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Fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung – Verletzung von Nebenpflichten

Rechtliche Implikationen der beharrlichen Arbeitsverweigerung

Die fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung und Verletzung von Nebenpflichten ist ein Thema, das im Arbeitsrecht immer wieder aufkommt und von großer Bedeutung ist. Das vorliegende Urteil beleuchtet die rechtlichen Aspekte und Konsequenzen, die sich aus einer solchen Situation ergeben können.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 Sa 211/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung und Verletzung von Nebenpflichten.
  • Testnachweis für SARS-CoV-2 wurde nicht anerkannt, da er nicht den Anforderungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung entsprach.
  • Klägerin wurde aufgefordert, einen gültigen Nachweis gemäß der 3G-Regelung am Arbeitsplatz zu erbringen.
  • Gesetzliche Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB waren gegeben.
  • Bei beharrlicher Arbeitsverweigerung trägt der Arbeitnehmer das Risiko, wenn seine Rechtsauffassung sich als falsch herausstellt.
  • Klägerin hat bewusst und nachhaltig ihre Arbeitsleistung verweigert und den geforderten Testnachweis nicht erbracht.
  • Klägerin hat ihre Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber und Kollegen nicht erfüllt, trotz vorhandener Möglichkeiten zur Testung.

Die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung

Fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung und Verletzung von Nebenpflichten.Testnachweis für SARS-CoV-2 wurde nicht anerkannt, da er nicht den Anforderungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung entsprach. Klägerin wurde aufgefordert, einen gültigen Nachweis gemäß der 3G-Regelung am Arbeitsplatz zu erbringen. Gesetzliche Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB waren gegeben. Bei beharrlicher Arbeitsverweigerung trägt der Arbeitnehmer das Risiko, wenn seine Rechtsauffassung sich als falsch herausstellt. Klägerin hat bewusst und nachhaltig ihre Arbeitsleistung verweigert und den geforderten Testnachweis nicht erbracht. Klägerin hat ihre Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber und Kollegen nicht erfüllt, trotz vorhandener Möglichkeiten zur Testung.
Arbeitsverweigerung während Corona-Pandemie: Wann eine fristlose Kündigung rechtlich gerechtfertigt ist. (Symbolfoto: PhotoSGH /Shutterstock.com)

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gegeben, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dieser wichtige Grund kann sich aus einer beharrlichen Arbeitsverweigerung ergeben, die das Arbeitsverhältnis so stark belastet, dass eine Fortsetzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wird. Das bedeutet, dass die beharrliche Weigerung, die arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen, grundsätzlich als ein solcher wichtiger Grund angesehen werden kann.

Interessenabwägung und rechtliche Bewertung

Bei der Beurteilung, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, muss stets eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei sind die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Interessen des Arbeitnehmers an dessen Fortsetzung abzuwägen. In dem vorliegenden Fall überwogen die Interessen des Arbeitgebers. Ein weiterer Aspekt, der in diesem Zusammenhang berücksichtigt wurde, war die Frage, ob der Arbeitnehmer einen gültigen Test vorlegen konnte, was ihm auch zumutbar gewesen wäre.

Rechtliche Einschätzungen und Prognosen

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27.04.2022 klargestellt, dass bei gesetzlichen Regelungen, die auf prognostischen Entscheidungen basieren, die Eignung dieser Regelungen nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung beurteilt werden kann. Vielmehr muss geprüft werden, ob der Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Entscheidung davon ausgehen durfte, dass die Regelung geeignet ist, das gesetzte Ziel zu erreichen. Dies ist insbesondere im Kontext der Arbeitsverweigerung in Zeiten der Corona-Pandemie relevant.

Schlussbetrachtung und Bedeutung des Urteils

Das vorliegende Urteil verdeutlicht die Tragweite und die potenziellen Auswirkungen einer beharrlichen Arbeitsverweigerung und der Verletzung von Nebenpflichten im Arbeitsrecht. Es zeigt, dass Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen das Recht haben, das Arbeitsverhältnis fristlos zu beenden, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten erheblich verletzt. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer trotz Abmahnung und klarer Weisung des Arbeitgebers seine Arbeitsleistung verweigert. Das Urteil betont auch die Bedeutung einer sorgfältigen Interessenabwägung und die Notwendigkeit, den Einzelfall stets im Kontext des geltenden Rechtsrahmens zu betrachten.

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Wie wird eine „Interessenabwägung“ im Kontext einer Kündigung durchgeführt?


Bei einer Interessenabwägung im Kontext einer Kündigung wird das Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis zu beenden, gegen das Interesse des Arbeitnehmers, den Arbeitsplatz zu behalten, abgewogen. Diese Abwägung ist insbesondere bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen relevant. Es geht darum, zu prüfen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber trotz des vorliegenden Kündigungsgrundes zumutbar ist oder nicht. Bei der Interessenabwägung können verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, wie z.B. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter des Arbeitnehmers, Unterhaltspflichten oder eine Schwerbehinderung. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung können zudem die Krankheitsursachen in die Interessenabwägung einfließen.



Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 211/22 – Urteil vom 08.02.2023

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 30.06.2022, Az.: 6 Ca 87/22, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihren durch die außerordentliche Kündigung vom 15.03.2022.

Die 1966 geborene, verheiratete und keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist seit 16.06.2003 bei der Beklagten als Sachbearbeiterin, zuletzt aufgrund des Änderungsvertrages vom 25.11.2021 (Bl. 7 d. A.) seit 01.01.2022 in der Geschäftsbuchhaltung, Kämmerei in Teilzeit (19,5 Stunden/Woche) bei circa 1.700,00 € brutto monatlich (Entgeltgruppe 6 Stufe 5 TVöD) beschäftigt. Zuvor war sie in der VHS als Sachbearbeiterin in der Entgeltgruppe 7 mit einem Stundenumfang von 25 Stunden/Woche beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD im Bereich Verwaltung Anwendung.

Zur Einhaltung der 3G-Regel am Arbeitsplatz zeigte die Klägerin in der Zeit vom 17. bis 20. Januar 2022 dem Amtsleiter der Kämmerei, Herrn Dr. D., Testbescheinigungen vor, die sie über das Internet-Portal www.test-express.de erhalten hatte. Diese Testnachweise wurden zunächst vorbehaltlich einer weiteren Überprüfung durch das Personalamt als Nachweis im Sinne der § 2 Nr. 7 SchAusnahmV akzeptiert.

Test Express beschreibt sich auf seiner Homepage (Ausdruck Bl. 51 d. A) wie folgt:

 „Über uns

T.E. ist ungewöhnlich und dennoch vollkommen legal. Unsere Plattform bringt Ärzte, Fachpersonen, die einen Corona-Selbst-Test vor Ort durchführen und/oder überwachen und Getestete zusammen.

Ausschließlich Ärzte, die dazu gemäß § 6 Abs. 1 der gültigen Testverordnung berechtigt sind, erstellen Bescheinigungen, die über T.-E. übermittelt werden. Es ist erlaubt, dass Ärzte dies tun dürfen und sie müssen diese Leistung nicht selbst vor Ort erbringen, sondern dürfen auf die Möglichkeiten der Telemedizin setzen.

Die Ärzte, die über T.-E. Bescheinigungen erstellen, haben alle eine Approbation als Arzt und benötigen keine Genehmigung durch das Gesundheitsamt. Sie treten nicht als Testzentrum, sondern als Arzt in Erscheinung, so wie in § 6 Abs. 1 der Testverordnung vorgesehen.

Corona-Schnelltests werden an Fachpersonen delegiert

Diese Bescheinigungen entstehen dadurch, dass unsere Partner-Ärzte die Aufgabe der konkreten Beobachtung und Durchführung eines Tests an Fachpersonen delegieren, die den Test jeweils vor Ort überwachen. Diese Fachpersonen müssen allesamt ihre Fachkunde nachgewiesen haben. Wir haben als Plattformbetreiber zahlreiche Fachpersonen, die uns ihre Fachkunde nachgewiesen haben, dass sie dazu in der Lage sind, einen Schnelltest zu beobachten und das Ergebnis zu dokumentieren.

Bei ca. 70% aller Nutzer wurde uns diese Fachkunde durch Zertifikate von J., D., De., M., T., etc. nachgewiesen. Jedes Zertifikat wurde und wird manuell geprüft. Alle Fachpersonen sind dazu verpflichtet, die Tests ordnungsgemäß durchzuführen und das Ergebnis wahrheitsgemäß zu dokumentieren, so wie dies auch in jedem Testzentrum der Fall ist. Auf Grundlage dieser Bestätigung des Testergebnisses wird der überwachende Arzt in die Lage versetzt, eine Bescheinigung zu erstellen.

Arzt überprüft stichprobenartig

Die Kommunikation zwischen Arzt und Fachperson ist mit der Plattform www.c.jederzeit telemedizinisch sichergestellt. Diese Plattform existiert bereits seit fast 3 Jahren und wird dazu verwendet, um Nachrichten zwischen Gesundheitsämtern, Schulen, Kliniken, Ärzten, Pflegeheimen und Pflegediensten sowie Fachpersonen auszutauschen. Zusätzlich werden stichprobenartig die durchgeführten Tests durch den überwachenden Arzt überprüft, so wie dies auch in Testzentren der Fall ist. Den Umfang der Stichproben bestimmt der Arzt.

Nachdem die J. ihren Online-Kurs kurzzeitig wg. eines zu großen Ansturms unterbrochen hatten, sahen wir uns gezwungen, einen vergleichbaren Kurs selbst anzubieten, um weiteren Nutzern zu ermöglichen, sich entsprechend fachlich zu qualifizieren. Wir haben einen eigenen Video-Lehrfilm produziert und orientierten uns dabei exakt an den herstellerseitig beschriebenen Anforderungen für die Durchführung von Corona-Schnelltests. Der Kursteilnehmer muss den Film ansehen und kann ihn nicht wegklicken, oder stoppen. Erst nach der vollständigen Ansicht der Lehreinheit wird das Zertifikat im Account der Express-Tester hinterlegt. Die Kosten sind mit € 10 überschaubar, der zeitliche Aufwand mit einer knappen Viertelstunde Minuten nicht groß.

Grandioser Erfolg

Aktuell haben sich auf der Plattform zahlreiche Fachpersonen angemeldet und ihre Fachkunde entsprechend nachgewiesen. Tausende Testbescheinigungen wurden inzwischen erstellt und täglich werden es mehr. Die Erstellung einer Testbescheinigung kostet 1,99 Euro. Hinzu kommen die Materialkosten für den Schnelltest, so dass der Getestete eine gültige 3G-Bescheinigung für wenige Euros bekommt, ohne stundenlang bei Wind und Wetter zu einem Testzentrum fahren und dort ewig warten zu müssen. Darüber hinaus verringert sich auch das Risiko, dass möglicherweise Infizierte auf dem Weg zu einem Testzentrum weitere Menschen infizieren, da sie direkt vor Ort getestet werden.“

Mit Schreiben vom 20.01.2022 (Bl. 46 d. A.) wurde die Klägerin seitens der Beklagten darüber informiert, dass der von T. E. erhaltene Testnachweis nicht weiter als Nachweis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 anerkannt wird, da der Testnachweis nicht die Anforderungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung erfülle. Zugleich wurde die Klägerin „zur Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz“ aufgefordert, „in dem Sie einen gültigen Nachweis einer Impfung, einer relevanten Genesung von einer Corona-Infektion oder einer Testung auf eine Corona-Infektion erbringen“.

Mit E-Mail vom 21.01.2022 (Bl. 107 f. d. A.) wandte sich die Beklagte an Herrn K. bei der Beklagten und teilte diesem mit, dass „der von mir vorgelegte Testnachweis […] die Anforderungen – sowohl die der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung, als auch die der sich daraus resultierenden Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-„2 (Coronavirus-Testverordnung) – TestV“ erfülle. Sie führte im Folgenden unter anderem weiter aus:

„Ich möchte Sie bitten, o. g. Aussagen nochmals rechtssicher überprüfen zu lassen. Hierzu auch der Hinweis auf die AGB der Firma T.-E.:

Bis dahin biete ich Ihnen gerne weiterhin meine unter unveränderten Voraussetzungen Arbeitskraft an.

Sollten Sie mir am Montag ohne rechtliche Überprüfung der geschilderten Sachlage keinen Zutritt zum Arbeitsplatz gewähren, bitte ich um schriftliche Mitteilung.

Zusätzlich erwähnen möchte ich noch, dass ich selbst 2 Zertifikate als Testerin im Sinne der o.g. Testverordnung erworben habe (A. und J.).“

Wegen des weiteren Inhalts dieser E-Mail wird auf Bl. 107 d. A. Bezug genommen. Hierauf antwortete Herr S. für die Beklagte am Freitag, 21.01.2022 (Bl. 106 d. A.):

„die Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz ist für uns unabdingbar. Daher müssen wir darauf bestehen, dass Sie einen gültigen Nachweis einer Impfung, einer relevanten Genesung von einer Corona-Infektion oder einer Testung auf eine Corona-Infektion erbringen. Einen Testnachweis von „T.E.“ erkennen wir nicht als einen Nachweis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV an.

Informationen zum Testen und die nächste Schnellteststation finden Sie unter https://corona.rlp.de/de/testen“.

Am Donnerstag, 27.01.2022, 07:17 Uhr wandte sich die Klägerin erneut per E-Mail an Herrn S. wie folgt (Bl. 106 f. A.):

„von der Firma T.-E. habe ich ein anwaltliches Gutachten erhalten, dass die Zulässigkeit der Zertifikate rechtlich bestätigt.

Vielleicht liegt hier bei der Stadtverwaltung eine Fehleinschätzung andere Anbieter betreffend vor – ist im Gutachten auch erwähnt.

