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Fristlose Kündigung bei privater Verwertung von Betriebsunterlagen

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt: Kündigung wegen Kopieren von Betriebsunterlagen unwirksam

Das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt hat entschieden, dass die fristlose sowie die ordentliche Kündigung eines Mitarbeiters wegen des unbefugten Kopierens von betriebsinternen Unterlagen rechtlich unwirksam ist. Es fehlte an substantiierten Beweisen für eine schwerwiegende Pflichtverletzung oder einen dringenden Verdacht. Das Gericht stellte fest, dass die notwendigen Voraussetzungen für eine wirksame (Verdachts-)Kündigung nicht erfüllt waren.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 Sa 545/13 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Fristlose Kündigung des Mitarbeiters war rechtlich unwirksam.
  2. Keine ausreichenden Beweise für schwerwiegende Pflichtverletzung durch den Mitarbeiter.
  3. Verdachtskündigung ebenfalls als unwirksam angesehen.
  4. Notwendigkeit substantieller Beweise für eine Kündigung aufgrund von Pflichtverletzungen.
  5. Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch Kündigung aufgelöst.
  6. Mangel an Beweisen für die Verwendung der kopierten Unterlagen für betriebsfremde Zwecke.
  7. Keine durchgeführten Aufklärungsmaßnahmen vor der Kündigung.
  8. Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt stützt sich auf umfassende rechtliche Erwägungen.

Fristlose Kündigung bei Missbrauch von Betriebsunterlagen

Eine fristlose Kündigung wegen privater Verwertung von Betriebsunterlagen ist möglich, wenn der Arbeitnehmer schwerwiegend gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt und das Vertrauensverhältnis nachhaltig beeinträchtigt wird. Dabei muss der Arbeitgeber jedoch nachweisen, dass die Verwertung der Unterlagen einen schwerwiegenden Vertrauensbruch darstellt.

Ein Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 22.12.2014 (6 Sa 545/13) befasst sich mit dieser Thematik und stellt klar, dass die notwendigen Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung erfüllt sein müssen. Insbesondere muss der Arbeitgeber substantiierte Beweise für eine Pflichtverletzung vorlegen und alle zumutbaren Aufklärungsmaßnahmen durchführen. Andernfalls kann die Kündigung als unwirksam angesehen werden.

Die private Internetnutzung während der Arbeitszeit kann ebenfalls eine fristlose Kündigung rechtfertigen, sofern der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt. Auch hier muss der Arbeitgeber jedoch nachweisen, dass die private Internetnutzung einen schwerwiegenden Verstoß darstellt.

Die Rechtsprechung zum Thema fristlose Kündigung bei Missbrauch von Betriebsunterlagen ist komplex und stellt sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor rechtliche Herausforderungen. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit konkreten Urteilen kann dabei helfen, die rechtlichen Rahmenbedingungen besser zu verstehen.

Konflikt um die Verwertung von Betriebsunterlagen

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt verhandelt wurde, stand die fristlose sowie die ordentliche Kündigung eines Mitarbeiters im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung. Der Mitarbeiter, seit 2011 in der Abteilung für strategischen Einkauf tätig, wurde von seinem Arbeitgeber der privaten Verwertung von Betriebsunterlagen beschuldigt. Diese Anschuldigung folgte auf ein Ereignis, bei dem der Mitarbeiter mehrere Kopien von Bestellvorgängen anfertigte und in seine Aktentasche verstaute. Der Fall nimmt seinen Ausgangspunkt in einem Personalgespräch, in welchem dem Mitarbeiter eine mangelhafte Abwicklung eines Bestellvorgangs vorgeworfen wurde.

