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Keine Beendigungskündigung, wenn eine Änderungskündigung möglich ist

Kündigungsschutz: Arbeitgeber muss Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten prüfen

Das Arbeitsrecht regelt das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und beinhaltet auch die Thematik der Kündigung. In diesem Rechtsgebiet ist die Unterscheidung zwischen einer Beendigungskündigung und einer Änderungskündigung von wesentlicher Bedeutung. Während eine Beendigungskündigung das Arbeitsverhältnis auflöst, bietet eine Änderungskündigung dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, unter geänderten Arbeitsbedingungen im Unternehmen weiterbeschäftigt zu werden. Die Sozialauswahl als Element des Kündigungsschutzgesetzes spielt eine tragende Rolle, um sicherzustellen, dass Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.

Im Zentrum steht dabei oft die Frage, ob eine Umschulung oder die Erlangung zusätzlicher Qualifikationen, wie etwa eines Personenbeförderungsscheins, eine zumutbare Alternative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Diese Konzepte sind entscheidend, um die Rechte der Arbeitnehmer im Falle einer betriebsbedingten Kündigung zu wahren und die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung zu prüfen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 9 Ca 632/12  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Arbeitsgericht Zwickau hat entschieden, dass die ordentliche Kündigung einer Bürokauffrau durch ihren Arbeitgeber sozial ungerechtfertigt und daher unwirksam ist, da eine Änderungskündigung möglich gewesen wäre.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Das Gericht stellt fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde.
  2. Es wurde eine Weiterbeschäftigung der Klägerin zu unveränderten Bedingungen angeordnet.
  3. Die Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits übernehmen.
  4. Streitwert auf 5.917,44 € festgesetzt.
  5. Das Gericht betont den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Eine Beendigungskündigung ist nur zulässig, wenn keine milderen Mittel (wie eine Änderungskündigung) zur Verfügung stehen.
  6. Die Beklagte hatte zwar eine Umschulung zur Rettungshelferin angeboten, aber dies führte nicht zu einer wirksamen Ablehnung der Änderungskündigung durch die Klägerin.
  7. Die Klägerin hätte nach Umschulung und Erwerb des Personenbeförderungsscheins auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden können.
  8. Das Urteil unterstreicht die Pflicht des Arbeitgebers, bei Kündigungen stets die Sozialauswahl und mögliche Weiterbeschäftigung zu prüfen.

In diesem spezifischen Fall kämpft eine Arbeitnehmerin gegen die Wirksamkeit einer von ihrem Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung, wobei sie unter anderem eine nicht ordnungsgemäße Sozialauswahl und das Fehlen dringender betrieblicher Erfordernisse rügt. Die Klägerin argumentiert, dass ihr die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen – konkret nach einer Umschulung zur Rettungshelferin – hätte angeboten werden müssen, bevor eine Beendigungskündigung ausgesprochen wird. Die Frage, ob der Arbeitgeber der Klägerin zunächst eine Änderungskündigung hätte anbieten müssen, steht somit im Fokus dieses Rechtsstreits.

Die juristische Auseinandersetzung berührt grundlegende arbeitsrechtliche Themen wie die Sozialauswahl, die Änderungskündigung und die betriebsbedingte Kündigung sowie die Bedingungen für eine Weiterbeschäftigung. Diese Begriffe sind nicht nur Schlüsselwörter im juristischen Diskurs, sondern stellen auch die Eckpfeiler des Kündigungsschutzrechts dar und sind somit entscheidend für den Ausgang des Verfahrens.

