiter L der Beklagten verfüge über dieses Programm. Er habe den Dienstlaptop nicht L überlassen. Hierzu seien auch keine ausreichenden Verdachtsmomente vorhanden. Darüber hinaus sei eine solche Überlassung nicht verboten. Bei den von der Beklagten angesprochenen E-Plan-Schulungen handele es sich um „Schnupperkurse“ nach denen kein Ingenieur zur Arbeit mit E-Plan in der Lage gewesen sei. Der Kläger trägt darüber hinaus vor, er könne nicht ausschließen, dass er sich von extern über den VPN-Tunnel an den von der Beklagten genannten Tagen mit seinem PC angemeldet habe. Es sei richtig, dass ihm ein von der Beklagten nicht mehr benötigter Laptop zur Verfügung gestellt worden sei, um in der Folgezeit seine ersten Gehversuche bei der Anwendung des E-Plan-Programmes zu machen. Er könne in diesem Zusammenhang nicht ausschließen, dass er sich bei der Nutzung des von ihm vorher noch nicht genutzten PCs von extern über einen VPN-Tunnel auf dem Server der Beklagten angemeldet habe. Er wisse nicht, ob der ihm zu Übungszwecken überlassene Laptop so eingestellt gewesen sei, dass er sich automatisch primär auf dem Mitarbeiter-WLan anmelde. Er habe die Anmeldung eben so lange versucht, bis er „drin“ war. Es falle auch auf, dass die von der Beklagten aufgeführten Zeiten 228 Übungsstunden ergeben, die Firma Q allerdings 732 Technikerstunden aufgewendet habe.

Die Dienstanweisung vom 27.08.2007, auf die die Beklage Bezug nehme, sei zum Einen unwirksam, zum Anderen betreffe sie den Zugriff auf informationstechnische Einrichtungen und sei daher nicht einschlägig.

Der Kläger rügt darüber hinaus die Ordnungsgemäßheit der von der Beklagten durchgeführten Betriebsratsanhörung. Es fehle bereits der Hinweis auf § 20 Abs. 4 MTV Metall NW und den damit verbundenen betrieblichen Sonderkündigungsschutz in der Betriebsratsanhörung. Er bestreitet, dass sich die Stellungnahme des Betriebsrats vom 05.03.2018 als abschließende Stellungnahme darstelle. Die Anhörung des Betriebsrats vom 02.03.2018 beziehe sich auch nicht auf eine Verdachtskündigung. Zumindest habe die Beklagte im Anhörungsschreiben nicht hinreichend deutlich gemacht, eine Verdachtskündigung aussprechen zu wollen. Zwar verwende die Beklagte des Öftern das Wort „Verdacht“, am Ende des Kündigungsschreibens seien die Formulierungen aber so zu verstehen, dass eine Tatkündigung ausgesprochen werden solle. Darüber hinaus sei der Betriebsrat über Art und Schwere der angeblichen Pflichtverletzung getäuscht worden und ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Vorgesetzten G1 sei falsch wiedergegeben worden.

Die Betriebsratsanhörung kranke auch daran, dass Sonderkündigungsschutz nach § 20 Abs. 4 MTV Metall NW nicht mitgeteilt worden sei. Darüber hinaus habe es keine Weisung G1s gegeben, Q1 nicht zu beauftragen, da dieser die Q1-Lösung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gekannt habe. Bezüglich der Erteilung eines Zwischenzeugnisses und der Verzugslohnansprüche verweist der Kläger auf ein Geltendmachungsschreiben vom 03.07.2018, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 264 d. A. Bezug genommen wird. Darüber hinaus trägt der Kläger vor, ein Nachschieben von Gründen sei nur zulässig, wenn der Sachverhalt bei Anhörung des Betriebsrats nicht bekannt gewesen sei. Darüber hinaus vertritt er die Ansicht, dass die Anhörung sowie die ergänzende Anhörung durch den Arbeitgeber erfolgen müsse, so dass eine Unterschrift „i. V. I1“ nicht genüge, um die Schriftform zu wahren. Überdies müsse die vorherige Betriebsanhörung bei einem zulässigen Nachschieben von Kündigungsgründen ordnungsgemäß sein, was hier nicht Fall gewesen sei.

