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Zurückweisung einer Arbeitnehmerkündigung nach § 174 S 1 BGB

ArbG Heilbronn – Az.: 2 Ca 71/12 – Urteil vom 18.10.2012

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 20.03.2012 beendet worden ist.

2. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung durch die Beklagte in Höhe von EUR 38.479,37 zum 30.09.2012 aufgelöst.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Verfahrens tragen Kläger und Beklagte je die Hälfte.

5. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 27.985,00.

6. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten erklärten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 20.03.2012 wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung sowie eines von der Beklagten gestellten Auflösungsantrags.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.01.1999 als Projekt-/Vertriebsingenieur beschäftigt. Er ist geboren am 00.00.1968, ledig und kinderlos sowie homosexuell. Seine monatliche Vergütung belief sich zuletzt auf EUR 6.343,73 brutto. Zusätzlich erhielt der Kläger ein tarifliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld, einen variablen jährlichen „C.-Bonus“ und einen jährlich variablen „VTA-Bonus“ auf Grundlage von Betriebsvereinbarungen. Das Urlaubsgeld im Juni 2011 betrug EUR 4.735,20 brutto, das Weihnachtsgeld („Jahresendvergütung“ laut Ziff. 2.3 des Arbeitsvertrages) belief sich auf EUR 3.620,50 (November 2011). Der C.-Bonus wurde im Dezember 2011 in Höhe von EUR 1.200,00 brutto und der VTA-Bonus im Januar 2012 in Höhe von EUR 1.895,00 brutto bezahlt.

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Arbeiter und Angestellten der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung.

Zuletzt war der Kläger für die Beklagte als Projektleiter Vertrieb in der Funktion des „Area-Managers“ für das südliche Afrika und die Maghreb -Staaten tätig. Aufgabe des Klägers war unter anderem der Besuch der Vertriebsgesellschaften und deren Kunden in den ihm zugewiesenen Regionen.

Die Beklagte stellt mechanische, hydrodynamische und elektrische Antriebssysteme her. Am Standort in C. sind 1150 Mitarbeiter beschäftigt. Ein Betriebsrat ist im Betrieb der Beklagten eingerichtet.

Vom 07.02.2012 bis zum 09.02.2012 fand in J. in Südafrika eine Vertriebskonferenz der Beklagten statt. Teilnehmer waren ausschließlich Mitarbeiter des Konzerns, dem die Beklagte angehört. Der Kläger nahm an dieser Veranstaltung im Rahmen seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als verantwortlicher Area-Manager für Südafrika teil.

Im Rahmen dieser Konferenz fand am Abend des 07.02.2012 ab 19:00 Uhr ein gemeinsames Abendessen der Konferenzteilnehmer statt. Der detaillierte Ablauf der Ereignisse im Rahmen dieser Abendveranstaltung ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls kam es gegen 21:00 Uhr unstreitig zu einer Umarmung des Konferenzteilnehmers S. C. (im Folgenden: S.C.) durch den Kläger.

Herr S.C. sandte unter dem Datum des 07.03.2012 eine E-Mail an Herrn K. M., dem Vorgesetzten des Klägers. Hinsichtlich des genauen Wortlautes des englischen Originaltextes sowie der beglaubigten Übersetzung wird auf Abl. 148 ff. Bezug genommen. Eine leicht abgewandelte Version dieses Schreibens, diesmal mit Unterschrift des Herrn S.C. erhielt die Beklagte per Fax am 14.03.2012 (Abl. 151 ff)

Ebenfalls am 14.03.2012 erhielt die Beklagte die schriftliche Stellungnahme des Herrn G. A. (im Folgenden: G.A.) zu dem Vorfall, Abl. 154 ff.

Der Kläger wurde am 14.03.2012 zu dem in dem Schreiben enthaltenen Vorwurf angehört. Bei diesem Gespräch war auch der Betriebsratsvorsitzende der Beklagten anwesend.

Mit Schreiben vom 16.03.2012 wurde der Betriebsrat zum Ausspruch einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Verdachtskündigung angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Abl. 190 ff Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 19.03.2012 (Abl. 200) hat der Betriebsrat dahingehend Stellung genommen, dass er die Kündigung abschließend zur Kenntnis genommen habe und sich nicht weiter äußern werde.

Am 20.03.2012 sprach die Beklagte sodann die streitgegenständliche außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung (Abl. 19) aus. Der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist streitig, erfolgte aber jedenfalls spätestens am 22.03.2012.

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner bei Gericht am 29.03.2012 eingegangenen Klage.

Am 14.05.2012 ging bei der Beklagten ein Schriftsatz des Klägervertreters vom 11.05.2012 ein, mit dem dieser Schadensersatz und Entschädigung „wegen Diskriminierung, Mobbings und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ in Höhe von EUR 240.000,00 geltend macht. In diesem Schreiben wird der Beklagten vorgeworfen, sie habe den Kläger wegen sexueller Identität, Behinderung und ethnischer Herkunft diskriminiert. Zur Begründung dieses Vorwurfs werden folgende Sachverhalte herangezogen:

– die Beklagte habe dem Kläger seit 2009 zunehmend Kompetenzen entzogen.

– am 07.02.2012 habe die Beklagte einen „Trinkabend“ in Südafrika veranstaltet, an dem der Kläger habe teilnehmen müssen, obwohl der Beklagten bekannt gewesen sei, dass dieser alkoholkrank war.

– die Beklagte habe dem Kläger am 14.03.2012 vorgeworfen, einen männlichen Kollegen sexuell belästigt zu haben und damit gedroht, den Vorgang allgemein bekannt zu machen. Ferner sei damit gedroht worden, ein Zeugnis so zu formulieren, dass der Vorwurf der sexuellen Belästigung hieraus ersichtlich werde.

– der von der Beklagten behauptete Vorgang stelle offensichtlich keine sexuelle Belästigung dar und wäre bei einem heterosexuellen Kollegen nicht einmal erwähnt worden.

– der Kläger sei ferner als Deutscher diskriminiert worden, weil ihm am 14.03.2012 ein englischsprachiger Text (nämlich das Schreiben des Herrn S.C.) vorgelegt worden sei.

– die Kündigung sei dem Kläger lediglich deshalb ausgesprochen worden, weil er homosexuell sei.

Mit Klage vom 10.08.2012 (Az.: 2 Ca 164/12) verfolgt der Kläger die zuvor schriftsätzlich begehrte Entschädigung in Höhe von EUR 240.000,00 nunmehr gerichtlich. Ferner begehrt er die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung in Höhe von EUR 45.561,56 brutto. Er begründet dies damit, dass durch die diskriminierende Kündigung der Beklagten seine Arbeitsunfähigkeit verursacht worden sei, weshalb die Beklagte ihm zu Schadensersatz in Bezug auf die seitherige Differenz zwischen entgangenem Bruttogehalt in Höhe von EUR 11.290,39 monatlich und Krankengeld in Höhe von EUR 2.677,50 verpflichtet sei. In der Klagschrift vom 10.08.2012 präzisiert der Kläger die Diskriminierungsvorwürfe wie folgt:

– die Beklagte habe den Kläger trotz dessen sehr erfolgreichen Engagements für den c. Vertriebsbereich aus diesem Segment 2009 abgezogen und ihm stattdessen die für den Werkbau irrelevanten Märkte K. und G. zugeordnet, ohne ihm den zu dieser Zeit vakanten Bereich A. aus freien Stücken anzubieten. Der Kläger habe sich hierauf selbständig bewerben müssen, bevor er die Stelle erhielt.

– obwohl der Beklagten der intensive Alkoholkonsum des Klägers schon mindestens seit dem Jahr 2011 bekannt gewesen sei, sei diese ihrer vertraglichen Fürsorgepflicht nicht nachgekommen und habe dem Kläger keine Hilfe in Bezug auf seine Alkoholprobleme angeboten. Sie habe den Kläger „durch ihre unterlassene Hilfeleistung bezüglich der ihr bekannten Alkoholsucht“ aufgrund „eines ihr zuzurechnenden Organisationsverschuldens kalenderjährlich mindestens zweihundert Mal über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren diskriminiert“. Jede einzelne Diskriminierung sei mit einer abschreckend hohen Entschädigung zu ahnden.

– daraus, dass die Beklagte die Stelle des Klägers inzwischen wieder ausgeschrieben habe, sich aus Stellenausschreibungen im Internet aus dem Monat Dezember 2011 jedoch bereits ergebe, dass die Stelle des Klägers bereits viel früher neu ausgeschrieben worden sei, folge, dass die der klägerischen Partei unterstellten Handlungen am Trinkabend des 07.02.2011 nicht den wirklichen Kündigungsgrund darstellen würden, sondern die beklagte Partei dem Kläger aufgrund seiner alkoholbedingten Behinderung und seiner Homosexualität kündigen wollte.

– die Beklagte behindere durch die Kündigung das berufliche Fortkommen des Klägers, weshalb weiter zu vermuten sei, dass sie auch schon früher bei Entzug der anderen Märkte von den dortigen Managern aufgefordert worden sei, die klägerische Partei wegen Alkoholauffälligkeiten abzuziehen. Sie sei diesen Aufforderungen stets nachgekommen, ohne dem Kläger bei der Überwindung seiner Alkoholsucht zu helfen. Die Alkoholsucht des Klägers sei auch daran deutlich zu erkennen gewesen, dass seine Hände tagtäglich gezittert hätten. Die Beklagte hätte also seit langem affektive Störungen und Psychosen aufgrund des Alkoholentzugssyndroms unterbinden können, hätte sie den Kläger gemäß ihrer Fürsorgepflicht zu einer Alkoholtherapie bewegt. Deshalb sei zu vermuten, dass die Beklagte den Kläger seit über zehn Jahren wegen seiner alkoholbedingten Behinderung diskriminiert habe.

– bei der Veranstaltung am Abend des 07.02.2012 habe es sich um einen „Trinkabend“ gehandelt, bei dem ab 19:00 Uhr geplantermaßen viel Alkohol getrunken worden sei. Der Kläger habe an dieser Veranstaltung teilnehmen müssen. Dadurch seien Körper und Gesundheit und insbesondere das Leben des Klägers gefährdet worden.

– die Beklagte habe ihm gedroht, der Vorgang der sexuellen Belästigung würde allgemein bekannt und auch in ein Zeugnis aufgenommen, sofern er keinen Aufhebungsvertrag abschließen würde. Der Kläger benennt hierfür einen Sozialberater als Zeugen, der bei dem Gespräch am 14.03.2012 unstreitig nicht anwesend war.

– aus dem Vorbringen der Beklagten, dass sich das Fehlverhalten des Klägers unter den Beschäftigten der Beklagten herumgesprochen habe, ergebe sich, dass eine Person aus dem kleinen Kreis der unterrichteten Personen auf Seiten der Beklagten diese Informationen bewusst lanciert habe. Der Ruf des Klägers sei hierdurch erheblich und nachhaltig geschädigt worden. Dies betreffe auch die Kenntnis der 120 Konzernmitarbeiter in Südafrika und dadurch „den halben Kontinent A.“.

– die Diskriminierung des Klägers als Deutscher ergebe sich daraus, dass ihm bei seiner Anhörung zu der Verdachtskündigung das belastende Schreiben des Herrn S.C. in englischer Sprache vorgelesen worden sei, was eine besondere Belastung darstelle.

– die Diskriminierung des Klägers als Homosexueller ergebe sich auch daraus, dass dessen sexuelle Orientierung bei der Betriebsratsanhörung zweimal erwähnt worden sei, obwohl hierfür keine Notwendigkeit bestanden habe.

– die Diskriminierung des Klägers aufgrund seiner sexuellen Orientierung werde auch dadurch indiziert, dass die Beklagte dem Betriebsrat mitgeteilt habe, dass die homosexuelle Belästigung in Südafrika stattgefunden habe, denn bei älteren weißen Südafrikanern, wozu sowohl Herr S.C. als auch Herr G.A. gehörten, als den Angehörigen der früheren „Herrscherkaste“ sei davon auszugehen, dass angesichts deren kultureller Hintergründe eine sexuelle Belästigung durch einen Homosexuellen besonders schwer wiege.

– in ihren Darstellungen versuche die beklagte Partei den Kläger „als unbeherrschtes und unberechenbares Sexmonster darzustellen, das jederzeit wieder zuschlagen“ könne. Die ungerechtfertigten Kündigungsvorwürfe würden daher eine eigenständige sexuelle Belästigung darstellen.