Die rechtliche Herausforderung: Fristlose gegen ordentliche Kündigung

Der Arbeitgeber reagierte mit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung, die auf die Annahme einer schweren Pflichtverletzung durch den Mitarbeiter basierte. Der Kern des juristischen Konflikts lag in der Frage, ob die Anfertigung der Kopien tatsächlich eine schwere Pflichtverletzung darstellte und ob dies eine fristlose oder nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Der Mitarbeiter widersprach der Kündigung, indem er behauptete, die kopierten Dokumente bezögen sich auf den ihm vorgeworfenen Pflichtverstoß und dienten dazu, seine Unschuld in einem geplanten weiteren Gespräch zu belegen.

Juristische Bewertung und Gerichtsentscheidung

Das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass für eine wirksame außerordentliche Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen muss. Im vorliegenden Fall konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der Mitarbeiter die Kopien für betriebsfremde Zwecke anfertigte. Interessanterweise wurde die Tätigkeit des Mitarbeiters von Kollegen beobachtet, was gegen eine heimliche Aneignung spricht. Weiterhin fehlten konkrete Beweise dafür, dass der Mitarbeiter die kopierten Unterlagen außerhalb des Betriebs für eigene Zwecke nutzen wollte.

Bedeutung der Entscheidung für Arbeitsrecht und Kündigungspraxis

Das Gericht legte auch dar, dass eine Verdachtskündigung nur dann rechtswirksam ist, wenn der Verdacht auf konkreten Tatsachen beruht und der Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung angehört wurde. Diese Anforderungen wurden im vorliegenden Fall nicht erfüllt, sodass sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung als rechtlich unwirksam angesehen wurden. Das Urteil zeigt deutlich die hohen Anforderungen, die an eine wirksame Kündigung, insbesondere bei Verdachtsmomenten, gestellt werden.

Fazit: Das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt hat in diesem Fall eine wichtige Entscheidung hinsichtlich der Anforderungen an eine wirksame Kündigung getroffen. Die Kündigung des Mitarbeiters wegen angeblicher privater Verwertung von Betriebsunterlagen wurde als rechtlich unwirksam eingestuft, da die erforderlichen Beweise und rechtlichen Voraussetzungen fehlten.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB?

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ein „wichtiger Grund“ ist dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der vom Bundesarbeitsgericht ausgelegt wird. Er liegt vor, wenn dem einen Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dies kann personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe haben.

Eine fristlose Kündigung erfordert in der Regel eine vorherige Abmahnung, es sei denn, diese ist ausnahmsweise entbehrlich. Zudem muss die Kündigung das letzte Mittel („Ultima ratio“) sein, d.h. es darf kein milderes Mittel zur Verfügung stehen.

Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfolgen (§ 626 Abs. 2 BGB). Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Es ist zu beachten, dass die außerordentliche Kündigung nicht auf Umstände gestützt werden kann, die der Arbeitgeber vor Einstellung des Arbeitnehmers kannte. Zudem sind bestimmte Gründe, wie z.B. einfache Verletzung von Anzeigepflichten, gewerkschaftliche oder politische Tätigkeit, grundsätzlich ungeeignet als Grund für eine fristlose Kündigung.

Wie wird die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten im Arbeitsrecht bewertet?

Die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten im Arbeitsrecht kann weitreichende Konsequenzen haben. Nebenpflichten können sich aus dem Gesetz, dem Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers ergeben. Beispiele für Nebenpflichten sind Anzeige- und Informationspflichten, Sorgfaltspflichten und Loyalitätspflichten.

Wenn ein Arbeitnehmer seine Nebenpflichten schuldhaft verletzt, kann dies zu Schadensersatzansprüchen führen. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall gemäß §§ 280 ff. BGB Schadensersatz verlangen. Darüber hinaus kann eine schuldhafte Pflichtverletzung Unterlassungsansprüche begründen.

Eine weitere mögliche Konsequenz ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Verstöße gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten können eine Kündigung rechtfertigen. Eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 626 BGB kommt allerdings in der Regel nur in Betracht, wenn das Gewicht der Nebenpflichtverletzung durch besondere Umstände erheblich verstärkt wird. Solche besonderen Umstände können beispielsweise darin liegen, dass der Arbeitnehmer seine Nebenpflichten beharrlich verletzt.