Ich möchte Sie nochmals höflich bitten, diese Gutachten dem Rechtsamt zur Prüfung vorzulegen. Wie in vorheriger Mail bereits erwähnt, biete ich der Stadt Z. meine Arbeitsleistung weiterhin an.“

Herr S. antwortete der Klägerin mit Mail vom gleichen Tag, 09:36 Uhr (Bl. 104 f. d. A.):

„Selbstverständlich nehmen wir Ihre Arbeitsleistung an unter dem Vorbehalt, dass die 3G-Regelung am Arbeitsplatz eingehalten wird. Im Übrigen bitten wir um Mitteilung des aktuellen Sachstandes, insbesondere wie der PCR-Test ausgefallen ist, ob Sie arbeitsfähig sind und ob bzw. wie zu welchem Zeitpunkt Sie sich in Quarantäne befinden bzw. befunden haben. […]“.

Die Klägerin antwortete um 09:41 Uhr per Mail (Bl. 104 d. A.):

„dann darf ich davon ausgehen, dass ich unter den gleichen Bedingungen weitermachen kann, wie ich angefangen habe. […]“,

worauf Herr S. erneut um 12:06 Uhr per E-Mail klarstellte:

„unsere Aufforderung zur Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz haben Sie bereits mit Schreiben vom 20. Januar 2022 erhalten, ebenso unsere Auffassung betreffend eines Corona-Testnachweises von ‚T. E.‘“.

Am 07.02.2022. und 08.02.2022 zeigte die Klägerin dem Amtsleiter der Kämmerei, Herrn Dr. D., erneut eine Testbescheinigung vor, die sie über das Internet-Portal „t.-e.“ erhalten hatte. Der Amtsleiter forderte sie an diesen beiden Tagen auf, die Arbeitsstätte zu verlassen.

Am 09.02.2022 kam die Klägerin nicht zur Arbeit. Sie teilte dem Leiter der Kämmerei, Herrn Dr. D., per E-Mail (Bl. 59 d. A.) unter dem Betreff: „Komme nicht mehr“ mit:

„zu Ihrer Information:

Nach Rücksprache mit dem Anwalt muss ich, nachdem ich meine Arbeitsleistung wiederholt und explizit angeboten habe, nicht mehr erscheinen.

Ich nehme das mal so an und verschone Sie mit weiteren Besuchen.“

Am 10.02.2022 hat sich die Klägerin nicht gemeldet und ist nicht zur Arbeit erschienen.

Am 11.02.2022 musste die Klägerin aufgrund bestehender Vier-Tage-Woche (Arbeitszeit von montags bis donnerstags) nicht zur Arbeit erscheinen.

Die Beschwerde-TfA (LSJV) hat dem Personalamt der Beklagten im Nachgang auf deren Nachfrage mit E-Mail vom 10.02.2022 (Bl. 48 d. A.) unter anderem mitgeteilt, dass

„Online- Testnachweise […] abzulehnen [sind], denn sie erfüllen nicht die Anforderungen des § 2 Nr. 7 COVID-19-Schutzmaßmahmen-Ausnahmenverordnung, auf die § 28 b IfSG verweist.

SchAusnahmV zu erfüllen. […]“.

Auf eine ergänzende Nachfrage der Beklagten vom 11.02.2022, wegen deren Inhalts auf Bl. 47 d. A. Bezug genommen wird, teilte die Beschwerde-TfA am 11.02.2022 per E-Mail (Bl. 47 d. A.) mit:

„Testnachweise (auch für den Test, den man für den Arbeitsplatz braucht) gibt es nur bei Testungen durch geschultes Personal beim Arbeitgeber (§ 2 Nr. 7 b) oder durch Leistungsgerbringer nach § 6 der TestV (§ 2 Nr. 7c SchAusnahmenVO).

Die Testnachweise dürfen also nicht anerkannt werden.“

In der Zeit vom 14.02.2022 bis 03.03.2022 erschien die Klägerin nicht.

Im Zug der Anhörung vor Erteilung einer Abmahnung nahm der Klägervertreter mit Schreiben vom 23.02.2022 Stellung. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 78 f. d. A. Bezug genommen.

Wegen ihres Resturlaubs wandte sich die Klägerin am 01.03.2022 per E-Mail (Bl. 67 d. A.) an die Beklagte. In diesem Schreiben heißt es:

„ich wurde vom Personalamt aufgefordert, meine 28 Tage Resturlaub zu beantragen, damit diese nicht verfallen.

Eine Übertragung bis Ende Mai wurde dabei nicht erwähnt. Daher wollte ich fragen, wie Sie das sehen.

Ich, für meinen Teil, muss nicht ab Ende März 6 Wochen am Stück Urlaub machen, zumal ich hoffe, um den 21.03.2022 wieder ohne Testpflicht arbeiten zu können.

Wenn Sie das auch so sehen, würde ich in einer separaten E-Mail die Übertragung bis Ende Mai, über Sie ans Personalamt, beantragen.

[…].“

Die Beklagte antwortete in Person von Herrn Dr. D. mit E-Mail vom 01.03.2022 (Bl. 66 d. A.) und führte auszugsweise aus:

„Nach amtsinterner Rücksprache würden wir Sie bitten, den Resturlaub möglichst umgehend anzutreten.

Ablaufmäßig wäre es für uns nicht sinnvoll, die Einarbeitung nach relativ kurzer Zeit (d.h. nach wenigen Wochen) nochmals für mehrere Wochen wegen der Resturlaubsnahme zu unterbrechen. Für eine Übertragung sehen wir derzeit keine Grundlage.

„Melden Sie sich gerne hierzu bei mir, bei […].“

Wegen unentschuldigten Fehlens in der Zeit vom 07. bis 10.02.2022 wurde der Klägerin am 03.03.2022 eine Abmahnung (Bl. 55 f. d. A.) erteilt. In dieser heißt es auszugsweise:

„Ihr Fernbleiben von der Arbeit stellt ein unentschuldigtes Fehlen dar.

Mit Rücksicht auf einen ordnungsgemäßen Arbeitsablauf können wir Ihr Fehlverhalten nicht ohne Beanstandung hinnehmen. Wir mahnen Sie hiermit ab für Ihr unentschuldigtes Fehlen.

Wir fordern Sie auf, Ihre Arbeit unter Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz aufzunehmen.

Abschließend weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass Sie im Wiederholungsfall oder bei Fortdauer des unentschuldigten Fehlens mit arbeitsrechtlichen Folgen bis hin zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen müssen […].“

In der Zeit vom 07. bis 09.03.2022 meldete sich die Klägerin nicht und erschien nicht zur Arbeit.

Mit Schreiben vom 01.03.2022 (Bl. 60 ff. d. A.) hörte die Beklagte den Personalrat zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung, hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2022, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin an. Der Personalrat teilte der Beklagten mit Schreiben vom 14.03.2022 (Bl. 68 d. A.) mit, dass er der außerordentlichen fristlosen Kündigung der Klägerin zustimme.

Die Beklagte kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 15.03.2022 „außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist mit Ablauf des 30.09.2022, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“.

Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin am 15.03.2022 zu.

Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.03.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 25.03.2022 zugestellten Kündigungsschutzklage. Sie hat die Klage mit am 10.06.2022 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz um einen Weiterbeschäftigungsantrag erweitert.

Die Klägerin war der Ansicht, die Kündigung sei nach § 626 Abs. 1 BGB unwirksam, weil kein „wichtiger Grund“ vorliege. Die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB werde ebenso wie die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin hat vorgetragen,

sie sei weder bei der Arbeitsaufnahme in der K. noch bis zum 17.01.2022 nach einem Testnachweis gefragt worden. Sie habe selbstverständlich entsprechende Testnachweise in Papierform jederzeit mit sich geführt. Erst am 17.01.2022 habe der Vorgesetzte Dr. D. um Vorlage der Testbescheinigungen gebeten. Sie habe diese dann auch in Papierform vorgezeigt.

Die Beklagte bestreite völlig unsubstantiiert, dass der Testnachweis der Firma T. E. nicht die gesetzlichen Bestimmungen erfülle. Die vom Landesamt vorgelegte E-Mail sei nicht einmal durch einen Sachbearbeiter unterschrieben. Es handele sich auch nicht um eine konkrete Prüfung, sondern um eine pauschale Ablehnung, die juristisch nicht nur fragwürdig, sondern auch falsch sei.

U. a. biete die Drogeriemarktkette DM einen Test in Kooperation mit Lufthansa an, bei welchem ein Online-Zertifikat ausgestellt werde (Verpackung Bl. 89 d. A.). Der Test sei offiziell zugelassen vom BfArM. Der Reiseveranstalter TUI biete ebenfalls für seine Gäste über den Anbieter Klarity Onlinetests an. Ihr Prozessbevollmächtigter habe einen solchen Test selbst schon durchgeführt und bei der Einreise einem Beamten der Bundespolizei ohne Beanstandung vorgelegt. Diese Tests würden teilweise ausschließlich online durchgeführt und seine 100.000-fach verwendet worden und seien nach Kenntnis ihres Prozessbevollmächtigten in keinem Fall bei der Einreise beanstandet worden.

Der hier streitgegenständliche Test sei nicht digital überwacht worden, sondern durch Dritte und einen Arzt.

Das Angebot von T. E. sei nach Presseberichten unabhängiger Medien sowohl strafrechtlich, durch die Aufsichtsämter als auch im Rahmen des Wettbewerbsrechts überprüft worden und sei wohl nicht zu beanstanden gewesen. Der Ennepe-Ruhr-Kreis, welcher für die Aufsicht zuständig sei, habe das Angebot von T. E. im Rahmen eines Gewerbeuntersagungsverfahrens überprüft und habe wohl keine Beanstandungen feststellen können.

Ihr sei vom Anbieter auf ihr Verlangen ein Rechtsgutachten von B. Rechtsanwälte (Bl. 80 ff. d. A.) übersandt worden. Sie habe daher von der Rechtmäßigkeit der Testnachweise ausgehen dürfen.

Sie habe die Tests immer unter Aufsicht ihres Ehemanns durchgeführt, welcher seit 24.11.2021 geschulter Tester sei. Das Vier-Augen-Prinzip bei der Testung sei daher jederzeit gewahrt gewesen.

T. E. sei nicht in der Übersicht der „zulässigen“ Teststellen des Landesamtes Rheinland-Pfalz zu finden, da es sich nicht um einen regionalen Anbieter in Rheinland-Pfalz handele.

Sie sei nicht am 10.02.2022 unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben. Sie sei durch den Vorgesetzten Dr. D. von der Arbeit am 07.02.2022 freigestellt worden. Ihr sei von dem Zeugen Dr. D. mitgeteilt worden, dass sie das Rathaus ohne „gültigen“ Test nicht mehr betreten dürfe. Sofern man hierin keine ausdrückliche Freistellung sehe, sei diese zumindest konkludent erklärt worden. Mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen sei nicht gedroht worden. Die Beklagte habe ihr den Zugang zum Arbeitsplatz ohne Rechtsgrund verwehrt.

Die Kündigung sei auch nicht das mildeste Mittel gewesen. Die Beklagte hätte eine Testung ihrer Person vor Ort am Arbeitsplatz vorschlagen können. Ihr sei es lediglich darum gegangen, nicht durch die Gegend fahren zu müssen, da sie kein eigenes Auto besessen habe. Dies sei der Beklagten auch mitgeteilt worden. Sie habe zudem noch Resturlaub im Umfang von sieben Wochen aus dem Vorjahr gehabt. Zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung sei bereits bekannt gewesen, dass die Testpflicht am Arbeitsplatz zum 20.03.2022 aufgehoben werde. Die ausgesprochene Abmahnung entspreche inhaltlich nicht dem Entwurf der Abmahnung, zu der der Personalrat angehört worden sei. Zudem werde von ihr in der Abmahnung die Aufnahme der Tätigkeit unter Einhaltung der 3G-Regelung verlangt. Die Beklagte habe jedoch den 3G-Nachweis nicht akzeptiert und stelle die Gültigkeit des Nachweises auch noch in diesem Verfahren streitig. Insofern sei die Aufforderung der Beklagten widersinnig gewesen. Die Beklagte hätte sie zudem, unterstellt ihr Testnachweis sei nicht gültig gewesen, in Kenntnis des Wegfalls der Testpflicht unbezahlt bis zum 20.03.2022 freistellen können.

Die Unterrichtung des Personalrats sei falsch gewesen, da sie nicht unentschuldigt gefehlt habe, sondern wie vom Vorgesetzten befohlen, von der Arbeit ohne anderen Testnachweis ferngeblieben sei.

Sofern die Beklagte die Kündigung auf ein Fehlverhalten vom 01.03.2022 stütze, sei sie gemäß § 626 Abs. 2 BGB präkludiert.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15.03.2022 nicht geendet hat;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 15.03.2022 zum 30.09.2022 endet;

3. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 15.03.2022 hinaus fortbesteht;

4. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Sachbearbeiterin im Sachgebiet Geschäftsbuchhaltung bei der K. weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, es werde bestritten, dass der Lebenspartner der Klägerin, der deren Test durchgeführt habe, überhaupt als entsprechendes Fachpersonal qualifiziert und zur Abnahme solcher Tests befugt gewesen sei. Hiervon unabhängig entspreche das Testverfahren von T. E. generell nicht den damaligen gesetzlichen Voraussetzungen im Hinblick auf einen gültigen Testnachweis im Rahmen der 3-G Regelungen. Auch in anderen Bundesländern, beispielsweise Nordrhein-Westfalen seien solche Online-Testnachweise durch das zuständige Ministerium als nicht gültig angesehen worden. Zudem warne auch das Gesundheitsministerium der Bundesrepublik davor Online-Tests anzuerkennen. Der Vorgang der Probenentnahme werde, wenn überhaupt, nur stichprobenartig überwacht. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass dies bei der Klägerin erfolgt sein solle. Es sei zudem nicht nachzuvollziehen, wie eine durchgängige Überwachung mittels Telefon oder Video überhaupt möglich sein solle. Der Arzt könne, da nach eigenen Angaben die Überwachung ohnehin nur stichprobenartig erfolge, gar nicht per Video überprüfen, ob der Test ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, insbesondere das Teströhrchen tief genug in den Nasen-Rachen-Raum eingeführt worden sei bzw. nicht vielleicht nachträglich irgendwie der Test anderweitig kontaminiert oder anderweitig verfälscht worden sei.

