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Darlegungslast bei krankheitsbedingter Kündigung – negative Gesundheitsprognose

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 26 Sa 1200/19 – Urteil vom 16.01.2020

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.04.2019 – 30 Ca 12228/18 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung.

Die 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit November 2008 als Luftsicherheitsassistentin beschäftigt. Sie ist ledig und keiner Person zum Unterhalt verpflichtet. Die Beklagte gehört zu der S.-Gruppe, die in Deutschland unterschiedliche Sicherheitsleistungen erbringt. Sie übt Dienstleistungen im Bereich der Luftsicherheit an verschiedenen Flughäfen in Deutschland aus. Die Tätigkeit der Klägerin erfordert ständige Konzentration. Es besteht eine hohe Verantwortung für Personen und Sachwerte bei dauerndem Publikumsverkehr. Die Arbeitsaufgaben werden im Schichtdienst ausgeübt.

Die Klägerin war im Jahr 2015 an 53, im Jahr 2016 an 38, im Jahr 2017 an 61 und im Jahr 2018 bis zu Ausspruch der Kündigung an 31 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Wegen der einzelnen Ausfallzeiten wird auf die Aufstellung in der Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 9. Januar 2019 Bezug genommen. Betrachtet man die konkreten Jahre vor Ausspruch der Kündigung, also nicht die Kalenderjahre, ergeben sich für die Zeit vom 30. August 2015 bis zum 29. August 2016 38, für die Zeit vom 30. August 2016 bis zum 29. August 2017 43 und für die Zeit vom 30. August 2017 bis zum 29. August 2018 58 Entgeltfortzahlungstage. Teilt man das letzte Jahr vor Ausspruch der Kündigung in zwei Hälften ergeben sich für die erste Hälfte 36 und für die zweite Hälfte 22 Entgeltfortzahlungstage. Danach war die Klägerin bis Ende 2018 noch an fünf Tagen krank. Wegen der in diesem Zusammenhang angefallenen Entgeltfortzahlungsbeträge wird Bezug genommen auf Seite 5 des Schriftsatzes der Beklagten vom 9. Januar 2019. Im Betrieb der Beklagten existiert eine Konzernbetriebsvereinbarung über die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (im Folgenden: bEM). Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage B 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 23. April 2019. Nachdem die Klägerin sich zur Durchführung eines bEM bereit erklärt hatte, wurde am 31. Mai 2018 ein Erstgespräch durchgeführt. Darin erklärte die Klägerin, dass sie auf Medikamente habe eingestellt werden müssen, die sie zT nicht vertragen habe und welche Nebenwirkungen in Form von Migräne, Kontaktlinsenunverträglichkeit, Blutsturz sowie Depressionen verursacht hätten. Nun scheine es stabil zu werden. Den Grund der Medikamenteneinnahme legte die Klägerin nicht offen. Der stellvertretende Stationsleiter fragte die Klägerin, ob es betriebliche Indikationen gebe, die ihren Zustand verschlimmerten oder nachteilig beeinträchtigten. Die Klägerin erklärte, dass es „in der Form“ keine betrieblichen Indikationen gebe. Sie könne allerdings Präventionsmaßnahmen wahrnehmen, wenn sie einschichtig arbeiten würde. Diese Maßnahmen seien ihr durch ihre Ärztin empfohlen worden, um ihr Krankheitsbild zu verbessern. Sie fänden zweimal wöchentlich nachmittags statt. Der stellvertretende Stationsleiter erklärte daraufhin, es würden vorerst keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Er könne nicht abschätzen, was von der Klägerin genau zur Unterstützung benötigt werde, solange er nicht wisse, worum es sich bei der Krankheit handele und die Klägerin nichts belegen wolle. Bei entsprechendem ärztlichem Nachweis solle die Klägerin unterstützt werden.

Mit Schreiben vom 27. August 2018 hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat an. Im Rahmen der Anhörung begründet die Beklagte Ablaufstörungen ua. mit sechs Dienstabbrüchen. Unter den Parteien ist streitig, ob es zu solchen Abbrüchen gekommen ist. Wegen des weiteren Inhalts der Anhörung wird auf die Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 9. Januar 2019 Bezug genommen. Der Betriebsrat gab am 30. August 2018 eine Stellungnahme dahingehend ab, dass er sich nicht weiter äußern wolle. Die Erklärung sei abschließend.

