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Dienstwagenentziehung wegen Änderung der Arbeitsaufgaben

Dienstwagenentzug bei Änderung der Arbeitsaufgaben: Arbeitnehmer klagt

Das Arbeitsgericht Duisburg urteilte, dass die Aufforderung zur Rückgabe des Geschäftsfahrzeugs an den Kläger unwirksam ist. Der Streit entstand durch eine Änderung der Arbeitsaufgaben des Klägers, welche die Notwendigkeit des Dienstwagens in Frage stellte. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der beklagten Partei zu, und der Streitwert wurde auf 10.260,66 EUR festgelegt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ca 1190/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Unwirksamkeit der Weisung: Das Gericht fand die Anweisung zur Rückgabe des Dienstwagens an den Kläger ungültig.
  2. Arbeitsaufgaben Änderung: Die Änderung der Arbeitsaufgaben des Klägers führte zum Streit über die Notwendigkeit des Dienstwagens.
  3. Kosten des Rechtsstreits: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  4. Streitwert: Der Streitwert des Falls wurde auf 10.260,66 EUR bemessen.
  5. Dienstwagen-Nutzungsbedingungen: Die Voraussetzungen für die Berechtigung zur Nutzung des Geschäftsfahrzeugs waren zentral für den Fall.
  6. Überprüfung der Fahrzeugberechtigung: Die turnusmäßige Überprüfung der Berechtigung zur Nutzung des Geschäftsfahrzeugs spielte eine wichtige Rolle.
  7. Anspruch des Klägers: Der Kläger argumentierte, dass die Bedingungen für die Fahrzeugnutzung unklar und seine Nutzung fast 50% seiner Arbeitstage betrug.
  8. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats: Der Kläger brachte die mögliche Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats in Bezug auf die Dienstwagennutzung vor.

Dienstwagenentziehung im Arbeitsrecht: Ein Streitfall

Dienstwagenentzug bei Änderung der Aufgaben
(Symbolfoto: G-Stock Studio /Shutterstock.com)

Die Frage der Berechtigung zur Nutzung eines Dienstwagens und die Bedingungen, unter denen diese Berechtigung entzogen werden kann, sind wesentliche Aspekte im Arbeitsrecht. Dieses Thema verbindet arbeitsvertragliche Regelungen mit den Rechten und Pflichten sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Besonders interessant wird es, wenn die Änderung von Arbeitsaufgaben den Bedarf eines Dienstwagens infrage stellt. In solchen Fällen wird oft auf die rechtlichen Grundlagen und die spezifischen Vereinbarungen in den Arbeitsverträgen zurückgegriffen, um die Sachlage zu klären.

Im Zentrum steht dabei, wie ein Arbeitsgericht, beispielsweise das ArbG Duisburg, solche Streitigkeiten bewertet und welche Rolle eine Weisung des Arbeitgebers spielt. Auch die Interpretation und Anwendung von Klauseln in Bezug auf Geschäftsfahrzeuge spielen eine entscheidende Rolle. Dies führt zu einer spannenden Auseinandersetzung zwischen den arbeitsrechtlichen Prinzipien und den individuellen Vertragsbedingungen. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie ein solches Urteil ausfallen kann und welche Implikationen es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat.

Hintergrund der Dienstwagenentziehung: Veränderung der Arbeitsaufgaben

Im Fokus des Rechtsstreits am ArbG Duisburg stand die Entziehung eines Geschäftsfahrzeugs aufgrund geänderter Arbeitsaufgaben des Klägers. Seit 2006 war der Kläger bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als „Gebietsleiter Verkauf“. Mit einer Vertragsergänzung wurde ihm ein funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug überlassen. Die Nutzung des Fahrzeugs war an seine Tätigkeit gebunden, mit der Klausel, dass bei Änderungen der Arbeitsaufgaben der Anspruch auf das Fahrzeug entfallen kann.

Die rechtlichen Bedingungen für den Dienstwagen

Die Bedingungen für die Überlassung und Entziehung des Dienstwagens waren in der Geschäftsfahrzeug-Regelung festgehalten. Diese Regelungen schlossen ein, dass bei einem Tätigkeitswechsel eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Fahrzeugberechtigung stattfindet. Besonders relevant war hier die Voraussetzung einer „dauerhaft hohen Mobilität“, definiert durch dienstliche Abwesenheiten von mehr als 50%. Zudem war in der Vertragsergänzung festgehalten, dass der Dienstwagen bei Beendigung der Tätigkeit oder bei Vorliegen eines sachlichen Grundes entzogen werden kann.

Kern des Konflikts: Änderung des Vertriebskonzepts

Auslöser der rechtlichen Auseinandersetzung war eine Änderung im Vertriebskonzept der Beklagten. Ab 2022 fokussierte sich die Firma auf eine investorenbezogene Betreuung, wodurch der Bedarf an Außendienstmitarbeitern reduziert wurde. Der Kläger übernahm daraufhin eine neue Funktion als „Vertriebspartnerbetreuer Gebrauchtwagen“, wodurch sich seine Notwendigkeit zur dienstlichen Nutzung des Fahrzeugs verringerte. Die Beklagte forderte daraufhin das Fahrzeug zurück, da die Voraussetzungen für die Berechtigung nicht mehr vorlagen.

Das Urteil des ArbG Duisburg

Das Gericht stellte fest, dass die Weisung der Beklagten zur Rückgabe des Geschäftsfahrzeugs unwirksam war. Der Kläger hatte weiterhin Anspruch auf das Fahrzeug, da eine transparente und wirksame auflösende Bedingung bezüglich der Überlassung des Fahrzeugs nicht gegeben war. Ebenso wurde der in der Vertragsergänzung vereinbarte Widerruf als unwirksam eingestuft, da dieser den Kläger unangemessen benachteiligte. Die Kosten des Rechtsstreits fielen der Beklagten zu.

Das Urteil verdeutlicht die Komplexität arbeitsrechtlicher Regelungen in Bezug auf Zusatzleistungen wie Dienstfahrzeuge, insbesondere bei Änderungen der Arbeitsaufgaben. Das Arbeitsgericht Duisburg betonte die Notwendigkeit klarer und transparenter Regelungen in Arbeitsverträgen, um sowohl die Rechte der Arbeitnehmer als auch die Interessen der Arbeitgeber angemessen zu berücksichtigen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Rolle spielt die Änderung von Arbeitsaufgaben für die Berechtigung zur Nutzung eines Dienstwagens?

Erklärung Text…


Das vorliegende Urteil

ArbG Duisburg – Az.: 1 Ca 1190/23 – Urteil vom 16.11.2023

1. Es wird festgestellt, dass die Weisung der Beklagten an den Kläger vom 24.04.2023 zur Rückgabe seines Geschäftsfahrzeugs unwirksam ist.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert beträgt 10.260,66 EUR.

