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Rückwirkende Krankschreibung – Wann ist das möglich?

Nicht erst durch die Coronapandemie ist deutlich geworden, dass Arbeitnehmer auch nur Menschen sind und durch Krankheiten von ihrer arbeitsvertraglichen Leistungspflicht abgehalten werden können. Hierdurch wird der Arbeitgeber natürlich belastet, da der Arbeitnehmer für die Dauer der Erkrankung bis hin zur Genesung nicht zur Verfügung steht.

Der Gesetzgeber sieht vor, dass ein Arbeitnehmer seine Erkrankung mittels einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nachweisen muss. Die Krankschreibung gilt in der gängigen Praxis mit dem Zeitpunkt des Arztbesuches, unter gewissen Umständen ist jedoch auch eine rückwirkende Krankschreibung möglich.

Das Wichtigste in Kürze


Die Möglichkeit einer rückwirkenden Krankschreibung ist ein spezieller Fall im Arbeitsrecht, der unter bestimmten Voraussetzungen und für maximal drei Tage vor dem Arztbesuch möglich ist. Es ist wichtig für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen zu kennen, um Missverständnisse und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

  1. Definition und Voraussetzungen: Eine rückwirkende Krankschreibung kann ausgestellt werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits vor dem Arztbesuch bestand. Sie ist an strenge Voraussetzungen gebunden und in der Praxis eher selten.
  2. Rechtsgrundlagen: Die rechtlichen Grundlagen, insbesondere das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) und die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL), bilden das Fundament für die Ausstellung rückwirkender Krankschreibungen.
  3. Bedeutung im Arbeitsrecht: Die Krankschreibung dient als Krankheitsnachweis gegenüber dem Arbeitgeber und ist entscheidend für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
  4. Gesetzliche Regelung: Arbeitnehmer müssen die Krankschreibung spätestens am vierten Krankheitstag dem Arbeitgeber vorlegen. In Sonderfällen kann eine kürzere Frist gelten.
  5. Arbeitsvertragliche Regelungen: Unternehmen können individuelle Fristen und Regelungen für die Vorlage von Krankschreibungen haben.
  6. Konsequenzen bei Nichteinhaltung: Fehlende oder ungültige rückwirkende Krankschreibungen können zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, einschließlich Lohnausfall und Abmahnung, führen.
  7. Empfehlungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Gute Kommunikation und frühzeitige Meldung im Krankheitsfall sind entscheidend, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
  8. Häufige Irrtümer: Es existieren Missverständnisse bezüglich der Leichtigkeit des Erhalts und des Zeitraums von rückwirkenden Krankschreibungen, die aufgeklärt werden müssen.

Bedeutung der Krankschreibung im Arbeitsrecht

(Symbolfoto: Ralf Liebhold /Shutterstock.com)

Der Krankschreibung kommt im Arbeitsrecht und speziell auch im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) eine besondere Bedeutung zu, da sie als Krankheitsnachweis des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber gilt. Das Arbeitsrecht sieht dabei als rechtliche Grundlage des Arbeitsvertrages vor, dass der erkrankte Arbeitnehmer diese Bescheinigung spätestens mit dem vierten Werktag dem Arbeitgeber vorlegen muss. In Ausnahmefällen kann auch eine kürzere Frist gelten. Unterlässt der Arbeitnehmer den Besuch bei dem Arzt und kann keine Krankschreibung vorweisen, so gilt er als unentschuldigt fehlend. Dies kann arbeitsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen.

Rückwirkende Krankschreibung: Definition und Voraussetzungen

Die rückwirkende Krankschreiben wird durch den Gesetzgeber in Deutschland als ein Dokument definiert, in dem die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auch schon vor dem Zeitpunkt des Arztbesuches durch den ausstellenden Arzt bescheinigt wird. Hierbei muss jedoch betont werden, dass die rückwirkende Krankschreibung an ganz bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist und in der gängigen Praxis eher selten zur Anwendung kommt.

