Skip to content

Kündigung wegen Entwendung von Sachen geringen Wertes

Gericht kippt fristlose Kündigung wegen Entwendung von Kleinteilen

Im vorliegenden Fall stritten die Parteien um die Rechtmäßigkeit zweier Kündigungen, die der Arbeitgeber gegen den Kläger, einen seit 2000 beschäftigten kaufmännisch-technischen Angestellten, aussprach, zunächst wegen angeblicher Schlechtleistungen und später aufgrund der Entwendung von Kleinteilen aus der Werkstatt des Arbeitgebers, die der Kläger für private Zwecke zu nutzen beabsichtigte. Das Landesarbeitsgericht Hamm wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Iserlohn, dass beide Kündigungen rechtswidrig waren, da keine hinreichenden Gründe für eine fristlose Kündigung vorlagen und der Kläger zudem die Gegenstände nicht dauerhaft entwenden wollte, sondern lediglich ausleihen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 15 Sa 1509/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Fall dreht sich um die Rechtmäßigkeit zweier Kündigungen eines langjährigen kaufmännisch-technischen Angestellten: Eine aufgrund angeblicher Schlechtleistungen, die andere wegen der Entwendung von Kleinteilen aus der Werkstatt.
  • Das Landesarbeitsgericht Hamm bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn, wonach beide Kündigungen unrechtmäßig waren.
  • Der Kläger hatte die Kleinteile nicht mit der Absicht der dauerhaften Entwendung genommen, sondern wollte sie lediglich ausleihen, was in der Praxis des Betriebs üblich war.
  • Die fristlose Kündigung wegen der Entwendung von Gegenständen geringen Werts ist nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer glaubhaft macht, dass er die Gegenstände lediglich ausleihen wollte.
  • Die vorherige Kündigung wegen angeblicher Schlechtleistungen scheiterte ebenfalls, da die vorangegangene Abmahnung nicht hinreichend konkret war und dem Kläger kein eindeutig zurechenbares Fehlverhalten nachgewiesen werden konnte.
  • Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung lag nicht vor, da der Kläger die Handlungen, die ihm zur Last gelegt wurden, entweder nicht zu verantworten hatte oder weil sie nicht als derart vorwerfbar anzusehen waren, dass eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt gewesen wäre.
  • Der Kläger hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung, da keine der Kündigungen das Arbeitsverhältnis wirksam beendete.
  • Die Kosten des Rechtsmittels wurden der Beklagten auferlegt, eine Zulassung der Revision wurde nicht gewährt.

Kündigung bei Entwendung von Sachen geringen Wertes

Die Entwendung von Gegenständen im Betrieb stellt grundsätzlich einen Vertrauensbruch dar und kann im Einzelfall einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung rechtfertigen. Allerdings muss der Arbeitgeber stets die konkreten Umstände des Falles prüfen. Entscheidend sind die Beweggründe des Arbeitnehmers – wollte er die Sachen dauerhaft widerrechtlich entfernen oder nur vorübergehend ausleihen? Auch der Wert der entwendeten Gegenstände spielt eine Rolle. Bei geringwertigen Sachen ist eine fristlose Kündigung in der Regel unverhältnismäßig.

In solchen Fällen kann jedoch eine Abmahnung oder im Wiederholungsfall eine ordentliche Kündigung in Betracht kommen. Arbeitgeber müssen stets sorgfältig prüfen, ob die im konkreten Fall vorliegenden Umstände eine fristlose Trennung rechtfertigen. Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit darf nicht aus den Augen verloren werden.

Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht? Unser erfahrener Anwalt bietet Ihnen eine unverbindliche Ersteinschätzung zu Ihrem Fall an. Kontaktieren Sie uns jetzt und finden Sie eine Lösung für Ihr Rechtsproblem.

➜ Der Fall im Detail


Streit um Kündigungen wegen Schlechtleistung und Diebstahlversuch

Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein langjähriger Mitarbeiter, beschäftigt seit Januar 2000 bei der Beklagten. Der Konflikt eskalierte, nachdem der Kläger, ein kaufmännisch-technischer Angestellter, zunächst wegen vermeintlicher Schlechtleistungen und später wegen der Entwendung von Kleinteilen aus der Werkstatt des Arbeitgebers gekündigt wurde. Die Entwendung betraf zwanzig Unterlegscheiben, zwei Federringe und fünf selbstsichernde Muttern, die der Kläger für private Reparaturzwecke an seiner Waschmaschine entnommen hatte. Seiner Aussage nach hatte er die Absicht, diese Gegenstände am folgenden Tag zurückzugeben, eine Praxis, die er als betriebsüblich beschrieb.

