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Kündigung Zusatzvereinbarung über Arbeitsleistungserbringung im Home-Office

Landesarbeitsgericht Hamm mit Entscheidung zur Kündigung von Home-Office-Vereinbarung

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat ein Urteil gefällt, welches die Kündigung einer Zusatzvereinbarung über Home-Office-Tätigkeiten betrifft. Die Kündigung durch den Arbeitgeber wurde für rechtmäßig erklärt. Zentral war hierbei, dass Änderungen in den betrieblichen Anforderungen und Tätigkeitsbereichen des Mitarbeiters die Kündigung der Home-Office-Vereinbarung legitimierten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 18 Sa 832/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Streitgegenstand: Es ging um die Rechtmäßigkeit einer Kündigung einer Home-Office-Vereinbarung.
  2. Arbeitnehmer: Seit 2017 im Home-Office, krankheitsbedingt seit 2021 nicht mehr voll arbeitsfähig.
  3. Arbeitgeber: Ein Software-Unternehmen, das die Zusatzvereinbarung aufgrund veränderter betrieblicher Notwendigkeiten kündigte.
  4. Vertragsänderung: Der Arbeitgeber verlegte die Tätigkeiten des Arbeitnehmers in den Innendienst.
  5. Kündigungsgrund: Veränderte betriebliche Anforderungen, insbesondere durch die Krankheit des Arbeitnehmers.
  6. Erstinstanzliches Urteil: Das Arbeitsgericht gab zunächst dem Arbeitnehmer recht.
  7. Berufung: Das Landesarbeitsgericht Hamm änderte das Urteil ab und wies die Klage des Arbeitnehmers ab.
  8. Schlussfolgerung: Eine Teilkündigung von Arbeitsverträgen kann unter bestimmten Bedingungen rechtens sein, insbesondere wenn betriebliche Notwendigkeiten dies erfordern.

Home-Office und Kündigung von Zusatzvereinbarungen

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Immer mehr Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ihre Arbeitsleistung von zu Hause aus zu erbringen.

Homeoffice Vereinbarung
(Symbolfoto: Inside Creative House /Shutterstock.com)

Diese Home-Office-Tätigkeit wird oft durch Zusatzvereinbarungen geregelt. Doch was passiert, wenn sich die betrieblichen Anforderungen ändern und der Arbeitgeber eine Kündigung der Zusatzvereinbarung aussprechen möchte? Dieser Frage geht ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm nach.

Im Kern geht es um die Rechtmäßigkeit einer Kündigung einer Zusatzvereinbarung über die Arbeitsleistungserbringung im Home-Office. Das Urteil gibt Aufschluss darüber, unter welchen Umständen eine solche Kündigung rechtens sein kann und welche Konsequenzen dies für Arbeitnehmer und Arbeitgeber hat. Lesen Sie weiter, um mehr über dieses spannende Thema zu erfahren.

Rechtliche Auseinandersetzung um Home-Office-Vereinbarung

Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, der sich um die Kündigung einer Zusatzvereinbarung für die Arbeitsleistungserbringung im Home-Office drehte. Zentral ging es um die Frage, ob die Kündigung einer solchen Vereinbarung rechtlich haltbar ist. Im Kern des Disputs stand ein Sales Account Manager, der seit 2017 größtenteils von seiner Wohnung aus arbeitete und dessen Arbeitgeber, ein Software-Unternehmen, diese Vereinbarung aufkündigte.

Veränderung der Arbeitsbedingungen als Kündigungsgrund

Die Beklagte, das Software-Unternehmen, begründete die Kündigung der Home-Office-Vereinbarung mit einer grundlegenden Veränderung der Arbeitsanforderungen des Klägers. Aufgrund einer Erkrankung konnte der Kläger seine üblichen Dienstreisen nicht mehr antreten, was eine Umstellung seiner Tätigkeit auf Innendienstaufgaben notwendig machte. Diese neuen Aufgaben erforderten eine Präsenz in den Unternehmensräumen, was laut Arbeitgeber die Kündigung der Home-Office-Vereinbarung rechtfertigte.

Die rechtliche Debatte um die Kündigung der Home-Office-Vereinbarung

Der Kläger argumentierte, die Kündigungsklausel in der Zusatzvereinbarung sei unwirksam, da sie gegen das Transparenzgebot verstoße und eine Umgehung des Kündigungsschutzes darstelle. Das Arbeitsgericht Rheine gab zunächst dem Kläger recht, woraufhin die Beklagte in Berufung ging. Das Landesarbeitsgericht Hamm setzte sich intensiv mit den Bestimmungen der Zusatzvereinbarung und den Umständen der Kündigung auseinander. Es kam zu dem Schluss, dass die Kündigung der Home-Office-Vereinbarung rechtlich zulässig war.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm

Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied, dass die Kündigung der Zusatzvereinbarung durch die Beklagte wirksam war. Es befand, dass die Möglichkeit einer Teilkündigung in der Vereinbarung ausdrücklich vorgesehen und rechtswirksam sei. Zudem wurde festgestellt, dass die Kündigung nicht die Hauptleistungspflicht des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich eine Erfüllungsmodalität betraf. Somit war die Kündigung im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers und nicht unangemessen benachteiligend für den Arbeitnehmer.

