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Unverfallbarkeit eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Az.: 12 Sa 1897/12, Urteil vom 06.03.2013

I. Auf die Berufung Beklagen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 20.11.2012 – 5 Ca 995/12-3 – teilweise im Zinstenor abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.648,88 Euro brutto abzüglich 131,28 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus 2.538,51 Euro abzüglich 131,28 EUR netto seit dem 01.01.2011 und aus weiteren 110,37 Euro seit dem 03.01.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.324,44 Euro brutto abzüglich 65,64 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus 1.214,07 Euro abzüglich 65,64 EUR seit dem 01.01.2012 und aus weiteren 110,37 Euro seit dem 02.01.2012 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 331,11 Euro brutto abzüglich 16,41 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus jeweils 110,37 Euro abzüglich 5,47 EUR ab dem 01.02.2012, 01.03.2012 und 03.04.2012 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 772,59 Euro brutto abzüglich 40,18 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus jeweils 110,37 Euro abzüglich 5,47 EUR ab dem 02.05.2012, 01.06.2012 und 03.07.2012, 01.08.2012, 03.09.2012, 02.10.2012 und 02.11.2012 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab November 2012 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 110,37 EUR brutto zu zahlen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 77 % und der Beklagten zu 23 % auferlegt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Unverfallbarkeit eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente
Symbolfoto: Kasia Bialasiewicz/Bigstock

Die Parteien streiten über die Höhe der Hinterbliebenenversorgung der Klägerin.

Der am 26.02.2007 verstorbene und am 26.06.1946 geborene Ehemann der am 17.09.1944 geborenen Klägerin, Herr G., war vom 01.04.1979 bis zum 30.06.1984 bei der Beklagten zuletzt als Vertriebsleiter Türen beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der Anstellungsvertrag vom 05.12.1980. In diesem hieß es u.a.:

„Das seit 1.4.1974 bestehende Anstellungsverhältnis wird ab 1.1.1981 mit folgenden vertraglichen Abmachungen fortgesetzt:

VII. Altersversorgung

Nach Ablauf einer zehnjährigen Dienstzeit wird Herrn G. für den Fall der Erwerbsunfähigkeit, des Todes oder der Erreichung der Altersgrenze eine Alters- und Hinterbliebenenversorgungszusage in Höhe von 15% der durchschnittlichen Jahresgrundbezüge der letzten 5 Jahre erteilt.

… “

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Anstellungsvertrag Bezug genommen. Unter dem 26.06.1984 erteilte die Beklage Herrn G. ausweislich der Überschrift eine Auskunft über eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung gemäß § 2 Abs. 6 BetrAVG bei Unterstützungskassen über 30,30 DM, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30.06.1984 nach Kündigung durch Herrn G..

Nach dem Tod ihres Ehemanns erhielt die Klägerin von der Beklagten zunächst ein Schreiben vom 02.04.2007, wonach ihr eine Witwenrente von 5,34 Euro zustehe. Im Januar des Jahres 2011 erhielt sie eine Nachzahlung in Höhe 251,89 Euro, die auf ihrem Kontoauszug als „Betriebsrente“ bezeichnet war, und ab Januar 2012 monatlich 5,47 Euro an Rentenleistungen. Mit Schreiben vom 07.10.2011 verlangte sie von der Beklagten eine Neuberechnung der Betriebsrente. Mit E-Mail vom 22.11.2011 teilte ihr die Beklagte eine neue Berechnung – auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird – mit, aus der sich eine monatliche Zahlung von 53,74 Euro ergab. Mit weiterem Schreiben vom 05.12.2011 verlangte die Klägerin eine höhere Zahlung. Mit Schreiben vom 22.12.2011 lehnte die Beklagte nunmehr jegliche Zahlung unter Hinweis darauf ab, dass die Ansprüche nicht unverfallbar seien.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe eine monatliche Hinterbliebenenrente in Höhe von 401,12 Euro zu. Sie hat dem folgende Berechnung zu Grunde gelegt: Sie ist zunächst von dem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt ihres Ehemanns in den letzten fünf Jahren vor dessen Ausscheiden ausgegangen. Auf der Grundlage der Entgeltmitteilungen berechnete sie ein durchschnittliches Gehalt von monatlich 5.230,13 DM. 15 % hiervon waren 784,52 DM oder 401,12 Euro. Sie hat gemeint, auf die gesetzliche Regelung der Unverfallbarkeit komme es nicht an. Ihr Betriebsrentenanspruch folge unabhängig davon aus der vertraglichen Zusage im Arbeitsvertrag ihres Ehemanns. Auch die Beklagte sei zunächst von einer Unverfallbarkeit ausgegangen, wie das Schreiben vom 26.06.1984 und die Berechnung vom 22.11.2011 belegten. Von einer Unterscheidung zwischen einer arbeitsvertraglichen Zusage und einer Unterstützungskassenzusage sei ihr nichts bekannt.

