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Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit

Konkurrenzkampf im Arbeitsverhältnis: Kündigung wegen angeblicher Konkurrenztätigkeit

Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Berufung eines Klägers abgewiesen, der gegen seine Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit vorging. Es wurde festgestellt, dass der Kläger während seines Arbeitsverhältnisses für ein Konkurrenzunternehmen tätig war. Diese Tätigkeit stellte einen Verstoß gegen seine vertraglichen Pflichten dar und rechtfertigte die fristlose Kündigung durch seinen Arbeitgeber.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 Sa 287/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Der Kläger war seit September 2019 als Disponent bei einem Transportunternehmen tätig.
  2. Er beantragte ohne Wissen seines Arbeitgebers einen Flughafenausweis für ein Konkurrenzunternehmen.
  3. Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen.
  4. Die Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen galt als erhebliche Pflichtverletzung im bestehenden Arbeitsverhältnis.
  5. Eine vorherige Abmahnung war in diesem Fall nicht erforderlich.
  6. Der Kläger trug auf dem Flughafengelände eine Arbeitsweste des Konkurrenzunternehmens, was als Beweis für die Konkurrenztätigkeit gewertet wurde.
  7. Der Kläger hatte ein persönliches Näheverhältnis zur Inhaberin des Konkurrenzunternehmens.
  8. Die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber war rechtens.

Kündigungsschutz und Konkurrenztätigkeit im Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht bildet einen wesentlichen Pfeiler unserer Rechtsordnung und regelt die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Ein besonders sensibles Thema in diesem Bereich ist die Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit. Dieses Thema wirft Fragen auf über die Grenzen der Loyalitätspflichten von Angestellten und die Rechtmäßigkeit von Kündigungen durch Arbeitgeber. Besonders interessant wird es, wenn solche Fälle vor Gericht landen, wie beispielsweise beim Landesarbeitsgericht Köln. Hier werden oft grundsätzliche Entscheidungen getroffen, die weitreichende Auswirkungen auf das Verständnis und die Auslegung von Arbeitsverhältnissen haben können.

Ein konkretes Urteil, gefällt am 24.08.2022, dient als exemplarischer Fall, um die komplexe Materie zu beleuchten. Es geht dabei um die Frage, inwieweit die Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen, beispielsweise symbolisiert durch das Beantragen eines Flughafenausweises für ein solches Unternehmen, eine gerechtfertigte Grundlage für eine Kündigung darstellt. Die folgenden Details des Falles geben nicht nur Einblicke in die spezifischen Umstände, sondern beleuchten auch die allgemeinen Grundsätze, die das Arbeitsrecht in solchen Konfliktfällen bereithält. Lesen Sie weiter, um mehr über die Hintergründe, Argumentationen und Konsequenzen dieses interessanten Falles zu erfahren.

Der Fall der Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit am Landesarbeitsgericht Köln

Im Mittelpunkt dieses Falles steht ein Disponent eines Transportunternehmens, angestellt seit September 2019, der im Juli und August 2021 einen Flughafenausweis über ein Konkurrenzunternehmen beantragte, ohne seinen Arbeitgeber zu informieren. Dieses Vorgehen führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Wirksamkeit seiner Kündigung. Der Kläger, der zuvor Aufgaben wie die Organisation und Verteilung von Sondertouren des Hauptkunden des Unternehmens am Flughafen K/B übernahm, wurde aufgrund seiner Aktivitäten mit dem Konkurrenzunternehmen B A C Z B von seinem Arbeitgeber gekündigt.

Vom Flughafenausweis zur fristlosen Kündigung

Die Situation eskalierte, als die zuständige Stelle der Luftsicherheit des Flughafens den Arbeitgeber des Klägers darüber informierte, dass der für den Kläger beantragte Flughafenausweis abholbereit sei. Die Entdeckung dieser Tätigkeit führte zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer des Transportunternehmens, in dessen Verlauf es zu einer mündlichen, fristlosen Kündigung kam. Später wurde der Kläger in einer Arbeitsweste des Konkurrenzunternehmens B A C Z B auf dem Flughafengelände fotografiert, was den Verdacht der Konkurrenztätigkeit weiter erhärtete.