4. Die Berufung wird – soweit sie nicht ohnehin zulässig ist – nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verwendung eines auch zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagens.

Der Kläger ist seit dem 01.12.2006 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, seit dem 01.07.2015 auf Basis eines Arbeitsvertrages vom 23.04./21.05.2015 (Anlage B1, Blatt 78 ff. der Akte) als „Gebietsleiter Verkauf“ für die Region G.. Mit Vertragsergänzung vom 18.04./21.05.2015 vereinbarten die Parteien die Überlassung eines „funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeugs“ (Anlage B2, Blatt 83 ff. der Akte). Die Vertragsergänzung lautet auszugsweise wie folgt:

1. Während der Ausübung Ihrer Tätigkeit in der Region G. als Gebietsleiter/in Verkauf innerhalb der Organisationeinheit Verkauf Region G. erhalten Sie folgende Leistung:

Das Unternehmen stellt Ihnen ein funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug zur Verfügung, sofern Sie nach den jeweils gültigen betrieblichen Regelungen hierfür berechtigt sind. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie der Fahrzeugregelung funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug.

2. Mit Beendigung der oben genannten Tätigkeit entfallen die unter Ziffer 1 genannten Leistungen.

3. Die unter Ziffer 1. genannten Leistungen können bei Vorliegen eines sachlichen Grundes vom Unternehmen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise widerrufen werden.

Sachliche Gründe können insbesondere sein:

• Gründe in der Person (z.B. Verlust der Fahrerlaubnis)

• wirtschaftliche Gründe (z.B. Kostensenkungsmaßnahmen, Sicherung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der L. AG)

• organisatorische Gründe (z.B. die Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben)

• verhaltensbedingte Gründe (z.B. vertragswidrige Nutzung des funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeugs)

Bei der Ausübung des Widerrufsrechts werden Ihre berechtigten Interessen angemessen berücksichtigt. Insbesondere muss ein Widerruf zumutbar sein.

Die „Geschäftsfahrzeug-Regelung Funktionsabhängige Geschäftsfahrzeuge“ lautet auszugsweise:

1. Berechtigung und Voraussetzung

Der Grundsatz sowie die Voraussetzungen für die Fahrzeugberechtigung sind in der Anlage 1 „Funktionsabhängige Geschäftsfahrzeuge“ geregelt.

(…)

2.2. Nutzungsdauer

Das GF steht Ihnen für die Dauer der Erfüllung der Voraussetzungen der Anlage 1 zur Verfügung. Bei Entfall der Fahrzeugberechtigung, ist das GF am letzten aktiven Arbeitstag bzw. am Ende des Kulanzzeitraumes bei den zuständigen Rückgabestellen zurückzugeben.

In „Anlage 1 – Funktionsabhängige Geschäftsfahrzeuge – “ (Anlage B4, Blatt 100 der Akte: künftig auch: „Anlage 1“) heißt es u.a.:

Grundsatz:

Der Anspruch auf ein funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug ist an die Ausübung einer definierten Tätigkeit gebunden und besteht nur für die Dauer der Ausführung der Tätigkeit. Die ausgeführte Tätigkeit hat grundsätzlich eine unternehmensrelevante und repräsentative, nach außen gerichtete Wirkung gegenüber Kunden, Händlern oder Vertriebspartnern.

Zusätzlich ist die Notwendigkeit des Geschäftsfahrzeuges zur Ausübung dieser Tätigkeit nachzuweisen.

Bei einem Wechsel der Tätigkeit findet eine Überprüfung der Voraussetzungen (Tätigkeit und Notwendigkeit) statt. Sind sie in der neuen Tätigkeit nicht mehr erfüllt, ist das funktionsabhängige Fahrzeug abzugeben.

Voraussetzungen:

1.Relevante Tätigkeiten (…)

Ziffer 2 Kriterien zum Nachweis der Notwendigkeit

Die Aufgabe erfordert eine dauerhaft hohe Mobilität, die durch ständig wiederkehrende, dienstliche Abwesenheiten von mehr als 50 % geprägt ist. Ein vorübergehendes Mobilitätserfordernis begründet keine Notwendigkeit eines funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeugs. Die dienstliche Abwesenheit von mehr als 50 % ist gegeben, wenn der Mitarbeiter dauerhaft an mindestens der Hälfte der Arbeitstage dienstlich unterwegs ist. Diese Abwesenheit ist ggf. über einen längeren Zeitraum (>6 Monate) nachweisbar.

Das Geschäftsfahrzeug ist grundsätzlich für die Durchführung aller Geschäftsreisen notwendig. Dazu zählt beispielsweise nicht die Fahrt zum Flughafen, wenn der Mitarbeiter von dort aus eine Geschäftsreise antritt.

Die Erfüllung der Voraussetzungen ist durch die jeweilige Führungskraft, (mindestens OE-2), schriftlich zu bestätigen und dem zuständigen Personalreferat und Betriebsrat vorzulegen.

Eine Überprüfung und erneute Bestätigung durch die Führungskraft hat alle 2 Jahre schriftlich zu erfolgen und ist dem zuständigen Personalreferat und dem Betriebsrat vorzulegen. Werden die Voraussetzungen innerhalb dieser 2 Jahre (vor der erneuten Überprüfung) dauerhaft nicht mehr erfüllt, ist die Notwendigkeit eines Geschäftsfahrzeuges nicht mehr gegeben, sodass die Fahrzeugberechtigung entfällt.

Soweit beim Einsatz betrieblicher Arbeitsmittel, in diesem Fall das Geschäftsfahrzeug, ein Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Arbeitnehmers (d.h. zu seinen Dienstpflichten) besteht, ist von einer dienstlichen Nutzung auszugehen.

Eine Aufzeichnungspflicht über die dienstlichen Fahrten mit dem Geschäftsfahrzeug vereinbarten die Parteien nicht.

Zum 01.01.2022 stellte die Beklagte ihr bisheriges betriebsbezogenes Vertriebskonzept um auf eine investorenbezogene Betreuung. Ein Investor ist dabei definiert als eine zentrale Ansprechpartnerin bzw. ein zentraler Ansprechpartner, die bzw. der mehrere Händlerbetriebe innehat. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten betreuen seither nicht mehr einzelne Händlerbetriebe, sondern besprechen sämtliche Themen mit der vom jeweiligen Investor angegebenen zentralen Ansprechpartnerin bzw. dem Ansprechpartner. Der Fokus der Vertriebspartnerbetreuerinnen und -betreuer liegt auf der Information, Beratung und Betreuung über Telefon oder E-Mails. Sie müssen die Investoren vor Ort nur noch ausnahmsweise besuchen. Für das neue Vertriebskonzept benötigt die Beklagte im Außendienst weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als zuvor. Hierüber informierte sie die Belegschaft am 27.07.2022. Im Nachgang bewarb sich der Kläger auf die Stelle „Vertriebspartnerbetreuer Gebrauchtwagen“, führte am 08.09.2022 ein Bewerbungsgespräch und übt die neue Funktion seit Februar 2023 aus.

