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Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG

Restrukturierung und Kündigung: Rechtsprechung nach § 1 KSchG

Wenn ein Unternehmen vor der Herausforderung steht, seine Strukturen anzupassen und dabei Arbeitsplätze abzubauen, bewegt es sich in einem Spannungsfeld zwischen betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit und der Verantwortung gegenüber seinen Mitarbeitern. Die rechtliche Grundlage für eine betriebsbedingte Kündigung bietet § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, der eine solche Maßnahme an strenge Voraussetzungen knüpft. Es müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung im Betrieb unzumutbar machen. Diese Erfordernisse können sowohl innerbetrieblicher als auch außerbetrieblicher Natur sein und reichen von wirtschaftlichen Schwierigkeiten bis hin zu technologischen Veränderungen.

Ein zentraler Aspekt bei der Umsetzung betriebsbedingter Kündigungen ist der Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der darauf abzielt, die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer zu wahren und soziale Härten abzufedern. Ein Sozialplan spielt hierbei eine wichtige Rolle, da er Ausgleichs- und Milderungsmaßnahmen für die betroffenen Arbeitnehmer festlegt. Die soziale Auswahl ist ein weiteres wesentliches Element, das sicherstellt, dass die Kündigungen nach gerechten und nachvollziehbaren Kriterien erfolgen.

Die Rolle des Betriebsrats ist in diesem Prozess nicht zu unterschätzen, da er die Interessen der Belegschaft vertritt und bei der Gestaltung des Sozialplans sowie bei der sozialen Auswahl mitwirkt. Änderungskündigungen können ebenfalls Teil der Restrukturierungsmaßnahmen sein, wenn es darum geht, Arbeitsverhältnisse an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

In der Praxis führen solche Restrukturierungen oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen, in denen die Gerichte prüfen, ob die Kündigungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und ob die betrieblichen Erfordernisse eine solche Maßnahme tatsächlich rechtfertigen. Dabei wird auch bewertet, ob die durchgeführten Rationalisierungsmaßnahmen angemessen sind und ob der Arbeitgeber seiner Pflicht nachgekommen ist, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Ca 1866/17  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht bestätigte die soziale Rechtfertigung der Kündigung aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse, die eine Weiterbeschäftigung des Klägers ausschlossen, und wies die Klage ab.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Dringende betriebliche Erfordernisse können sowohl aus innerbetrieblichen als auch aus außerbetrieblichen Gründen entstehen und machen eine Kündigung notwendig.
  2. Die unternehmerische Entscheidung zur Restrukturierung und zum Personalabbau wird von den Gerichten nicht auf Zweckmäßigkeit, sondern nur auf offensichtliche Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür geprüft.
  3. Soziale Auswahl muss korrekt durchgeführt werden, wobei alle vergleichbaren Arbeitnehmer eines Betriebes einbezogen werden müssen.
  4. Die Anhörung des Betriebsrats muss ordnungsgemäß erfolgen; pauschales Bestreiten des Arbeitnehmers reicht nicht aus, um die Ordnungsmäßigkeit zu widerlegen.
  5. Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer ist entscheidend für die Sozialauswahl und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten.
  6. Änderungskündigungen sind nur zulässig, wenn eine Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze gegeben ist.
  7. Der Arbeitgeber muss Tatsachen beweisen, die die Kündigung bedingen und wie sich diese auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirken.
  8. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans steht außer Frage, wenn es um unternehmenseinheitliche und betriebsübergreifende Themen geht.

Restrukturierung und Arbeitsplatzabbau: Der Fall „Simply MRO“

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht eine umfassende Restrukturierung eines Unternehmens, die einen erheblichen Arbeitsplatzabbau zur Folge hatte. Die vormalige Beklagte und deren Gesamtbetriebsrat hatten am 8. Februar 2017 einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan unter dem Titel „Simply MRO“ abgeschlossen. Dieser sah vor, dass mehrere Standorte, darunter Nürnberg, Stuttgart, Hamburg und Frankfurt am Main, vollständig geschlossen werden sollten. Die Umsetzung der Betriebsänderung sollte, wenn nötig, durch betriebsbedingte Änderungs- oder Beendigungskündigungen erfolgen, nachdem eine soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG durchgeführt wurde und keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen bestanden.

Die Herausforderung: Kündigungsschutz und Unternehmensentscheidungen

Die rechtliche Auseinandersetzung wurde durch die Kündigung eines Arbeitnehmers ausgelöst, der gegen die Wirksamkeit der Kündigung klagte. Er argumentierte, dass die Kündigung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt sei und die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Zudem wurde die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats in Frage gestellt. Die unternehmerische Entscheidung, die zur Kündigung führte, war am 5. Oktober 2016 getroffen worden und zielte darauf ab, das Unternehmen auf die Kernbereiche Wartung, Reparatur und Instandhaltung zu konzentrieren und unprofitable Standorte zu schließen.

Gerichtliche Überprüfung: Soziale Gerechtigkeit vs. Betriebliche Notwendigkeit

Das rechtliche Problem in diesem Fall lag in der Frage, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war und ob die soziale Auswahl korrekt durchgeführt wurde. Die Herausforderung bestand darin, die unternehmerische Entscheidungsfreiheit mit den Schutzrechten der Arbeitnehmer in Einklang zu bringen. Die Arbeitsgerichte sind dabei angehalten, zu überprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung vorliegt und ob diese Entscheidung dazu führt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfällt.

Urteilsfolgen: Die Balance zwischen Unternehmensfreiheit und Arbeitnehmerschutz

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt war, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt war, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstanden. Es wurde festgestellt, dass betriebliche Erfordernisse sowohl aus innerbetrieblichen als auch aus außerbetrieblichen Gründen resultieren können. Die unternehmerische Entscheidung, die zu einem verminderten Personalbedarf führte, wurde vom Gericht nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüft, sondern nur daraufhin, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich war.

Die vom Kläger vorgebrachten Argumente bezüglich der Verfügbarkeit anderer Stellen und der Anhörung des Betriebsrats wurden vom Gericht geprüft. Es wurde festgestellt, dass die vom Kläger genannten Stellen entweder bereits besetzt waren oder nie als Arbeitsplätze bei der Beklagten existierten. Zudem wurde die Anhörung des Betriebsrats als ordnungsgemäß angesehen, da der Arbeitgeber die erforderlichen Tatsachen schlüssig dargelegt hatte.