Es ist zu erwähnen, dass die Konsequenzen einer Pflichtverletzung immer im Einzelfall betrachtet werden müssen und von verschiedenen Faktoren abhängen, wie zum Beispiel der Schwere der Pflichtverletzung und den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses.

Welche Rolle spielt der Verdacht einer Pflichtverletzung bei der Rechtfertigung einer Kündigung?

Der Verdacht einer Pflichtverletzung kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung rechtfertigen. Dies wird als Verdachtskündigung bezeichnet und ist eine spezielle Form der personenbedingten Kündigung. Für eine wirksame Verdachtskündigung müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

  • Dringender Verdacht: Es muss ein auf objektive Tatsachen gestützter dringender Verdacht vorliegen, dass der Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung oder Straftat begangen hat.
  • Anhörung des Arbeitnehmers: Vor Ausspruch der Kündigung ist der Arbeitnehmer anzuhören. Ihm müssen die belastenden Umstände mitgeteilt werden, und er muss die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Diese Anhörung ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung.
  • Interessenabwägung: Auch bei der Verdachtskündigung muss eine Interessenabwägung zwischen dem Kündigungsgrund in Form des objektiv begründeten Verdachts und dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses stattfinden. Die Kündigung muss verhältnismäßig sein.
  • Fristen: Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfolgen. Dies ist in § 626 Abs. 2 BGB geregelt.
  • Keine vorherige Kenntnis: Der Arbeitgeber kann die außerordentliche Kündigung nicht auf Umstände stützen, die ihm bereits vor Einstellung des Arbeitnehmers bekannt waren.
  • Beweislast: Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für den Verdacht einer schweren Pflichtverletzung. Kann der Verdacht nicht bestätigt werden und erweist sich die Kündigung als unberechtigt, kann der Arbeitgeber mit Schadensersatzforderungen konfrontiert werden.
  • Anhörung des Betriebsrats: Sofern ein Betriebsrat existiert, muss dieser gemäß § 102 BetrVG ordnungsgemäß angehört werden.

Die Verdachtskündigung ist ein komplexes rechtliches Thema, und Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind, bevor sie eine solche Kündigung aussprechen. Arbeitnehmer, die von einer Verdachtskündigung betroffen sind, sollten rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um ihre Rechte zu wahren.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 6 Sa 545/13 – Urteil vom 22.12.2014

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 29.08.2013 – 5 Ca 933/13 NMB – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten (noch) über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Der Kläger ist seit 11.04.2011 bei der Beklagten als Mitarbeiter im Bereich strategischer Einkauf tätig. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmen sich nach dem Arbeitsvertrag vom 06.04.2011 (Bl. 11 bis 14 d. A.). Dieser Vertrag sieht in § 13 vor, dass eine außerordentliche Kündigung der Begründung bedarf.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 11.03.2013 (Bl. 15 d. A.) außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 15.04.2013. Sie stützt diese Kündigung auf eine von ihr angenommene schwere Pflichtverletzung des Klägers, nämlich das unbefugte Kopieren von betriebsinternen Unterlagen mit dem Ziel, diese für private Zwecke zu verwenden.

Die Parteien hatten bereits in einem Vorrechtsstreit zum Geschäftszeichen 3 Ca 908/12 Arbeitsgericht Halle über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung gestritten. Der Kläger hat in diesem Rechtsstreit obsiegt und ist in der Folgezeit von der Beklagten an wechselnden Arbeitsplätzen weiterbeschäftigt worden.

Am 01.03.2013, gegen 13.00 Uhr übergab die Beklagte im Rahmen eines Personalgesprächs dem Kläger ein Abmahnungsschreiben datiert auf den 28.02.2013 (Bl. 16 d. A.), in dem ihm vorgeworfen wurde, er habe einen am 22.02.2013 von der Mitarbeiterin E ausgelösten Bestellvorgang nicht ordnungsgemäß abgewickelt.