Hiervon unabhängig sei das Testverfahren jedoch bereits aufgrund der zwingenden Aussage des für Rheinland-Pfalz zuständigen Landesamts für Jugend, Soziales und Versorgung im Land Rheinland-Pfalz nicht anzuerkennen.

Die Klägerin habe daher keinesfalls beschäftigt werden dürfen.

Da die Testbescheinigung am 07.02.2022 sowie am 08.02.2022 erneut nicht die Anforderungen der SchAusnahmV erfüllt habe, habe die Klägerin die Arbeitsstätte an diesen Tagen nicht betreten dürfen. Der Amtsleiter habe sie somit an beiden Tagen aufgefordert, die Arbeitsstätte unmittelbar wieder zu verlassen.

Die Klägerin habe bis zuletzt unentschuldigt gefehlt. Weitergehender Abmahnungen habe es nicht bedurft, da die Klägerin per E-Mail bereits mitgeteilt gehabt habe, dass sie nicht mehr kommen werde und keine gültigen Testbescheinigungen vorlege. Gleiches habe sie bereits zuvor dem Zeugen Dr. D. mündlich mitgeteilt, nämlich, dass sie nicht mehr erscheinen werde, da die Beklagte die Nachweise von T. E. nicht anerkenne.

Sie war der Ansicht, vor diesem Hintergrund stelle das Verhalten der Klägerin eine dauerhafte und vehemente Arbeitsverweigerung dar, die sie trotz Ausspruchs einer einschlägigen Abmahnung beibehalten habe.

Es sei sachfremd auf andere Online-Testzertifikate zu verweisen, die überhaupt nicht nachvollzogen werden könnten und auch nicht Streitgegenstand seien. Gleiches gelte für den Verweis auf das Gutachten des Rechtsanwalts B.. Es sei nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage das Gutachten erstellt worden sei. Soweit es im Rahmen eines Auftrages durch den Anbieter der Tests selbst erstellt worden sei, spreche dies bereits für dessen Aussagegehalt. Zum anderen sei allein die gesetzliche Grundlage maßgeblich.

Im Rahmen der Testung von Privatpersonen durch andere Privatpersonen – so wie es bei T.E. regelmäßig der Fall sei – könnten keine Testnachweise iSd. § 2 Nr. 7 SchAusnahmV ausgestellt werden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die durchführenden Personen eventuell eine Schulung absolviert hätten. Auch die stichprobenartige Überwachung durch Ärzte per Online-Übertragung sei unerheblich, da online-überwachte Tests nicht den Anforderungen des § 2 Nr. 7 SchAusnahmV entsprächen. Dies habe auch das Bundesgesundheitsministerium festgestellt und die Zulässigkeit dieser Tests aberkannt (s. Zitat Bl. 98 d. A.).

Es handele sich insbesondere auch nicht – wie auf der Webseite von T. E. behauptet – um eine Testung durch einen Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 TestV, da eine Beauftragung von T.E. nach dem Wesen der TestV nicht möglich sei. Im Rahmen der TestV würden einzelne Standorte gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV beauftragt. Eine Beauftragung einer Online-Plattform sei nicht vorgesehen. Soweit angeführt werde, dass die einbezogenen Ärzte als berechtigte Leistungserbringer gölten, könne vorgebracht werden, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3 TestV nicht die „Ärzte“ nenne, sondern die „Arztpraxen“, sodass insoweit wiederum der Standortbezug deutlich werde.

Im Hinblick auf die gerügte Abweichung des Entwurfs von der ursprünglichen Abmahnung sei festzuhalten, dass im ursprünglichen Entwurf neben weiteren Arbeitstagen der 11.02. genannt worden sei, an dem die Klägerin jedoch keine Arbeitspflicht gehabt habe. Dies sei im weiteren Verlauf jedoch klargestellt worden und allein dieser Tag (11.02.) sei dann in der finalen Abmahnung entfernt worden.

Darüber hinaus hätte es vorliegend vor Ausspruch der Kündigung auch keiner Abmahnung bedurft, da die Klägerin ihre objektive Weigerungshaltung mehrfach explizit und abschließend ihr gegenüber kundgetan habe.

Die Klägerin habe mit ihrem Verhalten gezeigt, dass sie berechtigten Aufforderungen ihres Arbeitgebers keine Folge leisten möchte. Aus diesem Verhalten folge auch für die Zukunft erhebliches Wiederholungs- und Spannungspotential, was ihr eine Weiterbeschäftigung unzumutbar mache.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 30.06.2022 abgewiesen. Es hat – zusammengefasst – ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 15.03.2022 beendet worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung seien gemäß § 626 Abs. 1 BGB gegeben. Es sei insbesondere ein wichtiger Grund gegeben; die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Beklagten mit der Klägerin sei aufgrund des vorliegend zu beurteilenden Lebenssachverhalts auch nur bis zum Ablauf der außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist unzumutbar. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung sei „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Maßgebend sei die objektive Rechtslage. Verweigere der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, habe er grundsätzlich selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweise. Eine Kündigung wegen „beharrlicher Arbeitsverweigerung“ scheide allerdings dann von vornherein aus, wenn der Arbeitnehmer berechtigt gewesen sei, Arbeiten abzulehnen, die der Arbeitgeber ihm unter Überschreitung des Direktionsrechts zugewiesen habe. Es liege unter Anwendung dieser Grundsätze eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit ein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB vor. Bis zum 19.03.2022 hätten Arbeitgeber und Beschäftigte gemäß § 28b Abs. 1 IfSG Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden könnten, nur betreten dürfen und Arbeitgeber hätten Transporte von mehreren Beschäftigten zur Arbeitsstätte oder von der Arbeitsstätte nur durchführen dürfen, wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen im Sinn des § 2 Nr. 2, Nr. 4 oder Nr. 6 SchAusnahmV in der jeweils geltenden Fassung gewesen seien und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis im Sinn des § 2 Nr. 3, Nr. 5 oder Nr. 7 SchAusnahmV in der jeweils geltenden Fassung mit sich geführt hätten, zur Kontrolle verfügbar gehalten oder bei einem Arbeitgeber hinterlegt gehabt hätten. Gemäß § 2 Nr. 7 SchAusnahmV sei im Sinn dieser Verordnung ein Testnachweis ein Nachweis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-Cov-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch In-vitro-Diagnostika erfolgt sei, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-Cov-2 bestimmt seien und die auf Grund ihrer CE-Kennzeichnung oder auf Grund einer gemäß § 11 Abs. 1 des Medizinproduktegesetzes erteilten Sonderzulassung verkehrsfähig seien, die zugrunde liegende Testung maximal 24 Stunden zurückliege und a) vor Ort unter Aufsicht desjenigen stattfinde, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen sei, b) im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitze, erfolge oder c) von einem Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 TestV vorgenommen oder überwacht worden sei. Bei dem Test von T. E. handele es sich um keinen Testnachweis im Sinn des § 28b IfSG iVm. § 2 Nr. 7 SchAusnahmV. Weder habe eine Testung gemäß a) vor Ort unter Aufsicht desjenigen stattgefunden, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist, also hier der Beklagten als Arbeitgeberin. Noch habe die Testung im Rahmen einer betrieblichen Testung gemäß b) stattgefunden. Auch sei T. E. kein Leistungserbringer im Sinn von c). T. E. sei unstreitig nicht als Leistungserbringer in Rheinland-Pfalz gelistet. Nach § 6 Abs. 1 TestV dürften solche Testnachweise grundsätzlich zuständige Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, von diesen beauftragte Leistungserbringer oder Arztpraxen, Apotheken, medizinische Labore, Rettungs- und Hilfsorganisationen sowie von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebene Testzentren ausstellen. Der Ehemann der Klägerin sei kein beauftragter Leistungserbringer im Sinn von § 6 Abs. 1 TestV, ebenso wenig die Klägerin. Zudem sei die Testung auch nicht von einem Arzt dauerhaft überwacht worden. Vielmehr habe der Ehemann der Klägerin lediglich das Testergebnis an das Online-Portal mitgeteilt, worauf ein Arzt das Testzertifikat erstellt habe. Eine Überwachung sei, wenn überhaupt, nur stichprobenartig erfolgt. Der Arzt sei ebenfalls kein Leistungserbringer im Sinn der Vorschrift. Betreffend das Onlineportal habe er als Privatperson gehandelt. Gemäß § 6 Abs. 1 TestV seien als beauftragte Leistungserbringer gerade nicht Ärzte, sondern Arztpraxen genannt. Es werde also auf den Ort der Arztpraxis abgestellt und gerade nicht auf die Person des Arztes. Für diese Auslegung spreche die gesamte Aufzählung in Absatz 1, da jeweils immer auf die Örtlichkeit und gerade nicht auf die Personen abgestellt werde. Auch Sinn und Zweck der Verordnung sprächen für diese Auslegung. Der ausgestellte Testnachweis, wonach die Testung durch Leistungserbringer im Sinn des § 6 Abs. 1 TestV erfolgt sei, sei daher inhaltlich falsch gewesen. Auf die Rechtsfrage, ob eine systematische Auslegung des § 2 Nr. 7c SchAusnahmV ergeben würde, dass Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 TestV nicht die Durchführung eines Tests vor Ort unter Aufsicht überwachen müssten, sondern dass dies auch im Rahmen einer Videoüberwachung online passieren könnte, komme es im vorliegenden Fall nicht an, da eine dauerhafte Online-Überwachung gerade nicht erfolgt sei, sondern wenn überhaupt nur stichprobenartig. Folglich habe es sich bei den von der Klägerin durchgeführten Tests nicht um anerkannte Tests im Sinne der oben genannten Vorschrift gehandelt. Sie habe damit keinen gültigen Test zum Betreten der Arbeitsstätte vorgelegt, mit der Folge, dass ein Betretungsverbot bestanden habe. Die Anforderungen an die Tests in der SchAusnahmV seien auch nicht unangemessen. Es habe auch keine Freistellung durch die Beklagte vorgelegen. Somit habe die Klägerin durch die Vorlage nicht gültiger Tests ihre Arbeitsleistung nicht in der gehörigen Form angeboten mit der Folge, dass sie die Arbeitsstätte gemäß § 28b IfSG nicht habe betreten dürfen. Sie sei daher weder leistungsfähig noch leistungswillig gewesen, ihre Arbeitskraft so anzubieten, dass sie die Arbeitsstätte hätte betreten dürfen. Dies stelle eine Arbeitsverweigerung dar. Diese sei auch beharrlich gewesen. Trotz Hinweises des Vorgesetzten bereits mit Schreiben vom 20.01.2022 und Aufforderungen vom 21.01.2022 und 27.01.2022 habe die Klägerin am 07.02.2022 und am 08.02.2022 erneut Tests von T. E. vorgelegt, worauf ihr der Zugang zur Arbeitsstätte gemäß § 28b IfSG verweigert worden sei. Am 09.02.2022 habe sie dem Vorgesetzten mitgeteilt, dass sie nicht kommen werde, da ihre Tests nicht anerkannt würden und sie keine anderen Tests vorliegen werde. Damit habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Arbeit bewusst und nachhaltig unter den geltenden Voraussetzungen des IfSG nicht erbringen wolle. Sodann sei sie mit Schreiben vom 03.03.2022 wegen unentschuldigten Fehlens vom 07.03.2022 bis 10.03.2022 abgemahnt worden. Diese Abmahnung sei auch nicht unwirksam gewesen. Die Klägerin habe auch im weiteren Verlauf ihre Arbeit unter Vorlage eines gültigen Tests nicht aufgenommen. Dies verdeutliche in einer eindeutigen Art und Weise die bewusste und beharrliche Weigerung der Klägerin, ihre Arbeit unter den Voraussetzungen des IfSG aufzunehmen. Dies sei noch durch die Äußerungen des Klägervertreters am Ende der mündlichen Verhandlung bekräftigt worden, indem er weiterhin an der Gültigkeit des Testverfahrens von T. E. festgehalten habe und sogar von einer „Überzeugung“ gesprochen worden sei. Auch die Äußerung, es sei auch ums „Prinzip“ gegangen aufgrund vorausgegangener Spannungen, lasse gerade den Schluss zu, dass die Klägerin die Arbeit unter den Voraussetzungen des IfSG ganz bewusst abgelehnt habe. Damit läge an sich ein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB vor. Im Rahmen der Durchführung einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls überwögen die Interessen der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Die Durchführung eines gültigen Tests sei der Klägerin auch zumutbar gewesen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin noch über sieben Wochen Alturlaub verfügt habe, da sie nicht befugt gewesen sei, eigenmächtig Urlaub zu nehmen. Ebenso wenig könne sich die Klägerin darauf berufen, dass die Regelung des IfSG zum 30.03.2022 ausgelaufen sei und daher keine Wiederholungsgefahr bestehe. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Auch die Anhörung des Personalrats gemäß § 83 Abs. 3 LPersVG RhPf sei ordnungsgemäß erfolgt. Folglich bedürfe es keiner Prüfung der weiteren hilfsweise ausgesprochenen Kündigung. Der allgemeine Feststellungsantrag sei unzulässig gewesen, da weitere Beendigungstatbestände nicht dargelegt worden seien. Auch der Weiterbeschäftigungsanspruch sei aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuweisen gewesen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 130 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 27.07.2022 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am 11.08.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 14.09.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 166 ff. d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen zusammengefasst geltend, sie habe die Arbeit nicht beharrlich verweigert. Die Beklagte habe ihre Arbeitsleistung trotz ordnungsgemäßer Testung nicht angenommen. Selbst unterstellt, sie hätte die Voraussetzungen für den Zugang zum Arbeitsplatz nicht erfüllt, habe das Arbeitsgericht sich nicht mit der von der Beklagten ausgesprochenen Freistellung auseinandergesetzt. Ferner sei die Kündigung selbst bei einem Fehlverhalten von ihr unangemessen. Sie sei bis zu ihrem Dienstbeginn am 10.01.2022 in der V. der Beklagten eingesetzt gewesen. Dort sei es zu einem erheblichen Konflikt zwischen den Mitarbeitern und der Leiterin der V. Frau N. gekommen. Aufgrund der Situation am Arbeitsplatz sei sie erkrankt gewesen. Da eine von der Beklagten ausgesprochene Kündigung gegenüber der Leitung der V. der gerichtlichen Überprüfung nicht standgehalten habe, sei ihr zur Beseitigung der prekären Arbeitsplatzsituation ein Arbeitsplatz in der K. angeboten worden. Hierfür habe sie Gehaltseinbußen in Form einer Abgruppierung von der Entgeltgruppe 7 auf die Entgeltgruppe 6 in Kauf genommen. Im vorliegenden Verfahren sei es ihr keineswegs ums „Prinzip“ gegangen. Ihr Prozessbevollmächtigter habe lediglich im Verfahren ausgeführt, dass es das Recht eines jeden Klägers sei, auch Angelegenheiten gerichtlich klären zu lassen und Arbeitnehmer nicht alle Anordnungen des Arbeitgebers akzeptieren müssten. Dies sei von dem erstinstanzlichen Gericht aus dem Zusammenhang gerissen und im Urteil zu ihren Lasten dargestellt worden. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass § 28b IfSG iVm. SchAusnahmV dem Grundgesetz zuwiderlaufe und daher keine Anwendung finden könne. Die Regelung sei in Anbetracht der damaligen Impfquoten und des zurückgehenden Pandemiegeschehens nicht nur nicht notwendig, sondern auch nicht evidenzbasiert gewesen und greife erheblich in ihre Grundrechte ein. Daher sei die Regelung auch zum 20.03.2022 ausgelaufen.