Rechtsgrundlagen

Ebenso wie die herkömmliche AU unterliegt auch die rückwirkende Krankschreibung rechtlichen Grundlagen. Maßgeblich ist das EntgFG, speziell der § 5 EntgFG. In diesem Paragraphen sind jedoch die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien nicht aufgeführt. Obgleich diese Richtlinien in erster Linie für die Ärzte von Relevanz sind, sollte auch ein Arbeitnehmer hierüber Kenntnisse besitzen.

§ 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)

Der § 5 EntgFG legt die gesetzliche Verpflichtung eines Arbeitnehmers fest, die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber nachzuweisen. Sowohl die Frist als auch die Form des Nachweises werden durch den § 5 festgelegt. Überdies stellt dieser Paragraph auch die rechtliche Grundlage für die Berechtigung eines Arbeitgebers, einen entsprechenden Nachweis von seinem Arbeitnehmer zu verlangen, dar. Im Gegensatz zu der unter Arbeitgeber weit verbreiteten Meinung, dass die AU auch die Krankheitsdiagnose des Arztes enthalten muss, legt der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich in dem § 5 als Voraussetzung für eine rechtwirksame AU fest. Vielmehr muss die Krankschreibung lediglich den Befund des Arztes beinhalten, dass der Patient zu dem aktuellen Zeitpunkt krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist.

Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL)

Durch die Krankschreibung bescheinigt der behandelnde Arzt dem Patienten eine Arbeitsunfähigkeit. Dies erfordert, dass der Arzt eine Beurteilung des aktuellen Gesundheitszustandes vornimmt. Diese Beurteilung erfolgt auf der Grundlage der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie, die in ihrer ursprünglichen Fassung am 14.11.2013 in Kraft getreten ist und seither verschiedene Änderungen erfahren hat. Die letztmalige Änderung wurde am 07.12.2023 vorgenommen.

Voraussetzungen für eine rückwirkende Krankschreibung

Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die für eine rückwirkende Krankschreibung gelten. Zu nennen sind hier die unverschuldete Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers sowie auch die besonders gewissenhaft durchgeführte ärztliche Prüfung. Diese ist erforderlich, da der Arzt durch die rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ärztlich bescheinigt, dass der Gesundheitszustand des Patienten bereits vor dem Besuch in der Arztpraxis eine Arbeitstätigkeit nicht erlaubt hat. In ganz bestimmten Ausnahmefällen, beispielsweise bei einem medizinischen Notfall, kann die rückwirkende Krankschreibung auch ohne die besonders gewissenhafte ärztliche Prüfung ausgestellt werden.

Dies ist dann der Fall, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Patienten ganz offensichtlich bereits seit längerer Zeit besteht und dem Patienten ein vorheriger Besuch in der Arztpraxis nicht möglich war. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass die rückwirkende Krankschreibung lediglich für einen Zeitraum von drei Tagen möglich ist. Eine längere rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht möglich und wird auch von keinem Arzt ausgestellt.

Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht nur ein medizinisches Dokument, sondern hat auch weitreichende rechtliche Konsequenzen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Bild: Midjourney).
Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht nur ein medizinisches Dokument, sondern hat auch weitreichende rechtliche Konsequenzen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Bild: Midjourney).

Dauer der Krankschreibung

Ein wesentlicher Aspekt der Krankschreibung ist die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Hierbei handelt es sich um den Zeitraum, den der Arzt im Zuge seiner Einschätzung für die voraussichtliche Genesung anberaumt. Für diesen Zeitraum gilt das Fernbleiben des Patienten als entschuldigt und der Patient hat einen gesetzlichen Anspruch auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gem. EntgFG. Wann genau die Krankschreibung dem Arbeitgeber vorgelegt werden muss, kann nicht pauschal gesagt werden, da es verschiedene Fristen gibt. Es muss eine Unterscheidung vorgenommen werden zwischen der gesetzlichen Regelung und etwaig vorherrschenden arbeitsvertraglichen Regelungen sowie Fristen.

