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Betriebsbedingte Kündigung wegen Betriebsstilllegung

Wenn ein Unternehmen sich entschließt, einen Betriebsteil oder den gesamten Betrieb stillzulegen, stehen oft arbeitsrechtliche Konsequenzen im Raum. Die Frage, ob und unter welchen Umständen eine betriebsbedingte Kündigung rechtens ist, beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Im Kern geht es dabei um die Abwägung zwischen den unternehmerischen Freiheiten und den Schutzrechten der Arbeitnehmer. Die Sozialauswahl, der Interessenausgleich und die Anhörung des Betriebsrats spielen eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung.

Das Kündigungsschutzgesetz setzt Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die betrieblichen Notwendigkeiten und die individuellen Arbeitnehmerinteressen gegenüberstehen. Ein weiterer Aspekt ist die Frage des Betriebsübergangs, bei der geprüft wird, ob und inwieweit die Tätigkeiten innerhalb eines Unternehmensverbundes fortgeführt werden und welche Auswirkungen dies auf die Arbeitsverhältnisse hat. Diese Themen sind nicht nur für die betroffenen Parteien von großer Bedeutung, sondern haben auch eine weitreichende Tragweite für die Auslegung und Anwendung des Arbeitsrechts.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ca 255/19  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Arbeitsgericht Paderborn bestätigte die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung im Kontext einer Betriebsstilllegung, wobei die unternehmerische Entscheidung zur Schließung und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats als maßgeblich angesehen wurden.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Betriebsbedingte Kündigung: Das Gericht erkannte die Kündigung als sozial gerechtfertigt an, da dringende betriebliche Erfordernisse vorlagen.
  2. Unternehmerische Entscheidung: Die Schließung des Betriebsteils wurde als sachlich und nachvollziehbar eingestuft.
  3. Wegfall des Arbeitsplatzes: Zum Zeitpunkt des Kündigungsendes würde der Arbeitsplatz der Klägerin nicht mehr existieren.
  4. Keine Sozialauswahl erforderlich: Da der gesamte Betriebsteil geschlossen wurde, war eine Sozialauswahl nicht notwendig.
  5. Ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung: Das Gericht stellte fest, dass die Anhörung des Betriebsrats korrekt erfolgte.
  6. Kein Betriebsübergang: Die Kündigung erfolgte nicht aufgrund eines Betriebsübergangs, sondern aus anderen Gründen.
  7. Abweisung der Klage: Die Klage gegen die Kündigung wurde abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.
  8. Bedeutung für Arbeitnehmer: Arbeitnehmer können sich bei einer Betriebsstilllegung nicht auf den Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse verlassen, wenn die unternehmerischen Entscheidungen rechtlich haltbar sind.

Betriebsbedingte Kündigung: Ein rechtlicher Überblick

Im Zentrum des rechtlichen Disputs steht die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, die im Zuge einer Betriebsstilllegung ausgesprochen wurde. Die Klägerin, eine Produktmanagerin für Heimtextilien, wurde von ihrem Arbeitgeber, einem Unternehmen des Möbeleinzelhandels, gekündigt. Dieses Unternehmen hatte mehrere Standorte und betrieb neben dem Einrichtungshaus auch eine Zentralverwaltung sowie einen Logistikbetrieb und ein Küchenstudio. Die Klägerin war der Zentralverwaltung zugeordnet und seit Mai 2012 im Unternehmen tätig.

Unternehmensaufspaltung und Betriebsstilllegung: Die Auslöser der Kündigung

Die rechtliche Auseinandersetzung nahm ihren Anfang, als die Gesellschaftsanteile der Beklagten von der E-Gruppe übernommen wurden. Die neue Gesellschafterin entschied sich aufgrund derwirtschaftlich schwierigen Lage der G-Unternehmergruppe, den Betriebsteil in A, bestehend aus Einrichtungshaus und Zentralverwaltung, zu schließen. Ein Interessenausgleich wurde mit dem Betriebsrat verhandelt und abgeschlossen. Die Klägerin erhielt daraufhin eine Kündigung zum 31. Dezember 2019. Sie erhob Klage gegen diese Kündigung, indem sie argumentierte, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, da die Zentralverwaltung ihre Aufgaben weiterführen würde und somit keine betriebsbedingten Gründe für die Kündigung vorlägen. Zudem rügte sie die Sozialauswahl und die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Paderborn

Die Beklagte hingegen führte an, dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt sei. Die unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Betriebsteils in A sei gefallen, und die Verwaltungsfunktionen sollten anderen Gesellschaften der E-Gruppe zugeordnet werden. Die Zentralverwaltung würde demnach zum Jahresende 2019 stillgelegt, und die Aufgaben würden von der KHG GmbH & Co. KG übernommen.