Juristische Argumentation und Entscheidung des Arbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht Köln wies die Kündigungsschutzklage des Klägers ab und bestätigte die fristlose Kündigung. Es wurde argumentiert, dass der Kläger durch seine Handlungen eine erhebliche Pflichtverletzung begangen hatte. Zudem wurde festgestellt, dass der Kläger ein persönliches Näheverhältnis zur Inhaberin des Konkurrenzunternehmens hatte und auf dem Flughafengelände mit der Arbeitsweste des Konkurrenzunternehmens gesichtet wurde. Diese Umstände, zusammen mit der Beantragung des Flughafenausweises und der Vorlage von GPS-Daten der Fahrzeuge des Konkurrenzunternehmens, bildeten die Grundlage für die Annahme einer tatsächlichen Konkurrenztätigkeit.

Die Berufung des Klägers und das endgültige Urteil

Der Kläger legte gegen das Urteil Berufung ein, konnte jedoch nicht überzeugend darlegen, dass keine Konkurrenztätigkeit vorlag. Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts und wies die Berufung zurück. Es wurde festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung vom 16.09.2021 das Arbeitsverhältnis fristlos aufgelöst hatte. Das Gericht betonte, dass eine vorherige Abmahnung in diesem Fall nicht erforderlich war, da die Konkurrenztätigkeit eine so schwere Pflichtverletzung darstellte, dass dem Arbeitgeber deren Hinnahme nicht zugemutet werden konnte.

Das Urteil vom 24.08.2022 des Landesarbeitsgerichts Köln markiert somit einen wichtigen Fall im Arbeitsrecht, insbesondere im Hinblick auf die Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit. Es unterstreicht die Bedeutung der Loyalität von Arbeitnehmern gegenüber ihren Arbeitgebern und setzt klare Grenzen hinsichtlich der Toleranz von Konkurrenzaktivitäten innerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wann ist eine Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit gerechtfertigt?

Eine Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit ist gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses, einschließlich der Kündigungsfrist, dem Arbeitgeber in erheblichem Umfang illegal Konkurrenz macht. Dies kann beispielsweise durch die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen an ein Konkurrenzunternehmen geschehen. Eine geringfügige Nebentätigkeit während des Urlaubs rechtfertigt in der Regel nur eine Abmahnung.

Die Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit ist nur dann zulässig, wenn die Konkurrenztätigkeit den wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung darstellt. Dies ist der Fall, wenn die Konkurrenztätigkeit das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erheblich stört.

Ein Beispiel für eine solche Situation ist die Beteiligung eines Arbeitnehmers an einem Konkurrenzunternehmen, insbesondere wenn diese Beteiligung einen maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb des Konkurrenzunternehmens hat. In einem solchen Fall hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden, dass eine fristlose Kündigung wegen unzulässiger Konkurrenztätigkeit rechtmäßig ist.

Es ist jedoch zu beachten, dass eine fristlose Kündigung nur dann wirksam ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und die Kündigung innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis des wichtigen Grundes erfolgt. Darüber hinaus muss die Kündigung schriftlich erfolgen und alle Formalitäten wie Unterschrift und Zustellung müssen eingehalten werden.

Was ist der Unterschied zwischen Verdachtskündigung und Tatkündigung?

Eine Tatkündigung und eine Verdachtskündigung sind zwei verschiedene Arten von Kündigungen, die sich auf unterschiedliche Aspekte des Arbeitsverhältnisses beziehen.

Eine Tatkündigung ist eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Kündigungsgrund besteht in einem schuldhaften Pflichtverstoß des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber entscheidet sich zur Kündigung, weil er davon überzeugt ist, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte Tat begangen hat, die eine Kündigung rechtfertigt. Die Tatkündigung rügt positiv eine Vertragsverletzung des Arbeitnehmers in Form einer Straftat oder eines schweren Pflichtverstoßes gegenüber dem Arbeitgeber.

Im Gegensatz dazu ist eine Verdachtskündigung eine personenbedingte Kündigung. Sie wird ausgesprochen, wenn ein dringender, auf objektiven Tatsachen beruhender Verdacht besteht, dass der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung oder eine strafbare Handlung begangen hat. Der Kündigungsgrund knüpft also an die Person und nicht an das Verhalten des Arbeitnehmers. Die Verdachtskündigung stützt sich auf das verlorengegangene Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Verdachtskündigung strengeren Wirksamkeitsvoraussetzungen unterliegt als die Tatkündigung. Vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter Angabe der konkreten Verdachtsgründe einschließlich der zur Grunde liegenden Tatsachen Gelegenheit zur Äußerung geben, um diesem die Möglichkeit zur Entkräftung zu geben.