– die Beklagte habe sich geweigert, ihre Verpflichtung aus § 13 AGG zu erfüllen, indem sie das Prüfergebnis der Diskriminierungsbeschwerde des Klägers diesem nicht mitgeteilt habe. Auch diese Auskunftsverweigerung indiziere eine Diskriminierung.

– dass einem heterosexuellen Arbeitnehmer angesichts des von der Beklagten behaupteten Vorfalls nie gekündigt worden wäre, ergebe sich im Übrigen daraus, dass Umarmungen bei „männerbundtypischen Anlässen“ üblich seien, ohne dass diesbezüglich Kündigungen ausgesprochen würden.

– die Diskriminierung des Klägers als Behinderter ergebe sich daraus, dass der Kläger als alkoholabhängiger Mensch behindert sei und die Beklagte jahrelang unterlassene Hilfeleistung begangen habe, indem sie dem Kläger bei der Überwindung seiner Alkoholsucht nicht geholfen habe.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 20.03.2012 aufgelöst worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 20.03.2012 zum 30.09.2012 aufgelöst worden ist.

3. Die beklagte Partei wird verurteilt, die klägerische Partei für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1 und 2 zu den im Arbeitsvertrag vom 28.09.1998 und im Änderungsvertrag vom 11.11.2011 geregelten Arbeitsbedingungen als Vertragsingenieur mit einem Monatsentgelt in Höhe von EUR 7.861,92 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum Ablauf des 30.09.2012 aufgelöst.

Der Kläger beantragt: Der Auflösungsantrag wird zurückgewiesen.

Die Beklagte behauptet, dass sich der Vorfall am 07.02.2012 in J. wie folgt zugetragen habe: Nach dem Abendessen gegen 21:15 Uhr habe Herr S.C. im Gespräch mit anderen Personen zusammengestanden. Als der Kläger diesen auf dem Weg zur Toilette passierte, habe er ihm mit seiner Hand in die Magengegend gefasst.

Nicht viel später habe der Kläger Herrn S.C. mit seinen Armen auf Höhe der Magengegend umschlungen und sich von hinten an ihn gepresst. Herr S.C. habe sich abgestoßen gefühlt und deswegen die Abendveranstaltung wenig später verlassen. Der Vorgesetzte von Herrn S.C., Herr G.A., habe den Vorfall beobachtet. Die Beklagte habe hiervon erstmals dadurch erfahren, dass Herr S.C. den Vorfall am 07.03.2012 dem Vorgesetzten des Klägers, Herrn K. M., per E-Mail berichtet habe. Am 14.03.2012 sei der Personalabteilung der Beklagten ein Telefax mit im wesentlichen gleichen Inhalt zugegangen. Gleichfalls habe die Beklagte am 14.03.2012 die diesbezügliche Zeugenaussage des Herrn G.A. vom 14.03.2012 per Fax erhalten.

Es sei weder für Herrn S.C. noch für Herrn G.A. ersichtlich gewesen, dass der Kläger an diesem Abend alkoholisiert gewesen sei. Die Nachricht von der sexuellen Belästigung des Herrn S.C. durch den Kläger habe sich sodann im Unternehmen der Beklagten verbreitet. Die sexuelle Belästigung durch den Kläger habe zu einem Vertrauensverlust geführt, da diese gegen die ethnischen Werte und Leitbilder, denen sich die Beklagte verschrieben habe, verstoße.

Im Konzern der Beklagten existiere ein Verhaltenscodex (code of conduct, Abl. 157 ff), wonach gesetzeswidrige Diskriminierung, Belästigung und Herabwürdigung nicht geduldet werde und insbesondere Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters und der sexuellen Identität nicht toleriert werden. Dieser Codex sei dem Kläger auch bekannt gewesen, nachdem er zuletzt am 10.09.2010 an einer entsprechenden Compliance-Schulung teilgenommen habe.

Auch existiere im Betrieb der Beklagten eine Arbeitsordnung, die sowohl Trunkenheit im Betrieb sowie Beleidigung, Verleumdung oder tätliche Angriffe im Betrieb verbiete.

Der Kläger sei zu den Vorwürfen am 14.03.2012 umfassend angehört worden; unter anderem seien ihm die englischen Schriftstücke von Herrn S.C. und Herrn G.A. vorgelegt worden.

Der Kläger, der über fließende Englischkenntnisse verfüge, sei in der Lage gewesen, die englischsprachigen Aussagen zu verstehen. Dies folge bereits daraus, dass der Kläger die englische Sprache im Rahmen seiner Tätigkeit als Area-Manager Südafrika zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben ständig habe anwenden müssen. Der Kläger habe zu den konkreten Vorfällen keine Stellung genommen, sondern gegen Ende des Gesprächs pauschal seinen Alkoholkonsum an diesem Abend angeführt.

Der Betriebsrat sei umfassend zu der Kündigung angehört worden. Dies gelte sowohl für die außerordentliche als auch für die hilfsweise ordentliche Kündigung. Insbesondere sei der Betriebsrat ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der hilfsweise Ausspruch einer ordentlichen Kündigung beabsichtigt sei. Dem Betriebsrat seien auch sämtliche Kenntnisse zuzurechnen, die der Betriebsratsvorsitzende dadurch erhalten habe, dass er bei der Anhörung des Klägers am 14.03.2012 hingezogen worden sei. Auch seien dem Betriebsrat die schriftlichen Aussagen aus Südafrika übergeben worden, dies sowohl in englischer Sprache als auch in deutscher Übersetzung.

Ihren Aufhebungsantrag begründet die Beklagte damit, dass die vom Kläger gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfe völlig haltlos seien. Die Beklagte habe den Kläger zu keinem Zeitpunkt benachteiligt, diskriminiert oder gemobbt. Die Vorwürfe seien sämtlich aus der Luft gegriffen. Die Beklagte habe dem Kläger nicht angedroht, ein Zeugnis auszustellen, aus dem der Vorwurf der sexuellen Belästigung hervorgehe. Der Kläger sei auch nicht wegen seines Alkoholproblems (von dem die Beklagte erst im Februar 2012 erfahren habe) oder wegen seiner sexuellen Identität gekündigt oder anderweitig benachteiligt worden. Aus diesem Grunde gebe es keine Basis für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger.

Dies folge auch daraus, dass der vom Kläger eingeklagte Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch derart hoch sei, dass bereits aus diesem Grunde die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte unzumutbar sei. Der Kläger lasse jedes Maß an Loyalität vermissen, indem er durch seinen Prozessbevollmächtigten wahrheitswidrige Vorwürfe aufstelle. Hinsichtlich der Höhe der Abfindung hält die Beklagte die Einbeziehung des tariflichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes für nicht geboten.

Der Kläger trägt wie folgt vor:

Er bestreite, dass er, als er Herrn S.C. gegen 21:00 Uhr am 07.02.2012 in J. umarmt habe, dies mit einer erkennbaren sexuellen Intention geschehen sei. Er habe sich nicht an Herrn S.C. gepresst. Da es keine körperliche oder verbale Reaktion des angeblichen Opfers gegeben habe, habe S.C. offenbar jedenfalls nichts Entsprechendes bemerkt. Herr S.C. habe schon zu Beginn der Veranstaltung angekündigt, früh nach Hause zu müssen. Die Umarmung sei zwar von Herrn S.C. an diesem Abend gegenüber zahlreichen Teilnehmern kurz erwähnt, jedoch nicht als sexuell bestimmtes Handeln thematisiert worden. Die Schilderung der angeblichen Zeugen S.C. und G.A. sei insbesondere hinsichtlich des zeitlichen Verlaufes des Abends nicht glaubhaft. Es sei jedoch aufgrund der krankheitsbedingten Ausfallerscheinungen des Klägers nicht auszuschließen, dass dieser gegen 21:00 Uhr bei der Rückkehr von der Toilette gestolpert sei und das Gleichgewicht verloren habe. Er sei dann möglicherweise gegen Herrn S.C. getaumelt und habe versucht, sich an diesem festzuhalten, ohne diesen gezielt zu umarmen.

Der Kläger habe aufgrund seiner suchtbedingten Ausfallerscheinungen an den Vorgang keinerlei Erinnerungen mehr.

Auch hätten sämtliche Beteiligten, insbesondere die Herren S.C. und G.A. an diesem Abend in großen Mengen Alkohol konsumiert. Alle Anwesenden seien zumindest angetrunken gewesen. Sämtliche Zeugenaussagen gegen den Kläger seitens der Mitarbeiter der s. Tochtergesellschaft seien geprägt von einem Belastungsmotiv des Geschäftsführers G. R.. Zwischen dem Kläger und Herrn G. R. hätten Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf geschäftliche Fragen bestanden.

Die Kündigung sei auch aufgrund nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam. Bereits aus dem Anhörungstext ergebe sich, dass dem Betriebsrat die deutsche Übersetzung der englischen Texte nicht übergeben worden sei und dass dieser weitere Informationen gewünscht habe. Die Informationen in der Betriebsratsanhörung seien auch nicht korrekt. So sei dort aufgeführt, dass dem Kläger bei seiner Anhörung am 14.03.2012 der Beschwerdebrief von Herrn S.C. vorgelesen worden sei, obwohl dem Betriebsrat zwei Beschwerdebriefe von Herrn S.C. vorgelegt worden seien, jeweils mit Datum vom 07.03.2012, und obwohl einer der Briefe vom 14.03.2012 stamme. Der Betriebsrat habe also nicht erkennen können, welcher der beiden Beschwerdebriefe dem Kläger am 14.03.2012 vorgelesen worden sei. Die Darstellungen der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat seien daher unvollständig und irreführend. Zudem hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass Herr S.C. nicht im Betrieb der Beklagten tätig sei und auch dem Geltungsbereich des AGG nicht unterfalle. Die Beklagte habe dem Betriebsrat gegenüber auch nicht erwähnt, dass das Fax vom 14.03.2012 erst nach der Anhörung des Klägers, nämlich 49 Minuten nach dem Ende des Gesprächs, eingegangen sei. Auch hierdurch werde der Sachverhalt erheblich verzerrt. Auch hätte die Beklagte dem Betriebsrat mitteilen müssen, dass die Berührung durch den Kläger Herrn S.C. nichts ausgemacht hätte, wie sich aus dessen Beschwerdeschreiben selbst ergebe. Die Beklagte hätte in ihrer Betriebsratsanhörung auch nicht einfach vom Wahrheitsgehalt der Aussagen der Herren S.C. und G.A. ausgehen dürfen, ohne dem Betriebsrat mitzuteilen, dass mindestens zwanzig weitere Teilnehmer als potentielle Zeugen nicht vernommen worden seien. Auch erwecke das Anhörungsschreiben den Eindruck, dass der Kläger mehrfach einen Kollegen sexuell belästigt habe, da die Formulierung des „wiederholten Fehlverhaltens“ hierauf hindeute. Dies decke sich nicht mit dem Inhalt des Sachverhalts, den die Beklagte in der Kündigung zugrunde lege. Gegenüber dem Betriebsrat hätte zudem erwähnt werden müssen, dass am 28.02.2012 zwischen den Parteien ein Gespräch geführt worden sei, im Rahmen dessen der Kläger seine Alkoholkrankheit eingeräumt und seitdem eine Therapie in Angriff genommen habe.

In Bezug auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei die Betriebsratsanhörung zusätzlich deswegen unwirksam, weil dort erklärt werde, dass man beabsichtige, dem Kläger eine außerordentliche Kündigung nach Einhaltung der Anhörungsfrist auszusprechen. Es seien dem Betriebsrat auch nicht alle Daten mitgeteilt worden, die dieser für die Berechnung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin benötige. Auch habe der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 19.03.2012 lediglich ein einziges Kreuz gesetzt, woraus sich ergebe, dass dieser auch nur Stellung zur auszusprechenden außerordentlichen Kündigung genommen habe.

Der Kläger hält die ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung für sozialwidrig, da sie aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit ausgesprochen worden sei, obwohl ihm diesbezüglich im Zeitpunkt der Pflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen sei. Die Kündigung sei daher an den Maßstäben der personenbedingten Kündigung zu messen. Am „Trinkabend“ des 07.02.2012 sei er nicht nüchtern gewesen. Sehr wahrscheinlich komme für den Abend des 07.02.2012 aber auch eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Folgen eines Alkoholentzugs in Betracht. Dafür spreche, dass der Kläger nach Darstellung der beklagten Partei an diesem Abend keine alkoholbedingten Auffälligkeiten gezeigt habe. Er habe an diesem Abend unter einem massiven Alkoholentzug gelitten, da er seit seiner Abreise in Deutschland überproportional lange keinen Alkohol getrunken habe. Zur Zeit des Beginns des „Trinkabends“ vom 07.02.2012 sei der Kläger bereits über 70 Stunden abstinent gewesen. Es habe damit vermutlich ein Alkoholdelirium vorgelegen. Aus dem beschriebenen und wiederholt erkennbar wirren Verhalten des Klägers am Abend des 07.02.2012 hätte auch die Beklagte zweifelsfrei auf einen akuten psychotischen Schub im Rahmen eines Deliriums schließen können. Der Kläger ist der Auffassung, dass hieraus die Pflicht der Beklagten resultiert hätte, ihn in stationäre Behandlung zu überführen.

Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung verstoße ferner gegen die Betriebsvereinbarung Sucht der Beklagten vom 06.12.1995 (Abl. 435 ff).

Auch sei die Anhörung des Klägers vor Ausspruch der Verdachtskündigung ungenügend gewesen. Die Beklagte habe vor dem Gespräch am 14.03.2012 entgegen ihrer Kenntnis von der Alkoholabhängigkeit des Klägers keine Messung des Atemalkohols des Klägers vorgenommen und den Sozialberater zu dem Gespräch auch nicht hinzugezogen.

Der Kläger bestreitet, darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass Herr D. B. und Herr S. H. berechtigt seien, wirksam Kündigungen für die beklagte Partei aussprechen zu dürfen. Nach Kenntnis des Klägers müsse im Rahmen der Gesamtprokura immer ein Geschäftsführer oder ein Prokurist der Beklagten die Kündigung mitunterschreiben. Unterschrieben sei die Kündigung jedoch vom kaufmännischen Leiter Herrn B. und vom Personalleiter Herrn H. .

Der Kläger behauptet, dass Hintergrund der ausgesprochenen Kündigung der Heterosexismus der Beklagten sei, welche der Auffassung sei, dass jede soziale Handlung, wie beispielsweise eine Umarmung, die der homosexuelle Kläger gegenüber einem anderen Mann ausführe, grundsätzlich aus sexueller Lust erfolge und nie aus sozialen Gründen.

Er habe auch keine unberechtigten und haltlosen Diskriminierungsvorwürfe erhoben. Der Auflösungsantrag verstoße gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 16 AGG; der Kläger mache in der gesetzlich vorgesehenen Art und Weise Ansprüche nach dem AGG geltend. Eine Beschwerde nach § 13 AGG stelle keinen persönlichen Angriff gegen den Arbeitgeber dar. Der Kläger lässt wörtlich wie folgt im Schriftsatz vom 12.09.2012 vortragen: „Sollten ehrverletzende Angriffe im Schreiben des Prozessbevollmächtigten ersichtlich oder enthalten sein, die nicht vom Beschwerderecht nach § 13 AGG gedeckt wären, distanziert sich der Kläger hiermit in aller Form von ihnen und bitte um Aufklärung, durch welche konkreten Äußerungen sich die beklagte Partei verletzt sieht“ (Abl. 334).

Die Beklagte hat hierauf wie folgt repliziert:

Der Vortrag des Klägers sei in sich widersprüchlich. Zum einen behaupte dieser, keine Erinnerung mehr an den Vorgang zu haben, zum anderen räume er eine Umarmung ein und spekuliere desweiteren über einen möglichen Sturz gegen Herrn S.C.. Ferner benenne der Kläger Herrn V. als Zeugen, obwohl dieser den Vorgang am 07.02.2012 nicht beobachtet habe und dies dem Kläger bei einem gemeinsamen Essen am 26.03.2012 in D. auch mitgeteilt habe.

Es bleibe bei der bisherigen Darstellung der Vorgänge am 07.02.2012. Der Kläger habe hierbei bewusst und zielgerichtet gehandelt und sei demzufolge steuerungsfähig gewesen. Er sei weder übermäßig alkoholisiert gewesen, noch habe er unter Entzugserscheinungen gelitten. Es lägen diesbezüglich auch keine tatsächlichen Indizien vor; das Verhalten des Klägers an diesem Abend habe keine Auffälligkeiten gezeigt. Hieran würden auch die allgemeinen Ausführungen zur Alkoholerkrankung durch den Kläger nichts ändern. Keinesfalls habe es sich um einen vom Kläger so bezeichneten „Trinkabend“ gehandelt. Vielmehr werde diese Bezeichnung dem gemeinsamen Abendessen der Konferenzteilnehmer im Rahmen der Vertriebskonferenz nicht annähernd gerecht und diene einzig und allein der Stimmungsmache. Das gemeinsame Abendessen diene der Pflege der persönlichen Kontakte unter den Teilnehmern der Vertriebskonferenz; dabei sei es nicht zum ständigen Austausch von körperlichen Berührungen wie Umarmungen gekommen. Es sei dort die allgemein körperliche Distanz zwischen Kollegen auch gewahrt und nicht übermäßig Alkohol konsumiert worden.

Die Beklagte habe erstmals am 07.03.2012 Kenntnis von dem streitgegenständlichen Vorfall erhalten. Insbesondere im Telefonat von Herrn M. und Herrn D. vom 10.02.2012 habe letzterer nicht über die sexuelle Belästigung vom 07.02.2012 gesprochen, sondern lediglich über ein anderes Fehlverhalten des Klägers und ein mögliches Alkoholproblem. Infolge dieses Telefonats habe die Beklagte unmittelbar nach der Rückkehr des Klägers aus S. am 25.02.2012 für den 28.02.2012 ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem betrieblichen Sozialberater der Beklagten, Herrn J., sowie weiterer zuständigen Personen im Betrieb der Beklagten angesetzt und durchgeführt. Das Gespräch habe dazu gedient, eine etwaige Alkoholerkrankung des Klägers zu ergründen und Hilfsmaßnahmen durch die Beklagte aufzuzeigen. Der Kläger habe in diesem Gespräch eine Alkoholerkrankung eingeräumt. Ergebnis des Gespräches sei es gewesen, dass der Kläger eine Entziehungsmaßnahme beginnen sollte, bei der die Beklagte den Kläger durch ihren Sozialberater unterstützen würde.

Die Kündigung sei entgegen der Darstellungen des Klägers nicht wegen dessen Alkoholerkrankung ausgesprochen worden.

Die betriebsinternen Übersetzungen sämtlicher englischsprachiger Aussagen der Herren S.C. und G.A. seien am 16.03.2012 von der betriebsinternen Übersetzerin Frau S. angefertigt und noch am selben Tag dem Betriebsratsvorsitzenden übergeben worden.

Der Betriebsrat sei umfassend über den Kündigungssachverhalt unterrichtet worden. Kündigungsrelevanter Sachverhalt sei allein die sexuelle Belästigung am 07.02.2012. Auch in Bezug auf die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei der Betriebsrat extra angehört worden. Er sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der hilfsweise Ausspruch einer ordentlichen Kündigung beabsichtigt sei; auch der beabsichtigte Endtermin sei angegeben worden. Die Stellungnahme des Betriebsrats in seinem Schreiben vom 19.03.2012 beziehe sich ersichtlich auf das Anhörungsschreiben vom 16.03.2012 und damit auch auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Die Beklagte habe auch nicht nach Kündigungsgründen gesucht; die vom Kläger behaupteten Stellenausschreibungen hätten nicht die Stelle des Klägers betroffen, sondern der Nachbesetzung der Stelle eines anderen Area-Managers, Herrn A. J., gedient.

Die Mitarbeiter D. B. und S. H. seien auch kündigungsberechtigt. Sie hätten mit Vertretungsmacht gehandelt; eine Zurückweisung sei im Übrigen nicht unverzüglich erfolgt. Die Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB wäre nach Satz 2 der Vorschrift auch ausgeschlossen.

Hinsichtlich des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB führt die Beklagte wie folgt aus: Eine sexuelle Belästigung des Opfers sei unabhängig von einer etwaigen Alkoholisierung des Klägers eingetreten und nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genüge der bloße Eintritt der Belästigung für den Eintritt der Verletzung der Würde der betreffenden Person. Demgegenüber sei die subjektive Verantwortlichkeit des Belästigenden grundsätzlich unerheblich. Auch schuldlose Pflichtverletzungen könnten einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Die sexuelle Orientierung des Klägers sei für den Kündigungsentschluss der Beklagten ohne jede Bedeutung gewesen. Die Spekulationen des Klägers über kulturelle Prägungen der südafrikanischen Kollegen im Hinblick auf die Akzeptanz von Homosexualität seien abenteuerlich.

Der Aufhebungsantrag stelle keine unzulässige Maßregelung des Klägers dar. Eine solche würde eine zulässige Rechtsausübung durch den Kläger voraussetzen, was vorliegend angesichts der unberechtigten und haltlosen Diskriminierungsvorwürfe gegen die Beklagte nicht der Fall sei.

Der Kläger hierauf wie folgt erwidert:

Er habe die Kündigung mit Schreiben vom 22.03.2012 nach § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen. Er legt diesbezüglich mit Schriftsatz vom 16.10.2012, also zwei Tage vor der Kammerverhandlung, ein Schreiben vom 22.03.2012, gerichtet an die Geschäftsführung der Beklagten, vor. Das Schreiben weist insgesamt zehn eng beschriebene Seiten auf. Auf Seiten 1 und 2 findet sich auszugsweise folgender Wortlaut:

„Wie wird mein Leben weitergehen, ohne einen Job, den ich doch so gerne durchgeführt habe. Schließlich habe ich eine Wohnung die bezahlt werden muss, sowie meinen laufenden Kredit. Zum anderen wohne ich mit Fischen zusammen, die täglich gefüttert werden und die auch ein sauberes Aquarium brauchen. Wie soll ich meinen Fischen noch ein angenehmes Leben verschaffen. Meine Fische gehen wie ich zum Arzt, damit sie untersucht werden und ihre Impfungen und Behandlungen bekommen. Ich habe zum Glück noch eine Krankenversicherung, aber meine Fische nicht. Wie soll ich das noch finanzieren. (…)

Ich appelliere an ihr Gewissen, ihre Entscheidung, die Kündigung mich betreffend noch einmal zu überdenken. Ich bin aktiv für die Belange des BUND tätig und habe mich schon so sehr darauf gefreut. Dieser Umweltverein-Verein wird privat finanziert und seitdem der Euro da ist, schaut auch dieser sich dreimal um, bevor er seine Entscheidung trifft. Man hat der ganzen Bevölkerung versprochen, dass der Euro uns eine gute Zukunft bringt, aber was bringt die Zukunft wirklich. Es ist alles doppelt so teuer geworden, obwohl die Preise gleich geblieben sind, aber der Euro ist ja das Doppelte von der D-Mark. Es fehlte die Berechtigung, die Kündigung alleine auszusprechen. Der BUND ist sogar wegen Stuttgart 21 auf Spenden angewiesen. Die Mitgliedszeitschrift wird von ihm selber hergestellt. Wir verbringen viel Zeit damit und machen uns viele Gedanken über deren Inhalte und die schönen Dinge im Leben. Wie kann man anderen Menschen und der Natur eine Freude machen (…).“

Auf Seiten 4 und 5 lautet der Wortlaut u. a. wie folgt :

„Wenn ich an meinen Arbeitsbeginn in ihrem Unternehmen zurückdenke, so möchte ich mich gerne dazu äußern. Ich wurde zum Thema Dieselkupplungen eingearbeitet. Ich habe bei verschiedenen Kollegen gesessen und ihnen bei der Arbeit zugeschaut. Das Team war am Anfang noch nicht so groß und deshalb war diese Zeit im Unternehmen besonders toll. Dadurch das ich bei anderen Kollegen gesessen habe, konnte ich die Zeit nutzen, um mir die Informationen, die zum Thema Dieselkupplungen auftraten, notieren (…). Weiterhin wurden mir die verschiedenen Programme am PC gezeigt, wie meldet man sich an, welche Programme sind erforderlich und wie werden diese Programme genutzt. wenn man nicht weiter kam, hatte man immer einen Mitarbeiter, der einem weiter geholfen hat. Am Anfang sah alles sehr kompliziert aus, aber ich lernte schnell dazu. Jedenfalls aber wurde keine entsprechende Vollmacht zusammen mit der Kündigung übergeben. Die Daten der Kunden wurden noch mit der Hand auf Protokolle geschrieben, so musste man natürlich auch eine schöne saubere Handschrift haben, damit andere Kollegen diese Protokoll auch lesen konnten. Was besonders toll war, das selbst unser Vorgesetzter bei uns im Großraumbüro saß und jeder Zeit für uns ansprechbar war (…).“

Auf Seite 8 findet sich folgende Passage:

„Im Moment sehe ich meine Lebenserhaltung stark gefährdet. Hinzu kommt, dass ich noch einen weiteren Verein unterstütze. Einen Verein der sich, um die in Polen und in Russland bedürftigen Menschen, Krankenhäuser und Heime kümmert.