Das Urteil zeigt auf, dass Teilkündigungen von Arbeitsverträgen unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich haltbar sein können. Im vorliegenden Fall war die Kündigung der Home-Office-Vereinbarung durch das Unternehmen, bedingt durch die veränderten Arbeitsanforderungen und die gesundheitliche Situation des Klägers, gerechtfertigt.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm liefert somit wichtige Erkenntnisse für die Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen und die Flexibilität im Arbeitsrecht, insbesondere in Bezug auf die Vereinbarungen zur Arbeitsleistungserbringung im Home-Office.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was umfasst das Direktionsrecht des Arbeitgebers und wie beeinflusst es die Gestaltung von Home-Office-Vereinbarungen?

Das Direktionsrecht, auch als Weisungsrecht bekannt, ist die Befugnis des Arbeitgebers, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb nach billigem Ermessen näher zu bestimmen (§ 106 GewO). Es ermöglicht dem Arbeitgeber, die Arbeitspflicht durch seine Weisungen zu konkretisieren und den Betriebsablauf zu steuern.

In Bezug auf Home-Office-Vereinbarungen hat der Arbeitgeber das Recht, zu entscheiden, an welchem Ort die Mitarbeitenden tätig sind. Allerdings kann der Arbeitgeber nicht einseitig die Arbeit im Homeoffice zuweisen, da dies das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung des Arbeitnehmers berührt. Eine einseitige Anordnung der Arbeit im Homeoffice ist daher nicht zulässig. Wenn jedoch eine schriftliche Einigung auf Homeoffice getroffen wurde, aus der sich ergibt, dass auch zukünftig ausschließlich im Homeoffice gearbeitet werden soll, kann der Arbeitgeber diese Vereinbarung nicht ohne weiteres ändern.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist jedoch nicht uneingeschränkt. Es wird begrenzt durch das Arbeitsschutzrecht, Tarifverträge, den Arbeitsvertrag, den allgemeinen Grundsatz der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und den Grundsatz der Gleichbehandlung. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber bei der Ausübung des Direktionsrechts die Umstände des Einzelfalls und die Grundrechte des Arbeitnehmers berücksichtigen.

Bei der Gestaltung von Home-Office-Vereinbarungen sollten Arbeitgeber daher klare Regeln festlegen und sicherstellen, dass die Arbeitsschutzgesetze, Arbeitszeiten und Datenschutzregelungen eingehalten werden. Es ist auch wichtig, eine transparente und angemessene Vertragsgestaltung zu beachten, um die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB zu bestehen.

Letztendlich hängt die Ausgestaltung von Home-Office-Vereinbarungen von der spezifischen Situation und den Bedürfnissen sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers ab. Es ist daher ratsam, in jedem Einzelfall eine individuelle Lösung zu finden, die den Interessen beider Parteien gerecht wird.

Inwiefern unterscheidet sich eine Teilkündigung von einer regulären Kündigung im Arbeitsrecht?

Eine Teilkündigung unterscheidet sich von einer regulären Kündigung im Arbeitsrecht hauptsächlich durch den Umfang der Kündigung und die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis.

Eine reguläre Kündigung, ob ordentlich oder außerordentlich, beendet das gesamte Arbeitsverhältnis. Bei einer ordentlichen Kündigung muss eine Kündigungsfrist eingehalten werden, während eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis sofort beendet.

Im Gegensatz dazu zielt eine Teilkündigung nicht darauf ab, das gesamte Arbeitsverhältnis zu beenden. Stattdessen soll sie einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen des Arbeitnehmers ändern, während das Arbeitsverhältnis im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Teilkündigungen grundsätzlich unzulässig sind.

Wenn ein Arbeitgeber Änderungen an den Vertragsbedingungen vornehmen möchte, ohne das gesamte Arbeitsverhältnis zu beenden, kann er eine Änderungskündigung aussprechen. Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung, die mit dem Angebot verbunden ist, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzusetzen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine reguläre Kündigung das gesamte Arbeitsverhältnis beendet, während eine Teilkündigung darauf abzielt, nur bestimmte Vertragsbedingungen zu ändern. Eine Teilkündigung ist jedoch grundsätzlich unzulässig, und Änderungen an den Vertragsbedingungen müssen in der Regel durch eine Änderungskündigung vorgenommen werden.

Welche Rolle spielen Allgemeine Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen und wie beeinflussen sie die Kündbarkeit von Arbeitsvereinbarungen?

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) spielen eine wichtige Rolle in Arbeitsverträgen. Sie sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die vom Arbeitgeber gestellt werden und für eine Vielzahl von Fällen gelten. Seit 2002 gilt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305-310 BGB) auch für Arbeitsverträge.

Die AGB in Arbeitsverträgen können verschiedene Aspekte regeln, wie Urlaubsanspruch, Kündigungsfristen und Ausschlussfristen. Sie werden oft vom Arbeitgeber vorformuliert und der Arbeitnehmer hat in der Regel keinen Einfluss auf deren Inhalt.