Gerichtliche Bewertung der Kündigungsgründe

Das Arbeitsgericht Iserlohn und das Landesarbeitsgericht Hamm befassten sich mit der Frage, ob die genannten Kündigungsgründe die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Beide Instanzen kamen zu dem Schluss, dass die Kündigungen unrechtmäßig waren. Insbesondere wurde festgestellt, dass der Kläger die Gegenstände nicht mit der Absicht einer dauerhaften Entwendung, sondern lediglich zum Zwecke des Ausprobierens entnommen hatte. Diese Handlung konnte nicht als Diebstahl gewertet werden, insbesondere da der Betriebsrat die Praxis des Ausleihens von Gegenständen bestätigte.

Fristlose Kündigung und Abmahnung auf dem Prüfstand

Das Gericht stellte klar, dass für eine fristlose Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen muss, der im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Ebenso war die vorangegangene Abmahnung des Klägers wegen Schlechtleistungen in ihrer Wirksamkeit fraglich, da sie dem Kläger kein konkretes Fehlverhalten vor Augen führte. Die Anhörung des Betriebsrats bei der Verdachtskündigung wurde als unzureichend bewertet, was zusätzlich die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung unterstrich.

Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers

Aufgrund der Unwirksamkeit beider Kündigungen erkannte das Gericht dem Kläger einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu. Dies unterstreicht die Bedeutung einer gründlichen Prüfung und Einhaltung rechtlicher Vorgaben vor Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Entwendung von Gegenständen geringen Werts, insbesondere unter Berücksichtigung betriebsüblicher Praktiken, nicht automatisch eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Kostenentscheidung und keine Revision zugelassen

Die Kosten des Rechtsmittels wurden der unterlegenen Beklagten auferlegt. Das Gericht sah keinen Grund für eine Zulassung der Revision, was die Endgültigkeit der Entscheidung in diesem Rechtsstreit untermauert. Die detaillierte Auseinandersetzung mit den Umständen des Falles und die Betonung der Rechtsgrundsätze zeigen die Komplexität arbeitsrechtlicher Streitigkeiten auf und dienen als Orientierung für ähnliche Fälle.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Rolle spielt die Betriebsüblichkeit beim Ausleihen von Gegenständen?

Die Betriebsüblichkeit spielt eine entscheidende Rolle beim Ausleihen von Gegenständen aus dem Arbeitgebereigentum, insbesondere im Kontext von Kündigungen. Wenn ein Arbeitnehmer angibt, dass er sich Gegenstände entsprechend dem betriebsüblichen Vorgehen nur ausgeliehen hat, muss der Arbeitgeber diese Einlassung berücksichtigen. Dies bedeutet, dass die Praxis und die üblichen Verhaltensweisen innerhalb eines Betriebs einen erheblichen Einfluss darauf haben können, wie bestimmte Handlungen der Mitarbeiter bewertet werden. Im Falle einer Kündigung, die auf die Mitnahme von Dingen aus dem Arbeitgebereigentum gestützt wird, kann die Betriebsüblichkeit also ein wichtiger Faktor sein, der zugunsten des Arbeitnehmers wirkt, sofern dieser nachweisen kann, dass sein Handeln im Einklang mit den betrieblichen Gepflogenheiten stand.

Was bedeutet eine unrechtmäßige Kündigung für den Weiterbeschäftigungsanspruch?

Eine unrechtmäßige Kündigung kann erhebliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben und dem Arbeitnehmer bestimmte Rechte einräumen, insbesondere das Recht auf Weiterbeschäftigung im Unternehmen nach einem Gerichtsurteil. Wenn ein Gericht feststellt, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers unrechtmäßig war, bedeutet dies in der Regel, dass die Kündigung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder gegen das Arbeitsrecht verstößt. In solchen Fällen kann das Gericht den Arbeitgeber dazu verpflichten, den Arbeitnehmer wieder einzustellen.