Wir fragen persönlich in deutschen Krankenhäusern, bei Ärzten und bei Menschen für Spenden, damit wir für diese bedürftigen Menschen etwas tun können. Aus den oben genannten Gründen weise ich die Kündigung zurück und bitte Sie, mir meine berufliche Zukunftspläne nicht zu zerstören. Sie können sich vielleicht gar nicht vorstellen, wie es in diesen Ländern aussieht.“

Hinsichtlich des genauen Wortlauts des Schreibens wird auf Abl. 577 ff verwiesen. Bezüglich des Antwortschreibens der Beklagten vom 28.03.2012 wird auf Abl. 622 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Bestandsschutzantrages auch begründet. Das Arbeitsverhältnis war jedoch auf den Auflösungsantrag der Beklagten aufzulösen und der Weiterbeschäftigungsantrag abzuweisen.

A

Außerordentliche Kündigung

I.

Zulässigkeit

Der Bestandschutzantrag ist zulässig; der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nach §§ 4 S. 1, 13 Abs. 1 S. 2 KSchG.

II.

Begründetheit

Der Bestandsschutzantrag ist auch in der Sache begründet. Die Kündigung ist als außerordentliche Kündigung unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis daher nicht beendet.

1. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert vorliegend jedoch nicht bereits daran, dass sie ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG erfolgt wäre.

Nach § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören; S. 3 der Vorschrift bestimmt, dass eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Im Rahmen der Anhörung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen (§ 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Da die Motive für den Ausspruch einer Kündigung subjektiver Natur sind, leitet das BAG in ständiger Rechtsprechung die Anforderungen an die Erfüllung dieser Norm aus dem Grundsatz der sog. subjektiven Determination ab. Bereits in den frühen Entscheidungen des BAG zum Umfang der Darlegungspflichten im Rahmen der Anhörung des Betriebsrats forderte das BAG, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe mitzuteilen habe, die nach seiner Auffassung die Kündigung rechtfertigen; er müsse alle wesentlichen Gründe mitteilen und den zugrundeliegenden Sachverhalt näher umschreiben. Eine pauschale, schlagwort- oder stichwortartige Bezeichnung der Kündigungsgründe reiche nicht aus; der Betriebsrat dürfe für seine Stellungnahme nicht auf eigene Ermittlungen angewiesen sein (BAG, Urteil vom 24.03.1977, 2 AZR 289/76; BAG, Urteil vom 26.05.1977, 2 AZR 201/76; BAG, Urteil vom 13.07.1978, 2 AZR 798/77; BAG, Urteil vom 18.12.1980, 2 AZR 1006/78).

Der Grundsatz der subjektiven Determination besagt, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe mitzuteilen hat, die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich gewesen sind. Ihn trifft hingegen nicht die Verpflichtung, sämtliche objektiv denkbaren Gründe dem Betriebsrat zu nennen, wenn diese für ihn nicht maßgeblich gewesen sind (BAG, Urteil vom 11.07.1991, 2 AZR 111/91; BAG Urteil vom 06.02.1997, 2 AZR 267/96; BAG, Urteil vom 22.09.1994, 2 AZR 31/94).

Demgegenüber führt die bewusst unrichtige Darstellung der Kündigungsgründe stets zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG, denn in diesem Fall wird der Betriebsrat nicht über die aus Sicht des Arbeitgebers relevanten Gründe informiert und kann insoweit auf die sich tatsächlich ganz anders darstellende Kündigungsmotivation des Arbeitgebers keinen Einfluss nehmen. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat also eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhaltes geben und diese muss so genau und umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen (BAG, Urteil vom 02.01.1983, 7 AZR 65/82). Ausdrücklich wendet sich das BAG jedoch gegen den Gleichlauf der Darlegungslasten des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess und im Rahmen der Anhörung des Betriebsrats: Die Darlegungspflicht des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess gehe in der Regel erheblich weiter als die Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat (BAG, Urteil vom 18.12.1980, 2 AZR 1006/78; BAG Urteil vom 17.02.2000, 2 AZR 913/98).

Gemessen an diesen Grundsätzen genügt das Informationsschreiben der Beklagten vom 16.03.2012 den an eine wirksame Betriebsratsanhörung zu stellenden Anforderungen. Die Beklagte hat den Betriebsrat zunächst detailliert über die Sozialdaten des Klägers informiert und die Art der auszusprechenden Kündigung benannt. Sodann folgt eine detaillierte Darstellung des Kündigungsgrundes über annähernd zwei DIN 4-Seiten mit eng bedrucktem Schriftbild. Hierin wird der Inhalt der Aussagen der Herren S.C. und G.A. detailliert wiedergegeben. Die Behauptung des Klägers, dass die Darstellung der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat unvollständig oder irreführend sei, wird von der Kammer nicht geteilt. Weder musste die Beklagte darauf hinweisen, dass Herr S.C. nicht im Betrieb der Beklagten tätig ist (dies ergibt sich im Übrigen daraus, dass die Beklagte Positionen von Herrn S.C. als „Fluide Product Manager V. Sales S.“ bezeichnet ist) noch, dass das AGG auch keine Anwendung finde. Es ist nicht Aufgabe der Beklagten, gegenüber dem Betriebsrat ein Rechtsgutachten zu erstellen. Sofern die Beklagte – und daran zu zweifeln hat die Kammer keinen Anlass – davon ausgeht, dass die Aussagen der Beschwerdeführer in S. wahr sind, konnte diese in ihrer Betriebsratsanhörung dies ebenso darstellen. Die Erwähnung „potentieller Zeugen“ erübrigt sich jedenfalls dann, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Gegenteiliges bezeugen könnten. Auch im Übrigen ist – wie dargestellt – eine subjektiver Maßstab anzusetzen; dies gilt auch für Formulierungen wie „wiederholtes Fehlverhalten“, was auch dahingehend zu verstehen ist, dass der Kläger Herrn S.C. an diesem Abend zweimal berührt haben soll. Das Gespräch der Parteien am 28.02.2012 hatte mit dem Kündigungsvorwurf nichts zu tun und war daher auch nicht zu erwähnen. Die Darstellung der am 14.03.2012 erfolgten Anhörung des Klägers zur auszusprechenden Verdachtskündigung ist ebenfalls weder irreführend noch unvollständig.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass im letzten Absatz des Anhörungsschreibens erwähnt ist, dass der Betriebsratsvorsitzende um eine Übersetzung der englischen Texte gebeten hat. Zwar können Hinweise oder Fragen des Betriebsrats vor oder während des Anhörungsverfahrens zur weitergehenden Unterrichtungspflichten führen, wenn der Arbeitgeber durch diese erkennen kann, dass seine Unterrichtung unvollständig war (BAG, Urteil vom 17.02.2000, 2 AZR 913/98). Diesen Unterrichtungspflichten ist die Beklagte jedoch vorgehend dadurch nachgekommen, dass sie die betriebsintern von einer Übersetzerin angefertigte Übersetzung dem Betriebsrat noch am selben Tage, dem 16.03.2012, zugeleitet hat. Diesem Vortrag der Beklagten ist der Kläger nicht entgegen getreten. Dass sich der Betriebsrat für ausreichend informiert hielt, ergibt sich sodann aus dem Wortlaut der Stellungnahme vom 19.03.2012, in der es wörtlich heißt: „Wir haben O.A. Kündigung abschließend zur Kenntnis genommen und werden uns nicht weiter äußern.“

2. Die Kündigung ist nicht unwirksam nach § 174 S. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, wie beispielsweise eine Kündigung, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, dann unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Nach Satz 2 der Vorschrift ist die Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Eine konkludente Mitteilung der Bevollmächtigung ist hierbei ausreichend. Eine solche ist dann gegeben, wenn der Arbeitgeber den Kündigenden auf eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist (KR/Friedrich, 10. Auflage, § 13 KSchG Rdn. 345). Nach ständiger Rechtsprechung des BAG (BAG, Urteil vom 13.05.1972, 2 AZR 298/71; BAG, Urteil vom 06.02.1997, 2 AZR 128/96) bedeutet die Berufung eines Mitarbeiters in die Stellung als Leiter der Personalabteilung in der Regel, dass diese Person zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen berechtigt ist. Eine Zurückweisung der Kündigung mangels Vollmachtsvorlage scheidet daher in diesen Fällen nach § 174 S. 2 BGB aus.

So ist es vorliegend. Herr H. ist Leiter der Personalabteilung und hat die Kündigung unterschrieben. Die Tatsache, dass der kaufmännische Leiter, Herr D. B., ebenfalls unterschrieben hat, ändert hieran nichts. Nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Berlin (Urteil vom 28.06.2006, 15 Sa 632/06, BB 2007, 468) ist § 174 BGB zwar in dem Fall, in dem zwei Personen den Arbeitgeber nach außen gemeinsam vertreten, auf jede diese Person anwendbar, mit der Folge, dass dann, wenn auch nur für eine der beiden Personen die Vollmacht nicht vorgelegt wird, die Kündigung insgesamt zurückgewiesen werden kann. In dem entschiedenen Fall bestand jedoch die Besonderheit, dass bei der dortigen Arbeitgeberin das Personalmanagement ähnlich einer GmbH geführt wurde. Die zuständigen Leiter wurden als „Geschäftsführer“ bezeichnet und waren gemäß der erteilten Handlungsvollmacht nur zusammen mit einem anderen Berechtigten zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Dies ist vorliegend bei Herrn H., dem alleinigen Personalleiter, nicht der Fall. Im Gegensatz zu dem vom LAG Berlin entschiedenen Fall hat die Beklagte vorliegend gerade nicht geregelt, dass sie nach außen durch zwei Personen gemeinsam vertreten wird. Allein die Tatsache, dass eine weitere Person die Kündigung mitunterschreibt, beispielsweise die Sekretärin des Personalleiters oder wie vorliegend, der kaufmännische Leiter, führt auf Seiten des die Kündigung erhaltenen Arbeitnehmers nicht zu einer Ungewissheit darüber, ob das Rechtsgeschäft von einem wirklich Bevollmächtigten ausgehe und der Vertretene dasselbe für sich gelten lassen müsse. Sinn und Zweck von § 174 BGB ist, dem Empfänger eines einseitigen Rechtsgeschäfts eine solche Gewissheit zu verschaffen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist dies jedoch dann nicht erforderlich, wenn aufgrund des Inkenntnissetzens durch den Vollmachtgeber eine Ungewissheit gerade nicht besteht. Die Stellung des Personalleiters wird nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, Urteil vom 29.10.1992, 2 AZR 460/92) auch nicht dadurch berührt, dass eine interne Geschäftsordnung die Einschaltung übergeordneter Gremien verlangt. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Personalleiters im Innenverhältnis ändert daher nichts daran, dass dieser nach außen wirksam kündigen kann. Die Beklagte hat vorliegend dargelegt, dass der Personalleiter nach außen allein kündigungsbefugt war, und kein Fall der Gesamtvertretung vorliegt. Dem ist der Kläger nicht mit substantiiertem Sachvortrag entgegen getreten.