Die AGB unterliegen einer Kontrolle, um sicherzustellen, dass sie rechtlich wirksam sind. Diese Kontrolle beinhaltet die Überprüfung, ob die Klauseln klar und transparent formuliert sind und ob sie eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. Wenn eine Klausel als unwirksam eingestuft wird, kann dies dazu führen, dass die gesamte Klausel unwirksam ist.

In Bezug auf die Kündbarkeit von Arbeitsvereinbarungen können AGB Kündigungsfristen festlegen. Diese Fristen müssen jedoch den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Es ist zu beachten, dass bestimmte Klauseln, die normalerweise nach dem BGB unzulässig sind, im Arbeitsrecht zulässig sein können. Beispielsweise sind Vertragsstrafen nach § 309 Nr. 6 BGB eigentlich unzulässig, jedoch im Arbeitsrecht zulässig.

Es ist ratsam, Arbeitsverträge vor der Unterzeichnung prüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass die AGB rechtlich wirksam sind und den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Was versteht man unter einer unangemessenen Benachteiligung im Rahmen der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen gemäß § 307 BGB?

Eine unangemessene Benachteiligung im Rahmen der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen gemäß § 307 BGB bezieht sich auf Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Diese Bestimmungen sind unwirksam.

Eine unangemessene Benachteiligung kann sich aus verschiedenen Faktoren ergeben. Zum einen kann sie sich daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Zum anderen kann eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel angenommen werden, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Es ist zu beachten, dass die Inhaltskontrolle auf Bestimmungen in AGB beschränkt ist, die sich auf Regelungen beziehen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Klauseln in vorformulierten Arbeitsverträgen, die lediglich einen Gesetzeswortlaut wiederholen (so genannte deklaratorische Klauseln), Leistungsbeschreibungen und Entgeltregelungen sind von der Inhaltskontrolle ausgenommen.

In der Praxis kann eine unangemessene Benachteiligung beispielsweise vorliegen, wenn der Arbeitsvertrag die Bestimmung enthält, dass der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe zahlen muss, wenn er einen vereinbarten Kündigungstermin nicht einhält. Eine solche Bestimmung kann als unangemessene Benachteiligung angesehen werden und daher unwirksam sein.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nicht nur eine generelle und abstrakte Kontrolle der Vertragsbedingungen vornimmt, sondern auch die konkreten Umstände des Vertragsschlusses berücksichtigt.

Welche Bedeutung hat der Blue-Pencil-Test im Kontext der Teilnichtigkeit von Vertragsklauseln?

Der Blue-Pencil-Test ist ein juristisches Instrument, das im Kontext der Teilnichtigkeit von Vertragsklauseln angewendet wird, um zu bewerten, ob und inwieweit einzelne Bestandteile einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von den unwirksamen Teilen getrennt und als eigenständig gültig betrachtet werden können. Dieser Test ermöglicht es, einzelne problematische Klauseln zu entfernen, ohne die gesamte Vereinbarung für ungültig zu erklären, was zu einem gerechteren und ausgewogeneren Vertrag führt, der sowohl die Interessen der Vertragsparteien als auch die gesetzlichen Anforderungen berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in AGB auch dann bestehen bleiben, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen – unwirksamen – Regelungen stehen. Der als wirksam anzusehende Teil einer Klausel muss im Gesamtgefüge des Vertrages sinnvoll bestehen können, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet. Dabei ist es unerheblich, ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen.

Eine wichtige Einschränkung des Blue-Pencil-Tests besteht darin, dass er nicht dazu genutzt werden kann, um neue Vertragsbedingungen zu erstellen oder die Bedeutung bestehender Klauseln zu ändern. Der Zweck dieses Tests ist ausschließlich, die ungültigen Teile eines Vertrages zu entfernen, nicht aber, sie zu modifizieren oder zu ersetzen.

In der Praxis bedeutet dies, dass wenn ein Teil einer Klausel in einem Arbeitsvertrag unwirksam ist, dieser Teil gestrichen werden kann, sofern der verbleibende Teil der Klausel für sich allein genommen verständlich und wirksam ist und der Vertrag ohne den unwirksamen Teil noch einen Sinn ergibt. Der Blue-Pencil-Test trägt somit dazu bei, die Wirksamkeit des restlichen Vertrages zu erhalten, ohne dass eine gänzlich neue Vertragsgestaltung erforderlich ist.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 18 Sa 832/22 – Urteil vom 16.03.2023

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 27.06.222 – 2 Ca 201/22 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger nach Maßgabe einer arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung ein Anspruch darauf zusteht, seine Arbeitsleistung im Wesentlichen in seiner Wohnung in A erbringen zu können.

Die Beklagte betreibt ein Software-Unternehmen mit Sitz in B in der Nähe von C. Der Kläger wohnt in A. Er ist seit dem 01.02.2017 als Sales Account Manager für die Beklagte tätig. Die Parteien schlossen unter dem 28.11.2016 einen Anstellungsvertrag, dessen Nummer 1 wie folgt lautet:

Herr D. ist ab dem 01.02.2017 oder früher bei E als Sales Account Manager beschäftigt.