Das Arbeitsgericht Paderborn wies die Klage ab und bestätigte die Rechtswirksamkeit der Kündigung. Das Gericht stellte fest, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt sei, da dringende betriebliche Erfordernisse vorlägen. Die unternehmerische Entscheidung zur Schließung der Zentralverwaltung sei sachlich und nachvollziehbar. Da der Arbeitsplatz der Klägerin wegfallen würde, sei die Sozialauswahl nicht erforderlich gewesen. Zudem wurde festgestellt, dass die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß erfolgt sei und die Kündigung nicht aufgrund des Betriebsübergangs, sondern aus anderen Gründen erfolgte.

Auswirkungen und Fazit des Urteils

Die Auswirkungen dieses Urteils sind vielschichtig. Zum einen bestätigt es die Rechte des Arbeitgebers, unternehmerische Entscheidungen zu treffen, die zu Betriebsstilllegungen führen können. Zum anderen zeigt es die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats und die Notwendigkeit, dass Kündigungen auf soliden betrieblichen Gründen basieren müssen. Für die betroffenen Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie sich bei einer Betriebsstilllegung nicht auf den Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse verlassen können, wenn die unternehmerischen Entscheidungen rechtlich haltbar sind.

Das Fazit des Urteils unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Prüfung von Kündigungen im Kontext von Betriebsstilllegungen. Es betont, dass die Interessen der Arbeitnehmer durch die Sozialauswahl und die Anhörung des Betriebsrats geschützt werden, jedoch unternehmerische Entscheidungen, die nachweislich auf wirtschaftlichen Notwendigkeiten beruhen, letztlich Vorrang haben können. Dieses Urteil könnte als Präzedenzfall für ähnliche Fälle dienen und zeigt auf, dass die rechtliche Bewertung von Kündigungen im Kontext von Betriebsstilllegungen komplex ist und eine genaue Betrachtung des Einzelfalls erfordert.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was versteht man unter einem Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB?

Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB tritt ein, wenn Betriebe oder Betriebsteile auf ein anderes Unternehmen übertragen werden. Dies kann durch Verkauf, Verpachtung des Betriebs, Pächterwechsel, Unternehmensspaltung oder Unternehmensverschmelzung geschehen. Dabei wechselt der Arbeitgeber und möglicherweise auch der Tarifbereich. Die Anwendbarkeit von Betriebsvereinbarungen und Tarifvereinbarungen kann in Frage gestellt sein.

Die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer gehen beim Betriebsübergang auf den neuen Inhaber über. Dies bedeutet, dass die Arbeitsverhältnisse mit dem ursprünglichen Betriebsinhaber beendet werden und der neue Betriebsinhaber der neue Arbeitgeber wird. Auch Einkommen und sozialer Besitzstand sind in beschränktem Umfang und für eine begrenzte Zeit gesichert.

Die betroffenen Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber zu widersprechen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Betriebsinhaber erklärt werden. Die Frist für den Widerspruch beträgt einen Monat und beginnt mit der schriftlichen Unterrichtung über den Betriebsübergang.

Ein Betriebsübergang hat auch Folgen im Verhältnis Arbeitgeber und Betriebsrat. Dem Betriebsrat können bei einem Betriebsübergang verschiedene Rechte gegenüber dem Arbeitgeber zustehen. Sowohl im Fall der Zusammenlegung zu einem neuen Betrieb als auch im Fall der Eingliederung in einen anderen Betrieb endet die normative Wirkung der in dem übergehenden Betriebsteil bislang geltenden Betriebsvereinbarungen. Die Rechte und Pflichten aus diesen Betriebsvereinbarungen werden aber grundsätzlich in arbeitsvertragliche Regelungen umgewandelt und Bestandteil des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und neuem Betriebsinhaber.

Die Regelung des § 613a BGB beruht maßgeblich auf europäischem Recht, insbesondere auf der Richtlinie 01/23/EG, die den Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit vorsieht.