Mit Schreiben vom 24.04.2023 (Anlage K3, Blatt 17 der Akte) forderte die Beklagte das Geschäftsfahrzeug des Klägers zum 31.12.2023 zurück und teilte ihm Folgendes mit:

Entfall Ihres funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeuges

(…)

wir nehmen Bezug auf die Vertragsergänzung zu Ihrem funktionsabhängigen Geschäftsfahrzeug und die zugrunde liegende Geschäftsfahrzeugregelung „Funktionsabhängige Geschäftsfahrzeuge“. (…)

Im März 2023 erfolgte nunmehr die turnusmäßige Überprüfung Ihrer Fahrzeugberechtigung für ein funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug. Das Erfordernis einer dauerhaft hohen Mobilität (dienstliche Abwesenheit von mehr als 50%) konnte nicht festgestellt werden. Die Voraussetzungen für die Berechtigung liegen daher nicht mehr vor, sodass die Fahrzeugberechtigung entfällt.

Wir gestatten Ihnen gemäß 2.2 der Geschäftsfahrzeug-Regelung Funktionsabhängige Geschäftsfahrzeuge im Rahmen eines Kulanzzeitraumes vorübergehend das Fahrzeug weiter zu nutzen. Auf Basis einer Abstimmung endet der Kulanzzeitraum am 31.12.2023. (…)

Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger keine schriftlichen Mitteilungen über die Überprüfung der Voraussetzungen für die Nutzung seines Geschäftsfahrzeugs zukommen lassen.

Die Beklagte zahlte dem Kläger zuletzt ein Bruttojahresgehalt in Höhe von 113.000,00 EUR. Der geldwerte Vorteil für das Geschäftsfahrzeug belief sich auf monatlich 744,00 EUR. Dazu kam eine Nutzungspauschale in Höhe von monatlich 100,00 EUR (vgl. die Lohnabrechnung, Anlage K1, Blatt 7 der Akte).

In seiner neuen Funktion als Vertriebspartnerbetreuer besteht für den Kläger nach dem gegenwärtigen Vertriebskonzept kein Erfordernis, an mehr als 50 % der Arbeitstage Dienstreisen mit dem Geschäftsfahrzeug zu unternehmen.

Die Prozessbevollmächtigten des Klägers forderten die Beklagte mit Schreiben vom 13.06.2023 (Anlage K4, Blatt 18 f. der Akte) dazu auf, den Entzug des Dienstwagens zurückzunehmen. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten wiesen dies mit Schreiben vom 19.07.2023 (Anlage K5, Blatt 20 der Akte) zurück. Vorsorglich erklärten sie in der Klageerwiderung (Seite 14, Blatt 69 der Akte) den Widerruf der Dienstwagenüberlassung mit Wirkung zum 31.12.2023.

Mit am 22.08.2023 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage verfolgt der Kläger sein Begehr gerichtlich weiter.

Er behauptet, auf die neue Stelle „Vertriebspartnerbetreuer Gebrauchtwagen“ habe er sich nur beworben, um eine Kündigung oder Änderungskündigung seines Arbeitsverhältnisses zu vermeiden.

In der Zeit vom 01.09.2022 bis 28.02.2023 sei er an 47 von 113 Arbeitstagen geschäftlich mit dem Dienstwagen unterwegs gewesen, was einen Anteil von 42% ausmache und damit nur knapp unter 50 % liege.

Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die Beklagte – wie in Ziffer 2, Spiegelstrich 4 der Anlage 1 – vorgesehen – eine schriftliche Überprüfung der Anzahl der Dienstreisen vorgenommen und diese dem Betriebsrat und dem Personalreferat vorgelegt habe.

Er ist der Ansicht, die Bedingungen für die Überlassung des Geschäftsfahrzeugs seien nicht transparent formuliert. Weder sei deutlich, welche Tätigkeit als dienstliche Abwesenheit gelte, noch, über welchen Zeitraum die dienstliche Abwesenheit mehr als 50 % betragen müsse.

Die Voraussetzungen für den Entzug des Dienstwagens seien jedenfalls nicht erfüllt, weil die nächste turnusmäßige Überprüfung nach dem zwei-Jahres-Rhythmus, auf den die Beklagte sich berufe, erst am 01.07.2023 zulässig geworden wäre, nicht aber schon im März bzw. April 2023.

Das Widerrufsrecht in Bezug auf den Dienstwagen sei nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Die Regelung benachteilige den Kläger unangemessen, weil die Beklagte danach bei jeder Änderung seiner Arbeitsaufgaben die Nutzung des Geschäftsfahrzeugs widerrufen dürfe.

Die Ausübung des Widerrufs widerspreche außerdem billigem Ermessen, weil der Kläger im von der Beklagten willkürlich festgelegten Prüfzeitraum den Dienstwagen an fast 50 % der Arbeitstage dienstlich genutzt und den Funktionswechsel nicht aus freien Stücken vollzogen habe.

Der Kläger rügt die Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Der Kläger beantragt zuletzt, festzustellen, dass die Weisung der Beklagten an den Kläger vom 24.04.2023 zur Rückgabe seines Geschäftsfahrzeugs unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, im Jahr 2019 habe der damalige Vorgesetzte des Klägers, Herr P., die Überprüfung der Notwendigkeit des Geschäftsfahrzeugs durchgeführt. Auf die im Jahr 2021 anstehende Prüfung habe die Beklagte auf Grund der wegen der Corona-Pandemie eingeschränkten Reisetätigkeiten verzichtet. Der gegenwärtige Vorgesetzte des Klägers, Herr T., habe den Zeitraum zwischen dem 01.09.2022 und dem 28.02.2023 überprüft. Auf die zur Akte gereichte tabellarische Übersicht (Anlage B5, Blatt 101 ff. der Akte) wird verwiesen. In der Zeit vom 01.09.2022 bis zum 28.02.2023 habe der Kläger an 34,5 % der Arbeitstage Dienstreisen mit dem Geschäftsfahrzeug unternommen, im Zeitraum vom 01.03.2022 bis zum 31.08.2022 an weniger als 14% und im Zeitraum vom 01.03.2022 bis zum 28.02.2023 an weniger als 25 %.

Die Ergebnisse der Fahrzeug-Überprüfung auch in Bezug auf den Kläger habe der Betriebsrat in dem hierfür zuständigen Personalausschuss bestätigt.

Der Kläger habe sich aus freien Stücken auf die neue Stelle beworben. Die Beklagte habe ihm nicht mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes gedroht. Betriebsbedingte Kündigungen seien durch Betriebsvereinbarung ausgeschlossen.