Der Mitarbeiter arbeitet von Zuhause aus (Home-Office). Dem Mitarbeiter ist jedoch bekannt, dass er an verschiedenen Einsatzorten, gegebenenfalls auch über längere Zeiträume hinweg, seine Arbeitsleistung zu verrichten hat. Der Mitarbeiter erklärt sich damit ausdrücklich einverstanden.

Unter dem 29.11.2016 trafen die Parteien eine „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Home-Office“, in der unter anderem Folgendes geregelt ist:

Vorbemerkung

Zwischen dem Mitarbeiter und E besteht seit dem 01.02.2017 oder früher ein Arbeitsverhältnis. Ab dem 01.02.2017 oder früher wird der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung im Wesentlichen in seiner Wohnung (häusliche Arbeitsstätte) erbringen. Die häusliche Arbeitsstätte befindet sich in XXXXX A, F XX. (…)

§ 1 Arbeitsort/Häusliche Arbeitsstätte

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, nach Arbeitsbedarf auch in den Unternehmensräumen tätig zu werden. Der Mitarbeiter hat während der Laufzeit dieser Vereinbarung jedoch keinen Anspruch auf einen dauerhaften Arbeitsplatz in diesen Unternehmensräumen.

(…)

§ 7 Beendigung der häuslichen Arbeit

Diese Vereinbarung endet spätestens mit dem Ende des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund des Arbeitsvertrags vom 28.11.2016 sofern sie nicht vorher durch eine der Parteien gekündigt wird.

Die Kündigung dieser Vereinbarung bedarf der Schriftform und muss unter Einhaltung einer Frist von einem Monat ausgesprochen werden. Mit Ablauf der Kündigungsfrist endet die häusliche Arbeit, so dass der Mitarbeiter verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen.

(…)

Nachdem der Kläger seit Mitte 2021 arbeitsunfähig erkrankt war, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 28.01.2022 die Zusatzvereinbarung über Tätigkeiten im Home-Office zum 01.04.2022. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

Wir müssen uns nach rund 8 Monaten gesundheitlich bedingten Ausfalls Ihrer Arbeitsleistung den Realitäten stellen, auch wenn jeder von uns Ihnen die hierfür erforderliche Genesung von ganzem Herzen wünscht.

Wir haben daher den Schwerpunkt der von Ihnen in der Zukunft zu leistenden Tätigkeit in den Innendienst verlegt. Diese Tätigkeiten in Kombination aus Nachverfolgung der durch die Außendienstmitarbeiter geschaffenen Kontrakte bzw. Vertriebs-Chancen, das Zusammenstellen der Sendungen im Lager und die weiteren Aufgaben benötigen einen Zugang zu dem in B direkt neben den Büroräumen der G GmbH betriebenen Lagers und einer Kontrolle des Versands über H und andere Dienstleister. Damit haben sich die Voraussetzungen, die Grund für die Vereinbarung eines Heimarbeitsplatzes in A bei Vertragsschluss gewesen sind, inzwischen so sehr verändert, dass eine Erbringung Ihrer Arbeitstätigkeit am Geschäftssitz des Unternehmens in B derzeit die einzig denkbare Fortsetzung Ihrer Tätigkeit für uns ist. (…)

Mit seiner Klage, die am 17.02.2022 bei dem Arbeitsgericht eingegangen ist, hat sich der Kläger gegen die Kündigung der Zusatzvereinbarung gewandt.

Der Kläger hat – zusammengefasst – vorgetragen, bei den Bestimmungen der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die von der Beklagten vorformuliert gewesen seien. Der Kündigungsvorbehalt in § 7 Abs. 2 der Zusatzvereinbarung sei unwirksam. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und stelle eine Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften dar. Der vorgesehene Einsatz des Klägers am Sitz der Beklagten in B entspreche nicht billigem Ermessen. Ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Zuweisung einer solchen Tätigkeit sei nicht erkennbar.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass dem Kläger der ihm durch die Teilkündigung vom 28.01.2022 entzogene vertragliche Anspruch, seine Arbeitsleistung im Wesentlichen in seiner Wohnung, F XX, XXXXX A, erbringen zu können, über den 01.04.2022 hinaus zusteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat – zusammengefasst – vorgetragen, bei dem Anstellungsvertrag der Parteien handele es sich um einen individuell zwischen den Parteien ausgehandelten Vertrag, der gerade auf die Tätigkeit des Klägers zugeschnitten sei. Die Tätigkeit des Klägers bestehe zu 80 % darin, Dienstfahrten zu Kunden in Norddeutschland zu unternehmen. Es sei ihm aber krankheitsbedingt nicht mehr möglich, ein Auto zu steuern. Eine Wiederaufnahme seiner Reisetätigkeit sei nicht zu erwarten. Die daraus folgende grundlegende Umgestaltung seiner Vertriebsaufgaben habe eine starke Zunahme seiner Büropräsenzzeiten zur Folge. Daraus ergebe sich zwangsläufig eine „stark erhöhte Kommunikationsfrequenz und Kooperationsnotwendigkeit“ mit anderen Mitarbeitern. Dieser Notwendigkeit könne der Kläger am ehesten gerecht werden, wenn er ebenso in den Geschäftsräumen der Beklagten tätig sei wie die anderen Mitarbeiter der Beklagten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, bei den Regelungen in der Zusatzvereinbarung handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die im Hinblick auf die vorgesehene Kündigungsmöglichkeit unter § 7 der Zusatzvereinbarung wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers unwirksam seien.