Mit Schreiben vom 30. August 2018, welches der Klägerin am 4. September 2018 zugegangen ist, kündigte die Beklagte der Klägerin ordentlich zum 31. Dezember 2018.

Die Klägerin hat behauptet, die erhöhte Infektionsanfälligkeit seit 2014 sei auf ihre Wechseljahre zurückzuführen gewesen. Ihr Immunsystem habe sich inzwischen an den geänderten Hormonhaushalt angepasst. Das habe zu einer deutlichen Reduzierung der Infekte geführt. Die Medikamentation habe die übrigen Erkrankungen zur Folge gehabt. Es habe erst eine Einstellung erfolgen müssen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe kein ordnungsgemäßes bEM durchgeführt. So habe das Einladungsschreiben keine Hinweise darauf enthalten, dass das Arbeitsverhältnis gefährdet sei, wenn im Rahmen der Eingliederungsmaßnahmen keine Möglichkeit gefunden werde, die krankheitsbedingten Ausfallzeiten zu reduzieren. Auch hätte bereits vor 2018 ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werden müssen. Es sei auch nicht geprüft worden, ob sie alternativ auf leidensgerechten Arbeitsplätzen hätte eingesetzt werden können. Das Anschreiben vom 23. Mai 2018 entspreche nicht den Anforderungen. Dem Anschreiben seien keine der Datenschutz-Grundverordnung entsprechenden Hinweise zu entnehmen. Auch ein Hinweis auf eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses fehle. Zudem habe die Beklagte den Betriebsrat nicht korrekt unterrichtet. Sie habe gegenüber dem Betriebsrat angebliche Dienstabbrüche und Verspätungen unzutreffend wiedergegeben. Am 16. September 2017, 9. September 2017 und 26. Juni 2018 habe sie ihren Dienst ordnungsgemäß bis zum Ende durchgeführt. Am 2. Mai 2017 habe sie Urlaub gehabt. Am 2. November 2017 und am 5. Juni 2018 sei sie arbeitsunfähig krank gewesen, sodass kein Dienstabbruch möglich gewesen sei.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 30. August 2018, zugegangen am 4. September 2018, nicht aufgelöst worden sei.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die angefallenen Fehlzeiten rechtfertigten eine negative Krankheitsprognose. Auch habe sie erhebliche Entgeltfortzahlungskosten aufzubringen gehabt. Zudem sei es zu deutlichen Ablaufstörungen wegen kurzfristiger Ausfälle gekommen. Die Klägerin habe in den Jahren 2016 bis 2018 an sechs Tagen ihren Dienst abgebrochen. Die Hinweise im Zusammenhang mit der Durchführung eines bEM seien ausreichend gewesen. Es seien nur Daten zu erheben, die ein zielführendes bEM ermöglichen könnten. Den Anforderungen der durch die Klägerin zitierten BAG-Entscheidung sei nicht nachgekommen worden, da entsprechende Angaben bei ihr nicht erfasst würden. Auch sei das bEM-Gespräch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Es habe zu dem Ergebnis geführt, dass keine betrieblichen Indikationen für die Arbeitsunfähigkeit erkennbar seien. Wie die seitens der Klägerin vorgeschlagene Veränderung der Arbeitszeiten sich hätte positiv auswirken können, sei nicht erkennbar gewesen, da die Klägerin schon im Rahmen des bisherigen Schichtdienstes private Präventionsmaßnahmen hätte durchführen können. Die Klägerin habe nur darauf hingewiesen, dass sie bei regulierter Arbeitszeit zweimal wöchentlich eine Präventionsmaßnahme in Anspruch nehmen könne, was unter den Parteien nicht streitig ist. Es sei nicht klar gewesen, was die Klägerin unter „regulierter Arbeitszeit“ verstanden habe. Das bEM wäre daher nutzlos gewesen. Außerdem hätte es auch gar keine anderweitigen Einsatzmöglichkeiten gegeben.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und das damit begründet, dass die Kündigung unverhältnismäßig gewesen sei, da die Beklagte kein ordnungsgemäßes bEM durchgeführt habe. Dazu hätte die Beklagte die Klägerin zuvor auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der dabei erhobenen Daten hinweisen müssen. Das Erstgespräch habe weder den Vorgaben des § 167 SGB IX noch den Vorgaben der Konzernbetriebsvereinbarung entsprochen. Es sei nicht auszuschließen, dass bei Durchführung eines ordnungsgemäßen bEM Rehabilitationsbedarfe in der Person der Klägerin hätten erkannt und durch entsprechende Maßnahmen Fehlzeiten reduziert werden können. Das Gespräch sei viel zu spät durchgeführt worden. Auch darin sei ein ernsthafter Klärungsprozess nicht zu erkennen. Um sich frei entscheiden zu können, ob sie sich öffne, hätte ihr