Soweit die Beklagte sich auf den Einwand der Verjährung berufe, verstoße dies gegen Treu und Glauben.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.451,52 Euro brutto abzüglich 251,89 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.813,44 Euro brutto abzüglich 65,64 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2012 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.203,36 Euro brutto abzüglich 16,41 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 401,12 Euro brutto abzüglich 5,47 Euro netto ab dem 01.02.2012, dem 01.03.2012 und dem 01.04.2012 zu zahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.807,84 Euro brutto abzüglich 40,18 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 401,12 Euro brutto abzüglich 5,47 Euro netto ab dem 01.05.2012, dem 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012 und 01.11.2012 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an sie ab November 2012 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 401,12 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die dem Ehemann gegebene Versorgungszusage sei gemäß § 30f Abs. 1 BetrAVG nicht unverfallbar. Maßgeblich seien die gesetzlichen Regelungen des BetrAVG. Ein Anspruch der Klägerin scheide mithin aus. Es sei auch keine vertragliche Unverfallbarkeit zugesagt, weil Altersversorgungszusagen grundsätzlich so zu lesen seien, dass sie nur unter der Voraussetzung erteilt werden, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls noch in den Diensten des Arbeitgebers stehe. Anhaltspunkte für eine vertragliche Unverfallbarkeit ließen sich der arbeitsvertraglichen Regelung nicht entnehmen. Unabhängig davon begründe Ziffer VII des Arbeitsvertrags keinen Anspruch auf die begehrte Altersversorgung. Geregelt sei nur eine zehnjährige Wartezeit, nach deren Ablauf dem Kläger zugesagt worden sei, ihm eine Altersversorgung zu erteilen. Hierzu hätte es eines weiteren Vertragsabschlusses nach Ablauf der Wartezeit bedurft. Dies habe ihrer damaligen Praxis entsprochen. Entweder habe der Anstellungsvertrag bereits eine entsprechende Anlage enthalten oder aber diese sei nach Erfüllung der Wartezeit ausgehändigt worden. Die Umsetzung sei gegenüber Herrn G. unterblieben, weshalb Ziffer VII des Arbeitsvertrags keinen Anspruch auf Altersversorgung begründe. Der Arbeitsvertrag sei so zu verstehen, dass Herr G. nach Ablauf der Wartezeit eine Zusage entsprechend der allgemeinen verwandten Anlage (im Folgenden Anlage Altersversorgung), welche die Beklagte zur Akte gereicht hat und auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, erhalten sollte. Diese habe er aber wegen seines vorzeitigen Ausscheidens nicht mehr erhalten. Der an die Klägerin ausbezahlte Betrag von 5,47 Euro habe damit nichts zu tun, sondern begründe sich aus einer seit dem Jahre 1981 bestehenden Unterstützungskassenzusage. Nur darauf beziehe sich das Schreiben vom 26.06.1984. Bei den Auskünften sei sie zudem zunächst davon ausgegangen, dass es sich bei der Unterstützungskassenzusage und der Zusage aus dem Arbeitsvertrag nicht um zwei eigenständige Zusagen handele. Die Auskünfte entsprächen deshalb nicht der jetzt vertretenen Rechtsansicht. In jedem Fall sei der begehrte Anspruch zu hoch, weil § 2 BetrAVG anzuwenden sei. Die Witwenversorgung betrage zudem regelmäßig 50 %, wie es sich auch aus der dem Kläger nicht überlassenen Anlage Altersversorgung ergebe.

Sie hat zudem betreffend die Ansprüche vor dem 01.01.2009 die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20.11.2012 teilweise stattgegeben und der Klägerin ab dem Jahr 2009 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 118,45 Euro zugesprochen. Bereits der Arbeitsvertrag gewähre dem Grunde nach einen Anspruch auf die begehrte Hinterbliebenenversorgung, die vertraglich unverfallbar sei. Diese sei aber gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ratierlich zu kürzen. Für eine Kürzung um 50 % fehle eine rechtliche Grundlage. Die Ansprüche für die Jahre 2007 und 2008 seien verjährt. Gegen das der Beklagten am 26.11.2012 und der Klägerin 27.11.2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 13.12.2012 Berufung eingelegt und diese am 25.01.2013 begründet. Die Klägerin hat am 19.12.2012 Berufung eingelegt und diese am Montag, den 28.01.2013 begründet. Die Klägerin hat ihre Berufung im Kammertermin am 06.03.2013 zurückgenommen.