Das Urteil erster Instanz ist der Beklagten am 11.07.2022 zugestellt worden. Die Beklagte hat mit einem Schriftsatz, der am 11.08.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung mit einem am 11.10.2022 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor die Berufungsbegründungsfrist durch gerichtlichen Beschluss bis zum 11.10.2022 verlängert worden war.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien ausgehandelt worden sei. Nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarungen sei es für den Kläger klar erkennbar gewesen, dass die vorgesehene Tätigkeit am Heimarbeitsplatz von einem hierfür bestehenden Unternehmensinteresse abhänge. Dieses Interesse sei entfallen. Hierzu behauptet die Beklagte, aufgrund einer chronischen Herzinsuffizienz sei es unwahrscheinlich, dass der Kläger einer Reisetätigkeit in größerem Umfang nachgehen könne. Die Beklagte wolle den Kläger als kompetenten Mitarbeiter halten und ihn entsprechend seinem Leistungsvermögen am Unternehmenssitz einsetzen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 27.06.2022, Az. 2 Ca 201/22, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Er hält an seiner erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest und meint, die Beschäftigung mit Innendiensttätigkeiten sei wegen der mit dem Kläger getroffenen Provisionsvereinbarung im Wege des Direktionsrechts nicht möglich. Der Kläger behauptet, er sei aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht daran gehindert, Kundenbesuche zu absolvieren und seine bisherige Tätigkeit auszuüben; allerdings habe die Beklagte ihm weite Teile seines bisherigen Vertriebsgebiets entzogen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig.

Die Beklagte hat die Berufung insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

II. Die Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Feststellungsklage ist jedenfalls unbegründet. Dem Kläger stehen vertragliche Ansprüche aus der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 nicht zu, da die Beklagte diese Vereinbarung wirksam aufgekündigt hat.

1. Der Anspruch, den der Kläger im Wege der Klage verfolgt, kann grundsätzlich Gegenstand einer Feststellungsklage sein.

Ein „Rechtsverhältnis“ im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO setzt nicht voraus, dass der Bestand einer vertraglichen oder anderen rechtlichen Beziehung zwischen den Parteien insgesamt im Streit ist. Vielmehr können auch einzelne Beziehungen und Folgen aus einem Rechtsverhältnis Gegenstand der Feststellungsklage sein, etwa einzelne Ansprüche bzw. Verpflichtungen oder der Umfang einer Leistungspflicht (BAG, Urteil vom 25.01.2022 – 3 AZR 406/21, Urteil vom 21.09.2021 – 3 AZR 147/21). Im Streitfall geht es dem Kläger um die Klärung eines einzelnen Anspruchs im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses. Der Kläger will weiterhin seine Arbeitsleistung (im Wesentlichen) in seiner Wohnung erbringen und beruft sich auf die Vorbemerkung zur Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016.

2. Es kann offenbleiben, ob der Kläger das notwendige Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO besitzt.

Zweifel hieran ergeben sich daraus, dass durch eine Entscheidung über den Klageantrag der Tätigkeitsort des Klägers nicht abschließend geklärt wird. Auch dann, wenn, wie es der Rechtsauffassung des Klägers entspricht, die Bestimmung über die Beendigung der häuslichen Arbeit unter § 7 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 unwirksam wäre und die Beklagte die Zusatzvereinbarung nicht rechtswirksam aufgekündigt hätte, wäre eine Tätigkeit des Klägers am Unternehmenssitz der Beklagten nicht ausgeschlossen. Vielmehr sieht § 1 S. 1 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 dies ausdrücklich vor.

Allerdings ist das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nur für ein stattgebendes Urteil als echte Prozessvoraussetzung anzusehen (BAG, Urteil vom 12.02.2003 – 10 AZR 299/02 m.w.N.). Es liefe dem Grundsatz der Prozessökonomie zuwider, eine Feststellungsklage als unzulässig abzuweisen und dadurch gegebenenfalls einen weiteren Rechtsstreit zwischen den Parteien hervorzurufen, wenn die Klage in der Sache keinen Erfolg hat.

3. Die Feststellungsklage ist unbegründet.

Dem Kläger steht der vertragliche Anspruch darauf, (im Wesentlichen) in seiner Wohnung tätig zu werden, aus der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 nicht zu. Die Beklagte sprach gegenüber dem Kläger mit dem Schreiben vom 28.01.2022, das dem Kläger, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht unstreitig gestellt wurde, jedenfalls im Januar 2022 zuging, eine rechtswirksame Kündigung der Zusatzvereinbarung zum 01.04.2022 aus.

a) Die Möglichkeit einer Teilkündigung der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 ergibt sich aus § 7 Abs. 1 und 2 der Zusatzvereinbarung.