Die Kündigungsklage: Ein arbeitsrechtlicher Präzedenzfall

In einem bemerkenswerten arbeitsrechtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Zwickau stand die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung im Mittelpunkt. Eine langjährige Bürokauffrau, tätig bei einem Unternehmen im Bereich Krankentransporte und Notfallrettung, sah sich mit einer betriebsbedingten Kündigung konfrontiert. Die Kündigung folgte auf ein Gespräch mit der Geschäftsführung, in dem die Möglichkeit einer Umschulung zur Rettungshelferin und eines damit einhergehenden neuen Tätigkeitsfeldes zur Sprache kam. Diese Option, so die Klägerin, wurde ihr jedoch nie formell angeboten, sondern lediglich in einem informellen Rahmen diskutiert, in welchem sie ihre Bedenken hinsichtlich des Führens von Fahrzeugen zum Ausdruck brachte.

Änderungskündigung vs. Beendigungskündigung: Was ist gerechtfertigt?

Das rechtliche Problem in diesem Fall lag in der Frage, ob die ausgesprochene Beendigungskündigung gerechtfertigt war oder ob vielmehr eine Änderungskündigung hätte ausgesprochen werden müssen. Eine Änderungskündigung wäre dann angezeigt gewesen, wenn der Arbeitsplatz der Klägerin durch eine Umstrukturierung weggefallen wäre, aber eine Weiterbeschäftigung unter geänderten Bedingungen möglich gewesen wäre.

Gerichtliches Vorgehen offenbart Lücken in der Argumentation der Beklagten

Die Gerichtsverhandlung legte offen, dass die Beklagte eine unternehmerische Entscheidung zur Auslagerung der Buchhaltung und Lohnbuchhaltung getroffen hatte, was den Arbeitsplatz der Klägerin obsolet machte. Jedoch gab es einen freien Arbeitsplatz als Rettungshelfer, für den die Klägerin nach einer Umschulung und dem Erwerb eines Personenbeförderungsscheins infrage gekommen wäre. Die Beklagte argumentierte, dass ein solches Angebot ausgeschlagen wurde, was die Klägerin jedoch bestritt.

Grundsatzentscheidung für das Arbeitsrecht: Die Bedeutung von Verhältnismäßigkeit und Sozialauswahl

Das Gericht folgte in seinem Urteil dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und stellte fest, dass die Beendigungskündigung sozial ungerechtfertigt war. Es wertete die Kündigung als rechtswidrig, da der Beklagten mildere Mittel in Form einer Änderungskündigung zur Verfügung gestanden hätten. Es wurde bemängelt, dass die Beklagte nicht ausreichend dargelegt habe, dass der Klägerin ein konkretes und zumutbares Änderungsangebot unterbreitet wurde. Zudem wurde festgestellt, dass die Klägerin nicht unmissverständlich eine mögliche Änderung ihrer Arbeitsbedingungen abgelehnt hatte.

Die Entscheidung des Gerichts verpflichtet die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin unter unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens. Dieses Urteil bekräftigt die Notwendigkeit eines sorgfältigen Vorgehens von Arbeitgebern beim Ausspruch von Kündigungen und betont die Bedeutung des Angebots von Änderungskündigungen, wenn die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung besteht.

Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen für die Praxis des Kündigungsrechts, da es die Schutzfunktion des Kündigungsschutzgesetzes unterstreicht und deutlich macht, dass Arbeitgeber ihre Entscheidungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen sorgfältig prüfen und begründen müssen. Es betont auch die Rechte der Arbeitnehmer auf eine faire Behandlung und die Pflicht der Arbeitgeber, alle Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung auszuschöpfen, bevor sie eine Kündigung aussprechen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


In welchen Fällen ist eine Änderungskündigung anstelle einer Beendigungskündigung auszusprechen?

Eine Änderungskündigung kommt in Betracht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortsetzen möchte, anstatt es vollständig zu beenden. In Deutschland gilt der Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung. Das bedeutet, dass eine Beendigungskündigung sozial ungerechtfertigt ist, wenn die Möglichkeit besteht, den Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Änderungskündigungen sind in verschiedenen Situationen möglich, wie zum Beispiel bei personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen. Eine personenbedingte Änderungskündigung kann beispielsweise erfolgen, wenn der Arbeitnehmer aus krankheitsbedingten Gründen nicht mehr die gewohnte Arbeitsleistung erbringen kann. In diesem Fall kann der Arbeitgeber ihm einen Arbeitsplatz anbieten, in dem seine verminderte Leistungsfähigkeit keine Rolle spielt, allerdings zu einem geringeren Gehalt.