Hierbei ist auch zu sehen, dass nach dem heute in Unternehmen vielfach geltendem Vier-Augen-Prinzip ein Erfordernis zur internen Absprache insbesondere bei personellen Entscheidungen besteht (vgl. insoweit zu rein internen Wirkung: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.04.2012, 13 Sa 135/11, Rn. 23). Eine Ungewissheit des Klägers hinsichtlich der Kündigungsbefugnis des zuständigen Personalleiters ergibt sich daher nicht daraus, dass der kaufmännische Leiter Herr B. zusätzlich unterschrieben hat. Selbst wenn man jedoch der Auffassung wäre, dass auch Herr B. eine entsprechende Vollmachtsurkunde hätte vorlegen müssen, so ist die Kündigung nicht unwirksam nach § 174 S. 1 BGB. Hierfür sind zwei Gründe maßgeblich. Zum einen enthält der Schriftsatz des Klägers vom 22.03.2012 zwar auf Seite 5 den Satz „jedenfalls aber wurde keine entsprechende Vollmacht zusammen mit der Kündigung übergeben“ und auf Seite 8 einen Passus, wonach die Kündigung zurückgewiesen wird. Im Rahmen von § 174 S. 1 BGB muss die Kündigung gerade wegen der fehlenden Vorlage der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen werden (KR/Friedrich, 10. Auflage, § 13 KSchG, Rdn. 347 m.w.N.). Es ist hierbei ausreichend, wenn sich der Grund der Zurückweisung aus den Umständen eindeutig ergibt und für den Vertragspartner erkennbar ist. Dies ist nicht der Fall, wenn nur festgestellt wird, dass eine entsprechende Vollmacht zusammen mit der Kündigung nicht übergeben wurde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zweiten Satz des letzten Abschnitts von Seite 8 des Schreibens des Klägers vom 22.03.2012. In dem Textpassagen des vorliegenden Satz führt der Kläger aus, dass ihm die Arbeit in der neuen Abteilung viel Spaß gemacht habe und ihn die jetzige Kündigung daher in eine tiefe Depression mit Panikattacken versetze sowie ferner, dass er momentan einen weiteren Verein betreue, der sich um bedürftige Menschen in Polen und Russland kümmere. Wenn der Kläger unmittelbar hierauf ausführt, dass er „aus den oben genannten Gründen“ die Kündigung zurückweise und seinen Arbeitgeber bitte, ihm seine beruflichen Zukunftspläne nicht zu zerstören, kann dies für einen verständigen Leser nur dahingehend verstanden werden, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Situation einen Appell an seinen Arbeitgeber richtet, die Kündigung noch einmal zu überdenken. Ein Zusammenhang der beiden 3 Seiten voneinander entfernten Sätze ist für einen normalen Empfänger der Willenserklärungen nicht ersichtlich.

Auch ergibt sich aus dem Gesamtinhalt des Schreibens vom 22.03.2012 nicht, dass die Kündigung deshalb oder aus anderen Rechtsgründen zurückgewiesen werden soll, vielmehr appelliert der Kläger an das Gewissen seiner Arbeitgeberin und bittet diese, ihre Entscheidung im Hinblick auf die Kündigung noch einmal zu überdenken. Eine Zurückweisung liegt hierin nicht.

Selbst wenn man jedoch annähme, dass seine Zurückweisung der Kündigung in dem Schreiben vom 22.03.2012 hinreichend zum Ausdruck kommt, ist die Kammer der Auffassung, dass das Berufen des Klägers auf die Zurückweisung rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich ist.

Das Schreiben des Klägers vom 22.03.2012 zeichnet sich in seiner gesamten Diktion sowie der geschilderten Inhalte dadurch aus, dass ein kürzlich gekündigter Arbeitnehmer seiner Erschütterung über den Verlust des Arbeitsplatzes Ausdruck gibt. Über Seiten werden private Dinge in einer mitleiderregenden Ausdrucksweise geschildert. Der Kläger beklagt das seelische Unglück seiner nicht krankenversicherten Fische, die Arbeitslosigkeit seines Lebenspartners, die fehlende Finanzkraft des Umweltvereins BUND und die mangelnde Kaufkraft des Euro. Er ergeht sich in Darstellungen über glückliche Kinder, die sich über Zuwendungen ihrer nicht arbeitslosen Eltern freuen, über die eigene Sentimentalität angesichts der Missstände dieser Welt, über die Einsamkeit älterer Menschen und beschreibt seine Freude dabei, wenn er als Umweltaktivist bei Demonstrationen im Rollstuhl sitzende Frauen mit kleinen Präsenten beglücken kann. Eingebettet in eine lobende Darstellung seiner Einführung in die betriebliche Tätigkeit durch Mitarbeiter der Beklagten findet sich sodann – völlig ohne Sinnzusammenhang – der einzelne, leicht zu überlesende Satz „jedenfalls aber wurde keine entsprechende Vollmacht zusammen mit der Kündigung übergeben“, direkt gefolgt von Aussagen, die mit den vorhergehenden Sätzen in inhaltlichem Zusammenhang stehen.

Die dahinterstehende Absicht ist klar: Der Satz soll überlesen werden. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass nach Erscheinungsbild und Diktion des Schreibens der Leser den Eindruck gewinnen soll, dass es sich um einen Appell an den Arbeitgeber handelt, die Kündigung aufgrund der persönlichen Schwierigkeiten des Klägers noch einmal zu überdenken. Zum anderen sind die beiden, an sich zusammengehörigen Sätze der Feststellung der Nichtvorlage der Vollmacht und der Zurückweisung der Kündigung aus diesen Gründen derart weit voneinander im Text entfernt, nämlich auf den Seiten 5 und 8, dass die Gefahr, sie zu übersehen, hierdurch noch vergrößert wird. Der Kläger verbirgt seine wahren Absichten, die Unwirksamkeit der Kündigung aus formalen Gründen geltend zu machen, hinter einer Darlegung seiner persönlichen Situation, die Mitleid erregen soll. Zudem liegt es nahe, dass angesichts des Inhalts des Schreibens, das schon auf Seite 1 von nicht krankenversicherten Fischen handelt, die in einem Tierheim unglücklich wären, dieses vom Empfänger allenfalls kursiv gelesen wird. Es wird der Eindruck erweckt, dass der Kläger gerade keine rechtserheblichen Erklärungen abgeben möchte, sondern allgemein die Ungerechtigkeiten dieser Welt beklagt. Genau dieses Risiko hat sich verwirklicht: Der Geschäftsführer der Beklagten, Herr G., hat das Schreiben des Klägers gelesen und ihm hierauf am 28.03.2012 eine sehr empathische Antwort zukommen lassen, in der er versucht, dem Kläger Hoffnung für die Zukunft zu geben und ihm dabei viel Kraft und Ideen wünscht. Wenn sich der Kläger nunmehr erstmals am 15.10.2012 auf die formelle Unwirksamkeit der Kündigung beruft, verstößt dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben aus § 242 BGB.

Diese Vorschrift normiert den das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz, dass jedermann in Ausübung seiner Rechte und in Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat (Palandt/Grüneberg § 242 Rdn. 1). Hierbei enthält § 242 einen „offenen“ Tatbestand und muss in den einzelnen Funktionskreisen der Vorschrift wertend konkretisiert werden (Palandt/ Grüneberg § 242 Rdn. 2). Einer dieser Funktionskreise ist die „Schrankenfunktion“: Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten und Rechtspositionen immanente Schranke; aus ihm ergibt sich ein Verbot unzulässiger Rechtsausübung in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen (Palandt/ Grüneberg § 242 Rdn. 38). Bei Rechtsmissbrauch geht es typischerweise darum, dass die Ausübung eines individuellen Rechts als treuwidrig und unzulässig beanstandet wird. Der Grundsatz von Treu und Glauben besteht hier als Gebot der Redlichkeit und hat eine allgemeine Schrankenfunktion in Bezug auf subjektive Rechtsinstitute und Rechtsnormen (Palandt/ Grüneberg 242 Rdn. 40).

Vorliegend ergibt sich das rechtsmissbräuchliche Verhalten daraus, dass der Kläger sich ein Recht, nämlich das der Zurückweisung der Kündigung, dadurch erschleicht, dass er die hierfür erforderlichen Erklärungen in ein Gewand kleidet, das ersichtlich dazu dient, dass sein Vertragspartner die Geltendmachung dieses Rechts nicht erkennen soll. Dies führt dazu, dass die Beklagte auch nicht die bei wirksamer Zurückweisung einer Kündigung gegebene Möglichkeit nutzen konnte, die Kündigung nochmals, diesmal unter Beachtung aller formalen Erfordernisse, auszusprechen. Dies erscheint auch insbesondere deshalb unbillig, als dass § 174 S. 1 BGB das Zurückweisungsrecht an enge zeitliche Voraussetzungen knüpft: Der Arbeitnehmer soll sich nur dann auf die fehlende Vollmachtsvorlage berufen können, wenn er dies unverzüglich geltend macht. „Unverzüglichkeit“ liegt nach der Rechtsprechung des BAG bereits dann nicht mehr vor, wenn die Rüge später als eine Woche nach der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung erfolgt (BAG, Urteil vom 08.12.2011, 6 AZR 354/10). Das Erfordernis der Unverzüglichkeit dient dem Interesse des die Kündigung Erklärenden und daran, alsbald zu erfahren, ob die Wirksamkeit der Kündigung unter formalen Gesichtspunkten in Frage gestellt wird (BAG, Urteil vom 08.12.2011, 6 AZR 354/10). Das gilt insbesondere in Fällen, in denen die Möglichkeit einer Nachkündigung an eine Frist gebunden ist (BAG a.a.O.). Genau dieses Risiko würde sich vorliegend verwirklichen: Die Beklagte könnte sich nunmehr nicht mehr auf ein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB stützen, da die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB abgelaufen wäre. Schwerer noch wiegt der Nachteil der Nachkündigung mit erheblicher Verzögerung: Die Beklagte könnte nun nur auf einen sieben Monate späteren Kündigungstermin kündigen.

Indem der Kläger seine wahren Absichten, nämlich die Kündigung aus formalen Gründen zurückzuweisen, verschleiert, schafft er zugleich einen Vertrauenstatbestand für die Beklagte, die sich darauf verlässt, dass die Kündigung jedenfalls nicht aufgrund fehlender Vollmachtsvorlage zurückgewiesen wird. Sein Verhalten ist widersprüchlich und daher als rechtsmissbräuchliches Verhalten (venire contra factum proprium) unbeachtlich.

3. Das zur Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB Dargestellte gilt gleichermaßen für die Rüge des Klägers, Herr H. sei nicht berechtigt gewesen, die Kündigung alleine auszusprechen. Nach § 180 BGB ist bei einem einseitigen Rechtsgeschäft (wie der Kündigung) Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Nur dann, wenn der Empfänger die behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet, finden die Vorschriften über Verträge, also u. a. über die Genehmigung des Handels eines Vertreters ohne Vertretungsmacht, Anwendung. „Beanstandung“ ist gleichbedeutend mit „unverzüglich zurückweisen“ im Sinne von § 174 BGB. Da sich der Satz „es fehlte die Berechtigung, die Kündigung alleine auszusprechen“ auf Seite 2 des Schreibens absatzlos eingebettet in einem Text über den BUND befindet, ist das Berufen hierauf jedenfalls rechtsmissbräuchlich.

4. Der Beklagten steht jedoch kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur Seite, der dazu führt, dass ihr die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

a) Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses stellt ein Ausnahmerecht zur Reaktion auf gravierende Störungen des Vertragsverhältnisses dar (HaKo/Gieseler § 626 BGB Rn. 4 m.w.N.). Zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung bedarf es eines wichtigen Grundes, § 626 Abs. 1 BGB. Dieser ist nach der Zweistufenlehre des BAG in zwei Schritten zu untersuchen. Zunächst ist zu prüfen, ob der kündigungsrelevante Sachverhalte ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Nur dann, wenn dies der Fall ist, folgt als zweiter Schritt die Prüfung, ob dem Kündigenden unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist (HaKo/Gieseler § 626 BGB, Rn. 55 m.w.N.). Bezieht sich der Kündigungsgrund auf ein strafbares oder sonstiges vertragswidriges Verhalten des Vertragspartners, ist zu differenzieren zwischen einer Tatkündigung und einer Verdachtskündigung. Bei einer Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgeblich die Überzeugung des Kündigenden, der Vertragspartner habe die Tat bzw. die Pflichtverletzung tatsächlich begangen, während bei der Verdachtskündigung allein der dringende Verdacht, dass der Vertragspartner sich auf entsprechende Weise verhalten haben könnte, das erforderliche Vertrauen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in einem derartigen Maß stört, dass dem anderen das Festhalten hieran nicht zumutbar ist.

b) Eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch einen Arbeitnehmer ist grundsätzlich geeignet, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung – ggf. auch ohne Abmahnung – zu rechtfertigen. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein erhebliches Fehlverhalten des betreffenden Arbeitnehmers. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in § 12 Abs. 3 AGG ein abgestufter Maßnahmenkatalog normiert ist, der die dem Arbeitgeber möglichen Instrumente aufzeigt, mit denen dieser einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz begegnen kann. § 12 Abs. 3 AGG trägt damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung: Je nach Schwere des Fehlverhaltens hat der Arbeitgeber „die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen“ zur Unterbindung der Benachteiligung zu ergreifen. Beispielhaft genannt werden Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung. Diesen Grundsätzen, welche zuvor bereits aus § 3 Abs. 3 BeschSchutzG abgeleitet wurden, trägt die Rechtsprechung Rechnung: So hielt das LAG Hamburg (Urteil vom 21.10.1998, 4 Sa 53/98) eine außerordentliche Kündigung eines Krankenpflegers für unwirksam, welcher wiederholt Mitarbeiterinnen dahingehend sexuell belästigt hatte, dass er diese gegen ihren Willen umarmt hatte, sie sexuell motiviert angesprochen und versucht hatte, körperlichen Kontakt zu erzwingen. Eine außerordentliche Kündigung wurde vom LAG Rheinland-Pfalz (Urt. v. 24.10.2001, 9 Sa 853/01) bestätigt in Bezug auf einen Arbeitnehmer, der per SMS an eine Auszubildende folgenden Text gesandt hatte: „Hallo B…, du geiles Etwas, heute komme ich zu dir, dann bumsen wir eine Runde“. Hierbei wurde u. a. darauf abgestellt, dass es sich bei der Auszubildenden um eine besonders schwache Arbeitnehmerin handelte, der jegliche praktische Arbeitserfahrung fehlte und die daher in einer Art Abhängigkeitsverhältnis zum Täter stand. Mit Urteil vom 25.03.2004 (2 AZR 341/03) hatte das BAG einen Fall zu beurteilen, in dem es zwischen einem Reiseleiter und der ihm unterstellten Mitarbeiterin anlässlich einer Dienstfahrt zu mehrfachen massiven sexuellen Handlungen gekommen war. Das BAG führt hierzu aus, dass dann, wenn sich bei weiterer Aufklärung herausstellen würde, dass die sexuellen Handlungen gegen den erkennbaren Willen der Frau vorgenommen wären, von einem wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB jedenfalls dann ausgegangen werden könne, wenn es sich bei dieser sexuellen Belästigung nicht um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, sondern der Arbeitnehmer auch andere Mitarbeiterinnen immer wieder durch Worte und Taten belästigt haben sollte. Das LAG Schleswig-Holstein hielt in einem Fall, in dem der Kläger zwei Mitarbeiterinnen durch Zeigen pornographischer Fotos sowie durch einen nächtlichen Anruf mit obszönen Äußerungen belästigt hatte, dass hierdurch eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, sah jedoch eine fristgemäße Kündigung als sozial gerechtfertigt an (Urt.l v. 04.03.2009, 3 Sa 410/08). Mit Entscheidung vom 12.03.2009 (2 ABR 24/08) hat das BAG entschieden, dass der dringende Verdacht gegenüber einem Krankenpfleger, eine seelisch erkrankte Patientin für sexuelle Handlungen missbraucht zu haben, an sich als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB geeignet sei. Im entschiedenen Fall stellte das BAG vor allem darauf ab, dass die missbrauchte Patientin dem Pfleger zur Betreuung anvertraut war und er diese unter Ausnutzung von Krankheit oder Hilfsbedürftigkeit ausnutzte. Dabei wurde dem Krankenpfleger vorgeworfen, die Patientin zum Oralverkehr genötigt zu haben.

c) Im vorliegenden Fall stellt der dem Kläger vorgeworfene Kündigungssachverhalt bereits ohne Berücksichtigung besonderen Umstände des Einzelfalles keinen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar. Unterstellt man den Lebenssachverhalt so, wie ihn die Beklagte behauptet, hat der Kläger Herrn S.C. einmal am Bauch berührt und ihn kurze Zeit später von hinten umarmt und sich einmalig an ihn gedrückt.

Das Berühren des Herrn S.C. in der Magengegend als sexuelle Handlung einzustufen, fällt bereits schwer. Nach der Darstellung der Beklagten war der Kläger unterwegs in Richtung Toilette und ging an dem sich dort mit anderen Personen unterhaltenden S.C. vorbei. Eine Berührung der Magengegend unter diesen Umständen legt den Schluss auf eine sexuelle Motivation nicht nahe. Nach § 3 Abs. 4 AGG ist eine sexuelle Belästigung jedes unerwünschte, sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt. Hierzu gehören auch bestimmte körperliche Berührungen und Bemerkungen sexuellen Inhalts (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.03.2009, 3 Sa 410/08). Ein Fassen mit der Hand in die Magengegend betrifft keine Stelle, die mit sexuellen Funktionen des Körpers in Zusammenhang steht. Eine sexuelle Bewertung dieses Verhaltens ergibt sich auch nicht aus anderen Indizien wie beispielsweise einem begleitenden Kommentar.

Anderes gilt für den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe Herrn S.C. auf Höhe der Magengegend mit den Armen umschlugen und sich von hinten an ihn gepresst. Dieses Verhalten ist sicher nicht mehr als sozial adäquates Verhalten zu sehen, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um einen geselligen Abend handelte und nicht um eine rein geschäftliche Situation. Ein derartiger enger Körperkontakt erweckt beim hiervon Betroffenen ohne große Phantasie den Eindruck der sexuellen Motivation; dies unabhängig davon, ob er von einem Mann oder einer Frau ausgeführt wird.

Gleichwohl stellt es kein Verhalten dar, das – auch in Zusammenschau mit dem Anfassen der Magengegend – die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte unzumutbar macht. Vielmehr wäre es der Beklagten in einem solchen Falle möglich, weiteres Fehlverhalten des Klägers beispielsweise durch eine Abmahnung zu unterbinden. Davon, dass der Kläger sich eine solche nicht zur Warnung hätte gereichen lassen, konnte die Beklagte vorliegend nicht ausgehen. Gerade unter Berücksichtigung der speziellen Normierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in § 12 Abs. 3 AGG war die Beklagte verpflichtet, das verhältnismäßige Mittel in Bezug auf die Pflichtverletzung des Klägers zu wählen. Insbesondere im Vergleich mit den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen zeigt sich vorliegend, dass das Fehlverhalten des Klägers, so wie es die Beklagte behauptet, nicht gravierend war. Zum einen erfolgte dies im Rahmen einer geselligen Zusammenkunft. Diese war zwar geschäftlicher Art und fand nicht als reine Privatveranstaltung statt. Gleichwohl sind die Verhaltensanforderungen im Rahmen eines solchen Abendessens nicht genauso streng wie im Bereich der übrigen geschäftlichen Tätigkeiten. Zum anderen betraf das Verhalten auch keineswegs einen Kollegen des Klägers, welcher ihm unterstellt gewesen wäre oder in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Kläger gestanden hätte. Vielmehr ist Herr S.C. ein Mitarbeiter der a. Schwestergesellschaft, der für sich keine negativen Konsequenzen zu befürchten hat, wenn er das Verhalten des Klägers seinem Vorgesetzten gegenüber anzeigt.

Auch war zu sehen, dass Herr S.C. den Vorfall für sich nicht als derart gravierend angesehen hat, dass er diesen unverzüglich zum Gegenstand einer Beschwerde gemacht hätte. Vielmehr war es so, dass er diesen Fall zwar gegenüber seinem Vorgesetzten erwähnte, jedoch erst nach einem Monat Zuwartens eine förmliche Beschwerde aufsetzte. Angesichts der Tatsache, dass Herr S.C. nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Kläger stand, dürfte der rund für eine derartige Verzögerung nur der gewesen sein, dass Herr S.C. den Vorfall zunächst als für sich nicht zu einem zwingenden Handlungsbedarf führend angesehen hat.

Zudem ist nicht auszuschließen, dass der alkoholabhängige Kläger am Abend des 07.02.2012 alkoholisiert war und in einem hierdurch enthemmten Zustand die Grenze sozialadäquaten Verhaltens überschritten hat. Die Einlassungen des Klägers diesbezüglich sind in sich widersprüchlich: sie reichen von erheblicher Alkoholisierung bis zu der seitenweisen Schilderung eines Entzugsdeliriums infolge tagelanger Abstinenz und weisen eher den Charakter ausführlicher Spekulationen ohne konkreten Sachverhaltsvortrag auf. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine erkennbare Trunkenheit ergeben sich aber auch nicht aus dem Vortrag der Beklagten oder den Zeugenschilderungen. Dass der Kläger alkoholabhängig ist, ist jedoch ebenso unstreitig wie die Tatsache, dass am 17.02.2012 Alkohol konsumiert wurde. Eine alkoholbedingte Beeinflussung des Klägers ist daher nicht unwahrscheinlich.

d) Selbst wenn man jedoch den Sachverhalt als geeignet ansieht, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen, scheitert die Kündigung jedenfalls an der Interessenabwägung im konkreten Fall. Der Kläger ist bei der Beklagten seit 13 Jahren unbeanstandet tätig. Weder im Hinblick auf allgemeine Vertragspflichtverletzungen noch in Bezug auf die spezielle Pflichtverletzung der sexuellen Belästigung liegen Hinweise auf ein früheres Fehlverhalten des Klägers vor. Zwar sieht die Kammer auch das Interesse der Beklagten, sexuellen Belästigungen im Unternehmen bzw. im Konzern nachhaltig entgegenzutreten. Angesichts der schwerwiegenden Folgen einer fristlosen Kündigung für den Kläger hatte die Interessenabwägung jedoch zugunsten des Klägers auszufallen.

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil konzernweit der „code of conduct“ Anwendung findet. Dieser reduziert nicht die Anforderungen, die nach § 626 Abs. 1 BGB an den Kündigungsgrund zu stellen sind.

Diese Ausführungen gelten sowohl für die ausgesprochene Verdachts- als auch die nachgeschobene Tatkündigung. Weder bei Unterstellung des von der Beklagten behaupteten Sachverhalts als begangene Tat noch im Falle eines dringenden Verdachts selbiger ist vorliegend eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.

B

Hilfsweise ordentliche Kündigung

I.

Zulässigkeit

Die Kündigungsschutzklage ist auch hier zulässigerweise erhoben, § 4 KSchG.

II.

Begründetheit

Die Klage ist auch in Bezug auf die hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung der Beklagten begründet.

1. Die ordentliche Kündigung ist nicht unwirksam gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Dies ergibt sich in Bezug auf den Inhalt des Anhörungsschreibens aus den oben unter A II 1. dargestellten Aspekten.

Die Anhörung des Betriebsrats erfolgte auch in Bezug auf die hilfsweise ordentliche Kündigung. Will der Arbeitgeber neben einer fristlosen hilfsweise eine ordentliche Kündigung aussprechen, bedarf es einer entsprechenden Mitteilung an den Betriebsrat (BAG, Urteil vom 16.03.1978, 2 AZR 424/76). Hierbei war allerdings zu sehen, dass der Text unterhalb der Überschrift den Satz beinhaltet „… Wir beabsichtigten, dem Mitarbeiter … eine außerordentliche Kündigung nach Einhaltung der Anhörungsfrist auszusprechen.“. Auf diesen Satz stützt der Kläger seine Auffassung, der Betriebsrat sei tatsächlich nur zu einer außerordentlichen Kündigung angehört worden. Dem steht der eindeutige Wortlaut der (fettgedruckten) Überschrift des Anhörungsschreibens entgegen. Hiernach soll die Anhörung erfolgen zur „außerordentlichen Kündigung, hilfsweise aus den gleichen Gründen zur ordentlichen Kündigung zum 2012-09-30 …“. Zudem hat die Beklagte vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, sie habe den Betriebsrat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der hilfsweise Ausspruch einer ordentlichen Kündigung beabsichtigt sei. Die Anhörung des Betriebsrats ist daher vorliegend auch zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung zum 30.09.2012 erfolgt.

2. Die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung scheitert auch nicht an einer Zurückweisung der Kündigung nach § 174 Abs. 1 BGB bzw. einer Beanstandung der fehlenden Vertretungsberechtigung nach § 180 S. 1 BGB. Insoweit wird auf die Darstellung unter A II. 2. und 3. verwiesen.