Sie habe sich nicht blind auf einen Online-Anbieter verlassen und „aus Prinzip“ eine andere Testmöglichkeit abgelehnt. Sie habe sich ein Rechtsgutachten des Anbieters T. E. zukommen lassen. Die Tests seien sowohl bei den Gerichten, unter anderem auch am OLG Zweibrücken, und bei anderen Behörden anerkannt worden. Für sie habe es daher keine berechtigten Zweifel an der Gültigkeit des Testnachweises gegeben. Auch habe sie andere Personen getestet, welche die Tests ebenso bei Behörden und Arbeitgebern vorgelegt hätten. In keinem Fall sei der Testnachweis in Frage gestellt oder zurückgewiesen worden.

Die Fassung des § 2 SchAusnahmV vom 15.01.2022 habe die Regelung des 4-Augen-Prinzips zur Testung am Arbeitsplatz enthalten. Nach den dortigen Regeln könnte sie die Testung unter der Aufsicht des Arbeitgebers selbst vornehmen, sich von einem Kollegen testen lassen, (sofern dieser eine Schulung durchlaufen habe) oder einen Test (Nachweis) vorliegen, welcher von einem Leistungserbringer nach § 6 TestV vorgenommen oder überwacht worden sei. Unstreitig sei der Test nicht unter Aufsicht der Beklagten vorgenommen worden. Es habe auch keine betriebliche Testung stattgefunden. Weshalb aber ein Kollege oder der Pförtner geeigneter sein solle als ein geschulter Familienangehöriger, erschließe sich nicht.

In der hiesigen Angelegenheit liege ein Fall des § 2 Nr. 7c SchAusnahmV vor. Es reiche aus, dass der Test von einem Leistungserbringer nach § 6 TestV überwacht werde. Dabei müsse der Überwachende nicht jeden Test verfolgen, sondern vielmehr über die Einhaltung des Testkonzeptes und der Testdurchführung wachen, wobei die Art der Durchführung und nicht die Durchführung jedes einzelnen Tests an sich gemeint sei. Das Angebot von Test Express möge spitzfindig und gewinnorientiert sein, entspreche aber den Anforderungen des § 2 Nr. 7c SchAusnahmV. Anders sei es auch nicht zu erklären, weshalb der Anbieter trotz mehreren gewerberechtlichen und strafrechtlichen Verfahren ohne Beanstandung geblieben sei und das Angebot weiterhin bestehe. Auch bestünden für das Eröffnen eines Testzentrums keine besonderen Anforderungen. Insofern wäre es auch ohne größeren Aufwand möglich gewesen, dass der Ehemann oder ein anderer Familienangehöriger von ihr ein Testzentrum eröffne.

Selbst wenn man das Angebot und damit ihre Testung als unzulässig betrachte, sei die Kündigung unangemessen.

Sie sei durch ihren Vorgesetzten ohne Bezahlung freigestellt worden, was auch durch den internen E-Mail-Verkehr, so die E-Mail der Beklagten vom 07.02.2022, belegt worden sei.

Im Übrigen wäre es der Beklagten möglich gewesen, eine Testung im Haus anzubieten oder sie den Test vor den Augen des Vorgesetzten absolvieren zu lassen. Es erschließe sich ihr nicht, weshalb die Beklagte keine Anstrengungen unternehmen müsse, es ihr aber zumutbar sein solle durch die halbe Stadt zu laufen, sich im Regen 15 Minuten vor dem Testzentrum ohne Überdachung anzustellen und dann gegebenenfalls nochmal 15 Minuten auf das Testergebnis zu warten. Dies koste sie selbst bei örtlicher Nähe täglich mehr als eine halbe Stunde Zeit.

Hinzukomme, dass bei Ausspruch der Kündigung schon bekannt gewesen sei, dass die Testpflicht wegfallen werde. Zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Wegfall der Testpflicht hätten gerade mal fünf Tage gelegen.

Sie sei unbezahlt freigestellt gewesen, so dass der Arbeitgeber keine Kosten gehabt habe. Im Übrigen habe sie auch noch Urlaubsansprüche in erheblichem Umfang gehabt. Auch hätte ihr eine Verrichtung ihrer Arbeiten im Home Office angeboten werden können. Hierauf hätte sie auch einen Anspruch gehabt. Nach der E-Mail vom 09.02.2022 hätte die Beklagte zu prüfen gehabt, ob Urlaub oder eine unbezahlte Freistellung gewährt werden könne. Es habe keinerlei zwingende Gründe gegeben, die gegen die Gewährung von Urlaub gesprochen hätten.

Sie sei keine Corona-Leugnerin. Hier gehe es nicht um das Prinzip oder Überzeugung. Sie sei nach dem bisher Erlebten bei der Beklagten und der mangelnden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers vor den Kopf gestoßen, da ihr trotz ordnungsgemäßer Testung der Zugang verwehrt worden sei und der Arbeitgeber seinerzeit keinerlei Lösungen (beispielsweise betriebliche Testung) angeboten habe. Nach dem bisher Erlebten und der bisherigen mangelnden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers während der Beschäftigung an der V. sei sie davon ausgegangen, dass die Maßnahme nur dazu diene, sie zu maßregeln. Selbstverständlich habe sie keinerlei Probleme mit einer Testung vor Ort beim Arbeitgeber.

Eine Wiederholungsgefahr bestehe schon deshalb nicht, da eine Testpflicht nicht mehr geplant sei.

Die Klägerin beantragt, das am 30.06.2022 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Kammern Pirmasens – abzuändern und

1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 15.03.2022 nicht geendet hat;

2. hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 15.03.2022 zum 30.09.2022 geendet hat.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 14.10.2022, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 185 ff. d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen als rechtlich zutreffend.

Es erschließe sich nicht, woraus sich eine „Freistellung“ der Klägerin ergeben solle, da sie die Klägerin mehrfach aufgefordert habe, ordnungsgemäße Tests zu erbringen und ihre Arbeit nach Vorlage dieser Test aufzunehmen, was die Klägerin verweigert habe. Da die Klägerin keine ordnungsgemäßen Tests vorgelegt habe, habe sie die Arbeitsstätte gemäß § 28b IfSG nicht betreten dürfen. Dieses Betretungsverbot habe sie beachtet, indem sie der Klägerin den Zugang verwehrt habe, sodass eine Freistellung unter keinem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt überhaupt in Betracht gekommen sei.

Eine ordnungsgemäße Testung liege nicht vor und dies stelle eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Zudem sei die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung einschlägig abgemahnt worden. Die Arbeitsverweigerung der Klägerin sei auch beharrlich gewesen.

In diesem Zusammenhang passend seien die Ausführung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, welche sich die Klägerin vollumfänglich zurechnen lassen müsse, in der Verhandlung vom 30.06.2022, wonach es vorliegend „ums Prinzip“ gehe und nach wie vor eine Überzeugung bestehe, dass es sich bei den von der Klägerin vorgelegten Tests der Seite „t.e.de“ um ordnungsgemäße und gültige Tests handele. Eine Einsichtsfähigkeit oder gar Unrechtsbewusstsein der Klägerseite bestehe somit weiterhin nicht. Die Tatsache, dass eine Beharrlichkeit und eine Uneinsichtigkeit weiterhin bestünden, zeigten auch die verfehlten Ausführungen zur angeblichen Grundgesetzwidrigkeit der Corona-Regelungen.

Unbestritten seien Teststationen in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstätte vorhanden gewesen. Ein Fahrzeug habe ihr hierfür gerade nicht zur Verfügung stehen müssen. Auch etwaige Wartezeiten seien der Klägerin zumutbar gewesen, wie allen anderen Arbeitnehmern auch. Die Klägerin habe sich eine Teststelle auswählen können, die eine Online-Anmeldung geboten habe, um gegebenenfalls Wartezeiten zu verhindern.

Es fehle an einem Urlaubsantrag der Klägerin. Zudem habe ohnehin ein Betretungsverbot bestanden, welches allein die Klägerin durch ihr Verhalten verursacht habe.

Die Klägerin habe durch ihr Verhalten eindeutig festgestellt, dass sie nicht willens sei, zulässigen Anweisungen ihres Arbeitgebers, welcher sich letztlich nur an die gesetzlichen Vorlagen gehalten habe, Folge zu leisten. Dabei habe ihr nicht zuletzt aufgrund der mehrfachen Aufforderungen sowie der Abmahnungen bewusst sein müssen, dass sie ihren Arbeitsplatz aufs Spiel gesetzt habe.

Die Ausführungen der Klägerin im Hinblick auf einen angeblich bestehenden Arbeitsplatzkonflikt in der V. und einer angeblich daraufhin erfolgten Erkrankung seien für das vorliegende Verfahren vollkommen unerheblich und unsubstantiiert.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 08.02.2023 (Bl. 205 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

In der Sache hatte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist – soweit sie im Berufungsverfahren weiterverfolgt wird – zulässig, insbesondere ergibt sich das Feststellungsinteresse für den Kündigungsschutzantrag aus §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG.

II.

Wie das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt hat, ist die Klage jedoch unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 15.03.2022 beendet worden. Diese Kündigung gilt nicht schon gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 KSchG wegen der Versäumung der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG als rechtswirksam. Ein wichtiger Grund im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB ist gegeben, die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt und der bei der Beklagten gebildete Personalrat wurde ordnungsgemäß angehört und hat der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich zugestimmt. Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen der Klägerin veranlasst zu folgenden Ausführungen:

1.

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 14.12.2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 27 mwN.).

b) Das der Klägerin vorgeworfene Verhalten ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.

aa) Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, ist „an sich“ geeignet, selbst eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 28.06.2018 – 2 AZR 436/17 – Rn. 16 mwN.; 14.12.2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 29 mwN.). Das gilt nicht nur für die Weigerung, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, sondern auch für die Verletzung von Nebenpflichten. Ein Arbeitnehmer weigert sich beharrlich, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen, wenn er sie bewusst und nachhaltig nicht erfüllen will. Welche Pflichten ihn treffen, bestimmt sich nach der objektiven Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Pflicht in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als falsch erweist (BAG 28.06.2018 – 2 AZR 436/17 – Rn. 16 mwN.; 14.12.2017 – 2 AZR 86/12 – Rn. 29 mwN.).

bb) Die Klägerin war gemäß § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet, ihre arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Dieser Pflicht ist sie ohne einen dies rechtfertigenden oder entschuldigenden Grund ab dem 07.02.2022 bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 15.03.2022 nicht nachgekommen. Ebenfalls nicht nachgekommen ist sie ihrer Verpflichtung aus § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 gültigen Fassung, vor dem Betreten der Arbeitsstätte einen Impfausweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis im Sinn des § 2 Nr. 3, Nr. 5 oder Nr. 7 SchAusnahmV mit sich zu führen, zur Kontrolle verfügbar zu halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt zu haben.

cc) Bei der Beklagten fanden im Zuge der Corona-Pandemie die sogenannten 3G-Regelungen am Arbeitsplatz Anwendung. Dies bedeutete, dass nach § 28b IfSG insbesondere Personen bzw. Beschäftigte, die weder geimpft, genesen noch getestet waren, die Arbeitsstätte nicht mehr betreten durften. Die Klägerin hatte ihren Impfstatus der Beklagten nicht offengelegt und unterfiel daher der arbeitstäglichen Testnachweispflicht zum Betreten der Arbeitsstätte.

