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Betriebsbedingte Änderungskündigung wegen Arbeitsplatzverlagerung

Arbeitgeber-Befugnisse gestärkt: Kein Anspruch auf Home Office bei Arbeitsortverlagerung

Das Hessische Landesarbeitsgericht entschied mit Urteil Az.: 6 Sa 451/14 am 10. Juni 2015, dass eine betriebsbedingte Änderungskündigung wegen Arbeitsplatzverlagerung von Eschborn nach Düsseldorf rechtmäßig ist. Die Entscheidung stützt sich auf die freie Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers, Standorte zu konsolidieren, um Effizienz und Marktdurchschlagskraft zu steigern. Der Kläger, der eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen (Umzug nach Düsseldorf) abgelehnt hatte, muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 Sa 451/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Freie Unternehmerentscheidung: Die Verlagerung des Arbeitsplatzes von Eschborn nach Düsseldorf ist Teil der unternehmerischen Freiheit.
  2. Änderungskündigung: Die Kündigung zum Wechsel des Arbeitsortes nach Düsseldorf ist sozial gerechtfertigt, auch wenn der Kläger die Möglichkeit hat, von zu Hause aus zu arbeiten.
  3. Sozialplan und Betriebsvereinbarung: Die Regelungen zum Home Office und zur Verlagerung der Arbeitsplätze sind im Einklang mit dem Sozialplan und der Betriebsvereinbarung.
  4. Ablehnung des Angebots: Der Kläger lehnte das Angebot zur Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen (Umzug nach Düsseldorf) ab.
  5. Kosten des Rechtsstreits: Der Kläger trägt als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits.
  6. Keine Revision zugelassen: Das Gericht ließ keine Revision zu, was die Endgültigkeit der Entscheidung unterstreicht.
  7. Prüfung nach Kündigungsschutzgesetz: Die Änderungskündigung wurde gemäß den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes als sozial gerechtfertigt bewertet.
  8. Keine alternativen Arbeitsplätze: Es gab keine anderen freien Arbeitsplätze, die dem Kläger zur Vermeidung der Änderungskündigung hätten angeboten werden können.

Arbeitsplatzverlagerung – rechtliche Risiken

Im Arbeitsrecht stellen betriebsbedingte Kündigungen oder Änderungskündigungen eine heikle Situation dar. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen zahlreiche Fragen: Wann ist eine Kündigung oder Änderung rechtmäßig? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Welche Verfahrensregeln sind zu beachten?

Eine häufige Konstellation ist die Verlagerung von Arbeitsplätzen an einen anderen Standort aus betrieblichen Gründen. Hier kollidieren unternehmerische Entscheidungsfreiheit und Arbeitnehmerrechte. Besondere Sorgfalt ist angezeigt, damit keine Rechte verletzt werden und die sozialen Folgen für Beschäftigte angemessen berücksichtigt sind.

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Strategische Neuausrichtung führt zu Arbeitsplatzverlagerungen

In einem bemerkenswerten Fall, der das Hessische Landesarbeitsgericht beschäftigte, stand die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung. Ein Telekommunikationsunternehmen mit Sitz in Eschborn entschied sich für eine umfangreiche Neustrukturierung, die eine Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Düsseldorf vorsah. Diese Entscheidung basierte auf der Absicht, durch Bündelung von Aufgaben und Teams die Effizienz und Marktdurchschlagskraft des Unternehmens zu steigern. Die strategische Neuausrichtung sollte zudem Eschborn/Sulzbach als Technik-Kompetenzzentrum erhalten und stärken, während Bereiche ohne direkten Bezug zu diesem Schwerpunkt nach Düsseldorf verlegt werden sollten.

Rechtliche Herausforderungen bei der Umsetzung von Unternehmensentscheidungen

Die Durchführung dieser Maßnahme erforderte die Ausstellung von Änderungskündigungen an die betroffenen Mitarbeiter, um die veränderten Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, insbesondere den neuen Arbeitsort, rechtlich zu verankern. Im vorliegenden Fall lehnte der betroffene Mitarbeiter, ein langjähriger Angestellter in einer spezialisierten Position und teilweise im Home Office tätig, das Angebot zur Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses unter den geänderten Bedingungen ab. Dies führte zur rechtlichen Überprüfung der Änderungskündigung, wobei der Kläger insbesondere die Möglichkeit seiner nahezu vollständigen Tätigkeit im Home Office und fehlerhafte Sozialauswahlprozesse ins Feld führte.