Spätestens am 20.02.2018 habe die 2-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begonnen, so dass der Zugang der Kündigung am 08.03.2018 außerhalb dieser Frist liege und diese unwirksam mache.

Nach der Umstrukturierung seien andere externe Dienstleister als die Firma I2 nicht mehr beauftragt worden.

Hinsichtlich seiner Zahlungsansprüche trägt der Kläger vor, im Zeitraum zwischen dem 08.03.2018 und dem 07.05.2018 Nachzahlungsansprüche gehabt zu haben. Diese beständen bis zum 26.03.2018 aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, ab dem 26.03.2018 sei er, der Kläger, arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Ausgehend von seinem tariflichen Gehalt bis einschließlich März 2018 zzgl. einer Pauschale in Höhe von 100,00 EUR wegen der gezahlten Tariflohnerhöhung errechnet sich der Kläger ein Bruttomonatsgehalt für März 2018 in Höhe von 6.887,31 EUR brutto, von dem er sich gezahlte 1.539,84 EUR brutto in Abzug bringen lässt, so dass sich ein Restbetrag in Höhe von 5.347,97 EUR brutto ergibt.

Für den Monat April 2018 errechnet sich der Kläger unter Zugrundelegung einer 4,3 %igen Tariflohnerhöhung ein Bruttomonatsgehalt von 7.066,64 EUR, das er für den Monat April 2018 in voller Höhe einfordert, sowie für den Zeitraum zwischen dem 01.05.2018 und dem 07.05.2018, dem Ende der Entgeltfortzahlungspflicht der Beklagten, ein anteiliges Gehalt in Höhe von 1.630,15 EUR.

Der Kläger trägt insofern vor, bis zum 11.10.2018 arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein.

Hinsichtlich des 13. Monatseinkommens für das Jahr 2018 errechnet sich der Kläger einen Betrag in Höhe von 55 % von 7.066,64 EUR brutto, somit 3.886,65 EUR brutto.

Hinsichtlich des Urlaubsgeldes nach § 14 Abs. 1 S. 2 MTV Metall NW in Höhe von 2,4 % eines Gehaltes pro Urlaubstag, das nach dem Tarifvertrag im Mai fällig ist, errechnet sich der Kläger einen Betrag in Höhe von 72 % von 7.066,64 EUR brutto, auf die er sich im März 2018 gezahlte 813,05 EUR brutto in Abzug bringen lässt, so dass sich ein Betrag in Höhe von 4.274,93 EUR brutto an zusätzlichem Urlaubsgeld errechnet.

Der Kläger verweist darüber hinaus auf Schreiben vom 06.04.2018, vom 09.04.2018 und vom 27.04.2018 der Agentur für Arbeit, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 492 bis 495 d. A. Bezug genommen wird. Er weist darauf hin, dass die Agentur für Arbeit für den Zeitraum zwischen dem 09.03.2018 und dem 06.05.2018 kein Arbeitslosengeld gezahlt habe und eine Sperrzeit geprüft habe, die für diesen Zeitraum auch angeordnet worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die am 08.03.2018 mit Schreiben der Beklagten vom 07.03.2018 erklärte außerordentliche fristlose Kündigung beendet worden ist.

2. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die mit Schreiben der Beklagten vom 07.03.2018 erklärte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2018 beendet wird.

3. Im Falle des Obsiegens mit den Anträgen zu Ziffer 1. und/oder 2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Konstruktions-Ingenieur im Fachgebiet Elektrotechnik in dem Geschäftsbereich „Back Office Furnaces“ weiter zu beschäftigen.

4. Die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

5. Hilfsweise für den Fall, dass den Anträgen zu 1. bis 4. nicht stattgegeben wird, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein endgültiges Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

6. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn (für März 2018) 5.347,97 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2018 zu zahlen.

7. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn (für den April 2018) 7.066, 64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2018 zu zahlen.

8. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn (für die Zeit vom 01. – 07. Mai 2018) 1.630,15 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2018 zu zahlen.

9. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn  (als tarifliche Sonderzahlung 2018) 3.886,65 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2018 zu zahlen.

10. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn (als zusätzliche tarifliche Urlaubsvergütung 2018) 4.274,93 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, erst am 29.01.2018 Kenntnis durch die vier von ihr vorgelegten Rechnungen der Firma Q1 von der Einschaltung der Firma Q1 gehabt zu haben. In dieser arbeite auch die Tochter des Klägers, deren Lebensgefährte Herr Q1 sei. Es sei richtig, dass dem Kläger im April 2017 eine Erlaubnis für eine geringfügige Nebenbeschäftigung bei seinem künftigen Schwiegersohn auf Antrag gewährt worden sei, diese beziehe sich allerdings nur auf die Prüfung von Angeboten. Die am 08.02.2018 eingeholte Gewerbeauskunft der Stadt L1 habe ergeben, dass dort eine Firma Q1 nicht geführt sei. Der Vorgesetzte G1 des Klägers habe eine Beschäftigung des ehemaligen Arbeitnehmers L eindeutig abgelehnt. Dies betreffe nicht nur die Beschäftigung als Selbstständigen, sondern auch durch eine zwischengeschaltete externe Firma. Herr G1 habe insofern zum Kläger gesagt, das werde „so nicht laufen…“.

Der Kläger habe am 15.02.2018 bei Abgabe seines Dienstlaptops angegeben, er habe sich nicht persönlich bereichern wollen. Der gesamte Laptop sei formatiert gewesen, was darauf hindeute, dass der Kläger offenbar die Überlassung oder außerdienstliche Nutzung des Laptops habe verbergen wollen. Darüber hinaus habe der Kläger eine E-Mail vom 20.10.2017 des Dienstleisters H2 an Q1 weitergeleitet. Dies sei offenbar geschehen, damit dieser die Stundensätze entsprechend anpassen konnte. Die Beklagte verweist auf die Anhörung des bei ihr bestehenden Betriebsrats vom 02.03.2018 zur außerordentlichen, hilfsweise fristgemäßen ordentlichen Kündigung des Klägers. Aus der Anhörung des Betriebsrats vom 02.03.2018 und der ergänzenden Anhörung vom 19.03.2018 gehe klar hervor, dass der Betriebsrat zu einer Verdachtskündigung angehört worden sei. Die Anhörungen seien vom Betriebsrat nicht zurückgewiesen worden, das Wort „Verdacht“ sei sogar ausdrücklich in der Betriebsratsanhörung genannt. Dem Betriebsrat seien auch ausreichende Daten mitgeteilt worden, damit dieser die Einhaltung der 2-Wochen-Frist nach § 626 Abs. 2 BGB habe prüfen können.

Ein Sonderkündigungsschutz nach § 20 Abs. 4 MTV Metall NW bestehe nicht, die Norm sei auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht anwendbar und schließe darüber hinaus die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht aus. Hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeit verdränge Ziffer 10 des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien die Ziffer 2 des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien, so dass ein Sonderkündigungsschutz nicht gegeben sei. Auch nach § 20 Abs. 4 MTV Metall NW sei die ordentliche Kündigung möglich, hingegen nur aus wichtigem Grund.

Der Arbeitnehmer H1 als Personalleiter dürfe ohne Weiteres eine Betriebsratsanhörung initiieren. Die Bevollmächtigung hierzu sei vom Betriebsrat auch nie in Frage gestellt worden. Die Nutzung des Laptops sei ausweislich einer E-Mail vom 03.04.2017 zu Übungen des Klägers für dienstliche Zwecke begrenzt gewesen. Wegen der Einzelheiten dieser E-Mail wird auf Bl. 444 d. A. Bezug genommen.