Gesetzliche Regelung: Krankschreibung ab dem vierten Krankheitstag

Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Arbeitnehmer die AU mit dem 4. Werktag vorlegen muss. Bis zu diesem Zeitraum ist eine simple Krankmeldung des Arbeitnehmers als Information darüber, dass der Arbeitsverpflichtung nicht nachgekommen werden kann, ausreichend. Eine derartige Meldung muss jedoch unverzüglich mit demjenigen Zeitpunkt, an dem die Arbeitsunfähigkeit beginnt, erfolgen. Die Meldung kann sowohl telefonisch als auch per E-Mail erfolgen.

Arbeitsvertragliche Regelungen und Fristen

Unabhängig von der gesetzlichen Regelung kann es auch vorkommen, dass der Arbeitgeber in seinem Unternehmen für die Arbeitnehmer anderweitige Regelungen und Fristen für die Krankschreibung festgelegt hat. In derartigen Fällen sind diese Regelungen geltend, sofern sie ein fester Bestandteil des Arbeitsvertrages oder etwaiger betrieblicher Vereinbarungen sind.

Konsequenzen bei fehlender oder ungültiger rückwirkender Krankschreibung

Kommt ein Arbeitnehmer seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nach und meldet dem Arbeitgeber seine krankheitsbedingte Arbeitsabwesenheit nicht, so kann dies gravierende arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gleichermaßen verhält es sich auch, wenn eine ungültige rückwirkende Krankschreibung bei dem Arbeitgeber vorgelegt wird.

Lohnfortzahlung und unentschuldigtes Fehlen

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist eine gesetzlich verankerte Schutzregelung für erkrankte Arbeitnehmer, damit diese während der Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsabwesenheit keine wirtschaftlichen Sorgen befürchten müssen. Diese Schutzregelung ist jedoch daran geknüpft, dass der Arbeitnehmer seinen arbeitsvertraglichen Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitgeber auch nachkommt. Bei einer unentschuldigten Abwesenheit kommt diese Regelung nicht zum Tragen.

Abmahnung und Kündigung

Der Arbeitgeber ist dazu berechtigt, bei einem unentschuldigten Fehlen des Arbeitnehmers eine Abmahnung in schriftlicher Form auszusprechen. Im Wiederholungsfall ist auch eine ordentliche Kündigung rechtlich zulässig. Die Abmahnung kann sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, die Abmahnung schriftlich dem Arbeitnehmer zuzuleiten.

Beweiswert einer rückwirkenden Krankschreibung

Sofern die rückwirkende Krankschreibung die rechtlich festgelegten Kriterien erfüllt hat sie für den Arbeitnehmer einen vollumfänglichen Beweiswert, dass während der Zeitspanne der Arbeitspflicht aus Krankheitsgründen nicht nachgekommen werden konnte. Ein Arbeitgeber kann zwar die rückwirkende Krankschreibung anzweifeln, allerdings steht der Arbeitgeber dann in der Beweispflicht. Dies ist in der gängigen Praxis nur schwerlich realisierbar.

Empfehlungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Das Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber wird ein großes Stück weit von Vertrauen getragen. Dieses Vertrauen lässt sich idealerweise durch eine gute Kommunikation aufbauen und erhalten. Sollte es zu einem Krankheitsfall kommen, so ist die frühzeitige Meldung verbunden mit dem zeitnahen Gang zum Arzt der beste Weg. Im Idealfall meldet sich der Arbeitnehmer bereits in den frühen Morgenstunden bei dem Arbeitgeber fernmündlich krank und geht dann zum Arzt. Erhält er eine AU, meldet er sich nochmals telefonisch bei dem Arbeitgeber und teilt diesem den Sachstand mit. Anschließend wird die AU per Post an den Arbeitgeber übermittelt. Auf diese Weise kann der Arbeitgeber sehr gut planen und den Arbeitsausfall des Arbeitnehmers bestmöglich kompensieren.

