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Betriebsbedingte Kündigung wegen Umverteilung der Arbeitsaufgaben

ArbG Köln, Az.: 1 Ca 6933/16, Urteil vom 10.02.2017

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten aus September 2016, der Klägerin zugegangen am 15.09.2016, nicht aufgelöst wird.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses als SAP-Beraterin (IT-Specialist) weiterzubeschäftigen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Der Streitwert wird auf 23.545,00 EUR festgesetzt.

6. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung und das Bestehen eines vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs.

Die am … .. geborene, ledige und keinen Kindern zum Unterhalt verpflichte ist seit dem 01.09.1993 bei der Beklagten als … . Spezialist in Vollzeit beschäftigt. Zuletzt wurde sie in der Betriebsstätte der Beklagten Region West in Köln eingesetzt. Der Bruttomonatsverdienst der Klägerin beträgt 5.886,25 EUR. Für die Zeit vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2016 wurde die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin einvernehmlich von 38 Stunden auf 30 Stunden verringert.

Betriebsbedingte Kündigung wegen Umverteilung der Arbeitsaufgaben
Symbolbild: Elnur/Bigstock

Die Beklagte ist Teil der … ..-Gruppe, einem den Angaben der Beklagten zufolge weltweit führenden … -Unternehmen. Bis September 2016 beschäftigte die Beklagte 1.783 Arbeitnehmer. Sie ist deutschlandweit tätig und hat fünf Betriebsstätten, die jeweils nach regionalen Gesichtspunkten gebildet sind. Sitz des Unternehmens ist … … bei B … … … . Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist die Erbringung von Beratungs- und ….-Services im Bereich … .-Infrastruktur für große und mittlere Kunden der … .. in Deutschland. Die Beklagte schließt selbst keine Verträge mit Kunden ab, sondern erbringt ihre Leistungen fast ausschließlich gegenüber ihrer 100%-igen Gesellschafterin, der … .-Deutschland GmbH, die ihrerseits Verträge mit großen Unternehmen und der öffentlichen Hand schließt.

Am 03.09.2016 schlossen die Beklagte und deren Gesamtbetriebsrat im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens sowohl einen Interessenausgleich als auch einen Sozialplan, die die Einstellung von Verlagerung von Tätigkeiten zum Gegenstand haben.

Ein mit dem 06.09.2016 datierter Geschäftsführungsbeschluss der Beklagten sieht u.a. die Einstellung von Tätigkeiten sowie die vollständige Verlagerung von Tätigkeiten, die bislang auf Arbeitsplätzen im Betrieb Region West erbracht wurden, auf die anderen vier Regionen vor. Dadurch sollen den Angaben der Beklagten zufolge unternehmensweit 346 Arbeitsplätze bei ihr wegfallen.

Mit Schreiben vom 09.09.2016 hörte die Beklagte ihren Betriebsrat der Betriebsstätte in Köln zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin an.

Mit Schreiben vom 13.09.2016 widersprach der Betriebsrat der Kündigung „nach § 102 Abs. 3 BetrVG“ und äußerte „Bedenken nach § 102 Abs. 2 BetrVG“.