Die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts

Das Hessische Landesarbeitsgericht kam nach eingehender Prüfung zu dem Schluss, dass die Änderungskündigung rechtmäßig und sozial gerechtfertigt war. Die Richter betonten dabei die Bedeutung der freien Unternehmerentscheidung und stellten klar, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, einen Arbeitsplatz im Home Office anzubieten, wenn die Unternehmensstrategie eine Verlagerung des Arbeitsortes vorsieht. Die Gerichtsentscheidung verdeutlichte, dass die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen – hier die Verlegung des Arbeitsortes nach Düsseldorf – vom Mitarbeiter hinzunehmen sei, sofern keine alternativen, zumutbaren Arbeitsplätze im Unternehmen vorhanden sind.

Relevanz der Entscheidung für die Arbeitsrechtspraxis

Diese Entscheidung unterstreicht die weitreichenden Befugnisse von Arbeitgebern bei der Gestaltung und Anpassung von Arbeitsverhältnissen an betriebliche Erfordernisse, solange die Maßnahmen sozial gerechtfertigt sind und die Rechte der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt werden. Die klare Linie des Gerichts in Bezug auf die freie Unternehmerentscheidung und die Grenzen des Anspruchs auf Home Office bieten wichtige Orientierungspunkte für ähnliche Fälle in der Zukunft.

Zum Abschluss kann festgehalten werden, dass das Hessische Landesarbeitsgericht mit seinem Urteil eine wesentliche Frage im Spannungsfeld zwischen betrieblicher Notwendigkeit und Arbeitnehmerrechten klärt. Die Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit für Unternehmen, Änderungen in der Arbeitsorganisation sorgfältig zu planen und dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einer betriebsbedingten Änderungskündigung?

Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist eine spezielle Form der Kündigung, die dann ausgesprochen wird, wenn der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen Umstrukturierungen vornehmen muss. Sie ist ein „Zwitterwesen“ zwischen einer Kündigung und einem Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kündigt, ihm aber gleichzeitig anbietet, im Unternehmen unter veränderten Arbeitsbedingungen weiterzuarbeiten.

Die Gründe für eine solche Änderungskündigung können vielfältig sein, beispielsweise ein Standortwechsel, ein verringertes Auftragsvolumen oder andere betriebsbedingte Erfordernisse, die eine Umorganisation oder Anpassung der Arbeitsbedingungen notwendig machen. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur dann wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nachweisen muss, dass dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegenstehen und dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen unbedingt erforderlich sind.

Vor Ausspruch einer betriebsbedingten Änderungskündigung muss der Arbeitgeber verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehört, dass die bisherige Stelle aus betriebsbedingten Gründen weggefallen ist und dass eine Sozialauswahl durchgeführt wurde, bei der das betroffene Teammitglied sich als am wenigsten sozial schutzwürdig erwiesen hat. Kriterien für die Sozialauswahl sind unter anderem die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine eventuelle Schwerbehinderung.

Der Arbeitnehmer hat nach Erhalt einer Änderungskündigung verschiedene Möglichkeiten zu reagieren: Er kann das Änderungsangebot ohne Vorbehalt annehmen, unter Vorbehalt annehmen und innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben, oder das Angebot ablehnen und das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Kündigungsfrist.

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Änderungskündigung einer sorgfältigen Prüfung bedarf, um sicherzustellen, dass sie sozial gerechtfertigt ist und die rechtlichen Anforderungen erfüllt. Fehler bei der Durchführung einer betriebsbedingten Änderungskündigung, wie ein unklares Änderungsangebot, fehlerhafte Sozialauswahl oder die Nichtanhörung des Betriebsrats, können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

Wie wird der Prozess einer Arbeitsplatzverlagerung rechtlich gehandhabt?