die Konsequenz vor Augen geführt werden müssen, nämlich dass es um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes gehe. Stattdessen sei der Klärungsprozess auf betriebliche Indikatoren verengt worden, obwohl die Klägerin Auskunft über die durch Tabletten verursachten Beschwerden gegeben und präventive Maßnahmen angesprochen habe. Die Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass ein ordnungsgemäß durchgeführtes bEM offensichtlich nutzlos gewesen wäre. Es wären jedenfalls Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Betracht gekommen. Ggf. hätte der Klägerin eine angemessene Frist zur Inanspruchnahme gesetzt werden müssen. Zudem habe jedenfalls zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht von zunehmenden Krankheitszeiten ausgegangen werden können. So habe die Klägerin in dem Erstgespräch von der neuen Einstellung auf die Medikamente berichtet und dass es jetzt stabil zu werden scheine. Außerdem habe die Beklagte in den Vorjahren aufgrund der Nichtdurchführung des vorgesehene bEM eine Chance für einen gesundheitlichen Klärungsprozess nicht ermöglicht. Die Kündigung sei zudem ausgesprochen worden, obwohl im Kalenderjahr 2018 weder vor noch nach dem „bEM“ sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hätten und eine rückläufige Tendenz der Fehlzeiten erkennbar gewesen sei.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 21. Mai 2019 zugestellte Urteil am 21. Juni 2019 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 7. August 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Zur Begründung wiederholt die Beklagte im Wesentlichen unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere sei das bEM ordnungsgemäß durchgeführt worden. Grund seien gehäufte und erhebliche Zeiträume krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gewesen. Die Klägerin habe am 31. Mai 2018 gerade nur erklärt, dass sie Medikamente einnehmen müsse, die sie nicht vertrage, die daher häufiger hätten angepasst werden müssen und die zu Nebenwirkungen wie Migräne, Depressionen, Kontaktlinsenunverträglichkeit etc. geführt hätten. Sie habe die Ursache aber nicht nennen wollen. Sie habe nur gesagt, dass regulierte Arbeitszeiten helfen könnten. Es sei sodann zunächst beschlossen worden, keine weiteren Maßnahmen einzuleiten. Daher sei das bEM nach dem Erstgespräch am 31. Mai 2018 beendet gewesen. Angesichts des erstinstanzlichen Vortrags der Klägerin sei nun der Grund näher bekannt. Da die Klägerin ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen sei, sei der Vortrag mit Nichtwissen bestritten worden. Da die Klägerin nicht konkreter geworden sei, hätte keine Maßnahme eingeleitet werden können, deren Zweckmäßigkeit hinreichend gesichert war. Auch sei eine objektive Überprüfung nicht möglich gewesen. Die Durchführung des bEM wäre zudem objektiv nutzlos gewesen, da weder arbeitsorganisatorische noch medizinische Maßnahmen zu einer Verringerung der Fehlzeiten hätten führen können. Alle Tätigkeiten im Bereich des Luftsicherheitsdienstes gestalteten sich im Wesentlichen gleich. Die Tätigkeiten seien zwangsläufig im Gehen und Stehen durchzuführen. Von anderen Arbeitsplätzen, die teilweise im Sitzen durchgeführt werden könnten, sei keiner frei. Voraussetzung sei eine Inklusionsvereinbarung. Für eine Bürotätigkeit fehle der Klägerin die Qualifikation, was diese nicht bestreitet. Angesichts der erheblichen Ausfallzeiten der Klägerin seit 2014 sei die Betriebszugehörigkeit von untergeordneter Bedeutung. Es sei seit 2016 zu sechs Arbeitsabbrüchen gekommen, was schwer aufzufangen gewesen sei. Außerdem hätten die überwiegenden Kurzerkrankungen einen erheblichen Organisationsaufwand verursacht. Dass früher kein bEM durchgeführt worden sei, könne der Klägerin nicht zum Erfolg gereichen. Die Entgeltfortzahlungsbeträge seien erheblich gewesen.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Fehlzeiten der Klägerin in den von ihr angegebenen Zeiträumen auf Virusinfektionen bzw. Atemwegserkrankungen zurückzuführen gewesen seien. Die pauschale Behauptung der Klägerin, dass die Krankheiten folgenlos ausgeheilt seien, stelle keinen substantiierten Vortrag dar. Ob ein chronisches Grundleiden hierfür verantwortlich sei, könne sie nicht beurteilen. Aber aus der Gesamtheit des Krankheitsbildes ergebe sich eine persönliche konstitutionelle Schwäche. Auch den Vortrag der Klägerin zu Magen- und Darmerkrankungen bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen. Es spreche viel für ein chronisches Grundleiden. Soweit sie die Klägerin auf Kopfschmerzen und Migräne berufe, trage sie selbst nicht vor, dass diese ausgeheilt seien. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich auch nicht, dass die für die übrigen Fehlzeiten angeführten Gründe nicht prognosefähig seien. Jedenfalls sei es nicht ausreichend, wenn die Klägerin alle Erkrankungen pauschal auf die Wechseljahre zurückführe. Zudem fehle es an einer Schweigepflichtentbindung. Im Rahmen des Gesprächs am 31. Mai 2018 habe die Klägerin auch gerade nicht mitgeteilt, dass sie seit anderthalb Jahren eine hormonelle Therapie durchführe, um die Nebenwirkungen der Wechseljahre zu reduzieren. Auch habe sie keine Angaben zu den Präventionsmaßnahmen gemacht. Sportkurse würden zudem zu jeder Tageszeit angeboten. Die Interessenabwägung müsse angesichts der kurzen Beschäftigungszeit und der übrigen Sozialdaten einerseits und der hohen Belastung andererseits klar zu ihren Gunsten ausgehen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. April 2019 – 30 Ca 12228/18 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auch sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Es fehle allerdings entgegen der Feststellung des Arbeitsgerichts bereits an einer negativen Prognose. Bei den Wechseljahren handele es sich nicht um eine Krankheit, sondern um eine zeitlich begrenzte hormonelle Umstellungsphase, bis der Körper sich auf den veränderten Hormonspiegel eingestellt habe. Die aufgetretenen Beschwerden seien nicht unüblich. Die Erkrankungen (veränderte Stimmungslagen, depressive Stimmungen, Schwierigkeiten beim Tragen von Kontaktlinsen, Erbrechen, Menstruationsschmerzen, Müdigkeit, Bindehautentzündung und Hautausschlag) seien auf den veränderten Hormonhaushalt und später auf die Nebenwirkungen der Medikamente zurückzuführen gewesen. Die Nebenwirkungen hätten erst nachgelassen, als sie im April 2018 das Hormonpräparat abgesetzt habe. Ihr sei zudem autogenes Training und Aquagymnastik empfohlen worden. Am 31. Mai 2018 habe sie über eineinhalb Jahre ihre hormonelle Therapie durchgeführt gehabt, um die Auswirkungen der Wechseljahre zu reduzieren. Das habe sie in dem Gespräch auch mitgeteilt. Dabei habe sie darauf hingewiesen, dass sie nunmehr stabil sei und nicht von weiteren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis auszugehen sei. Sie habe auch auf die Möglichkeit hingewiesen, Präventionsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Diese hätten wöchentlich nachmittags besucht werden müssen. Im Rahmen des Schichtdienstes sei eine Teilnahme nicht möglich gewesen. Deshalb habe sie in dem Gespräch darum gebeten, etwa drei Monate nur in Frühschicht tätig werden zu dürfen. Als sie ihre Grunderkrankung nicht habe angeben wollen, habe man ihr dann gesagt, dass sie dann ihren Gesundheitszustand selbst in den Griff bekommen müsse. Die Kündigung sei aber auf jeden Fall unverhältnismäßig gewesen, da es keinen Hinweis darauf gegeben habe, dass es um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegangen sei. Deshalb habe sie nicht abwägen können, ob ihr die Nichtangabe der Wechseljahre als Grundursache bei einem Risiko des Arbeitsplatzverlustes so wichtig gewesen wäre. Sie habe zudem ab Sommer 2018 eigene Präventionsmaßnahmen vorgenommen durch Umstellung der Ernährung, Sport und autogenes Training, was die Beklagte nicht bestreitet. Die Beklagte habe ihr die Unterstützungsmaßnahmen nicht versagen dürfen. Entsprechend ihrer Angaben vom 31. Mai 2018 habe sich ihr Gesundheitszustand dann auch deutlich verbessert. Die Klägerin hat die behandelnden Ärztinnen von der Schweigepflicht entbunden.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 6. August, 30. September, 18. Oktober und 9. Dezember 2019 sowie auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 16. Januar 2020.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung ist aber unbegründet, da die Klage begründet ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 30. August 2018 nicht aufgelöst worden. Die Kündigung ist nicht sozial gerechtfertigt. Ob auch die Betriebsratsanhörung unwirksam ist, konnte die Kammer offenlassen.