Die Auswirkungen des Urteils unterstreichen die Bedeutung der unternehmerischen Freiheit bei Restrukturierungsmaßnahmen und die Anforderungen an eine sozial gerechtfertigte Kündigung. Es zeigt, dass die Gerichte zwar die Entscheidungen des Arbeitgebers respektieren, aber dennoch eine sorgfältige Prüfung vornehmen, ob die Kündigung tatsächlich durch betriebliche Notwendigkeiten bedingt ist und ob die soziale Auswahl korrekt durchgeführt wurde.

Das Fazit des Urteils bestätigt, dass die Kündigung rechtmäßig war. Es verdeutlicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Planung und Durchführung von Restrukturierungsmaßnahmen und die Notwendigkeit, die Interessen der Arbeitnehmer durch einen angemessenen Sozialplan und eine faire soziale Auswahl zu wahren. Dieser Fall zeigt, dass die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und eine transparente Kommunikation mit den Arbeitnehmervertretungen entscheidend sind, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden oder erfolgreich zu bestehen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was sind die Voraussetzungen für das Vorliegen „dringender betrieblicher Erfordernisse“ im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes?

Dringende betriebliche Erfordernisse“ im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) sind Voraussetzungen, die eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen. Das Gesetz selbst definiert diesen Begriff nicht, daher hat die Rechtsprechung Fallgruppen entwickelt, bei deren Vorliegen eine betriebsbedingte Kündigung angenommen wird.

Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen können sowohl außerbetriebliche als auch innerbetriebliche Gründe zählen. Außerbetriebliche Gründe sind beispielsweise Auftragsmangel, Absatzschwierigkeiten, Umsatzrückgang oder Veränderungen der Marktstruktur, die sich unmittelbar auf den Betrieb des Arbeitgebers auswirken. Innerbetriebliche Gründe können Änderungen oder Einführungen neuer Arbeits- oder Produktionsmethoden, Organisationsänderungen, Betriebseinschränkungen oder Rationalisierungsmaßnahmen sein.

Die betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat. Wenn die unternehmerische Entscheidung die vertraglich eingegangenen Bindungen nicht ausreichend berücksichtigt, kann darauf kein dringendes betriebliches Erfordernis gestützt werden.

Die dringenden betrieblichen Erfordernisse müssen eine Kündigung unvermeidbar machen. Wenn es weniger belastende Mittel gibt, um der betrieblichen Notwendigkeit auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet zu entsprechen, fehlt es an dringenden betrieblichen Erfordernissen.

Der Arbeitgeber hat ein unternehmerisches Ermessen und kann auf außer- oder innerbetriebliche Umstände unterschiedlich reagieren. Er kann anstelle von Kündigungen auch andere Maßnahmen ergreifen, wie den Abbau von Überstunden, Versetzungen, Verstärkung der Werbemaßnahmen, Preissenkung oder Verbesserung der Produktqualität.

Es ist zu erwähnen, dass die Gerichte den Umfang der Prüfung der dringenden betrieblichen Erfordernisse bestimmen. Sie prüfen, ob die Entscheidung des Arbeitgebers, eine Kündigung auszusprechen, auf einer vernünftigen unternehmerischen Entscheidung beruht und ob die Kündigung unvermeidbar war.


Das vorliegende Urteil

AG Nürnberg – Az.: 4 Ca 1866/17 – Endurteil vom 18.09.2019

1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten der Säumnis, im Übrigen trägt die Kosten der Kläger.

4. Der Streitwert wird auf € 42.840,00 festgesetzt.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit von zwei Kündigungen sowie um Weiterbeschäftigung.

Der am 31.07.1963 geborene Kläger war seit dem 15.01.2001, zuletzt als Manager Line Maintenance Station Nürnberg, außertariflich gegen einen Bruttomonatsverdienst von € 6.120,00, bei der D.GmbH (D./D.) als Rechtsvorgängerin des Beklagten ausschließlich in Nürnberg beschäftigt. In dem zwischen den Parteien bestehenden Anstellungsvertrag vom 25.10.2012 ist folgendes geregelt:

㤠1 Aufgabenbereich und Dienststellung

1. Die B. überträgt dem AT-Angestellten die Stellung als Manager Line Maintenance Station Nürnberg (außertariflicher Angestellter). Einzelheiten der Position ergeben sich aus der Stellenbeschreibung.

2. Der AT-Angestellte wird seine volle Arbeitskraft in den Dienst der B. stellen.

3. Der AT-Angestellte ist dem Head of Line Maintenance Region MUC unmittelbar unterstellt. Die B. behält sich das Recht vor, die Umstellung im Zuge einer Reorganisation zu ändern.

4. Der Aufgabenbereich kann im zumutbaren Rahmen geändert werden, soweit auch der neue Aufgabenbereich den Kenntnissen und Fähigkeiten des AT-Angestellten entspricht.“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts dieses Anstellungsvertrages wird auf Bl. 16 ff. d.A. verwiesen.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, welche regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter am Standort Nürnberg beschäftigte, war eine zur ehemaligen XY-Gruppe gehörende Gesellschaft. Sie erbrachte bundesweit an verschiedenen Standorten schwerpunktmäßig Wartungs- und Reparaturarbeiten für Fluggeräte der XY-Flotte und der mit der XY-Gruppe verbundenen Unternehmen. Diese waren im wesentlichen aufgeteilt in Arbeiten der Base Maintenance (welche in der Regel mehrere Tage oder Wochen dauerten), der Line Maintenance (welche während der flugplanmäßigen Liegezeit der Flugzeuge erfolgten) sowie der CAMO-Leistungen (Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen).

Der zwischen der vormaligen Beklagten und der Gewerkschaft ver.di am 03.02.2014 geschlossene „Tarifvertrag Betriebsratsstruktur“ sah vor, dass an den verschiedenen Standorten selbstständige Betriebsräte eingerichtet sind. Zudem wurde für das Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

Im Rahmen eines umfangreichen Restrukturierungsprogrammes schlossen die vormalige Beklagte und deren Gesamtbetriebsrat am 08.02.2017 den Interessenausgleich „Simply MRO“ (= Maintenance, Repair and Operations) sowie einen dazugehörigen Sozialplan ab. Danach sollten in erheblichem Umfang Arbeitsplätze abgebaut werden, insbesondere die Standorte Nürnberg, Stuttgart, Hamburg und Frankfurt am Main vollständig geschlossen werden. Der Interessenausgleich lautet auszugsweise wie folgt:

„4. Umsetzung der Betriebsänderung

4.1 Umsetzung durch betriebsbedingte Kündigungen Wenn und soweit zur Erreichung der Zielstruktur betriebsbedingte Änderungs- und/oder Beendigungskündigungen erforderlich sind, wird die B. nach Durchführung einer sozialen Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG (siehe dazu die nachfolgenden Regelungen) und falls keine anderen freien und geeigneten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen bestehen, die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer betriebsbedingt kündigen.