Der Prozess einer Arbeitsplatzverlagerung wird rechtlich durch verschiedene Regelungen und Gesetze gehandhabt, die sowohl die Interessen des Arbeitgebers als auch die Rechte der Arbeitnehmer berücksichtigen. Hier sind die wichtigsten rechtlichen Aspekte, die bei einer Arbeitsplatzverlagerung zu beachten sind:

Beteiligung des Betriebsrats

Nach § 90 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über geplante Veränderungen von Arbeitsplätzen, Arbeitsabläufen oder der Arbeitsumgebung rechtzeitig und umfassend informieren und ihn beraten. Der Betriebsrat hat ein Informations- und Beratungsrecht, aber kein Initiativrecht, um solche Änderungen selbst zu fordern.

Kündigungsschutz und Änderungskündigung

Bei einer Arbeitsplatzverlagerung, die eine Kündigung des Arbeitnehmers zur Folge haben könnte, greift der gesetzliche Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung am neuen Standort oder nach zumutbaren Schulungsmaßnahmen möglich ist. Ist eine Weiterbeschäftigung nicht möglich, kann eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden, gegen die der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben kann.

Sozialplan und Interessenausgleich

Bei größeren Betriebsänderungen, zu denen auch eine Arbeitsplatzverlagerung zählen kann, sind ein Interessenausgleich und ein Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu verhandeln. Der Sozialplan regelt Ausgleichs- und Milderungsmaßnahmen für wirtschaftliche Nachteile, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen.

Direktionsrecht des Arbeitgebers

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erlaubt es ihm, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach Ort, Zeit und Inhalt näher zu bestimmen, soweit dies im Arbeitsvertrag oder durch Tarifverträge nicht anders geregelt ist. Bei einer Versetzung an einen anderen Arbeitsort muss der Arbeitgeber jedoch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen und die Versetzung muss zumutbar sein.

Zumutbarkeit des neuen Arbeitswegs

Die Zumutbarkeit eines neuen Arbeitswegs nach einer Arbeitsplatzverlagerung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Dauer der Pendelzeit im Verhältnis zur Arbeitszeit. Es gibt keine pauschalen Regelungen, sondern es muss im Einzelfall entschieden werden, ob der neue Arbeitsweg für den Arbeitnehmer zumutbar ist.

Betriebsübergang

Wenn ein Betrieb oder Betriebsteil verkauft wird und die Arbeitsplätze dadurch verlagert werden, kann ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegen. In diesem Fall gehen die Arbeitsverhältnisse auf den neuen Inhaber über, und die Arbeitnehmer müssen über den Betriebsübergang sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen informiert werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei einer Arbeitsplatzverlagerung sowohl betriebsverfassungsrechtliche als auch individualarbeitsrechtliche Regelungen zu beachten sind. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat beteiligen, die Zumutbarkeit für die Arbeitnehmer prüfen und gegebenenfalls einen Sozialplan aufstellen. Bei Unzumutbarkeit oder fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten kann es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, gegen die der Arbeitnehmer rechtlich vorgehen kann.

Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung?

Arbeitnehmer haben bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung verschiedene Rechte, die ihnen ermöglichen, auf die Kündigung und das damit verbundene Änderungsangebot des Arbeitgebers zu reagieren. Hier sind die wichtigsten Rechte zusammengefasst:

Recht auf Information und Klarheit

Der Arbeitgeber muss in der Änderungskündigung genau angeben, welche Änderungen der Arbeitsbedingungen er vorschlägt. Das Änderungsangebot muss so konkret sein, dass der Arbeitnehmer genau weiß, was auf ihn zukommt.

Kündigungsschutz

Eine betriebsbedingte Änderungskündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen müssen, die eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen nicht zulassen. Der Arbeitnehmer hat das Recht, die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung gerichtlich überprüfen zu lassen.

Reaktion auf die Änderungskündigung

Der Arbeitnehmer hat mehrere Möglichkeiten, auf eine Änderungskündigung zu reagieren: Er kann das Änderungsangebot annehmen, es unter Vorbehalt annehmen und innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben oder das Angebot ablehnen. Bei einer Ablehnung endet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Fristen

Arbeitnehmer müssen bestimmte Fristen beachten. Wenn sie das Änderungsangebot unter Vorbehalt annehmen, müssen sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung Kündigungsschutzklage erheben, um die Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtlich überprüfen zu lassen.