1) Auszugehen ist von den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zur Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen entwickelt hat (vgl. zB. BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08; Rn. 15; 1. März 2007 – 2 AZR 217/06, Rn. 15). Auch wenn sich einzelne Krankheitsphasen über mehrere Wochen erstreckten, liegt nicht der Tatbestand einer lang anhaltenden Erkrankung vor.

2) Die Wirksamkeit einer auf häufige Kurzerkrankungen gestützten ordentlichen Kündigung setzt zunächst eine negative Gesundheitsprognose voraus. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung sprechen (erste Stufe). Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer solchen Beeinträchtigung führen (zweite Stufe). Ist dies der Fall, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen (dritte Stufe) (vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18, Rn. 19).

3) Treten während der letzten Jahre jährlich mehrere (Kurz-)Erkrankungen auf, spricht dies für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes, es sei denn, die Krankheiten sind ausgeheilt (vgl. BAG 1. März 2007 – 2 AZR 217/06, Rn. 17; 10. November 2005 – 2 AZR 44/05, Rn. 20).

a) Der Arbeitgeber darf sich deshalb auf der ersten Prüfungsstufe zunächst darauf beschränken, die Fehlzeiten der Vergangenheit darzustellen und zu behaupten, in Zukunft seien Krankheitszeiten in entsprechendem Umfang zu erwarten (vgl. BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05, Rn. 24; 17. Juni 1999 – 2 AZR 639/98, zu II 2 b aa der Gründe mwN). Alsdann ist es Sache des Arbeitnehmers, gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darzulegen, weshalb im Kündigungszeitpunkt mit einer baldigen Genesung zu rechnen war. Er genügt dieser prozessualen Mitwirkungspflicht schon dann, wenn er vorträgt, die behandelnden Ärzte hätten seine gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt, und wenn er diese von ihrer Schweigepflicht entbindet. Je nach Erheblichkeit des Vortrags ist es dann Sache des Arbeitgebers, den Beweis für die Berechtigung einer negativen Gesundheitsprognose zu führen (vgl. BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05, aaO mwN).

b) Vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls ist für die Erstellung der Gesundheitsprognose ein Referenzzeitraum von drei Jahren maßgeblich (vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18, Rn. 23; 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13, Rn. 32). Der Streitfall gibt keine Veranlassung, über den bis zum 30. August 2015 zurückreichenden „Regelreferenzzeitraum“ hinauszugehen.

4) Die Beklagte hat die Voraussetzungen für eine negative Prognose nicht nachgewiesen. Es ist bereits zweifelhaft, ob die seitens der Beklagten vorgelegten Krankheitszeiten eine Negativprognose zulassen. Jedenfalls wäre es angesichts der Erheblichkeit des Vortrags der Klägerin Sache der Beklagten gewesen, den Beweis für die Berechtigung einer negativen Gesundheitsprognose zu führen (vgl. BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05, aaO mwN). Dazu hätten ihr die seitens der Klägerin benannten Ärztinnen oder ein Sachverständigengutachten zur Verfügung gestanden. Die Beklagte hat insoweit Beweis nicht angetreten.

a) Die Entwicklung der Fehlzeiten – bezogen auf den Kündigungszeitpunkt – indiziert bereits keine negative Prognose. Die Arbeitsunfähigkeitszeiten waren im Halbjahr vor Ausspruch der Kündigung deutlich rückläufig, was einer Indizwirkung entgegensteht.