Vor dem Ausspruch von betriebsbedingten Änderungs- oder Beendigungskündigungen wird die B. in Zusammenwirken mit dem Gesamtbetriebsrat sondieren, ob und in welchem Umfang bereits Aufhebungsvereinbarungen mit Freiwilligen, ggf. nach Maßgabe eines Sozialplans, den Umfang der auszusprechenden Kündigungen reduziert haben und deshalb Kündigungen vermeidbar sind.

4.2 Zeitliche Umsetzung

Die B. ist bereit, mit betroffenen Arbeitnehmern zunächst einvernehmliche Aufhebungen ihrer Arbeitsverhältnisse nach Maßgabe des Sozialplans (vgl. Ziffer 5. dieses Interessenausgleichs) zu erörtern. Soweit mit den betroffenen Arbeitnehmern keine einvernehmlichen Aufhebungen vereinbart werden konnten, ist die B. ab dem 10. März 2017 zum Ausspruch betriebsbedingter Beendigungs- oder Änderungskündigungen berechtigt.

4.3 Soziale Auswahl, Vergleichbarkeit und Auswahlrichtlinien Die B. wird für die soziale Auswahl die Vorschrift des § 1 Abs. 3 KSchG berücksichtigen. Dies bedeutet unter anderem, dass grundsätzlich alle in fachlicher und arbeitsvertraglicher Hinsicht vergleichbaren Arbeitnehmer eines Betriebes in eine soziale Auswahl einbezogen werden und demnach die soziale Auswahl nicht auf die Arbeitnehmer einer Kostenstelle, einer Abteilung oder eines Bereichs begrenzt sein muss.

Bei der Vergleichbarkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG wird die B. außerdem die gesetzliche Vorgabe beachten, dass auch solche Arbeitnehmer mit anderen Arbeitnehmern vergleichbar sind, deren Beschäftigungsmöglichkeiten sie nach zumutbaren Einarbeitungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen ausfüllen können.

Gesamtbetriebsrat und B. haben sich für eine etwaige soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG auf folgende Auswahlrichtlinie im Sinne von § 95 BetrVG verständigt:

4.4 Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten

Die B. wird den von der Betriebsänderung nach einer sozialen Auswahl betroffenen Arbeitnehmern zur Vermeidung einer betriebsbedingten Beendigungskündigung die zum Zeitpunkt der vorgesehenen personellen Maßnahme freien bzw. in absehbarer Zeit frei werdenden, geeigneten Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zuweisen. Die B. wird unter Umständen die Zuweisung je nach arbeitsvertraglicher Grundlage über ihr arbeitgeberseitiges Direktionsrecht oder (ggf. auch hilfsweise) über den Ausspruch einer betriebsbedingten Änderungskündigung (…) vornehmen.

Die vorgenannte Richtlinie gilt auch bei der Auswahl unter mehreren gleich geeigneten und qualifizierten Bewerbern für die Zuweisung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Für die Auswahlrichtlinie gelten die Regelungen gemäß Ziffer 4.3 entsprechend.

Dabei werden aktuell vorhandene Qualifizierungen am gleichen Standort bei der Besetzung qualifizierter Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vorrangig berücksichtigt.

Nachrangig werden Arbeitnehmer am gleichen Standort berücksichtigt, die die Beschäftigung nach zumutbaren Einarbeitungs- und Qualifizierungsmaßnahmen besetzen können.

Sodann werden etwaige Arbeitnehmer von anderen Standorten, die die Beschäftigung direkt oder nach zumutbaren Einarbeitungs- und Qualifizierungsmaßnahmen besetzen können, berücksichtigt.

4.5 Beteiligungsrechte der Betriebsräte und der Schwerbehindertenvertretung (a) Personal- und Sozialdaten

Der Gesamtbetriebsrat hat eine Personalübersicht über die Arbeitnehmer des Unternehmens erhalten. Er wurde ferner darüber unterrichtet, dass aufgrund der oben beschriebenen Betriebsänderung die Beschäftigungsmöglichkeiten der betroffenen Arbeitnehmer in den beschriebenen Betrieben der B. entfallen.

(b) Anhörung und Stellungnahme nach § 17 KSchG

(c) Beteiligungsrechte örtlicher Betriebsräte

Die Beteiligungsrechte örtlicher Betriebsräte bei der Umsetzung der in diesem Interessenausgleich vereinbarten Maßnahmen, insbesondere aus § 102 BetrVG bleiben unberührt.

…“

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts dieser Vereinbarungen wird auf Bl. 95 ff. d.A. verwiesen.

Nachdem eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der vormaligen Beklagten bis zum Stichtag des Interessenausgleichs nicht zustande kam, kündigte diese das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.03.2017 ordentlich zum 30.09.2017. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 20 f. d.A. verwiesen.

Der im Betrieb der vormaligen Beklagten am Standort N. bestehende Betriebsrat wurde mit Schreiben vom 17.03.2017 zur beabsichtigten Kündigung des Klägers angehört und widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 27.03.2017 unter Hinweis auf die Einsatzmöglichkeit in einem anderen Betrieb des Unternehmens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts dieser Schreiben wird auf Bl. 22, 123 ff. d.A. verwiesen.

Mit seiner am 05.04.2017 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung, da diese nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt sei und rügt die getroffene Sozialauswahl. Darüber hinaus werde die ordnungsgemäße Anhörung des im Betrieb der Rechtsvorgängerin des Beklagten bestehenden Betriebsrats bestritten. Der Weiterbeschäftigungsantrag folge aus dem wirksamen Widerspruch des Betriebsrats, welcher mündlich auf freie Techniker- und Mechanikerstellen zum Zeitpunkt der Kündigung an den Standorten München und Düsseldorf verwiesen habe. Im Wege einer vorrangigen Änderungskündigung wäre ein entsprechender Einsatz des Klägers dort möglich gewesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.10.2017, zu dem die Rechtsvorgängerin des Beklagten ordnungsgemäß geladen wurde, jedoch nicht erschienen ist, erging auf Antrag des Klägers folgendes Versäumnisurteil (Bl. 150 ff. d.A.):

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.03.2017 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Manager Line Maintenance Station N. bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu Ziffer 1) weiterzubeschäftigen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 24.480,00 € festgesetzt.