Nach den entsprechenden Regelungen des IfSG iVm. der SchAusnahmV mussten Beschäftigte eigenverantwortlich dafür Sorge tragen, dass sie bei Zutritt zur Arbeitsstätte einen gültigen 3G-Testnachweis mit sich führen. Die genauen Definitionen und Anforderungen an den Nachweis der Impfung, einer relevanten Genesung von einer Coronainfektion sowie einer Testung auf eine Coronainfektion waren seinerzeit in den §§ 2 Nrn. 2 bis 7 der SchAusnV enthalten, auf die die 3G-Regel am Arbeitsplatz in § 28b Abs. 1 IfSG Bezug nahm.

dd) Nach § 2 Nr. 7 SchAusnahmV in der Gültigkeit vom 15.01.2022 bis 18.03.2022 galt zum Zeitpunkt der Kündigung auszugsweise Folgendes:

„Im Sinne dieser Verordnung ist

1. […]

7. ein Testnachweis ein Nachweis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch In-vitro-Diagnostika erfolgt ist, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 bestimmt sind und die auf Grund ihrer CE-Kennzeichnung oder auf Grund einer gemäß § 11 Absatz 1 des Medizinproduktegesetzes erteilten Sonderzulassung verkehrsfähig sind, die zugrunde liegende Testung maximal 24 Stunden zurückliegt und

a) vor Ort unter Aufsicht desjenigen stattfindet, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist,

b) im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzt, erfolgt oder

c) von einem Leistungserbringer nach § 6 Absatz 1 der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder überwacht wurde,

8. […].“

Demnach konnte nach der Variante a) ein gültiger Test nur vor Ort unter Aufsicht desjenigen stattfinden, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist. Dies ist der Arbeitgeber selbst. Diese Konstellation lag bei dem Vorgehen der Klägerin nicht vor.

In der Variante b) hätte ein gültiger Test nur dann vorgelegen, wenn dieser im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzt, erfolgt. Diese Variante lag ebenfalls nicht vor, da die Testung der Klägerin privat erfolgte und nicht im Rahmen einer betrieblichen Testung.

Nach der Variante c) wäre der Test dann gültig, wenn er von einem Leistungserbringer nach § 6 TestV in der Gültigkeit vom 11.01.2022 bis 11.02.2022 sowie vom 12.02.2022 bis 30.03.2022 vorgenommen oder überwacht worden wäre. Auch diese Variante liegt nicht vor, da es sich bei dem Anbieter „t.-e.de“ nicht um einen solchen Leistungserbringer handelt.

Nach § 6 der TestV in den angegebenen Fassungen galt auszugsweise Folgendes:

„(1) Zur Erbringung der Leistungen nach § 1 Absatz 1 sind berechtigt

1. die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und die von ihnen betriebenen Testzentren,

2. die von den Stellen nach Nummer 1 als weitere Leistungserbringer beauftragten Dritten und

3. Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Apotheken, medizinische Labore, Rettungs- und Hilfsorganisationen, und die von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebenen Testzentren.

(2) Als weitere Leistungserbringer im Sinne von Absatz 1 Nummer 2 können weitere Anbieter beauftragt werden, wenn sie

1. unter Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen nach § 1 Absatz 1 Satz 2 gewährleisten,

2. die erforderliche Zuverlässigkeit aufweisen sowie einer Geheimhaltungspflicht nach § 203 des Strafgesetzbuchs oder einer vertraglich vereinbarten Geheimhaltungspflicht unterliegen und

3. gegenüber der beauftragenden Stelle begründete Angaben zur vorhandenen Testkapazität machen.

Die Beauftragung muss für jeden Leistungserbringer gesondert erfolgen. […].“

ee) Bei T.E.“ handelt es sich um keine zuständige Stelle des öffentlichen Gesundheitsdienstes und kein von dieser betriebenes Testzentrum iSd. § 6 Abs. 1 Nr. 1 TestV in der Gültigkeit vom 11.01.2022 bis 11.02.2022 sowie vom 12.02.2022 bis 30.03.2022. Ebenfalls ist T. E. kein von den Stellen nach § 6 Abs. 1 TestV in den genannten Fassungen beauftragter Dritter. Die nach § 6 Abs. 2 Satz 2 TestV erforderliche gesonderte Beauftragung für jeden Leistungserbringer ist im Hinblick auf T.E. nicht erfolgt.

Auch der Ehemann der Klägerin oder diese selbst sind keine Leistungserbringer im Sinn von § 6 Abs. 1 TestV und keine beauftragten Dritten.

T. E. ist auch nicht als „Arztpraxis“ iSd. § 6 Abs. 1 TestV in den genannten Fassungen zur Testung berechtigt. Bei T. E. handelt es sich ausweislich der Homepage nicht um ein Testzentrum oder eine Arztpraxis, sondern um eine „Plattform“, die „Ärzte, Fachpersonen, die einen Corona-Selbst-Test vor Ort durchführen und/oder überwachen und Getestete“ zusammenbringt. T. E. wird auch nicht dadurch zur Arztpraxis im Sinn des § 6 Abs. 1 Nr. 3 TestV in den genannten Fassungen, dass ausschließlich Ärzte Bescheinigungen, die über T. E. übermittelt werden, erstellen. § 6 Abs. 1 Nr. 3 TestV in den genannten Fassungen knüpft ausweislich seines eindeutigen Wortlauts nicht an der Profession derjenigen an, die die Tests durchführen, sondern an den Örtlichkeiten, nämlich Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Apotheken, medizinischen Laboren, Rettungs- und Hilfsorganisationen und den von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebenen Testzentren.

Der mittels T.E. durchgeführte Test wird auch nicht dadurch zu einem solchen in einer Arztpraxis, dass die Partnerärzte die Aufgaben der konkreten Beobachtung und Durchführung eines Tests an Fachpersonen delegieren, die den Test jeweils vor Ort überwachen (vgl. auch VG München 03.11.2021 – M 26a E 21.5490 – Rn. 25, juris). Der Test findet gerade nicht innerhalb einer Arztpraxis, sondern an einem frei gewählten anderen Ort statt. Hieran ändert die von T. E. angeführte Beobachtung durch eine Fachperson, die ihre Fachkunde gegenüber T. E. nachgewiesen haben soll, nichts. Auch im Hinblick darauf, dass nach Angaben von T. E. eine Kommunikation zwischen Arzt und Fachperson mit der Plattform www.c..de jederzeit telemedizinisch sichergestellt sein soll und die durchgeführten Tests durch den überwachenden Arzt stichprobenartig überprüft werden sollen, wird der Test nicht zu einem in einer Arztpraxis durchgeführten. Eine durchgehende Online-Videoüberwachung der Testung durch einen Arzt oder eine Ärztin liegt hierin nicht. Auch kann bei einer telemedizinischen Übertragung seitens des die Bescheinigung ausstellenden Arztes nicht überprüft werden, ob der Test korrekt durchgeführt wurde, beispielsweise ob der Tupfer bei einem Abstrich in der Nase weit genug eingeführt wurde. Die Beobachtung durch geschulte Dritte an anderen als den in § 6 Abs. 1 Nr. 3 TestV in den genannten Fassungen aufgeführten Orten hat der Verordnungsgeber gerade nicht ausreichen lassen.

Auch ausweislich der E-Mail der Beschwerde-TfA (LSJV) des für die 3-G Regelungen am Arbeitsplatz in Rheinland-Pfalz zuständigen Ministeriums vom 10.02.2022 handelt es sich bei dem Anbieter „t.-e.“ nicht um einen Leistungserbringer im Rahmen der 3-G Regelung am Arbeitsplatz. Das Landesamt Rheinland-Pfalz hat unter dem Link www. https://covid-19-support.lsjv.rlp.de/hilfe/covid-19-test-dashboard/“ auch eine Suchfunktion für zugelassene Teststellen veröffentlicht. Hier war der Anbieter T. E. nicht zu finden.

Soweit die Klägerin sich darauf berufen hat, die Tests der Firma T. E. seien sowohl bei den Gerichten, unter anderem auch am OLG Zweibrücken, und bei anderen Behörden anerkannt worden, ebenfalls habe sie andere Personen getestet, welche die Tests ebenso bei Behörden und Arbeitgebern vorgelegt hätten, wobei in keinem Fall der Testnachweis in Frage gestellt oder zurückgewiesen worden sei, ist ihr Vortrag unsubstantiiert. Ihm lässt sich nicht entnehmen, wer in welcher Position wann einen solchen Testnachweis bei einer Prüfung welchen Gegenstands nicht beanstandet haben soll. Der klägerische Vortrag ist überdies rechtlich unerheblich. Die von der Klägerin behauptete Anerkennung der Tests der Firma T. E. durch Dritte hat keinerlei Bedeutung für die Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit dieser Tests.

ff) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 28b IfSG iVm. der SchAusnahmV auch nicht deshalb unanwendbar, weil diese Vorschrift gegen das Grundgesetz verstoßen würde.

(1) Die in § 28b IfSG vorgesehene Testnachweispflicht greift, sofern der Test als sogenannter Spuktest erfolgt, bereits nicht in die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte körperliche Unversehrtheit ein. Wenn hingegen ein Wattestäbchen zur Durchführung eines Nasen-Rachen-Abstrichs eingeführt wird, handelt es sich um einen körperlichen Eingriff (BAG 01.06.2022 – 5 AZR 28/22 – Rn. 37 mwN.).

Dieser Eingriff in das Recht auf körperliche Integrität und Selbstbestimmung war vorliegend gerechtfertigt. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit steht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung setzt voraus, dass die angegriffene Regelung formell und materiell verfassungsgemäß ist (BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 115 mwN., juris).

§ 28b IfSG ist formell verfassungsgemäß (vgl. BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 116 ff., juris). Diese Vorschrift ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

Ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit durch § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG steht auch in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz in Einklang. Die Regelung genügt dem Vorbehalt des Gesetzes und ist hinreichend bestimmt sowie normenklar. Sie ist nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der damit einhergehenden Belastungen gerechtfertigt (vgl. BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 123 ff., juris zu §§ 20a, 22a IfSG; vgl. auch den Nichtannahmebeschluss des BVerfG 15.03.2022 – 1 BVR 2622/21 – Rn. 9, juris). Der Eingriff dient einem legitimen Zweck, ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet sowie erforderlich. Er belastet die Grundrechtsträger auch nicht in unzumutbarer Weise; insbesondere ist er unter Berücksichtigung der damit verfolgten Ziele nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn (vgl. BAG 01.06.2022 – 5 AZR 27/22 – Rn. 38; vgl. auch BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 123 ff., juris zu §§ 20a, 22a IfSG). Der Gesetzgeber verfolgt mit § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG den legitimen Zweck, vulnerable Menschen in besonderem Maße vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu §§ 20a, 22 IfSG (27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 153, 156 ff., juris) beruht die Annahme des Gesetzgebers, es bestehe insoweit eine erhebliche Gefahrenlage für gewichtige Schutzgüter, die gesetzgeberisches Handeln erforderlich mache, auf hinreichend tragfähigen tatsächlichen Erkenntnissen. Er ist davon ausgegangen, dass die Impfquote (Stand 04.11.2021) nicht ausreichend und die Zahl der ungeimpften Personen hoch ist. Es sei daher in den kommenden Wochen weiterhin mit hohen Infektionszahlen und einer mindestens regionalen Belastung der öffentlichen Gesundheit auf Grund von schweren Erkrankungen überwiegend ungeimpfter Menschen zu rechnen (BT Drs. 20/15 S. 20). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 157, juris) konnte der Gesetzgeber (noch) am 10.12.2021 von einer im Allgemeinen sich verschärfenden pandemischen Lage ausgehen. Auch die gesetzgeberische Annahme einer besonderen Gefährdung vulnerabler Personen in der sich seinerzeit verschärfenden pandemischen Lage beruhte auf tragfähigen Grundlagen (BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 161 ff., juris). Das Bundesverfassungsgericht ist in seiner Entscheidung vom 27.04.2022 (1 BvR 2649/21 – Rn. 164, juris) weiter davon ausgegangen, dass die der gesetzgeberischen Zwecksetzung zugrundeliegenden Annahmen insbesondere zur Gefährdung vulnerabler Personen nach wie vor tragen. Die von ihm in seinem Verfahren angehörten Fachverbände hätten der Sache nach übereinstimmend ausgeführt, dass die Omikronvariante unbeschadet eines im Durchschnitt milderen Krankheitsverlaufs an der Zusammensetzung der besonders gefährdeten Risikogruppen und dem grundsätzlichen Grad ihrer Gefährdung nichts geändert habe. Auch weiterhin häufige Ausbrüche in medizinischen Behandlungseinrichtungen sowie Alten- und Pflegeheimen mit hohen COVID-19-Fallzahlen und zahlreichen Todesfällen belegten ein nach wie vor bestehendes sehr hohes Infektionsrisiko für die Vulnerablen.