aa) Einer negativen Prognose steht allerdings nicht entgegen, dass die Arbeitsunfähigkeitszeiten auf unterschiedlichen Erkrankungen beruhten. Selbst wenn die Krankheitsursachen verschieden sind, können sie doch auf eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit hindeuten, die prognostisch andauert (vgl. BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05, Rn. 26). Das gilt auch dann, wenn einzelne Erkrankungen – etwa Erkältungen – ausgeheilt sind. Der Wegfall einzelner Erkrankungen stellt die generelle Anfälligkeit nicht infrage. Anders verhält es sich mit Fehlzeiten, die auf einem einmaligen Ereignis beruhen. Sie lassen eine Prognose für die zukünftige Entwicklung ebenso wenig zu wie Erkrankungen, gegen die erfolgreich besondere Therapiemaßnahmen (zB eine Operation) ergriffen wurden (vgl. BAG 10. November 2005 – 2 AZR 44/05, aaO).

bb) Die Beklagte hat die Krankheitszeiten der Klägerin nach Zahl, Dauer und zeitlicher Folge mit Schriftsatz vom 9. Januar 2019 im Einzelnen unter Bezugnahme auf die Anlage B1 vorgetragen. Danach war die Klägerin in den Jahren vor Ausspruch der Kündigung in nicht unerheblichem Umfang wegen Krankheit arbeitsunfähig. Ihre Fehlzeiten stiegen bis Ende 2017 an (vgl. zu diesem Kriterium BAG 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13, Rn. 32 mwN). Im Jahr 2018 waren sie dann aber rückläufig. Anhaltspunkte dafür, dass die Ausfallzeiten künftig wieder ansteigen könnten, hat die Beklagte nicht dargelegt. Tatsächlich sanken die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin im letzten Halbjahr vor Ausspruch der Kündigung deutlich. Die fallende Tendenz der krankheitsbedingten Fehlzeiten wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin nach Zugang der Kündigung noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bis auf wenige Tage durchgehend arbeitsfähig war. Dies ist zwar nicht entscheidend. Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung kommt es auf den Zeitpunkt ihres Zugangs an. Es ist aber – insbesondere, wenn dem Kündigungsgrund ein prognostisches Element innewohnt – nicht unzulässig, die spätere Entwicklung in den Blick zu nehmen, soweit sie – wie hier – die Prognose bestätigt (vgl. BAG 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13, Rn. 32; 13. Mai 2004 – 2 AZR 36/04, zu III der Gründe; vgl. für den Fall der betriebsbedingten Kündigung BAG 27. November 2003 – 2 AZR 48/03, zu B I 1 a der Gründe).

b) Im Übrigen hätte die Klägerin eine Indizwirkung der Fehlzeiten auch erschüttert, und zwar nicht nur dadurch, dass sie sich auf das Zeugnis sämtlicher sie im maßgeblichen Zeitraum behandelnden Ärztinnen berufen und diese von der Schweigepflicht entbunden hat. Sie hat die Ursachenzusammenhänge auch selbst konkret und gut nachvollziehbar aufgezeigt.

aa) Dem Vortrag der Klägerin kann allerdings zunächst die Behauptung entnommen werden, die Ärztinnen hätten bezüglich sämtlicher prognosetragender Erkrankungen im Kündigungszeitpunkt ihre gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt. Die Frauenärztin soll nämlich die Wechseljahre als Ursache für die gesundheitlichen Probleme festgestellt haben. Außerdem soll sie auch die Medikamentation umgestellt und ihr zu anderen Maßnahmen zur Stärkung des Immunsystems geraten haben.

Zur Klärung, ob durch diese Art des Bestreitens die sich möglicherweise aus dem schlüssigen Vortrag des Arbeitgebers zur negativen Prognose ergebende Indizwirkung erschüttert werden kann, ist es – wenn kein sonstiger Vortrag vorliegt – regelmäßig erforderlich, die behandelnde Ärztin als sachverständige Zeugin (§ 414 ZPO) zu vernehmen, oder von ihm nach § 377 Abs. 3 und 4 ZPO eine schriftliche Zeugenaussage einzuholen. Nur so wird zu klären sein, ob ernsthaft die Möglichkeit eines von der bisherigen Entwicklung abweichenden anderen Geschehensablaufes (geringere Krankheitsanfälligkeit) zu erwägen ist (vgl. BAG 13. Juni 1990 – 2 AZR 527/89, Rn. 24).

bb) Anders ist es, wenn die Klägerin es – wie hier – nicht dabei bewenden lässt, sondern nachvollziehbar die Hintergründe der Erkrankungen darstellt. In diesem Fall ist nur dann eine Erläuterung durch Ärzte erforderlich, wenn die Indizwirkung nicht bereits durch die nachvollziehbare Darstellung der Klägerin widerlegt ist. Das war hier der Fall.