Eine betriebsbedingte Änderungskündigung kann aus betrieblichen Gründen erfolgen, wie zum Beispiel bei einer Standortschließung, bei der das Arbeitsverhältnis an einem anderen Ort fortgesetzt werden soll.

Der Arbeitgeber muss bei einer Änderungskündigung dieselben Regeln und Pflichten einhalten wie bei einer regulären Kündigung, einschließlich der Einhaltung der jeweils geltenden Kündigungsfristen. Eine Änderungskündigung muss zudem sozial gerechtfertigt sein, gemäß § 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) .

Wenn ein Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhält, hat er verschiedene Optionen, um darauf zu reagieren: Er kann das Angebot ohne Vorbehalt annehmen, das Angebot ablehnen und die Kündigung in Kauf nehmen, das Angebot ablehnen und eine Kündigungsschutzklage erheben oder das Änderungsangebot unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG annehmen. Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass für die Klage gegen eine Änderungskündigung eine Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung besteht.


Das vorliegende Urteil

ArbG Zwickau – Az.: 9 Ca 632/12 – Urteil vom 17.10.2012

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.03.2012 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31.08.2012 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Bürokauffrau bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorliegenden Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Der Streitwert wird auf 5.917,44 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung vom 23.03.2012 sowie eine Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Die am … 1965 geborene, nicht mehr unterhaltspflichtige Klägerin ist bei der Beklagten, deren Geschäftszweck die Durchführung von Krankentransporten sowie die Notfallrettung ist, seit 01.09.1999 als Bürokauffrau beschäftigt. Bei 40 Arbeitsstunden wöchentlich bezieht die Klägerin einen Bruttomonatsentgelt von 1.479,36 €. Im März 2012 sind bei der Beklagten – einschließlich der Klägerin – insgesamt 7 Arbeitnehmer tätig; mehr als 5 – nicht zur Berufsbildung tätige – Arbeitnehmer hiervon (die Klägerin wiederum einbezogen) sind in diesem Zeitraum vollzeitbeschäftigt und standen auch bereits zum 31.12.2003 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis.

Ein als Rettungshelfer bei der Beklagten beschäftigter Arbeitnehmer hatte sein Arbeitsverhältnis bei der Beklagten – letztlich – mit Ablauf des 30.04.2012 gekündigt. Ein Rettungshelfer erzielt bei der Beklagten einen monatlichen Bruttolohn von etwa 1.300,00 €. Ob die Beklagte der Klägerin im Hinblick auf diese zum 01.05.2012 neu zu besetzende Stelle im Rahmen eines Gesprächs – dass seinerseits unstreitig am 23.03.2012 stattfand – eine Umschulung zur Rettungshelferin anbot, die die Klägerin ablehnte, ist zwischen den Parteien umstritten. Eine Umschulung zur Rettungshelferin hätte 4 Wochen gedauert, die Erlangung des sogenannten Personenbeförderungsscheins – beides Voraussetzung für eine Tätigkeit als Rettungshelfer – hätte noch weitere Zeit in Anspruch genommen. Jedenfalls nahm die Beklagte im Nachgang für diesen Arbeitsplatz eine Neueinstellung vor.

Nach dem zuvor angesprochenen Gespräch kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 23.03.2012 das Arbeitsverhältnis der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen zum Ablauf des 31.08.2012. Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin noch am 23.03.2012 zu.

Durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.04.2012 lässt die Klägerin am selben Tag gegen die ihr durch die Beklagte erteilte Kündigung vom 23.03.2012 beim Arbeitsgericht Zwickau Kündigungsschutzklage erheben und kündigt dabei neben einem Weiterbeschäftigungsantrag für die Dauer des Prozessrechtsverhältnisses auch einen sogenannten allgemeinen Fortbestehensantrag an.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die ausgesprochene Kündigung sei weder durch Gründe in ihrer Person oder in ihrem Verhalten, noch durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt; sie rüge auch eine nicht ordnungsgemäße Sozialauswahl. Soweit die Beklagte sich zur Begründung ihrer Kündigung darauf berufe, dass sie eine Unternehmerentscheidung getroffen habe, Buchhaltung und Lohnbuchhaltung ab 01.09.2012 an ein Steuerbüro zu vergeben, bestreite sie einerseits eine solche Entscheidung und mache andererseits geltend, dass die genannten Arbeiten lediglich 50% ihrer Arbeitszeit ihn Anspruch nähmen. Auch habe sie der Beklagten mitgeteilt, dass sie sich eine Weiterbeschäftigung als Rettungssanitäterin bzw. Rettungshelferin vorstellen könne; insoweit sei die Beklagte daher allenfalls zum Ausspruch einer Änderungskündigung berechtigt gewesen. Nicht zutreffend sei hingegen, das Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Prozess, sie habe ihr – in dem besagten Gespräch am 23.03.2012 – eine Umschulung zur Rettungshelferin angeboten, durch sie wiederum sei aber eine solche Beschäftigung abgelehnt worden. Ein derartiges Angebot sei ihr schon nie unterbreitet worden, vielmehr sei sie nur durch den Geschäftsführer der Beklagten – nachdem dieser seine Kündigungsabsicht wegen einer Auslagerung der Buchhaltung angekündigt hatte – danach gefragt worden, ob sie Auto fahre. Diese Frage habe sie bejaht, allerdings hinzugefügt, sie sei aber kein Alltagsfahrer. Daraufhin habe der Geschäftsführer geantwortet, das habe sich damit erledigt, ansonsten hätte man ihr gegebenenfalls eine Umschulung angeboten. Insgesamt sei damit die durch die Beklagte ausgesprochene ordentliche Kündigung unwirksam und somit ihre Klage begründet.

Die Klägerin beantragt daher – unter Klagerücknahme im Übrigen – zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.03.2012 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31.08.2012 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Bürokauffrau bis zur rechtskräftigen Entscheidung vorliegenden Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, die ausgesprochene Kündigung erweise sich als rechtswirksam, da hierfür betriebsbedingte Gründe vorlägen. Sie habe im März 2012 die unternehmerische Entscheidung getroffen, ihre Buchhaltung und Lohnbuchhaltung ab 01.09.2012 fremd zu vergeben und auch schon einen entsprechenden Vertrag am 21.03.2012 mit einem Steuerbüro geschlossen. Da Buchhaltung und Lohnbuchhaltung etwa 95% der Arbeitszeit der Klägerin beanspruchten, sei damit der Arbeitsplatz der Klägerin entfallen. Auch habe sie eine Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt. In dem besagten Gespräch am 23.03.2012 habe ihr Geschäftsführer – in Ansehung des mit Ablauf des 30.04.2012 frei werdenden Arbeitsplatzes eines Rettungshelfers – der Klägerin eine Umschulung zur Rettungshelferin und den Erwerb des sogenannten Personenbeförderungsscheins auf Kosten der Beklagten angeboten. Dieses Angebot habe die Klägerin abgelehnt mit der Begründung, dass sie eine Tätigkeit als Rettungshelferin nicht ausüben wolle, da sie dabei auch ein Auto steuern müsse und keine sichere Autofahrerin sei. Im Ergebnis dieses Gespräches sei ihr keine andere Möglichkeit verblieben, als der Klägerin die streitgegenständliche Beendigungskündigung auszusprechen. Die erhobene Klage sei daher als unbegründet abzuweisen.