Das vorliegende Urteil

Arbeitsgericht Paderborn – Az.: 1 Ca 255/19 – Urteil vom 01.07.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 17.908,92 Euro festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen des Möbeleinzelhandels. Die Beklagte betrieb in A einen Einrichtungshaus und die Zentralverwaltung des Unternehmens. Weitere Einrichtungshäuser bestehen in B, C und D. Weiterhin betrieb die Beklagte in A noch einen Logistikbetrieb. Es existiert auch noch ein Küchenstudio. Die Beklagte beschäftigte mehrere 100 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat, zuständig für das A Einrichtungshaus sowie die Zentralverwaltung.

Die am 11.03.1965 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.2012 als Produktmanagerin Heimtextilien bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist die verantwortliche Einkäuferin für diesen Produktbereich. Sie ist dem Betriebsteil Zentralverwaltung zugeordnet. Die Klägerin ist verheiratet und hat zwei Kinder, wovon noch eines unterhaltsberechtigt ist. Die Klägerin verdiente zuletzt monatlich 5969,64 € brutto (Bl. 23, 24 der Akte). Rechtsgrundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 10.03.2012 (Bl. 4-11 der Akte).

Im Oktober 2018 übernahm die E die Gesellschaftsanteile der Beklagten. Schon nach kurzer Zeit entschloss sich die E aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der früheren G- Unternehmergruppe den Betrieb A mit seinen beiden Betriebsteilen Einrichtungshaus und Zentralverwaltung zu schließen. Die Beklagte informierte den Betriebsrat und forderte ihn zur Beratung über den Abschluss eines Interessenausgleiches auf. Am 02.01.2019 kam es zum Abschluss eines Interessenausgleichs (Bl. 81-83 der Akte) und eines Sozialplans (Bl. 78-80 der Akte).

Mit einem Schreiben vom 28.01.2019 (Bl. 25, 26 der Akte) – der Klägerin zugegangen am 29.01.2019 – kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2019.

Gegen diese Kündigung hat die Klägerin mit einem am 18.02.2019 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben.

Die Klägerin trägt zur Begründung unter anderem folgendes vor:

Die streitgegenständliche Kündigung sei rechtsunwirksam. Betriebsbedingt sei sie nicht gerechtfertigt. Es gebe keine wirtschaftlichen Erfordernisse für die Kündigung. Die Beklagte führe das Unternehmen noch in vollständiger Form fort. Sie wickle Aufträge und Reklamationen ab. Die Aufgaben der Zentralverwaltung, der sie zugeordnet sei, würden über den 31.12.2019 weiter fortgeführt, so dass die Kündigung nicht durch die Betriebsstilllegung notwendig und gerechtfertigt sei. Ferner rüge sie die Sozialauswahl und die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung.

Den klageerwidernden Vortrag der Beklagten (Bl. 50-86 der Akte) bestreitet die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 01.07.2019 (Bl. 92-96 der Akte) im Wesentlichen mit Nichtwissen. Sie bestreitet eine vollständige Schließung der Zentralverwaltung am 31.12.2019 und trägt vor, die Aufgaben dieses Betriebsteils wurden vollständig innerhalb der Krieger-Unternehmensgruppe fortgeführt.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 28.01.2019, zugestellt am 29.01.019, beendet wird, sondern zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt zur Begründung im Wesentlichen folgendes vor:

Die streitgegenständliche Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt.

Nach dem 19.10.2018 sei sie – die Beklagte – im Rahmen einer Unternehmensaufspaltung in Standortgesellschaften untergliedert worden. Seit dem 01.11.2018 führe sie lediglich noch den Betrieb Einrichtungshaus A/Zentralverwaltung sowie das Küchenstudio F. Bereits kurz nach der Übernahme sei für die neue Gesellschafterin, die E mit Sitz in H deutlich geworden, in welcher wirtschaftlich dramatischen Lage sich die Betriebe befunden hätten. Die Einrichtungshäuser in D und C werde man umfangreich umbauen. Für das Einrichtungshaus A sei das nicht darstellbar. Von Anfang an habe die neue Gesellschafterin es auch angestrebt, die Zentralverwaltung in A aufzulösen und die Verwaltungsfunktionen den bestehenden Verwaltungsgesellschaften unterhalb der E zuzuordnen. Der Zentraleinkauf für die Unternehmen der früheren G-Gruppe werde auf die KHG GmbH & Co. KG mit Sitz in H übertragen. Diese Gesellschaft sei zentral für den Einkauf bei allen Unternehmen der  E KG zuständig. Am 05.11.2018 sei den Geschäftsführern ihrer Komplementärin diese Absicht eröffnet worden. Auch dem Betriebsrat sei dieses – vorab mündlich – mitgeteilt worden. Ebenfalls am 05.11.2018 habe es eine Betriebsversammlung gegeben.