Die Beklagte ist der Ansicht, Ziffer VII des Arbeitsvertrags begründe keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung. Der Wortlaut sei so zu verstehen, dass im Arbeitsvertrag nur festgehalten sei, dass nach Ablauf der Wartezeit die entsprechende Versorgungszusage mit den Eckpunkten aus dem Arbeitsvertrag durch die Anlage Altersversorgung erteilt werde, was nicht erfolgt sei. Die Formulierung „wird erteilt“ sei als zukunftsgerichtete Aussage zu verstehen. Werte man dies anders, handele es sich um eine unvollständige Blankettzusage. Zwar habe Herr G. unstreitig eine Wartezeit von zehn Jahren erreicht. Das Arbeitsgericht habe aber zu Unrecht nicht zwischen Wartezeit und Unverfallbarkeit unterschieden. Eine Regelung zur Unverfallbarkeit fehle. Diese Lücke sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Aus der Anlage Altersversorgung ergebe sich insoweit, dass Anwartschaften überhaupt nicht aufrecht erhalten werden sollen. Dies sei die Regel gewesen, so dass maßgeblich die gesetzlichen Unverfallbarkeitsregeln seien. Anhaltspunkte für eine sofortige vertragliche Unverfallbarkeit, die zudem unüblich sei, bestünden nicht. Gehe eine Versorgungszusage über den gesetzlichen Mindeststandard hinaus, bedürfe es deutlicher Anhaltspunkte. Wie bezüglich § 2 BetrAVG gelte das Gesetz, es sei denn die Parteien hätten etwas anderes vereinbart. Jedenfalls sei die Berechnung des Arbeitsgerichts unrichtig. Es ergebe sich nur eine monatliche Betriebsrente von 110,38 Euro. Aufgrund der allgemeinen Praxis sei eine Kürzung der Hinterbliebenenversorgung um 50 % vorzunehmen. Dies sei auch ihr Wille gewesen, hätte sie die Chance gehabt, Ziffer VII des Arbeitsvertrags durch die Anlage Altersversorgung auszufüllen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal – 5 Ca 995/12 – 3 – abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe ihr jedenfalls die zugesprochene Hinterbliebenenversorgung zu Recht zugesprochen. Die von der Beklagten vorgelegte Anlage Altersversorgung sei für Herrn G. nicht maßgeblich. Es sei keine Gepflogenheit der Beklagten gewesen, derartige Schreiben zu übersenden. Der unverfallbare Anspruch ergebe sich alleine aus dem Arbeitsvertrag. Anhaltspunkte für die Berechtigung einer Kürzung um 50 % seien nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat abgesehen von einer geringfügigen Abänderung des Zinstenors keinen Erfolg.

A. Streitgegenstand, über den die Kammer noch zu befinden hatte, ist die Berufung der Beklagten. Dies bedeutet, dass nur noch die Zahlung einer Betriebsrente in Höhe von monatlich 110,37 Euro brutto für die Zeit ab dem 1.1.2009 bis zum 31.10.2012 als addierte Zahlungsanträge entsprechend der Ziffern eins bis vier des Urteils des Arbeitsgerichts und die laufende Zahlung in dieser Höhe ab November 2012 gemäß dem Zahlungsantrag zu fünf in Höhe von 110,37 Euro brutto streitig sind. Nachdem die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen hat, steht rechtskräftig fest, dass ihr der darüber hinaus begehrte Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung – d.h. der über den Betrag von 110,37 Euro brutto hinausgehende Zahlbetrag für die Zeit ab dem 01.01.2009 und die vollständige Betriebsrente für die Jahre 2007 und 2008 – nicht zusteht. Dies gilt aufgrund der Berufungsrücknahme der Klägerin auch für die Abzugsbeträge zu den Anträgen eins bis vier. Diese hatte die Kammer nicht mehr zu überprüfen. Zwar hat das Arbeitsgericht die noch streitigen Beträge ursprünglich auf der Basis einer monatlichen Betriebsrente von 118,45 Euro brutto zugesprochen. Insoweit hat die Kammer das Urteil des Arbeitsgerichts aber im Kammertermin aufgrund eines offenkundigen Rechenfehlers berichtigt. Das berichtigte Urteil geht nur noch von einer monatlichen Betriebsrente von 110,37 Euro brutto aus, die alleine für die Zeit ab dem 01.01.2009 noch Streitgegenstand ist.

B. Die Berufung der Beklagten ist hinsichtlich der Hauptforderung unbegründet und lediglich hinsichtlich eines geringen Teils im Zinsausspruch begründet.

I. Die Berufung ist betreffend die Hauptforderung unbegründet, weil die Klägerin von der Beklagten für die Zeit ab dem 01.01.2009 die Zahlung einer Betriebsrente von monatlich 110,37 Euro brutto aus der in Ziffer VII des Arbeitsvertrags von Herrn G. enthaltenen Zusage verlangen kann.

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten enthält bereits Ziffer VII des Arbeitsvertrags die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung. Dies ergibt die Auslegung dieser vertraglichen Bestimmung, wie das Arbeitsgericht bereits gut begründet und zutreffend ausgeführt hat.

a) Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch (BAG 02.07.2009 – 3 AZR 501/07, AP Nr. 9 zu § 1b BetrAVG Rn. 19; BAG 18.05.2010 – 3 AZR 373/08, NZA 2010, 935 Rn. 36).