Für den weiteren Sachvortrag der Parteien und der von diesen im Übrigen geäußerten Rechtsansichten wird verwiesen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften vom 16.05.2012 und 17.10.2012 (§ 46 Abs.2 ArbGG i.V.m. § 313 Abs.2 Satz 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 23.03.2011 erweist sich als sozial ungerechtfertigt und damit als rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 und 2 KSchG), da diese gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, indem die Beklagte statt einer möglichen Änderungskündigung der Klägerin eine Beendigungskündigung ausgesprochen hat.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG unproblematisch das Kündigungsschutzgesetz [KSchG] Anwendung. Die Klägerin ist bei der Beklagten weit mehr als 6 Monate beschäftigt; zum Kündigungszeitpunkt waren bei der Beklagten mehr als 5 Arbeitnehmer – unter denen sich keine zur Berufsbildung beschäftigte Person befand – in Vollzeit tätig, die auch schon am 31.03.2003 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis standen (§ 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KSchG). Mit Klageerhebung am 12.04.2012 (vgl. Bl. 1 d.A.) beim Arbeitsgericht hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 23.03.2012 hat die Klägerin auch die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt, so dass diese Kündigung nach den Regelungen des KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung hin überprüfbar ist.

2. Sozial gerechtfertigt ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber, eine sogenannte betriebsbedingte Kündigung, wenn sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

a. Da mit der Beendigungskündigung eines Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeber regelmäßig in die Existenzgrundlage des Arbeitnehmers eingreift, muss ein derartig schwerwiegender Eingriff stets die äußerste Möglichkeit – ultima ratio – sein, um auf eine gegebene Situation zu reagieren, d.h. die Beendigungskündigung unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (BAG, Urteil vom 30.05.1978 – 2 AZR 630/76 – AP Nr. 70 zu § 626 BGB; BAG, Urteil vom 25.10.2007 – 8 AZR 593/06 – AP Nr. 6 zu § 611 BGB Mobbing; KR-Griebeling, 9.A. (2009), § 1 KSchG Rdnr. 214; HaKo-KSchR/Pfeiffer, 4.A. (2012), § 1 KSchG Rdnr. 177). Das Merkmal der „dringenden Erfordernisse“ nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist daher nur dann erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, der bei Ausspruch der Kündigung gegebenen betrieblichen Lage durch andere, mildere Maßnahmen als durch eine (Beendigungs-) Kündigung zu begegnen (BAG, Urteil vom 29.11.1990 – 2 AZR 282/90 – RzK I 5a 4; KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 214; SPV/Preis, 10.A. (2010), Rdnr. 984; HaKo-KSchR/Pfeiffer, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 176).

b. Der Arbeitgeber hat daher dem Arbeitnehmer – bei Wegfall dessen Arbeitsplatzes aus betriebsbedingten Gründen – vor Ausspruch einer Beendigungskündigung die Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz, auch zu geänderten – schlechteren – Arbeitsbedingungen anzubieten (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – AP Nr. 79 zu § 2 KSchG 1969; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – AP Nr. 80 zu § 2 KSchG 1969; KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 224; SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 992; HaKo-KSchR/Pfeiffer, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 179). Das Angebot kann nur in Extremfällen unterbleiben, wenn der andere freie Arbeitsplatz – als völlig unterwertig – offenbar unzumutbar ist (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 227; SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 997; HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 710). Als „frei“ ist ein Arbeitsplatz auch dann anzusehen, wenn zum Kündigungszeitpunkt mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen ist, dass dieser Arbeitsplatz während des Laufs der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen wird (SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 991; HaKo-KSchR/Pfeiffer, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 938). Gleichfalls liegt ein derartiger Arbeitsplatz vor, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsaufgabe dort erst nach einer dem Arbeitgeber zumutbaren Einlernzeit, Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme wahrnehmen kann (SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 992; HaKo-KSchR/Pfeiffer, a.a.O., Rdnr. 939).