Das Mobilitätskonzept der Beklagten sehe bei kurzen Dienstreisen die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens über von der Beklagten genutzte Mietwagenstationen vor, während bei länger dauernden dienstlichen Auswärtstätigkeiten der Car-Pool der Beklagten zu Sonderkonditionen zur Verfügung stehe. Außerdem fördere die Beklagte durch Rabatte den Kauf von Gebrauchtwagen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Überlassung des Geschäftsfahrzeugs stehe unter einer auflösenden Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB. Deren Voraussetzungen seien eingetreten. Ihre Formulierung mache für durchschnittliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich, dass die Überlassung eines Dienstfahrzeugs nur erfolge, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer mindestens die Hälfte ihrer oder seiner Arbeitszeit mit Dienstreisen verbringe. Es bestehe nicht die Gefahr, dass der Kläger wegen unklar abgefasster Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnehme. Die auflösende Bedingung benachteilige den Kläger nicht unangemessen. Durch das Kriterium der überwiegenden dienstlichen Nutzung bestehe eine sachgerechte Verknüpfung von dienstlicher und privater Nutzung, die von einem legitimen Interesse der Beklagten getragen sei. Davon getrennt zu betrachten seien die Regelungen über die Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Dienstfahrzeugs; auch diese seien transparent formuliert. Für die durchschnittlichen Vertragspartnerinnen und Vertragspartner sei ersichtlich, dass sie spätestens alle zwei Jahre mit einer Überprüfung der Berechtigung und bei Wegfall der Voraussetzungen mit dem Entzug des Dienstfahrzeugs rechnen müssten.

Die Beklagte habe die Überlassung des Dienstwagens jedenfalls wirksam widerrufen. Das vereinbarte Widerrufsrecht sei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zumutbar. Der sachliche organisatorische Grund für den Widerruf liege in der Umstellung des Vertriebskonzeptes.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Feststellungsklage ist zulässig.

Der Kläger hat insbesondere das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können die Berechtigung einer Weisung im Wege der Feststellungklage klären lassen (BAG 25.08.2010 – 10 AZR 275/09), weil es ihnen nicht zumutbar ist, die Rechtsfolgen, die sich aus einer Unwirksamkeit der arbeitgeberseitigen Weisung ergeben, im Wege der Leistungsklage zu verfolgen (BAG 29.04.2004 – 1 AZR 473/03; LAG Hamm 06.01.2022 – 18 Sa 726/21).

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger ein Feststellungsinteresse in Bezug auf die Unwirksamkeit der Weisung vom 24.04.2023, den Dienstwagen zum Jahresende zurückzugeben.

Denn die Beklagte besteht auf der Dienstwagenrückgabe und es ist dem Kläger nicht zumutbar, bis zum Jahreswechsel zu warten, um dann ggf. Klage zu erheben gegen eine Abmahnung wegen nicht erfolgter Rückgabe oder auf Zurverfügungstellung eines Dienstwagens.

II.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der Weisung der Beklagten vom 24.04.2023, den Dienstwagen zurückzugeben. Denn sein Anspruch gegen die Beklagte auf Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist nicht untergegangen. Eine transparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB wirksame auflösende Bedingung enthält die Geschäftsfahrzeug-Regelung nicht. Es bleibt unklar, wann die auflösende Bedingung eintreten soll. Die Beklagte hat die Überlassung des Dienstwagens auch nicht wirksam widerrufen. Das in der Vertragsergänzung vom 18.04.2015 vereinbarte Widerrufsrecht ist nach §§ 307 Abs. 1 Satz 1, 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil es inhaltlich zu weit gestaltet ist und den Kläger unangemessen benachteiligt.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung.

a) Dieser Anspruch folgt aus Ziffer 1 der Vertragsergänzung vom 18.04.2025.

b) Die Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung ist grundsätzlich so lange geschuldet, wie die Arbeitgeberin Arbeitsentgelt leisten muss. Denn sie ist zusätzlich Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und stellt einen geldwerten Vorteil und Sachbezug dar, der als steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit der Arbeitsvergütung ist (BAG 14.10.2010 – 9 AZR 631/09 mwNachw.; 11.10.2000 – 5 AZR 240/99).

2. Dieser Anspruch des Klägers auf Überlassung des Dienstwagens zur Privatnutzung ist nicht durch Eintritt einer auflösenden Bedingung untergegangen. Eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB für den Entzug des Dienstwagens haben die Parteien nicht wirksam vereinbart. Insofern ist die Geschäftsfahrzeug-Regelung intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

a) Bei den in der Vertragsergänzung vom 18.04.2015, in der Geschäftsfahrzeug-Regelung und in der Anlage 1 „Funktionsabhängige Geschäftsfahrzeuge“ getroffenen Vereinbarungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingen (AGB) iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

b) AGB sind streng nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten der durchschnittlichen Vertragspartnerin bzw. des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (BAG 25.05.2016 – 5 AZR 135/16).

aa) Tragender Grund für die objektive Auslegung ist die Besonderheit vorformulierter Vertragstexte, deren potentieller Massencharakter und die fehlende Einflussmöglichkeit der Vertragspartnerin bzw. des Vertragspartners auf den Inhalt. Die Klausel ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten „rechtlich nicht vorgebildeter“ Durchschnittsarbeitnehmerinnen bzw. -arbeitnehmer auszulegen (BGH 11.07.2019 – VII ZR 266/17). Ansatzpunkt für die Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragszweck aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 14.12.2016 – 7 AZR 797/14). Die Vertragspartnerin bzw. der Vertragspartner muss zumutbare Anstrengungen unternehmen, um den Sinn einer Klausel richtig zu verstehen. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage (BAG 10.07.2013 – 10 AZR 898/11; Roloff in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Auflage 2022, § 305c BGB, Rn. 6 mwNachw.).

bb) Bleibt die Klausel nach der Auslegung mehrdeutig, gilt nach § 305 c Abs. 2 BGB die für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer günstigere Auslegung. Die Anwendung dieser Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines von diesen den klaren Vorzug verdient. Es müssen trotz der Ausschöpfung anerkannter Auslegungsmethoden „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 26.09.2018 – 7 AZR 797/16, Rn. 24 25; BAG 19.03.2014 – 10 AZR 622/13 – Rn. 29 f.).

c) Nach dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerten Transparenzgebot kann sich eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartnerin oder des Vertragspartners daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Die Verwenderin bzw. der Verwender von AGB ist verpflichtet, die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Das bedeutet nicht nur, dass eine Klausel in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch, dass sie die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit wie möglich verdeutlichen muss. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Tatbestandliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so beschrieben sein, dass für die Verwenderin bzw. den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Bei Intransparenz der Klausel besteht eine unwiderlegliche Vermutung für die unangemessene Benachteiligung (vgl. Roloff in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 10. Auflage 2022, § 307 BGB, Rn. 13 mwNachw.).

