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Kündigung wegen Verstoßes gegen Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit

Arbeitgeber kann kündigen, wenn Arbeitnehmer Arbeitsunfähigkeit nicht meldet

Arbeitsverhältnisse sind durch ein komplexes Geflecht aus Rechten und Pflichten beider Parteien gekennzeichnet. Eines der grundlegenden Elemente dieses Systems ist die Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit. Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitgeber umgehend zu informieren, wenn sie krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erscheinen können. Dies ermöglicht es Arbeitgebern, entsprechend zu planen und gegebenenfalls Ersatz zu organisieren. Im Gegenzug haben Arbeitnehmer bei Erfüllung dieser Pflichten und unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Kommt es jedoch zu einer Kündigung, stellt sich die Frage, unter welchen Umständen diese rechtmäßig ist, insbesondere wenn sie in zeitlichem Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit steht.

Die juristische Auseinandersetzung dreht sich dann oft um die Frage, ob die Kündigung als Reaktion auf die Arbeitsunfähigkeit erfolgte und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben. In diesem Kontext spielt die Auslegung arbeitsrechtlicher Normen wie des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) eine entscheidende Rolle. Dabei wird auch die Rechtsprechung zu tariflichen Kündigungsfristen und die Bedeutung von ärztlichen Attesten relevant. Eine fundierte rechtliche Beurteilung erfordert daher ein tiefes Verständnis für die Interessen beider Parteien sowie ein hohes Maß an Sorgfalt bei der Prüfung aller Umstände des Einzelfalles.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ca 258/20   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Arbeitsgericht Würzburg hat entschieden, dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für eine Arbeitnehmerin besteht, wenn diese ihre Arbeitsunfähigkeit nicht ordnungsgemäß anzeigt und deshalb eine Kündigung seitens des Arbeitgebers erfolgt.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Klage abgewiesen: Das Gericht hat die Forderungen der Klägerin zurückgewiesen und ihr auferlegt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  2. Arbeitsunfähigkeitsmeldung: Die Mitarbeiterin meldete sich arbeitsunfähig, blieb aber ohne weitere Kommunikation dem Arbeitsplatz fern.
  3. Kündigung in der Probezeit: Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der tariflichen Fristen noch innerhalb der Probezeit.
  4. Entgeltfortzahlungsanspruch: Die Klägerin machte Ansprüche auf Entgeltfortzahlung geltend, da sie der Ansicht war, die Kündigung sei wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
  5. Keine tatsächliche Vermutung: Das Gericht sah keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Arbeitsunfähigkeit und der Kündigung als gegeben an.
  6. Meldepflicht: Die Arbeitnehmerin hat gegen ihre Meldepflicht verstoßen, indem sie weder ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitteilte noch ihre Arbeitsleistung anbot.
  7. Rechtliche Grundlage: Es wurde auf § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG hingewiesen, der den Anspruch auf Lohnfortzahlung regelt, jedoch nicht greift, wenn der Arbeitgeber nicht aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt.
  8. Beweislast: Die Beweislast lag bei der Klägerin, die nicht nachweisen konnte, dass ihre Erkrankung der Anlass für die Kündigung war.

Kündigung während der Probezeit und Meldepflicht

Im Zentrum des rechtlichen Disputs steht die Auseinandersetzung um die Kündigung einer Arbeitnehmerin aufgrund von Arbeitsunfähigkeit und die damit verbundenen Entgeltfortzahlungsansprüche. Die betroffene Arbeitnehmerin war vom 3. September bis zum 1. Oktober 2019 bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt. Nachdem sie sich am 23. September arbeitsunfähig meldete und eine ärztliche Bescheinigung vorlegte, blieb sie ihrem Arbeitsplatz fern. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am 26. September innerhalb der Probezeit unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfristen. Diese Kündigung erfolgte, obwohl die Arbeitnehmerin Krankengeld für die Zeit nach dem Ausspruch der Kündigung erhielt, welches sie von der Beklagten zurückforderte.