Das Versäumnisurteil ist den Prozessvertretern der vormaligen Beklagten am 30.10.2017 zugestellt worden. Mit Beschlüssen des Amtsgerichts Charlottenburg vom 01.11.2017 bzw. 17.01.2018 ist über das Vermögen der vormaligen Beklagten Insolvenz eröffnet und der Beklagte zunächst zum Sachwalter, später zum Insolvenzverwalter bestellt worden (Bl. 157 ff., 217 f. d.A.). Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 08.11.2017 festgestellt, dass das Verfahren unterbrochen ist (Bl. 155 d.A.). Die Klägervertreterin hat mit Schriftsatz vom 04.12.2017, beim Arbeitsgericht Nürnberg am 06.12.2017 eingegangen und den Prozessvertretern der vormaligen Beklagten am 11.12.2017 zugegangen, beantragt, das Verfahren gegen den Insolvenzverwalter/Sachwalter aufzunehmen (Bl. 174 d.A.). Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten sind von diesem erst am 14.12.2017 mit der Prozessvertretung beauftragt worden. Mit Schriftsatz vom 18.12.2017, beim Arbeitsgericht Nürnberg per Telefax am gleichen Tag eingegangen, hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 erhoben (Bl. 181 ff. d.A.).

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis erneut höchst vorsorglich mit Schreiben vom 17.01.2018 zum 30.04.2018. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 221 f. d.A. verwiesen.

Mit am 01.02.2018 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangener Klageerweiterung begehrt der Kläger auch die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 17.01.2018 aufgelöst worden ist. Diese sei ebenfalls nicht sozial gerechtfertigt, die ordnungsgemäße Sozialauswahl sowie die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats werden bestritten.

Der Kläger beantragt daher zuletzt, das Versäumnisurteil vom 24.10.2017 aufrechtzuerhalten sowie festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 17.01.2018 nicht aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2018 hinaus fortbesteht.

Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte hält die Kündigung der Insolvenzschuldnerin für sozial gerechtfertigt, da sie durch dringende betriebliche Gründe, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen, gerechtfertigt gewesen sei. Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei gewesen, dass die auf verschiedenen Ursachen beruhende existenzbedrohende Situation der XY-Unternehmensgruppe radikale Sanierungsmaßnahmen erforderlich gemacht habe. Insbesondere sei die Flotte der XY KG um fast die Hälfte auf nur mehr 75 Flugzeuge reduziert worden, wovon wiederum knapp 40 verleast worden seien. Ferner sollten die CAMO-Leistungen wieder in eigener Regie erbracht werden. Dieses Restrukturierungskonzept habe zwangsläufig Auswirkungen auf das Geschäft der vormaligen Beklagten gehabt, welche über 80% ihres Umsatzes durch Aufträge ihrer Gesellschafterin und Hauptkundin XY KG erwirtschaftet habe. Am 16.09.2016 habe die XY KG der vormaligen Beklagten die Notwendigkeit mitgeteilt, dass diese sich einem entsprechend harten Restrukturierungskurs unterziehen müsse. In Folge sei daher am 05.10.2016 die unternehmerische Entscheidung getroffen worden, das gesamte Unternehmen der Rechtsvorgängerin des Beklagten auf die XY KG mit deren geschrumpfter Größe auszurichten, sich auf die Kernbereiche Wartung, Reparatur und Instandhaltung („Simply MRO“ = Maintenance, Repair and Operations) zu konzentrieren sowie unprofitable Standorte und Bereiche zu schließen. Dies habe ausweislich des Interessenausgleichs vom 08.02.2017 einen Abbau von rund 417 Vollzeitarbeitsplätzen zur Folge gehabt. Nach Schließung unter anderem des Standortes Nürnberg zum 31.03.2017 und Abwicklung der Restarbeiten bis spätestens 30.04.2017 habe es keine Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers mehr gegeben. Freie Arbeitsplätze in einem anderen Betrieb des Unternehmens seien nicht vorhanden gewesen. Eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen, da aufgrund der Schließung des Betriebs in N. alle Arbeitsverhältnisse der dort noch tätigen Arbeitnehmer gekündigt worden seien.

Die vormalige Beklagte habe den zuständigen Betriebsrat am Standort N. zur beabsichtigten Kündigung ausweislich des Schreibens vom 17.03.2017 ordnungsgemäß angehört. Soweit dieser der Kündigung widersprochen habe, erfülle dessen Stellungnahme vom 27.03.2017 mangels Schriftform des Widerspruchsgrundes und bloßer Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht die Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerspruch und sei somit unbeachtlich.

Der Kläger trägt vor, dass der Technikbetrieb der vormaligen Beklagten kostendeckend gearbeitet habe, es seien keine wirtschaftlichen Verluste zu verzeichnen gewesen. Durch einen weiteren Ausbau von Technikverträgen für Fremdflugzeuge wäre ein Personalabbau vermeidbar gewesen. Die vormalige Beklagte habe technische Wartungsleistungen nicht nur gegenüber der XY KG, sondern auch gegenüber ca. 60 anderen externen Kunden erbracht. Es treffe nicht zu, dass die im Interessenausgleich vereinbarten Maßnahmen zu einem vollständigen Wegfall jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger geführt haben sollen. Zwar seien Flugzeuge der Flotte zum 01.04.2017 vom Flughafen Nürnberg zu anderen Flughäfen verlegt worden. Jedoch werde bestritten, dass ab diesem Zeitpunkt gar keine Flugzeuge mehr in Nürnberg stationiert gewesen wären und dort deshalb das gesamte Wartungsgeschäft komplett weggefallen sei. Es hätten sich vielmehr noch zwei Flugzeuge der Typen Q 400 und Airbus 320 am Standort Nürnberg befunden, welche vom Mitarbeiter Z. gewartet worden seien. Des weiteren seien zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung im Unternehmen der vormaligen Beklagten folgende freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen:

– 2 freie Arbeitsplätze als Techniker am Standort München

– 1 freier Arbeitsplatz als Mechaniker am Standort München (Stellenausschreibung vom 18.07.2017)

– 1 freier Arbeitsplatz als Produktionsleiter Q-400 am Standort Düsseldorf sowie

– 5 freie Q-400 Produktionsberaterstellen (Interne Mitteilung vom 16.02.2017)

– aktuelle Stellenausschreibung Fluggerätemechaniker

– weitere offene CAMO-Stellen im Bereich Maintenance in der XY-Unternehmensgruppe (Auflistung von der homepage der XY)