d) Sofern sich die Beklagte auf den Eintritt einer auflösenden Bedingung beruft, ist diese nach vorstehenden Grundsätzen nicht nach § 307 Abs. 2 Satz 1 BGB wirksam vereinbart, weil die Regelungen nicht transparent formuliert sind. Es bleiben nach Ausschöpfung anerkannter Auslegungsmethoden „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung. Es ist weder verständlich, welche Umstände zum Entfall des Anspruchs auf Überlassung eines Dienstwagens führen sollen (sogleich unter aa), noch zu welchem Zeitpunkt die auflösende Bedingung eintreten soll (sogleich unter bb).

aa) Die bloße Beendigung der Tätigkeit als Gebietsleiter Verkauf führte nicht dazu, dass der Anspruch des Klägers auf Überlassung eines Dienstwagens untergegangen ist. Insofern ist das Regelwerk widersprüchlich, so dass es nach der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB (jedenfalls) auf den Wegfall der Voraussetzungen nach Maßgabe der Anlage 1 ankommt.

(1) Zwar sieht Ziffer 2 der Zusatzvereinbarung vom 18.04.2015 einen Entfall des Dienstwagens mit Beendigung der Tätigkeit als Gebietsleiter Verkauf vor. Insofern ist der Wortlaut eindeutig.

(2) Diese Bedingung steht jedoch in Widerspruch zu Anlage 1, wonach bei einem Wechsel der Tätigkeit eine Überprüfung der Voraussetzungen stattfinde und der Dienstwagen abzugeben sei, wenn die Tätigkeit keinen Dienstwagen mehr erfordere.

(3) Dieser Widerspruch lässt sich auch nicht durch Auslegung auflösen.

Denn beide Klauseln für sich betrachtet sind in ihrem Wortlaut eindeutig.

„Rechtlich nicht vorgebildete“ Durchschnittsarbeitnehmerinnen bzw. -arbeitnehmer können dem Regelwerk nicht entnehmen, welches Auslegungsverständnis gelten soll.

Auch die Berücksichtigung des Vertragszwecks aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise führt zu keinem Vorrang der einen Auslegung zu Gunsten der anderen. Denn beide Konstellationen sind für sich denkbar und nicht unüblich.

(4) Da nach § 305 c Abs. 2 BGB Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen, ist das Vertragswerk so zu verstehen, dass der Anspruch auf den Dienstwagen nicht bereits dann erlischt, wenn die Tätigkeit beendet wird, sondern auch im Fall des Tätigkeitswechsels nur bei Wegfall der in Anlage 1 geregelten weiteren Voraussetzungen.

(5) Dem entspricht auch das Regelverständnis der Beklagten selbst.

Denn in ihrem Schreiben vom 24.04.2023 führt sie nicht aus, dass die Dienstwagenberechtigung mit der Übernahme der neuen Funktion des Klägers im Februar 2023 auf Grund seines Tätigkeitswechsels entfallen sei, sondern weil die turnusmäßige Überprüfung ergeben habe, dass keine dauerhaft hohe Mobilität habe festgestellt werden können.

bb) Ebenso wenig ist der Anspruch des Klägers auf Überlassung des Dienstwagens erloschen, weil er nach dem neuen Vertriebskonzept in seiner Funktion als Vertriebspartnerbetreuer Gebrauchtwagen an weniger als 50 % der Arbeitstage Dienstreisen mit dem Geschäftsfahrzeug unternehmen muss. Denn auch eine solche Bedingung ist nicht klar und verständlich formuliert. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund der unklaren Regelung nach einer Überprüfung fälschlicherweise davon ausgehen, an zu wenigen Tagen dienstlich abwesend gewesen zu sein, besteht die Gefahr, dass sie das Ergebnis der Überprüfung durch die Beklagte hinnehmen und nicht gegen den Entzug des Geschäftsfahrzeugs vorgehen.

(1) Es ist bereits unklar, wann eine „dauerhaft hohe Mobilität“ im Sinne von Ziffer 2 der Anlage 1 vorliegen soll. „Rechtlich nicht vorgebildete“ Durchschnittsarbeitnehmerinnen bzw. -arbeitnehmer können auch unter Berücksichtigung des Vertragszwecks aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise trotz der Ausschöpfung anerkannter Auslegungsmethoden nicht verstehen, an welchen Tagen eine Mobilität im Sinne der Regelung vorliegt. Es verbleiben „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung.

(a) Zwar regelt der erste Spiegelstrich von Ziffer 2 der Anlage 1, dass die dienstliche Abwesenheit von mehr als 50% gegeben sei, wenn der „Mitarbeiter dauerhaft an mindestens der Hälfte der Arbeitstage dienstlich unterwegs ist“.

Ob dies eine Dienstreise mit dem Geschäftsfahrzeug verlangt, ist jedoch unklar, wenn nach der weiteren Regelung im zweiten Spiegelstrich Fahrten zum Flughafen nicht mit dem Dienstwagen zurückgelegt werden sollen. Auch bei dienstlichen Flugreisen ist die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer aber „dienstlich unterwegs“.

(b) Wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass nur Tage zählen, an denen die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer Geschäftsreisen mit dem Dienstwagen verrichtet, bleibt ferner unklar, welche Geschäftsreisen berücksichtigt werden. Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer können aus der Klausel nicht entnehmen, welche Fahrten zählen und wann sie mit einem Entzug des Dienstwagens zu rechnen haben.

(aa) Was in Fällen gelten soll, in denen Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer entgegen der Vorgaben im zweiten Spiegelstrich mit dem Dienstwagen zum Flughafen fahren, um von dort eine dienstliche Flugreise zu unternehmen, ist nicht geregelt.

(bb) Ebenso ist ungeregelt, ob nur dienstlich notwendige Fahrten mit dem Dienstwagen zählen.

(cc) Vor allem aber bleibt unklar, wann eine Fahrt dienstlich notwendig ist.

Die Klausel stellt zwar im zweiten Spiegelstrich zu Ziffer 2 mit der Fahrt zum Flughafen einen Ausnahmetatbestand dar, lässt mit dessen Aufführung als Beispiel aber weitere Ausnahmen vermuten, die nicht definiert werden.

Zugleich regelt Ziffer 2 am Ende, dass bei einem Einsatz des Fahrzeugs mit Bezug zur dienstlichen Aufgabe von einer dienstlichen Nutzung auszugehen sein soll. Ein Bezug zur dienstlichen Aufgabe liegt jedoch auch bei der Fahrt zum Flughafen auf dem Weg zum Antritt einer dienstlichen Flugreise vor.