Häufige Irrtümer und Missverständnisse bei rückwirkenden Krankschreibungen

Es gibt mehrere häufige Missverständnisse und Fehlannahmen bezüglich rückwirkender Krankschreibungen. Hier sind einige davon:

  1. 1ückwirkende Krankschreibungen sind leicht zu erhalten: Tatsächlich ist es nicht so einfach, eine rückwirkende Krankschreibung zu erhalten. Ärzte müssen sich an die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) der Krankenkassen halten. Nach § 5 AU-RL, Absatz 3, kann der Arzt die Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich erst ab dem Tag bescheinigen, an dem der Arbeitnehmer den Arzt aufgesucht hat.
  2. Rückwirkende Krankschreibungen können für einen beliebigen Zeitraum ausgestellt werden: Dies ist nicht korrekt. Ärzte können rückwirkende Krankschreibungen ausstellen, die bis zu drei Tage vor dem Arztbesuch gelten. Eine Ausnahme gibt es, wenn der Arzt zweifelsfrei feststellt, dass der Arbeitnehmer in den vorherigen Tagen an einer Krankheit gelitten hat, die ihn arbeitsunfähig gemacht hat.
  3. Arbeitgeber müssen die Gründe für die Krankschreibung erfahren: Arbeitnehmer müssen ihrem Arbeitgeber nicht sagen, was ihnen fehlt. Auch auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist die Diagnose nicht vermerkt.
  4. Arbeitnehmer müssen sofort einen Arzt aufsuchen, wenn sie krank sind: Es ist ratsam, die Arztpraxis bereits am ersten Tag der Erkrankung zu kontaktieren, um spätere Unklarheiten oder Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu vermeiden. Aber es gibt Situationen, in denen der Patient zu krank gewesen sein könnte, um die Praxis aufzusuchen, oder die Praxis war am Wochenende geschlossen.
  5. Arbeitgeber müssen eine Krankschreibung immer akzeptieren: Arbeitgeber können eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) immer dann zurückweisen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass der Mitarbeiter in Wirklichkeit gar nicht krank ist.
  6. 6. Arbeitnehmer müssen das Haus nicht verlassen, wenn sie krankgeschrieben sind: Mitarbeiter müssen keineswegs das Haus hüten, wenn sie krankgeschrieben sind. Sie dürfen natürlich auch Einkäufe im Supermarkt erledigen oder zur Apotheke gehen, um sich mit Medikamenten zu versorgen.

Diese Punkte sollten sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern helfen, Missverständnisse zu vermeiden und korrekt mit der Situation umzugehen, wenn eine rückwirkende Krankschreibung erforderlich ist.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), auch als Krankschreibung bekannt, ist ein wichtiges Dokument im Arbeitsrecht. Sie wird ausschließlich vom behandelnden Arzt ausgestellt und weist den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit aus. Zudem enthält sie Angaben dazu, wann die Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde und ob es sich um eine Erst- oder Folgebescheinigung handelt.

Die AU hat eine hohe rechtliche Bedeutung, insbesondere im Kontext von gerichtlichen Verfahren. Wenn beispielsweise ein Arbeitgeber überzeugt ist, dass ein Arbeitnehmer nicht wirklich arbeitsunfähig krank ist und deshalb die Entgeltfortzahlung verweigert oder das Arbeitsverhältnis kündigt, kann die AU als Beweismittel dienen. Sie hat die rechtliche Qualität einer Urkunde und kann vor Gericht als solche verwendet werden.

Die AU ist auch die Grundlage für die gesetzlich verpflichtende Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall. Sie muss dem Arbeitgeber nach der auf den dritten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit folgenden Arbeitstag vorgelegt werden, kann jedoch vom Arbeitgeber auch schon früher verlangt werden.

Die AU enthält typischerweise folgende Informationen:

  • Diagnose nach ICD-11
  • Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit
  • Datum der Ausstellung
  • Angaben zum ausstellenden Arzt
  • Hinweis auf Information an die Krankenkasse
  • Handschriftliche Unterschrift des Arztes

Seit dem 1. Januar 2023 wird die AU in Deutschland schrittweise durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt. Trotz dieser Umstellung bleibt die Pflicht bestehen, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich zu melden.

Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)

Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) ist für das Verständnis der Krankschreibung von zentraler Bedeutung, da es die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Krankheitsfall regelt.

Gemäß dem EntgFG sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten im Krankheitsfall das Gehalt oder den Lohn für bis zu 6 Wochen weiterzuzahlen. Dies gilt unabhängig von der Art des Vertrags oder der Arbeitszeit, also sowohl für Voll- und Teilzeitbeschäftigte als auch für Minijobber und Auszubildende. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis seit mindestens 4 Wochen ununterbrochen besteht. Ist dies nicht der Fall, springt die Krankenkasse ein und zahlt ein Krankentagegeld.

Um diesen Anspruch geltend zu machen, müssen die Beschäftigten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von einem Arzt vorlegen. Die Erkrankung muss ohne Verschulden des Arbeitnehmers entstanden sein. Nach Ablauf der 6 Wochen Lohnfortzahlung übernimmt die Krankenkasse die Zahlung eines Krankentagegeldes.

Bei erneuter Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur, wenn der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder der Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit mindestens zwölf Monate zurückliegt.

Das EntgFG regelt auch das Recht des Arbeitnehmers auf Fortzahlung der Vergütung an gesetzlichen Feiertagen. Darüber hinaus enthält es spezielle Regelungen für Heimarbeiter.

Die Entgeltfortzahlung hat also die Bedeutung, dass der Arbeitslohn fortgezahlt wird, obwohl der Arbeitnehmer wegen einer Krankheit oder aufgrund von Feiertagen nicht arbeiten kann. Dies stellt einen wichtigen Schutz für Arbeitnehmer dar und trägt zur sozialen Sicherheit bei.

Für Arbeitgeber bedeutet das EntgFG einerseits eine finanzielle Verpflichtung, andererseits aber auch Rechtssicherheit, da die Pflichten im Krankheitsfall klar geregelt sind.

Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL)

Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) sind maßgeblich für die Feststellung und Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte und im Rahmen des Entlassmanagements aus dem Krankenhaus. Sie enthalten auch Empfehlungen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben.

Bedeutung für die Ausstellung von Krankschreibungen

Die AU-RL definieren, unter welchen Umständen eine Person als arbeitsunfähig gilt. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausüben können. Die Richtlinien geben vor, wie Ärzte die Arbeitsunfähigkeit feststellen und bescheinigen sollen, was für die Ausstellung von Krankschreibungen entscheidend ist.

Rolle bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit

Die AU-RL legen fest, dass die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit eine Befragung des Versicherten durch den Arzt voraussetzt. Das Ergebnis der Befragung muss bei der Beurteilung von Grund und Dauer der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt werden. Es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der Krankheit und der Unfähigkeit zur Fortsetzung der ausgeübten Tätigkeit bestehen.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Ab 2023 wird die Übermittlung des Durchschlags für den Arbeitgeber elektronisch durch die Krankenkassen übernommen. Patienten erhalten zunächst noch einen Papierausdruck, bis auch dies elektronisch möglich ist.

Änderungen und Sonderregelungen

Zum 1. April 2023 wurden Sonderregelungen, wie die telefonische Krankschreibung bei leichten Atemwegserkrankungen, aufgehoben. Seitdem dürfen Vertragsärzte eine Arbeitsunfähigkeit nur noch unter bestimmten Voraussetzungen per Telefon feststellen, wobei die Möglichkeit der Videosprechstunde weiterhin besteht.

Wiedereingliederung und weitere Aspekte

Die AU-RL enthalten auch Empfehlungen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben, was für die Planung der Rückkehr zur Arbeit nach längerer Krankheit relevant ist. Zudem sind die Richtlinien für die Begutachtung von Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) von Bedeutung, wenn es um die Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit geht.