Sozialauswahl

Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Das bedeutet, dass er das Änderungsangebot demjenigen Arbeitnehmer machen muss, dem es am ehesten zuzumuten ist.

Anhörung des Betriebsrats

Ist ein Betriebsrat im Unternehmen vorhanden, muss dieser vor Ausspruch der Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört werden. Unterbleibt diese Anhörung oder werden dem Betriebsrat nicht alle relevanten Informationen zur Verfügung gestellt, kann die Änderungskündigung unwirksam sein.

Besonderer Kündigungsschutz

Bestimmte Arbeitnehmergruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Dazu gehören beispielsweise schwerbehinderte Arbeitnehmer, Mitglieder des Betriebsrats und Schwangere. Vor einer Änderungskündigung dieser Arbeitnehmer müssen spezielle Voraussetzungen beachtet werden, wie zum Beispiel die Zustimmung des Integrationsamtes bei schwerbehinderten Arbeitnehmern. Zusammengefasst haben Arbeitnehmer das Recht auf eine klare und präzise Information über die Änderungen, die Möglichkeit, die Änderungskündigung gerichtlich überprüfen zu lassen, und das Recht auf eine faire Sozialauswahl. Zudem müssen bestimmte Fristen eingehalten und der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt werden.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 1 Abs. 2 S. 1-3, Abs. 3 S. 1, 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz): Regelt die soziale Rechtfertigung von Kündigungen. Im Kontext der betriebsbedingten Änderungskündigung besagt es, dass eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt ist, wenn sie durch Gründe im Betrieb bedingt ist und dem Arbeitnehmer keine zumutbare Weiterbeschäftigung unter geänderten Vertragsbedingungen angeboten werden kann.
  • § 2 KSchG: Spezifiziert die Anforderungen an eine Änderungskündigung. Eine solche Kündigung muss dem Arbeitnehmer unter Wahrung der Kündigungsfrist ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen machen.
  • Betriebsvereinbarung zu Home Office: Nicht spezifisch in einem Gesetz geregelt, aber relevant für die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen. Im vorliegenden Fall ermöglicht eine Betriebsvereinbarung bestimmte Regelungen zum Home Office, was bei der Prüfung der Zumutbarkeit von Änderungskündigungen eine Rolle spielen kann.
  • Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG: Muss bei Entlassungen in größerem Umfang vom Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass die Behörden auf potenzielle Arbeitsmarktprobleme vorbereitet sind und unterstützende Maßnahmen ergreifen können.
  • § 102 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz): Regelt die Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen. Vor Ausspruch einer Kündigung, auch einer Änderungskündigung, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören und dessen Stellungnahme abwarten.
  • § 1 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 2 KSchG: Stellt klar, dass bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen die am wenigsten beeinträchtigende Maßnahme für den Arbeitnehmer sein muss.


Das vorliegende Urteil

Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 6 Sa 451/14 – Urteil vom 10.06.2015

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 15. Januar 2014 – 15 Ca 4351/13 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Änderungskündigung.

Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen mit weit mehr als 10 in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. In ihrem Betrieb in Eschborn ist ein Betriebsrat gebildet. Der am xx. xx 1953 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin mit Wirkung vom 01. April 1993 eingestellt und zuletzt als „Spezialist system- und prozesstechnischer B. Service Provider“ am Standort Eschborn im Bereich Enterprise Sales Management & Fullfillment (EP) innerhalb der Abteilung CRM Sales Systems (EPO) beschäftigt, zum Teil im sogenannten „Home Office“. Sein Bruttomonatsgehalt beträgt derzeit 5.046,00 EUR.

Am 21. März 2013 vereinbarten die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan nebst Zusatzvereinbarung (vgl. Kopien Bl. 80 ff. d.A. Anlage 1 des Klageerwiderungsschriftsatzes). In der Präambel des Interessenausgleichs heißt es auszugsweise:

„Düsseldorf ist die Zentrale der A GmbH. Diese ist im Februar 2013 auf dem neu erbauten B in Düsseldorf mit einem neuen mobilen und offenen Arbeitsplatzkonzept umgezogen. Am Standort Eschborn befand sich die Zentrale des Festnetzunternehmens C. Auch nach dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen im Jahr 2009 sind an diesem Standort noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (nachfolgend „Mitarbeiter“) mit Zentralfunktionen (im Folgenden: „Corporate Functions“) weiterbeschäftigt worden. Mit der Wahrnehmung von Zentralfunktionen an einem weiteren Standort (in Eschborn) außerhalb der Zentrale der Gesellschaft (in Düsseldorf) waren und sind jedoch Ineffizienzen und Reibungsverluste verbunden. …

… Die Gesellschaft hat daher beschlossen, Funktionen aus Eschborn und Sulzbach nach Düsseldorf zu verlagern, um durch die Bündelung von Aufgaben und Teams die Durchschlagskraft der Gesellschaft und der Marke A am Markt zu erhöhen.

Nach demselben Beschluss der Gesellschaft soll der Betrieb Eschborn/Sulzbach als Technik-Kompetenzzentrum fortbestehen. Dieses Technik-Kompetenzzentrum soll die besondere Expertise der Mitarbeiter in den Schwerpunktbereichen Festnetz und Enterprise (Technik) am Standort Eschborn/Sulzbach bündeln und konzentrieren. Technikbereiche, die diesen Schwerpunktbereich nicht angehören und/oder bereits jetzt überwiegend Schnittstellen nach Düsseldorf haben, werden demgegenüber ebenfalls nach Düsseldorf verlagert.

…“

Ziff. 2, 3 und 4 des Interessenausgleichs lauten auszugsweise wie folgt:

„2. Gegenstand des Interessenausgleichs

Gegenstand des Interessenausgleichs ist die Bündelung zentraler Funktionen in Düsseldorf sowie die Etablierung eines Technik-Kompetenzzentrums in Eschborn.

Einzelheiten zu den sich aus der Maßnahme ergebenden Veränderungen in den betroffenen Bereichen ergeben sich aus den Anlagen 1 bis 3 zu diesem Interessenausgleich, wobei die dort gemachten Angaben zu der Anzahl der Mitarbeiter, die von der Maßnahme betroffen sind, auf dem Stand 21. März 2013 basieren.

Die Aufstellung des Betriebes Eschborn/Sulzbach nach Durchführung der Maßnahme ergibt sich aus Anlage 4. Die Anlage 5 enthält Angaben zu der Anzahl der Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz im Zuge der Maßnahmen nach Düsseldorf verlagert wird, einschließlich der Angabe ihres Namens und ihrer Position; auch diese Angaben entsprechen dem Stand 21. März 2013.“

„3. Betroffene Mitarbeiter

Insgesamt werden 294 Mitarbeiter mit ihren Arbeitsplätzen von Eschborn bzw. Sulzbach nach Düsseldorf verlagert, wobei jedem der betroffenen Mitarbeiter ein Arbeitsplatz in Düsseldorf angeboten wird.

Erklärt sich ein von der Maßnahme nicht betroffener Mitarbeiter bis zum 31. Mai 2013 bereit, anstelle eines Mitarbeiters, der aufgrund der Maßnahme nach Düsseldorf wechseln soll, zu dem selben Datum, zu dem dessen Wechsel erfolgen soll, nach Düsseldorf zu wechseln, und erklären sich die Gesellschaft und der vom Wechsel betroffene Mitarbeiter damit einverstanden, so kann ein entsprechender Austausch erfolgen.“

„4. Zeitplan und Umsetzung der Maßnahme

Die Verlagerung nach Düsseldorf erfolgt in allen Bereichen spätestens mit Wirkung zum 01. Dezember 2013.

– Erste Phase

Bis spätestens zum 08. April 2013 erhalten alle von der Verlagerung nach Düsseldorf betroffenen Mitarbeiter ein konkretes schriftliches Angebot zur Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses in Düsseldorf ab dem 01. Dezember 2013.

Mit Ausnahme des geänderten Arbeitsortes bleiben der Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge und namentlich die jeweils vereinbarten Vergütung von der Maßnahme unberührt.