(c) Anhaltspunkte dafür, dass einem Auslegungsergebnis der Vorrang gebühre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

(2) Die beschriebenen Unklarheiten zu Gunsten der Beklagten als unschädlich unterstellt und davon ausgehend, dass nur dienstlich notwendige Fahrten mit dem Geschäftsfahrzeug mit Ausnahme von Fahrten zum Flughafen zählen, bleibt unklar, wann die dauerhaft hohe Mobilität entfallen soll. Es ist nicht verständlich, in welchem Zeitraum die dauerhaft hohe Mobilität fehlen muss.

(a) Der erste Spiegelstrich von Ziffer 2 spricht von „dauerhaft“ in Satz 1 und von einer „ggf. über einen längeren Zeitraum (> 6 Monate) nachweisbaren“ Abwesenheit in Satz 4, während der vierte Spiegelstrich vorsieht, dass die Notwendigkeit eines Fahrzeugs nicht mehr gegeben sei, wenn „die Voraussetzungen innerhalb dieser 2 Jahre (vor der erneuten Überprüfung) dauerhaft nicht mehr erfüllt“ seien.

(b) Der Wortlaut dieser Regelungen lässt – worauf der Kläger zutreffend hinweist – mehrere Auslegungsergebnisse zu:

(aa) Was mit einer „in der Vergangenheit liegenden Dauerhaftigkeit“ im Sinne des vierten Spiegelstrichs gemeint sein soll, erschließt sich bereits sprachlich nicht. Denn Dauerhaftigkeit lässt ein Prognoseerfordernis vermuten, das – ohne weitere Regelungen – nicht in der Vergangenheit liegen kann.

(bb) Der Wortlaut ist auch im Übrigen mehrdeutig:

Es ist unklar, ob es für den Wegfall des Anspruchs darauf ankommt, dass (1) in den letzten zwei Jahren vor der Überprüfung in einem länger als sechs Monate dauernden Zeitraum an weniger als 50% der Arbeitstage Dienstreisen (mit dem Geschäftsfahrzeug) getätigt wurden, oder ob (2) hierfür ein beliebiger Zeitraum in der Vergangenheit nötig oder (3) der gesamte Zwei-Jahres-Zeitraum gemeint ist oder ob es (4) allein auf die Prognose für die Zukunft ankommt, wobei unklar wäre, für welchen Zeitraum die Prognose aufzustellen wäre, oder ob (5) die Prognose durch einen – unbestimmten – Zeitraum in dem Zwei-Jahres-Zeitraum indiziert wird.

(3) Ebenso wenig verständlich geregelt ist der Tag des Bedingungseintritts.

(a) Welcher der nach Ziffer 2.2. der Geschäftsfahrzeug-Regelung „letzte aktive Arbeitstag“ ist, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem Regelwerk nicht entnehmen.

Auch insoweit gilt: Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer können aus der Klausel nicht erkennen, wann sie mit dem Entzug des Dienstwagens zu rechnen haben. Wenn sie aufgrund der unklaren Regelung fälschlicherweise davon ausgehen, keinen Anspruch mehr zu haben, besteht die Gefahr, dass sie das Ergebnis der Überprüfung durch die Beklagte hinnehmen und nicht gegen den Entzug des Geschäftsfahrzeugs vorgehen.

(b) Auch hier lässt der Wortlaut mehrere Auslegungsergebnisse zu:

Ob (1) die Feststellung des Wegfalls der Voraussetzungen durch den Vorgesetzten der Tag sein soll, an dem der Anspruch wegen der Potestativbedingung erlischt, oder ob es (2) auf das Ende des Zwei-Jahres-Zeitraums ankommen soll oder ob erst (3) mit Erfüllung aller Verfahrensschritte, die der 4. Spiegelstrich von Ziffer 2 der Anlage 1 vorsieht, also auch nach Beteiligung von Betriebsrat und Personalreferat, der Anspruch erlischt, bleibt unklar. Anhaltspunkte dafür, dass einem Auslegungsergebnis der Vorrang gebühre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

(c) Auch die Berücksichtigung des Vertragszwecks führt für „rechtlich nicht vorgebildete“ Durchschnittsarbeitnehmerinnen bzw. -arbeitnehmer aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu keinem Vorrang der einen Auslegung zu Gunsten der anderen. Denn jede Konstellation ist für sich denkbar und nicht unüblich.

c) Die Bedingungen in Anlage 1 sind darüber hinaus auch deshalb unklar und missverständlich, weil Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung vom 18.05.2015 eine Widerrufsmöglichkeit bei jeder Änderung der arbeitsvertraglichen Aufgabe vorsieht. Dies ist widersprüchlich.

Die Beklagte hat zwar nicht einen Freiwilligkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt verknüpft (vgl. hierzu BAG 08.12.2010 – 10 AZR 671/09, Rn. 20; LAG Baden-Württemberg 26.10.2012 – 12 Sa 56/12).

Jedoch ist es für die Vertragspartnerin bzw. den Vertragspartner gleichermaßen unverständlich, wenn auf der einen Seite detaillierte Voraussetzungen aus Anlage 1 zum Entzug des Dienstwagens führen sollen, während nach Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung bereits jede Änderung der vertraglichen Aufgabe zum Widerruf berechtigen soll.

d) Zu Gunsten der Beklagten unterstellt, die Anspruchsberechtigung entfalle in dem Moment, in dem die turnusmäßige Überprüfung durch den Vorgesetzten vollzogen werde, hat die Beklagte die Ordnungsgemäßheit einer solchen turnusmäßigen Überprüfung nicht dargelegt.

aa) Denn zum einen hat sie – trotz klägerseitiger Rüge – zur Vorlage der schriftlichen Überprüfung durch den Vorgesetzten an „das zuständige Personalreferat“ nicht substantiiert vorgetragen.

bb) Zudem hat sie den Zwei-Jahres-Rhythmus nicht eingehalten:

(1) Wenn sie dem Kläger am 01.07.2015 erstmals einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt hat, wäre eine erneute Überprüfung erst am 01.07.2023 zulässig gewesen. Vorher musste der Kläger jedenfalls nicht mit dem Entzug des Dienstwagens rechnen.

(2) Erst zu diesem Zeitpunkt wäre nach dem Wortlaut der Regelung auch eine Beteiligung von Betriebsrat und Personalreferat ausreichend gewesen; eine frühere Beteiligung konnte die tatbestandlichen Voraussetzungen dann nicht erfüllen.

e) Darauf, ob die Beklagte den Betriebsrat vor April 2023 beteiligt hat, kommt es damit entscheidungserheblich ebenso wenig an wie auf die Anzahl der vom Kläger mit dem Dienstwagen unternommenen Dienstreisen.

3. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung ist auch nicht durch den von der Beklagten erklärten Widerruf untergegangen. Das in Ziffer 3 der Vertragsergänzung vom 18.04.2015 vereinbarte Widerrufsrecht ist nach §§ 307 Abs. 1 Satz 1, 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

a) Bei der Widerrufsklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

b) Der Widerrufsvorbehalt unterliegt als eine von Rechtsvorschriften abweichende Bestimmung der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14, Rn. 17; 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 – Rn. 18 mwN). Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungspflichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen der Inhaltskontrolle. Sie weichen von dem allgemeinen Grundsatz pacta sunt servanda ab (vgl. BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14, Rn. 17; 12.01.2005 – 5 AZR 364/04). Denn ohne einen Widerrufsvorbehalt ist die Arbeitgeberin nach § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Arbeitnehmerin bzw. dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses die vereinbarte Privatnutzung eines Dienstwagens zu ermöglichen (BAG 21.03.2012 – 5 AZR 651/10, Rn. 15).

c) Der Widerrufsvorbehalt ist nicht aus formellen Gründen unwirksam.

aa) Ein Widerrufsvorbehalt muss den formellen Anforderungen von § 308 Nr. 4 BGB gerecht werden. Bei den Widerrufsgründen muss zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, zB. wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers (BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14, Rn. 19; 21.03.2013 – 5 AZR 651/10 – Rn. 16 mwN; 12.01.2005 – 5 AZR 364/04). Dabei ist zu beachten, dass der Verwender vorgibt, was ihn zum Widerruf berechtigen soll.

bb) Diesem Transparenzgebot wird die Widerrufsklausel gerecht.

Der Grad der organisatorischen Störung wird darin konkretisiert. Die Klausel stellt ausdrücklich klar, dass der Kläger bei jeder Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgabe mit dem Widerruf des Geschäftsfahrzeugs rechnen muss.

d) Die Widerrufsklausel ist jedoch materiell unwirksam.

aa) Die Wirksamkeit des Widerrufsvorbehalts richtet sich nach § 308 Nr. 4 BGB als der gegenüber § 307 BGB spezielleren Norm. Deren Wertungen sind im Rahmen des § 308 Nr. 4 BGB heranzuziehen. Außerdem sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen (BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14, Rn. 22; 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 – Rn. 19 mwN).

bb) Die Vereinbarung eines Widerrufsrechts ist nach § 308 Nr. 4 BGB wirksam, wenn sie unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Es bedarf daher für den Widerruf eines sachlichen Grundes. Der Widerruf muss wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sein (BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14, Rn. 23; 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 28; 12.01.2005 – 5 AZR 364/04; LAG Rheinland-Pfalz 18.03.2019 – 3 Sa 196/18, Rn. 59). Die gebotene Interessenabwägung muss zu einer Zumutbarkeit der Klausel für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen. Auch wenn die Arbeitgeberin im Grundsatz ein anerkennenswertes Interesse daran hat, bestimmte Leistungen flexibel auszugestalten, darf das Wirtschaftsrisiko nicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlagert werden. Eingriffe in den Kernbereich des Arbeitsvertrags sind nach der Wertung des § 307 Abs. 2 BGB nicht zulässig (BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14, Rn. 23; 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 – Rn. 21 f.).

cc) Dem wird Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung vom 18.04.2015 mit dem Verweis auf organisatorische Gründe wie „z.B. (der) Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben“ nicht gerecht. Die Klausel berechtigt die Beklagte zum Widerruf des Dienstwagens auch aus Gründen, die für den Kläger nicht zumutbar sind. Denn nicht jede Änderung der Arbeitsaufgabe ist ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung und der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit.

(1) Darauf, dass das veränderte Vertriebskonzept dazu führt, dass der Kläger den Dienstwagen – gegenwärtig – an weniger als 50 % seiner Arbeitstage dienstlich nutzt, kommt es nicht an.

Denn für die nach §§ 307 ff. BGB vorzunehmende Inhaltskontrolle ist unerheblich, ob objektiv betrachtet Widerrufsgründe in Betracht kommen, die für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer nicht unzumutbar sind. Entscheidend ist allein, was der Verwender der AGB im Text der Vorbehaltsbestimmung zum Ausdruck gebracht hat. Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die Gründe abzustellen, aus denen der Widerruf im konkreten Fall erfolgt, sondern auf die Möglichkeiten, die das vorformulierte Widerrufsrecht der Arbeitgeberin einräumt (BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 30).

(2) Der Widerruf des auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagens ist für den Kläger auch nicht bereits deswegen zumutbar, weil er noch nicht in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingreift, der Sachwert der privaten Nutzungsmöglichkeit also weniger als 25 % der Gesamtvergütung beträgt. Gibt es keinen sachlichen Grund für den Entzug des Dienstwagens, ist es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht hinnehmbar, auf Entgeltbestandteile zu verzichten, die unter 25 % des Gesamtverdienstes liegen (BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 33).

(3) Der in Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung vom 18.04.2015 mit dem Verweis auf organisatorische Gründe wie „z.B. (der) Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben“ vorgesehene Widerrufsvorbehalt geht inhaltlich zu weit. Er ist unwirksam.

Nach dem Klauselinhalt ist die Beklagte auch dann berechtigt, die Überlassung des Dienstfahrzeugs und der privaten Nutzung zu widerrufen, wenn hierfür kein sachlicher Grund besteht und der Widerruf damit unzumutbar ist. Denn die Klausel berechtigt die Beklagte schon dann zu einem Widerruf der Dienstwagennutzung, wenn sie die Aufgaben des Klägers ändert. Das Widerrufsrecht ist nicht an die fehlende Erforderlichkeit des Dienstwagens für die Ausübung der vertraglich übernommenen Arbeitsaufgabe oder seine Wirtschaftlichkeit gebunden (so etwa die Formulierungsvorschläge bei Kunz/Henssler/Nebeling/Beck, Praxis des Arbeitsrechts, § 17 Inhalt des Arbeits-/Dienstvertrags, Rn. 540: „Änderung der Arbeitsaufgabe, sofern der Umfang der dienstlichen Nutzung, insbesondere nach einer Änderung des Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers, eine Bereitstellung eines Dienstwagens nicht mehr erforderlich oder unwirtschaftlich macht“; Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, II. Muster Dienstwagenüberlassungsvertrag, 7. Aufl. 2021: „wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke von dem Arbeitnehmer nicht benötigt wird“; Preis in: Preis, Der Arbeitsvertrag, 2. Vorschlag eines Vertragsmusters für Führungsmitarbeiter, Seite 1710: „ein Dienstwagen aufgrund von geänderten arbeitsvertraglichen Aufgaben des/der Mitarbeiters/in nicht mehr erforderlich ist“). Für den Kläger ist es typisierend betrachtet unzumutbar, die Entziehung des Dienstwagens etwa auch dann hinzunehmen, wenn trotz Änderung seiner arbeitsvertraglichen Aufgabe weiterhin Dienstreisen jedenfalls im bisherigen Umfang erforderlich sind, etwa bei einem Wechsel des Außendienstgebietes, bei einer Beförderung oder auch bei nur teilweiser, nicht umfassender Änderung der Arbeitsaufgaben.