Darüber hinaus habe der Kläger am 27.08.2007 eine Dienstanweisung unterschrieben, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 351 d. A. Bezug genommen wird. In dieser Dienstanweisung sei der Zugriff auf Einrichtungen der Beklagten und die Weitergabe von Passwörtern untersagt. Es sei zwar richtig, dass man auch von extern auf den Server der Beklagten über den sogenannten „VPN-Tunnel“ zugreifen könne, üblich oder von den Einstellungen des Dienstlaptops vorgesehen sei dies hingegen nicht. Es dränge sich der Verdacht auf, dass der Kläger dem Dienstleister Q1 oder anderen Dritten sein Passwort überlassen habe und unbefugter Weise den Zugriff auf den Server der Beklagten über den Dienstlaptop ermöglicht habe. Da der Kläger zu den Zeiten zwischen dem 28.04.2017 und dem 17.11.2017 im Büro eingestempelt gewesen sei, bestehe der dringende Verdacht, dass eine andere Person den Laptop genutzt habe. Es bestehe nach alledem der dringende Verdacht, dass der Kläger versucht habe, zumindest den ehemaligen Kollegen L und seinen künftigen Schwiegersohn, Herrn Q1, auf Kosten der Beklagten zu bereichern. Er habe die Preise der Konkurrenz an diese mitgeteilt und ein Strohmannkonstrukt gewählt, um der Firma Q1 und Herrn L Aufträge und Verdienstmöglichkeiten zuzuschanzen. Die Frist des § 626  Abs. 2 BGB sei eingehalten, da die entsprechenden Ermittlungen erst am  01.03.2018 abgeschlossen gewesen seien.

Die Elektroingenieure der Beklagten sollten in E-Plan geschult werden, insofern seien am 02.12.2016 Individualtrainings für U und G und am 22.05.2017, dem 02.06.2017, vom 10. bis zum 12.07.2017 und am 07.05.2018 ganztätige Schulungen für die erste Mitarbeitergruppe durchgeführt worden. Der Kläger sei für die 2. Schulungsgruppe vorgesehen gewesen.

Nach der Restrukturierung sollten größere Zeichenarbeiten grundsätzlich fremdvergeben werden. Die Ingenieure hätten lernen sollen, direkt am PC zu zeichnen. Der Kläger habe versucht, die Umstrukturierungsentscheidungen der Beklagten zurückzudrehen. Es ständen auch andere Dienstleister für Zeichenarbeiten zur Verfügung, so z. B. die Firma T1, die 30,00 EUR netto pro Stunde bzw. nunmehr 36,00 EUR netto pro Stunde verlange. Die Beklagte bestreitet, dass eine Vereinbarung über einen Stundensatz von 49,00 EUR mit Q1 bereits im Frühjahr 2017 abgesprochen worden sei. Der Kläger als Ideengeber der „Q1-Lösung“ habe den anderen Ingenieuren das Einverständnis des Vorgesetzten G1 und der Geschäftsleitung mit dieser Lösung vorgegaukelt. Die Firma Q1 habe nur  Aufträge des Klägers an L weitergebeben. Der Kläger habe sich lediglich ungeliebte Arbeit vom Hals geschaffen und einen Zuverdienst für L und seinen künftigen Schwiegersohn generiert. Die Ermittlungen seien erst am 27.02.2018 mit der Frist des 2. Anhörungsschreibens abgeschlossen gewesen. Lohnzahlung, Urlaubsgeld und sonstige Ansprüche habe sie, die Beklagte, bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erfüllt, weitere Ansprüche des Klägers beständen nicht, seine Berechnungen seien unsubstantiiert. Es gäbe keine betriebliche Übung im Betrieb der Beklagten bestimmte Tarifverträge anzuwenden, dies weder allgemein noch zugunsten des Klägers.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Gütetermins vom 11.05.2018, sowie der Kammertermine vom 04.09.2018 und vom 22.01.2019 vollinhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Soweit sich der Kläger mit seiner Klage gegen die ihm unter dem 08.03.2018 zugegangene außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 07.03.2018 wendet, ist die Klage zulässig, insbesondere ist die Drei-Wochen-Frist nach §§ 4, 13 KSchG eingehalten, da die Klage unter dem 12.03.2018 beim Arbeitsgericht Dortmund einging.

Der darüber hinaus gestellte Weiterbeschäftigungsantrag und der weitere Antrag auf Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses begegnen als Leistungsanträge hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen rechtlichen Bedenken.