Das Arbeitsplatzangebot erfolgt schriftlich durch die Gesellschaft. Dem Mitarbeiter steht sodann eine Bedenkzeit bis zum 03. Mai 2013 zur Verfügung. J

– Zweite Phase

Nach Ablauf der Annahmefrist am 03. Mai 2013, 24:00 Uhr, kann die Gesellschaft diejenigen Mitarbeiter, die das Angebot auf Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsvertragsbedingungen nicht angenommen haben, nach Düsseldorf versetzen bzw. ihnen, soweit zur Umsetzung der Maßnahme erforderlich, eine ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung zum Wechsel des Arbeitsortes von Eschborn nach Düsseldorf aussprechen. …“

Unter Ziffer 3 des Sozialplans vom 21. März 2013 ist geregelt:

„3. Home Office

Für Mitarbeiter, die von Eschborn nach Düsseldorf gewechselt sind, gilt die Betriebsvereinbarung „Home Office“ des Standortes Düsseldorf vom 29. August 2012 (nachfolgend „BV Home Office“) in ihrer jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass bis zum 30. September 2014

– ein Rechtsanspruch auf „Home Office“ besteht, soweit dem nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen und

– bis zu 60% (bei Teilzeitmitarbeitern bis zu 80% mit der Möglichkeit einer Zwei-Wochen-Verblockung) der jeweiligen individuellen Arbeitszeit im Home-Office geleistet werden können.

Soweit der Aufnahme der Tätigkeit im Home Office im Einzelfall dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, teilt der Arbeitgeber diese dem Mitarbeiter auf Anfrage bis zum 03. Mai 2013 schriftlich mit. Zur Überprüfung der entgegenstehenden Gründe kann der Mitarbeiter die hierzu gebildete Kommission nach Ziff. 7 dieses Sozialplans anrufen. Diese hat bei ihrer Entscheidung die besonderen Umstände des Einzelfalls und berechtigten Belange des Mitarbeiters angemessen zu berücksichtigen.

Sollte es im Einzelfall für die Zeit nach dem 30. September 2014 dazu kommen, dass statt der vorstehenden Regelung die BV Home Office zur Anwendung gelangt, stellt dies einen Härtefall dar, der den Mitarbeiter dazu berechtigt, sich an die paritätische Kommission nach § 15 der BV Home Office zu wenden, die gehalten ist, eine Regelung zu treffen, die es dem Mitarbeiter ermöglicht, das Arbeitsverhältnis zu sozial verträglichen Bedingungen fortzuführen.

Ausweislich der Anlage 2 b – „Enterprise“ zum Interessenausgleich (Kopie Bl. 57 d.A.) wird u.a. die – mit dem Kläger – insgesamt aus fünf Mitarbeitern bestehende Abteilung EPO (CRM & Sales Systems) der Hauptabteilung EP (Enterprise Sales Management & Fulfillment) vollständig dem Standort Düsseldorf zugeordnet. Mit Schreiben vom 05. April 2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich, Sozialplan und ergänzende Betriebsvereinbarung vom 21. März 2013 das Angebot, mit Wirkung vom 01. Dezember 2013 in Düsseldorf zu im Übrigen unveränderten Konditionen weiterbeschäftigt zu werden. Nachdem der Kläger das Änderungsangebot nicht angenommen hatte, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 21. Mai 2013 zur beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung des Klägers an. Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 widersprach der Betriebsrat der Kündigung unter Hinweis unter anderem auf eine fehlerhaft unterbliebene Sozialauswahl und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger auf konkret benannten Stellen (Kopie Bl. 13 f. d.A. Anlage 1 der Klageschrift). Hiernach erklärte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2013 die ordentliche Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 30. November 2013, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist mit Ausnahme des Dienstsitzes zu unveränderten Konditionen am Standort Düsseldorf fortzusetzen. Der Kläger erklärte mit Schreiben an die Beklagte vom 14. Juni 2013, die Annahme des Angebots unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt ist.