Die in § 28b Abs. 1 IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 vorgesehene Pflicht beim Betreten von Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nachzuweisen, dass die betretenden Personen geimpft, genesen oder getestet im Sinn der Nr. 2, Nr. 4 oder Nr. 6 SchAusnahmV sind, und einen entsprechenden Nachweis mit sich zu führen, zur Kontrolle verfügbar zu halten oder beim Arbeitgeber hinterlegt zu haben, war im verfassungsrechtlichen Sinn auch geeignet, den Gesetzeszweck zu erreichen. Für die Eignung genügt verfassungsrechtlich bereits die Möglichkeit, durch die gesetzliche Regelung den Gesetzeszweck zu erreichen. Eine Regelung ist erst dann nicht mehr geeignet, wenn sie die Erreichung des Gesetzeszwecks in keiner Weise fördern kann oder sich sogar gegenläufig auswirkt. Bei der Beurteilung der Eignung einer Regelung steht dem Gesetzgeber ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die etwa erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel bezieht, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen (BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 166, juris). Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war (BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 167,. juris). Dem Gesetzgeber stand danach ein Spielraum für die Beurteilung der Eignung zu. Die in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 vorgesehene Pflicht erweist sich auch geeignet, um eine Weiterverbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen und dadurch Leben und Gesundheit vulnerabler Personengruppen zu schützen.

Diese Verpflichtung war auch im verfassungsrechtlichen Sinn erforderlich. Für den Gesetzgeber bestand ein weiter Beurteilungsspielraum, denn die Situation der Pandemie ist durch eine gefährliche, aber schwer vorhersehbare Dynamik geprägt, die Sachlage also komplex. Bei der in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 vorgesehenen Pflicht handelt es sich um einen allenfalls leichten Eingriff in die grundrechtlich gesicherte Rechtsposition der betroffenen Beschäftigten, dem der Schutz von Leben und vor schweren körperlichen Beeinträchtigungen vulnerabler Personen gegenüberstand. Ausgehend von den bei Verabschiedung des Gesetzes vorhandenen Erkenntnissen zur Übertragbarkeit des Virus und zu den Möglichkeiten, seiner Verbreitung zu begegnen, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass keine sicher gleich wirksamen Mittel zur Verfügung standen (vgl. BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 188 ff., juris zur in § 20a IfSG geregelten einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht).

Die in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 vorgesehene Pflicht war auf Grundlage der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes verfügbaren Erkenntnisse auch angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinn. Der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung stehen nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs. Der Gesetzgeber hat mit der vorliegend streitigen Pflicht nicht erheblich in das betroffene Grundrecht eingegriffen. Er durfte dabei beanstandungsfrei annehmen, dass die Beschränkungen dem dringlichen Schutz der Rechtsgüter Dritter von überragender Bedeutung dienen. In der Abwägung hat der Gesetzgeber einen angemessenen Ausgleich zwischen den mit den in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 geregelten Pflichten verfolgten Belangen Dritter und den Grundrechtsbeeinträchtigungen gefunden, der auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklungen verfassungsrechtlichen Bestand hat (vgl. BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 205 ff., juris für den erheblichen Grundrechtseingriff durch die mit § 20a IfSG eingeführte einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht). Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch einen Nasen-Rachen-Abstrich ist nur außerordentlich gering (LAG Mecklenburg-Vorpommern 14.09.2022 – 3 Sa 46/22 – Rn. 32). Der Abstrich dauert nur wenige Sekunden und verursacht kurz ein unangenehmes Gefühl. Gegebenenfalls auftretende Würgereflexe beim Rachenabstrich enden mit dem Entfernen des Wattestäbchens. Gleiches gilt für etwaige durch den eingeführten Fremdkörper verursachte Irritationen beim Nasenabstrich. Selbst wenn es zu geringen Verletzungen mit Nasenbluten kommen sollte, heilen solche nach kurzer Zeit vollständig ab (BAG 01.06.2022 – 5 AZR 28/22 – Rn. 46 mwN.).

Zudem hat der Gesetzgeber die 3G-Regel für Arbeitsplätze (zunächst) für die Zeit bis einschließlich 19.03.2022 begrenzt.

(2) Die 3G-Regel für Arbeitsstätten verletzte die Klägerin auch nicht in ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG; vgl. auch den Nichtannahmebeschluss des BVerfG 15.03.2022 – 1 BVR 2622/21 – Rn. 9, juris). Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass sie dadurch belastet sei, dass sie sich vor Aufsuchen des Arbeitsplatzes auf eine Infektion mit dem Coronavirus testen lassen müsse, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach § 28b Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 IfSG iVm. § 2 Nr. 6 und Nr. 7 der SchAusnahmV der Testnachweis auf einer Testung beruhen muss, die maximal 24 Stunden zurückliegt. Der Gesetzgeber eröffnet damit ein Zeitfenster für die Testung und ermöglicht so, den Test morgens vor Arbeitsbeginn wie auch abends nach Arbeitsende vornehmen zu lassen (BVerfG Nichtannahmebeschluss 15.03.2022 – 1 BVR 2622/21 – Rn. 9, juris). Läge ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit der beruflichen Betätigung vor, wäre dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG zum Schutz vulnerabler Menschen gerechtfertigt (vgl. BVerfG 27.04.2022 – 1 BvR 2649/21 – Rn. 254 ff., juris zu Betretungs- und Tätigkeitsverboten nach § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG).

gg) Die Klägerin war nicht nach § 275 Abs. 1 BGB von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung und Vorlage eines Nachweises befreit. Zwar bewirkt Annahmeverzug des Arbeitgebers im Sinn der §§ 293 ff. BGB – neben dem Erhalt des Entgeltanspruchs des Arbeitnehmers gemäß § 615 Satz 1 BGB – zugleich die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung, sodass gemäß § 275 Abs. 1 BGB die Leistungspflicht des Arbeitnehmers für den fraglichen Zeitraum entfällt (BAG 14.12.2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 31 mwN.). Die Beklagte befand sich im Streitfall aber nicht im Annahmeverzug im Sinn der §§ 293 ff. BGB.

Annahmeverzug des Arbeitgebers setzt neben dem Vorliegen eines erfüllbaren Arbeitsverhältnisses voraus, dass die Arbeitsleistung tatsächlich (§ 294 BGB) oder unter gewissen Umständen wörtlich (§ 295 BGB) angeboten wird, der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Angebots nicht außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB) und der Arbeitgeber die ihm angebotene Leistung nicht angenommen, seine erforderliche Mitwirkungshandlung unterlassen oder bei Zug-um-Zug-Verpflichtung die Gegenleistung nicht angeboten hat (§ 298 BGB). Nach § 297 BGB kommt der Arbeitgeber nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots oder, im Fall des § 296 BGB, zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmt Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers ist damit ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist. Ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer setzt sich selbst außer Stande, die Arbeitsleistung zu bewirken.

Da die Klägerin sich weigerte, einen anderen als von T. E. erstellten Testnachweis vorzulegen, durfte sie ihren Arbeitsplatz in der K. im Rathaus der Beklagten nicht aufsuchen. Sie konnte daher dort ihre Arbeitsleistung nicht erbringen. Sie war leistungsunwillig im Sinn des § 297 BGB und unwillig ihrer Nebenpflicht zur Vorlage eines Nachweises nachzukommen. Anders als beispielsweise bei Fällen eines von Kunden erteilten Hausverbots oder beim Entzug einer hoheitlichen Einsatzgenehmigung handelte es sich nicht um einen Fall der Leistungsunfähigkeit, weil die Klägerin es selbst in der Hand hatte, den Hinderungsgrund zu beseitigen (vgl. BAG 01.06.2022 – 5 AZR 28/22 – Rn. 20 mwN.; LAG Mecklenburg-Vorpommern 14.09.2022 – 3 Sa 46/22 – Rn. 26, juris).

hh) Die Klägerin war von der Beklagten auch nicht von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung ausdrücklich oder konkludent freigestellt worden.

Sie wurde nicht am 07.02.2022 von dem Zeugen D.von der Arbeit freigestellt. Das ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Klägerin, der Zeuge D. habe ihr mitgeteilt, dass sie das Rathaus ohne „gültigen“ Test nicht mehr betreten dürfe. Hierin liegt weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Freistellung der Klägerin. Der Zeuge hat vielmehr der Klägerin entsprechend § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung vom 10.12.2021 das Betreten der Arbeitsstätte ohne Vorlage eines Impfnachweises, Genesenennachweises oder eines Testnachweises im Sinn des § 2 Nr. 3, Nr. 5 oder Nr. 7 der SchAusnahmV verweigert. Dies wird – entgegen der Ansicht der KIägerin – auch in der zitierten E-Mail des Vorgesetzten an das Personalamt vom 07.02.2022 deutlich, in dem dieser ausführt: „Wir haben Frau A. dann nochmals gebeten, den Testnachweis einer anerkannten Teststelle vorzulegen, da es sonst nicht möglich ist, in der V. bzw. in der K. die Arbeit aufzunehmen“. Der Vorgesetzte der Klägerin hat diese darauf aufmerksam gemacht, dass ihr die Arbeitsaufnahme nicht möglich ist, solange sie keinen ordnungsgemäßen Testnachweis vorlegt. Darin liegt ein Hinweis auf ein nicht ordnungsgemäßes Arbeitsangebot der Klägerin, nicht hingegen eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung der Klägerin durch ihren Vorgesetzten. Auch in der Abmahnung vom 03.03.2022 hat die Beklagte die Klägerin deutlich aufgefordert, ihre Arbeit unter Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz aufzunehmen.

ii) Die Klägerin kann sich auch nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 275 Abs. 3 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift kann der Schuldner die Leistung verweigern, wenn er sie persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

Die Vorlage eines ordnungsgemäßen Testes entsprechend der TestV war der Klägerin nach Auffassung der Kammer unter Abwägung mit dem Interesse der Beklagten an der Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung ohne Weiteres möglich.

jj) Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung für die Beklagte ab dem 07.02.2022 bewusst und nachhaltig verweigert. Ein Arbeitnehmer verweigert seine Arbeitsleistung beharrlich, wenn er sie bewusst und nachhaltig nicht leisten will (BAG 29.08.2013 – 2 AZR 273/12 – Rn. 29 mwN.).

(1) Sie hat am 07. und 08.02.2022 ihre Arbeitsleistung jeweils nur unter Vorlage einer Testbescheinigung, die sie über das Internet-Portal „t.-e.de“ erhalten hatte, angeboten. Am 09.02.2022 ist die Klägerin nicht zur Arbeit erschienen und hat dem Leiter der K. unter dem Betreff „Komme nicht mehr“ mitgeteilt, dass sie nach Rücksprache mit ihrem Anwalt nicht mehr erscheinen müsse, nachdem sie ihre Arbeitsleistung wiederholt und explizit angeboten habe. Sie „verschone“ die Beklagte „mit weiteren Besuchen“. Am 10.02.2022 meldete sie sich nicht, auch in der Zeit ab dem 14.02.2022 erschien die Klägerin nicht an ihrem Arbeitsplatz. Auch an den Arbeitstagen ab dem 07.03.2022 meldete die Klägerin sich – trotz am 03.03.2022 erteilter Abmahnung – nicht und erschien nicht an ihrem Arbeitsplatz.

(2) Die Klägerin unterlag keinem unverschuldeten Rechtsirrtum. Der Geltungsanspruch des Rechts bewirkt, dass der Schuldner das Risiko eines Rechtsirrtums grundsätzlich selbst trägt und es nicht dem Gläubiger überbürden kann (BAG 29.08.2013 – 2 AZR 273/12 – Rn. 32).

Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt nur vor, wenn der Schuldner seinen Irrtum auch unter Anwendung der zu beachtenden Sorgfalt nicht erkennen konnte. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen. Es reicht nicht aus, dass er sich für seine eigene Rechtsauffassung auf eine eigene Prüfung und fachkundige Beratung stützen kann. Ein Unterliegen in einem möglichen Rechtsstreit muss zwar nicht undenkbar sein. Gleichwohl liegt ein entschuldbarer Rechtsirrtum nur dann vor, wenn der Schuldner damit nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu rechnen brauchte; ein normales Prozessrisiko entlastet ihn nicht (BAG 14.12.2017 – 2 AZR 86/17 – Rn. 51; 17.11.2016 – 2 AZR 730/15 – Rn. 37 mwN.).