Der Kläger begab sich im Anschluss an dieses Gespräch in das von ihm zum damaligen Zeitpunkt mit mehreren Kollegen gemeinsam genutzte Großraumbüro, entnahm diverse Ordner mit Bestellvorgängen aus dem Aktenregal und fertigte von den abgehefteten Unterlagen an den im Flur befindlichen Kopiergerät Kopien, die er sodann zurück in das Großraumbüro verbrachte und dort in seiner Aktentasche verstaute. Der Kopiervorgang zog sich über mehr als eine Stunde hin. Der Kläger wurde sodann von dem durch Kollegen herbeigerufenen Prokuristen und dem Verwaltungsleiter der Beklagten in einem weiteren Personalgespräch zur Rede gestellt. Der Inhalt dieses Gespräches ist zwischen den Parteien streitig. Nachdem der Kläger nach Dienstschluss seinen Arbeitsplatz verlassen hatte, fand sein Kollege B auf dem von dem Kläger benutzten Schreibtisch insgesamt 116 Kopien von Bestellvorgängen. Wegen des Inhaltes dieser Kopien wird auf Blatt 60 ff der Akte verwiesen.

Die Beklagte entschloss sich sodann zum Ausspruch einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und informierte hierüber den in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat mit Schreiben vom 04.03.2013 (Bl. 176 d. A.). Dieser stimmte dem Ausspruch einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung am 05.03.2013, nachdem er zu dem kündigungsauslösenden Vorfall Kollegen des Klägers befragt hatte, zu (Bl. 177 d. A.).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der streitgegenständlichen Kündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu. Er hat die Vorwürfe wie auch eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates bestritten.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 11.03.2013, dem Kläger zugegangen am 11.03.2013, beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 28.02.2013 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilten, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung in dem Arbeitsverhältnis erstreckt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe Kopien von Bestellvorgängen für private Zwecke gefertigt. Bei den von ihm erstellten Kopien handele es sich um jene, die nach Verlassen seines Arbeitsplatzes der Kollege B auf dem Schreibtisch vorgefunden habe. Die Dokumente seien – unstreitig – vertraulich. Sie weisen keinen Bezug zu dem abmahnungsrelevanten Bestellvorgang am 22.02.2013 auf. In dem Personalgespräch habe der Kläger keine Angaben über den Verwendungszweck der von ihm gefertigten Kopien getätigt. Andererseits habe er jedoch – unstreitig – bereits zuvor die Beklagte aufgefordert, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, da er den Arbeitsplatz wechseln wolle. Angesichts dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass betriebliche Gründe für das Anfertigen der Kopien nicht bestanden haben.

Der Kläger hat hierzu entgegnet, er habe keineswegs Kopien von betriebsinternen Unterlagen für private Zwecke gefertigt. Die von ihm kopierten Bestellvorgänge haben sich auf den ihm in der Abmahnung vom 28.02.2013 vorgeworfenen Pflichtverstoß bezogen. Er habe in einem weiteren zwischen den Parteien unstreitig angedachten Personalgespräch mit Hilfe dieser Unterlagen den Vorwurf widerlegen wollen. Nach dem zweiten Personalgespräch am 01.03.2013 habe er jedoch eingesehen, dass ein solches Bemühen zwecklos sei und die von ihm gefertigten Kopien wieder vernichtet. Bei den von seinem Kollegen B nach Verlassen des Arbeitsplatzes vorgefundenen Kopien handele es sich nicht um jene, die er zuvor gefertigt habe. Diese Blätter – Fehlkopien aus vorangegangenen Kopiervorgängen – habe er als „Schmierpapier“ verwendet.