b) Zur Überzeugung der Kammer ist bereits der Wortlaut der konkreten arbeitsvertraglichen Regelung eindeutig. Danach wird Herrn G. eine Versorgungszusage erteilt. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass damit das Präsens verwandt wird, mithin keine Anhaltspunkte für eine nur zukunftsgerichtete Aussage bestehen. Daraus, dass das Passiv genutzt wird, kann nicht geschlossen werden, dass ein weiteres Handeln der Beklagten erforderlich gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelte es sich auch nicht etwa um eine Blankettzusage, die noch in ihren wesentlichen Bestandteilen auszufüllen wäre. Die wesentlichen Bestandteile einer Versorgungszusage enthält Ziffer VII des Arbeitsvertrags, wenn auch denkbar knapp. Die Versorgungsfälle Erwerbsunfähigkeit, Tod oder Erreichung der Altersgrenze werden festgelegt. Zwar wird keine konkrete Altersgrenze genannt. Diese ergibt sich aber aus Ziffer XI 4 des Arbeitsvertrags, wo an das gesetzliche Rentenalter angeknüpft wird. Zusätzlich wird der Ablauf einer zehnjährigen Dienstzeit als Voraussetzung der Versorgung geregelt. Die geschuldete Versorgung wird als Alters- und Hinterbliebenenversorgung definiert und auch der Höhe nach bestimmt. Maßgeblich sollen 15 % der durchschnittlichen Jahresgrundbezüge der letzten 5 Jahre sein. Die Hinterbliebenen werden zwar nicht im Einzelnen angegeben. Dies ist aber unschädlich, weil Hinterbliebener jedenfalls der Ehegatte des verstorbenen Arbeitnehmers oder Betriebsrentners ist. Ob von dem Versorgungsversprechen möglicherweise auch die Kinder des verstorbenen Arbeitnehmers oder Ehegatten erfasst sind, hatte die Kammer nicht zu entscheiden. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Kernbestandteile der Versorgungszusage in Ziffer VII des Arbeitsvertrags enthalten sind. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände, der Interessenlage der Parteien und dem mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck, durfte Herr G. die Vereinbarung in seinem Vertrag als verbindliche Versorgungszusage mit dem genannten Inhalt aus Anlass des Abschlusses des neuen Arbeitsvertrags verstehen. Anhaltspunkte, aus denen sich ihm gegenüber eine andere Praxis der Beklagten, nämlich ein zunächst fehlender Rechtsbindungswille, ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Zwar mag die Beklagte anderen Arbeitnehmern sogleich oder später die Anlage Altersversorgung übergeben haben. Es fehlt jedoch jeder Bezug zu dieser Regelung in Ziffer VII des Arbeitsvertrags. Auch nach Erörterung im Kammertermin hat die Beklagte keine Umstände vorgetragen, aus denen Herr G. diese Praxis hätte bekannt sein müssen. Für seine Zusage war die Anlage Altersversorgung mithin nicht maßgeblich. Aber selbst wenn dies anders wäre, spräche dies nicht gegen eine bereits erteilte verbindliche Zusage. Das Gegenteil ist der Fall, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Anlage Altersversorgung bestätigt ausweislich ihres Eingangssatzes eine Versorgungszusage und begründet diese nicht erst.

Selbst wenn man unterstellte, dass es sich bei der Zusage im Arbeitsvertrag um eine typische Erklärung handelte, änderte sich nichts. Die Auslegung von Ziffer VII des Arbeitsvertrags nach objektivem Inhalt und typischen Sinn führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

2. Die Zusage ist nicht verfallen, sondern jedenfalls unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) vertraglich unverfallbar. Es sprechen nämlich bereits klare und deutliche Anhaltspunkte für eine vertragliche Verfallbarkeit. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten.

a) Zutreffend führt die Beklagte aus, dass die Versorgungszusage nicht kraft Gesetzes unverfallbar ist. Die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvorschriften finden gemäß § 26 BetrAVG Anwendung, weil das Arbeitsverhältnis erst am 30.06.1984, d.h. nach In-Kraft-Treten des BetrAVG am 22.12.1974 (§ 32 Satz 1 BetrAVG) beendet worden ist. Da die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vor dem 01.01.2001 zugesagt worden sind, ist § 1 b BetrAVG nach Maßgabe des § 30f Abs. 1 BetrAVG anzuwenden. Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Versorgungszusage bestand weder zehn Jahre noch drei Jahre bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit.

b) Zumindest in Anwendung der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass die Zusage vertraglich unverfallbar ist und lediglich davon abhängen soll, dass Herr G. eine zehnjährige Dienstzeit absolviert hat. Dabei kann offen bleiben, ob die Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB für nichttypische Vereinbarungen oder objektiv nach den Maßstäben für allgemeine Arbeitsvertragsbedingungen vorzunehmen ist. Nach beiden Auslegungsmaßstäben sprechen klare und deutliche Anhaltspunkte für eine vertragliche Verfallbarkeit. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten.

aa) Zunächst ist davon auszugehen, dass die Frage, ob eine Versorgungszusage vertraglich unverfallbar ausgestaltet ist, von den Umständen des Einzelfalls, nämlich der Ausgestaltung der erteilten Versorgungszusage, abhängt (BAG 30.07.2012 – 3 AZN 1201/12, nv). Es sprechen im konkreten Fall zur Überzeugung der Kammer deutliche Anhaltspunkte für eine vertragliche Unverfallbarkeit. Jedenfalls unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) ist diese Frage angesichts der Ausgestaltung der hier zu beurteilenden Versorgungszusage in Ziffer VII des Arbeitsvertrags zu bejahen.