3. Die ausgesprochene fristlose Kündigung ist auch nicht als ordentliche Kündigung wirksam, denn sie ist sozial ungerechtfertigt nach § 1 Abs. 1, 2 KSchG. Wie oben zur außerordentlichen Kündigung bereits dargestellt, ist das dem Kläger von der Beklagten vorgeworfene Verhalten nicht derart gravierend, als dass es ohne Ausspruch einer entsprechenden Abmahnung zur Kündigung einen hinreichenden Anlass gibt. Zwar sind bei der verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung keine derart hohe Anforderungen an den Kündigungsgrund zu stellen, wie dies im Rahmen von § 626 Ab. 1 BGB der Fall ist. Gleichwohl bedarf es auch für eine verhaltensbedingte Kündigung nach dem sog. Prognoseprinzip eines Kündigungsgrundes, angesichts dessen eine negative Prognose in der Weise besteht, dass aus der konkreten Vertragspflichtverletzung geschlossen werden kann, dass eine gedeihliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zu erwarten ist. Grundsätzlich hat einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung vorauszugehen. Diese ist nur dann entbehrlich, wenn im Einzelfall eine Verhaltensänderung nicht erwartet werden kann oder die Vertragspflichtverletzung selbst zu einer fortdauernden Störung des Arbeitsverhältnisses führt (HaKo/Fiebig/Zimmermann. § 1 Teil D Rn. 251 ff). Diese Grundsätze gelten zwar im Bereich der Verdachtskündigung insoweit nicht, als dass eine Abmahnung kein gegenüber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses milderes Mittel darstellt, denn hier besteht der Kündigungsgrund gerade darin, dass der Verdacht eines nicht erwiesenen Verhaltens das erforderliche Vertrauen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zerstört (HaKo/Fiebig/Zimmermann § 1 Teil d Rdn. 256). Dennoch ist vorliegend die Bewertung auf die Verdachtskündigung zu übertragen, denn wenn bei erwiesener Tat die Abmahnung das geeignete mildere Mittel und damit erforderlich gewesen wäre, muss dies erst recht für die Kündigung wegen des bloßen Verdachts der Tatbegehung gelten (HaKo/Fiebig/Zimmermann § 1 Teil d Rdn. 256).

Angesichts der Art des Fehlverhaltens, welches dem Kläger vorgeworfen wird, sowie der Tatumstände ist davon auszugehen, dass eine Abmahnung zur Verhaltensänderung des Klägers geführt hätte. Der Kläger hat zuvor kein ähnliches Fehlverhalten gezeigt und es gibt auch keine anderen Anhaltspunkte, die dafür sprechen würden, dass eine Verhaltensänderung des Klägers nicht erwartet werden konnte. Die einmalige, nach Auffassung der Kammer geringgradige sexuelle Belästigung eines dem Konzern angehörigen Mitarbeiters führt auch nicht zu einer fortdauernden Störung des Arbeitsverhältnisses, welche den Ausspruch einer Abmahnung obsolet machen würde.

Dies gilt umso mehr, als dass unklar blieb, inwieweit die dem Kläger vorgeworfene Handlung unter Alkoholeinfluss stattfand. Der Kläger ist unstreitig alkoholkrank, hat aber nach dem Gespräch mit den Mitarbeitern der Beklagten am 28.02.2012, bei dem seine Alkoholsucht thematisiert wurde, alsbald eine Entgiftung mit anschließender Therapie bereits vor Zugang der Kündigung eingeleitet. Zwar bestehen nach Ansicht der Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in einem die Schuldfähigkeit ausschließenden Zustand der Volltrunkenheit gehandelt haben könnte, jedoch ist eine alkoholbedingte Beeinflussung des Klägers zum Tatzeitpunkt nicht auszuschließen. Auch dies spricht eher dafür, dass sich der Kläger, der sich unverzüglich einer Alkoholtherapie unterzogen hat, in Zukunft vertragstreu verhalten hätte.

C

Auflösungsantrag

I.

Zulässigkeit

Der Auflösungsantrag der Beklagten ist zulässig. Er wurde nach § 9 KSchG im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses erhoben.

Hinsichtlich einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht berechtigt, einen Auflösungsantrag zu stellen. Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 1 S. 3 KSchG, wonach im Fall der außerordentlichen Kündigung nur der Arbeitnehmer berechtigt sein soll, einen Auflösungsantrag zu stellen. Hat der Arbeitgeber jedoch neben der außerordentlichen Kündigung noch eine vorsorgliche ordentliche Kündigung erklärt, so ergibt sich das Recht, einen Auflösungsantrag zu stellen aus § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG (HaKo/Gieseler § 13 Rdn.23).

II.

Begründetheit

Der Aufhebungsantrag ist auch begründet.

Das Arbeitsverhältnis wurde weder durch die fristlose noch die hilfsweise ausgesprochene Kündigung aufgelöst, aber es liegen Gründe vor, die eine dem Betriebszweck dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Kläger und Beklagter nicht erwarten lassen.

1. Voraussetzung für die gerichtliche Auflösung nach § 9 KSchG ist grundsätzlich die Feststellung der Sozialwidrigkeit der Kündigung. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist – wie oben dargestellt – sozial nicht gerechtfertigt und damit sozialwidrig.

Die Kündigung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Insbesondere scheitert sie nicht an einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsbeteiligung, da der Betriebsrat umfassend sowohl zur fristlosen als auch zur hilfsweise ordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 16.03.2012 angehört worden ist.

Die Kündigung ist auch nicht unwirksam nach § 174 S. 1 oder § 180 S. 1 BGB. Selbst wenn dies jedoch der Fall wäre, würde dies einem Auflösungsantrag der Beklagten der Beklagten deshalb nicht entgegenstehen, weil diese Vorschriften keine Schutznormen zugunsten des Arbeitnehmers darstellen (zur Schutznormrechtsprechung des BAG vgl. BAG, Urteil vom 10.11.1994, 2 AZR 207/94).

2. Der Beklagten stehen Gründe zur Seite, die ihren Auflösungsantrag rechtfertigen.

a) Ein Auflösungsgrund ist vorliegend erforderlich; der Kläger ist kein leitender Angestellter im Sinne von § 14 KSchG.

b) Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers setzt das Vorliegen von Gründen voraus, die eine dem Betriebszweck dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Bei dem Begriff der Unzumutbarkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der dem Tatsachengericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles einen Beurteilungsspielraum eröffnet (HaKo/Fiebig/Gieseler § 9 Rdn. 60). Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber kommen Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen (BAG, Urt.l v. 24.03.2011, 2 AZR 674/09). Hierbei ist zu beachten, dass an die Auflösungsgründe grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind, da das Kündigungsschutzgesetz die Auflösung des Arbeitsverhältnisses trotz Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zulässt. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG, Urt. v. 23.06.2005, 2 AZR 256/04; BAG, Urt.l v. 24.03.2011, 2 AZR 674/09). Allerdings war die Erwägung, dass es während eines Bestandsschutzstreits zu zusätzlichen Spannungen zwischen den Parteien kommen kann, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen, für die Schaffung der gesetzlichen Regelungen mitbestimmend (BAG, Urt. v. 10.07.2008, 2 AZR 1111/06 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine dem Betrieb dienende weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BAG, Urt. v. 10.06.2010, 2 AZR 297/09, HaKo/Fiebig/Gieseler § 9 Rdn. 63). Vorfälle aus der Zeit nach Ausspruch der Kündigung sind aus diesem Grund in die Prognoseentscheidung einzubeziehen.

c) Im vorliegenden Fall führt das Verhalten des Klägers nach Ausspruch der Kündigung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Im Rahmen einer prozessualen Auseinandersetzung dürfen die Parteien zur Verteidigung von Rechten alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BAG, Urteil vom 24.03.2011, 2 AZR 674/09). Auch dürfen die Beteiligten sich starker, eindringlicher Ausdrücke bedienen, um die eigene Rechtsposition zu unterstreichen, selbst, wenn eine vorsichtigere Formulierung möglich wäre (BAG, a.a.O.). Dies gilt jedoch nur mit in Grenzen der Wahrheitspflicht. Tatsachenbehauptungen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt, dürfen nicht aufgestellt werden (BAG, Urteil vom 23.02.2010, 2 AZR 554/08; BAG, Urteil vom 10.07.2008, 2 AZR 1111/06). Als Auflösungsgrund geeignet sind daher Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen.

aa) Zur Überzeugung der Kammer liegt hier ein Auflösungsgrund bereits in der Erhebung einer völlig überzogenen Entschädigungsklage, im Rahmen deren vom Kläger Behauptungen aufgestellt werden, deren Haltlosigkeit offen zu Tage tritt. Dies beginnt mit der Behauptung, dass die Beklagte am 07.02.2012 einen „Trinkabend“ veranstaltet habe. Der Kläger behauptet hiermit also, dass die Beklagte eine Veranstaltung initiiert habe, bei der es praktisch nur darum ging, Alkohol zu konsumieren und konstruiert einen Zusammenhang in der Weise, dass er, der Kläger, als angeblich bekannter Alkoholiker daran habe teilnehmen müssen. Diese Behauptung ist angesichts der Tatsache, dass hierfür keinerlei tatsächliche Hinweise vorgetragen werden, zumindest ehrenrührig, da der Beklagten damit unterstellt wird, bewusst die Gesundheit des Klägers zu gefährden. Die Beklagte hat den Vortrag bestritten und dargelegt, dass es sich um ein Abendessen im Rahmen der Vertriebskonferenz gehandelt habe. Hinweise darauf, dass die Beklagte vom Alkoholproblem des Klägers bereits zuvor gewusst haben könnte, gibt der Kläger ebenfalls nicht. Auch seine seitenlangen Ausführungen über Alkoholdelirium und darüber, dass die Beklagte sich einer unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht habe liefern keinen fallbezogenen Tatsachenvortrag. Als Begründung wird lediglich herangezogen, dass der Beklagten (wem genau?) habe auffallen müssen, dass der Kläger beim Essen derartig gezittert haben will, dass das Besteck ständig aneinander geschlagen sei. Hieraus einen Zusammenhang zu konstruieren dahingehend, dass eine unterlassene Hilfeleistung durch die Beklagte geschehen sei, ist auch nicht mehr von der Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt. Sie dient allein dazu, eine auch ihrer Höhe nach (dazu siehe unten bb)) überzogene Diskriminierungsklage irgendwie zu begründen.

Gleiches gilt für die Behauptung, dass dem Kläger wegen seiner der Homosexualität gekündigt worden sei. Weder aus der Betriebsratsanhörung noch aus sonstigen Indizien ergibt sich, dass die Kündigung einem heterosexuellen Mitarbeiter bei gleichem Sachverhalt nicht ausgesprochen worden wäre. Die Darstellungen des Klägers finden ihren Höhepunkt in der Behauptung, der Kläger sei als Deutscher diskriminiert worden mit der Begründung, dass ihm der Beschwerdetext des Herrn S.C. in der englischen Sprache vorgelesen worden sei. Diese Schlussfolgerung ist an den Haaren herbei gezogen, da die Geschäftssprache des Klägers englisch war. Das Vorlesen eines kurzen englischen Textes gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Geschäftssprache in großen Teilen englisch ist, stellt keine Benachteiligung dar im Sinne von § 3 AGG. Selbst wenn er das Vorlesen eines nicht übersetzten Textes für sich als nachteilig empfinden sollte, wäre diese Benachteiligung jedenfalls nicht kausal wegen der Eigenschaft des Klägers als Deutscher erfolgt, sondern schlicht deshalb, weil der Beschwerdebrief auf englisch abgefasst war.

Auch die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihm angedroht, bei Nichtunterzeichnen des Aufhebungsvertrages ein Zeugnis zu erteilen, aus dem die sexuelle Belästigung hervorgeht, erweist sich nicht im Ansatz als stichhaltig. Bereits aus dem bisherigen Vorbringen ergibt sich, dass der vom Kläger hierfür als Zeuge benannte Sozialberater Herr J. bei dem Gespräch am 14.03.2012 gar nicht anwesend war. Hierauf angesprochen, vermochte der Klägervertreter auch im Termin vom 18.10.2012 nicht zu erklären, wofür Herr J. benannt wird. Ein solches Vorgehen zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Diskriminierungsklage. Der Kläger stellt Behauptungen auf, die die Grenzen der Wahrnehmung berechtigter Interessen deutlich überschreiten. Dies betrifft beispielsweise auch die Behauptung, eine Person aus dem kleinen Kreis der unterrichteten Personen auf Seiten der Beklagten habe Informationen über das Fehlverhalten des Klägers weiter verbreitet. Dies solle nach dem Vortrag des Klägers den halben Kontinent A. betreffen. Dieser Vortrag dient ersichtlich nur der Stimmungsmache. Gleiches gilt für Behauptungen, der Zeuge G.A. habe ein bekanntes Alkoholproblem sowie die Behauptung, dass bei S.C. und G.A. als Angehörigen der höheren „Herrscherkaste“ eine Homophobie vorliegen würde. Der Kläger überspannt den Rahmen des zulässigen Vortrags auch damit, dass er behauptet, die Beklagte würde ihn als „unbeherrschtes und unberechenbares Sexmonster“ darstellen, das jederzeit wieder zuschlagen könne. Auch dieser Vorwurf entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage und überschreitet deutlich die Grenzen dessen, was im Rahmen einer seriösen Prozessführung erlaubt ist.