Vorliegend musste die Klägerin bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt das Risiko, mit ihrer Einschätzung zum Ausreichen von der Firma T. E. erstellter Zertifikate für die Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz im Unrecht zu sein, erkennen. Sie kann sich insoweit weder auf die Ausführungen der Firma T. E. auf der Homepage noch auf das von ihr von der Firma T. E. angeforderte „anwaltliche Gutachten“ noch auf die Rechtsauffassung ihres Prozessbevollmächtigten berufen. Die Firma T. E. beschreibt sich auf ihrer Homepage selbst als „ungewöhnlich und dennoch vollkommen legal“. Bereits dieser Hinweis im ersten Satz der Selbstbeschreibung weist darauf hin, dass Bedenken hinsichtlich der Anerkennung von der Firma T. E. erstellter Bescheinigungen bestehen könnten. Die Homepage wurde für T. E. erstellt und dient deren Selbstdarstellung und der Bewerbung der von dieser zu erstellenden Zertifikate. Das von der Klägerin angeforderte Gutachten der Rechtsanwälte B., H.-Stadt vom 21.12.2021 (Bl. 80 ff. d. A.) wurde im Auftrag der C. GmbH betreffend das von dieser betriebene Onlineportal T. E. und das dort unterbreitete Dienstleistungsangebot erstellt. Es handelt sich somit nicht um eine unabhängige Begutachtung. Außerdem betont die „rechtliche Begutachtung“ durch Rechtsanwalt B., dass „unsere Einschätzung lediglich eine Momentaufnahme darstellen kann, da Rechtsprechung und Schrifttum zu diesem Thema bisher kaum verfasst sind.“ Aus dem Gutachten ergibt sich unter 2. das sich „zu T.-E. seit etwa Oktober 2021 Berichte recherchieren“ lassen, „die teilweise negativ oder tendenziös sind. So berichtete bspw. die Tagesschau u.a. am 25.10.2021 und stellte das Modell oder Angebot von T.-E. in Frage. (https://www.tagesschau.de/investigativ/t.-e.).“ Das „Gutachten“ führt im Folgenden aus: „Gegen entsprechende Berichterstattungen ist C. gerichtlich vorgegangen, u.a. gegen den NDR, Google und die Stuttgarter Zeitung. Die Genannten wurden auf Unterlassung oder Richtigstellung ihrer Berichte erfolgreich in Anspruch genommen (LG Hamburg v. 07.12.21, AZ: 324 O 499/21 – Google, AZ: 324 O 497/21 – NDR).“ Weiter berichtet das „Gutachten“ von zwei dem Verfasser der rechtlichen Begutachtung bekannten Entscheidungen, die sich mit Online-Testanbietern (www.d.und „f.) auseinandergesetzt hätten, wobei es sich bei den dort behandelten Fällen letztlich um wohl nicht vergleichbare Anbieter gehandelt habe. Letztendlich kommt der begutachtende Rechtsanwalt zum Ergebnis, dass das Angebot von T.E. als rechtlich nicht zu beanstanden einzustufen sei. Ohne weiteres sei „das Angebot insbesondere im Bereich 3G-Regelung am Arbeitsplatz mithin klassifizierbar i.S.v. § 2 Nr. 7 a) u. c) SchAusnahmenVO i.V.m. § 6 TestV.“ Bei sorgfältiger Prüfung musste die Klägerin erkennen, dass es sich um eine rechtliche Begutachtung eines einzelnen Rechtsanwaltes im Auftrag des Onlineportal-Betreibers handelte, die lediglich eine rechtliche Einzelmeinung darstellte. Sie musste in Erwägung ziehen, dass die zuständigen Behörden und Gerichte diese rechtliche Einschätzung nicht teilen würden. Auch die Rechtsauffassung des sie beratenden und vertretenden Rechtsanwalts, wie beispielsweise im anwaltlichen Schreiben vom 23.02.2022 geäußert, konnte die Klägerin nicht entlasten.

In der vom Landesamt Rheinland-Pfalz unter dem Link „www. https://covid-19-support.lsjv.rlp.de/hilfe/covid-19-test-dashboard/“ veröffentlichten Suchfunktion für zugelassene Teststellen war der Anbieter T. E. nicht zu finden.

Die Klägerin kann ebenfalls nicht mit dem unsubstantiierten Vortrag, andere Behörden, Gerichte und Arbeitgeber hätten die von T. E. erstellten Bescheinigungen anerkannt bzw. nicht beanstandet, einen unverschuldeten Rechtsirrtum begründen. Unklar ist zudem insoweit, ob in den von der Klägerin behaupteten Fällen die Kontrolleure bei Vorlage der Nachweise überhaupt erkannten, auf welche Weise diese erstellt worden waren.

Das sich aus dem Festhalten an ihrer Rechtsauffassung ergebende Risiko für den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses ist die Klägerin bewusst eingegangen.

c) Eine Abwägung der Interessen der Parteien ergibt ein Überwiegen der Interessen Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

aa) Bei der Prüfung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf einer Auslauffrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 14.12.2017 – 2 AZR 86/16 – Rn. 54 mwN.). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zuzumuten war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Auch Unterhaltspflichten und Familienstand können – je nach Lage des Falls – Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können berücksichtigt werden (BAG 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 – Rn. 27 mwN.). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (st. Rspr., BAG 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 – Rn. 27 mwN.; 11.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 34 mwN., juris). Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (BAG 22.10.2015 – 2 AZR 569/14 – Rn. 46 mwN.; 11.06.2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 34 mwN., juris).

Die Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB hat bei Vorliegen einer Vertragspflichtverletzung unter anderem zum Gegenstand, ob dem Kündigenden eine mildere Reaktion als eine fristlose Kündigung, also insbesondere eine Abmahnung oder fristgerechte Kündigung zumutbar war. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG 11.05.2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 37 mwN., juris). Liegt nur eine dieser Fallgruppen vor, kann Ergebnis der Interessenabwägung nicht sein, den Kündigenden auf eine Abmahnung als milderes Mittel zu verweisen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen war es der Beklagten nach der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung im Streitfall nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis jedenfalls noch bis zum Ablauf der – fiktiven – ordentlichen Kündigungsfrist (§ 34 Abs. 1 TVöD) am 30.09.2022 fortzusetzen. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass kein milderes Mittel zur Verfügung stand, auf das die Beklagte zu verweisen gewesen wäre.

bb) Die Beklagte hat die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 03.03.2022 abgemahnt. Das Schreiben vom 03.03.2022 genügt den an eine Abmahnung zu stellenden Anforderungen. Es schildert zunächst den betreffenden Sachverhalt konkret und detailliert, das heißt, es bezeichnet und rügt das beanstandete Fehlverhalten der Klägerin genau und eindeutig. So beanstandet es, dass die Klägerin am 09.02.2022 und am 10.02.2022 nicht auf der Arbeitsstelle erschienen ist. Sodann enthält das Schreiben vom 03.03.2022 die klare und ernsthafte Aufforderung, das Fernbleiben von der Arbeit, das ein unentschuldigtes Fehlen darstelle, abzustellen, indem die Klägerin aufgefordert wird, ihre Arbeit unter Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz aufzunehmen. Schließlich ist diese Aufforderung verbunden mit dem deutlichen und unmissverständlichen Hinweis, dass die Klägerin „im Wiederholungsfall oder bei Fortdauer des unentschuldigten Fehlens mit arbeitsrechtlichen Folgen bis hin zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen“ muss.

Dabei kommt es – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht darauf an, ob diese Abmahnung wegen eines Fehlers im Zusammenhang mit der Anhörung des Personalrates formell unwirksam ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (19.02.2009 – 2 AZR 603/07 – Rn. 17 mwN., juris zu einer wegen Nichtanhörung des Arbeitnehmers nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BAT aF. formell unwirksamen Abmahnung) kann auch eine formell unwirksame Abmahnung die regelmäßig vor einer verhaltensbedingten Kündigung (nach § 1 Abs. 2 KSchG) erforderliche Warnung darstellen. Es kommt für die Erfüllung der Warnfunktion auf die sachliche Berechtigung der Abmahnung und darauf an, ob der Arbeitnehmer aus ihr den Hinweis entnehmen kann, der Arbeitgeber erwäge für den Wiederholungsfall die Kündigung. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist der Arbeitnehmer unabhängig von formellen Unvollkommenheiten der Abmahnung gewarnt (BAG 19.02.2009 – 2 AZR 603/07 – Rn. 17 mwN., juris). Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragsverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzten. Die Abmahnung dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (BAG 19.02.2009 – 2 AZR 603/07 – Rn. 19, juris). Aus der formellen Unwirksamkeit einer Abmahnung kann der Arbeitnehmer nicht entnehmen, der Arbeitgeber billige das abgemahnte Verhalten. Der Arbeitnehmer bleibt auch dann gewarnt, wenn die Abmahnung an einem Formfehler leidet (BAG 15.03.2001 – 2 AZR 147/00 – Rn. 15 mwN., juris; 19.02.2009 – 2 AZR 603/07 – Rn. 19, juris). Ebenso wenig ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beeinträchtigt, wenn die formell unwirksame Abmahnung ihre kündigungsrechtliche Wirkung behält. Der Formfehler ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung zunächst nicht mit der Lösung des Arbeitsverhältnisses beantwortet, sondern dieses zu erhalten versucht, indem er dem Arbeitnehmer eine Rückkehr zur Vertragstreue anempfiehlt (BAG 19.02.2009 – 2 AZR 603/20 – Rn. 19, juris).

Die Abmahnung entfaltete mithin ihre Warnfunktion und wahrte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unabhängig davon, ob sie wörtlich dem Entwurf entspricht, zu dem der Personalrat angehört worden ist (§ 78 Abs. 2 Nr. 15 LPersVG RhPf). Im Übrigen wurde in der finalen Abmahnung lediglich – entsprechend der Stellungnahme des Klägervertreters vom 23.02.2022 – der Vorwurf aus der beabsichtigten Abmahnung entfernt, die Klägerin habe auch am 11.02.2022 unentschuldigt gefehlt.

Es kann folglich dahinstehen, ob eine Abmahnung vor Kündigungsausspruch entbehrlich war, da die Klägerin ihre Weigerungshaltung mehrfach kundgetan hatte, so beispielsweise im anwaltlichen Schreiben vom 23.02.2022, und da für die Klägerin erkennbar sein musste, dass die Beklagte ein mehrwöchiges unentschuldigtes Fehlen nicht hinnehmen konnte.

cc) Die Beklagte musste vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung auch nicht sonstige mildere Mittel ergreifen. Insbesondere musste sie der Klägerin nicht gestatten, ausschließlich von zu Hause aus tätig zu werden.

Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch, von zu Hause aus tätig zu werden, besteht nach herrschender Meinung (Schiefer, DB 2021, 114, 115) nicht. Sofern der Arbeitsort vertraglich nicht bestimmt ist, obliegt es dem Arbeitgeber, diesen gemäß § 106 GewO zu konkretisieren und damit Arbeit von zu Hause aus zu erlauben (LAG München 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21 – Rn. 61 mwN., juris). Ausnahmsweise soll der Arbeitgeber in anderen Situationen verpflichtet sein, einer Tätigkeit im Homeoffice zuzustimmen, nämlich wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner körperlichen Konstitution oder Betreuungs- und Pflegepflichten gegenüber nahen Angehörigen nicht mehr in der Lage ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen. In diesen Fällen könne die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 1 BGB es gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht so Gebrauch mache, dass dem Arbeitnehmer eine Leistungserbringung wieder möglich werde. Das Ermessen sei dann „auf Null“ reduziert. Der Anspruch auf Homeoffice setzt jedoch auch nach dieser Meinung voraus, dass die Art der Arbeitsleistung keine Präsenz an der Arbeitsstätte erfordert oder keine betrieblichen Gründe entgegenstehen (LAG München 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21 – Rn. 62 mwN., juris).

Selbst unter Zugrundelegung dieser Meinung hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Beschäftigung auf einem Heimarbeitsplatz. Sie war aufgrund des Änderungsvertrages vom 25.11.2021 zum 01.01.2022 in die Geschäftsbuchhaltung, K. gewechselt und befand sich dort in der Einarbeitung wie sich auch aus der E-Mail der Beklagten betreffend den Resturlaub an die Klägerin vom 01.03.2022 ergibt.

Auch nach § 28b Abs. 4 Satz 1 IfSG hatte die Beklagte die Klägerin nicht im Home Office zu beschäftigen, da der Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice vorliegend bereits die erforderliche Einarbeitung in ihren neuen Arbeitsbereich entgegenstand. Nach dieser Vorschrift in der vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 geltenden Fassung hatte der Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten hatten dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstanden (§ 28b Abs. 4 Satz 2 IfSG). § 28b Abs. 4 Satz 1 IfSG war wortgleich mit § 2 Abs. 4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung. Ausweislich des Referentenentwurfs zu dieser Regelung verpflichtete diese den Arbeitgeber bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen. Nur wenn zwingende betriebliche Gründe entgegenstanden, sollte von einer Verlagerung dieser Tätigkeiten abgesehen werden können. Für die Umsetzung sollte es nach dem Referentenentwurf erforderlich sein, dass die räumlichen und technischen Voraussetzungen in der Wohnung des Beschäftigten gegeben sind und dass zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten eine Vereinbarung bezüglich Homeoffice getroffen worden war, beispielsweise auf dem Wege einer arbeitsvertraglichen Regelung oder durch eine Betriebsvereinbarung. Nach dem Referentenentwurf sollte ein subjektives Klagerecht von Beschäftigen damit nicht verbunden sein (Referentenentwurf der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, Bearbeitungsstand 20.01.2021, S. 9; vgl. ArbG Heilbronn 23.03.2022 – 2 Ca 14/22 – Rn. 71 mwN., juris).

cc) Die Beklagte hätte der Klägerin auch nicht ohne entsprechenden Antrag der Klägerin vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung bezahlten oder unbezahlten Urlaub gewähren müssen und dürfen.

Die Klägerin war – wie sich aus ihrer E-Mail vom 01.03.2022 an die Beklagte entnehmen lässt – vom Personalamt aufgefordert worden, 28 Tage Resturlaub zu beantragen, damit diese nicht verfallen. Die Klägerin hat diesen Resturlaub gerade nicht beantragt, sondern ihre Absicht kundgetan, im Fall des Einverständnisses der Beklagten die Übertragung des Resturlaubs bis Ende Mai 2022 zu beantragen. Nach der Ablehnung der Urlaubsübertragung durch E-Mail der Beklagten vom 01.03.2022 erfolgte keine Reaktion der Klägerin, insbesondere kein Antrag auf Urlaubserteilung. Wird der Arbeitnehmer vor Urlaubserteilung jedoch nicht nach seinen Wünschen gefragt, kann der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Konkretisierung der über das ganze Jahr bestehenden Freistellungsverpflichtung auf den vom Arbeitgeber ausgesuchten Zeitraum nicht in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise vorgenommen wurde und ihm deshalb Urlaub zur Unzeit gewährt werden soll (ErfK/Gallner, 23. Aful 2023, BUrlG § 6 Rn. 13).