Beweislast und Entgeltfortzahlung

Die Klägerin argumentierte, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses fortbesteht, falls die Kündigung im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit steht. Sie betonte, dass es einen Beweis des ersten Anscheins für eine solche Verknüpfung gibt, insbesondere wenn der Arbeitgeber zeitnah zur Krankmeldung oder zur Mitteilung über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit einer krankheitsbedingten Abwesenheit in Betracht ziehen muss, bevor er eine Kündigung ausspricht.

Rechtliche Herausforderung im Arbeitsrecht

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall liegt in der Interpretation des § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG, der den Fortbestand des Entgeltfortzahlungsanspruchs bei Kündigung durch den Arbeitgeber regelt. Das rechtliche Problem ist die Frage, ob die Kündigung tatsächlich „aus Anlass“ der Arbeitsunfähigkeit erfolgte und ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von der Arbeitsunfähigkeit wusste oder wissen musste.

Urteilsfindung und ihre Auswirkungen

Das Arbeitsgericht Würzburg entschied, dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehe. Es wurde festgestellt, dass die Arbeitnehmerin am Tag der Kündigung weder ihre Arbeitsleistung angeboten noch ihre Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitgeteilt hatte. Da der Entleiherbetrieb den Einsatz der Mitarbeiterin abgemeldet hatte, wurde angenommen, dass sie unentschuldigt fehlte. Das Gericht wies darauf hin, dass ein Arbeitgeber bei ausbleibender sofortiger Entschuldigung eines Arbeitnehmers von einem unentschuldigten Fehlen ausgehen darf und dementsprechend kündigen kann, ohne dass dies als Kündigung „aus Anlass“ der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 EFZG gilt.

Die Beklagte hatte entgegengehalten, dass keine tatsächliche Vermutung für eine krankheitsbedingte Kündigung bestehe und dass die Abmeldung durch den Entleiherbetrieb aufgrund unentschuldigten Fehlens und nicht wegen der Arbeitsunfähigkeit erfolgte. Somit war die Kündigung nicht als anlassbedingt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes anzusehen.

Dieses Urteil zeigt die Komplexität der rechtlichen Beurteilung von Kündigungen im Zusammenhang mit Krankheiten und unterstreicht die Notwendigkeit für Arbeitgeber, die Gründe für eine Kündigung klar zu dokumentieren und die gesetzlichen Vorschriften genau einzuhalten. Es verdeutlicht auch, dass die Beweislast bei der Arbeitnehmerin liegt, die darlegen muss, dass die Kündigung tatsächlich im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit stand. In diesem Fall konnte die Klägerin diese Verbindung nicht ausreichend nachweisen, was zur Abweisung ihrer Klage führte.

Die Kostenentscheidung folgte den gesetzlichen Bestimmungen, und der Streitwert wurde auf Basis der geltenden Vorschriften festgesetzt. Dieses Urteil könnte weitreichende Auswirkungen für ähnliche Fälle haben, da es die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Krankheitsfall konkretisiert. Es betont die Wichtigkeit der Meldepflicht und die Konsequenzen ihrer Nichtbeachtung für die Arbeitnehmerseite.

Die Entscheidung des Gerichts liefert somit eine wertvolle Orientierung für die Praxis im Arbeitsrecht und bekräftigt, dass die korrekte Handhabung von Krankmeldungen und die Einhaltung der Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von entscheidender Bedeutung sind.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Verstoß gegen Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit

Die Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit ist ein wichtiger Aspekt des Arbeitsrechts in Deutschland. Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitgeber unverzüglich über ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu informieren. Dies bedeutet in der Regel, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit vor Beginn seiner Arbeitszeit benachrichtigen muss.

Die Meldepflicht dient dazu, den Arbeitgeber in die Lage zu versetzen, auf die Abwesenheit des Arbeitnehmers zu reagieren. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu einer Kündigung führen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass eine Kündigung in der Regel nur dann zulässig ist, wenn der Arbeitnehmer wiederholt und trotz Abmahnung gegen seine Meldepflicht verstößt.

Darüber hinaus besteht eine Nachweispflicht für den Arbeitnehmer. Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage andauert, muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauffolgenden Arbeitstag dem Arbeitgeber vorlegen. Der Arbeitgeber hat jedoch das Recht, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung zu verlangen.