Insofern ist die Interessenlage einem vom BAG ebenfalls für unwirksam gehaltenen Widerrufsvorbehalt „aus wirtschaftlichen Gründen“ vergleichbar: Nicht jeder Grund, der wirtschaftliche Aspekte betrifft, ist ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung und der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit. Für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer ist es typisierend betrachtet unzumutbar, die Entziehung hinzunehmen, wenn der Dienstwagen für die auszuübende Tätigkeit gebraucht wird und die Kosten für einen Mietwagen nicht geringer sind (BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 40; siehe auch LAG Niedersachsen 28.03.2018 – 13 Sa 305/17, Rn. 58). Die Regelung eines Widerrufsvorbehalts bei Vorliegen einer „wirtschaftlicher Notlage“ ist hingegen nach der Rechtsprechung des BAG zumutbar (BAG 24.01.2017 – 1 AZR 774/14).

(4) Eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Widerrufsklausel in Ziffer 3 der Vertragsergänzung scheidet aus.

(a) Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen Regelungsgehalt zurückzuführen, der im Einklang mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht. § 306 BGB sieht eine solche Rechtsfolge nicht vor. Eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt widerspräche dem Zweck der §§ 305 ff. BGB. Ziel des Gesetzes ist es, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten AGB hinzuwirken. Den Vertragspartnerinnen bzw. -partnern des Verwenders soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die Rechte und Pflichten verschafft werden, die durch den vorformulierten Vertrag begründet werden. Dieses Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn jeder Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen zunächst die Grenze des Zulässigen überschreiten dürfte. Könnten überzogene Klauseln geltungserhaltend zurückgeführt werden, liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer (BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 42; 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 30).

(b) Die Widerrufsklausel in Ziffer 3 des Vertrages vom 18.04.2015 ist nicht teilweise wirksam.

(aa) Die Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil kommt nur in Betracht, wenn der unzulässige Teil eindeutig abgetrennt werden kann. Voraussetzung ist eine inhaltlich und sprachlich teilbare Klausel, die ohne ihre unzulässigen Bestandteile mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten werden kann. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB. Eine nach ihrem Wortlaut eindeutig einheitliche Regelung darf nicht in mehrere selbständige Regelungen zerlegt werden (vgl. BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 44; 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 32).

(bb) Die Widerrufsklausel in Ziffer 3 der Zusatzvereinbarung vom 18.04.2015 ist nicht teilbar. Ohne die Definition der organisatorischen Gründe im Klammerzusatz fehlt es an der – wie dargestellt nach § 308 Nr. 4 BGB – erforderlichen Konkretisierung des sachlichen organisatorischen Grundes. Es ist für den Kläger erst Recht unzumutbar, bei Vorliegen jedes organisatorischen Grundes mit dem Entzug des Dienstwagens rechnen zu müssen, etwa bei jeder Aufgabenänderung.

(cc) Der allgemeine Verweis auf die Notwendigkeit der Zumutbarkeit des Widerrufs in Satz 4 von Ziffer 3 genügt weder dem sich aus § 308 Nr. 4 BGB ergebenden Konkretisierungserfordernis noch bezieht er sich auf das Vorliegen von Widerrufsgründen. Vielmehr zeigt die Systematik der Regelung, dass die Zumutbarkeit allein Kriterium für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB sein soll.

(c) Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht.

(aa) Sie setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien vervollständigt werden muss, weil durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel eine Regelungslücke entsteht. Das ist nur anzunehmen, wenn die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene Lösung bietet, die den typischen Interessen des Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung trägt. Nicht jede Verschiebung der Gewichte zulasten des Verwenders rechtfertigt jedoch die Annahme einer ergänzungsbedürftigen Lücke. Grundsätzlich sind die Gerichte nicht befugt, die unzulässige Klausel mithilfe ergänzender Vertragsauslegung durch eine zulässige Klauselfassung zu ersetzen, die der Verwender der AGB voraussichtlich gewählt hätte, wäre ihm die Unzulässigkeit der Klausel bekannt gewesen (BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 47).

(bb) Aus diesem Grund ist es nicht zulässig, die in der Anlage 1 vorgesehenen Bedingungen ergänzend als Widerrufsgründe auszulegen oder den Widerruf auf andere zumutbare organisatorische Gründe zu begrenzen, wie etwa die fehlende Erforderlichkeit des Dienstwagens für die Ausübung der vertraglich übernommenen Arbeitsaufgabe oder seine fehlende Wirtschaftlichkeit (so etwa die Formulierungsvorschläge bei Kunz/Henssler/Nebeling/Beck, Praxis des Arbeitsrechts, § 17 Inhalt des Arbeits-/Dienstvertrags, Rn. 540: „Änderung der Arbeitsaufgabe, sofern der Umfang der dienstlichen Nutzung, insbesondere nach einer Änderung des Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers, eine Bereitstellung eines Dienstwagens nicht mehr erforderlich oder unwirtschaftlich macht“; Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, II. Muster Dienstwagenüberlassungsvertrag, 7. Aufl. 2021: „wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke von dem Arbeitnehmer nicht benötigt wird“; Preis in: Preis, Der Arbeitsvertrag, 2. Vorschlag eines Vertragsmusters für Führungsmitarbeiter, Seite 1710: „ein Dienstwagen aufgrund von geänderten arbeitsvertraglichen Aufgaben des/der Mitarbeiters/in nicht mehr erforderlich ist“).

Denn eine solche ergänzende Auslegung der unwirksamen Widerrufsklausel auf konkret benannte anerkennenswerte Sachgründe nähme der Beklagten das Risiko der unzulässig zu weit gefassten Klausel vollständig und wäre eine Vertragshilfe allein zu ihren Gunsten (vgl. BAG 13.04.2010 – 9 AZR 113/09, Rn. 48; 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 35 f.).

3. Der Vertrag ist auch nicht insgesamt unwirksam nach § 306 Abs. 3 BGB.

a) Danach ist ein Vertrag unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach § 306 Abs. 2 BGB vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

b) Es ist nicht ersichtlich, dass es eine unzumutbare Härte für die Beklagte iSv. § 306 darstellen würde, an der Verpflichtung zur Überlassung des Dienstwagens ohne Vorliegen des organisatorischen Widerrufsgrundes festzuhalten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.

Den Streitwert hat die Kammer gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 3, 5 ZPO im Urteil festgesetzt.

V.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, weil keiner der in § 64 Abs. 3 ArbGG genannten Gründe vorliegt.

 

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