Zutreffend sei, dass er die Kopien in seine private Aktentasche verbracht habe. Dies beruhe darauf, dass er für den im Großraumbüro befindlichen Schreibtisch nicht über einen eigenen Schlüssel verfügt habe.

Die Beklagte hat hierzu entgegnet, der Kläger habe keineswegs lediglich Kopien von Bestellunterlagen, die das abgemahnte Fehlverhalten betreffen, gefertigt. So habe seine Kollegin H, als sie neben dem Kläger am Kopiergerät stand, erkennen können, dass die von ihm zu jenem Zeitpunkt gefertigte Kopie sich auf einen bereits abgeschlossenen Bestellvorgang bezogen habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.08.2013 der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständlichen Kündigung komme weder als außerordentliche noch als hilfsweise ordentliche Kündigung Rechtswirksamkeit zu. Die Beklagte habe nicht ausreichend Tatsachen darlegen können, um ihren Vorwurf, der Kläger habe betriebsinterne Unterlagen für private Zwecke verwenden wollen, substantiiert zu belegen. Aus dem sich bietenden Sachverhalt sei allenfalls ein diesbezüglicher Verdacht ableitbar. Hierauf könne die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung jedoch nicht erfolgreich stützen, weil sie die zur Wirksamkeit einer Verdachtskündigung erforderlichen vorangehenden Aufklärungsmaßnahmen nicht durchgeführt habe. Weiter hat das Arbeitsgericht auch der auf Entfernung der Abmahnung vom 28.02.2013 gerichteten Klage sowie der Klage auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses stattgegeben.

Gegen dieses, der Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 240 d. A.) am 13.11.2013 zugestellte Urteil hat sie am 12.12.2013 Berufung eingelegt und diese am 13.01.2014 begründet.

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie zuletzt noch ihren Klagabweisungsantrag betreffend die Kündigungsschutzklage des Klägers weiter.

Sie vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht habe den von ihr dargelegten Sachverhalt rechtsfehlerhaft bewertet. Der Kläger habe durch sein Verhalten einen vollendeten Diebstahl begangen. Weiter liege ein Verstoß gegen § 17 UWG vor. Bereits mit Einstecken der gefertigten Kopien in seine Aktentasche seien diese Straftaten vollendet worden. Hierin liege zugleich ein wichtiger Grund, der die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen vermöge.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 29.08.2013 teilweise abzuändern und die Kündigungsschutzklage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Die Beklagte hat auch die Berufungseinlegungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sowie die dort geregelte Berufungsbegründungsfrist gewahrt. Ausweislich des zur Akte gereichten Empfangsbekenntnisses ist das erstinstanzliche Urteil der Beklagten erst am 13.11.2013 zugestellt worden. Umstände, die die Beweiskraft des Empfangsbekenntnisses erschüttern könnten, sind nicht erkennbar. Der Hinweis des Klägers auf das Absendedatum der Urteilsausfertigung ist hierfür nicht geeignet. Entscheidend für den Fristanlauf ist nicht der Eingang der Ausfertigung in der Kanzlei des Beklagtenvertreters. Die Frist läuft erst an, wenn der Prozessbevollmächtigte das Schriftstück mit Empfangswillen entgegennimmt (Zöller/Stober ZPO 30. Aufl. § 174 Rn. 6)

Die Berufungsbegründung entspricht weiter den Vorgaben des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte setzt sich mit rechtlichen Argumenten mit dem erstinstanzlichen Urteil in entscheidungserheblicher Weise auseinander, indem sie aufzeigt, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht einen vollendeten Diebstahl und damit eine nach ihrer Auffassung zur außerordentlichen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung des Klägers verneint.

B.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird durch die Kündigung der Beklagten vom 11.03.2013 weder außerordentlich noch mit ordentlicher Frist aufgelöst.

I.

Die hauptsächlich ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 11.03.2013 ist rechtsunwirksam, weil die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht vorliegen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Bewertung der Kündigung als Tat- als auch als Verdachtskündigung.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht.