(1) Trägt die Arbeitnehmerin bereits selbst konkrete Umstände für ihre Beschwerden und deren Ausheilung oder Abklingen vor, so müssen diese geeignet sein, die Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten zu erschüttern; sie muss jedoch nicht den Gegenbeweis führen, dass nicht mit weiteren häufigen Erkrankungen zu rechnen sei (vgl. BAG 13. Juni 1990 – 2 AZR 527/89, Rn. 25). Fehlt dem Gericht die erforderliche Fachkunde für die in diesem Zusammenhang zu prüfenden medizinischen Fragen, so hat es das Gutachten eines Arbeitsmediziners einzuholen, ob aufgrund der vorliegenden Tatsachen bei der Klägerin die ernste Besorgnis weiterer Erkrankungen gerechtfertigt ist, ggf. auch auf eine Benennung der behandelnden Ärzte hinzuwirken und diese als sachverständige Zeugen zu vernehmen (vgl. BAG 29. Juli 1993 – 2 AZR 155/93 – AP Nr. 27 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit = NZA 1994, 67 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 40, Rn. 16, 27).

(2) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze wäre eine Indizwirkung bereits aufgrund der Darstellung der Klägerin erschüttert. Die Einvernahme sachverständiger Zeugen oder behandelnder Ärzte wäre nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin hat die Zusammenhänge aus ihrer Sicht und in sich schlüssig dargestellt. Danach waren die Wechseljahre für Hormonschwankungen bei der Klägerin ursächlich. Dass es in den Wechseljahren zu einer Hormonumstellung kommt ist unter den Parteien nicht streitig. Die Hormonschwankungen haben nach der Darstellung durch die Klägerin zu den geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, was nachvollziehbar ist. Insoweit bestreitet die Beklagte auch nicht, dass die Klägerin zur Behandlung Medikamente verschrieben bekommen hat. Sie beschränkt sich darauf, einzelne Erkrankungen mit Nichtwissen zu bestreiten. Die Klägerin hat ihrerseits nachvollziehbar belegt, dass die Medikamente mit konkreten Nebenwirkungen verbunden gewesen sind. Das hat sie durch Vorlage der Beipackzettel belegt. Damit hat sie auch die Zusammenhänge nachvollziehbar belegt. Im Übrigen lässt auch die weitere Entwicklung die Erläuterungen der Klägerin als nachvollziehbar erscheinen, wonach für die Arbeitsunfähigkeitszeiten eine Grundursache existiert hat, nämlich die Wechseljahre, und die Medikamentation zu zusätzlichen Problemen geführt habe. Nachdem die Medikamentation verändert war, ließen die Erkrankungen im Jahr 2018 nach. Auch das bestreitet die Beklagte nicht. Nachzuvollziehen ist auch, dass diese Entwicklung zudem durch eine im Jahr 2018 veränderte Lebensweise der Klägerin positiv beeinflusst worden ist. Insoweit trägt die Klägerin vor, dass sie die Essgewohnheiten umgestellt und zahlreiche weitere gesundheitsfördernde Maßnahmen durchgeführt habe, was als solches unter den Parteien ebenfalls unstreitig ist. Die Argumentation der Klägerin ist insgesamt gut nachvollziehbar und durchaus stimmig. Bei den seitens der Klägerin dargestellten Beschwerden handelt es sich um typische Beschwerden im Rahmen der Hormonumstellung. Bei den Wechseljahren handelt es sich um ein vorübergehendes Phänomen. Auch das ist nicht streitig.

c) Alsdann wäre es Sache der Beklagten gewesen, den Beweis – regelmäßig durch Sachverständigengutachten – für das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose zu führen (vgl. BAG 19. Mai 1993 – 2 AZR 598/92, Rn. 21). Insoweit hat die Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich Beweis angetreten.