Zwar ist eine so genannte Teilkündigung, die nur einzelne Bestandteile des Arbeitsvertrages betrifft, im Grundsatz unzulässig, da eine einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen des Vertragspartners nicht erfolgen kann (BAG, Urteil vom 07.10.1982 – 2 AZR 455/80). Die Teilkündigung einzelner arbeitsvertraglicher Vereinbarungen kann aber zulässig sein, wenn dem Kündigenden hierzu das Recht eingeräumt wurde (BAG, Urteil vom 18.05.2017 – 2 AZR 721/16 m.w.N.). In diesem Fall erfolgt die einseitige Änderung der Vertragsbedingungen nicht gegen den Willen des anderen Vertragspartners, sondern aufgrund des vereinbarten Teilkündigungsrechts (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.03.2020 – 6 Sa 321/19).

Im Streitfall wurde das Recht zum Ausspruch einer Teilkündigung hinsichtlich der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 ausdrücklich für beide Parteien unter § 7 der Zusatzvereinbarung vorgesehen. Diese Abrede ist rechtswirksam.

aa) Durch die Abrede über eine gesonderte Kündbarkeit der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 wird kein zwingender Kündigungsschutz (§§ 1, 2 KSchG) umgangen.

Das Kündigungsrecht betrifft nicht die im synallagmatischen Verhältnis stehenden wechselseitigen Pflichten des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Kläger seine Arbeitsleistung von seiner Wohnung aus zu erbringen befugt ist. Damit wird nicht die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers einer einseitigen Abänderbarkeit unterworfen, sondern lediglich eine Erfüllungsmodalität ausgestaltet. Das ursprüngliche Äquivalenzgefüge des Arbeitsverhältnisses bleibt unverändert (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2017 – 2 AZR 721/16 zur Kündbarkeit einer Pauschalierungsabrede für einen Erschwerniszuschlag). Die Regelungen der kündbar gestellten Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 beziehen sich auf spezielle Abreden über den Ort der Arbeitsleistung, die kündigungsrechtlich nicht besonders geschützt sind, sondern dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 S. 1 GewO unterliegen.

bb) Selbst wenn – was zwischen den Parteien streitig ist – die Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 insgesamt oder speziell im Hinblick auf die Regelung der Teilkündbarkeit unter § 7 als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB oder jedenfalls als Einmalbedingung im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BGB anzusehen wäre und diese der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 bis 309 BGB unterläge, führte dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündbarkeitsregelung.

(1) Die Bestimmung unter § 7 Abs. 1 und 2 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 ist nicht unwirksam gemäß § 308 Nr. 4 BGB.

Die Vorschrift erfasst nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der vertraglich vorgesehenen Leistung des Verwenders; sie ist damit nicht auf das Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers im Hinblick auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anzuwenden (BAG, Urteil vom 11.04.2006 – 9 AZR 557/05; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.03.2020 – 6 Sa 321/19). Die Abrede über einen Home-Office-Arbeitsplatz, die Gegenstand der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 ist, betrifft nicht eine vertraglich vorgesehene Leistung der Beklagten, sondern den Ort der Arbeitsleistung, der vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 S. 1 BGB umfasst ist (vgl. auch Maschmann/Sieg/Göpfert, Vertragsgestaltung Arbeitsrecht, 404 Home-Office/häusliche Telearbeit Rdnr. 25).

(2) Die Bestimmung über die Teilkündbarkeit in § 7 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 ist nicht unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Es liegt keine unangemessene Benachteiligung des Klägers vor. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass die Zulässigkeit der Teilkündigung mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder dass wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 BGB).

(a) Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine unangemessene Benachteiligung durch die Teilkündbarkeit der Home-Office-Abrede vorliegt, ist das gesetzliche Leitbild des § 106 S. 1 GewO und nicht das gesetzliche Leitbild von § 2 KSchG.

Mit der Vereinbarung einer Tätigkeit im Home-Office wird der Ort der Arbeitsleistung festgelegt. Damit ist nicht der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses angesprochen, sondern ein Bereich, der dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt (siehe oben unter II 3 a aa der Entscheidungsgründe).

(b) § 7 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 entfernt sich nicht in unzulässiger Weise vom gesetzlichen Leitbild des § 106 s. 1 GewO.

Zwar können Teilkündigungsklauseln, die, wie § 7 Abs. 1 und 2 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016, keinen Maßstab für die Ausübung des Kündigungsrechts im Sinne eines billigen Ermessens vorsehen, grundsätzlichen Bedenken begegnen (so LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.09.2014 – 12 Sa 505/14). Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt jedoch nur dann vor, wenn ein rechtlich anerkanntes Interesse des Arbeitnehmers unangemessen beeinträchtigt wird, ohne dass dies durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird (BAG, Urteil vom 19.11.2019 – 7 AZR 582/17).

(aa) Im Streitfall wird die vereinbarte Teilkündbarkeit der Zusatzvereinbarung den Interessen beider Vertragsparteien gerecht.

Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Kündbarkeit der Zusatzvereinbarung nur eine eingeschränkte Rechtsposition des Klägers betrifft. Dem Kläger wird nach der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 kein Anspruch auf eine ausschließliche Tätigkeit im Home-Office eingeräumt. Die Zusatzvereinbarung legt auch nicht einen bestimmten Anteil der Tätigkeiten am häuslichen Arbeitsplatz im Verhältnis zur Gesamttätigkeit des Klägers fest (anders im zugrundeliegenden Sachverhalt bei LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.09.2014 – 12 Sa 505/14: dort war in der Vereinbarung über alternierende Telearbeit vorgesehen, dass die Arbeitsleistung mindestens zu 40 % in Form von häuslicher Telearbeit erbracht wird). Die Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 sieht nur vor, dass der Kläger „im Wesentlichen“ in seiner Wohnung tätig wird, jedoch verpflichtet ist, „nach Arbeitsbedarf auch in den Unternehmensräumen tätig zu werden“. Es kommt hinzu, dass dem Kläger durch eine Teilkündigung der Zusatzvereinbarung diese Rechtsposition nicht vollständig genommen wird. Denn auch der Anstellungsvertrag vom 28.11.2016 sieht vor, dass der Kläger (grundsätzlich) im Home-Office arbeitet. Diese vertragliche Grundlage bleibt auch im Falle einer Kündigung der Zusatzvereinbarung unberührt, was im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Beklagten zu beachten ist (vgl. auch BAG, Urteil vom 14.11.1990 – 5 AZR 509/89).

Zugunsten der Beklagten ist ferner zu bedenken, dass im Arbeitsrecht ein spezifisches Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis besteht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.03.2020 – 6 Sa 321/19). Der Arbeitsvertrag bedarf als Dauerschuldverhältnis einer ständigen, bei Vertragsschluss angesichts zahlreicher und vielgestaltiger Einflussfaktoren gedanklich nicht vorwegnehmbaren Anpassung (BAG, Urteil vom 11.04.2006 – 9 AZR 557/05). Auch wenn dies in § 7 Abs. 1 und Abs. 2 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 nicht ausdrücklich vorgesehen ist, bedarf die Zuweisung eines neuen Arbeitsortes nach Aufkündigung der Zusatzvereinbarung der Ausübung billigen Ermessens gemäß § 106 S. 1 GewO. Dies wahrt die Interessen des Klägers, der ohnehin nur einen eingeschränkten Anspruch auf Tätigkeit im Home-Office hat, in ausreichender Weise (vgl. Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.03.2020 – 6 Sa 321/19; Preis, Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2020, II T 20 Rdnr. 72).

(bb) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nach § 7 Abs. 2 S. 2 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 im Falle einer Kündigung der Zusatzvereinbarung mit Ablauf der Kündigungsfrist verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung in den Unternehmensräumen zu erbringen.

Es spricht viel dafür, dass der in dieser Bestimmung vorgesehene Automatismus der – ohne dass es dem Wortlaut der Klausel nach auf die Ausübung billigen Ermessens durch die Arbeitgeberin ankäme – als Folge einer Teilkündigung die Veränderung des Tätigkeitsortes vorsieht, eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellt und daher rechtsunwirksam ist. Diese Rechtsunwirksamkeit betrifft indes nur § 7 Abs. 2 S. 2 der Zusatzvereinbarung und nicht die grundsätzliche Möglichkeit des Ausspruchs einer Teilkündigung.

Das ergibt sich aus der Anwendung des sogenannten Blue-Pencil-Tests (dazu BAG, Urteil vom 21.06.2011 – 9 AZR 236/10). § 306 Abs. 1 BGB enthält eine kodifizierte Abweichung von der Auslegungsregel des § 139 BGB und bestimmt, dass bei Teilnichtigkeit grundsätzlich der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Soweit eine mit Unwirksamkeitsgründen behaftete Vertragsklausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle nach § 306 Abs. 2 BGB das Gesetz. Handelt es sich hingegen um eine teilbare Klausel, ist die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal verbundenen Bestimmungen vorzunehmen. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sogenannten Blue-Pencil-Tests durch Streichung des unwirksamen Teils zu ermitteln. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Im Streitfall ist § 7 Abs. 2 S. 2 der Zusatzvereinbarung sprachlich ohne Weiteres abtrennbar von den übrigen Bestimmungen unter § 7. Die Streichung von § 7 Abs. 2 S. 2 der Zusatzvereinbarung führt nicht dazu, dass die Regelung über die Teilkündbarkeit unverständlich wird. Die Streichung führt lediglich dazu, dass nach dem Ausspruch der Teilkündigung eine Neubestimmung des Tätigkeitsortes gemäß § 106 S. 1 GewO zu erfolgen hat.

(3) Die Bestimmungen über die Teilkündbarkeit der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 sind nicht unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

Der Sinn des Transparenzgebotes besteht darin, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG, Urteil vom 02.12.2021 – 3 AZR 254/21). Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet.

Soweit sich unter dem Gesichtspunkt der Transparenz Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit von § 7 Abs. 2 S. 2 der Zusatzvereinbarung ergeben, ist diesen Bedenken, wie soeben ausgeführt wurde, durch die Streichung jener Vertragsklausel Rechnung zu tragen. Die Streichung lässt jedoch die grundsätzliche Möglichkeit des Ausspruchs einer Teilkündigung unberührt.