Mit der Klägerin am 15.09.2016 zugegangenem Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2017.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 30.09.2016 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage vom … .., mit der sie zugleich von der Beklagten ihre Weiterbeschäftigung als … ..-Beraterin ( … .-Specialist) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses begehrt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Eine Beschäftigungsmöglichkeit von ihr entfalle nicht auf Grund dringender betrieblicher Erfordernisse. Zudem gebe es für sie anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten. Die tarifvertragliche Vorgabe, eine neue gleichwertige Tätigkeit zu finden, sei von der Beklagten nicht beachtet worden. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass sie im … .-Bereich universell einsetzbar sei. Weiterhin hätte eine Sozialauswahl mit allen horizontal vergleichbaren Mitarbeitern der fünf Betriebsstätten, bei denen es sich nach Meinung der Klägerin nicht um eigenständige Betriebe im Sinne des Kündigungsschutzrechts handele, zumindest aber mit allen vergleichbaren Mitarbeitern, die in den Abteilungen I … . S … .. D … .. ( … ) und B … . A … .. S … .. ( … .), erfolgen müssen. Unabhängig davon sei der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung unzureichend angehört worden. Schließlich fehle es nach Auffassung der Klägerin an einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten aus September 2016, ihr zugegangen am 15.09.2016, nicht aufgelöst wird,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.03.3017 hinaus fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses als … ..-Beraterin ( … .-Specialist) weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung sei wegen Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse i.S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin bei ihr entgegenstünden, sozial gerechtfertigt. Sie behauptet, infolge der Einstellung von nicht-strategischen Tätigkeiten würden die Tätigkeiten, die bislang von der Klägerin im Betrieb Region West erbracht worden seien, künftig auf anderen Arbeitsplätzen in anderen Betrieben erbracht. Insoweit finde eine Umverteilung der bisherigen Tätigkeiten der Klägerin statt, die spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abgeschlossen sein werde. Damit entfalle zum Kündigungstermin ein Beschäftigungsbedarf für die Klägerin. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung seien absehbar keine Arbeitsplätze frei gewesen, auf denen die Klägerin, auch unter Berücksichtigung einer zumutbaren Fort- oder Weiterbildung, nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten; hätte weiterbeschäftigt werden können. Eine Sozialauswahl hätte nach Meinung der Beklagten nicht durchgeführt werden müssen, da die Umsetzung der von ihr getroffenen unternehmerischen Entscheidung zur Einstellung und Verlagerung der im Geschäftsführungsbeschluss vom 06.09.2016 genannten Tätigkeiten zur Folge habe, dass die Arbeitsplätze aller vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebes, denen sie ebenfalls gekündigt habe, entfielen. Bei den vier weiteren Regionen handele es sich um selbständige Betriebe, so dass die dortigen Mitarbeiter nicht in die Sozialauswahl hätten einbezogen werden müssen. Im Übrigen fehle es bei den von der Klägerin genannten Mitarbeitern an der für eine Sozialauswahl insoweit erforderlichen Vergleichbarkeit. Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung nach Maßgabe der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der subjektiven Determinierung ordnungsgemäß angehört worden. Eine Massenentlassungsanzeige sei mit Schreiben vom 24.06.2016 ordnungsgemäß erfolgt. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch stehe der Klägerin nach Auffassung der Beklagten schließlich nicht zu, da der Betriebsrat seinen Widerspruch – insbesondere im Hinblick auf die Sozialauswahl und anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten – nicht ordnungsgemäß begründet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist – abgesehen vom Antrag zu 2. – zulässig und begründet.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet nicht auf Grund der von der Beklagten mit Schreiben vom „September 2016“ ausgesprochenen Kündigung zum 31.03.2017, weil diese Kündigung unwirksam ist.

a) Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt i.S. von § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KSchG.

aa) Die allgemeinen Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes sind hier erfüllt: Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden (§ 1 Abs. 1 KSchG). Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beschäftigte die Beklagte unstreitig auch regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Die Klägerin hat die Kündigung der Beklagten vom „September 2016“, die ihr ihren insoweit unwidersprochen gebliebenen Angaben am 15.09.2016 zugegangen ist mit der vorliegenden, am 30.09.2016 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage vom 29.09.2016 innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang gerichtlich angegriffen, § 4 Satz 1 KSchG. Die Kündigung war daher an den Wirksamkeitsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes zu messen. Dieser Überprüfung hat sie nicht standgehalten.

bb) Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eine ordentliche Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

cc) Die Kündigung der Beklagten ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in ihrem Betrieb entgegenstanden, – auf andere Gründe i.S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG hat sich die Beklagte nicht berufen – bedingt.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, können sich dringende betriebliche Erfordernisse i.S. von § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (siehe statt vieler BAG, Urteil vom 16.12.2010 – 2 AZR 770/09, AP Nr. 186 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 1. der Gründe m.w. Nachw.). Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist dagegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG, Urteil vom 16.12.2010 – 2 AZR 770/09, AP Nr. 186 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 1. der Gründe m.w. Nachw.).

(a) Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (BAG, Urteil vom 16.12.2010 – 2 AZR 770/09, AP Nr. 186 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 1. a) der Gründe m.w. Nachw.).

(b) Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich – wie hier – nur auf eine Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und auf Grund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten von dem verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erledigt werden können (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 16.12.2010 – 2 AZR 770/09, AP Nr. 186 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 1. b) der Gründe m.w. Nachw.).

Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn die unternehmerische Entscheidung – wie hier – auf den reinen Abbau einzelner Arbeitsplätze – verbunden mit einer Umverteilung der den betroffenen Arbeitnehmern bisher zugewiesenen Aufgaben – hinausläuft.

(2) Im Streitfall liegt der angebliche Entschluss der Beklagten, u.a. die bislang von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten auf Arbeitnehmer in den anderen vier Betriebsstätten zu verteilen und damit im Ergebnis die Stelle der Klägerin „zu streichen“, nahe an der Kündigungsentscheidung. Er hat allein den Abbau eines Arbeitsplatzes zum Gegenstand und geht einher mit der Umverteilung der der Klägerin bisher zugewiesenen Aufgaben. Es bedurfte daher der beschriebenen näheren Erläuterung dieses Entschlusses.

Dem wird der bisherige Vortrag der Beklagten nicht gerecht.