Die Weiterbeschäftigung nach einer unrechtmäßigen Kündigung ist ein zentrales Element des Kündigungsschutzes. Sie zielt darauf ab, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seine berufliche Tätigkeit unter den gleichen Bedingungen wie vor der Kündigung fortzusetzen. Dies schließt in der Regel die Wiederherstellung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten ein, einschließlich des Anspruchs auf das gleiche Gehalt, die gleiche Position und die gleichen Arbeitsbedingungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Anspruch auf Weiterbeschäftigung nach einer unrechtmäßigen Kündigung nicht automatisch besteht. Der Arbeitnehmer muss in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Nur wenn das Gericht die Kündigung für unrechtmäßig erklärt, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend machen.

Zusätzlich zur Möglichkeit der Wiedereinstellung kann das Gericht den Arbeitgeber auch zur Zahlung von Schadensersatz oder einer Abfindung an den Arbeitnehmer verpflichten, insbesondere wenn eine Weiterbeschäftigung aus praktischen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Insgesamt stellt die unrechtmäßige Kündigung und der daraus resultierende Weiterbeschäftigungsanspruch einen wichtigen Schutzmechanismus für Arbeitnehmer dar, der sicherstellt, dass ihre Rechte im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung gewahrt bleiben.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 626 Abs. 1 BGB (Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Dieser Paragraph ist zentral für den Fall, da er die rechtliche Grundlage für eine fristlose Kündigung darstellt. Die Norm setzt voraus, dass ein wichtiger Grund vorliegen muss, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Im Kontext des Falles wurde untersucht, ob die Entwendung von Sachen geringen Wertes einen solchen wichtigen Grund darstellen kann.
  • § 102 BetrVG (Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen): Die Anhörung des Betriebsrats ist ein wesentlicher Schritt vor der Aussprache einer Kündigung. Im vorliegenden Fall spielte die Anhörung eine entscheidende Rolle, da die Wirksamkeit der Kündigung auch von der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats abhängt. Eine mangelnde oder fehlerhafte Anhörung kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
  • § 1 KSchG (Soziale Rechtfertigung von Kündigungen): Dieser Paragraph thematisiert die soziale Rechtfertigung von Kündigungen und ist relevant für die Beurteilung der ordentlichen Kündigung im vorliegenden Fall. Eine Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein, was bedeutet, dass sie durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers, in seiner Person oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein muss.
  • Abmahnung als Voraussetzung für verhaltensbedingte Kündigungen: Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss in der Regel eine Abmahnung erfolgen. Im analysierten Fall war strittig, ob die Abmahnungen den Anforderungen entsprachen und das in ihnen gerügte Verhalten eine Kündigung rechtfertigen konnte.
  • Betriebsüblichkeit und Ausleihen von Gegenständen: Die Praxis des Ausleihens von Gegenständen aus der Instandhaltung und deren Betriebsüblichkeit waren wesentlich für die Beurteilung des Sachverhalts. Es wurde diskutiert, inwieweit die betriebliche Praxis das Verhalten des Klägers rechtfertigen und eine Kündigung als unangemessen erscheinen lassen könnte.
  • Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu fristlosen Kündigungen: Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bieten Orientierung für die Auslegung des § 626 BGB und definieren, unter welchen Umständen ein Verhalten des Arbeitnehmers eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Im vorliegenden Fall diente die Rechtsprechung als Maßstab für die Beurteilung der Kündigungsgründe.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 15 Sa 1509/14 – Urteil vom 16.04.2015

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.09.2014 – 3 Ca 386/14 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die rechtliche Wirksamkeit zweier arbeitgeberseitiger Kündigungen und den Anspruch des Klägers auf seine Weiterbeschäftigung.

Der 1969 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind unterhaltspflichtig. Seit Januar 2000 steht er bei der Beklagten als kaufmännisch-technischer Angestellter und eingesetzt als Disponent und Terminkoordinator in einem Arbeitsverhältnis zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 3.543,66 Euro.

Die Beklagt ermahnte den Kläger am 27.05., 11.09. und 27.09.2013 wegen nachlässiger Terminkoordination und -umsetzung sowie fehlerhafter Auftragsplanung. Mit Schreiben vom 14.10.2014 mahnte die Beklagte den Kläger ab. Für die Einzelheiten des Abmahnschreibens wird verwiesen auf Bl. 62, 63 d. A.

Nach Anhörung des bei ihr gebildeten Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 07.02.2014 zum 31.07.2014 wegen wiederholter Schlechtleistungen. Der Kläger hat mit am 12.02.2014 beim Arbeitsgericht eingereichter Feststellungsklage die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht.