Insgesamt spielen die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien eine zentrale Rolle bei der Beurteilung und Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit, was sowohl für die Rechte der Versicherten auf Lohnfortzahlung und Krankengeld als auch für die Pflichten der Arbeitgeber und Ärzte von Bedeutung ist.

Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit

Unter unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit versteht man, dass eine Person die Krankheit nicht mutwillig herbeigeführt hat und keine Schuld an ihr trägt. Dies umfasst Erkrankungen und Unfälle, auch wenn diese durch leichte Fahrlässigkeit verursacht wurden, sowie Suchterkrankungen. Der Begriff ist im Kontext der rückwirkenden Krankschreibung relevant, da Arbeitnehmer grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben, wenn sie unverschuldet arbeitsunfähig sind.

Rückwirkende Krankschreibungen sind in Ausnahmefällen gestattet und können für maximal drei Kalendertage vor dem ersten Arztbesuch bescheinigt werden. Dies ist wichtig, da Arbeitnehmer verpflichtet sind, ihre Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen und eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Versäumt ein Arbeitnehmer dies, kann der Arbeitgeber das Gehalt einbehalten oder weitere arbeitsrechtliche Schritte einleiten.

Die unverschuldete Arbeitsunfähigkeit ist somit eine Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und für den Anspruch auf Krankengeld durch die Krankenkasse nach Ablauf der Entgeltfortzahlung. Verschuldet ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit selbst, indem er beispielsweise grob fahrlässig handelt, kann dies den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausschließen.

Was sind die wesentlichen rechtlichen und medizinischen Aspekte, die bei einer rückwirkenden Krankschreibung beachtet werden müssen, und wie unterscheidet sie sich von einer regulären Krankschreibung?

Eine rückwirkende Krankschreibung ist eine ärztliche Bescheinigung, die bestätigt, dass eine Person in der Vergangenheit aufgrund von Krankheit oder Verletzung arbeitsunfähig war. Sie unterscheidet sich von einer regulären Krankschreibung dadurch, dass sie nachträglich für vergangene Krankheitstage ausgestellt wird.

Gemäß § 5 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien kann eine rückwirkende Krankschreibung nur in Ausnahmefällen und nach eingehender Prüfung durch den behandelnden Arzt ausgestellt werden. Der Arzt muss dabei unbedingt nachvollziehen können, dass der Patient in den vorherigen Tagen an einer Krankheit gelitten hat, die ihn arbeitsunfähig gemacht hat. Eine rückwirkende Krankschreibung ist grundsätzlich erlaubt, aber nur im Ausnahmefall möglich.

Die rückwirkende Krankschreibung ist auf maximal drei Kalendertage begrenzt. Wenn der Arzt eine vorausgegangene Arbeitsunfähigkeit für unwahrscheinlich hält, steht es ihm frei, eine rückwirkende Krankschreibung zu verweigern. Bei einer fälschlicherweise ausgestellten Krankschreibung drohen Konsequenzen.

Arbeitnehmer sind laut § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes dazu verpflichtet, eine fristgerechte ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Spätestens am vierten Krankheitstag muss dem Arbeitgeber eine Krankschreibung vorliegen. Allerdings haben Arbeitgeber die Möglichkeit, in Arbeitsverträgen andere Vereinbarungen zu treffen. Arbeitnehmer, die keine Krankschreibung vorlegen können, werden für die entsprechenden Tage nicht vom Arbeitgeber bezahlt und können abgemahnt werden.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass Arbeitnehmer, die sich rückwirkend krankschreiben lassen, nicht von der Pflicht entbunden sind, erneut zum Arzt zu gehen, wenn die Krankheit länger andauert.

Fazit

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dürfte jedem Arbeitnehmer und jedem Arbeitgeber bestens bekannt sein. Es gibt allerdings auch die rückwirkende Krankschreibung, die gesonderte Voraussetzungen erfüllen muss und in der gängigen Praxis als Ausnahme angesehen wird. Diese hat jedoch, sofern sie diese Voraussetzungen erfüllt, einen identischen Beweiswert wie die klassische AU.

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