Die Beklagte behauptet lediglich pauschal, die Aufgaben der Klägerin, wie sie von der Beklagten im Schriftsatz vom 02.02.2017 (dort auf Seite 4) im Einzelnen beschrieben werden, würden „zukünftig aus dem Betrieb Region West in die übrigen vier Betriebe (Region Ost, Region Nord, Region Süd, Region Rhein/Main) verlagert“. Auf welche – namentlich zu bezeichnenden – Personen welche konkreten, von der Klägerin bisher verrichteten Tätigkeiten übertragen worden sein sollen, wird von der Beklagten indes nicht mitgeteilt. Ebenso wenig hat die Beklagte auch nur ansatzweise dargetan, dass diesen Personen die Wahrnehmung der bisherigen Aufgaben der Klägerin ohne überobligatorische Leistungen möglich wäre. Dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung hinsichtlich der konkreten Umverteilung der bislang von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten auf Mitarbeiter in den weiteren vier Betriebsstätten gewissermaßen – umgangssprachlich formuliert – „keinen Plan“ hatte, belegen eindrucksvoll die folgenden Ausführungen im Anhörungsschreiben an den Betriebsrat: „Stand heute kann noch nicht definitiv gesagt werden, welche(r) andere(n) Mitarbeit in welchem/n Betrieb(en) die Aufgaben übernehmen wird/ werden, mit denen der Mitarbeiter auf seinem Arbeitsplatz aktuell befasst ist. Es wird aber so sein, dass alle Aufgaben des Mitarbeiters vollständig durch andere Mitarbeiter übernommen werden.“ Selbst wenn hier zu Gunsten der Beklagten unterstellt würde, dass sie die unternehmerische Entscheidung getroffen haben sollte, u.a. die Tätigkeiten der Klägerin auf andere Mitarbeiter in den weiteren vier Betriebsstätten vollständig zu übertragen, entbindet dies die Beklagte nicht an dem Erfordernis eines konkreten Tatsachenvortrags hinsichtlich der Umsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung in der eben dargestellten Weise, woran es bislang fehlt.

b) Ob die Kündigung der Beklagten vom „September 2016“ zudem, wie von der Klägerin angenommen, wegen angeblich anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten oder – wofür nach dem bisherigen wechselseitigen Parteivorbringen in der Tat vieles spricht – wegen nicht ordnungsgemäßer Sozialauswahl i.S. von § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam ist, bedurfte angesichts der vorangegangenen Ausführungen keiner Entscheidung.

c) Ebenso wenig bedurfte es im Hinblick auf die vorangegangenen Ausführungen einer Entscheidung darüber, ob die Kündigung zudem, wie von der Klägerin weiterhin angenommen, wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG oder wegen nicht ordnungsgemäß erfolgter Massenentlassungsanzeige i.S. von § 17 KSchG unwirksam ist.

2. Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu 2. die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.03.2017 hinaus fortbesteht, ist die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG unzulässig. Denn von der Klägerin wurden – neben der hier streitgegenständlichen Kündigung der Beklagten vom „September 2016“ – keine weiteren Beendigungstatbestände dargetan, die zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses führen sollen (zur Unzulässigkeit eines solchen sog. allgemeinen Feststellungsantrags in dem Fall siehe LAG Nürnberg, Urteil vom 18.04.2012 – 2 Sa 100/11, NZA-RR 2012, 409 f., zu I. 2. der Gründe).

3. Mit dem Antrag zu 3. hatte die Klage dagegen wiederum Erfolg.

a) Auf Grund der erstinstanzlich festgestellten Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Weiterbeschäftigung nach den vom Großen Senat des BAG entwickelten Grundsätzen, denen die Kammer aus Gründen der Rechtssicherheit folgt (vgl. BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.02.1985 – GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Von der Beklagten wurden keine besonderen Umstände vorgetragen, die ihr ausnahmsweise eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.

b) Ob sich ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin zudem aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ergibt und hierfür ein insoweit erforderlicher ordnungsgemäß begründeter Widerspruch des Betriebsrats vorliegt, was die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 22.12.2016 aus den darin im Einzelnen genannten Gründen in Abrede gestellt hat, musste angesichts dessen nicht abschließend geklärt werden.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG. Der Beklagten waren die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die Zuvielforderung der Klägerin verhältnismäßig geringfügig war und keine höheren Kosten veranlasst hat.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG, §§ 3, 5 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG, wobei der allgemeine Feststellungsantrag neben dem Kündigungsschutzantrag nicht gesondert bewertet wurde, da weitere Kündigungen oder andere Auflösungstatbestände nicht in das Verfahren einbezogen worden sind (siehe etwa LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.09.2006 – 3 Ta 159/06, NZA-RR 2006, 656; LAG Köln, Beschluss vom 16.10.2007 – 9 Ta 298/07, NZA-RR 2008, 380 f. m.w. Nachw.; LAG Köln, Beschluss vom 25.10.2010 – 2 Ta 317/10, zitiert nach juris).

IV. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung war gemäß § 64 Abs. 3 a Satz 1 ArbGG in den Urteilstenor aufzunehmen.

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