Die Beklagte musste der Klägerin als milderes Mittel keinen unbezahlten Urlaub anbieten und gewähren. Die Klägerin hat deutlich gemacht, dass sie davon ausgeht, dass sich die Beklagte aus ihrer Sicht in Annahmeverzug befindet und zur Zahlung von Annahmeverzugsvergütung verpflichtet ist.

dd) Die Beklagte musste auch nicht der Klägerin eine Testung vor Ort am Arbeitsplatz/vor einem Vorgesetzten ermöglichen. Zwar sah § 28b Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 IfSG in der vom 12.12.2021 bis zum 19.03.2022 geltenden Fassung vor, dass Beschäftigten ein Betreten der Arbeitsstätte erlaubt war, um unmittelbar vor der Arbeitsaufnahme ein Testangebot des Arbeitgebers zur Erlangung eines Nachweises im Sinne des § 4 Abs. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 25.06.2021, geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 06.09.2021 wahrzunehmen. Die Beklagte musste aber keine täglichen Tests im Sinn des § 2 Nr. 7a SchAusnahmV anbieten. Der Arbeitsplatz der Klägerin war im Rathaus der Beklagten. In fußläufiger Entfernung befanden sich verschiedene Testmöglichkeiten. Auf diese hatte die Beklagte die Klägerin bereits in ihrer E-Mail vom 21.01.2022 unter Hinweis auf Informationsmöglichkeiten unter „https://corona.rlp.de/de/testen“ hingewiesen. Die Beklagte musste insbesondere angesichts der zur Verfügung stehenden Alternativen für eine Testung keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen und kein eigenes Personal schulen und mit der Beaufsichtigung der Tests beschäftigen, das in dem hierfür erforderlichen zeitlichen Umfang sodann nicht für die Erledigung der anfallenden Verwaltungsaufgaben der Beklagten zur Verfügung stehen würde.

ee) Eine abschließende Abwägung der wechselseitigen Interessen ergibt ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin. Auch die Einhaltung der – fiktiven – Kündigungsfrist ist der Beklagten nicht zuzumuten.

Die Pflichtverletzung der Klägerin war schwerwiegend. Sie hat gegen ihre Hauptleistungspflicht verstoßen und es der Beklagten unmöglich gemacht, mit der von ihr geschuldeten Arbeitsleistung zu planen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und welche Arbeiten aufgrund ihrer Abwesenheit nicht erledigt wurden (BAG 22.10.2015 – 2 AZR 569/14 – Rn. 51 mwN.). Betriebsablaufstörungen sind mit einem unentschuldigten Fehlen des Arbeitnehmers üblicherweise verbunden. Ansonsten wäre der Arbeitnehmer in der fraglichen Zeit eigentlich überflüssig und sein Einsatz für den Arbeitgeber nicht von Nutzen, was regelmäßig nicht angenommen werden kann (BAG 15.03.2001 – 2 AZR 147/00 – Rn. 15 mwN., juris).

Es war im Streitfall zu erwarten, dass es auch in Zukunft zu einer Arbeitsverweigerung der Klägerin kommen wird. Dies gilt zum einen für den Zeitraum der Gültigkeit der 3G-Regelungen bis zum 19.03.2022. Die Klägerin hatte deutlich gemacht, dass sie davon ausgegangen ist, vor dem Ende der Testpflicht ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen zu können. Sie war offensichtlich unter keinen Umständen bereit, einen anderen als von T. E. erstellten Testnachweis vorzulegen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen und ihre Arbeitsleistung zu erbringen.

Aber auch für die Zeit nach dem 19.03.2022 war aus der beharrlichen Arbeitsverweigerung der Klägerin und ihrer Weigerung, einen anderen als von T. E. erstellten Testnachweis vorzulegen, und der hieraus resultierenden Vertragsstörung sowie dem entstandenen Vertrauensverlust zu schließen, dass es auch zukünftig zu weiteren erheblichen Vertragsstörungen kommen wird. So war davon auszugehen, dass, sollte es im Zuge der Weiterentwicklung der Pandemie etwa in dem folgenden Herbst bzw. Winter zur erneuten Einführung einer Testpflicht für alle Beschäftigten oder für in öffentlichen Verwaltungen Beschäftigte kommen, die Klägerin erneut für den Zeitraum der Testpflicht keinen in einem lokalen Testzentrum erstellten Test vorlegen und der Arbeit unentschuldigt fernbleiben würde. Darüber hinaus zeigt das Verhalten der Klägerin ihre grundlegende Einstellung, den gesetzlichen Vorgaben sowie den Weisungen ihrer Arbeitgeberin, insbesondere auch den Gesundheitsschutz betreffend, dann nicht und nicht einmal vorübergehend nachzukommen, wenn sie diese für rechtlich unzutreffend hält, auch wenn diese von ihr keinen übermäßigen Einsatz verlangen. Sie hat deutlich gemacht, dass von ihr die Unannehmlichkeiten durch die vom Bundesgesetzgeber angeordnete 3G-Pflicht höher bewerten werden als die von ihr zu erledigenden Aufgaben ihrer Arbeitgeberin und die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen, die die Arbeitsaufgaben im Fall ihres (unentschuldigten) Fernbleibens – vorliegend besonders belastend im Rahmen der Corona-Pandemie – zusätzlich übernehmen müssen. Dabei ergibt sich nichts Anderes daraus, dass die Klägerin erst zum 01.01.2022 nach längerer Arbeitsunfähigkeit in die Geschäftsbuchhaltung, K. gewechselt war und erst in diesen Arbeitsbereich eingearbeitet werden musste. Selbst wenn die Klägerin in ihrer Einarbeitungszeit noch keinerlei verwertbare Arbeitsergebnisse hätte erzielen können, konnte die Einarbeitung der Klägerin nicht grundsätzlich entfallen, sondern hätte im Fall ihres Fehlens zu einem späteren Zeitraum durchgeführt werden müssen. Spätestens in diesem hätte sie aber – nach im Zeitraum ihres unentschuldigten Fehlens erfolgter Einarbeitung – für die eigenständige Erledigung von Arbeitsaufgaben zur Verfügung gestanden und die Kollegen und Kolleginnen entlasten können.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Beklagte gemäß § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG zur Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 28b Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 IfSG durch Nachweiskontrollen und zu deren regelmäßiger Dokumentation verpflichtet war. Die Beklagten handelte gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 11d IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022 ordnungswidrig, wenn sie entgegen § 28b Abs. 3 Satz 1 IfSG die Einhaltung einer dort genannten Verpflichtung nicht oder nicht richtig überwachte. Diese Ordnungswidrigkeit konnte mit einer Geldbuße bis zu 25.000,00 € geahndet werden (§ 73 Abs. 2 IfSG in der Gültigkeit vom 12.12.2021 bis 19.03.2022). Von der Beklagten als lokaler Gebietskörperschaft war in besonderem Maße die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu erwarten.

Die Beklagte hat den von der Klägerin vorgelegten Testnachweis der Firma T. E. zunächst vorbehaltlich einer weiteren Überprüfung durch das Personalamt als Nachweis iSd, § 2 Nr. 7 SchAusnahmV akzeptiert, die Klägerin zunächst auf die rechtlichen Bedenken durch E-Mail vom 21.01.2022 hingewiesen und der Klägerin Gelegenheit gegeben, ihren Standpunkt zu überdenken und eine lokale Schnellteststation aufzusuchen. Darüber hinaus hat die Beklagte bei der Beschwerde-TfA (LSJA) mit E-Mail vom 10.02.2022 und ergänzender Nachfrage vom 11.02.2022 konkret hinsichtlich der Anerkennung der von der Firma T. E. erstellten Testnachweise Auskünfte eingeholt. Dabei ist es im vorliegenden Fall rechtlich irrelevant, ob die beantwortenden E-Mails der Beschwerde-TfA die konkrete Person des Auskunftgebenden erkennen lassen und von dieser unterzeichnet sind.

Die Klägerin hat hingegen keinen Kompromiss gesucht, etwa bezahlten Erholungsurlaub beantragt, oder an einzelnen Tagen einen von der Beklagten akzeptierten Testnachweis vorgelegt.

Es war der Klägerin – wie den anderen Beschäftigten der Beklagten sowie sämtlichen Arbeitgebern und Beschäftigten im Geltungsbereich des IfSG – zumutbar, beim Betreten von Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis im Sinn des § 2 Nr. 3, Nr. 5 oder Nr. 7 SchAusnahmV vorzulegen und zur Erlangung des letzteren ein lokales Testzentrum aufzusuchen und dort einen Test durchführen zu lassen. Im ersten Quartal des Jahres 2022 stand eine große Auswahl an Teststellen zur Verfügung, so beispielsweise in der Nähe der Arbeitsstätte der Klägerin am S. oder in der Fußgängerzone gegenüber der L. Bäckerei GmbH. Etwaige Wartezeiten hätte die Klägerin durch die vorherige (telefonische) Terminvereinbarung bei der von ihr ausgewählten Schnellteststelle und die elektronische Übermittlung des Testergebnisses auf ihr Handy minimieren können. Ihr stand weiter die Möglichkeit offen, den Test in der Mittagspause oder auf ihrem Heimweg mit Gültigkeit für die folgenden 24 Stunden durchführen zu lassen. Auch das von ihr bevorzugte Testverfahren (Nasen-Rachen-Abstrich, Spucktest) konnte sie frei wählen.

In Anbetracht dieser Gesichtspunkte konnten nach Auffassung der Kammer auch der Bestand des Arbeitsverhältnisses seit dem Jahr 2003, der sich hieraus in Verbindung mit dem Lebensalter der verheirateten Klägerin ergebende tarifliche Ausschluss einer ordentlichen Kündigung sowie der von erheblichen Pflichtverletzungen freie Verlauf des Arbeitsverhältnisses nicht zu einem Überwiegen des Interesses der Klägerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber demjenigen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Aus der vorangegangenen Änderung des Arbeitsvertrages mit Änderung des Arbeitsbereiches, Reduzierung der Stundenzahl und Verringerung der Vergütung ergibt sich ebenfalls keine andere Beurteilung.

b) Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt regelmäßig, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen will oder nicht (BAG 23.01.2014 – 2 AZR 582/13 – Rn. 14 mwN.). Uneingeschränkt gilt dies bei in der Vergangenheit liegenden, vollständig abgeschlossenen Kündigungssachverhalten, mögen diese auch – etwa als Vertrauensverlust – noch fortwirken. Bei Dauertatbeständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Kündigungssachverhalt und seine betrieblichen Auswirkungen fortwährend neu verwirklichen, lässt sich der Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eindeutig fixieren. Liegt ein solcher Tatbestand vor, reicht es zur Fristwahrung aus, dass die Umstände, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützt, auch noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung gegeben waren (BAG 23.01.2014 – 2 AZR 582/13 – Rn. 14 mwN.).

Vorliegend hat die Beklagte einen Dauertatbestand geltend gemacht, der sich bis zum Kündigungszeitpunkt fortlaufend neu verwirklichte. Die beharrliche Arbeitsverweigerung der Klägerin dauerte im Kündigungszeitpunkt unverändert an. Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung bis zum Ausspruch der Kündigung nicht unter Vorlage eines gültigen Testergebnisses angeboten. Sie hat sich vielmehr auch nach Erteilung der Abmahnung vom 03.03.2022 nicht bei der Beklagten gemeldet und ist nicht zur Arbeit erschienen.

c) Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene außerordentliche Kündigung ist auch nicht unwirksam, weil der Personalrat nicht (ordnungsgemäß) beteiligt worden wäre, § 83 Abs. 4 LPersVG RhPf. Die Beklagte hat den bei ihr gebildeten Personalrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört. Nach § 83 Abs. 3, Abs. 4 LPersVG RhPf ist der Personalrat vor fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen anzuhören. Die Leiterin oder der Leiter der Dienststelle hat die beabsichtigte Maßnahme zu begründen. Dabei muss er dem Personalrat die Personaldaten des zu kündigenden Arbeitnehmers, den Kündigungstermin und die Kündigungsgründe unter näherer Umschreibung des ihnen zugrundeliegenden Sachverhalts mitteilen (vgl. BAG 05.02.1981 – 2 AZR 1135/78 – Rn. 26, juris für das Mitbestimmungsrecht nach dem LPVG NW bei einer ordentlichen Kündigung). Eine unzureichende Unterrichtung des Personalrats führt ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die ordnungsgemäße Ausübung seiner Rechte ist dem Personalrat nur möglich, wenn er ausreichende Kenntnis von den Vorgängen und Umständen hat, die als Grundlage seiner Willensbildung unentbehrlich sind (vgl. BAG 05.02.1981 – 2 AZR 1135/78 – Rn. 27 mwN., juris). Die Unterrichtung hat deshalb so umfassend zu sein, dass der Personalrat alle entscheidenden Gesichtspunkte kennt, um sein Mitbestimmungsrecht sachgerecht ausüben zu können. Die Anforderungen an den Inhalt der Unterrichtung des Personalrats entsprechen den nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu stellenden Anforderungen (vgl. BAG 05.02.1981 – 2 AZR 1135/78 – Rn. 28 mwN., juris zum LPVG NW).

Hat der Personalrat Bedenken, so hat er sie unter Angabe der Gründe der Leiterin oder dem Leiter der Dienststelle unverzüglich, spätestens innerhalb von vier Werktagen, schriftlich mitzuteilen.

Die Beklagte hat den Personalrat mit Schreiben vom 10.03.2022 unter ausführlicher Angabe der Kündigungsgründe angehört. Diese Anhörung ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch nicht inhaltlich falsch, da kein unentschuldigtes Fehlen vorgelegen habe, sondern sie, wie vom Vorgesetzten befohlen, von der Arbeit ohne anderen Testnachweis ferngeblieben sei. Wie dargelegt, fehlte die Klägerin tatsächlich unentschuldigt.

Der Personalrat hat der außerordentlichen Kündigung der Klägerin ausdrücklich zugestimmt.

Die Berufung der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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