c. Lehnt der Arbeitnehmer ein entsprechendes Änderungsangebot des Arbeitgebers ab, hat der Letztere dennoch dem Arbeitnehmer eine Änderungskündigung auszusprechen, deren Bestandteil das nochmalige Angebot des betreffenden freien Arbeitsplatzes ist (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 13.02.2008 – 2 AZR 1041/06 – AP Nr. 174 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 227; HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 714). Denn die Ablehnung einer freiwilligen Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags durch den Arbeitnehmer hin zu den Bedingungen des durch den Arbeitgeber unterbreiteten Änderungsangebots bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer nicht bereit ist, zu den geänderten Bedingungen zu arbeiten, wenn sich in einem Änderungsschutzrechtsstreit die soziale Rechtfertigung der Änderung herausstellt (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 227; HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 714). Klargestellt sei, dass der Arbeitgeber nicht gehalten ist, vor Ausspruch einer Änderungskündigung dem Arbeitnehmer stets ein Änderungsangebot zu unterbreiten – dies aber jedenfalls tun kann; er darf vielmehr auch unmittelbar die Änderungskündigung aussprechen (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 995).

d. Einer Änderungskündigung als milderes Mittel vor Ausspruch einer Beendigungskündigung bedarf es aber dann nicht, wenn der Arbeitnehmer auf ein durch den Arbeitgeber unterbreitetes Änderungsangebot unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er unter gar keinen Umständen – auch nicht unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung – bereit ist, zu den geänderten Arbeitsbedingungen zu arbeiten (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 227; SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 996; HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 714). Eine solche unmissverständliche Ablehnung liegt nur vor, wenn auch die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der geänderten Vertragsbedingungen durch einen Änderungsschutzrechtsstreit Gegenstand des Gesprächs zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der von Letzterem angebotenen Änderung des Arbeitsvertrags gewesen ist und der Arbeitnehmer auch in Kenntnis dessen zur Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen nicht bereit ist (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; Bauer/Winzer, BB 2006, 266 ff. (268); KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 227 und 613a; HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 714).

e. Spricht der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aus, ohne dass die zuvor angesprochenen Voraussetzungen gegeben sind, ist diese – wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrund – sozial ungerechtfertigt (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 244/04 – a.a.O.; BAG, Urteil vom 13.02.2008, a.a.O.; KR-Griebeling, a.a.O., Rdnr. 227; SPV/Preis, a.a.O., Rdnr. 997).

3. In einem vom Arbeitnehmer angestrengten Kündigungsschutzprozess, in dem dieser das Vorliegen betriebsbedingter Gründe für seine Kündigung bestreitet, hat der Arbeitgeber grundsätzlich die dringenden betrieblichen Erfordernisse darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen.

a. Dabei genügt der Arbeitgeber zunächst seiner Darlegungslast dadurch, dass er Einzelheiten hinsichtlich des Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes und damit einer fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu den bisherigen Arbeitsbedingungen vorträgt (HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 715) und – gegebenenfalls – fehlende freie andere Arbeitsplätze behauptet.

b. Macht der Arbeitnehmer seinerseits geltend, er hätte anderweitig weiter beschäftigt werden können, ist er gehalten darzulegen, wie diese anderweitige Beschäftigung konkret hätte aussehen sollen (HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 715). Erst dann hat sich der Arbeitgeber dezidiert mit diesem Vorbringen auseinanderzusetzen.

c. Hierzu hat der Arbeitgeber – bei einer vorhandenen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit – vorzutragen, welches konkrete Angebot er dem Arbeitnehmer zur Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz unterbreitet hat (HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 716) und weiter darzutun, dass der Arbeitnehmer dieses Angebot endgültig und vorbehaltlos abgelehnt hat (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 132/04 – a.a.O.; HaKo-KSchR/Gallner/Mestwerdt, a.a.O., § 1 KSchG Rdnr. 716) sowie das entsprechende Vorbringen gegebenenfalls auch zu beweisen.