Als wichtiger Grund ist neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich“ geeignet. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Diese Regelung dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben verlangt werden kann.

Dem Arbeitnehmer ist es aufgrund der dem Arbeitsvertrag immanenten Pflicht zur Rücksichtnahme verwehrt, sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen oder diese für betriebsfremde Zwecke zu vervielfältigen. Betreffen die Unterlagen ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, ist die Herstellung einer verkörperten Wiedergabe gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) UWG sogar strafbewehrt, wenn dies zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht geschieht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen. Verstößt der Arbeitnehmer rechtswidrig und schuldhaft gegen diese Vorgaben, kann darin ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegen. Ob eine außerordentliche Kündigung berechtigt ist, hängt insbesondere von der Motivation des Arbeitnehmers und möglichen nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber ab (BAG 08.05.2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 16, 19 und 32).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze mangelt es der außerordentlichen Tatkündigung bereits an einem wichtigen Grund an sich.

Aus dem Sachvortrag der Beklagten, die für sämtliche Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB darlegungspflichtig ist, lässt sich nicht mit der nötigen Substanz ableiten, der Kläger habe beim Kopieren von Betriebsinterna mit dem Vorsatz gehandelt, sich diese für betriebsfremde Zwecke anzueignen und zu verwenden. Dagegen spricht entscheidend, dass der Kläger im Beisein seiner Kollegen über mehr als eine Stunde hinweg Kopien von Bestellvorgängen gefertigt hat und diese Tätigkeit für alle Anwesenden eindeutig erkennbar war. Die Mitarbeiterin H hat beispielsweise den Kläger direkt an dem Kopiergerät beobachten und feststellen können, welche Unterlagen er vervielfältigt. Weiter spricht gegen eine von dem Kläger beabsichtigte Verwendung der Kopien für betriebsfremde Zwecke der Umstand, dass er unmittelbar zuvor wegen einer nach Behauptung der Beklagten fehlerhaft durchgeführten Bestellung abgemahnt worden ist und hinsichtlich dieses Vorwurfs aus Sicht des Klägers noch Klärungsbedarf bestand. Selbst wenn der Kläger (auch) Bestellvorgänge kopiert haben sollte, die sich nicht auf den für die Abmahnung relevanten 22.02.2013 beziehen, so folgt hieraus nicht zweifelsfrei, dass er diese Vorgänge für betriebsfremde Zwecke verwenden wollte. Ebenso wenig lässt sich diese Überzeugung dadurch gewinnen, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt sich mit der Absicht trug, den Arbeitsplatz zu wechseln. Weiterer Sachvortrag, aus dem zweifelsfrei auf ein Motiv des Klägers dahin, er wolle sich mit den kopierten Betriebsinterna bei einem Wettbewerber der Beklagten „einkaufen“, geschlossen werden könnte, ist nicht dargetan. Eine diesbezügliche Zielsetzung lässt sich auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Kopien – unterstellt es handelt sich um jene, die der Kläger gefertigt hat – ableiten. Angaben dazu, in welcher Hinsicht der Inhalt dieser Schriftstücke für den Kläger bei einer Bewerbung von Nutzen sein könnte, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Ebenso wenig kann die Beklagte substantiiert darlegen, dass der Kläger die kopierten Unterlagen aus dem von ihm mit genutztem Großraumbüro entfernt hat. Dieser Umstand mag zwar für den objektiven Tatbestand einer vertraglichen Pflichtverletzung unerheblich sein. Ihm kommt jedoch bei der Frage, ob der Kläger mit dem Ziel, die Unterlagen aus den Betriebsräumen zu entfernen, um sie sodann für betriebsfremde Zwecke zu verwenden, gehandelt hat, Bedeutung zu. Aufgrund seiner Position als Einkäufer hatte der Kläger auch Zugang zu Bestellvorgängen, so dass der Zugriff hierauf als solcher nicht zwingend auf eine „Schädigungsabsicht“ schließen lässt.