Der Kläger wendet sich mit seiner am 14. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 26. Juni 2013 zugestellten Klage gegen die Änderungskündigung. Der Kläger hat eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats sowie eine ordnungsgemäße Entlassungsanzeige bestritten. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt, da er seine Tätigkeit zu annähernd 100% vom Home Office erbringen könne. Ein Anspruch auf den Beschäftigungsort Home Office ergebe sich zudem aus dem abgeschlossenen Sozialplan. Der Kläger hat weiter gemeint, die Beklagte könne ihn ferner auf von ihm benannten freien Arbeitsplätzen in Eschborn weiterbeschäftigen. Der Kläger hat des Weiteren die Durchführung einer Sozialauswahl verlangt.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 31. Mai 2013 sozial ungerechtfertigt ist oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt, Die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die ausgesprochene Änderungskündigung sei nicht zu beanstanden. Ausweislich des Interessenausgleichs vom 21. März 2013 habe die Beklagte unter anderem die freie Unternehmerentscheidung getroffen, die Abteilung EPO (CRM & Sales Systems) der Hauptabteilung EP (Enterprise Sales Management & Fulfillment) nebst sämtlicher ihrer 5 Mitarbeiter, Herrn D, Herrn E, Frau F, Herrn G sowie den Kläger mit Wirkung zum 01. Dezember 2013 nach Düsseldorf zu verlagern. Hierdurch falle der Arbeitsplatz des Klägers in Eschborn/Sulzbach mit gleicher Wirkung ersatzlos weg. Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte nicht umhin gekommen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Dezember 2013 zu kündigen, verbunden mit dem Angebot einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01. Januar 2014 in Düsseldorf. Abstellend darauf, dass sämtliche fünf Mitarbeiter der Abteilung EPO von der Verlagerung ihres Arbeitsplatzes nach Düsseldorf betroffen waren, sei eine Sozialauswahl nicht vorzunehmen. Andere freie, dem Kläger gegebenenfalls zumutbare Arbeitsplätze, welche diesem zur Vermeidung der Änderungskündigung hätten angeboten werden können, seien im Unternehmen nicht vorhanden. Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, den Betriebsrat ordnungsgemäß im Sinne des § 102 BetrAVG mit Anhörungsschreiben Bl. 61-63 d.A. Anlage 6 der Klageerwiderung angehört zu haben und vor Ausspruch der Kündigung eine Massenentlassungsanzeige gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit mit ihrer Anzeige vom 29. Mai 2013 erstattet zu haben. Die Beklagte nimmt Bezug auf das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 13. Juni 2013 Anlage A7 zur Klageerwiderung (Bl. 64 d.A.).

Die Beklagte hat auch zu den einzelnen vom Kläger bzw. vom Betriebsrat in seinem Widerspruchsschreiben genannten Positionen, auf denen eine Weiterbeschäftigung des Klägers in Eschborn möglich sein soll, Stellung genommen mit dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 20. November 2013. Hier führt die Beklagte bezogen auf die einzelnen Positionen aus, dass diese ein Technik-Know-How voraussetzen und eine einschlägige Berufserfahrung, über die der Kläger nicht verfüge. Bezüglich einer Stelle „Produktmanager EMS“ verweist die Beklagte darauf, dass diese ebenfalls mit Wirkung zum 01. Dezember 2013 nach Düsseldorf verlagert wurde. Weiter macht die Beklagte unter Vorlage entsprechender Anlagen weitere Ausführungen zu der Massenentlassungsanzeige. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vorbringens der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 20. November 2013 nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte habe dem Kläger keine verbindliche Erklärung auf seine Nachfrage zum Umfang seiner Anwesenheitspflicht in Düsseldorf bzw. zum Umfang seiner Home Office-Tätigkeit gegeben. Das Arbeitsgericht hat deshalb angenommen, dass die Kündigung vor dem Hintergrund der bisherigen „Home Office“-Regelung und den nach dem Sozialplan vorgesehenen Möglichkeiten einer „Home Office“-Tätigkeit, ohne eine Konkretisierung inwieweit der Kläger auch weiter von zu Hause aus arbeiten kann, unverhältnismäßig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zu Protokoll der Berufungsverhandlung vom 06. Mai 2015 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Die Beklagte meint, entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichtes sei sie weder im Hinblick auf das dem Kläger zugestandene Recht, einmal pro Woche seine Tätigkeit vom „Home Office“ aus zu erbringen, noch im Hinblick auf die im Sozialplan vorgesehene Möglichkeit, seine Beschäftigung im Falle eines Wechsels nach Düsseldorf befristet bis zum 30. September 2014 vom „Home Office“ aus zu erbringen, daran gehindert, im Wege freier Unternehmerentscheidung auch den Arbeitsplatz des Klägers von Eschborn nach Düsseldorf zu verlagern. Insbesondere sei es der Beklagten auch aus rechtlichen wie betrieblichen Gründen nicht möglich, geschweige denn zumutbar, den Kläger im Widerspruch zu den arbeitsvertraglichen Regelungen und Regelungen des Sozialplans ausschließlich und unbefristet vom „Home Office“ aus arbeiten zu lassen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2014 -15 Ca 4351 /13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt in der Berufungserwiderungsschrift vor, die Beklagte verkenne, dass das Urteil des Arbeitsgerichts auf der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes beruhe. Danach habe das Arbeitsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die freie Unternehmerentscheidung nicht tangiert, sondern sich mit den sozialen Rechtsfolgen befasst, die sich dadurch nach dem Kündigungsschutzgesetz ergeben und darauf beruhend korrekt geurteilt.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 31. Mai 2013 nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zu beurteilen ist. Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass für eine betriebsbedingte Änderungskündigung nach § 2 KSchG hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 S. 1-3, Abs. 3 S.1, 2 KSchG vorliegen müssen. Sie ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am Wenigstens beeinträchtigende Änderung angeboten wurde.