4. Diese Grundsätze – denen das erkennende Gericht folgt – angewendet auf das Vorbringen der Beklagten hinsichtlich dringender betrieblicher Erfordernisse für die streitgegenständliche ordentliche Kündigung vom 23.03.2012, erweist sich diese als sozial ungerechtfertigt.

a. Durch die Klägerin wird bereits in ihrer Klageschrift vom 12.04.2012 (deren Seite 2 – Bl. 2 d.A.) u.a. das Vorliegen betriebsbedingter Gründe für den Ausspruch der Kündigung vom 23.03.2012 bestritten; damit war die Beklagte, die die streitgegenständliche Kündigung auf betriebsbedingte Gründe stützt, gehalten gemäß obigen Maßgaben die entsprechenden Gründe darzulegen.

b. Weiter ist durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.08.2012 (dessen Seite 1 – Bl. 47 d.A.) dargetan, dass sie nach einer Umschulung für die Beklagte als Rettungssanitäter bzw. Rettungshelfer hätte tätig werden können und somit wird eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz geltend gemacht. Die Beklagte ihrerseits hat mit Schriftsatz vom 04.10.2012 (dessen Seite 5 – Bl. 53 d.A.) bestätigt, dass es einen anderen freien Arbeitsplatz bei ihr ab 01.05.2012 für einen Rettungshelfer gab. Nach deren weiterem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 17.10.2012 (vgl. das entsprechende Sitzungsprotokoll, Bl. 76 d.A.) liegt der Verdienst eines solchen Rettungshelfers bei etwa 1.300,00 € brutto monatlich. Damit ist unstreitig, dass bei der Beklagten während der laufenden Kündigungsfrist der Klägerin ein anderer Arbeitsplatz frei war, der geringfügig niedriger vergütet ist, als der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin.

c. Beklagtenseits ist sodann (mit Schriftsatz vom 04.10.2012, dessen Seite 4 – Bl. 52 d.A.) – durch die Klägerin bestritten – behauptet, sie habe der Klägerin vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung im Rahmen eines Gesprächs angeboten auf Kosten der Beklagten eine Umschulung zum Rettungshelfer durchzuführen und die Erlaubnis zur Personenbeförderung zu erwerben. Ergänzt wird dieses Vorbringen durch die Beklagte dann in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 17.10.2012 (vgl. das entsprechende Sitzungsprotokoll, Bl. 76 und 77 d.A.) dahin, die Klägerin hätte dann nach erfolgreicher Durchführung der Umschulungsmaßnahme, die 4 Wochen in Anspruch genommen hätte, und zusätzlich Erlangung des Personenbeförderungsscheins die besagte offene Stelle eines Rettungshelfers besetzen können.

Zu Gunsten der Beklagten unterstellt, das betreffende Umschulungsangebots sei erfolgt, hat diese jedenfalls damit zum Ausdruck gebracht, dass ihr die Umschulung der Klägerin zur Rettungshelferin einschließlich der weiter benötigten Zeit für den Erwerb des Personenbeförderungsscheins zumutbar sei, um die Klägerin dann als Rettungshelferin weiter zu beschäftigen.

Damit lag zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung, konkret während der für die Klägerin laufenden Kündigungsfrist ein anderer freier Arbeitsplatz – im zuvor abstrakt angesprochene Sinn – vor, der durch die Klägerin hätte besetzt werden können. Konsequenz hiervon ist, dass die Beklagte – unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wie gleichfalls zuvor abstrakt angesprochen – der Klägerin sozial gerechtfertigt nur eine Änderungskündigung, nicht aber eine Beendigungskündigung hätte aussprechen können.

d. Anders wäre dies nur, wenn die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung ein entsprechendes Änderungsangebot der Beklagten unmissverständlich abgelehnt hätte.

Auf eine – klägerseits bestrittene – Ablehnung ihres Änderungsangebots vor Ausspruch der streitgegenständlichen Beendigungskündigung beruft sich die Beklagte zwar mit Schriftsatz vom 04.10.2012 (dessen Seite 4 und 5 – Bl. 52 und 53 d.A.) und ergänzend in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 17.10.2012 (vgl. das entsprechende Sitzungsprotokoll, Bl. 76 und 77 d.A.).