Der Beklagten ist nach alledem zwar zuzugestehen, dass die von ihr vorgetragene Verhaltensweise durchaus den Verdacht nahelegt, der Kläger habe der Vertraulichkeit unterliegende Unterlagen für nicht betriebliche Zwecke verwenden wollen. Ein Tatnachweis lässt sich hieraus jedoch nicht zweifelsfrei ableiten.

2. Der streitigen Kündigung kommt auch nicht als außerordentliche Verdachtskündigung Rechtswirksamkeit zu.

Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

Der Verdacht muss auf konkrete – vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende – Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG 23.05.2013 – 2 AZR 102/12 – Rn. 20, 21).

Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung. Bei ihr besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht „ultima ratio“. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung Gelegenheit geben, zu den Verdachtsmomenten Stellung zu nehmen, um dessen Einlassungen bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen zu können. Versäumt er dies, kann er sich im Prozess nicht auf den Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers berufen; die hierauf gestützte Kündigung ist unwirksam (BAG 20.03.2014 – 2 AZR 1037/12 – Rn. 23).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Dabei kann dahinstehen, ob sich aus dem Sachvortrag der Beklagten ein dringender Verdacht ergibt. Die Beklagte hat jedenfalls vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung nicht die erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen durchgeführt. Dies hat das Arbeitsgericht auf den Seiten 10 bis 12 der Entscheidungsgründe zutreffend ausgeführt. Weiterer Sachvortrag ist hierzu von der Beklagten auch im Berufungsverfahren nicht geleistet worden.

3. Mithin kommt es nicht mehr darauf an, ob die außerordentliche Kündigung auch wegen Verstoßes gegen das vertraglich vereinbarte Begründungsgebot (§ 13 Arbeitsvertrag) unwirksam ist.

II.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung mit Ablauf der dem Kläger zustehenden Kündigungsfrist aufgelöst. Auch dieser Kündigung kommt keine Rechtswirksamkeit zu.

1. Die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Tatkündigung scheitert daran, dass diese, weil ein verhaltensbedingter Grund hierfür nicht gegeben ist, sozial nicht gerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG ist.

Danach ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 21.06.2012 – 2 AZR 153/11 – Rn. 14).

Vorliegend fehlt es bereits an einer schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers. Wie vorstehend ausgeführt, ist eine Pflichtverletzung des Klägers in Form der Herstellung von Kopien zur Verwendung für betriebsfremde Zwecke von der Beklagten nicht schlüssig dargelegt worden.

2. Die streitige Kündigung ist schließlich nicht als ordentliche Verdachtskündigung rechtswirksam, weil sie auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht sozial gerechtfertigt ist.

Eine Verdachtskündigung ist auch als ordentliche Kündigung sozial nur gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Dies gilt zum einen für die Anforderungen an die Dringlichkeit des Verdachts als solchen. In dieser Hinsicht bestehen keine Unterschiede zwischen außerordentlicher und ordentlicher Kündigung. Für beide Kündigungsarten muss der Verdacht gleichermaßen erdrückend sein. Dies gilt zum anderen für die inhaltliche Bewertung des fraglichen Verhaltens und die Interessenabwägung. Auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG müssen sie zu dem Ergebnis führen, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, – wäre es erwiesen – sogar eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würde. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Kündigung schon durch den bloßen Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens iSv. § 1 Abs. 2 KSchG „bedingt“ (BAG 21.11.2013 – 2 AZR 797/11 – Rn. 32).

Wie vorstehend unter I. 2. ausgeführt, liegen die Voraussetzungen für eine (außerordentliche) Verdachtskündigung nicht vor.

III.

Nach alledem konnte das von der Beklagten auf die Abweisung der Kündigungsschutzklage beschränkte Rechtsmittel keinen Erfolg haben.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

D.

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.

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