Bei Verstößen gegen die Meldepflicht kann der Arbeitgeber verschiedene Maßnahmen ergreifen. Eine Möglichkeit ist die Ausstellung einer Abmahnung. Bei wiederholten Verstößen kann der Arbeitgeber auch eine Kündigung aussprechen. Es ist jedoch zu beachten, dass eine Kündigung in der Regel nur dann zulässig ist, wenn der Arbeitnehmer wiederholt und trotz Abmahnung gegen seine Meldepflicht verstößt.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers das Recht hat, eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu verlangen.

Insgesamt ist es für Arbeitnehmer entscheidend, ihre Melde- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit zu erfüllen, um negative Konsequenzen, einschließlich einer möglichen Kündigung, zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

ArbG Würzburg – Az: 3 Ca 258/20 – Endurteil vom 11.11.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.318,15 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um übergegangene Entgeltfortzahlungsansprüche der Arbeitnehmerin …, die in der Zeit vom 3.9. bis 1.10.2019 bei der Beklagten beschäftigt war.

Die Mitarbeiterin meldete sich mit ärztlicher Bescheinigung vom 23.9.2019 (bis 25.9.2019) arbeitsunfähig (Bl. 36 d.A.) und blieb dem zugewiesenen Arbeitsplatz im Entleiherbetrieb fern. Mit Schreiben vom 26.9.2019 (Bl. 17 d.A.) Kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit unter Berufung auf die tariflichen Kündigungsfristen zum 1.10.2019, vorsorglich zum nächstmöglichen Termin.

Für die Zeit vom 2.10. bis 11.11.2019 wurde von der Klägerseite Krankengeld in Höhe von 1.318,15 € gezahlt. Mit Schreiben vom 16.1.2020 (Bl. 14 d.A.) erklärte die Klägerin den Anspruchsübergang und forderte die Beklagte zur Zahlung der geleisteten Krankengeldbeträge auf.

Die Klägerin trägt vor:

Auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses erlösche der Entgeltfortzahlungsanspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nicht, wenn der Arbeitgeber des Arbeitsverhältnisses aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Hierbei bestehe ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit oder deren Fortdauer Anlass der Kündigung war, wenn der Arbeitgeber in zeitlichem Zusammenhang mit der Krankmeldung eines Arbeitnehmers oder der Anzeige, dass eine bekannte Arbeitsunfähigkeit fortdauere, das Arbeitsverhältnis kündigt. Hierbei komme es nicht darauf an, ob die Arbeitsunfähigkeit der unmittelbar leitende Beweggrund für die Kündigung ist.

Soweit sich die Beklagte darauf berufe, eine weitere Einsatzmöglichkeit sei aufgrund einer Abmeldung durch den Kunden nicht möglich gewesen, sei dies für die Fortzahlung nicht von Relevanz. Auch könne sich die Beklagte nicht auf unentschuldigtes Fehlen berufen, da es dem Arbeitgeber obliege zunächst die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, die Arbeitnehmerin sei arbeitsunfähig erkrankt. Werde vor Ablauf der Nachweisfrist gekündigt, müsse sich der Arbeitgeber so behandeln lassen, als habe er Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit gehabt. Soweit eine Folgeerkrankung anzuzeigen sei, habe die Beklagte nicht nach Ablauf der ersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am 26.9.2019 kündigen können.

Die Höhe der geleisteten Zahlungen ergebe sich aus dem Leistungskonto der Mitarbeiterin (Bl. 38 d.A.).

Die Klägerin beantragt daher zuletzt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.318,15 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.3.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte führt aus:

Durch den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsverhinderung und Kündigung entstehe keine tatsächliche Vermutung, dass die Kündigung aus Anlass der Erkrankung ausgesprochen wurde. Es handele sich lediglich um Hilfstatsachen, die den Schluss auf den Tatbestand des § 8 Abs. 1 EFZG zulassen können. Ein solcher Indizienschluss sei nicht mit einem Anscheinsbeweis gleichzusetzen.