bb) Die Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) ist anzuwenden. Im Kammertermin hat das Gericht darauf hingewiesen, dass es aufgrund des Vortrags der Beklagten zu ihrer Praxis betreffend die Erteilung von Versorgungszusagen davon ausgeht, dass die Regelung in Ziffer VII des Arbeitsvertrags von ihr aufgesetzt und Herrn G. gestellt wurde. Dies folgt daraus, dass sie selbst vorträgt, bei der Erteilung der Versorgungszusagen schematisch vorgegangen zu sein. Der Annahme, dass die Beklagte jedenfalls die Regelung in Ziffer VII des Arbeitsvertrags als solche gestellt hat, ist keine der Parteien entgegengetreten. Die Beklagte hat im Termin lediglich eingewandt, dass dies angesichts des Umstandes, dass die Zusage aus dem Jahre 1986 herrühre, nicht zur Anwendung der Unklarheitenregel führe. Darauf, ob die Beklagte vergleichbare Regelungen im Arbeitsvertrag mehrfach verwandte – wofür allerdings ihr Sachvortrag spricht – kam es nicht an. Hätte die Beklagte die Regelung in Ziffer VII des Arbeitsvertrags einmalig im Rechtssinne gestellt, läge ein Verbrauchervertrag (§ 310 Abs. 3 BGB) vor. Es bliebe insoweit zwar bei den Auslegungsregeln für nichttypische Verträge entsprechend §§ 133, 157 BGB. Ergänzend ist aber die Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB) anzuwenden (BAG 18.05.2010 – 3 AZR 373/08, NZA 2010, 935 Rn. 37 f.). Bei mehrfacher Verwendung i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB fände diese Vorschrift ohnehin Anwendung. Der Umstand, dass der Arbeitsvertrag bereits im Jahre 1986 abgeschlossen wurde, steht der Anwendung der Unklarheitenregel nicht entgegen. Wer eine Regelung geschaffen hat, muss bei Unklarheiten die ihm ungünstige Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (BAG 12.12.2006 – 3 AZR 388/05, ZTR 2007, 573 Rn. 30). Diese Regel folgt zwar nunmehr aus § 305c Abs. 2 BGB. Sie galt aber auch bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (BAG 12.12.2006 a.a.O. Rn. 30; BAG 18.05.2010 a.a.O. Rn. 38, 52). Sie war sogar schon vor dem Inkrafttreten des AGBG allgemein anerkannt (BAG 26.01.2005 – 10 AZR 331/04, NZA-RR 2005, 389, Rn. 38).

cc) Wendet man die Unklarheitenregel an, führt dies zur Annahme einer vertraglichen Unverfallbarkeit mit dem Inhalt, dass die Zusage lediglich davon abhängen soll, dass Herr G. eine zehnjährige Dienstzeit absolviert hat. Für dieses Auslegungsergebnis sprechen sogar deutliche und klare Anhaltspunkte. Die Kammer berücksichtigt dabei, dass eine Unklarheit i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB nur besteht, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt. Sie setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Unklarheitenregel nicht (BAG 18.05.2010 a.a.O. Rn. 55). Die Unklarheitenregel findet dabei auch Anwendung, wenn es – wie vorliegend – um die Frage geht, ob eine Versorgung vertraglich unverfallbar zugesagt worden ist (vgl. BAG 11.11.2001 – 3 AZR 334/00, DB 2002, 2335 Rn. 29; BAG 09.12.2008 – 3 AZR 120/07, AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG Unverfallbarkeit; LAG Köln 23.03.2012 – 10 Sa 802/11, juris Rn. 46).

(1) Wendet man die zu B I 1 a dargestellten Auslegungsgrundsätze gemäß § 133, 157 BGB an, verbleiben jedenfalls erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung. Es spricht sogar mehr für die Auslegung, wie sie von der Klägerin angenommen wird. Die Kammer unterstellt dabei zu Gunsten der Beklagten, dass eine über das Gesetz hinausgehende vertragliche Unverfallbarkeit bei arbeitgeberfinanzierter Versorgung ungewöhnlich ist. Sie unterstellt auch, dass ein Arbeitgeber dies in einem solchen Fall regelmäßig nicht versprechen werden will. Dafür spricht, dass das Bundesarbeitsgericht lediglich im Hinblick auf eine betriebliche Altersversorgung aus Gehaltsumwandlung oder in Fällen, in denen der Arbeitnehmer an den Prämien einer Direktversicherung beteiligt ist, davon ausgegangen ist, dass dem Arbeitnehmer in der Regel sofort eine von vornherein unentziehbare Rechtsposition und damit Unverfallbarkeit der Anwartschaft eingeräumt werden soll (BAG 08.06.1993 – 3 AZR 670/92, AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Unverfallbarkeit Rn. 24). Unstreitig liegt nach der Anhörung der Parteien hierzu im Kammertermin eine rein arbeitgeberfinanzierte Versorgung vor, so dass diese Auslegungsregel nicht eingreift. Aber selbst wenn man daraus ableiten wollte, dass in Fällen arbeitgeberfinanzierter Versorgung regelmäßig keine über das Gesetz hinausgehende Unverfallbarkeit zugesagt werden soll, ändert dies nichts. Die vertragliche Abrede in Ziffer VII des Arbeitsvertrags – auf dies es maßgeblich ankommt (BAG 30.07.2012 a.a.O.) – ist in ihrer konkreten Ausgestaltung in diesem Punkt zur Überzeugung der Kammer zumindest unklar. Es spricht sogar deutliche Anhaltspunkte dafür, dass alleine die Ableistung der zehnjährige Dienstzeit – den Eintritt des Versorgungsfalls angenommen – Voraussetzung für den Betriebsrentenanspruch ist.