Dies gilt auch für die vom Kläger darüber hinaus gestellten Zahlungsanträge, mit denen er Zahlungen für die Monate März, April und Mai 2018, sowie anteilige Urlaubsgeldzahlungen und Zahlungen hinsichtlich eines 13. Monatseinkommens begehrt.

II.

Die zulässigen Klageanträge sind auch begründet.

Die Kündigung vom 07.03.2018, die das Arbeitsverhältnis als außerordentliche, hilfsweise ordentliche fristgemäße Kündigung beenden sollte, ist unwirksam.

1.

Die Wirksamkeit einer fristlosen, also außerordentlichen, Kündigung setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.

Hierbei ist zunächst zu prüfen, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, der objektiv zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt. Dabei ist auf der ersten Stufe zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt, ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles, an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund zu bilden. Wichtige Gründe im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sind in erster Linie Leistungsstörungen in Form schuldhafter Verletzungen arbeitsvertraglicher Haupt- und Nebenpflichten, die das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigen (BAG, Urteil v. 26.02.1969 in EzA § 626 BGB Nr. 11; BAG, Urteil v. 27.02.2006, 2 AZR 415/05).

2.

Insofern ist anerkannt, dass erwiesene Vertragsverletzungen in Form schuldhafter Schädigungen des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für eine außerordentliche oder ordentliche verhaltensbedingte Kündigung bilden können, wenn diese Vertragsverletzung Relevanz für das Arbeitsverhältnis besitzt (BAG, Urteil v. 20.08.1997, 2 AZR 620/96 in AP Nr. 27 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; BAG, Urteil v. 10.06.2010, 2 AZR 541/09 – Fall „Emmely“ – in AuR 2010, 348).

Auch der hinreichend starke Verdacht einer solchen Pflichtverletzung kann geeignet sein, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB oder die ordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne eines Kündigungsgrundes nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu bilden.

Eine solche Verdachtskündigung ist dann zulässig, wenn sich starke Verdachtsmomente hinsichtlich der o. g. schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, dass für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat. Insbesondere ist dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen zu geben. Dabei muss sich die Anhörung auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen und der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, den Verdacht entkräftende Tatsachen zu bezeichnen und zur Erhellung des Sachverhaltes beizutragen (BAG, Urteil v. 13.03.2008 in AP zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43; LAG Hamm, Urteil v. 22.01.2009, 11 Sa 1053/08).

3.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die von der Beklagten vorgetragenen und dem Kläger vorgehaltenen Verdachtsmomente für eine schwerwiegende schuldhafte Vertragsverletzung des Klägers ausreichen, um einen dringenden Tatverdacht gegen den Kläger zu begründen, woran aus Sicht der erkennenden Kammer bereits erhebliche Zweifel bestehen. Zumindest ist die Betriebsratsanhörung vom 02.03.2018 fehlerhaft, da sie nicht konkret darlegt, ob die Beklagte, wie sie im vorliegenden Rechtsstreit selbst mehrfach vorträgt, die Kündigung auf den dringenden Verdacht einer Pflichtverletzung unter Benennung konkreter Tatsachen stützen will, oder ob der Ausspruch einer Tatkündigung beabsichtigt ist.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe die Firma Q1, die von seinem „künftigen Schwiegersohn“ geführt werde, beauftragt, den ehemaligen Arbeitnehmer L einzusetzen. Damit habe er zum Einen Bekannte, nämlich den ehemaligen Arbeitskollegen L und den Freund seiner Tochter, Herrn Q1, bereichern wollen, zum Anderen habe er durch Mitteilung von Preisen der Konkurrenz einen echten Wettbewerb bei den externen Dienstleistern verhindert. Darüber hinaus trägt die Beklagte vor, der Kläger habe Passwörter an Dritte, nämlich Herrn Q1, überlassen und diesem durch den dem Kläger überlassenen Dienst-Laptop den Zugriff auf den Server der Beklagten ermöglicht. Für diese Schlussfolgerungen trägt die Beklagte Anhaltspunkte, nämlich das Vorliegen der Rechnungen und die Einlassungen des Klägers und seiner Arbeitskollegen vor. Soweit die Beklagte allerdings in der Betriebsratsanhörung vom 02.03.2019 nach entsprechender Sachverhaltsschilderung ausdrücklich formuliert: „Diese Vorgehensweise des Herrn N stellt eine grobe Pflichtverletzung dar, die eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar macht.“ und des Weiteren formuliert