Beide Arten von Kündigungen sind eigenständige Kündigungsgründe und ihre Wirksamkeit wird vom Gericht nach jeweils eigenen Kriterien beurteilt.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 11 Sa 287/22 – Urteil vom 24.08.2022

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.01.2022 – 5 Ca 5430/21 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Kündigungen des Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger ist seit dem September 2019 bei der Beklagten, die ein Transportunternehmen mit K Niederlassung betreibt und deren Hauptkunde am Flughafen K /B die Firma F ist, als verantwortlicher Disponent beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört u.a. Sondertouren des Kunden abzufragen, zu organisieren und (auch auf Drittunternehmen) zu verteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsverhältnisses wird auf den Arbeitsvertrag vom 04.09.2019 verweisen (Bl. 5 ff. d.A.).

Im Zeitraum Juli/August 2021 beantragte der Kläger ohne Information der Beklagten einen Flughafenausweis für den Flughafen K /B über das Unternehmen B A C Z B . Hinsichtlich des Inhalts eines Formularantrags auf Ausstellung, Änderung oder Verlängerung eines Flughafenausweises wird auf Bl. 242 ff. d.A. Bezug genommen. Die Firma B A C Z B erbringt laut eigenem Internet-Auftritt u.a. Luftfrachttransporte und Sonderfahrten (Bl. 235 ff. d.A.). Der Kläger ist gemäß Vollmacht vom 03.09.2020 (Bl. 143 d.A.) Bevollmächtigter auf unbestimmte Zeit der Frau Z B in Angelegenheiten gegenüber Behörden, Banken und Privatpersonen.

Die zuständige Stelle der Luftsicherheit des Flughafens K /B informierte die Beklagte am 18.08.2021 darüber, dass der für den Kläger beantragte Flughafenausweis abholbereit sei.

Am 16.09.2021 telefonierte der Kläger mit dem Geschäftsführer der Beklagten, der Verlauf und der Inhalt des Telefonats ist zwischen den Parteien streitig, jedenfalls erfolgte auch eine mündliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Entweder am 16.09.2021 oder in der Nacht vom 17.09.2021 auf den 18.09.2021 wurde auf dem Flughafengelände ein Foto des Klägers aufgenommen. Auf diesem Foto ist der Kläger mit Arbeitsweste der B A C Z B und einem Zettel in der Hand zu erkennen. Ausweislich Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 25.01.2022 gab der Kläger an, dass er dort spazieren war, zu dem Inhalt des Zettels könne er sich nicht äußern (Bl. 120 f. d.A.).

Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.10.2021, höchst hilfsweise zum nächstmöglichen Termin (Bl. 10 d.A.).

Mit Schreiben vom 28.09.2021, dem Kläger zugegangen am 29.09.2021, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis hilfsweise fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgerecht gekündigt (Bl. 79 d.A.).

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 25.01.2022 (Bl. 162 ff. dA.) die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits die außerordentliche Kündigung vom 16.09.2021 das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger während des bestehenden Arbeitsverhältnisses für eine Konkurrenzfirma tätig gewesen sei. Der Kläger habe über ein Konkurrenzunternehmen einen Flughafenausweis zu erlangen versucht. Mit der Inhaberin dieses Unternehmens, der B A C Z B , stehe der Kläger in einem persönlichen Näheverhältnis. Er sei in der Lage, GPS-Daten der Fahrzeuge des Konkurrenzunternehmens einzureichen. Zudem habe der Kläger auf dem Flughafengelände eine Arbeitsweste mit dem Schriftzug der Konkurrenzfirma getragen und einen Zettel in der Hand gehalten, so dass es nahe liege, dass er Arbeitsleistungen für den Wettbewerber erbracht habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 31.03.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.04.2022 Berufung eingelegt und diese am 27.06.2022 begründet.