Am 14.05.2014 entnahm der Kläger aus der Werkstatt der Beklagten zwanzig Unterlegscheiben, zwei Federringe und fünf selbstsichernde Muttern. Letztere sind nach einmaligen Gebrauch nicht mehr verwendbar. Der beim Verlassen des Werksgeländes angesprochene Kläger erklärte, dass er das Material mitgenommen habe, um zu Hause an seiner Waschmaschine etwas auszuprobieren. Er habe sich die Unterlegscheiben, so seine weitere Angabe gegenüber der Beklagten, nur ausleihen und am nächsten Tag zurückbringen wollen.

Mit Schreiben vom 19.05.2014 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Für den Inhalt des Anhörungsschreibens wird verwiesen auf Bl. 64, 65 d. A. Mit Schreiben vom 21.05.2013 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung mit der Begründung, er sei betriebsüblich, sich nach Absprache des Leiters der Instandhaltung Sachen auszuleihen.

Mit Schreiben vom 23.05.2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zu dem Kläger außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.10.2014. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit klageerweiterndem Schriftsatz vom 23.05.2014 zur Wehr gesetzt.

Der Kläger hat gemeint, weder die ordentliche Kündigung vom 07.02.2014 noch die außerordentliche Kündigung vom 23.05.2014 seien rechtswirksam. Zudem hat er die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerügt. Er hat vorgetragen, der Eintritt von ihm nicht zu verantwortender Umstände bei der Terminkoordination könne ihm nicht angelastet werden. Für die Nichteinhaltung des Liefertermins betreffend die Firmen X und P sei er nicht verantwortlich gewesen; die Bestellung von Leergut falle nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. Auch das in der Abmahnung vom 14.10.2013 beschriebene Fehlverhalten könne ihm nicht angelastet werden. Ebenso wenig sei von ihm zu verantworten gewesen der Stillstand der Spincoating-Anlage am 31.01.2014. Er sei zudem nicht dafür verantwortlich gewesen, dass genügend vorbehandeltes Material zur Verfügung gestanden habe.

Der Kläger hat behauptet, er habe am 14.05.2014 die Unterlegscheiben und Muttern nicht stehlen wollen. Er habe dem Mitarbeiter in der Werkstatt, H, mitgeteilt, dass er 2 Unterlegscheiben benötige, um an seiner Waschmaschine etwas auszuprobieren. Die Unterlegscheiben hätten nicht in der Waschmaschine verbleiben sollen; er habe sie am nächsten Tag wieder mitbringen wollen. Der Mitarbeiter H habe sich einverstanden erklärt. Es sei üblich, Sachen aus der Instandhaltung auszuleihen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 07.02.2014 aufgelöst ist, sondern über den 31.07.2014 hinaus ungekündigt fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu gleichbleibenden Arbeitsbedingungen als kaufmännisch-technischen Angestellten weiter zu beschäftigen;

3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die weitere Kündigung der Beklagten vom 23.05.2014 aufgelöst ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Nach ihrem Vortrag sei es in der Vergangenheit zu Beschwerden von Kunden gekommen, weil Termine verschoben worden seien. Dies sei gegenüber dem Kläger bereits mündlich gerügt worden. Zur Abmahnung vom 14.10.2013 hat die Beklagte vorgetragen, dass sich der Kläger nach der Terminzusage an die Firma Fa. I auch um die entsprechende Koordination hätte kümmern müssen. Die Spincoating-Anlage habe am 31.01.2014 für zwei Stunden stillgestanden, weil durch die Verantwortung des Klägers vorbehandeltes Material nicht zur Verfügung gestanden habe. Für die Zurverfügungstellung habe der Kläger eine Woche lang Zeit gehabt. Die Fehlleistungen des Klägers in der Terminkoordination zögen sich wie ein roter Faden durch sein Arbeitsverhalten. Auch nach erteilter Ermahnungen und Abmahnung habe der Kläger koordinative Aufgaben unzulänglich erledigt.