Der Entleiherbetrieb habe den Einsatz der Mitarbeiterin am 26.9.2019 abgemeldet und dauerhaft ihren Einsatz abgelehnt. Grund hierfür sei, dass die Arbeitnehmerin am 26.9.2019 unentschuldigt am Arbeitsplatz gefehlt hat. Die Abmeldung der Mitarbeiterin durch den Entleiherbetrieb sei der Grund für den Ausspruch der Kündigung.

In jedem Fall habe die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keinen entscheidenden Anstoß für den Kündigungsentschluss gegeben. Eine Arbeitsunfähigkeit am 26.9.2019 sei der Beklagten im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht bekannt gewesen. Die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt unentschuldigt gefehlt.

Vorliegend gehe es entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht um die Verpflichtung zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Vielmehr habe die Klägerin ihre Arbeit am 26. September antreten und eine etwaige Verhinderung unverzüglich mitteilen müssen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die entsprechenden schriftsätzlichen Ausführungen Bezug genommen.

Bezug genommen wird im Übrigen auf den Inhalt der Verhandlungsniederschriften, sowie auf die gesamte Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Schweinfurt – ist zur Entscheidung über den Rechtsstreit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG im Rechtsweg zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ist gem. §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 12, 17 ZPO begründet.

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend im Wege des Urteilsverfahrens, § 2 Abs. 5 ArbGG.

II.

Die Klage ist unbegründet. Im Einzelnen gilt folgendes:

Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG besteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung des Arbeitnehmers auch bei Ausspruch einer Kündigung fort, wenn der Arbeitgeber des Arbeitsverhältnisses aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Erbringt der Sozialversicherungsträger Leistungen, so geht der dem Arbeitnehmer zustehende Anspruch gemäß § 115 SGB X auf ihn über. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Wartezeit des § 3 Abs. 3 EFZG kündigt. Zwar entsteht kein rückwirkender Leistungsanspruch, jedoch ist nach Ablauf der Wartezeit der Anspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG unter den entsprechenden Voraussetzungen gegeben (BAG vom 26.5.1999, NZA 1999, S. 1273; 16.2.2002, AP EFZG § 3 Nr. 13).

Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber des Arbeitsverhältnisses Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt.

Der Arbeitnehmer, und damit bei übergegangenem Anspruch der Sozialversicherungsträger, ist für die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungspflichtig aus denen sich ergibt, dass der Arbeitgeber die Kündigung als Anlass der Erkrankung ausgesprochen hat. Durch die etwaige Kenntnis des Arbeitgebers von der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsverhinderung und Kündigung werden Hilfstatsachen begründet, die den Schluss auf den Tatbestand zulassen können. Diesem Indizienschluss kann vom Arbeitgeber mit entgegengesetzten Tatsachenvortrag über den Kündigungsgrund begegnet werden (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 8 EFZG Rn. 10 m.w.N.).

Vorliegend bestand jedoch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) hat die Arbeitnehmerin weder ihre Arbeitsleistung am 26.9.2019 angeboten, noch ihre Entschuldigung unverzüglich angezeigt. Sie wurde daher vom Entleiherbetrieb abgemeldet. Geht der Arbeitgeber aber davon aus, ein Arbeitnehmer fehlt unentschuldigt, kündigt er wegen der Arbeitsversäumnis, nicht wegen einer möglichen Arbeitsunfähigkeit. Lässt der Arbeitnehmer die zu seinen Gunsten eingeräumten Fristen für Anzeige und Nachweis der Arbeitsunfähigkeit verstreichen, darf der Arbeitgeber nämlich berechtigt davon ausgehen, der Arbeitnehmer fehle unentschuldigt (Müller-Glöge, Aktuelle Rechtsprechung zum Recht der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, RdA 2006, S. 105 (S. 111) m.w.N.). Eine hierauf begründete Kündigungsentscheidung ist keine, die im Rahmen von § 8 Abs. 1 EFZG beachtlich ist.

Da ein Nachweis für eine anlassbedingte Kündigung in Zusammenhang mit der Erkrankung der Mitarbeiterin nicht geführt wird, vermag die Klägerseite daher mit ihrem Anspruch nicht durchzudringen. Die Klage war abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß §§ 61 Abs. 1, § 46 Abs. 2 ArbGG; 2, 3 ZPO festgesetzt.

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