Auszugehen ist vom Wortlaut der Regelung. Diese knüpft zunächst daran an, dass die Versorgung den Ablauf einer zehnjährigen Dienstzeit voraussetzt. Eine weitere Voraussetzung stellt sie – abgesehen von dem Eintreten des Versorgungsfalles – nicht auf. Dies spricht zur Überzeugung der Kammer dafür, dass der Arbeitnehmer diese Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der gegenseitigen Interessenlage so verstehen durfte, dass er bei Erfüllung dieser Voraussetzung im Falle des Versorgungsfalls den Anspruch auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung hat, ohne dass es auf weitere Zeiten zur Begründung einer Unverfallbarkeit nach dem Gesetz ankommt. Richtig ist allerdings, dass bei der Auslegung von Ausdrücken zur Regelung betriebsrentenrechtlicher Fragen in der Regel Sprachgebrauch und Systematik diese Rechtsgebiets mit zu berücksichtigen sind (BAG 04.10.1994 – 3 AZR 215/94, AP Nr. 22 zu § 2 BetrAVG Rn. 27). Insoweit weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass im Betriebsrentenrecht zwischen Wartezeit und Unverfallbarkeit zu unterscheiden ist, wobei die Wartezeit als zusätzliche Voraussetzung neben die Unverfallbarkeit tritt. Die Abkürzung einer Wartezeit hat keine Auswirkungen auf die Unverfallbarkeit (BAG 11.11.2001 a.a.O. Rn. 30 f., wobei die Zeit aber ausdrücklich als „Wartezeit“ bezeichnet war). Ziffer VII des Arbeitsvertrags spricht aber nicht von einer Wartezeit, sondern schlicht von dem Ablauf einer Dienstzeit. Es wird mithin eine schlichte Anspruchsvoraussetzung benannt. Aus dem Wortlaut ist nicht erkennbar, dass es sich lediglich um eine Wartezeit handeln soll. Nach dem Wortlaut durfte Herr G. bei verständiger Würdigung davon ausgehen, nach Erfüllung dieser Voraussetzung den Versorgungsanspruch im Sinne einer Anwartschaft erworben zu haben. Gegen eine vertragliche Unverfallbarkeit würde zudem sprechen, wenn sich für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens nicht lösbare Berechnungsfragen stellen würden, die ausweislich der Zusage nicht vereinbart waren (vgl. insoweit BAG 09.12.2008 a.a.O. Rn. 22 f.). Die Höhe der Versorgung ist aus Ziffer VII des Arbeitsvertrags aber auch im Falle des vorzeitigen Ausscheidens ohne weiteres erkennbar. Maßgeblich sind zunächst die Jahresgrundbezüge der letzten fünf Jahre. Dass die letzten fünf Jahre diejenigen vor dem Ausscheiden sind, ergibt ohne weiteres und wird von den Parteien – wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben und die insoweit letztlich unstreitige Berechnung zeigt – übereinstimmend so verstanden. 15 % hiervon sind ebenfalls ohne weiteres zu ermitteln Für die zeitratierliche Berechnung kann unproblematisch auf § 2 Abs. 5 BetrAVG zurückgegriffen werden. Anwendungsschwierigkeiten ergeben sich somit nicht. Auch sonst ergibt sich aus Ziffer VII des Arbeitsvertrags oder dessen sonstigen Regelungen nicht, dass Voraussetzung der Versorgung ganz grundsätzlich sein soll, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Versorgungsfall fortbestanden hat. Das Gegenteil ist der Fall. Es wird keine Verknüpfung zwischen dem Ausscheiden und dem Erreichen der Altersgrenze hergestellt, indem z.B. formuliert wird, dass „ein Ruhegeld gewährt wird, wenn der Arbeitnehmer nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder Erreichen der Regelaltersgrenze aus der Firma ausscheidet“ (vgl. LAG Köln 23.03.2012 a.a.O. Rn. 45; s.a. bereits LAG Baden-Württemberg 05.02.1988 – 8 Sa 81/87, nv S. 13 zum dortigen § 7 der Ruhegeldordnung). Ziffer VII des Arbeitsvertrags stellt nur auf das Erreichen der Altersgrenze ab. Dass der Mitarbeiter mit Erreichen dieser Grenze aus den Diensten der Beklagten ausscheidet, wird gerade nicht zur tatbestandlichen Voraussetzung im Zusammenhang mit dem Versorgungsfall gemacht. Noch deutlicher ist dies für die Versorgungsfälle der Erwerbsunfähigkeit und des Todes. Die Zusage wird schlicht für diesen Fall erteilt. Insoweit spricht im Ergebnis zur Überzeugung der Kammer mehr für die die Annahme vertraglicher Unverfallbarkeit in dem Sinne, dass tatbestandliche Voraussetzung lediglich die Ableistung einer zehnjährigen Dienstzeit ist. Es gibt insoweit in der konkreten Versorgungszusage sogar – entgegen der Ansicht der Beklagten – deutliche Anhaltspunkte für die genannte vertragliche Unverfallbarkeit. In jedem Falle ist die Regelung in dieser konkreten Ausgestaltung unklar. Etwaige verbleibende Auslegungszweifel gehen zu Lasten der Beklagten.