Am 06.11.2018 sei der Betriebsrat schriftlich unterrichtet worden. Auch sei der Betriebsrat zu Beratungen über die geplante Betriebsstilllegung gemäß § 111 BetrVG sowie zu Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs gemäß § 112 Abs. 1 BetrVG aufgefordert worden. Der Betriebsrat habe das Verhandlungsangebot bereits am 06.11.2018 angenommen. Das Konsultationsschreiben vom 06.11.2018 nebst einer Liste, aus der Zahl und Berufsgruppen der von Kündigungen bedrohten Arbeitnehmer hervorgehen, sei parallel auch der Agentur für Arbeit zugeleitet worden.

Ab dem 22.11.2018 habe es dann umfangreiche Verhandlungen und Konsultationen zwischen ihr und dem Betriebsrat gegeben. Am 21.12.2018 habe man die Verhandlungen erfolgreich abschließen können. Formal seien dann unter dem Datum des 02.01.2019 der Interessenausgleich (Bl. 81-83 der Akte) und der Sozialplan (Bl. 78-80 der Akte) abgeschlossen worden.

Am 03.01.2019 sei der Interessenausgleich auch der Agentur für Arbeit zugeleitet worden. Nach § 5 Abs. 1 S. 5. Interessenausgleichs bilde dieser zugleich die Stellungnahme des Betriebsrats zu der beabsichtigten Massenentlassungsanzeige im Sinne des § 17 Abs. 3 KSchG (Bl. 82 R der Akte).

Mit einem Schreiben vom 16.01.2019 (Bl. 71 der Akte) habe man den Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung der Klägerin angehört. Der Betriebsrat habe im Rahmen des Anhörungsverfahrens binnen der gesetzlich vorgesehenen Wochenfrist keinerlei Stellungnahme abgegeben.

Am 23.01.2019 habe man die nach § 17 Abs. 1 und 3 KSchG erforderliche Anzeige von Entlassungen bei der Agentur für Arbeit A abgegeben. Der Entlassungsanzeige sei unter anderem eine anonymisierte Personalliste beigefügt gewesen. Die Klägerin sei in dieser Personalliste unter der laufende Nr. 37 aufgeführt (Bl. 59 der Akte).

Am 29.01.2019 sei die Kündigung dann persönlich übergeben worden.

Seit Ende Januar 2019 habe es dann im Einrichtungshaus A einen Totalräumungsverkauf gegeben. Am 30.04.2019 sei dann die endgültige Schließung erfolgt. Auch betreffend den Betriebsteil Zentralverwaltung schreite die Stilllegung voran (Bl. 54 R d. A.).

Die streitgegenständliche Kündigung sei also gerechtfertigt.

Der weitere Schriftsatz der Klägerin vom 01.07.2019 (Bl. 92-96 der Akte) sei verspätet. Er sei außerhalb der Frist des § 132 Absatz 1 ZPO zugegangen. Alle in der Klageerwiderung bezeichneten Anlagen seien dem Gericht vorgelegt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Personalliste zur Massenentlassungsanzeige auch nicht unvollständig. Das Bestreiten einzelner Verfahrensabschnitte im Konsultationsverfahren sei unerheblich. Ein schlichtes bestreiten mit Nichtwissen sei unzulässig. Weder die E noch die KHG GmbH & Co. KG führten einen Teil des Betriebes vor. Der entsprechende Vortrag der Klägerin sei unsubstantiiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 28.01.2019 mit Ablauf des 31.12.2019 seine Beendigung finden. Diese Kündigung ist nämlich rechtswirksam.

Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des  § 4 KSchG Klage gegen die streitgegenständliche Kündigung erhoben. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes liegen vor.

Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist sozial ungerechtfertigt eine Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG gekündigt worden, so ist die Kündigung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG hat der Arbeitnehmer die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG erscheinen lassen.

Die streitgegenständliche Kündigung ist gerechtfertigt aus betriebsbedingten Gründen. Der Arbeitsplatz der Klägerin wird spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31.12.2019 weggefallen sein.