Dass besondere Gründe für den Ausspruch der Teilkündigung nicht vorgesehen sind, führt nicht zur Intransparenz. Da es sich bei der Festlegung des Arbeitsortes nicht um eine vertragliche Leistung der Beklagten handelt (siehe oben unter II 3 a aa, bb (1) der Entscheidungsgründe), ist die Regelung über die Teilkündbarkeit nicht als Widerrufsklausel anzusehen, die der Angabe von Widerrufsgründen bedarf (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.09.2014 – 12 Sa 505/14).

(4) Die unter § 7 der Zusatzvereinbarung vorgesehene Möglichkeit der Teilkündbarkeit begegnet auch keinen Bedenken nach § 309 Nr. 13 Buchst. b) BGB.

Zwar sieht § 7 Abs. 2 S. 2 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 vor, dass die(Teil-)Kündigung dieser Vereinbarung der Schriftform bedarf. Damit ist eine strengere Form als die Textform vorgesehen. Wollte man annehmen, dies führe ungeachtet des Grundsatzes der personalen Teilunwirksamkeit (dazu BAG, Urteil vom 26.11.2020 – 8AZR 58/20) zu einer Unwirksamkeit dieser Bestimmung nicht nur hinsichtlich etwaiger Kündigungen durch den Kläger, sondern auch im Hinblick auf Kündigungen durch die Beklagten, so handelt es sich doch jedenfalls um eine sprachlich abtrennbare Bestimmung, die nach den Grundsätzen des Blue-Pencil-Tests (s.o. unter II 3 a bb (2) (b) (bb) der Entscheidungsgründe) gestrichen werden kann, ohne die übrigen Bestimmungen unter § 7 der Zusatzvereinbarung unverständlich zu machen. Auch im Falle einer Unwirksamkeit des Schriftformerfordernisses bliebe die grundsätzliche Möglichkeit des Ausspruchs einer Teilkündigung gemäß § 7 Abs. 1 der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 bestehen.

b) Die Ausübung des Kündigungsrechts unterliegt keiner Kontrolle am Maßstab des billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB.

In der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 ist dies nicht vorgesehen. Das Kündigungsrecht soll nach § 7 der Zusatzvereinbarung voraussetzungslos möglich sein. Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (siehe oben unter II 3 a der Entscheidungsgründe).

Eine ergänzende Auslegung der Zusatzvereinbarung in dem Sinne, dass die Ausübung billigen Ermessens als ungeschriebene Voraussetzung für eine Teilkündigung in die Vereinbarung hinein zu lesen wäre, muss ausscheiden. Der Vertrag ist insoweit nicht lückenhaft. Es ist nicht erforderlich, den Ausspruch einer Teilkündigung an die Ausübung billigen Ermessens zu binden. Der Ausspruch einer Kündigung nach freien Ermessen ist für beide Parteien vorteilhaft, wenn sie sich von den Bestimmungen der Zusatzvereinbarung lösen wollen. Dem Schutzbedürfnis des Klägers vor einer unbilligen Verlagerung seines Tätigkeitsortes wird dadurch Rechnung getragen, dass die Beklagte, nachdem sie eine Teilkündigung der Zusatzvereinbarung ausgesprochen hat, den Arbeitsort gemäß § 106 S. 1 GewO durch Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts nach billigem Ermessen neu festzulegen hat.

c) Die Beklagte übte das ihr zustehende Kündigungsrecht mit dem Schreiben vom 28.01.2022 aus.

Dieses Schreiben ging dem Kläger im Januar zu. Es beendet die Zusatzvereinbarung jedenfalls zum 01.04.2022. Die in § 7 Abs. 2 S. 1 vorgesehene Kündigungsfrist ist gewahrt.

4. Ob die Weisung, die die Beklagte mit dem Schreiben vom 28.01.2022 dem Kläger gegenüber erteilte, wirksam ist, hat die Kammer nicht zu entscheiden.

Die Beklagte sprach mit dem Schreiben vom 28.01.2022 nicht nur eine Kündigung der Zusatzvereinbarung aus. Sie erteilte darüber hinaus auch Weisungen an den Kläger im Hinblick auf den Arbeitsort (Tätigkeit in B) und im Hinblick auf den Inhalt der Arbeitsleistung (Tätigkeit im Innendienst). Der Kläger hat diese Weisung(en) nicht angegriffen. Der Kläger hat seinen Klageantrag darauf beschränkt, Ansprüche nach Maßgabe der Vorbemerkung der Zusatzvereinbarung vom 29.11.2016 festzustellen. Das erkennende Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2023 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung über den Klageantrag die Frage des Tätigkeitsortes nicht abschließend zu klären vermag, da ein Einsatz des Klägers in Haar auch dann in Betracht kommt, wenn die Zusatzvereinbarung weiter gilt. Der Kläger hat dies nicht zum Anlass genommen, seinen Klageantrag zu modifizieren oder einen weiteren Klageantrag zu stellen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Kläger unterliegt im Rechtsstreit und hat die Kosten zu tragen.

IV. Es besteht keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere wirft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

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