Die Beklagte meint, dass der Kläger am 14.05.2014 hinsichtlich der Unterlegscheiben und Muttern einen Diebstahlsversuch unternommen habe. Nach Beobachtung des Klägers am 14.05.2014 in der Werkstatt durch ihren Geschäftsführer habe dieser sich im Schichtführerbüro erkundigt, wo der Kläger eingesetzt sei. Sodann habe sich der Geschäftsführer zurück in die Werkstatt begeben, dort den Kläger jedoch nicht mehr angetroffen. Auf Nachfrage habe der Mitarbeiter H dem Geschäftsführer mitgeteilt, der Kläger habe sich nach Unterlegscheiben erkundigt, die er für zu Hause benötige. Der Geschäftsführer habe den Kläger alsdann beim Verlassen des Werksgeländes angesprochen. Der Kläger, der einen Musterbeutel mit verschiedenen Unterlegescheiben und Muttern bei sich gehabt habe, habe geantwortet, er benötige die Unterlegscheiben, um zu Hause an seiner Waschmaschine etwas auszuprobieren; wolle die Scheiben am nächsten Tag zurückbringen. Die Beklagte hat behauptet, dass der Mitarbeiter H keine Kompetenz zur Herausgabe von Firmeneigentum habe. Lediglich Werkzeuge dürften auf Bedarfsmitteilung und nach Genehmigung ausgeliehen werden. Der Kläger hat das Material für den Eigenverbrauch an sich genommen. Seine behauptete Absicht, das Material am nächsten Tag zurückzubringen, sei als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Es bestehe somit der dringende Tatverdacht bezüglich eines Vermögensdelikts.

Mit Urteil vom 10.09.2014 hat das Arbeitsgericht Iserlohn der Klage vollumfänglich stattgegeben. Es hat seine Entscheidung wesentlich wie folgt begründet:

Das Arbeitsverhältnis sei weder durch die außerordentliche Kündigung vom 23.05.2014 noch durch die ordentliche Kündigung vom 07.02.2014 zum 31.07.2014 aufgelöst. Für die fristlose Kündigung liege ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes nicht vor. Der vom Kläger angeführte Umstand, dass ein Ausleihen von Sachen aus der Instandhaltung betriebsüblich war, stelle einen Rechtfertigungsgrund dar, den die Beklagte durch entsprechenden Tatsachenvortrag hätte widerlegen müssen. Diese habe lediglich vorgetragen, der Mitarbeiter H habe keine Kompetenz gehabt, Material an Mitarbeiter auszuleihen. Nicht jedoch habe die Beklagte vorgetragen, dass es eine entsprechende Betriebsüblichkeit nicht gebe. Selbst wenn diese Betriebsüblichkeit ohne Wissen der Geschäftsführung entstanden sein sollte und auch wenn der Mitarbeiter H keine entsprechenden Kompetenzen besessen habe, rechtfertige das Handeln des Klägers eine außerordentliche Kündigung nicht. Die Handlung sei dem Kläger nicht derart vorwerfbar, dass eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt und eine Weiterbeschäftigung unzumutbar gewesen wäre. Die Beklagte könne auch nicht widerlegen, dass der Kläger sich die Unterlegscheiben und Muttern lediglich leihen und wieder zurückbringen habe wollen. Eine außerordentliche Verdachtskündigung scheitere an einer mangelnden Betriebsratsanhörung.

Auch die ordentliche Kündigung sei als verhaltensbedingte Kündigung wegen wiederholter Schlechtleistung sozial nicht gerechtfertigt. Dem Vortrag der Beklagten lasse sich eine Schlechtleistung des Klägers nicht hinreichend substantiiert entnehmen. Im Übrigen bestünden erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Abmahnung vom 14.10.2013, in der dem Kläger ein konkretes Fehlverhalten nicht vor Augen geführt werde.

Der Kläger habe auch Anspruch auf seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits.

Gegen das ihm am 02.10.2014 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte am 27.10.2014 Berufung eingelegt und diese mit am 26.11.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte rügt, dass das Arbeitsgericht ihre Argumentation übergehe, dass der Kläger unstreitig neben den von ihm benötigten zwei Unterlegscheiben, um etwas auszuprobieren, zwei Federringe und darüber hinaus fünf selbstsichernde Muttern mitgenommen habe, die nach einmaligem Verbau nicht mehr zu gebrauchen sind. Es finde sich im erstinstanzlichen Urteil auch keine Begründung dafür, dass der Kläger nichts dazu vorgetragen habe, weshalb er neben den angeblich zu Prüfungszwecken und zum Zwecke des Ausprobierens mitgenommenen Unterlegscheiben die weiteren Gegenstände mit sich führte. Auch hätten sich die vom Kläger mitgenommenen Gegenstände nicht in abgepackten Behältnissen befunden, sondern seien von diesem zusammen gesammelt und in einer Klarsichttüte mitgenommen worden. Die zwei Federringe und die mitgenommenen Muttern hätten dem vom Kläger selbst vorgetragenen Zweck der Ausleihe überhaupt nicht entsprochen, da er nach eigenen Angaben lediglich Unterlegscheiben benötigt habe. Sie habe zudem unter Beweis gestellt, dass sich die Mitarbeiter gegen entsprechende Vorankündigung Werkzeuge ausleihen könnten, nicht dagegen Verbrauchsgegenstände.