„dies tat er um seinen früheren Kollegen L4 einen Zusatzverdienst zuzuschustern und mutmaßlich auch seinen künftigen Schwiegersohn zu bereichern. Es besteht zudem der Verdacht, dass er hierzu Arbeitsmittel der B einsetze, indem er den Dienst-Laptop Herrn L4 zur Verfügung stellte. …

Das Vertrauensverhältnis ist damit unwiederbringlich zerstört. Eine außerordentliche hilfsweise ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist unabdingbar. Es ist beabsichtigt unmittelbar nach Abschluss des Anhörungsverfahrens die Kündigung auszusprechen.“

Hat sie nach den Erwägungen, die aus objektiver Sicht des Betriebsrats anzustellen waren, den Betriebsrat lediglich zu einer Tatkündigung angehört. Will ein Arbeitgeber aber seinen Kündigungsentschluss und die darauf folgende Kündigung auf den Verdacht einer schwerwiegenden Vertragsverletzung oder einer Straftat stützen, muss er den Betriebsrat hierzu ausdrücklich anhören und mitteilen, ob er (auch) auf den Verdacht einer Straftat begründet eine Kündigung aussprechen will. Dabei genügt der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht im Sinne des § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG nur, wenn er dem Betriebsrat die Umstände mitteilt, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 07.08.2018, 8 Sa 29/18 m. w. N.; Hessisches LAG, Urteil v. 24.11.2017, 14 Sa 1256/16, zur Abgrenzung zwischen Tat- und Verdachtskündigung: BAG, Urteil v. 26.09.2002 in AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung m. j. w. N.).

Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass im Rahmen der Betriebsratsanhörung vom 02.03.2018 das Wort „Verdacht“ des Öfteren auftaucht, es ist allerdings nach den o. g. klaren Formulierungen für den Betriebsrat die Anhörung so zu verstehen, dass die Beklagte ihre Kündigung auf eine erwiesene Pflichtverletzung stützen will.

Aus dem Vortrag der Beklagten ergeben sich hingegen auch nach ihrer eigenen Wertung nur Verdachtsmomente, dass der Kläger möglicherweise Herrn Q1 oder Herrn L bereichert hat und Preise zu Gunsten Dritter, nämlich der Firma Q1, weitergeben hat. Erwiesen ist ein solches, vom Kläger bestrittenes, Vorgehen hingegen nicht. Auch sind die Verdachtsmomente, nämlich die vorliegenden Rechnungen vor allem vor dem Hintergrund, dass konkrete Anweisungen, wie der Kläger zurecht ausführt, hinsichtlich der Beauftragung externer Dritter nicht existierten, nicht zwingend. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte nicht konkret in den Rechtsstreit eingeführt hat, zu welchen marktüblichen Preisen externe Dritte Schaltpläne in E-Plan erstellen können und dass solche marktüblichen Preise im Falle der Firma Q1 überschritten worden sind.

Darüber hinaus scheitert die Wirksamkeit der Betriebsratsanhörung vom 02.03.2018 auch daran, dass dem Betriebsrat der „Sonderkündigungsschutz“ des Klägers nach § 20 Abs. 4 MTV Metall NW nicht mitgeteilt worden ist. Nach dieser Norm war der Kläger, der seit 1982 dem Unternehmen angehört und 1954 geboren ist, nur noch außerordentlich, d. h. aus wichtigem Grund kündbar.

Nach den klaren Regelungen des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien vom 17.09. bzw. 21.09.1981 ist das gesamte Tarifgewerk Metall NW auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, dies ist auch tatsächlich so gelebt worden, indem der Kläger in die Entgeltgruppe 14 des Entgeltrahmenabkommens Metall NW eingruppiert worden ist und die Beklagte auch die Kündigungsfristen dieses Tarifgewerkes nach § 20 Abs. 3 MTV Metall anwendet. Eine entsprechende Bezugnahme im Arbeitsvertrag hat, insbesondere bei der zwischen den Parteien Nr. 2 des Arbeitsvertrages gewählten Formulierung konstitutive Wirkung, so dass das Vertragsgewerk auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung findet.