5) Im Ergebnis kann danach auch nicht von den seitens der Beklagten befürchteten künftigen Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen ausgegangen werden. Die Entwicklung sprach – bezogen auf die Sichtweise zum Zeitpunkt der Kündigung – eher dafür, dass die Beklagte künftig nicht mehr mit erheblichen Entgeltfortzahlungskosten hätte rechnen müssen. Zu diesem Zeitpunkt sprach vielmehr viel dafür, dass auch der Umfang der Kurzerkrankungen rückläufig sein werde, verbunden mit einer Verringerung der betrieblichen Beeinträchtigungen. Soweit sich die Beklagte zudem insoweit auf sechs Arbeitsabbrüche berufen hatte, ist die Klägerin dem im Schriftsatz vom 21. März 2019 substanziiert entgegengetreten. Sie habe am 16. September 2017, 9. September 2017 und 26. Juni 2018 ihren Dienst ordnungsgemäß durchgeführt. Am 2. Mai 2017 habe sie Urlaub gehabt. Am 2. November 2017 und am 5. Juni 2018 sei sie arbeitsunfähig krank gewesen, sodass kein Dienstabbruch in Betracht gekommen sei. Dazu hat die Beklagte erstinstanzlich nicht Stellung genommen. Auch in der Berufungsinstanz hat sie auf diesen Vortrag nicht erwidert, sondern nur ihren erstinstanzlichen Vortrag zu den Dienstabbrüchen wiederholt.

6) Das Arbeitsgericht hat im Übrigen zutreffend auf Bedenken hinsichtlich der Interessenabwägung der Beklagten hingewiesen. Die Beklagte führt insoweit allerdings zunächst zutreffend aus, dass die Betriebszugehörigkeit der Klägerin noch nicht besonders ins Gewicht fallen konnte. Für erhöhte soziale Schutzbedürftigkeit spricht bei der Klägerin allein das Lebensalter. Die Kammer folgt aber der Argumentation des Arbeitsgerichts, wonach es unverhältnismäßig gewesen ist, der Klägerin zu kündigen, ohne ihr zuvor nochmals die Möglichkeit zu geben, vor diesem Hintergrund Aussagen zu ihrer Grundproblematik offenzulegen. Jedenfalls wäre es nicht auszuschließen gewesen, dass die Beklagte dann angesichts der sich ohnehin positiv entwickelnden Ausfallzeiten zunächst die weitere Entwicklung abgewartet hätte, ohne schon eine Kündigung auszusprechen. Hierfür hätte auch gesprochen, dass die Beklagte über einen recht langen Zeitraum ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen war, ein ordnungsgemäßes bEM durchzuführen, und der Klägerin dadurch auch die Möglichkeit genommen hat, sich aufgrund entsprechender Ansprache zu öffnen. Das Arbeitsgericht hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass auch bei häufigen Kurzerkrankungen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Betracht kommen und unter Bezugnahme auf die dazu ergangene Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08, Rn. 29; 20. November 2014 – 2 AZR 755/13, Rn. 47 ff.) richtig ausgeführt, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation neben ärztlicher Behandlung auch zur Entwicklung eigener Heilkräfte in Betracht kommen, was bei einer Krankheitsanfälligkeit, wie sie bei häufigen Kurzerkrankungen oft angenommen wird, nahe liegt. Der Arbeitgeber ist im Übrigen verpflichtet, der Arbeitnehmerin eine angemessene Frist zur Inanspruchnahme der Leistung zu setzen. Eine Kündigung kann nur ausgesprochen werden, wenn die Frist trotz Kündigungsandrohung ergebnislos verstrichen ist. Die Klägerin hatte selbst auf vom Arzt angeregte Maßnahmen hingewiesen. Zudem hätte die Möglichkeit bestanden, der Klägerin ihre offensichtliche Scheu, sich dem Gremium am 31. Mai 2018 zu öffnen, dadurch zu nehmen, dass man ihr den möglichen Weg zur Betriebsärztin aufgezeigt hätte. Diese wäre zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen. Darüber hinaus hätte jedenfalls auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die rückläufige Tendenz der Fehlzeiten berücksichtigt werden müssen. Auch darauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

7) Ob auch die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß gewesen ist, konnte danach dahinstehen. Allerdings hat die Beklagte in der Anhörung gegenüber dem Betriebsrat erklärt, die Klägerin habe an zahlreichen Tagen die Arbeit abgebrochen und damit Betriebsablaufstörungen begründet. Die Klägerin hat die Betriebsratsanhörung deshalb gerügt. Sie hat die Angaben bestritten. Hierauf ist die Beklagte – wie bereits oben festgestellt – nicht eingegangen. Auch in der zweiten Instanz hat sie hierzu nicht Stellung genommen, sondern lediglich ihre erstinstanzliche Behauptung wiederholt. Ob dies ebenfalls geeignet gewesen wäre, die Unwirksamkeit der Kündigung zu begründen, hat die Kammer offengelassen, da die Kündigung bereits aus anderen Gründen das Arbeitsverhältnis nicht beenden konnte.

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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