Die Abmahnung vom 14.10.2013 genüge der Hinweisfunktion. Ihr Inhalt sei am Horizont des Abmahnungsempfängers zu messen. Die Abmahnung enthalte Hinweise zu verschiedenen Vorgängen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn, Aktenzeichen 3 Ca 386/14 vom 10.09.2014 wird geändert;

2. die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet ausdrücklich, dass zu den ausleihfähigen Gegenständen lediglich Werkzeuge zählten. Im Betrieb der Beklagten sei es nicht nur üblich, sich Werkzeuge auszuleihen. Auch die Ausleihe anderer Gegenstände, die die Mitarbeiter benötigten, sei üblich. Dies bestätige auch der Betriebsrat in seiner Stellungnahme, wonach nach Absprache des Leiters der Instandhaltung das Ausleihen von Sachen, auch der hier gegenständlichen Kleinteile, betriebsüblich sei. Zudem habe er den Leiter der Instandhaltung, H, gefragt, ob er die hier streitigen Gegenstände mitnehmen dürfe. Der Mitarbeiter H habe dies auch gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden im Rahmen einer Anhörung bestätigt.

Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf deren wechselseitige Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen erster und zweiter Instanz verwiesen, die insgesamt Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.09.2014 ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 Buchst. c) ArbGG an sich statthaft. Sie ist auch gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. In der Sache ist das Rechtsmittel nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und im Wesentlichen auch mit zutreffender Begründung dem Feststellungsbegehren des Klägers entsprochen und seinem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigungen der Beklagten vom 07.02. und 23.05.2014 nicht aufgelöst.

1. Die fristlose Kündigung vom 23.05.2014 hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mit sofortiger Wirkung beendet, da der Beklagten – wie auch das erstinstanzliche Gericht zutreffend erkannt hat – für diese Kündigung ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs.1 BGB nicht zur Seite steht.

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Dafür ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich der Berufungskammer anschließt, zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d. h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Sodann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls – jedenfalls bis zum Ablauf des Kündigungsfrist – zugemutet werden kann oder nicht (vgl. aus der jüngeren Rspr. BAG, 20.11.2014 – 2 AZR 651/13, BB 2015, 34; BAG, 10.04.2014 – 2 AZR 684/13, NZA 2014, 1197; BAG, 21.11.2013 – 2 AZR 797/11, NZA 2014, 243).

Die rechtswidrige und schuldhafte Entwendung von im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Sachen durch den Arbeitnehmer ist – mit dem Arbeitsgericht – auch, wenn es sich um Sachen von geringem Wert handelt, an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben (st. Rspr., vgl. etwa BAG, 10.02.1999 – 2 ABR 31/98, AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969; BAG , 11.12.2003 – 2 AZR 36/03, NZA 2004, 486).

Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen des wichtigen Grundes ist die kündigende Person. Erklärt der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung, trifft ihn auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass solche Umstände nicht vorgelegen haben, die die Handlung des Arbeitnehmers als gerechtfertigt erscheinen lassen (BAG, 06.08.1987 – 2 AZR 226/87, AP Nr. 97 zu § 626 BGB; BAG, 28.08.2008 – 2 AZR 15/07, NZA 2009, 192; BAG, 18.09.2008 – 2 AZR 1039/06, DB 2009, 954; BAG, 03.11.2011 – 2 AZR 748/11, NZA 2012, 607).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen vermochte die Beklagte einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung nicht darzulegen.

aa) Unstreitig hatte der Kläger am 14.05.2014 einen Musterbeutel mit Unterlegscheiben und Muttern beim Verlassen des Betriebsgeländes in seinem Gewahrsam. Hierzu hat er angegeben, er habe sich die Kleinteile ausleihen und wieder zurückbringen wollen; habe sowohl mit den selbstsichernden Muttern als auch mit den Unterlegscheiben an seiner Waschmaschine etwas ausprobieren wollen. Nach dem klägerischen Vortrag sei es bei der Beklagten üblich, Sachen aus der Instandhaltung auszuleihen. Dies bestätigt auch der Betriebsrat in seiner Stellungnahme zur fristlosen Kündigung.