§ 20 Abs. 4 hat auch die Bedeutung des Ausschlusses der Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung, so dass Arbeitnehmer, die durch unmittelbare Anwendung oder vertragliche Bezugnahme des Tarifvertrages unter diese Regelung fallen nur noch außerordentliche kündbar sind (LAG Hamm, Urteil v. 07.07.2010, 18 Sa 139/10).

Da die Beklagte dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, dass der Kläger nur außerordentlich kündbar ist, hat der Betriebsrat nicht die Möglichkeit gehabt, zu prüfen, ob ggf. eine außerordentliche Kündigung unter Anwendung einer sozialen Auslauffrist in Betracht kommt. Auch dies macht die Betriebsanhörung unvollständig und damit fehlerhaft im Sinne des § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG.

Auf die Frage, ob ein wirksames Nachschieben von Kündigungsgründen im Rahmen der weiteren Mitteilung bzw. ergänzenden Anhörung des Betriebsrats vom 19.03.2018 gegeben war kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Ein solches Nachschieben von Kündigungsgründen ist zulässig, wenn Kündigungsgründe zum Zeitpunkt der Kündigung bereits vorlagen, dem Arbeitgeber allerdings noch nicht bekannt waren. Werden dem Betriebsrat hingegen Gründe mitgeteilt, die erst als solche das Gewicht eines Kündigungsgrunde geben sollen oder eigeständige Kündigungsgründe enthalten, ist das Anhörungsverfahren insgesamt unwirksam (BAG, Urteil v. 18.05.1994, in AP Nr. 64 zu § 102 BetrVG 1972; BAG Urteil v. 16.12.2010, 2 AZR 576/09 in DB 2011, 1587).

Hieraus ist herzuleiten, dass unabhängig von der Kenntnis oder später erlangten Kenntnis weiterer Tatsachen und Kündigungsgründe zumindest die erste Anhörung vor Ausspruch der Kündigung wirksam sein muss, um von einem insgesamt wirksamen Anhörungsverfahren auszugehen zu können. Wie oben ausgeführt war dies hingegen nicht der Fall, da zum Einen aus der Anhörung des Betriebsrats vom 02.03.2018 nicht mit ausreichender Bestimmtheit hervorging, ob die Beklagte die Kündigung auf den bloßen Verdacht einer schweren Pflichtverletzung des Klägers stützen wollte oder ob lediglich konkrete Tatsachen den dringenden Verdacht einer solchen Pflichtverletzung aus ihrer Sicht begründeten. Darüber hinaus hat die Beklagte entsprechend ihrer Rechtsauffassung entgegen der Rechtslage keine Mitteilung gegenüber dem Betriebsrat über den bestehenden Sonderkündigungsschutz des Klägers nach § 20 Abs. 4 MTV Metall NW gemacht.

4.

Es war, wie oben ausgeführt, der Kläger unter den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4 MTV Metall NW fiel, war die ordentliche Kündigung ausgeschlossen, so dass die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung bereits aus diesen Gründen unwirksam war.

Die Kündigung vom 07.03.2018 war damit sowohl als außerordentliche Kündigung mangels ausreichender Betriebsratsanhörung, als auch als hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam.

5.

Da, wie ausgeführt, die Kündigung vom 07.03.2018 unwirksam war, hat der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung zu den ursprünglichen arbeitsvertraglichen Bedingungen. Dieser ergibt sich aus dem Recht auf Arbeit nach Art. 1, 2 GG und dem daraus hergeleiteten sogenannten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch.

6.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien i. V. mit §§ 241, 242 BGB. Insofern ist anerkannt, dass nach Ausspruch einer Kündigung, unabhängig von deren Wirksamkeit, der Arbeitnehmer die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses verlangen kann.