Wegen der weiteren Einzelheiten der vom Kläger vorgelegten Internen Mitteilung vom 16.02.2017, der Stellenausschreibung vom 18.07.2017 sowie der Auflistung der CAMO-Stellen wird auf Bl. 140 ff. d.A. verwiesen. Anderen Mitarbeitern vom Standort Nürnberg seien solche freien Arbeitsplätze angeboten worden. Insbesondere sei dem Mitarbeiter Z. von der vormaligen Beklagten ein Angebot zur Verlegung des Arbeitsortes von Nürnberg nach München unterbreitet worden, welches dieser angenommen habe. Dem Kläger sei ein derartiges Angebot nicht gemacht worden. Insoweit habe die vormalige Beklagte gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, da sie keine vorrangige Änderungskündigung ausgesprochen habe. Im Rahmen der nicht ordnungsgemäß durchgeführten Sozialauswahl seien an anderen Standorten der vormaligen Beklagten, z.B. in München, Düsseldorf und Berlin, mit dem Kläger vergleichbare Manager Line Maintenance beschäftigt gewesen. Mit Nichtwissen werde auch bestritten, dass die vormalige Beklagte die Arbeitnehmervertretungen über die geplante Betriebsänderung unterrichtet habe, im übrigen sei die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Verhandlungen und den Abschluss des Interessenausgleichs zweifelhaft.

Der Beklagte erwidert hierauf, dass die dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen sei. Von einer offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür könne nicht die Rede sein. Seit dem 01.05.2017 seien am Flughafen Nürnberg keine Flugzeuge der Hauptkundin XY. KG mehr stationiert gewesen. Damit sei zu diesem Zeitpunkt auch das Wartungsgeschäft für diese Flugzeuge entfallen, alle Mietverträge seien zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt worden. Der Fortgang der XY-Unternehmensgruppe habe eindrücklich bewiesen, dass die Schließung umgesetzt worden sei. Darüber hinaus sei im Interessenausgleich „Simply MRO“ vereinbart worden, dass die vormalige Beklagte künftig nur noch Wartungs-, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten für die XY KG erbringen solle. Das Drittkundengeschäft, welches entgegen den Behauptungen des Klägers nur einen marginalen Anteil ausgemacht habe, sei ebenfalls mit Wirkung zum 30.04.2017 vollständig eingestellt worden. Über diesen Zeitpunkt hinaus seien lediglich nur mehr einige Aufräum- und Abwicklungsarbeiten verrichtet worden, welche spätestens zum 31.05.2017 beendet gewesen seien.

Zu den vom Kläger behaupteten freien Stellen trägt der Beklagte vor, dass die Position des Produktionsleiters Q-400 in Düsseldorf fast sechs Wochen nach Veröffentlichung der internen Mitteilung vom 16.02.2017 bereits besetzt gewesen sei. Die vom Kläger weiter benannten fünf freien Q-400 Produktionsberaterstellen seien niemals Arbeitsplätze bei der Beklagten gewesen, sondern sollten – wie auch aus der Internen Mitteilung ersichtlich – als externe Dienstleistungen am Markt eingekauft werden, wozu es jedoch nie gekommen sei. Die Ausschreibung für einen Fluggerätemechaniker in München stamme vom 18.07.2017, zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei deren Vakanz noch nicht absehbar gewesen. Bei den weiteren behaupteten freien CAMO-Stellen handle es sich um solche, die bei der XY KG zu besetzen gewesen seien, hierauf habe die vormalige Beklagte keinen Einfluss gehabt. Auch habe es am Standort München keine drei freien Arbeitsplätze gegeben. Vielmehr sei dort lediglich ein Mechaniker-Arbeitsplatz in der Line Maintenance frei gewesen. Auf diesen Arbeitsplatz sei der vom Kläger benannte Mitarbeiter Andreas Heimes, dessen Beschäftigungsmöglichkeit im Nürnberger Betrieb nach Abschluss der Aufräum- und Abwicklungsarbeiten entfallen sei, zum 01.06.2017 versetzt worden. Die vormalige Beklagte habe den Kläger bei der Besetzung dieser Position unberücksichtigt lassen dürfen. Der Mitarbeiter Z. sei im Gegensatz zum Kläger als Fluggerätemechaniker eingestellt gewesen und habe ohne die Notwendigkeit einer vertraglichen Änderung auf die Position in München versetzt werden können. Dem Kläger hätte diese Position nur mittels Änderungskündigung zugewiesen werden können. Eine vertragliche Austauschbarkeit habe nicht vorgelegen, da der Kläger außertariflich als Manager Line Maintenance angestellt gewesen sei.

Bezüglich der weiteren Kündigung vom 17.01.2018 führt der Beklagte aus, dass das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin nach Veräußerung von Teilen des Geschäftsbetriebs an den Standorten Düsseldorf und Berlin mit Wirkung zum 01.01.2018 vollständig stillgelegt worden sei, seither gebe es keinerlei Geschäftstätigkeit mehr. Ein etwaiges mit dem Kläger noch bestehende Arbeitsverhältnis sei vorsorglich und erneut nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften gekündigt worden. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf diese Kündigung keine Anwendung, da zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am Standort Nürnberg keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt gewesen seien. Ferner habe dort schon lange kein Betriebsrat mehr bestanden. Weitere Unwirksamkeitsgründe für diese Kündigung seien nicht ersichtlich.

Der Kläger macht hierzu geltend, dass kurz vor Ausspruch der Kündigung vom 28.03.2017 auf die freie Stelle als Produktionsleiter Q-400 eine Neueinstellung eines Produktionsleiters vorgenommen worden sei. Hier hätte die Verpflichtung bestanden, dem Kläger vorrangig diese Stelle anzubieten. Auch bei der Position als Fluggerätemechaniker in Düsseldorf gemäß der Stellenausschreibung vom 18.07.2017 habe es sich um eine zum Kündigungszeitpunkt absehbare freie Stelle gehandelt, die dem Kläger anzubieten gewesen wäre. Die Übersicht der freien CAMO-Stellen von der offiziellen Internet-Seite der XY-Gruppe belege ebenfalls den Beschäftigungsbedarf. Nach Auskunft des Betriebsrates habe es an den Standorten der Beklagten in München/Düsseldorf zum Kündigungszeitpunkt drei freie Stellen gegeben, welche aufgrund der beruflichen Qualifikation mit dem Kläger hätten besetzt werden können und auf die sich auch der Widerspruch des Betriebsrats bezogen habe. Die Stelle als B1-Fluggerätetechniker sei rechtsfehlerhaft ohne Sozialauswahl mit dem Mitarbeiter Z. besetzt worden. Die Stelle des Fluggerätemechanikers Kategorie A sollte mit einem Arbeitnehmer Y. besetzt werden, der jedoch zu einem anderen Unternehmen gewechselt sei. Die weitere Stelle als Fluggerätetechniker Kategorie B1 hätte dem Kläger oder dem weiteren Mitarbeiter X. angeboten werden können, was jedoch rechtsfehlerhaft unterblieben sei.