Allein bringt die Beklagte insoweit lediglich vor, auf ihr Umschulungsangebot habe die Klägerin dadurch reagiert, dass sie erklärte, die Tätigkeit als Rettungshelferin nicht ausüben zu wollen, da sie dabei auch ein Auto zu steuern habe und sie keine sichere Autofahrerin sei. Ein den obigen Anforderungen genügender Sachvortrag für eine unmissverständliche Ablehnung des Änderungsangebots ist damit aber nicht gegeben. Insbesondere finden in diesem – beklagtenseits behaupteten – Gespräch ein Änderungsschutzrechtsstreit, die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der geänderten Arbeitsbedingungen keinerlei Erwähnung.

Zu Gunsten der Beklagten hier wiederum unterstellt, dass betreffende Gespräch habe mit einem Inhalt, wie ihn die Beklagte – als abschließend – im Prozess dargestellt hat, tatsächlich stattgefunden, mangelt es diesem Gespräch – gemäß den vorherigen abstrakten Ausführungen – aber damit gerade an dem maßgeblichen Inhalt, der notwendigerweise vorhanden sein muss, damit eine dennoch durch die Klägerin erfolgte Ablehnung des Änderungsangebots als dessen unmissverständliche Ablehnung angesehen werden kann.

Die durch die Beklagte dargestellte Ablehnung ihres Änderungsangebots durch die Klägerin führt daher nur dazu – wie zuvor auch schon abstrakt angesprochen -, dass die Beklagte weiter gehalten war, der Klägerin eine Änderungskündigung auszusprechen – mit der bereits genannten weiteren Folge.

5. Insgesamt erweist sich daher die streitgegenständliche (Beendigungs-) Kündigung der Beklagten vom 23.03.2012 – da gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßend – als sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG), ist damit rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG) und vermag so das klägerische Arbeitsverhältnis nicht zu beenden.

Dem entsprechend ist daher dem durch die Klägerin zu 1. gestellten Feststellungsantrag in einer Ziffer 1. des vorliegenden Endurteils stattzugeben.

6. Gleichfalls ist dem durch die Klägerin zu 2. gestellten Weiterbeschäftigungsantrag in einer Ziffer 2. des vorliegenden Endurteils zu entsprechen.

Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, GS, Urteil vom 27.02.1985 – GS 1/84 – AP Nr. 16 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) besteht ein Anspruch eines gekündigten Arbeitnehmers auf tatsächliche Weiterbeschäftigung – bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits – nach einer seinem Feststellungsantrag im Rahmen einer Kündigungsschutzklage stattgebenden erstinstanzlichen Entscheidung.

In der Regel ist auch der Beschäftigungsanspruch zu bejahen, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung begründen. Solche Umstände sind durch die Beklagte vorliegend aber nicht dargetan.

Daher ist die Beklagte auch – antragsgemäß – hier zu einer dem gemäßen Weiterbeschäftigung zu verurteilen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 495 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG; als im Rechtsstreit unterlegene Partei hat die Beklagte auch dessen Kosten zu tragen. Hierbei kommt der klägerseits in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2012 erklärten Teilklagerücknahme hinsichtlich des ursprünglich mit der Klageschrift angekündigten allgemeinen Fortbestehensantrags keinerlei kostenrechtliche Bedeutung zu, da diesem Klageantrag kein eigenständiger Streitwert beizumessen ist (vgl. Sächsisches LAG, Beschluss vom 17.06.2005 – 4 Ta 119/05 – n.v.).

III.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 42 Abs. 3 Satz 1 GKG, 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO in Höhe von drei Bruttomonatsvergütungen der Klägerin für den gestellten Feststellungsantrag und in Höhe einer weiteren Bruttomonatsvergütung der Klägerin für den gleichfalls gestellten Weiterbeschäftigungsantrag.

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