Daran ändert die Anlage Altersversorgung nichts, in der ein vollständiger Verfall der Ansprüche bei vorzeitigem Ausscheiden geregelt ist. Richtig ist zwar, dass auch außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände einzubeziehen sind. Die Anlage Altersversorgung hat jedoch keinen Bezug zur Vereinbarung mit Herrn G.. Es fehlt in Ziffer VII des Arbeitsvertrags jeder Bezug zu einer entsprechenden allgemeinen Regelung. Herrn G. ist nicht etwa eine Versorgung nach einem bestimmten Versorgungsstatut zugesagt worden. Herr G. ist vielmehr einzelvertraglich eine Versorgungszusage erteilt worden, die inhaltlich in ihrem Kern vollständig ist, ohne überhaupt auf eine allgemeine Versorgungsregelung Bezug zu nehmen. Von dem einzelvertraglich zugesagten Regelungsgehalt hätte ohnehin nicht nachträglich durch die einseitige Übergabe einer Anlage Altersversorgung abgewichen werden können. Nach ihrem eigenen Vortrag ist die Praxis der Beklagten zudem uneinheitlich. Teilweise wird die Anlage Altersversorgung bereits bei Vereinbarung der Versorgungszusage übergeben, teilweise später. Zudem handelt es sich auch gar nicht um eine vollständig einheitliche Regelung, weil die Versorgungssätze unterschiedlich sind. Die zur Akte gereichte Anlage Altersversorgung enthält z.B. einen Versorgungssatz von 10 % und nicht von 15 % der durchschnittlichen Jahresgrundbezüge der letzten fünf Dienstjahre. Im Ergebnis muss es deshalb für Herrn G. und damit für die Klägerin bei der Zusage aus Ziffer VII des Arbeitsvertrags verbleiben.

Auch das weitere Verhalten der Parteien bzw. der Beklagten und von Herrn G. nach Eintritt des Versorgungsfalls belegt nicht, dass die Parteien von Anfang an übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass es sich um eine nur gesetzlich unverfallbare Zusage handeln soll. Die Bescheinigung vom 26.06.1984 ist insoweit ohne Aussagewert, weil sie sich bereits ausweislich der Überschrift auf eine Unterstützungskassenzusage bezieht, die hier nicht in Rede steht. Das Schreiben vom 02.04.2007 bezieht sich auf die Unterstützungskassenzusage und auf die arbeitsvertragliche Zusage. Es enthält nach der Berechnung in der Mitte des Schreibens, die zu 10,87 Euro führt, den Satz, dass „die in Aussicht gestellte Alters- und Hinterbliebenenversorgungszusage wirksam geworden wäre, wenn Ihr verstorbener Ehemann unserem Unternehmen mindestens bis 1. Januar 1991 angehört hätte“. Dies spricht für die Annahme gesetzlicher Unverfallbarkeit, ist aber letztlich ohnehin nur die einseitige Ansicht der Beklagten. In der Neuberechnung vom 22.11.2011 geht die Beklagte dann aber ohne weiteres davon aus, dass die arbeitsvertragliche Zusage nicht verfallen ist, berechnet sie lediglich niedriger. Diese wechselnden Auskünfte der Beklagten lassen schon an sich keinen Schluss auf einen übereinstimmenden Vertragswillen von Herrn G. und der Beklagten oder der Parteien zu.

(2) An dem Auslegungsergebnis ändert sich nichts, wenn man unterstellt, dass es sich bei Ziffer VII des Arbeitsvertrags um allgemeine Arbeitsvertragsbedingungen handelte.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei sind die den Vertragsschluss begleitenden Umstände gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB nicht bei der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern bei der Prüfung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB zu berücksichtigen. Von den den Vertragsschluss begleitenden Umständen sind jedoch die äußeren Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, zu unterscheiden. Dabei geht es um Umstände, die für einen verständigen und redlichen Vertragspartner Anhaltspunkte für eine bestimmte Auslegung des Vertrages gegeben haben. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen einheitlich auszulegen sind, kommen insoweit jedoch nur allgemeine Umstände in Betracht, die auf einen verallgemeinerbaren Willen des Verwenders schließen lassen. Umstände, die den konkreten Vertragsabschluss im Einzelfall betreffen, sind nur zu berücksichtigen, wenn es darum geht, zu ermitteln, ob im konkreten Einzelfall die Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden haben (BAG 18.05.2010 a.a.O. Rn. 50 f.).