Hinsichtlich der Kündigung vom 17.01.2018 macht der Kläger geltend, dass es für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf die Zahl der Mitarbeiter an allen Standorten ankäme und an diesen auch noch Betriebsräte existiert hätten. Schließlich werde die Unwirksamkeit der Kündigung auch aufgrund eines Verstoßes gegen § 613 a BGB gerügt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften.

Entscheidungsgründe

I.

Der Einspruch ist zulässig, §§ 59, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 338, 340, 341 ZPO.

1. Der Einspruch ist insbesondere fristgerecht im Sinne des § 59 ArbGG eingelegt worden.

Der Beklagte als Rechtsnachfolger der vormaligen Beklagten und Insolvenzschuldnerin hat gegen das dieser am 30.10.2017 zugestellte Versäumnisurteil mit am 18.12.2017 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der vormaligen Beklagten und Anordnung der Eigenverwaltung gemäß §§ 270 ff. InsO am 01.11.2017 wurde das Verfahren gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 240 ZPO unterbrochen. Nach §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 249 Abs. 1 ZPO hat die Unterbrechung die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. Die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens durch den Kläger ist mit Schriftsatz vom 04.12.2017, den Prozessvertretern der vormaligen Beklagten zugegangen am 11.12.2017, erfolgt, §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 250 ZPO. Aufgrund der Insolvenzeröffnung sind jedoch das zwischen der vormaligen Beklagten und deren Prozessbevollmächtigten bestehende Geschäftsbesorgungsverhältnis bzw. die Prozessvollmacht erloschen, §§ 115, 116, 117 InsO. An den Beklagten selbst ist der Schriftsatz nicht zugestellt worden, so dass die Wochenfrist des § 59 ArbGG mit Zustellung des Aufnahmeschriftsatzes des Klägers vom 04.12.2017 nicht begonnen hat. Erst mit erneuter Beauftragung der Prozessvertretung am 14.12.2017 durch den Beklagten gilt der Aufnahmeschriftsatz als zugestellt, so dass mit Eingang des Einspruchs bei Gericht am 18.12.2017 die Wochenfrist des § 59 ArbGG gewahrt ist.

2. Aufgrund des zulässigen Einspruchs gilt der Rechtsstreit gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in die er sich vor Eintritt der Säumnis befand.

II.

Die Klage ist zulässig.

1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 b) ArbGG eröffnet.

2. Das Arbeitsgericht Nürnberg ist gemäß § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig.

3. Das für die Kündigungsschutzanträge gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist aufgrund der Fiktionswirkung des § 7 KSchG gegeben.

III.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Kündigung der vormaligen Beklagten vom 28.03.2017 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.2017 aufgelöst. Auf die vom Beklagten weitere höchstvorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 17.01.2018 kam es mithin nicht mehr an, da zu diesem Zeitpunkt bereits kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen den Parteien bestand. Die vom Kläger begehrte Weiterbeschäftigung bestand mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nicht. Danach war das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

1. Die Kündigung der Rechtsvorgängerin des Beklagten vom 28.03.2018 ist wirksam.

1.1. Auf das Arbeitsverhältnis findet zum Zeitpunkt des Ausspruchs dieser Kündigung das Kündigungsschutzgesetz gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG Anwendung.

38

1.1.1 Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der vormaligen Beklagten entgegenstehen.

1.1.2 Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Diese Gründe müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Der Arbeitgeber kann durch eine entsprechende unternehmerische Gestaltung seines Betriebs oder Unternehmens – z.B. durch Rationalisierungsmaßnahmen, Einschränkung oder Stilllegung des Betriebs oder von Betriebsteilen, Abbau von Hierarchieebenen, etc. – den Personalbedarf und damit auch die Notwendigkeit eines etwaigen Personalabbaus weitgehend selbst bestimmen (vgl. Rachor in KR, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 12. Aufl. 2019, § 1 KSchG, Rdnrn. 552 ff. m.w.N.). Ob und welche Maßnahmen der Arbeitgeber ergreift, liegt in seiner unternehmerischen Entscheidung, welche von den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich nicht auf ihre Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen ist, sondern nur darauf, ob die Rationalisierungs- oder Organisationsmaßnahmen offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind. Dagegen obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG, Rdnrn. 559 ff., m.w.N.).

Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Zu den hierfür erforderlichen Tatsachen gehören grundsätzlich alle Umstände, die die Kündigung als betriebsbedingt erscheinen lassen. Dabei darf sich der Arbeitgeber nicht auf schlagwortartige Umschreibungen beschränken. Er muss seine tatsächlichen Angaben vielmehr so im einzelnen darlegen, dass sie vom Arbeitnehmer im einzelnen bestritten und vom Gericht überprüft werden können. Vom Arbeitgeber ist darüber hinaus auch darzulegen, wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirken (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG Rdnrn. 591 f., m.w.N.).

Vorliegend hat der Beklagte substantiiert zur unternehmerischen Entscheidung seiner Rechtsvorgängerin und deren Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Klägers Stellung genommen. Diese erscheint aufgrund der auch zum damaligen Zeitpunkt bereits der Öffentlichkeit bekannten wirtschaftlichen Situation der XY-KG als Gesellschafterin und Hauptkundin der vormaligen Beklagten sowie deren weiterer Entwicklung bis hin zur Insolvenz auch nicht offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Etwaige detaillierte betriebswirtschaftliche Ausführungen musste der Beklagte hierfür nicht vorbringen. Im weiteren wurde von ihm auch substantiiert dargelegt, dass die getroffene unternehmerische Entscheidung, welche im Interessenausgleich vom 08.02.2017 ihren Niederschlag gefunden hat, umgesetzt wurde. Danach wurde der Standort Nürnberg einschließlich etwaiger Abwicklungs- und Aufräumarbeiten spätestens zum 31.05.2017, mithin noch vor Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers, geschlossen. Dies räumt der Kläger selbst ein, indem er in seinem Vortrag lediglich noch darauf verweist, dass am Standort Nürnberg im Sommer 2017 von dem Mitarbeiter Z. noch zwei Flugzeuge gewartet worden seien. Diese Arbeiten können dann aber nur bis zum 31.05.2017 angedauert haben, da der Mitarbeiter Z. unstreitig zum 01.06.2017 nach München versetzt worden ist. Über den Beendigungszeitpunkt der zum 30.09.2017 ausgesprochenen Kündigung hinaus gab es demnach keine weitere Tätigkeiten am Standort Nürnberg.