Der Kläger rügt, dass das Arbeitsgericht die Rechtmäßigkeit der Tatkündigung aus Indizien abgeleitet habe, ein Vollbeweis der Konkurrenztätigkeit sei nicht erbracht worden. Er bestreitet eine Konkurrenztätigkeit für die B A C Z B und/oder die Firma M L GmbH. Die GPS-Daten der Fahrzeuge der B A C habe er lediglich wegen der persönlichen Bekanntschaft mit Frau Z B vorlegen können, nicht hingegen wegen eines rechtlichen Näheverhältnisses. Eine Verdachtskündigung sei mangels vorheriger ordnungsgemäßer Anhörung unwirksam. Ferner sei im Rahmen der Interessenabwägung zu beachten, dass sich das Arbeitsverhältnis nach der mündlichen Kündigung vom 16.01.2021 in einem Schwebezustand befunden habe. Dem Kläger könne nicht vorgeworfen werden, wenn er sich um aus finanziellen Gründen um eine neue Arbeitsstelle am Flughafen bemühe. Eine Abmahnung sei als milderes Mittel angemessen und ausreichend gewesen. Im Übrigen nimmt der Kläger Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 15.03.2022, Az: 5 Ca 5430/21,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 16.09.2021, zugegangen am 23.09.2021, nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise fristlose sowie hilfsweise ordentliche Kündigung vom 28.09.2021, zugegangen am 29.09,.2021, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung des Vorbingens erster Instanz. Die erwiesene Konkurrenztätigkeit rechtfertige die fristlose Kündigung. Der Kläger habe nicht nur bloße Vorbereitungshandlungen anderweitiger Tätigkeit verrichtet. Ferner habe er seit Juli 2021 systematisch Sonderfahrten des Großkunden bevorzugt an fremde Transportunternehmen vergeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 27.06.2022 und 04.08.2022, die Sitzungsniederschrift vom 24.08.2022 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2c) ArbGG statthaft und wurde ordnungsgemäß innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die zum Zwecke von Wiederholungen Bezug genommen wird, die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch schriftliche, außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.09.2021 fristlos aufgelöst worden. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

1. Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers nach § 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung. Eine vorhergehende Abmahnung ist im Falle unerlaubter Konkurrenztätigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses in der Regel entbehrlich (BAG 16.08.1990 – 2 AZR 113/90 – m.w.N.). Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Verboten sind sowohl die Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen wie auch die Unterstützung eines Wettbewerbers des Arbeitgebers. Bloße Vorbereitungshandlungen erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht. Ein Arbeitnehmer darf grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich bereits angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit aufnehmen, selbst wenn sich diese Kündigung später als unwirksam herausstellt. Jedoch ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass sich in einer solchen Konstellation objektiv beide Parteien widersprüchlich verhalten haben. Wurde die Wettbewerbstätigkeit erst durch die frühere – unwirksame – Kündigung ausgelöst, rechtfertigt die spätere Konkurrenztätigkeit für die Zeit nach Prozessende in der Regel keine negative Prognose weiterer Vertragsverletzungen durch künftiges Konkurrenzverhalten. Ferner ist zu beachten, ob der Wettbewerb auf Dauer angelegt war oder nur eine Übergangslösung für den Schwebezustand bis zur Klärung der Rechtslage darstellt. Von Bedeutung sind ferner die Auswirkungen, ob ein Schaden zugefügt wurde oder nur eine abstrakte Gefährdung der geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers vorlag (BAG, Urt. v. 23.10.2014 – 2 AZR 644/13 – m.w.N.).

2. Die Würdigung des Arbeitsgerichtes, dass im Streitfall hinreichend unstreitige Anhaltspunkte vorlagen, die in der Gesamtschau die Annahme einer tatsächlichen Konkurrenztätigkeit rechtfertigen, die auch unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen, lässt keine Rechtsfehler erkennen und überzeugt durch lebensnahe Würdigung der festgestellten Tatsachen.

a) Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. Die Beweiswürdigung muss vollständig, widerspruchsfrei und umfassend sein. Mögliche Zweifel müssen überwunden, aber nicht völlig ausgeschlossen sein. Für die volle richterliche Überzeugungsbildung nach § 286 Abs. 1 ZPO ist ausreichend, dass ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erreicht ist, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen. Soll ein Vortrag mittels Indizien bewiesen werden, hat das Gericht zu prüfen, ob es die vorgetragenen Hilfstatsachen – deren Richtigkeit unterstellt – von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen. Es hat die insoweit maßgebenden Umstände vollständig und verfahrensrechtlich einwandfrei zu ermitteln und alle Beweisanzeichen erschöpfend zu würdigen (BAG, Urt. v. 25.04.2018 – 2 AZR 611/17 – m.w.N.).