Betrachtet man die vom Kläger im Rahmen des Geltendmachungsschreibens vom 11.05.2012 sowie in der darauf folgenden Diskriminierungsklage vorgetragenen Argumente, zeigt sich, dass der Kläger kein noch so fern liegendes Argument auslässt, um seiner Arbeitgeberin diskriminierende Sachverhalte vorzuwerfen. Er lässt es dabei an jeglicher Loyalität fehlen. Auch mit der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses hat dies nichts mehr zu tun, da es gar nicht mehr zentral um die Kündigung als solche bzw. ihrer Folgen für den Kläger geht, sondern nur noch darum, aus einem überschaubaren Lebenssachverhalt größtmögliche Diskriminierungsvorwürfe abzuleiten.

Die einzige nachteilige Behandlung, die der Kläger nach Auffassung der Kammer bisher schlüssig dargelegt hat, ist die erhaltene Kündigung. Dass diese aufgrund eines verpönten Merkmals ausgesprochen sein soll, wird nicht ansatzweise schlüssig vorgetragen. Allein das Vorliegen eines verpönten Merkmals beim gekündigten Arbeitnehmer begründet nicht die Kausalität, dass die Kündigung aus diesem Grund ausgesprochen wurde.

Auch die Tatsache, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 12.09.2012, Abl. 334, erklärt hat, sich in dem Fall, dass seine Angriffe nicht vom Beschwerderecht nach § 13 AGG gedeckt wären, von diesen distanzieren zu wollen, ändert hieran nichts. Grundsätzlich kann ein Auflösungsgrund für den Arbeitgeber auch in einem Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers liegen. Dies gilt zunächst für vom Arbeitnehmer veranlasstes Verhalten des Prozessbevollmächtigten, denn dieses wird dem vertretenen Arbeitnehmer nach § 85 ZPO voll zugerechnet. Für vom Arbeitnehmer nicht veranlasstes Verhalten des Prozessbevollmächtigten gilt dies jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer sich dieses zu eigen macht und sich auch nachträglich nicht von ihm distanziert (BAG, Urteil vom 10.06.2010, 2 AZR 297/09; BAG, Urteil vom 09.09.2010, 2 AZR 432/09). Hier bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Erhebung der Diskriminierungsklage nicht veranlasst haben könnte. Diese wurde mit Schriftsatz vom 11.05.2012 vorbereitet und mit Schriftsatz vom 10.08.2012 erhoben. Der Inhalt der Klagschrift sowie der Inhalt des Geltendmachungsschriftsatzes wird dem Kläger daher voll zugerechnet. Im Übrigen liegt in der Erklärung vom 12.09.2012 kein nachträgliches Distanzieren von konkreten Vorwürfen. Die Erklärung ist daher im Zusammenhang mit dem Auflösungsgrund unerheblich.

bb) Selbst wenn die Klage hinsichtlich der geäußerten Vorwürfe wahrheitsgemäß und in sich schlüssig wäre, wozu angesichts der gravierenden Diskriminierungsvorwürfe ein entsprechender Tatsachenvortrag gehören würde, ist sie jedenfalls in der Höhe völlig überzogen. Dies hat zur Konsequenz, dass der Arbeitgeber seinerseits hohe Kosten der Rechtsverteidigung hat, die er selbst im Falle des Obsiegens gemäß § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht vom Kläger ersetzt verlangen kann. Die Übermäßigkeit der geforderten Entschädigung in Höhe von EUR 240.000,00, entsprechend 34,3 Monatsgehältern, ergibt sich aus Folgendem: Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. In Satz 2 der Vorschrift ist eine Höchstgrenze für den Fall vorgesehen, dass der bei einer Einstellung Diskriminierte auch nach benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre; diese Höchstgrenze liegt bei drei Monatsgehältern. Der Wortlaut des Gesetzes lässt zunächst offen, nach welchen Kriterien die Bemessung im Übrigen zu erfolgen hat. Mit dem Kriterium der Angemessenheit und der Haftungsbegrenzung in Satz 2 der Vorschrift existieren jedoch Anhaltspunkte für die Höhe der Entschädigung. Mit der Angemessenheit ist gleichzeitig eine Grenze nach oben und damit eine Absage an amerikanische Verhältnisse gesetzt. Gleichzeitig wird hierdurch klar, dass eine rein symbolische Entschädigung nicht ausreichend ist (Walker, Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, NZA 2009, 5, 7). Die dem AGG zugrunde liegenden Richtlinien enthalten im Artikel über „Sanktionen“ folgende Regelung: „Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“ (Walker, a.a.O., m.w.N.). Dies spiegelt sich auch in der Rechtsprechung des EuGH wieder. Im Urteil vom 22.04.1997 (Rs.C-180/95, Draehmpaehl) hat der EuGH ausgeführt, dass die Richtlinie 75/207/EWG des Rates vom 09.02.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen dahingehend auszulegen ist, dass diese den Mitgliedsstaaten zwar keine bestimmte Sanktion vorschreibe. Die Mitgliedsstaaten seien jedoch verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die hinreichend wirksam sind, um das Ziel den Richtigen zu erreichen und dafür Sorge zu tragen, dass sich die Betroffenen vor den nationalen Gerichten tatsächlich auf diese Maßnahmen berufen können. Der EUGH führt weiter aus: „Wenn sich ein Mitgliedsstaat dafür entscheidet, den Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot mit der Sanktion einer Entschädigung zu belegen, setzt die Richtlinie außerdem voraus, dass diese Sanktion zur Gewährleistung eines tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutzes geeignet ist, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber hat und auf jeden Fall in einem angemessenen Verhältnis zu dem Schaden steht. Eine rein symbolische Entschädigung würde den Erfordernissen einer wirksamen Umsetzung der Richtlinie nicht gerecht.“ Mit der genannten Entscheidung billigte der EuGH die Begrenzung der Entschädigung von drei Monatsgehältern, wie sie in § 15 Abs. 2 S. 2 AGG heute geregelt ist. Demgegenüber sei eine Höchstgrenze von drei Monatsgehältern dann nicht angemessen, wenn der Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die zu besetzende Position erhalten hätte. In seiner Entscheidung vom 22.01.2009 (8 AZR 906/07) führt das BAG aus, dass bei der Festsetzung der Höhe einer angemessenen Entschädigung durch das Tatsachengericht alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Hierzu rechneten die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, eine etwa geleistete Wiedergutmachung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Das BAG billigt in dieser Entscheidung die Vorentscheidung des LAG, welches einer Erzieherin, die ausschließlich aufgrund ihres Alters einem Personalüberhang zugeordnet war, eine Entschädigung in Höhe von EUR 1.000,00 zusprach.

In der Literatur wird die Höhe der Entschädigung, angelehnt an die Schmerzensgeldberechnung für Ansprüche nach § 253 Abs. 2 BGB (Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 1. Auflage, § 15 Rdn. 36; Meinel/Heyn/Herms, AGG, 2. Auflage, § 16 Rdn. 62 ff; Walker. Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, NZA 2009, 5, 9; EK/Schlachter § 15 AGG, Rdn. 8). Hier werden in der Regel dreistellige Beträge oder vierstellige Beträge im unteren Bereich bei fehlerhaften Stellenausschreibungen als ausreichend erachtet (Meinel/Heyn/Herms, AGG, 2. Auflage, § 15 Rdn. 70) und nur im Ausnahmefall Entschädigungen im fünfstelligen Bereich bei besonders leistungsfähigen Arbeitgebern (Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 1. Auflage, § 15, Rdn. 36) für ausreichend erachtet. Insbesondere gebe es keinen Automatismus, außerhalb des Wortlauts von § 15 Abs. 2 S. 2 AGG grundsätzlich über die Grenze von drei Monatsgehältern hinaus zu gehen (Walker, a.a.O., Seite 9, m.w.N.). Dass im Falle wiederholter Diskriminierungen eine höhere Entschädigung festzusetzen ist, ist im Wesentlichen unstreitig; ob dies bei einer Diskriminierung aufgrund mehrerer Diskriminierungsmerkmale der Fall ist, wird unterschiedlich beantwortet (kritisch insoweit: Walker, a.a.O., Seite 10).

Dies zugrunde gelegt, ergibt sich, dass der vom Kläger geforderte Betrag in Höhe von EUR 240.000,00 völlig außerhalb dessen liegt, was in Rechtsprechung und Literatur in einem derartigen Fall für angemessen erachtet wird. Der Kläger behauptet, durch die Kündigung vom 20.03.2012 diskriminiert worden zu sein. Unabhängig davon, ob in diesem Fall eine Entschädigung nach § 2 Abs. 4 AGG ausgeschlossen ist, ist die geforderte Abfindung und geforderte Entschädigung des Klägers, welche bei knapp drei Jahresgehältern liegt, unangemessen überhöht. Hiermit zwingt der Kläger die Beklagte in einen Prozess mit in Folge des Streitwerts hohen Rechtsanwaltskosten und geht auch diesbezüglich weit darüber hinaus, was in einem derartigen Fall noch als zulässige Wahrnehmung berechtigter Interessen zu betrachten ist.

cc) Ein weiterer Auflösungsgrund ergibt sich aus dem dargestellten Prozessverhalten im Rahmen der Geltendmachung der Zurückweisung der Kündigung nach § 174 S. 1 BGB bzw. der Beanstandung nach § 180 S. 1 BGB. Der Kläger verhält sich hier in einem Maße treuwidrig , das für sich genommen bereits die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

d) Eine den Betriebszwecken dienende weitere Zusammenarbeit ist nicht mehr zu erwarten. Der Kläger hat im Rahmen der von ihm geführten Klage keine Möglichkeit ausgelassen, seine Arbeitgeberin schlecht darzustellen und lässt jedes Maß an Loyalität vermissen.

3. Das Arbeitsverhältnis war daher zu dem Zeitpunkt aufzulösen, an dem es aufgrund der ordentlichen Kündigung geendet hätte. Dies ist vorliegend nach § 4.5.2 des Manteltarifvertrages der 30.09.2012. Hinsichtlich der Höhe der Abfindung nach § 10 KSchG hat die Kammer berücksichtigt, dass der Kläger bereits 44 Jahre alt ist und aufgrund seiner Alkoholerkrankung derzeit keine guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben dürfte. Auch ist die Beklagte ein großes, leistungsfähiges Unternehmen, in dem der Kläger seit 13 Jahren unbeanstandet arbeitet. Auf der anderen Seite war zu sehen, dass der Kläger keine Unterhaltspflichten hat und die Kündigung nicht offensichtlich grob sozialwidrig ist. Entscheidend gegen den Kläger war jedoch zu berücksichtigen, dass dieser gegenüber der Beklagten in erheblichem Maß ehrverletzende Äußerungen im Prozess getätigt hat (wie beispielsweise der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung, der durch nichts belegt wurde). Daher hat die Kammer eine Abfindung in Höhe von EUR 38,479,37 entsprechend einem Faktor von 0,4 bei 13,75 Beschäftigungsjahren und einem Monatsgehalt in Höhe von EUR 6.996,25 für angemessen erachtet.

Hinsichtlich der Höhe des Monatseinkommen wurden neben dem Grundgehalt, dem VTA-Bonus und dem C.-Bonus auch das Urlaubsgeld berücksichtigt. Dies folgt daraus, dass es sich auch hierbei um einen Entgeltbestandteil handelt, der fest in das Vergütungsgefüge des Klägers eingefügt war. Nicht zu berücksichtigen war demgegenüber das Weihnachtsgeld, das im Arbeitsvertrag zwar als Jahresend“vergütung“ bezeichnet wird, jedoch ersichtlich an die tariflichen Bestimmungen angelehnt ist. Insofern einschlägig ist der Tarifvertrag über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für die Beschäftigten in der Metall- und Elektronindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden. Die dort geregelte Sonderzahlung wird gestaffelt nach der Zeit der Betriebszugehörigkeit gezahlt und entfällt für solche Zeiten eines Kalenderjahres, in denen das Arbeitsverhältnis geruht hat. Diese Sonderzahlung, welche tariflich am 01.12. eines Jahres auszuzahlen ist, weist Gratifikationscharakter auf und war daher bei der Berechnung des maßgeblichen Monatsverdienstes des Klägers nicht mit einzubeziehen.

D

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 ZPO. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger mit dem Bestandsschutzantrag obsiegt hat, das Arbeitsverhältnis jedoch auf den Auflösungsantrag der Beklagten hin aufgelöst wurde, haben die Parteien die Kosten je hälftig zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 61 Abs. 1 ArbGG. Die Kammer hat das Interesse des Klägers an der Bestandsschutzstreitigkeit mit dem Vierteljahresgehalt und den Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Monatsgehalt bemessen.

Die Berufung wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG.

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