1.1.3 Für die Kündigung liegen auch „dringende“ betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Insbesondere bestand zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers im Unternehmen der vormaligen Beklagten.

Eine Kündigung ist nur dann durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, den bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des bisherigen Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen – technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art – als durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entsprechen. Die Merkmale „dringend“ und „bedingt“ sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Dieser gebietet dem Arbeitgeber vor einer Beendigungskündigung, dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien gleichwertigen Arbeitsplatz, gegebenenfalls auch zu geänderten Bedingungen anzubieten. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind. Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz ausgehend vom Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung absehbar bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird. Gleichwertig ist ein Arbeitsplatz, wenn er den Fähigkeiten des Arbeitnehmers entspricht und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts ohne Änderung seines Arbeitsvertrages weiterbeschäftigen kann. Die Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze hängt damit von der jeweiligen inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsvertrages ab. Ist kein vergleichbarer Arbeitsplatz vorhanden, ist auch die Möglichkeit einer beiden Parteien zumutbaren Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder im Unternehmen zu geänderten Arbeitsbedingungen in Betracht zu ziehen (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG Rdnrn. 232, 236, jeweils m.w.N.). Sind in einem anderen Betrieb des Unternehmens Arbeitsplätze frei, ihre Zahl aber geringer als die Zahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, die dort weiterbeschäftigt werden könnten, hat der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Sozialauswahl den Arbeitnehmern die Weiterbeschäftigung in dem anderen Betrieb anzubieten (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG, Rdnrn. 243, 584, 658, jeweils m.w.N.). Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG ebenfalls der Arbeitgeber. Dieser kann sich zunächst auf die allgemeine Behauptung beschränken, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kommt (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG, Rdnr. 593, m.w.N.).

Die Parteien tragen insoweit übereinstimmend vor, dass der Mitarbeiter Z. mit Wirkung zum 01.06.2017 von Nürnberg nach München als Fluggerätemechaniker versetzt worden ist. Soweit der Kläger behauptet, dass ihm diese Stelle angeboten hätte werden müssen, trifft dies nicht zu. Es ist unstreitig, dass diese Mechaniker-Stelle nicht mit der bisherigen Position des Klägers als AT-Mitarbeiter (Manager/Abteilungsleiter) vergleichbar ist. Im Falle einer Besetzung des Klägers hätte diesem gegenüber damit eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müssen. Demgegenüber war der Arbeitnehmer Z. als Fluggerätemechaniker beschäftigt, wonach er ohne Änderungskündigung auf diese Stelle versetzt werden konnte. Es fehlt damit hinsichtlich einer etwaigen vorrangigen Änderungskündigung bereits an einer Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze bzw. des Klägers mit dem Mitarbeiter Z. Wenn mehrere Arbeitnehmer um einen freien Arbeitsplatz „konkurrieren“ sind nach herrschender Ansicht zwar die Grundsätze der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG anzuwenden. Insoweit ist der Kläger jedoch bereits von der Hierarchieebene nicht mit dem Mitarbeiter Z. vergleichbar. Einen Verdrängungswettbewerb „nach unten“ gibt es nach dem Dafürhalten der Kammer allerdings ebenso wenig wie einen Anspruch auf eine Beförderungsstelle. Zudem regelt auch der Interessenausgleich in Ziffer 4.4 „Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten“, dass die Auswahlrichtlinie zur Sozialauswahl auch für die Zuweisung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten unter mehreren gleich geeigneten und qualifizierten Bewerbern gilt. An der gleichen Eignung und Qualifizierung fehlt es im Verhältnis des Klägers zum Mitarbeiter Z. Eine fehlerhafte Besetzung der Stelle ist damit nicht gegeben.

Auch hinsichtlich der weiteren vom Kläger behaupteten freien Arbeitsplätze ergibt die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vorzunehmende Interessenabwägung kein anderes Ergebnis. Soweit er vorgetragen hat, dass zwei Flugzeuge der Typen Q 400 und Airbus 320 auch über den Sommer in Nürnberg geblieben seien, welche von der Beklagten gewartet worden seien, waren diese Tätigkeiten spätestens mit der Versetzung des Mitarbeiters Z. zum 31.05.2017 beendet. Dass und gegebenenfalls wie lange darüber hinaus bzw. über den Kündigungszeitpunkt 30.09.2017 hinaus diesbezüglich noch Arbeiten verrichtet wurden, ist nicht dargelegt worden. Im Hinblick auf die Stelle des Produktionsleiters Q-400 war der Kläger als Manager/Abteilungsleiter für Wartungs- und Reparaturarbeiten nach Einschätzung der Kammer auch nicht mit einem Produktionsleiter vergleichbar, zu einer etwaigen Eignung ist klägerseits nichts dargelegt worden. Auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf – Ausschreibung der Stelle in der Internen Mitteilung vom 16.02.2017 (Bl. 140 f. d.A.) und laufende Verhandlungen betreffend einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bis zum 10.03.2017 – musste die vormalige Beklagte dem Kläger diese Stelle nicht anbieten und konnte diese mit einem externen Mitarbeiter besetzen. Zu den vom Kläger angeführten fünf freien Q-400 Produktionsberaterstellen hat der Beklagte erläutert, dass es sich hierbei nicht um Arbeitsplätze bei der vormaligen Beklagten handelte, sondern um externe Berater. Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger selbst vorgelegten Internen Mitteilung vom 16.02.2017 (140 f. d.A.). Weitere zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung freie bzw. absehbar frei werdende CAMO-Stellen bei der vormaligen Beklagten sind auch aus der von ihm vorgelegten der Auflistung der homepage der XY (Bl. 143 ff. d.A.) nicht ersichtlich. Insoweit hat auch der Beklagte unbestritten vorgetragen, dass es sich hierbei nicht um freie Arbeitsplätze bei der Insolvenzschuldnerin handelte.