b) Der Kläger hat die Aufnahme der Konkurrenztätigkeit durch Beantragung eines Flughafenausweises bereits im Juli/August 2021 über das Unternehmen B A C Z B vorbereitet. Dieses Unternehmen ist (auch) im Marktbereich der Beklagten tätig, denn es führt u.a. Luftfrachttransporte und flughafenbezogene Sonderfahrten durch. Es besteht ein ausgeprägtes Näheverhältnis zwischen dem Kläger und der Inhaberin des Kleinunternehmens. Dies zeigt sich zum einen an der weitreichenden Bevollmächtigung vom 03.09.2020 sowie zum anderen an der tatkräftigen Unterstützung der Frau Z B hinsichtlich der Vorlage von GPS-Daten der von ihr eingesetzten Fahrzeuge im vorliegenden Verfahren. Die Schwelle zur Wettbewerbstätigkeit hat der Kläger durch die Vorkommnisse auf dem Flughafengelände am 16.09.2021 oder in der Nacht vom 17.09.2021 auf den 18.09.2021 überschritten. Er hielt sich mit einem Zettel in der Hand in Arbeitskleidung des Konkurrenzunternehmens auf dem betrieblichen Gelände seiner Arbeitstätigkeit auf. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte, der Nähekonstellation sowie mangelnder Plausibilität des Entlastungsvorbringens des Klägers durfte das Arbeitsgericht mit dem für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit davon ausgehen, dass der Vorgang auf dem Flughafengelände Ausdruck gelebter Konkurrenztätigkeit ist. Die Schutzbehauptungen des Klägers sind substanzlos und unwahrscheinlich. Dies beginnt bereits mit seinen Darlegungen zur Beantragung des Flughafenausweises im Juli/August 2021 über das Unternehmen B A C Z B . So hat er behauptet, er habe seinen alten Flughafenausweis abgeben müssen, ohne dass er auch nur ansatzweise darlegt, aus welchem Grund, aus welchem Anlass und zu welchem Zeitpunkt er den alten Ausweis zurückgegeben haben will und warum er über ein Konkurrenzunternehmen einen neuen Antrag beantragt hat. Selbst wenn ein Arbeitsverhältnis mit derantragstellenden Firma nicht erforderlich ist, so liegt es angesichts der Verantwortungszuordnung nahe, dass jedenfalls ein Dienst- oder Werkverhältnis, mithin eine rechtliche Geschäftsbeziehung, bestehen muss. Die Richtigkeit der Einlassung des Klägers, er habe in der Nacht vom 17.09.2021 auf den 18.09.2021 auf dem Flughafengelände mit der Arbeitsweste des Konkurrenzunternehmens und dem Zettel in der Hand lediglich einen Spaziergang gemacht, ist angesichts Ort, Zeit und Umstände des Vorgangs in extrem hohen Maße unwahrscheinlich.

3. Soweit der Kläger die von dem Arbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung mit dem Argument angreift, das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sich das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Vorfalls am Flughafen aufgrund der telefonischen fristlosen Kündigung vom 16.10.2021 in einem Schwebezustand befunden habe, verfängt diese Argumentation nicht. Der Kläger hat nicht dargetan, dass er kurzfristig als Reaktion auf das Telefonat Kontakt zu der Firma B A C Z B aufgenommen hat und eine Arbeitsleistung am Flughafen vereinbart hat. Darüber hinaus spricht die Vorbereitungshandlung hinsichtlich der Beantragung eines Flughafenausweises bereits im Juli/August 2021 über das Unternehmen B A C Z B sowie das dargelegte besondere Näheverhältnis gegen eine kausale Arbeitsaufnahme aufgrund der mündlichen fristlosen Kündigung vom 16.10.2021. Die Wettbewerbstätigkeit wurde mithin nicht durch die telefonische Kündigung vom 16.10.2021 ausgelöst.

4. Entgegen der Annahme des Klägers erweist sich die schriftliche Kündigung vom 16.10.2021 nicht als unverhältnismäßig, weil der Kläger zuvor nicht einschlägig abgemahnt wurde. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urt. v. 20.05.2021- 2 AZR 596/20 – m.w.N.). Dem Kläger musste aufgrund seiner verantwortungsvollen Stellung eines Disponenten, dessen Tätigkeit hinsichtlich der eigenverantwortlichen Tourenvergabe – auch an Drittunternehmen, falls die Kapazitäten der Beklagten eine eigene Ausführung nicht erlaubten – ein besonderes Maß an Vertrauen voraussetzt, klar sein, dass der Beklagten unter Berücksichtigung der Vorgeschichte zur Beantragung des Flughafenausweises und des Näheverhältnisses zur Inhaberin des Konkurrenzunternehmens auch die erstmalige Konkurrenztätigkeit nicht zumutbar war.

5. Hinsichtlich der weiteren erstinstanzlich geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe der Schriftform (§ 623 BGB) und der Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB verhält sich die Berufungsbegründung nicht, so dass ohne weitere Darlegung auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu Bezug genommen werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

 

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