7.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 5.347,97 EUR brutto für den Monat März 2018 nebst den ausgeurteilten Zinsen. Unstreitig hat der Kläger, wie er selbst vorträgt, aufgrund seiner tariflichen Eingruppierung und der pauschalen Tariflohnerhöhung für den Monat März 2013 einen Bruttolohnanspruch in Höhe von 6.887,31 EUR, auf denen sich der Kläger von der Beklagten gezahlte 1.539,84 EUR brutto in Abzug bringen lässt, so dass ein entsprechender Zahlungsanspruch in Höhe von 5.347,97 EUR brutto verbleibt. Dieser Anspruch beruht für die Zeit ab dem 08.03.2018 bis zum Beginn der Erkrankung des Klägers am 26.03.2018 auf §§ 615, 293 ff. BGB, für den Rest des Monats März 2018 auf § 3 i. V. m. § 4 EfzG, da der Kläger in diesem Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt war.

Der ausgeurteilte Zinsanspruch beruht auf §§ 614, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

8.

Für den Monat April 2018 hat der Kläger darüber hinaus einen Zahlungsanspruch in Höhe von 7.066,64 EUR brutto und für den Monat Mai, nämlich bis zum Ende der Entgeltfortzahlungszeit am 07.05.2018, einen anteiligen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.630,15 EUR brutto nebst den jeweils ausgeurteilten Zinsen. Diese Ansprüche beruhen auf §§ 3, 4 EFzG, da der Kläger in diesem Zeitraum unstreitig arbeitsunfähig erkrankt war und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, wie oben festgestellt, über diesen Zeitraum hinaus fortbestand.

Die insofern für die Monate April und Mai 2018 ausgeurteilten Zinsansprüche beruhen auf §§ 614, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

9.

Darüber hinaus hat der Kläger einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung eines Teils eines 13. Monatseinkommens in Höhe von 55 % des ihm seit dem 01.04.2018 zustehenden Bruttomonatslohns von 7.066,64 EUR brutto in Höhe der ausgeurteilten 3.886,65 EUR brutto. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Anwendbarkeit des Tarifvertrages über die Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens in der Metallindustrie NW, der wie ausgeführt, auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung findet. Da der entsprechende Zahlungsanspruch im November 2018 fällig war, beruht der ausgeurteilte Zinsanspruch auf §§ 614, 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

10.

Darüber hinaus hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung weiterer 4.274,93 EUR brutto nebst den ausgeurteilten Zinsen als zusätzliches Urlaubsgeld nach § 14 Abs. 1 S. 2 MTV Metall NW. Insofern hat der Kläger nach seinen schlüssigen Berechnungen einen Anspruch in Höhe von 72 % von 7066,64 EUR brutto abzüglich im März gezahlter 813,05 EUR brutto, so dass sich der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 4.274,93 EUR brutto ergibt.

Auch insoweit beruht der ausgeurteilte Zinsanspruch auf §§ 614, 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 BGB.

III.

Die Beklagte hat als unterlegene Partei des Rechtsstreits nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Auch sofern der Kläger Klageanträge zurückgenommen und durch andere Zahlungsanträge ausgetauscht hat, übersteigen die Kosten, die hieraus resultieren, nicht die Erheblichkeitsschwelle bzw. übersteigen die Zahlungsanträge sogar die ursprünglichen Anträge. Darüber hinaus hat der Kläger diese Kosten nicht verursacht, so dass die Kammer davon absah, diesem einen Teil der Kosten aufzuerlegen.

Das Gericht hat den Streitwert nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO, 42 Abs. 3 GKG auf der Grundlage des insgesamt 5-fachen Bruttomonatslohns des Klägers, wobei von dem zuletzt bezogenen Bruttomonatslohn von 7.066,64 EUR auszugehen war, zzgl. der zuletzt gestellten bezifferten Zahlungsanträge festgesetzt. Insofern entfielen drei Bruttogehälter des Klägers auf den Kündigungsschutzantrag und jeweils eines auf den Weiterbeschäftigungs- und den Zeugniserteilungsantrag. Die Streitwertfestsetzung erfolgte nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil.

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