Soweit sich der Kläger auf weitere freie Stellen als Fluggerätemechaniker beruft, hat der Beklagte vorgetragen, dass zum einen deren Vakanz in Düsseldorf ab 01.07.2017 zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 28.03.2017 noch nicht absehbar war, was angesichts des Zeitraums von drei Monaten nachvollziehbar ist. Hierauf kann sich der Beklagte auch stützen, da im Zusammenhang mit einer üblichen Fluktuation frei werdende Stellen nicht in die Überlegungen vor Ausspruch der Kündigung einbezogen werden müssen. Dies gilt auch für die vom Kläger selbst vorgelegte Ausschreibung für eine weitere Stelle in München, welche vom 18.07.2017 datiert (Bl. 142 d.A.). Insbesondere ist hinsichtlich dieser behaupteten Stellen nicht klar, auf welche Techniker-/Mechanikerstellen sich der Kläger letztlich bezieht. Zu den von ihm zunächst behaupteten weiteren drei Stellen als Fluggerätemechaniker bzw. -techniker in München hat der Beklagte ausgeführt, dass dort nur eine Stelle frei war, welche mit dem Mitarbeiter Z. besetzt wurde. Soweit der Kläger im weiteren Verlauf von drei freien Stellen in München/Düsseldorf spricht, ist hierzu bereits der Sachvortrag widersprüchlich. Insoweit ist mit Ausnahme der Stelle des Mitarbeiters Z. zum 01.06.2017 und der Stelle, welche erst am 18.07.2017 (Bl. 142 d.A.) ausgeschrieben war, nicht klar, welche drei weiteren freien Stellen es seiner Meinung nach konkret an welchem Standort – München oder Düsseldorf – letztlich gegeben hätte und welche Stelle ab wann frei gewesen ist. Der hierfür vom Kläger angebotene Zeugenbeweis darf nicht dazu dienen, dies erst auszuforschen.

Nach alledem musste die vormalige Beklagte unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dem Kläger gegenüber nicht vorrangig eine Änderungskündigung im Hinblick auf die mit dem Mitarbeiter Z. bzw. auf etwaige andere von ihm behauptete freie Arbeitsplätze aussprechen.

1.1.4 Soweit der Kläger die ordnungsgemäße Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG rügt ist dem Beklagten zu folgen, wonach diese entbehrlich ist, da der gesamte Betrieb in Nürnberg geschlossen wurde (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG rdnr. 727, m.w.N.). Insbesondere findet auch die Vorschrift des § 1 Abs. 4 KSchG Anwendung, wonach im Interessenausgleich vom 08.02.2017 eine Auswahlrichtlinie gemäß § 95 BetrVG vereinbart wurde, gemäß derer eine Sozialauswahl ohnehin nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann.

Nach alledem ist die Kündigung vom 28.03.2017 sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG.

1.2 Die Kündigung vom 28.03.2017 ist auch nicht aufgrund einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. die Nachweise in Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 29. Aufl. 2018, § 102 BetrVG, Rdnrn. 21 ff.) ist eine Kündigung nicht nur dann nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat zuvor überhaupt beteiligt zu haben, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, dass er den Betriebsrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgebenden Sachverhalts gibt. Diese Ausführungen müssen so umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, sich von der Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe ein eigenes Bild zu machen. Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs unterliegt die Betriebsratsanhörung keinen erleichterten Anforderungen (vgl. Fitting, a.a.O., § 102 BetrVG, Rdnr. 35 b ff., m.w.N.). Im Kündigungsschutzprozess hat der Arbeitgeber auf die Rüge des Arbeitnehmers, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, die Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen auf die ordnungsgemäße Anhörung geschlossen werden kann. Hat dies der Arbeitgeber im Detail schlüssig dargelegt, muss der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast deutlich machen, welche der Angaben er aus welchem Grund weiterhin bestreiten will. Bei Tatsachen außerhalb der eigenen Wahrnehmung kann er sich gegebenenfalls auf Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO berufen (vgl. Fitting, a.a.O., § 102 BetrVG, Rdnr. 57, m.w.N..

Soweit vom Kläger eine nicht ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung gerügt worden ist, hat der Beklagte durch entsprechenden Vortrag und Vorlage der Anhörung der Insolvenzschuldnerin vom 17.03.2017 (Bl. 123 ff. d.A.) seiner Vortragslast Genüge getan. Der Betriebsrat ist nach Auffassung der Kammer ausreichend, insbesondere ausführlich und umfassend unterrichtet worden. Das Anhörungsverfahren war mit der Stellungnahme des Betriebsrats vom 27.03.2017 (Bl. 22 d.A.) abgeschlossen. Das pauschale Bestreiten des Arbeitnehmers – wie hier des Klägers in der Klageschrift – ohne weitere Begründung, genügt nach dem Vortrag des Beklagten und der Vorlage des Anhörungsschreibens nicht mehr für die Annahme einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Damit gilt der Vortrag des Beklagten zur ordnungsgemäßen Durchführung und zum Abschluss des Anhörungsverfahrens nach den Regeln der abgestuften Darlegungslast als zugestanden, §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 138 Abs. 3 ZPO. Die Kündigung ist damit auch nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

Weitere etwaige Unwirksamkeitsgründe aufgrund betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften liegen nicht vor. Insbesondere führt eine etwaige vom Kläger bestrittene rechtzeitige Unterrichtung der Arbeitnehmervertretungen über die geplante Betriebsänderung nicht zur Unwirksamkeit der individualrechtlichen Maßnahme (vgl. Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 29. Aufl. 2018, § 111 Rdnr. 129, m.w.N.). Gleiches gilt für die von ihm angezweifelte Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans, welche aufgrund der unternehmenseinheitlichen und betriebsübergreifenden Thematik auch außer Frage steht (vgl. Fitting, a.a.O., § 50 Rdnr. 59, m.w.N.).

2. Der vom Kläger geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nicht, die Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG liegen nicht vor. Hierzu hat der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 27.03.2017 (Bl. 22 d.A.) etwaige Widerspruchsgründe nicht ausreichend schriftlich dargelegt. Die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG genügt nicht, der Betriebsrat hätte einen freien Arbeitsplatz vielmehr möglichst konkret in bestimmbarer Weise angeben müssen (vgl. Fitting, § 102 Rdnrn. 71, 83, m.w.N.). Auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch nach allgemeinen Vorschriften kommt aufgrund der Rechtswirksamkeit der Kündigung vom 28.03.2017 nicht in Betracht.

3. Nachdem bereits die Kündigung der vormaligen Beklagten vom 28.03.2017 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.2017 aufgelöst hat, war über die Kündigung des Beklagten vom 17.01.2018 nicht mehr zu entscheiden, da zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

Nach alledem war das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 495, 91, 344 ZPO.

V.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1 ArbGG; 42 Abs. 2 Satz 1 GKG. Insoweit waren für die streitgegenständlichen Kündigungen jeweils drei Bruttomonatsgehälter sowie für den Weiterbeschäftigungsantrag ein weiteres Bruttomonatsgehalt anzusetzen.

VI.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da diese bereits nach allgemeinen Vorschriften eingelegt werden kann, § 64 Abs. 2 c) ArbGG.

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