Anders als das Arbeitsgericht sieht das Berufungsgericht es jedoch als Teil der freien Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers an, ob der Arbeitsplatz des Klägers in Eschborn, in Düsseldorf oder ganz oder teilweise am Wohnsitz des Klägers im Home Office sich befinden soll. Die Beklagte war daher nicht gehalten, dem Kläger einen Arbeitsplatz „Home Office“ anzubieten. Auch insoweit unterliegt es ihrer freien Unternehmerentscheidung, keinen Arbeitsplatz Home Office zu begründen. Die Beklagte hat sich auch darauf beschränkt, dem Kläger nur die Vertragsänderung anzubieten, die sich in Umsetzung ihrer Unternehmerentscheidung ergibt. Die Beklagte hat dem Kläger mit der Änderungskündigung das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Arbeitsort Düsseldorf zu im Übrigen unveränderten Bedingungen angeboten. Sollte der Kläger einen arbeitsvertraglichen Rechtsanspruch auf Beschäftigung an einem oder mehreren Arbeitstagen im Home Office haben, so bleibt dieser nach dem Änderungsangebot der Beklagten von der Änderungskündigung unberührt. Dass dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am Wenigstens beeinträchtigende Änderung angeboten werden muss, bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber von der Unternehmerentscheidung, hier Verlagerung des Arbeitsplatzes von Eschborn nach Düsseldorf, Abstand nehmen muss und statt dessen einen Arbeitsplatz Home Office anbieten muss, auch wenn ihm dies aus betrieblichen Gründen möglich sein sollte. Dass dem Arbeitnehmer die am wenigsten beeinträchtigende Änderung anzubieten ist, kommt nur dann zum Tragen, wenn es bei Aufrechterhalten der Umsetzung der Unternehmerentscheidung Alternativen gibt. Besteht die freie Unternehmerentscheidung wie hier in der Verlagerung des Arbeitsplatzes von Eschborn nach Düsseldorf, so besteht, wenn man an der Freiheit der Unternehmerentscheidung festhalten will, zum Ausspruch der Änderungskündigung auf Verlagerung des Arbeitsplatzes nach Düsseldorf, keine Alternative. Die Rechtmäßigkeit der Änderungskündigung ist daher zu bejahen. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nicht mehr um die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates. Ebenso wenig darüber, ob vergleichbare sozial stärkere Arbeitnehmer im Betrieb Eschborn weiterbeschäftigt werden oder ob ein freier Arbeitsplatz in Eschborn vorhanden ist, den der Kläger aufgrund seiner Qualifikation ausfüllen könnte. Auch die freie Unternehmerentscheidung der Beklagten, den Arbeitsplatz des Klägers nach Düsseldorf zu verlagern und der dadurch bedingte Wegfall einer Beschäftigungsmöglichkeit in Eschborn, ist zwischen den Parteien nicht in Streit. Ebenfalls nicht die Massenentlassungsanzeige. Es sind daher auch keine anderen Gründe für die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Änderungskündigung ersichtlich.

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht.

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