Auch nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ist die vertragliche Zusage so wie bereits beschrieben auszulegen. Die Kammer hat bereits bei der vorgenommenen Auslegung das allgemeine Verständnis und die Begrifflichkeiten des Betriebsrentenrechts zur Auslegung herangezogen. Angesichts der nur von einer Dienstzeit sprechenden Regelung, die zudem die Berechnung auch im Falle des vorzeitigen Ausscheidens ermöglicht und die jeden Bezug zwischen Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis und dem Versorgungsfall vermissen lässt, müssen verständige und redliche Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise davon ausgehen, dass die Versorgung unverfallbar in dem Sinne zugesagt ist, dass zusätzlich zum Versorgungsfall lediglich der Ablauf der zehnjährigen Dienstzeit gefordert wird. Hierfür bestehen deutliche und klare Anhaltspunkte. Dass dies üblicherweise bei einer arbeitgeberfinanzierten Versorgung nicht der Fall ist, ändert angesichts der konkreten Ausgestaltung der Zusage nichts. Auch insoweit ändert die Anlage Altersversorgung nichts. Sie ist bei objektiver und typisierender Betrachtung nämlich gerade nicht Gegenstand der Abrede geworden, weil in Ziffer VII des Arbeitsvertrags auf sie in keiner Weise Bezug genommen wird. Ohnehin wird sie – wie ausgeführt – weder zeitlich noch inhaltlich einheitlich bei Erteilung der Zusage verwandt.

3. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat Herr G., der verstorben ist, was zum Eintritt des Versorgungsfalls führte, die zehnjährige Dienstzeit absolviert. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Diese greift die Beklagte mit der Berufung auch nicht an. Auf die zutreffenden und gut begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Berechnung der Höhe der durchschnittlichen Jahresgrundvergütung der letzten fünf Jahre wird ebenfalls gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Diese Berechnung wird von der Beklagten, wie diese in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, mit der Berufung ebenfalls nicht angegriffen. Die durchschnittliche Jahresgrundvergütung der letzten fünf Jahre betrug 5.230,13 DM. 15 % hiervon sind 784,52 DM. Werden diese mit 123/447 ratierlich gekürzt, ergeben sich 215,87 DM. Dies sind 110,37 Euro. Die Zahlbeträge zu den Tenören zu eins bis vier ergeben sich insoweit aus den addierten Rückständen für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.10.2012. Dass der Klägerin keine höhere Betriebsrente zusteht, steht aufgrund der Berufungsrücknahme rechtskräftig fest.

4. Entgegen der Ansicht der Beklagte ist die Betriebsrente von 110,37 Euro monatlich nicht um 50 % zu kürzen, weil es sich um einen Witwenversorgung handelt und dies so in der Anlage Altersversorgung geregelt ist. Wie ausgeführt, ist diese mit Herrn G. nicht vereinbart. Anhaltspunkte für eine gekürzte Leistung ergeben sich aus Ziffer VII des Arbeitsvertrags nicht. Die Zusage ist einheitlich für alle Versorgungsfälle auf 15 % der durchschnittlichen Jahresgrundbezüge der letzten fünf Jahre gerichtet. Dass eine Witwenversorgung oftmals reduziert ausgestaltet ist, ändert angesichts dieser klaren Zusage nichts. Hätte die Beklagte den Hinterbliebenen nur eine reduzierte Rente versprechen wollen, hätte sie dies in Ziffer VII zum Ausdruck bringen müssen, damit Herr G. bzw. ein durchschnittlicher Arbeitnehmer sich darauf hätte einstellen können (vgl. auch BAG 21.08.1990 – 3 AZR 422/89, AP Nr. 19 zu § 6 BetrAVG Rn. 19).

5. Im Hinblick auf die Zinstermine hatte die Berufung der Beklagten zu einem geringen Teil Erfolg. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Betriebsrente nach dem Rechtsgedanken des § 614 BGB, der auf Betriebsrenten zu übertragen ist, nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte fällig wird. Der Zinsanspruch folgt aus mithin § 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Verzug tritt gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB ein, wenn der Arbeitgeber am Fälligkeitstag nicht leistet; und zwar am Folgetag (Palandt/Grüneberg, BGB 72. Aufl. 2013, § 286 Rn. 35). Fällt der Fälligkeitstag auf einen Samstag oder Feiertag, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten und der Eintritt des Verzugs auf den darauffolgenden Werktag (BAG 15.05.2001 – 1 AZR 672/00, MDR 2001, 1419 Rn. 38; vgl. a. BGH 01.02.2007 – III ZR 159/06, WuM 2007, 120 Rn. 24). Soweit das Arbeitsgericht für frühere Zeitpunkte Zinsen zugesprochen hat, war es abzuändern. Dies betraf in den Tenören zu eins und zwei nur die jeweils für Dezember ausgeurteilten Teilbeträge, in den Tenören zu drei und vier die aus den geänderten Zinsterminen ersichtlichen Teilbeträge. Insoweit ist die Klage unbegründet.

C. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren war auch nach der Berufungsrücknahme durch die Klägerin einheitlich durch Urteil zu treffen (Zöller/Heßler, ZPO 29. Aufl. 2012 § 516 Rn. 22). Sie erging für das gesamte Berufungsverfahren gemäß §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Eine Abänderung der Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts war nicht veranlasst.

D. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), lagen nicht vor.

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