Die Beklagte hat insoweit behauptet, der Mitarbeiter H besitze keine Kompetenz zur Herausgabe von Firmeneigentum. Ausgeliehen würden nur Werkzeuge, und zwar nach entsprechender Genehmigung.

bb) Unter der Berücksichtigung, dass die Beklagte als Kündigende die Darlegungs- und Beweislast auch für die Umstände trifft, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (s. insbesondere BAG, 03.11.2011 – 2 AZR 748/11; 19.08.2008 – 2 AZR 1039/06, jeweils a. a. O. sowie BAG, 06.09.2007 – 2 AZR 264/06, AP BGB § 626 Nr. 208), wäre es Sache der Beklagten gewesen, den vom Kläger angeführten Umstand der Betriebsüblichkeit des Ausleihens von Gegenständen aus der Instandhaltung, der einen Rechtfertigungsgrund darstellt, durch geeignetes Tatsachenvorbringen zu widerlegen.

Dies hat die Beklagte in beiden Instanzen nicht vermocht. Zwar hat sie dazu Vortrag gehalten, dass ihr Mitarbeiter H jedenfalls nicht befugt gewesen sei, Verbrauchsgegenstände an Mitarbeiter auszuleihen; anders sei es bezogen auf Werkzeuge. Der Kläger hat demgegenüber behauptet, dass sich die Möglichkeit des Ausleihens nicht nur auf Werkzeuge beschränke, sondern ebenso auf kleinteilige Gegenstände erstrecke und dass er bei dem Mitarbeiter H nachgefragt habe, ob er die Kleinteile mitnehmen dürfe. Er hat seinen Vortrag zudem in das Wissen des Zeugen H gestellt. Die Beklagte ihrerseits hat die klägerischen rechtfertigenden Umstände nicht widerlegen können. Sie hat weder vorgetragen, dass es die aufgezeigte Betriebsüblichkeit nicht gibt, noch konnte sie den Vortrag des Klägers widerlegen, dass sich zum einen die Möglichkeit des Ausleihens nicht nur auf Werkzeuge beziehe und zum anderen, dass dieser den Mitarbeiter H wegen der Mitnahme der Kleinteile um Erlaubnis gefragt habe. Die Beklagte hat insbesondere keinen Beweis dafür angetreten, dass sich ihre Mitarbeiter gegen entsprechende Vorankündigung nur Werkzeuge, nicht aber Verbrauchsgegenstände ausleihen können.

Damit ist es der Beklagten nicht gelungen, dem Kläger zu widerlegen, dass dieser sich die Unterlegscheiben und Muttern lediglich hat ausleihen wollen, um sie alsbald in den Betrieb zurückzubringen. Auch ist diese Absicht des Klägers – wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar ausführt – nicht als derart völlig abwegig zu qualifizieren, dass von einer Schutzbehauptung auszugehen wäre.

c) Die fristlose Kündigung vermag auch als Verdachtskündigung das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufzulösen.

aa) Der Arbeitgeber, der eine Verdachtskündigung erklären will, hat im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG neben den ihm bekannten Verdachtsmomenten seine vergeblichen Bemühungen zur Aufklärung des Sachverhalts und die Umstände mitzuteilen, aus denen sich die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung aufgrund des Verdachts ergibt (Seitz in: Tschöpe, AHB-Arbeitsrecht, 8. Aufl., Teil 3J Rz. 75 m. w. N.). Die Mitteilung muss auch den Inhalt und das Ergebnis der Anhörung des Arbeitnehmers enthalten (vgl. BAG, 26.09.2002 – 2 AZR 424/01, AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung).

bb) Eine an diesen Maßstäben orientierte Anhörung des Betriebsrats ist ersichtlich nicht erfolgt. Dies ist dem schriftlichen Anhörungsbogen vom 19.05.2014 (Bl. 64 d. A.) sowie dessen Anlage (Bl. 65 d. A.) unproblematisch entnehmbar. Das gänzliche Fehlen der Anhörung des Betriebsrats zu einer Verdachtskündigung führt zu deren Unwirksamkeit nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG (etwa BAG, 23.02.2012 – 2 AZR 773/10, NZA 2012, 992 Rn. 30 m. w. N.).

2. Aus den unter Punkt 1 b) bb) ausgeführten Gründen ist auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 31.10.2014 sozial nicht gerechtfertigt und somit rechtsunwirksam.

3. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 07.02.2014 zum 31.07.2014 aufgelöst. Die als verhaltensbedingte im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG wegen Schlechtleistung erklärte Kündigung ist nicht sozial gerechtfertigt, wie auch das Arbeitsgericht zu Recht gesehen hat.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Arbeitsgerichts, wonach eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt sein kann. Es darf zudem keine zumutbare Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung bestehen. Betrifft der Kündigungssachverhalt ein steuerbares Verhalten, hat der Kündigung in aller Regel eine erfolglose Abmahnung voranzugehen.

Danach können auch wiederholte Schlechtleistungen nach erfolgloser Abmahnung grundsätzlich zur Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung geeignet sein.

Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht darin, dass dem Vortrag der Beklagten Schlechtleistungen nicht substantiiert entnehmbar sind und sieht insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Berufung der Beklagten gibt keinen Anlass zu einer anderen, abweichenden Beurteilung. Zwar ist unstreitig von einer Dispositionsverpflichtung des Klägers in Bezug auf die Vorbereitung und Zurverfügungstellung gesandstrahlten Materials auszugehen. Der Kläger hat sich in diesem Zusammenhang jedoch eingelassen, es habe am Morgen des 31.01.2014 um 06:00 Uhr kein LKW zur Verfügung gestanden, mit welchem das Material von der neuen Halle zur Spincoating-Anlage im alten Werk hätte transportiert werden können. Die Beklagte hat diesen Vortrag zwar pauschal als falsch und vorgeschoben zurückgewiesen, jedoch nichts dazu vorgebracht, worin die Pflichtverletzung des Klägers bezogen auf das Nichtzurverfügungstehen des LKWs konkret liege. Soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, dass am 31.01.2014 im neuen Werk kein gesandstrahltes Material zur Verfügung gestanden habe, bleibt ebenfalls unklar, welche konkrete Verantwortlichkeit den Kläger in diesem Zusammenhang trifft.

b) Die Wirksamkeit der Kündigung vom 07.20.2014 scheitert zudem daran, dass die Beklagte den Kläger zuvor nicht in rechtswirksamer Weise erfolglos abgemahnt hat.

Die Beklagte erteilte dem Kläger zwar unter dem 14.10.2013 eine „Formularmäßige Abmahnung“. Diese schriftliche Abmahnung bestand aus einer formularmäßigen ersten Seite (Bl. 62 d. A.) und einer Anlage (Bl. 63 d. A.), die zweizeitlich definierte Vorgänge schildert.

aa) Die Abmahnung vom 14.10.2013 ist bereits unrichtig, weil sie dem Kläger aus der ersten Seite des Abmahnschreibens unzutreffend vorwirft, er habe am 14.10.2013 im Büro in M durch Schlechtleistung seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt. Konkret wirft die Beklagte indes dem Kläger nicht vor, am 14.10.2013 eine Schlechtleistung erbracht zu haben.

bb) Die in der Anlage der „Formularmäßige Abmahnung“ beschriebenen Sachverhalte betreffend die Firmen I und F lassen zudem nicht erkennen, was die Beklagte dem Kläger konkret vorwirft. Es gilt das bereits zu dem streitigen Vorfall vom 31.01.2014 Ausgeführte. Zwar schuldet der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag die Erbringung von Dispositionsleistungen. Erkennbar wird aus den Schilderungen in der Abmahnung auch, dass es zu verspäteten Auslieferungen gekommen ist. Was die Beklagte dem Kläger indes in Bezug auf die mangelbehafteten Auslieferungen vorwirft, erschließt sich nicht. Der pauschale Vorwurf an den Kläger, er habe überhaupt keinen Überblick, was in der Fertigung ablaufe, ersetzt kein substantiiertes Vorbringen.

4. Da die Kündigungen vom 07.02. und 23.05.2014 das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufzulösen vermögen, hat der Kläger einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Zugang der fristlosen Kündigung sowie über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31.07.2014 hinaus. Überwiegende schutzwerte Interessen der Beklagten an einer solchen Beschäftigung stehen dem nach den Vortrag der Parteien nicht entgegen und sind auch nicht erkennbar (vgl. zum sog. allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, den das Bundesarbeitsgericht in st. Rspr. anerkennt, die Grundsatzentscheidung BAG, 27.02.1985 – GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

III. Der mit dem Rechtsmittel unterlegenen Beklagten waren gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung aufzuerlegen.

Gründe für eine Zulassung der Revision sind gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!