Die Beklagte hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Betrieb in A mit den beiden Betriebsteilen Einrichtungshaus und Zentralverwaltung stillzulegen. Das Einrichtungshaus ist nach einem Totalräumungsverkauf dann bereits zum 30.04.2019 endgültig geschlossen worden. Auch die Zentralverwaltung wird zum Jahresende 2019 stillgelegt sein. Nun mag es durchaus richtig sein, wenn die Klägerin vorträgt (Bl. 3 der Akte) man wickele zurzeit noch Aufträge und Reklamationen ab. Die Stilllegung der Zentralverwaltung A zum 31.12.2019 ist von den Betriebsparteien in § 3 des Interessenausgleichs vom 02.01.2019 angesprochen worden (Bl. 81 R, 82 d. A.). Die dort geregelten Maßnahmen sind auch keinesfalls unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Es liegt auf der Hand, dass die E-Gruppe die Funktionen der Zentralverwaltung für das Gesamtunternehmen von H aus wahrnimmt und nicht noch eine kleinere, zweite Zentralverwaltung für die übernommenen noch existierenden drei Möbelhäuser in B, C und D aufrecht erhält. Spätestens zum 31.12.2019 wird die A Zentralverwaltung geschlossen sein. Ihre Aufgaben werden durch die in § 3 Abs. 1 Buchst. a bis g des Interessenausgleichs vom 02.01.2019 genannten Firmen angeführt werden. Der Arbeitsplatz der Klägerin fällt damit weg.

Da alle Arbeitsverhältnisse der beiden Betriebsteile in A weggefallen sind bzw. wegfallen werden, war eine Sozialauswahl seitens der Beklagten nicht vorzunehmen. Die Klägerin hat hier auch keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine Sozialwidrigkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG ergeben könnte.

Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat ist ordnungsgemäß im Sinne des § 102 BetrVG angehört worden. Dieses ergibt sich aus dem Anhörungsschreiben vom 16.01.2019 (Bl. 71 der Akte). Die Klägerin kann die vorgenommene Betriebsratsanhörung auch nicht nur mit Nichtwissen bestreiten (Bl. 95, 96 der Akte). Das Schreiben vom 16.01.2019 (Anlage B 7) ist ausweislich des Prüfprotokolls vom 07.05.2015 (Bl. 49 der Akte) und des beA-Zustellungsprotokolls (Bl. 102 der Akte) vorgelegt worden.

Auch die nach § 17 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige ist ordnungsgemäß erfolgt. Die Anzeige ist am 23.01.2019 abgegeben worden (Bl. 56 der Akte). Die Klägerin ist in der Personalliste zur Entlassungsanzeige unter der Nr. 37 aufgeführt worden (Bl. 59 der Akte). Ausweislich des § 5 Absatz ein S. 3 des Interessenausgleichs vom 02.01.2019 (Bl. 82 R d. A.) ist die Beteiligung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt und abgeschlossen worden. Die Agentur für Arbeit hat unter dem Datum des 24.01.2019 den Eingang und die Vollständigkeit der Entlassungsanzeige bestätigt (Bl. 73 der Akte).

Letztlich ist die streitgegenständliche Kündigung auch nicht rechtsunwirksam im Sinne des § 613 Buchst. a Abs. 4 BGB. Sie ist nicht wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ausgesprochen worden.

Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Gem. § 613 a Abs. 4 BGB ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

In ihrem Schriftsatz vom 01.07.2019 (Bl. 93 der Akte) trägt die Klägerin vor, der Zentraleinkauf werde von der E fortgeführt, so dass die Kündigung gemäß § 613 Buchst. a BGB wegen und wegen mangelnder Sozialauswahl unwirksam sei. Nun werden ausweislich des § 3 Abs. 1 Buchst. c des Interessenausgleichs vom 02.01.2019 (Bl. 82 der Akte) die Aufgabe des Zentraleinkaufs von der  KHG GmbH & Co. KG aus H wahrgenommen werden (Bl. 82 der Akte). Gleichgültig, wer nun zukünftig die Aufgaben des Zentraleinkaufs wahrnehmen wird, ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 Buchst. a BGB ist hier für das Gericht nicht ersichtlich. Der kurze und knappe Vortrag der Klägerin dazu ist nicht schlüssig. Welches Unternehmen der E-Gruppe übernimmt von der Beklagten welche konkreten Betriebsmittel? Von einer Rechtsunwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung nach § 613 Buchst. a Abs. 4 BGB kann somit nicht ausgegangen werden.

Die Kündigung vom 28.01.2019 ist nach alledem rechtswirksam und wird das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31.12.2019 beenden.

Die Klage war somit als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat die Klägerin die Kosten dieses Rechtsstreits zu tragen.

Den Streitwert hat das Gericht gem. § 42 GKG in Höhe von drei Monatseinkommen und damit in Höhe von 17.908,92 € festgesetzt.

 

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